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    Die kurze Geschichte eines vergessenen Landes ... - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 14.12.01 10:23:51 von
    neuester Beitrag 01.03.08 14:36:17 von
    Beiträge: 325
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      Avatar
      schrieb am 14.12.01 10:23:51
      Beitrag Nr. 1 ()
      ... und gleichzeitig die Vorgeschichte meiner Familie.

      Hallo Leute!

      Nachdem ich immer wieder feststelle, daß meine Meinung für viele hier ein rotes Tuch zu sein scheint, möchte ich Euch ein bißchen über die Herkunft meiner Familie erzählen. Einerseits, weil es vieles von meinen Ansichten zur deutschen Geschichte erklärt, andererseits weil es doch auf die Dauer ermüdend auf mich wirkt, daß ich in den vergangenen zwei Jahren hier in den "w:o"-Threads für den einen schon mal "der Jude", für den anderern "der Neo-Nazi", für wieder andere der "niveaulose Prolet" oder der "armselige Wicht" war.
      Ganz zu schweigen davon, daß meine Meinungen des öfteren als "naiv", "primitiv", "schwachsinnig", "blödsinnig" oder ganz einfach "absurd" abqualifiziert werden. Ich muß allerdings zugeben, daß ich zumindest zur Absurdität eine gewisse "Affinität" besitze, denn einige Autoren "absurder Schriftsteller" stammen ebenfalls aus der Heimat meiner Eltern oder den entsprechenden Nationen, z.B. Eugen Ionescu bzw. "Eugène Ionesco".
      Damit ich jetzt nicht gleich wieder als "Revanchist" (das habe ich weiter oben doch tatsächlich noch vergessen) dastehe, beginne ich mit dem ersten Teil aus einem Artikel aus der "taz" (Nein, nicht die "FAZ"!), den viele Leute für sehr interessant hielten.
      (In unregelmäßigen Abständen und bei jeder weiteren Beleidigung meiner Wenigkeit werde ich Euch noch mehr hier "reinwürgen". ;)
      Kann ich hier eigentlich auch Fotos im "JPEG"-Format reinstellen oder muß es ein anderes Format oder eine bestimmte Größe haben?)

      (Der folgende Artikel erschien in der Tageszeitung "taz" am 13.04.1992)

      Die Bukowina (entspricht auch in wörtlicher Übersetzung = Buchenland)

      Eine Region entdeckt ihre Vergangenheit wieder: Künftiges Modell für Ostmitteleuropa?

      Von Andreas HEUBERGER


      Die Region Bukowina mit dem typischen Grenzlandschicksal der ständigen Herrschaftsänderung zwischen
      Orient und Okzident vereinte in sich nahezu alle Religionen, Nationalitäten und Sprachen der alten Donaumonarchie:
      Ukrainer, Rumänen, Deutsche, Juden, Polen, Armenier, Tschechen, Slowaken, Ungarn, Huzulen und Lippowener.

      Dieses kleine Fleckchen Erde, heute zwischen der Ukraine und Rumänien geteilt, ist nicht größer als das rumänische Banat, Nordirland oder die Pfalz, aber es brachte eine einzigartige Vielfalt Talente hervor: den deutsch-jüdischen Lyriker Paul Celan (Ancel), die deutschen Erzähler Karl Emil Franzos, der den Begriff Halbasien prägte und Gregor von Rezzori mit seinen Maghrebinischen Geschichten, den Ukrainer Jurij Fedkowitsch, der mit seinem Dobosch ein volkstümliches Pendant zu Robin Hood schuf, sowie nicht zuletzt den rumänischen Nationaldichter Mihai Eminescu (Eminovici).
      Aus der Bukowina kamen Musiker wie der rumänische Komponist Ciprian Porumbescu (Komponist der rumänischen Nationalhymne) und der deutsche "Caruso" Josef Schmidt. Wer gebildet war, sprach im Schmelztiegel der "österreichischen Moldau" deutsch, jiddisch, rumänisch, ukrainisch und polnisch zugleich. Dienstmädchen waren grundsätzlich dreisprachig. Aus dem Dorf Czernowitz des 18. Jahrhunderts wurde innerhalb eines Saeculums "Klein-Wien". In dieser Gegend "lebten Menschen und Bücher" (Celan), zehn Zeitungen erschienen in Czernowitz selbst, sechs deutsche und je eine jiddische, polnische, rumänische und ukrainische. Aus West-Europa erschienen nahezu alle größeren Zeitungen mit ein- bis zweiwöchiger Verspätung in Czernowitz, so daß es im größten Zeitungshandel der Stadt täglich etwa 120 verschiedene Zeitungen zu kaufen gab. (Zum Vergleich: Zur Zeit Stalins gab es in Czernowitz drei bis vier verschiedene sowjetische Tageszeitungen zu kaufen.)

      Das alte Czernowitz war eine Art Vergnügungsschiff, allerdings mit unterschiedlichen Klassen. Die Ukrainer stellten sozusagen die Matrosen,
      die Deutschen waren eher auf der Kommandobrücke zu finden. Unter österreichischer Flagge segelte das Schiffchen - durchaus nicht ohne widrige Winde - zwischen Ost und West.

      Historische Turbulenzen

      Der Bukowiner Schriftsteller Josef Burg (Anm.: Falls er noch lebt, ist er um die 98 Jahre alt und hätte im Prinzip für das folgende an "Nationalitätenwechseln" - ebenso wie meine Großmutter - nicht einmal das Haus verlassen müssen): Als ich geboren wurde, war Österreich unser Vaterland, Wien unsere Hauptstadt und Franz Josef unser Kaiser. Als ich ein Kind war, war Rumänien unser Vaterland, Bukarest unsere Hauptstadt und Ferdinand unser König. Als Erwachsener war die Sowjetunion unsere Heimat, Moskau unsere Hauptstadt und Stalin der "Vater aller Völker". Aber ich sehe mich nicht als Österreicher, Rumäne, Sowjetmensch, Ukrainer oder Russe. Ich bin als Bukowiner geboren und will es bleiben. ...

      Der polyglotte Intellektuelle Oleg Pantschuk, Vorsitzender der Ukrainischen Volksbewegung "Ruch" in der Bukowina und einer der letzten Vertreter Altbukowiner Multikulturalität, will seine Heimat zu einem Modell für die ganze Ukraine machen. Der Literaturkritiker Luttinger sagt beschwörend: Die Bukowiner Kultur darf nicht sterben. Sie sollte ein Modell sein für Europa. Und Germanistikprofessor Taras Kijak, Vorsitzender der Gesellschaft für ukrainische Sprache in der Bukowina, will das Buchenland gar zu einer Schweiz Europas machen.

      Jede Nationalität hatte zu Zeiten der Donaumonarchie ihre Kulturvereinigungen, ihre Studentenverbindungen, Zeitungen und ihre Treffpunkte. In der ehemaligen Herrengasse waren das Deutsche, das rumänische und das Ukrainische Haus untergebracht, am Theater das Jüdische, und dazu kam auch das Polnische. Im ehemaligen Deutschen Haus - heute in der Uliza Olga Kobelianska - ist eine Videospielhalle untergebracht, im Rumänischen ein Restaurant, im Jüdischen eine ukrainische Kulturorganisation, im Tempel ein Breitwandkino. Nur das Ukrainische Haus beherbergt heute wie damals das politische Zentrum der Ukrainer: die "Ruch".

      Die "der Geschichtslosigkeit anheimgefallene Welt" (Celan) wird nur mühsam wieder zugänglich: Selbst die offiziellen Reisebegleiter wissen nicht, wo sich Celans Geburtshaus befindet und die Schulen, an denen Celan und Eminescu lernten, kennen nur noch wenige. Der Interessierte muß sich der Stadt nahezu mit einem archäologischen Instrumentarium nähern, will er die historischen Schichten erkennen. (Tatsächlich sagen heute noch die Wasseranschlüsse der Hydranten und Gullideckel mehr über die Geschichte des Ortes als die Bücher. Aufmerksame Betrachter finden immer noch Hydranten mit der Aufschrift "k.u.k Wasserwerk Czernowitz" oder Deckel aus Bukarest mit dem rumänischen Vermerk "Königreich Rumänien" oder aus späterer Zeit in kyrillischen Buchstaben des Herstellers "Eisenkombinat Dnepropetrowsk".) Seit 1990 wurden insgesamt 50 Straßennamen geändert. Der Theaterplatz, ein habsburgisch-barockes Ensemble, könnte überall im ehemaligen Österreich-Ungarn stehen. Die repräsentative Architektur überhaupt stammt zumeist aus kaiserlicher Zeit, die Trolleybusse stammen aus königlicher Zeit (ca. 1935) und fahren immer noch. Während zwischen 1918 und 1945 noch alle Deutsch verstanden, so kommt man heute mit Rumänisch noch geradeso durch das ukrainische Tscherniwzy (Czernowitz).
      Avatar
      schrieb am 14.12.01 11:07:52
      Beitrag Nr. 2 ()
      Zweiter Teil des Artikels:

      Wie die Westukraine insgesamt ist auch das Buchenland eine politisch nach Westeuropa ausgerichtete Region. Im Gegensatz etwa zu Lemberg, Hauptstadt des ehemaligen habsburgischen Königreiches Galizien im Norden und seither traditionell Zentrum des ukrainischen Nationalismus, gab es hier keine gewaltsamen Auseinandersetzungen, z.B. um die Rückgabe der griechisch-katholischen Kirchen.
      Während der Ostteil des Landes, der seit dem 17. Jahrhundert zum Zarenreich gehörte, russifziert worden sei, habe die Westukraine polnische, rumänische, tschechische, ungarische und in den Gebirgszonen der Erz-Minen auch viele deutsche Einflüsse aufzuweisen. (Viele deutsche Bergarbeiter wanderten aus der slowakischen Zips, die ein Monopol-Silberabbaugebiet der Augsburger Fugger war, weiter nach Osten ab.) So Taras Kijak. Der Westen, fügt er hinzu, ist das Piemont der Ukraine, der Osten deren Vendée.


      Neues Selbstbewußtsein

      Die Rumänen, die etwa 20 Prozent der Bevölkerung in Czernowitz und in der Nordbukowina überhaupt ausmachen (als Moldauer und Rumänen offiziell 200.000, inoffiziell 300.000), erleben gegenwärtig eine Renaissance. 1989 haben sie sich in der Gesellschaft Mihai Eminescu . zusammengeschlossen. Ihr kleines Zentrum befindet sich auf dem obersten Stockwerk des ehemaligen Rumänischen Hauses. In der kurzen Zeit ihres Bestehens hat die 20.000 Mitglieder zählende Vereinigung ein starkes Selbstbewußtsein entwickelt.

      89 rumänische Schulen existieren zur Zeit in der Nordbukowina. Ihre Zeitung, die Ende des letzten Jahres gegründete `Zorile Bucovinei` (`Bukowiner Morgendämmerung`) hat derzeit eine Auflage von 5.000 Exemplaren. Der kulturelle Transfer über die Grenze verläuft problemlos. Einen Anschluß an Rumänien will die rumänische Minderheit nicht, denn die Region ist entwickelter als das benachbarte Mutterland. Laut Umfrage vom Frühjahr 1991 sprachen sich ganze 13 Prozent der Minderheit für eine Vereinigung aus.

      Im Alltag gibt es keine Problem, zwischen den beiden wichtigsten Nationalitäten der Bukowina, bestätigt Taras Kijak. In seiner Partei sind auch Rumänen vertreten. Oleg Pantschuk könnte sich neben einer Föderalisierung der Ukraine auch eine Autonomielösung für Bezirke mit rumänischer Mehrheit vorstellen. Auf jeden Fall gelte aber: "Wir müssen Bedingungen solcher Art schaffen, daß die Rumänen nicht weg wollen." Mißtrauen und Berührungsängste, unter der Käseglocke kommunistischer Einheitsideologie schlummernd, sind noch lange nicht abgebaut. Die vollständige Romanisierung des nichtrurnänischen Schulwesens in der Zwischenkriegszeit und das Verbot nichtrumänischer Ortsnamen sind: noch nicht vergessen.

      Seit 1918 wurde das alltägliche, multiethnische Zusammenleben von einem arroganten, takt- und weitgehend verständnislosen Auftreten zumeist regionsfremder Repräsentanten des rumänischen Staates belastet. Bis dahin lebten die Minderheiten vermutlich deshalb alle friedlich zusammen, weil es tatsächlich keine Mehrheit gab, die irgendwo mehr als 40 Prozent der Gesamtbevölkerung gestellt hätte. Doch nun hatte ein NATIONAL-Staat allein, nämlich Rumänien, Anspruch auf die gesamte Bukowina erhoben. "Die Rumänen, mit dem Gestus des neureichen Parvenus, der die anderen nicht nötig hat, gegen alle und alle zusammen gegen die Juden", hieß es unter den anderen Minderheiten in der "oberen Moldau". Die Juden, die dem stärksten Assimilierungsdruck ausgesetzt waren und in den 30er Jahren am meisten unter den pogromartigen Anschlägen der faschistischen "Gardea fierea" (dem rumänischen Äquivalent zur deutschen SA, der "Eisernen Garde" ) zu leiden hatten, vollzogen öfters einen kompletten Sprachwechsel zum Rumänischen, weshalb sie in einigen Volkszählungen als "Rumänen" gezählt wurden, was wiederum den rumänischen Anspruch auf die Bukowina untermauern sollte.

      Fortsetzung folgt bei nächster Gelegenheit...
      Avatar
      schrieb am 14.12.01 11:19:40
      Beitrag Nr. 3 ()
      @Auryn
      Interessant, was du schreibst. Wie alt bist du?
      Ich fuerchte zur Zeit tritt im oeffentl. Interesse alles hinter Afghanistan zurueck.
      Vor allem die Probleme in unserem europaeischen Haus werden nicht mehr wahrgenommen. Wie steht es heute um Rumaenien und Bulgarien - was haben diese Laender vom Ende des kalten Krieges? Nehmen wir sie als Europaeer wahr?
      Gibt es nicht viel Armut, Hunger und Bildungsnotstand an Europas Raendern? Bedingslose Solidaritaet mit den USA - wie waere es denn, wenn wir einmal unseren Nachbarn die Hand reichen wuerden?
      Wie seht ihr das?

      Vorweihnachtliche Gruesse
      Toska
      Avatar
      schrieb am 14.12.01 11:34:46
      Beitrag Nr. 4 ()
      Hallo Auryn,

      als begeisterter Leser dieses Threads freue ich mich schon auf eine Fortsetzung.

      Toska hat recht, man weiss wieder mal genau was jeder Esel in Afghanistan macht, schliesslich ist man ja von Afghanistanexperten umgeben ...
      ... aber die genauen Zustände in Rumänien und Bulgarien kennt man nicht.
      Schon gar nicht den geschichtlichen Background....
      Wäre schön etwas Kartenmaterial dazu hier im Thread zu haben.
      @Auryn, wende Dich doch mal an Guerilla Investor. Er ist da in der Regel sehr hilfsbereit, wenn Du nicht weisst, wie Du das posten sollst, was ich einer Bemerkung in Posting #1 entnehme.

      techno ;)
      Avatar
      schrieb am 14.12.01 11:44:49
      Beitrag Nr. 5 ()
      @alle
      Wie angenehm: In Zeiten der Lese- und Rechtschreibschwaeche des leitbildgeplagten deutschen Volkes einmal etwas Text am Stück serviert zu bekommen. Und noch dazu mit einem Inhalt der die Akzente ein klein wenig anders setzt.
      @Auryn
      Ich freue mich auf deine Fortsetzungen.
      Das faellt mir noch ein: Paul Celan war mit dem deutschen Dichter Hermann Lenz und dessen Frau befreundet. Auch ein fast vergessener, obwohl er immer mitten unter uns lebte und seine Buecher problemlos zu bekommen sind.
      Land der Dichter, Dichters Lande...

      Gruss
      T.K.

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      Avatar
      schrieb am 15.12.01 00:32:03
      Beitrag Nr. 6 ()
      @Auryn: klasse :):):)- und was die zitierten einleitenden beleidigungen betrifft. jeder ,der dich so bezeichnet disqualifiziert sich von selber.

      zu den bildern. jedes format jpeg/ gif usw geht, wenn es irgendwo als direkter link im internet zu erreichen ist.

      am besten so: du klickst rechts auf das bild, daß du verlinken willst und bedienst die funktion "grafikadresse kopieren",
      dann schreibst du im posting dann siehst du bei der vorschau schon das bild.
      das mit den karten der region fände ich auch interessant.
      gab es dort eigentlich damals auch belastungen durch tschernobyl?

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 18.12.01 10:01:43
      Beitrag Nr. 7 ()
      Hallo Leute!
      Tut mir leid, daß sich bei mir alles verzögert, aber es ist ja auch kurz vor Weihnachten. ;)
      Vielen Dank für die Tipps zum Einfügen von Bildern. Das Problem meiner Bilder ist, daß es "echte Fotos" von Czernowitz (oder Tscherniwzy oder rum. Cernauti) und Lemberg (russ. Lwow, poln. Lwów, ukrain. Lviv) sind, die ich über "Corel"-Scanner-Programme in meiner Uni einlesen kann. Wenn ich aber versuche, die eingelesenen Dateien in der Vorschau anzeigen zu lassen, sind sie verschwunden oder werden nicht angezeigt.
      Zu meinem Alter und der Frage von Toska eins meiner "Standardrätsel":
      In meiner Familie altern die Leute erstaunlich langsam und alle haben extrem niedrigen Blutdruck mit so `ner Art Zeitraffereffekt. Die Mütter in meiner Familie bekommen Kinder standardmäßig zwischen 30 und 40 Jahren und ich (Männlein) liege genau in diesem Abschnitt und alle warten schon darauf, daß ich endlich heirate oder wenn schon nicht das - wenigstens Kinder bekomme. ;)
      Meine Identität wäre übrigens leicht herauszufinden, wenn Ihr nach Câmpolung Moldovenesc in der Südbukowina und dessen westlichen Vorort fahrt und dort nach der Familie mit der ältesten Einwohnerin im Umkreis von 50 km fragt. Diese Person mit demnächst 101 Lebensjahren ist meine Großmutter mütterlicherseits.
      Jetzt könnt Ihr Euch auch ungefähr vorstellen, warum ich Schwierigkeiten haben könnte, noch ein Postgraduierten-Dissertations-Stipendium zu bekommen. ;)
      Falls bei mir das Einfügen von Fotos heute noch klappen sollte, seht Ihr gleich noch mehr von der "Heimat" meiner Familie. Wenn nicht, warte ich auf Einfüge-Empfehlungen und wünsche schon mal:
      FROHE WEIHNACHTEN !
      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 18.12.01 10:48:49
      Beitrag Nr. 8 ()
      Auryn ...

      Du mußt deine Bilder zu einem Hoster ins Internet hochladen,
      so als ob du eine eigene Homepage erstellst. Dann erst kannst
      du auf diese Bilder verlinken. Wenn es dir recht ist, helfe ich mal kurz aus ...


      Wappen Bukowina Region & Lemberg(Lwow)


      Historische Fotos Tatra


      Czernowitz (hist.) & Czernowitz Alte Universität & Czernowitz Deutsches Haus

      Aktuelle Fotos http://www.dizzyweb.cv.ua/czernowitz/photos.htm


      Sollte ich gestört haben, bitte ich um Entschuldigung und lasse es wieder entfernen ... |Gue|
      Avatar
      schrieb am 18.12.01 15:03:17
      Beitrag Nr. 9 ()
      @Auryn,

      schöner und interessanter Thread!

      Fotos - das Problem hatte ich vor kurzem ebenfalls. Wenn Du Fotos ins Internet hochladen willst, ist eine einfache Möglichkeit beispielsweise, Dir einen Account bei lycos zu holen.

      Unter tripod.lycos.de bekommst Du dann einen Webspace zur Verfügung gestellt, wo Du die JPEG-Bilder hochladen kannst und hier mit (img) (/img) darauf verweisen. Das Fotoalbum von Yahoo hat bei mir mit dem Verlinken nicht geklappt.

      mfg loewe
      Avatar
      schrieb am 18.12.01 18:41:36
      Beitrag Nr. 10 ()
      Noch eine private Ergänzung zu dem Artikel am Anfang:
      Aufgrund meiner Familiengeschichte habe ich mich natürlich auch in der Uni mit Hintergrund-Infos beschäftigt, die sonst nirgends mehr zu finden sind, z.B.:
      Den Regierenden der Donaumonarchie, bzw. besonders den etwas Einsichtigeren in der österreichischen Reichshälfte war seit ca. 1885 ziemlich klar, daß sie dieses Reich mit seinen vielen Völkern nicht lange mit Gewalt zusammenhalten können würden, weshalb zwischen 1890 und 1910 noch jede Menge öffentlicher Gelder in die Ostprovinzen der Donaumonarchie gepumpt wurde: So erhielt Timisoara (Temesvar) im Banat noch mit Hilfe der Firma Siemens & Halske die erste voll-elektrifizierte Straßenbahn Europas und u.a. die Bukowina 1910 das erste eigene Landtags-Parlament Europas, das aus 6 Kammern für verschiedene Minderheiten bestand. Sozusagen ein früher und völlig vergessener Vorläufer des Europa-Parlamentes mit verschiedenen "Schönheitsfehlern" (Frauen hatten ein Wahlrecht nur, wenn sie schwerreiche Großgrundbesitzerinnen waren), das nichtsdestoweniger bis zum Weltkrieg ohne Probleme funktionierte.
      Aus dem Eingangs-Artikel könnte man nun auch fälschlicherweise entnehmen, daß die verschiedenen Völker ohne jede Animosität miteinander gelebt hätten, bis die Nationalstaaten "in Mode" kamen. Das ist auch nicht ganz korrekt. Die Regierung in Wien siedelte speziell in der Bukowina Vertreter nationaler Minderheiten nach dem Nutzenkalkül in Wien an, wobei Wien aber sehr darauf bedacht war, die Zahl der deutschsprachigen Minderheiten zu stärken. Geplant war eine "deutsche" Siedlungsbrücke, die über Böhmen, Galizien und die Bukowina bis zu den deutschen Siedlungen in Siebenbürgen und im Banat reichen sollte, um die Ungarn und Rumänen völlig zu umfassen und auch ein militärisches Aufmarschgebiet zu besitzen - sowohl nach Norden und Osten gegen Rußland als auch nach Süden und Südwesten gegen Serbien, Albanien, Bulgarien und auch gegen das Osmanische Reich, wobei gerade dies im Ersten Weltkrieg wegen der traditionellen Feindschaft gegen Rußland ein Bündnispartner wurde. Interessanterweise waren die meisten "österreichischen" Staatsbeamten in der Bukowina aus Galizien "importierte" Polen, denn Polen existierte bis 1918 ja nicht, sondern war zwischen Preußen, Rußland und Österreich geteilt. Da die Preußen und Russen die Polen in ihrer Sprache in ihren Schulen recht brutal unterdrückten, den Österreichern die Schul- und Handelsverkehrssprache in ihren Provinzen aber ziemlich egal war, solange alles "lief", waren bis 1918 die meisten Polen unter österreichischer Herrschaft dem Kaiser in Wien tatsächlich treu ergeben. Deshalb gab es auch in Wien manchmal Reichskanzler, die eigentlich polnische Adlige waren.
      Die Juden und Zigeuner (ich verwende dieses Wort nicht pejorativ, sondern weil sich diese in Rumänien selbst als "Tsigani" bezeichnen) fielen für alle anderen Minderheiten aus den üblichen Kategorien heraus: Zunächst wegen ihres nicht vorhandenen "Heimatstaates", zum anderen wegen ihrer Andersartigkeit. Die gebildeten Juden waren in der Bukowina in den Städten die eigentlichen Träger der Wirtschaft und der deutschsprachigen Literatur. "Jiddisch" war für diese gehobene Schicht nur "ein Dialekt" der unwissenden oder religiösen Juden. Diese gebildete jüdische Schicht zog den Neid und das Mißtrauen anderer Minderheiten auf sich, weil sie außergewöhnlich reich, weltgewandt und wirtschaftlich sehr einflußreich waren. (Erklärungsfrage: Liebt heute irgendjemand z.B. die Minderheit der Aufsichtsräte der "Deutschen Bank"?) Die religiösen orthodoxen Juden hingegen wurden mit Mißtrauen betrachtet, weil sie sich völlig von anderen Dorfgemeinschaften absonderten und ihnen in Vorurteils-Märchen von Ukrainern und Rumänen "unzüchtige" Riten nachgesagt wurden. Schließlich die Zigeuner waren für alle anderen Minderheiten einfach nur die Tagelöhner und "Fußabstreifer".
      Man konnte auch in der Bukowina geboren sein, von ihrer kulturellen Vielfalt beeinflußt werden und trotzdem auf eine geradezu neurotische Art "fremdenfeindlich" sein. Manche Leute werden ja auch erst im Umgang mit anderen Völkern zu Nationalisten. Der o.g. rumänische Nationaldichter Mihai Eminescu wurde beispielsweise zu seinem berühmtesten Gedicht "Luceafarul - Der Abendstern" (=> kennt fast jeder Rumäne auswendig und ist auch von unglaublich schöner und bildhafter Sprache) von der deutschen Romantik und einer deutschen Märchensammlung inspiriert. Das hinderte ihn aber nicht daran, in absteigender Wertschätzung etwas gegen sich selbst, gegen die Griechen, Armenier, Russen, Ungarn und Juden zu haben. Gegen die Deutschen hatte er rein zufällig nichts, weil er von Goethe, Schiller und wie gesagt von der deutschen Romantik begeistert war. Eminescu war sozusagen so eine Art rumänischer Richard Wagner; ein begnadeter Künstler mit reichlich abzulehnenden Vorurteilen.

      @ Guerilla Investor:
      Vielen Dank für die Fotos! Das erspart mir einiges an Arbeit. Auf dem angegebenen Link findet man schon sehr vieles, das ich anderenfalls als Foto hier reinzustellen versucht hätte.
      Sieh doch bitte in Deiner Boardmail nach. Ich hätte da einen Einfall und könnte Dir in eMail-Anhängen Karten und Bilder senden und Du könntest dann vielleicht für mich hier etwas an historischen Karten und Hintergrund-Infos hineinstellen?

      Bye bis zum nächsten Mal,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 18.12.01 19:22:54
      Beitrag Nr. 11 ()
      @ Guerilla Investor:
      Nochmals vielen Dank, aber ich glaube, wir vergessen meinen letzten Vorschlag besser wieder.
      Unter Umständen ist es leichter, im Internet die gewünschten Sachen zu finden, als sie Dir mühsam zuzusenden.

      Ich fand gerade eine recht gute historische Karte, die schon einiges erklärt, unter:
      http://mypage.bluewin.ch/bukowina/Europa-18Jh.GIF
      Nochmal vielen Dank für Euer Interesse! ;)
      Avatar
      schrieb am 18.12.01 19:42:37
      Beitrag Nr. 12 ()
      Auryn ...

      Genau - ich BMse dir gern entsprechende Links mit Text, Bildern und Karten - ist einfacher so ... :)

      Guerilla (der Meinung ist, man muß nicht das Rad neu erfinden, es genügt, auf vorhandenes zurückzugreifen ...)
      Avatar
      schrieb am 18.12.01 19:59:16
      Beitrag Nr. 13 ()
      Und noch `ne private Anmerkung:
      Ich kann mich noch dunkel an eine TV-Sendung Anfang der 80er Jahre erinnern, in der ein 96jähriger österreichischer Ex-Diplomat interviewt wurde und meinte, es wäre ein Fehler der Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg gewesen, das Herrschaftssystem der österreichischen Reichshälfte zugunsten der Schaffung von Nationalstaaten aufzulösen. Dieser Fehler sei einer der Gründe für die zunehmende "Nostalgie" in Ost- und Südosteuropa gegenüber der Donaumonarchie und ihren Legenden.
      Während die ungarische Reichshälfte zentral und ein bißchen sehr gewaltsam von Budapest aus regiert wurde, war die österreichische Reichshälfte doch sehr dezentral organisiert und verfügte zu Beginn des Ersten Weltkriegs über 15 Kronländer mit jeweils eigenen Landtagen. Dazu war dieses Staatsgebilde ein zusammenhängender Wirtschaftsraum mit derselben Währung von der Grenze Liechtensteins bis in die heutige Ukraine nach Czernowitz.

      Dieser alte Diplomat sah es in jener TV-Sendung der 80er Jahre als einen "Witz der Geschichte" an, daß diese "schon bestehende Subsidiarität" unter der Bezeichnung "fehlendes Selbstbestimmungsrecht der Völker" zugunsten von Nationalstaaten aufgelöst wurde, die dann wieder Kriege untereinander zu führen drohten oder auch führten (Polen-Rußland in den 20er Jahren oder später in Jugoslawien), weil die Verteilung der Volkszugehörigkeit innerhalb der Staatsgrenzen von den neuen Nationalstaaten unmöglich berücksichtigt werden konnte. So fand sich nach dem Ersten Weltkrieg plötzlich ein Drittel aller Ungarn außerhalb des Staates Ungarn wieder, weil sie "als zweite `Herrschernation` der Donaumonarchie" so verstreut gesiedelt hatten. Ungarn hatte sich bis zum Bündnis mit Hitler nicht von dieser "Verstümmelung" erholt und war natürlich schnell ein Verbündeter des Deutschen Reiches, das im Zweiten Weltkrieg immer darauf achten mußte, daß niemals ungarische und rumänische Verbündete der Deutschen am selben Frontabschnitt aufeinander treffen. Rumänien wiederum stimmte unter Hitler den Gebietsabtretungen an Ungarn nur wegen des Hitlerschen Versprechens zu, bei einem gemeinsamen Angriff auf die Sowjetunion durch die Rückgabe der Bukowina, von Moldawien (=Bessarabien) und die Ölfelder von Odessa entschädigt zu werden. Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum bei Stalingrad auch eine ganze rumänische Armee mit den Deutschen zusammen unterging, nur hört man hier nichts davon. In Rumänien ist dieser Krieg gegen die Sowjetunion übrigens bis heute kein "Überfall", sondern der "gerechte Versuch Rumäniens", das im Hitler-Stalin-Pakt an die Sowjetunion verlorene Gebiet der Bukowina und Moldawiens wieder zurückzuerlangen. So steht`s jedenfalls auf den 11 Jahre alten Gedenksteinen an der Grenze zur Ukraine in Suceava.
      Die ca. 1,7 Mio. Ungarn in Rumänien sind denn übrigens auch bis in die jüngste Vergangenheit immer in Wahlkämpfen als "Bedrohung" oder "Opfer" dargestellt worden, je nach politischer Parteienmeinung. Öfters war auch von "Krieg" die Rede.
      Wenn man sich dann heute auch noch ansieht, daß genau diese osteuropäischen Nationalstaaten es jetzt als ihr höchstes Ziel betrachten, Mitglieder der Europäischen Union zu werden und darin wieder ihre nationale Eigenständigkeit teilweise auflösen möchten, und wieder einen zusammenhängenden Wirtschaftsraum gründen möchten, dann kann man sich schon fragen, ob die Menschheit das nicht in einer irgendeiner anderen Form schon vor 90 Jahren hätte haben können - aber da waren ja gerade durch Zoll- und andere -Grenzen abgeschottete Nationalstaaten und Xenophobie in Mode.
      Ich selbst wüßte nicht, was ich dem alten Mann aus dem untergegangenen diplomatischen Dienst der Donaumonarchie hätte erwidern sollen, wenn ich ihn interviewt hätte.
      Avatar
      schrieb am 27.02.02 19:25:16
      Beitrag Nr. 14 ()
      Ich vergaß bei der Beschreibung der Minderheiten in den Abschnitten weiter oben darauf hinzuweisen, daß die große Bedeutung der polnischen Beamten in der österreichischen Reichshälfte der Donaumonarchie auch daran erkennbar ist, daß diese polnischen Beamten die polnische Schreibweise für rumänische und ukrainische Ortsnamen in die österreichischen Landkarten übernahmen. Wegen ihrer oft einfacheren Schreibweise sind diese Namen so auch heute noch in deutschen Karten Osteuropas zu finden, auch wenn heute dort kaum noch Polen oder Deutsche zu finden sind, beispielsweise in den "polnisch-österreichisch" geschriebenen Namen "Czernowitz" (ukrain: "Tscherniwzy" ), "Suczawa" (=rum. Suceava) oder "Dorna Watra" (=rum. Vatra Dornei).

      Mir sind da neulich auch noch ein paar Informationen und Interviews mit Leuten aus der Bukowina aufgefallen, die ich hier nach und nach hinzufügen werde.
      Zunächst mal zwei Volkszählungen:
      a) Österreichische Volkszählung in der Bukowina im Jahr 1910 mit Nationalitätenverteilung:
      38,22 % Ukrainer (darunter: Ruthenen, Huzulen, Hoholen),
      34,24 % Rumänen,
      12 % Juden,
      9,15 % Deutsche,
      4,54 % Polen,
      1,85 % andere Nationalitäten (Lippowaner, Zigeuner - also: Sinti & Roma etc.)
      Man sieht, daß keine Nationalität für sich irgendeine Majorität im Parlament der Bukowina beanspruchen konnte.

      b) Rumänische Berechnung von 854 000 Einwohnern der Bukowina (keine echte Volkszählung) im Jahre 1930 (Quelle: Enciclopedia României, vol. I., Bucuresti 1938, S. 147-149)
      44,5 % Rumänen,
      27,7 % Ruthenen,
      8,9 % Deutsche,
      3,7 % Polen,
      1,5 % Huzulen,
      1,4 % Ungarn,
      12,3 % sonstige Nationalitäten (Lippowaner, Zigeuner - also: Sinti & Roma etc.).
      Witzigerweise waren jetzt die Juden zu den Rumänen gezählt worden und die Ukrainer weiter einzeln untergliedert worden. Jetzt konnte Rumänien eine Mehrheit in der Bevölkerung für sich beanspruchen.

      Aber wie erging es den Nationalitäten im Lauf der Zeit? Dazu zunächst ein Interview mit dem schon im Einleitungs-Artikel erwähnten jüdischen Schriftsteller Josef Burg.
      Es fängt mit interessanten Informationen zum Bereich der Literatur an.
      Avatar
      schrieb am 27.02.02 19:38:30
      Beitrag Nr. 15 ()
      Der folgende Artikel erschien 1991 im Buch "Spurensuche in die Zukunft" von Johannes Hampel/ Ortfried Kotzian (Hrsg.) im Bukowina-Institut Augsburg (Einfach irre, was es so alles in Augsburg gibt! ;) )

      Kurt Rein / Andreas Heuberger

      Josef Burg: Letzter Statthalter jüdisch-deutscher Kultur in Czernowitz

      Protokoll eines Gesprächs mit dem Bukowiner Schriftsteller Josef Burg, Mitglied des sowjetischen Schriftstellerverbandes und Präsident der nach dem jiddischen Autor Eliezer Steinberg benannten "Jüdischen Kulturvereinigung" in Czernowitz

      1. Das zentrale Thema der "deutsch jüdischen Literatur"
      Immer wieder kreisen Josef Burgs Gedanken um das zentrale Thema "deutsch-jüdische Literatur": Die Frage nach der Bezeichnung "deutsche" oder "deutschsprachige" Literatur in der Bukowina kontert er: Nur für die russischen Antisemiten um "Pamjat" sind heute Pasternak, Ehrenburg und Mandelstamm "russischschreibende" Autoren; für andere seien sie wenigstens "unsere Russischschreibenden". Eine solche Trennung im Deutschen ist aber so unmöglich, wie Heine kein "deutschsprachiger Autor" ist. Was wäre die "klassische österreichische Literatur ohne Hofmannsthal, Schnitzler, Kafka, Wedel, Zweig? Feuchtwanger und Wassermann sind deutsche Schriftsteller mit jiddischer Thematik."
      Das gelte auch für die bukowinadeutsche Literatur. Schon Alfred Kittner wehrte sich entschieden: "Ich bin kein deutschsprachiger Schriftsteller, ich bin ein deutscher Schriftsteller." Dazu Burg: "Ein deutscher Schriftsteller ist der, der deutsch schreibt."
      Die Bukowina steht allerdings in einzelnen Vertretern "ein bißchen beiseite". In Deutschland war bei Juden alles deutsch, aber hier in der Bukowina waren sie in der Mehrheit jiddischsprachig. Unter ihnen wie unter den gebildeten Schichten des Landes überhaupt herrschte aber faktisch Mehrsprachigkeit, die eine Zuordnung erschwere. Als typische "mehrsprachige" Bukowiner Autoren nennt Burg dann: Olga Kobyljanska und Jurij Fedkowitsch, die er als "ukrainische" Schriftsteller bezeichnet, obwohl oder auch weil ihre am häufigsten verwendete Sprache, "gewissermaßen Muttersprache" Deutsch war! Wörtlich sagt Burg: "Literatur ist vor allem Sprache. Bei den meisten Juden ist das eine spezifische Sprache: Jiddisch."
      "Die Sprache ist das Fundament des Schriftstellers." Puschkin hat auch französisch geschrieben, Lermontow auch deutsch - deswegen sind sie trotzdem russische Schriftsteller geblieben.
      Speziell zur Situation bei der deutschen Nahsprache Jiddisch sagt er: "Man kann kein jüdischer Schriftsteller sein, wenn man deutsch schreibt - bei Hebräisch ist das dagegen eher möglich! Ganz anders ist das bei bildenden Künstlern. So ist Chagall ein jiddischer Künstler. "Fast alles, was er geschaffen hat, gehört seinem jüdischen Schtetl in Weißrußland an." Alles hat er durch dieses Prisma gesehen.
      Im Jiddischen sind überaus "starke Werke" geschrieben, die aber wegen der Sprache zu wenig bekannt sind.

      2. Zu seiner Biographie
      Josef Burg lebte bis zum 14. Lebensjahr in Wischnitz, einem berühmten Zentrum des Chassidismus, in dem fast 90 Prozent der Bevölkerung Juden waren. Sein Vater, Großvater, Urgroßvater, alle sind in der Bukowina ansässig gewesen. In Czernowitz machten die Juden über 50 Prozent der Bevölkerung aus, das jüdische Viertel "war das Schtetl der Stadt". Die Stadt aber wurde "von Deutschen bestimmt". Juden waren Geldgeber und Redakteure deutscher Zeitungen, aber es waren deutsche Zeitungen. Der österreichische Vizekanzler Busek sagte, "Burg sei in Österreich" geboren. Der Mensch Josef Burg sieht sich aber als exemplarisches Beispiel für den beständigen Wandel in diesem Gebiet Europas und bringt das auf die eingängige Formel:
      "Als ich geboren wurde, war Österreich unser Vaterland, Wien unsere Hauptstadt und Franz Josef unser Kaiser. Als ich ein Kind war, war Rumänien unser Vaterland, Bukarest unsere Hauptstadt und Ferdinand unser König. Als Erwachsener war die Sowjetunion unsere Heimat, Moskau unsere Hauptstadt und Stalin der ,Vater aller Völker`."
      "Aber ich bin weder Österreicher noch Rumäne noch Sowjet oder Russe, sondern Bukowiner . . . Ich bin hier geboren. Überall bin ich Bukowiner." In Wien erklärte ihm jemand einmal: "Bei Ihnen ist noch der Atem ein Bukowiner, die Luft . . . Und doch, und doch lebt in ihm die Bukowina." Sein Verhältnis zur deutschen Sprache: "Ich spreche nicht gut deutsch", erklärt der Wanderer zwischen mehreren Sprach - Welten kokett - und völlig unzutreffend. Nur weil er in Wien studiert habe, deswegen spräche er es etwas. 1935 hat er dort begonnen, auch deutsch zu schreiben, vor allem Aufsätze in der Zeitschrift "Judäa". 50 Jahre lang habe er dann aber kein Deutsch gesprochen, wenn auch viele Jahre als Dozent für vergleichende, auch deutsche Literatur westdeutsche Literatur gelesen. "Ich habe Deutsch mehr gehört als gelernt."

      3. Zur deutsch-jüdischen Symbiose

      Der Autor kritisiert, daß man in Deutschland im allgemeinen von den Juden der Bukowina zu wenig und fast nur beiläufig erzählt, obwohl sie einen großen Beitrag zum Aufbau des Landes geleistet haben. Bis 1938 erschienen die "Czernowitzer Blätter", eine jiddische Zeitung. Es gab einen jiddischen Schulverein und ein Lehrerseminar. Der Chassidismus in Wischnitz war jiddisch, eine Volksbewegung.
      Zur gegenwärtigen Situation der Juden in Czernowitz: " 30 Jahre lang existierten Juden in der Sowjetunion offiziell nicht. Juden verschwinden sprachlich oder ökonomisch, aber sie bleiben Juden. Das ist der Unterschied der Juden zu anderen Nationen."

      4. Zur heutigen Situation des Jiddischen

      Auf der ersten jiddischen Sprachkonferenz der Welt, 1908 in Czernowitz, bei welcher die prominentesten jüdischen Führer dabei waren, wurde noch die Resolution verabschiedet: "Jiddisch ist die Sprache des jüdischen Volkes." Das war selbstverständlich, denn damals sprachen von 16 Millionen Juden 12 Millionen jiddisch und zum Teil auch deutsch. Auf den Czernowitzer Straßen hat man früher deutsch gesprochen, heute russisch; selbst in der rumänischen Zeit hat keiner in Czernowitz die rumänischen Straßennamen genannt, sondern die deutschen!
      Celan war "die Leuchte oder besser "das Licht" der jüdisch - deutschen Bukowina". Zu dem unvermeidlichen Czernowitzer Thema "Paul Celan": Ein Grund für den Selbstmord von Paul Celan sei gewesen, daß er "von seinem Volk weggegangen und beim anderen (dem deutschen) nicht angekommen ist" - gewissermaßen ein "Renegaten"-Schicksal. Seine Familie und er selbst sprachen vom Jiddischen in damals üblicher Weise des jüdischen Mittelstands als vom "Jargon". Später habe - nach Burg - Celan diese seine Schuld gegenüber seinem Volk bedauert. "Man kann vor sich selbst nicht weggehen."
      Der Sohn eines einfachen Flößers zitiert aus einer Erzählung in seinem Buch "Ein Gesang, über allen Gesängen" ein geflügeltes Wort aus der guten, alten Zeit: "Jiddisch ist ein verdorbenes Deutsch." Burg widerspricht dem mit seinem Helden der Erzählung energisch: "Jiddisch ist eine germanische Sprache."
      Auf die Frage des Interviewers: Könnte man bei Czernowitz von einem der gelungensten Beispiele für Symbiose deutscher Sprache und Kultur mit der jiddischen sprechen? "Ja, vollständig einverstanden."
      Hat Jiddisch eine Zukunft? "Ich weiß es nicht." Von den sechs Millionen Juden des Holocaust waren fünf Millionen Jiddischsprechende. "Die deutschen Nationalsozialisten haben mit den Juden Osteuropas einen großen Teil ihrer eigenen Sprachkultur amputiert und aus Fanatismus weggeworfen. Das waren die Kinder, die Jugend der jüdischen Kultur. . . Hebräisch ist eine Lokalsprache in Israel, während Jiddisch eine Weltsprache noch heute ist! Das Jiddische hat einen Nobelpreisträger: Isaak B. Singer - und das bei einer solch kleinen Sprache, einem solch kleinen Volk. Der Knesseth-Abgeordnete Korn ist Präsident des Weltrats für Jiddisch in Tel Aviv. Zuletzt tagte dieser Kongreß erstmals in Moskau. `Hebräisch ist auch Jiddisch. Das Jiddische übernahm viele Hebräismen und integrierte sie. Jiddischsprechende integrieren sich leichter in Israel als andere." Seit einem halben Jahr gibt Burg die alten "Czernowitzer Blätter" des Redakteurs Abbas Soifer der Zwischenkriegszeit wieder heraus. Die zweisprachige Publikation (jiddisch und russisch) erscheint mit dem alten Kopf mit einer Auflage von 1500 Exemplaren.

      Fortsetzung folgt...
      Avatar
      schrieb am 27.02.02 20:34:15
      Beitrag Nr. 16 ()
      (Im folgenden Teil des Interviews werde ich in Klammern [ ] Hinweise auf gleichzeitige oder hinzupassende geschichtliche Ereignisse einzufügen versuchen.)

      5. Zur Auseinandersetzung mit dem Stalinismus

      Während der stalinistischen Verfolgung der Juden wurde ihnen "Kosmopolitismus" vorgeworfen -"ein Deckmantel für Antisemitismus". Der größte Teil der jüdischen Schriftsteller wurde von Stalins Schergen erschossen. Josef Burg lebte in dieser dunklen Zeit in Sibirien, am Ural, in Mittelasien, im Kaukasus, zwei, drei Jahre lang an der Wolga, unstet "überall". In Moskau absolvierte er seine Aspirantur als Hochschuldozent: Er unterrichtete an der Hochschule u. a. westdeutsche Literatur. 1947 wechselte er in die "Textilstadt" Iwanowo bei Moskau. In diese altrussische Stadt kam er als Jude, "der sehr schlecht russisch sprach". Seine erste Deutschstunde begann er mit einem improvisierten Märchen. Weil er "vergaß" , darin Stalin zu erwähnen, wurde er in der örtlichen Zeitung als "Kosmopolit" angegriffen. "Unter solchen Bedingungen habe ich 20 Jahre lang gelebt . . . Ich habe aber nicht gespürt, daß ich ein Jude bin . . . Mein noch größerer Schandfleck war, "Westler" zu sein! "Er ist von dort aus dem Westen" - "der Satz ist mir wie ein Schatten nachgegangen". Woher nimmt ein vom Schicksal derart umhergetriebener Mensch die Kraft zum Aufrechtgehen? "Bei uns Juden heißt es: Wenn man geboren wird, steht schon geschrieben, wen man heiratet und wo man hinkommt." Solche Art Vorbestimmung habe ihn wieder nach Czernowitz geführt.
      Als er seine alte Heimat Czernowitz wieder einmal besucht hatte, konnte er nicht mehr nach Rußland zurück. "Ich hatte das Gefühl, daß die Steine unter meinen Füßen weinen." Und er schaffte es, die berüchtigte russische "propiska" [= spezielles russisches Meldesystem mit polizeilicher Anmeldung und Paßstempel] zu umgehen. "Ich wollte nicht in Iwanowo ,von dort` sein, sondern von hier . . . Ich war immer in Czernowitz. 20 Jahre war ich nicht in Czernowitz, aber ich war immer in Czernowitz."
      Immer wieder bringt er die Liebe zu seiner Heimat auf seine Art zum Ausdruck: "Die Karpaten sprechen und singen; man muß nur hören."
      Seit 1961 gab es eine jiddische Zeitschrift in Moskau, für die er nebenher schrieb ("Sowjetisch-Heimland" ). Die Honorare waren "sehr gut", so daß er als freischaffender Künstler davon leben konnte. - Anfang der siebziger Jahre begann die jüdische Emigration wieder. Der größte Teil der Juden aus der Bukowina ging aber bereits 1945: "Alle, die wollten, durften nach Rumänien fahren. Wäre ich damals hier gewesen, dann wäre ich jetzt nicht mehr hier!" Seine Frau, eine Russin, die er als eine seiner Germanistikstudentinnen kennenlernte, wollte sofort ins Ausland; und im Gegensatz zu anderen Bukowiner Autoren wie Celan, Silbermann?Horrowitz und Kittner könnte Josef Burg sich vorstellen, in Jerusalem zu leben.

      In Rumänien wurde ihm vor dem Zweiten Weltkrieg in den verbreiteten antijüdischen Maßnahmen das Bürgerrecht entzogen, weil er nicht nachweisen konnte, daß sein Großvater in Czernowitz gelebt hatte.
      [Im geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt 1939 teilten das Deutsche Reich und die Sowjetunion Osteuropa in ihre Einflußsphären auf. Während Hitler die "Volksdeutschen" aus Gebieten östlich der deutschen Reichsgrenzen "heimholen" wollte, um ein geschlossenes "großgermanisches Siedlungsgebiet" zu schaffen, beanspruchte Stalin u.a. die gesamte Bukowina und Bessarabien als "Entschädigung" für den Schaden, der der Sowjetunion seitdem durch diese Abtrennung entstanden sei. Auf deutsche "Vermittlung" zwischen Rumänien und der Sowjetunion hin begnügte sich Stalin dann mit der Nord-Bukowina, weil er eine direkte Bahnverbindung zwischen Odessa und Lemberg über Czernowitz haben wollte. Zwischen dem 5. September 1940 und dem 17. November 1940 wurden dann alle "Volksdeutschen" aus der Bukowina und Bessarabien (= ungefähr das heutige Moldawien) "heim ins Reich" ins Sudetenland, nach Schlesien oder sogar nach Lothringen umgesiedelt. Das Deutsche Reich erhielt für die zurückgelassenen Güter der Deutschen Kompensationszahlungen von der Sowjetunion. So war später sogar noch am Tage des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, am 22.06.1941 ein junger Hauptmann namens Breschnew damit beschäftigt, in der Ukraine einen Güterzug mit ukrainischem Getreide als Kompensationszahlung für das Deutsche Reich zu beladen. Zur Sicherung ihrer Macht deportierte die Sowjetunion bis zum Sommer 1941 ca. 300.000 Rumänen - meist Intellektuelle - aus der Bukowina und Bessarabien nach Sibirien. Wer zu welcher Nationalität gehörte, wurde in Czernowitz und Umgebung durch gemeinsame deutsch-sowjetische Nationalitäten-Kommissionen festgelegt. Noch existierende Fotos von diesen Kommissionen sehen im Nachhinein sehr "bizarr" aus: Ein deutscher Armee-Offizier, gelegentlich auch ein SS-Offizier sitzt unter der Hakenkreuzflagge direkt neben einem Offizier der Roten Armee unter der Hammer-und-Sichel-Flagge. Um die Umsiedlung ins Deutsche Reich bewarben sich wegen der Machtübernahme der Sowjets in Czernowitz und darauffolgende Plünderungen auch viele Nicht-Deutsche, sogar viele Juden, da noch keine Informationen über Auschwitz o.ä. bis in die Bukowina gelangt waren. Diese Bewerber wurden natürlich abgelehnt. Daß ihnen dies oft, aber nicht immer das Leben retten sollte, wußten sie noch nicht. Besonders die SS sollte später mit den "Volksdeutschen" aus der Bukowina recht unglücklich werden. Mehrere SS-Dienststellen in Schlesien, Pommern und dem "Generalgouvernement Polen" beklagten sich in noch erhaltenen Dokumenten bei höheren Vorgesetzten häufig über die "Nichteignung vieler Volksgenossen für den Osteinsatz" und ein "völlig unverständliches Mitleidsempfinden für das Polen- und Judentum". Besonders den Czernowitzer Deutschen wurde sogar von einem SS-Sturmbannführer in Pommern bescheinigt, "daß sie in ihrer seelisch und charakterlich verworfenen Haltung tatsächlich aus dem Paris des Ostens stammen!" (Zitate nach Dirk Jachomowski: Die Umsiedlung der Bukowina-, Bessarabien- und Dobrudschadeutschen, S. 165-169, dort Fußnote 100.) ]
      Dann wurde er auch von der Roten Armee "befreit", "befreit vom Denken und Wissen, von allem". Die Bukowiner Juden außerhalb von Czernowitz begrüßten die Rote Armee 1940 "mit fliegenden Fahnen", weil sie schon den Antisemitismus der Rumänen kennengelernt hatten. Aber "dort in der Sowjetunion war nichts, hier in der Bukowina war alles . . . Nach zwei Tagen war Czernowitz nicht mehr wiederzuerkennen . . . Damals wurde es im vollen Sinne des Wortes Asien, mittelalterliches Asien". Zur heutigen nationalen Situation in Czernowitz gilt: "Der größte Teil der Czernowitzer Ukrainer hier sind keine Bukowiner."
      Zu dem für ihn lebensrettenden Weggang in die stalinistische Sowjetunion sagt Burg: "Stalin hat über zwei Millionen Juden gerettet . . . Aus dem ganzen Westen sind sie im Osten aufgenommen worden . . . Polnische Juden retteten sich vor den Deutschen nach Galizien und in die Sowjetunion . . . Das sind die mörderischen Widersprüche bei Stalin: 1941 brauchte er das amerikanische Geld - also rettete er sie, 1948 wollte er sie vernichten." In Czernowitz war von den ehemals 76 Synagogen nach 1945 eine aktiv - als Alibi. "Eine einzige große Lüge - so war es mit allem in der Sowjetunion."

      6. Episode bei den Wolgadeutschen

      Arbeit suchend kam Burg 1940 in die deutsche autonome Wolgarepublik nach Saratow / Engels, in der die Menschen ein "sehr schlechtes Deutsch gesprochen" haben, "ein konserviertes". "Viele haben in mir zum ersten Mal einen Juden gesehen." Er suchte sich die Lehrerstelle in Rosendamm - 30 Kilometer von der Eisenbahnstation Mokra entfernt - aus, "weil der Name so schön klang". Bewundernd erzählt er von dessen "deutschem Geist", der als "niemietzki duch" auch von den Russen anerkannt wurde: schöne, saubere, gepflegte Häuser, Gärten und Straßen.
      1941 wurde die Autonome Deutsche Wolgarepublik aufgelöst, die Menschen deportiert. Die sowjetischen Offiziere schrieben fein säuberlich alles Hab und Gut auf und versprachen, daß die Menschen alles wieder an den Exilorten erstattet werde. "Die haben dort in Wahrheit den Tod bekommen. Die wurden von Stalins Mördern genauso heimtückisch deportiert und ermordet wie die Juden von den Mördern Hitlers 1000 Kilometer weiter westwärts. Und sie waren genauso unschuldig." Drei Tage lang dauerte die Deportation. "Das war fürchterlich und grausam, das Fürchterlichste, das ich je erlebte in meinem Leben . . . Die menschliche Phantasie kann sich so etwas nicht vorstellen . . . Ich bin als Jude allein in einem großen deutschen Dorf an der Wolga zurückgeblieben . . . Die Kühe brüllten vor Schmerzen, weil sie niemand mehr melken konnte, die Pferde liefen umher, Hunde streunten und Katzen sprangen aus den Fenstern. Nachts hatte ich regelrechte Angst vor diesem von Menschenhand gemachten Alptraum.

      7. Seine Holocaust-Erzählung "Gesang über den Gesängen"

      Sie spielt in der Zeit des russischen Rückzugs 1941/42: "Zwar wurden Juden und Nichtjuden z.T. aus Westrußland evakuiert, doch ukrainische und rumänische Judenhasser und Banditen hatten schon vor den Deutschen mit den Juden abgerechnet, - von den Karpaten bis Putila oben. Unter anderen starb dort Makowej, der Sänger. Nur ein kleines Dorf, Ispas, ist verschont geblieben, weil sein orthodoxer Pfarrer sich energisch wehrte. 15 Jahre lang habe ich gekämpft mit diesem Stoff - ich habe ihn besiegt." In seiner Titelgeschichte von "Ein Gesang, Gesang über allen Gesängen" hat er diesem Pfarrer in seinem Haupthelden "Makowej" (in Anlehnung an "Makkabäer" ) ein Denkmal gesetzt. "Ich will, daß man die ganze schwarze Lüge, Stalin, und alles, was mit diesem Namen verbunden ist, aufdeckt . . . Der KGB unterscheidet sich in nichts von der SS. Dieser und jene haben Millionen Menschen umgebracht. Man hat in der Sowjetunion den Antisemitismus als Ideologie gebrandmarkt und doch selbst praktiziert". "Ich erzähle (das) sehr ungerne . . . Mir scheint`s, ich bin heute der einzige Zeuge . . . Das verlogene Versprechen . . . das ist der Stalinsche Sozialismus oder überhaupt dieser Sozialismus." Trotz seines fortgeschrittenen Alters plant Josef Burg noch einen ganzen Band zu den Gulags in Sibirien und dem Fernen Osten. Denn bei Tomsk-Saransk "waren nur Konzentrationslager".
      Wie sieht Burgs Verhältnis zu den Russen und den Deutschen im Vergleich aus? "Bis 1930 hätte ich die Frage anders beantwortet . . . Ich persönlich bin heute böser auf die Deutschen als auf die Russen. Die Deutschen hätten bei ihrer Bildung menschlicher sein müssen." Die Soldaten der Deutschen haben die meisten seiner Verwandten umgebracht. Ähnlich unterscheidet er zwischen Stalinismus und Russen: "Die Russen sind ein wunderbares, unglückliches Volk, mir scheint, das unglücklichste Volk der Welt." Ein großes Volk mit einer großen Kultur, aber ohne demokratische Traditionen. "Sie waren immer Sklaven, ihre Psychologie ist eine sklavische . . . Ein Volk, das der Welt Tolstoi und Dostojewski gegeben und nichts dafür bekommen hat." Burg zeigt uns einen Teil seiner Publikationen. Sein erstes Buch "Na Tscheremosch" ("Auf dem Tscheremosch" ) erschien in Bukarest, sein letztes Werk, "Ein verspätetes Echo", 1990.
      1988 kam als erste deutsche Publikation im St. Benno-Verlag in Dresden "Gesang über den Gesängen" heraus. Weitere Veröffentlichungen auf deutsch sind in Vorbereitung.
      Avatar
      schrieb am 27.02.02 22:31:18
      Beitrag Nr. 17 ()
      Danke Auryn,
      für dein kleines Buchenland-Seminar.Und schön, dass es hier im Sofa überhaupt noch solche interessanten Themen gibt und dieser Thread noch nicht ins Politikforum abgeschoben wurde. Ich lese deine Posts immer mit Vorliebe auch wenn ich selten etwas dazu schreibe.
      In dem Buch "Die Welt von gestern" von Stefan Zweig findet ihr übrigens eine sehr lesenswerte Schilderung dieser wahrhaft (multi-)kulturellen Zeit in der kuk-Monarchie .
      Kleine Frage an Auryn : Was sind Huzulen und Lippowener für Volksgruppen, gibt es die heute noch da?


      Gruss
      superior;)
      Avatar
      schrieb am 28.02.02 09:17:56
      Beitrag Nr. 18 ()
      Sehr interessant. Nur als Randbemerkung: auch heute gibt es einen besonderen Antisemitismus in Rußland, der in sich sehr widersprüchlich sein kann: einerseits waren Juden anerkannte Kollegen, andererseits wurde ihr Jüdisch-sein sehr bewußt wahrgenommen und wahr mit geringem Ansehen verbunden. Zum Schluß nahm man ihnen noch übel, daß sie nach 1990 sehr einfach nach Deutschland, Israel oder sogar in die USA gehen konnten. Meine Frau nennt auch meinen deutschen Allerweltsnamen in ihrer Heimat ungern, weil er für russische Ohren jüdisch klingt. In Russen erkennt man teilweise Juden an ihren deutsch klingenden Namen, wie Müller, Schmidt oder Wassermann.
      Avatar
      schrieb am 28.02.02 10:11:07
      Beitrag Nr. 19 ()
      Hier ist die Adresse von "Virtual Campolung Moldovenesc":
      http://www.geocities.com/CapitolHill/3564/home.htm
      So sieht das heute aus:

      (Das Bild wir nicht immer angezeigt, liegt auf geocities :rolleyes: )

      fondast (weiterverfolgend)
      Avatar
      schrieb am 01.03.02 09:22:42
      Beitrag Nr. 20 ()
      Vielen Dank für die neuen Postings und Anmerkungen in diesem Thread!
      Bei nächster Gelegenheit werde ich hier noch weitermachen.

      @ superior:

      Die "Lippowener" (oder auch Lippowanen / Lippowaner etc.) sind eigentlich eine kleine, tiefreligiöse russische Minderheit in Rumänien und Moldawien. Sie sind sozusagen die "Mennoniten" oder "Amish" Rußlands. Es gab zur Zeit Zar Peters des Großen ein rein-russisches orthodoxes Kirchen-Schisma, in dem sich die "Altrussische Kirche" von der zarentreuen orthodoxen Kirche trennte, wie Zar Peter sie haben wollte. Die letzten Anhänger dieser "Altrussisch-orthodoxen Kirche" gingen an die äußersten Ränder des Zarenreichs, wo sie vor Verfolgungen sicher sein konnten. Genaueres über dieses Kirchen-Schisma kann ich Dir im Moment leider nicht sagen.
      Nur noch soviel: Meine Mutter traf noch einige von Ihnen Anfang der 60er Jahre auf den Märkten von Campulung Moldovenesc und Suceava als Pferde- und Obstzüchter. Als solche besaßen sie einen hervorragenden Ruf. Das Obst war von Spitzenqualität und die lippowanischen Pferdehändler besaßen den Ruf der absoluten Ehrlichkeit. Sie trugen grundsätzlich grobgewebte weiß-leinerne Kleidung, lehnten jeden Waffendienst ab und entzogen sich staatlichen Maßnahmen oft durch Flucht in unzugängliche Wälder oder in die Sumpfgebiete des Donaudeltas. Wurden sie doch zum Militärdienst herangezogen, wählten sie oft lieber wie die Zeugen Jehovas jahrelange Haftstrafen in Zwangsarbeitslagern als den Militärdienst. Viele von ihnen wurden in Rumänien, aber natürlich auch unter Stalin von den "Staatsorganen" umgebracht. Einige Tausend müssen jedoch besonders im Donaudelta überlebt haben, denn der rumänische Staat führt sie neuerdings wieder als Minderheit in offiziellen Statistiken. Ich schätze ihre Gesamtzahl so auf maximal 10.000. Es könnten aber angesichts der zunehmenden Religiosität in Rumänien durchaus wieder mehr werden. Solche religöse Gemeinschaften bieten eine Sicherheit der Grundversorgung ihrer Mitglieder, die normale arme rumänische Gemeinden oft nicht leisten können. Im "deutschen" Ostpreußen soll es diese "Lippowaner" übrigens auch mal gegeben haben. Dort waren sie unter dem Namen "Philipponen" bekannt, von dem sich auch "Lippowaner" ableitet. Nach dem russischen Kirchen-Schisma lebten sie überall v.a. von der Pferdezucht, worauf ja auch ihre Bezeichnung hinweist.

      Die "Huzulen" sind ähnlich den "Hoholen" eine nationale Minderheit, deren "Nationalitätsbildung" meiner Meinung nach nicht "normal abgeschlossen" worden ist. Man kann sich das vielleicht so vorstellen wie die Herausbildung der "Markomannen bzw. Bayern" am Ende der Römerzeit auf dem Weg ins Mittelalter. Die Huzulen sind in den Bergregionen der Karpato-Ukraine (Ushgorod - der Zipfel Polens, der vor dem Zweiten Weltkrieg bis nach Rumänien reichte, dann aber auch von Stalin annektiert wurde, u.a. damit er in alle Ostblockstaaten direkt einmarschieren konnte) bis hoch nach Lemberg beheimatet. Ihre Sprache soll eher dem Polnischen als dem Ukrainischen ähneln, aber die Huzulen wurden beim russisch-polnischen Krieg 1920 von den Polen als "Ukrainer" be- (also eher miß-)handelt, woraufhin die Huzulen sich bis heute eher als Ukrainer mit polnischem Dialekt betrachten. Über ihre genaue aktuelle Zahl weiß ich rein gar nichts. Möglicherweise sind sie jetzt gerade dabei, wieder "Polen" zu werden. ;)
      Avatar
      schrieb am 01.03.02 10:20:29
      Beitrag Nr. 21 ()
      Mit den Nationalitäten ist es in Osteuropa manchmal so eine Sache, bei der man nicht weiß, ob man eher lachen oder weinen soll. So habe ich noch einen hervorragenden Artikel des bekannt-brillanten britischen Zeithistorikers und Wissenschafts-Journalisten Timothy Garton Ash gefunden, der sich in allem, das er schreibt, mit meiner Meinung so vollkommen deckt, daß ich hier sein Buch empfehlen möchte, aus dem der folgende "exotischste" Artikel ein Auszug ist. Das Buch besteht aus Ash`s Tagebuch-Notizen seiner Reisen durch Osteuropa während der letzten 11 Jahre und darauffolgenden Aufsätzen in allen namhaften Zeitungen der westlichen Welt:
      Timothy Garton Ash: Zeit der Freiheit. Aus den Zentren des neuen Europa.

      Darin fand ich folgenden, "relativ aktuellen Artikel" (1998) über die exotische Region "Ruthenien", der so amüsant und "interessiert-interessant" geschrieben ist, wie ich es sonst noch bei keinem Nicht-Osteuropäer lesen konnte:

      Es lebe Ruthenien!
      (Teil 1)
      Woher sie kamen, kann keiner sagen. Auch weiß niemand genau, wer sie sind und wie viele sie sind und wo genau sie sich aufhalten. Sie leben in sechs Staaten und in keinem. Zu jedem dieser Staaten und zu keinem verhalten sie sich loyal. Ihre Sprache wird auf fünf verschiedene Weisen geschrieben - sowohl in kyrillischer als auch in lateinischer Schrift. Manche von ihnen betrachten sich als Ukrainer, andere als Slowaken, wieder andere als Polen. Oder Rumänen. Oder Ungarn. Oder Jugoslawen. Aber viele beharren darauf, sie seien Russinen" oder "Karpato-Russinen" oder rusnatsi. Oder sie heben die Hände und geben die uralte Antwort des Bauern aus dem slawischen Grenzland Europas: "Wir sind eben von hier."
      Doch jetzt haben sie eine Provisorische Regierung, und die will einen neuen Nationalstaat gründen. Einen Staat mit Namen Ruthenien.
      Und hier sitze ich und spreche mit dem Premierminister - in dem Büro, das ihm in einem großen Krankenhaus in Uschgorod in seiner Eigenschaft als Pharmakologe zur Verfügung steht. Uschgorod ist die Hauptstadt dessen, was die Ukrainer als "Transkarpatische Ukraine" bezeichnen, aber der Premierminister besteht auf dem Namen "Subkarpatisches Rus". Professor Iwan Turjanitsa ist ein untersetzter, munterer, energischer Mann mit dichtem schwarzen Haar, strahlenden Augen und einer Begabung zum Redner. Er ist in dem Stil gekleidet, der nach meinen Beobachtungen bei den Ruthenen gerade im Schwange ist: oben ein Sportsakko aus Synthetik, unten Nadelstreifenhosen. Soeben hat er mich dem eigens aus der Slowakei herbeigeeilten Außenminister und dem Justizminister vorgestellt, der im selben Krankenhaus als Chirurg tätig ist. "Es arbeiten aber nur zwei Kabinettsmitglieder hier", fügt er rasch hinzu.
      Während mir der Justizminister - noch im weißen Kittel eine Tasse Tee aus einem Kessel in einer Ecke des Raumes holt, beginnt der Premierminister mit seinen Erklärungen. Bei der Volksabstimmung über die Unabhängigkeit der Ukraine im Dezember 1991 hätten sich 78 Prozent der Bevölkerung in der Region für größere Autonomie gegenüber dem Rest der Ukraine jenseits der hohen Karpaten ausgesprochen. Aber das "nationalfaschistische Regime der Ukraine", wie er es nennt, habe den Wunsch des Volkes ignoriert. Deshalb hätten er und seine Kollegen im Mal 1993 die Provisorische Regierung des Subkarpatischen Rus oder eben Rutheniens gebildet.
      Und wie haben die ukrainischen Behörden darauf reagiert?
      "Normalnie!" erwidert er. (Wie es zu diesem über etliche Landesgrenzen hinweg siedelnden Volk paßt, unterhalten wir uns in einer Mischung aus Slowakisch und Polnisch.) "Ganz normal. Sie haben einen Autounfall für mich arrangiert." Später zeigt er mir draußen den beschädigten Wagen. Im Augenblick, sagt er, würden er und seine Kollegen geduldet, sie hätten jedoch keinen Zugang zu den Medien.
      Sie wollen ihren eigenen Staat in den Grenzen des jetzigen transkarpatischen oblast der Ukraine, aber mit engen Bindungen zu den anderen Ruthenen in der Slowakei und in Polen. Als verantwortungsvolle Politiker sind sie bereit, die Verteidigung und das, was sie "globale" Außenpolitik nennen, der Regierung in Kiew zu überlassen. Alles andere aber - die "lokale und europäische" Außenpolitik, das Erziehungs-, das Gesundheitswesen und so weiter - soll ihre Domäne sein. Auch eine eigene Währung soll es geben - "obwohl sie den gleichen Namen haben könnte". Professor Turjanitsa überreicht mir ein Ansteckabzeichen mit dem Nationalwappen: gelbe und goldene Streifen, darauf ein roter, sich aufrichtender Bär. Ganz hübsch.
      Ob sie auch eine Nationalhymne haben? Ja, natürlich. Ob ich den Text sehen könne? Tja, also, hrm, ähem - anscheinend ist keiner zur Hand. Aber wir könnten sie Ihnen vorsingen! " sagt der Außenminister. ja, bitte! Doch dann obsiegt die Schüchternheit, und statt zu singen, graben sie weiter in Papieren, bis sie den Text gefunden haben. Er stammt von Alexander Duknowitsch, einem Priester aus dem 19. Jahrhundert, der als Vater der Nation gilt. "Subkarpatische Russinen", so beginnt die Hymne, "erhebt euch aus eurem tiefen Schlummer."
      Es ist verlockend, alles das als einen Jux abzutun. Schon der Name Ruthenien klingt ja so, als stammte er aus einem Tim und Struppi-Heft und als läge gleich nebenan Anthony Hopes Ruritanien. Über die Provisorische Regierung kann man herzlich lachen. Die "ruthenische Frage" jedoch führt uns mitten in eines der wichtigsten Probleme der internationalen Politik unserer Zeit. In den zehn Jahren seit dem Ende des Kalten Krieges sind mit der neuen Freiheit überall in Europa solche unterdrückten und bisweilen nur halbwegs ausgeformten Nationalitäten aufgetaucht und haben begonnen, politische Forderungen zu formulieren.
      Wer die Sache der Ruthenen verstehen will, muß sich zunächst ein wenig Geschichte einverleiben. Die Ruthenen gehören zur ostslawischen Völkerfamilie, genau wie die Russen, Weißrussen und Ukrainer, die allesamt irgendwann einmal zum Reiche "Rus" gehört haben sollen. Ein Gelehrter wollte sie "Rus`en" nennen, im Unterschied zu den "Russen", aber man sieht, warum er mit einer derart feinsinnigen Unterscheidung nicht durchdrang. Alles, was die Herkunft dieser Menschen, ihre Kultur, ihre Sprache und ihre Politik betrifft, ist umstritten.
      Über weite Strecken ihrer neueren Geschichte gehörten sie zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Sie waren vor allem Bauern und Holzfäller in den dichtbewaldeten Vorgebirgen der Karpaten. (Noch heute sieht man in Bergdörfern, die aussehen, als stammten sie aus einem Bild von Chagall, solche bäuerlichen Holzfäller bei der Arbeit.) Es waren die Habsburger, die ihnen den Namen "Ruthenen" gaben. Als das Reich nach dem Ersten Weltkrieg zerfiel, sahen sie sich plötzlich über die Gebiete Polens, Ungarns, Rumäniens, Jugoslawiens und dessen, was wenig später die Sowjetunion wurde, zerstreut. Besonders dicht siedelten sie in der neugegründeten Tschechoslowakei.
      Die Tschechoslowakei, der demokratischste und liberalste unter diesen Nachfolgestaaten, gewährte ihnen weitreichende Autonomie in einer Provinz mit Namen Subkarpatisches Rus. Auch das Buch, in dem meine Gesprächspartner den Text ihrer Nationalhymne fanden, war vor dem Krieg in der Tschechoslowakei gedruckt. In jenen goldenen Tagen der Freiheit gab es große Debatten zwischen Ukrainophilen, denen zufolge die Ruthenen im Grunde Ukrainer waren, Russophilen, in deren Augen sie den Russen näherstanden, und Russinophilen, denen zufolge sie weder Ukrainer noch Russen, sondern etwas ganz anderes waren. Heute, mit der Rückkehr der Freiheit, ist auch diese Debatte wieder aufgelebt. In der Slowakei besuche ich zwei rivalisierende Organisationen: die "Union der Russino-Ukralner", die behaupten, daß sie eigentlich Ukrainer seien, und die "Ruthenische Renaissance", deren Sprecherin mir erklärt, man könne unmöglich gleichzeitig Ruthene und Ukrainer sein.
      Die Autonomie des Subkarpatischen Rus erreichte einen prekären Höhepunkt, nachdem Großbritannien und Frankreich 1938 in München in die Zerschlagung der Tschechoslowakei einwilligten. Für sechs Monate war das Gebiet ein separates politisches Gebilde innerhalb einer föderalen Rest-Tschechoslowakei: Ruthenien. Als dann die Nazis in Prag einmarschierten, wurde dieses Ruthenien von Ungarn geschluckt. Auch dabei blieb es nicht lange. Am Ende des Zweiten Weltkriegs gliederte Stalin das Land der Sowjetunion an. Und als die Sowjetunion zusammenbrach, wurde es Teil der Ukraine.
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      schrieb am 01.03.02 10:49:03
      Beitrag Nr. 22 ()
      Es lebe Ruthenien!
      (Teil 2, Ende des Artikels)

      Unterdessen fällten die Ruthenen weiter ihre Bäume. Professor Turjanitsa erzählt mir den klassischen osteuropäischen Witz von dem alten Mann, der einem Besucher erklärt, er sei in Österreich-Ungarn zur Welt gekommen, in der Tschechoslowakei zur Schule gegangen, habe in Ungarn geheiratet und die meiste Zeit seines Lebens in der Sowjetunion gearbeitet, wohne nun aber in der Ukraine. Viel unterwegs gewesen, wie?" fragt der Besucher. "Nein", antwortet der alte Mann, "aus Mukatschewo nie herausgekommen."
      Zu den großen Fragen, die das kleine Ruthenien aufwirft, gehört auch die, ob die ethnisch gemischten Nachfolgestaaten der Sowjetunion womöglich ebenfalls den blutigen Weg des ehemaligen Jugoslawien einschlagen werden. Ist das ruthenische Rumoren eine Ausnahme - angeregt durch die noch relativ frische Autonomieerfahrung in der Tschechoslowakei vor dem Krieg? Oder sind zur Zeit auch andere unterdrückte Nationalitäten damit beschäftigt, in abgelegenen Hospitälern provisorische Regierungen zu bilden?
      In der Ukraine leben bis zu eine Million Ruthenen. Weitere 1oo.ooo leben in der Slowakei, rund 6oooo in Polen (wo sie "Lemkos" genannt werden). Kleinere Gruppen gibt es außerdem in Rumänien, Ungarn und in der zu Restjugoslawien gehörenden Provinz Wojwodina. (Außerdem verfügen die Ruthenen über ein Plus, das jeder Möchtegernnation überaus nützlich werden kann: eine große Diaspora in den Vereinigten Staaten.) So siedeln sie diesseits und jenseits von einem halben Dutzend Grenzen, und wenn sie es dramatisch ausdrücken wollen, nennen sie sich selbst gelegentlich "die Kurden Mitteleuropas".
      jene Grenzen sind nun aber keineswegs besonders alt. In seinem wichtigen Buch Kampf der Kulturen vertritt Samuel Huntington die These, nach dem Ende des Eisernen Vorhangs werde die entscheidende Trennlinie innerhalb Europas zwischen der westlichen (katholischen und protestantischen) und der östlichen (orthodoxen) Christenheit verlaufen. Sie werde die neue Ostgrenze Europas oder gar der "westlichen Zivilisation" bilden. Die Ruthenen, wie es ihre Art ist, siedeln zu beiden Seiten auch dieser Grenze. Zum Teil gehören sie der orthodoxen Ostkirche an, zum anderen Teil der Unierten (griechisch-katholischen) Kirche, die zwar dem östlichen Ritus folgt, die Autorität des westlichen Papstes jedoch anerkennt. Wenn man im Osten der Slowakei durch ruthenische Bergdörfer fährt, sieht man oft zwei Kirchen direkt nebeneinander: eine alte, hölzerne, die der Griechisch-Unierten Gemeinschaft gehört, und eine neue orthodoxe. Nach 194 5 überließen die Kommunisten diese alten Holzkirchen illegalerweise den Orthodoxen, und nach dem Ende des Kommunismus fielen sie an die Unierten zurück, worauf die orthodoxen Gemeinden gleich nebenan ihre eigenen Kirchen errichteten.
      Schon bald wird auch die neue Ostgrenze der Nato quer durch das Gebiet der Ruthenen führen - wenn nämlich Polen der Nato beitritt, und erst recht, wenn sich die inzwischen in einem raschen Reformprozeß befindliche Slowakei hoffentlich in wenigen Jahren dem westlichen Bündnis anschließt. Dann werden zu beiden Seiten der vordersten Linie des Westens beträchtliche Gruppen von Ruthenen siedeln. Vertraulich teilt mir der Außenminister mit, seine Regierung sei "hocherfreut über das Näherrücken der Nato".
      Diese ruthenischen Geschichten sind in vieler Beziehung typisch osteuropäisch, und wer Sinn für das Sonderbare hat, den werden sie schon aus sich heraus ergötzen. Es geht jedoch bei alledem nicht nur um osteuropäische Fragen. Auch in Westeuropa gibt es Nationalitäten, die, unterschiedlich geformt und gefestigt, einen Zustand irgendwo zwischen Autonomie und neuer Staatlichkeit anstreben. Man denke nur an Schottland und Wales innerhalb von Großbritannien oder an Katalomen und das Baskenland in Spanien.
      Und es geht bei alledem auch nicht allein um Europa. Ich frage den Premierminister, ob denn seine Regierung schon internationale Anerkennung erlangt habe, worauf er stolz verkündet: >ja, wir sind in die UNPROFOR aufgenommen."
      "Die UNPROFOR? Aber das war doch die Schutztruppe in Bosnien!"
      "Pardon, ich meine die UNPRO."
      Schließlich stellt sich heraus, daß er die UNPO meint, die "Unrepresented Nations and Peoples Organisation". Nach meiner Heimkehr besuche ich die Website dieser UNPO und finde dort eine Liste von mehr als fünfzig "nicht repräsentierter Nationen und Völker", von Abchasien und den Aboriginals in Australien und der Region Acheh auf Sumatra über Kurdistan und Nagaland bis zu Osttimor und Tibet. Und mitten darin Kosova - wie die Albaner das Kosovo schreiben.
      Auf der ganzen Welt gibt es Völker, die Staaten werden wollen. Oder zumindest anerkannte politische Gebilde. Für Diktaturen ergibt sich daraus ein Problem, wenn vorhandene Identitäten brutal unterdrückt werden, wie in Tibet oder in Osttimor. Für liberale Demokratien ergibt sich daraus ein Problem, wenn bestimmte Gruppen von Leuten regiert werden wollen, denen sie sich zugehörig fühlen und die die gleiche Sprache sprechen. Aber die größten Probleme ergeben sich vielleicht auf der heiklen Stufe zwischen Diktatur und Demokratie. Der Weg, der bei der UNPO beginnt, endet dann nur zu oft im Ruf nach einer UNPROFOR.
      Die Ruthenen sind aber noch längst keine Kurden oder Kosovaren. Im Augenblick verlangen ihre "Repräsentanten" ein paar elementare Minderheitenrechte wie Schulunterricht in der eigenen Sprache. Wenn sich ihre Lage in der Slowakei verbessert, dürften auch die Klagen in der Ukraine lauter werden. Sie fordern hier, daß die ruthenische Nationalität bei der für das Jahr 200 1 geplanten ukrainischen Volkszählung als Wahlmöglichkeit berücksichtigt wird und daß die ukrainischen staatlichen Forstbetriebe die mechanisierte Abholzung ihrer geliebten Bergwälder stoppen. Diese Wälder sind ihr nationales Erbe. Sie hoffen auch, verhindern zu können, daß der transkarpatische oblast im Zuge einer Verwaltungsreform, zu der die Ukraine angeblich vom Weltwährungsfonds gedrängt wird, einer neuen, größeren Provinz einverleibt wird, die dann von dem weit entfernten Lwiw oder Lemberg aus regiert werden würde. Und sie bemühen sich um mehr grenzüberschreitende Kooperation in dem Gebiet, das schon heute die Euroregion Karpatien ist.
      Bis zur Staatlichkeit ist es noch ein weiter Weg. Aber Professor Turjanitsa ist ein begabter Demagoge. Unter günstigen Umständen und wenn er Zugang zu den Medien bekäme, könnte ich mir durchaus vorstellen, daß er - oder jemand seines Schlages ein Publikum von ruthenischen Bergbauern, Holzfällern und verarmten Kleinstädtern davon überzeugt, daß sie die Erben einer großen Tradition seien; daß sie vor dem Krieg, solange sie Teil der Tschechoslowakei waren, wohlhabender und freier waren als heute; daß die ukrainischen "Nationalchauvinisten" - ein Ausdruck, den er mehrfach genüßlich wiederholt - an all ihren Schwierigkeiten schuld sind; kurz, daß sie viel besser dastünden, wenn sie sich selbst regierten. Während wir sprechen, strömt Regenwasser die Abhänge der Karpaten herunter und überschwemmt die Niederungen an der Grenze zur Slowakei, zu Ungarn und Rumänien. "Sehen Sie", ruft er, "selbst das Wasser spült uns nach Westen."
      So absurd es klingen mag, ich habe die sonderbare Ahnung, daß wir den Namen "Ruthenien" eines Tages auf der Landkarte wiedersehen werden - wenn nicht als souveränen Staat, so doch zumindest als autonome Provinz. Wenn dieser Tag kommt, denken Sie daran: Gelesen haben Sie es zuerst hier.
      (November 1998)
      Avatar
      schrieb am 01.03.02 13:02:21
      Beitrag Nr. 23 ()
      Noch ein bis zwei Anmerkungen:

      1. Zur Form des Texts: Die vorhergehenden Artikel wurden von mir mit Hilfe eines Uni-Text-Erkennungsprogramms eingelesen, das so seine Tücken hat. Bestimmte Buchstabenkombinationen oder Zeichen werden nicht erkannt, aber ich glaube, jeder Leser wird sich denken können, daß die Region in Spanien Katalonien und nicht "Katalomen" heißt und daß bestimmte Fragezeichen mitten im Text eigentlich Bindestriche sein sollten.

      2. Die von mir beschriebene Minderheit der "Lippowaner" spricht unter sich ein so altertümliches Russisch wie die Nachkommen der Wolgadeutschen (deren Überlebende z.T. inzwischen aus Kasachstan nach Deutschland übergesiedelt sind) ein altertümliches Deutsch sprechen, in dem noch Umschreibungen wie "er hat die Hitz`" bedeutet, daß jemand Fieber hat. Wenn diese Deutschen von "unserer Katharina" sprechen, die sie nach Rußland geholt hatte, dann meinen sie nicht etwa Katharina Meier, sondern die Zarin Katharina die Große, als ob sie gestern noch gelebt hätte. Ähnlich sprechen die Lippowaner von dem "bösen Peter" (dem Großen). So ist das mit den meisten "alten Minderheiten" in Osteuropa, die über Jahrhunderte von ihren ursprünglichen Heimatländern abgeschnitten worden waren. Die Zeit blieb sozusagen teilweise im Denken stehen. Für Historiker und Ethnologen wäre das eine sehr interessante Gegend, wenn sie sich dahin trauen und die entsprechenden Sprachen sprechen könnten.
      Ich möchte allerdings sehr dringend davon abraten, ganz alleine und ohne gute Sprachkenntnisse eine Motorrad-Reise o.ä. in die Ukraine zu unternehmen. Es soll schon eine Menge Reisende aus Polen gegeben haben, die sich nachts auf der Straße zwischen der polnischen Grenze und Kiew einfach in Luft aufgelöst haben. Es gibt auch so "schöne Geschichten" über das Verschwinden und Wiederauftauchen in Osteuropa: a) Ein ukrainischer Minister für den Außenwirtschaftshandel fuhr übrigens 1999 einen hübschen Mercedes, der der Deutschen Botschaft in Litauen abhanden kam. Der ukrainische Minister sagte später, sein Chauffeur habe den Wagen ganz legal und recht günstig auf einem Automarkt in Kiew gekauft. b) Ein ängstlicher deutscher Professor fuhr mit seinem BMW zu einem Gastvortrag an die Universität von Warschau, und fürchtete sich davor, mit seinem schönen Wagen durch die Vororte von Warschau zu fahren. Deshalb ließ er seinen Wagen auf dem Parkplatz einer deutsch dominierten Spedition in einem Villen-Vorort von Warschau stehen und nahm sich ein Taxi in die Innenstadt. Das Taxi wurde nach 20 Minuten auf der Stadtautobahn von einem uneinholbar rasanten BMW eines gewissen deutschen Professors überholt und nahm dann die Abfahrt in Richtung Ukraine.
      Ich selbst sah einmal in der Nähe von Iasi (gesprochen: Iasch) in Rumänien nahe der Grenze zu Moldawien auf einem Parkplatz zwei ziemlich ungewaschene Mercedes mit nagelneuen blitzsauberen rumänischen Kennzeichen, ziemlich finster wirkenden Fahrern, aber jeweils einem "CH"-Nationalitäten-Kennzeichen auf dem Kofferraum. Ich dachte natürlich sofort an großzügige Schweizer Entwicklungshilfe, aber ich wollte dann trotz meiner Neugier als Gast Rumäniens nicht so unhöflich sein, zu fragen, wo die Wagen gekauft worden sind und an wen sie vielleicht gerade geliefert werden...
      Avatar
      schrieb am 03.03.02 13:28:36
      Beitrag Nr. 24 ()
      Und dann hätte ich noch einen Aufsatz aus dem Jahr 1991 zur folgenden Frage gefunden:
      Tja, und was wurde eigentlich aus den Polen der Bukowina? U.a. den Polen, die einst als Verwaltungsbeamte für die österreichische Regierung der Bukowina so bedeutend waren, daß noch heute die Städtenamen auf deutschen Landkarten der Bukowina "Polnisch-Österreichisch" geschrieben sind, wie z.B. "Czernowitz"

      Kazimierz Feleszko (Linguist an der Universität Warschau):

      Der Umbruch in Osteuropa und die Auswirkungen auf die Polen (aus) der Bukowina

      1. Der Verfasser dieses Beitrags ist weder Politologe, Historiker oder Journalist: Ich beschäftige mich mit Linguistik, und zwar mit dem ihrer Bereiche, der in der breiteren Öffentlichkeit nicht besonders populär ist. Die gesellschaftlichen Ereignisse in Polen (und nicht nur dort) haben mich und andere eng spezialisierte Fachleute gezwungen, die gesellschaftlichen Probleme mehr zu berücksichtigen.

      2. Den Nicht-Buchenländern muß ich zu meinem Thema sagen, daß es in der Bukowina auch Polen gab und gibt. Mit etwa 36 000 Einwohnern stellten sie dort in der Zwischenkriegszeit die fünftgrößte Volksgruppe dar. Diese Tatsache wird in den bundesdeutschen Veröffentlichungen überdie Bukowina nur selten berücksichtigt. Die dortigen Polen lebten nicht nur mit Ukrainern und Rumänen nahe zusammen, sondern auch mit Deutschen, vor allem mit den katholischen Deutschen. Da gab es vielfach auch Mischehen. In polnischen Häusern fand die deutsche Sprache oft Eingang, aber auch in deutschen Familien war die polnische Sprache häufig recht geläufig. In meiner alten Heimat Bukowina, wo nicht nur die Polen, sondern auch die Deutschen eine Minderheit darstellten und gegenüber der überwiegenden Mehrheit von Ukrainern und Rumänen gleichfalls sehr verstreut lebten, gab es sogar Ortschaften, wo nur Polen und Deutsche zusammenlebten. So war das Dorf Poiana Micului in der Südbukowina beispielsweise zur Hälfte von Polen und zur Hälfte von Deutschen bewohnt. Das Zusammenleben der beiden Gruppen war musterhaft. Die wenige deutschsprachige Literatur, die das polnischdeutsche Zusammenleben in der Bukowina berücksichtigt, erfaßte ich in meiner Skizze über polnisch-deutsche Sprachkontakte in der Bukowina bis zum Jahre 1939, erschienen im Sammelband "Deutsch-polnische Sprachkontakte", Böhlau Verlag Köln-Wien 1987.

      3. Schon wenige Jahre nach den Deutschen verließen auch die Polen ihr Karpatenland in der Bukowina. Nach der Teilung der Bukowina hatten sich die Umstände im sowjetisch beherrschten Nordteil so verändert, daß Weiterentwicklung und Existenz der dortigen Bevölkerung materiell und geistig bedroht waren. Die Mehrheit der Polen aus der Nordbukowina hat unter diesen Umständen entschieden, die alte Heimat zu verlassen. Mit insgesamt elf Güterzügen sind in den Jahren 1945-1946 die meisten nach Polen ausgereist. Kurz danach haben sich Verwandte, Freunde und Bekannte aus der Südbukowina der Umsiedlung angeschlossen. In den Nachkriegsjahren lebten in Westpolen etwa 20 000 Polen aus der Bukowina.

      4. In Verbindung mit dem Umbruch sollen hier einige Erscheinungen erörtert werden,die nicht nur mit dem Hauptthema unserer Tagung verbunden sind, sondern seit geraumer Zeit uns auch zu Hause beunruhigen.
      Ich glaube, daß für einen Teil der propagandistischen Publizistik bei uns wie auch anderswo allein schon die häufige Verwendung des Schlagworts "Umbruch" ein Maß für das Voranschreiten der gesellschaftlichen Umwälzungen darstellt. Indessen ist häufig zu beobachten, daß sich zwar Institutionen und ihre Bezeichnungen wie auch das Aussehen unserer Straßen geändert haben, unser Bewußtsein dagegen durch das Geschehene erschreckt an Ort und Stelle tritt. Jemand, der sich ein halbes Jahrhundert lang daran gewöhnt hat, daß ihm der Staat alles, inklusive das Denken, abnimmt, vermag sich heute oft noch nicht selbständig zu verhalten. Schließlich hat ihm der Staat zu Arbeit und Wohnung verholfen, ihm die Frühstückssemmeln gebacken und selbst die Nägel produziert. Ein Abkömmling dieses Staates erwartet daher weiterhin, daß ihm der Staat Kinokarten verschafft, die Löcher in seinen Zähnen ausbessert, die Treppen fegt und für die Blumen auf dem Balkon besorgt ist, ganz zu schweigen von anderen, weit wichtigeren Angelegenheiten.

      Entsprechend wird die Tatsache, daß der Staat gewisse Dinge nicht mehr anbieten will oder kann, so interpretiert, daß er nichts taugt. Eine Welle von Ansprüchen und Forderungen unter dem Motto: "Der Staat soll`s richten!" wälzt sich so über die Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas und nimmt dabei, je nach Temperament und Zivilisationsniveau, recht unterschiedliche Formen an. Das Beispiel der neuen deutschen Bundesländer, wo erst jetzt, fast 50 Jahre nach Kriegsende, ein demokratisches politisches und wirtschaftliches System beinahe mit Gewalt erzwungen werden muß, ist in dieser Hinsicht außerordentlich lehrreich.

      Es gibt jedoch auch die Kehrseite der Medaille: als Reaktion auf die absurde Zentralisierung aller Entscheidungen bahnt sich eine hemmungslose zentrifugale Tendenz an. Aus den komplexen Strukturen der Vielvölkerstaaten versuchen die einzelnen Bestandteile auszuscheren - man denke an Litauen, Lettland, Estland, Armenien, Georgien, aber vor allem an Kroatien und Slowenien. Eine gewisse Autonomie streben auch Gebiete mit traditionellem Regionalbewußtsein an, so Mähren innerhalb der Tschechoslowakei, Schlesien innerhalb Polens etc.

      Sogar in der Nordbukowina bin ich auf die Ansicht gestoßen, daß nur die vollständige wirtschaftliche Verselbständigung der Bukowina die schwierige Lage der dortigen Bevölkerung, die von landesfremden Elementen förmlich ausgeraubt wird, lindern könne. Solche Ansichten hätten noch vor wenigen Jahren nicht verbalisiert werden können.

      5. Lassen wir jedoch die Phantastereien und schauen, was uns die Jahre des "Umbruchs" im Zusammenhang mit der Bukowina an realen Veränderungen gebracht haben.
      Im amtlichen Verzeichnis der polnischen Ortschaften wiederholt sich 30mal die Bezeichnung "Bukowina". Keine einzige von ihnen bezieht sich jedoch auf eine Stadt, nicht einmal eine Kleinstadt. In allen Fällen handelt es sich um Dörfer oder gar Teile von anderen Ortschaften. Ohne größere Übertreibung wage ich dennoch zu behaupten, daß bis vor kurzem eine größere Anzahl von Leuten über irgendeine dieser Bukowinas besser Bescheid wußte als über unsere ganze Region mit ihren über zehntausend Quadratkilometer. Dafür gab es viele Gründe, insbesondere solche politischer Natur.

      5.1 Als wichtigsten unter ihnen erachte ich, wie schon ausgeführt, das von den moskauhörigen polnischen Behörden verordnete offizielle Stillschweigen. Die Nordbukowina fand sich nach dem Krieg innerhalb der Grenzen der Sowjetunion, und gerade in diesem Teil wohnte die überwiegende Mehrheit der Bukowiner Polen. Noch viele Jahre nach dem Krieg herrschte aber ein Verbot, die Anwesenheit von Polen auf dem Gebiet der UdSSR öffentlich zu erwähnen; ebenso war jede legale Organisation von Menschen dieser Herkunft undenkbar. In ihren Paßdokumenten wurde sogar häufig der Name der Ortschaft, aus der sie stammten, weggelassen. Dies betraf im übrigen nicht nur Gebiete, die vor 1939 zu Polen gehörten, sondern auch andere als Kriegsfolge von der UdSSR angeeignete Gebiete. Offiziellerseits wurden somit die Polen Bukowiner Herkunft von ihrem Ursprung abgetrennt und konnten sich öffentlich nicht zu ihrer angestammten Heimat bekennen.

      5.2 Nach ihrer Umsiedlung wurden die Polen aus der Bukowina entlang der polnischen Westgrenze über eine mehrere hundert Kilometer umfassende Zone verstreut, und die Verbindung zwischen verschiedenen Zentren riß ab. Auch in der Bukowina hatten die Polen verstreut gelebt, jedoch auf einem viel kleineren Gebiet. Außerdem gerieten die Bewohner ein und derselben Ortschaft in der Bukowina, wenn es ihnen nicht gelang, sich vor der sowjetischen Verwaltung in demselben Transportzug zu retten, in Polen in unterschiedliche Gebiete. So beendete zum Beispiel jeder Transport, mit denen die Polen aus Czernowitz abgeholt wurden, seine Fahrt an einem Ort, der von allen anderen eine beträchtliche Entfernung aufwies. Unter den Flüchtlingen aus der Bukowina gab es beinahe keinen, der irgendwann früher einmal in Polen gewesen war, schon gar nicht in den neuen Westgebieten, oder irgend etwas über diese gewußt hätte. Sie hatten daher keinen namhaften Einfluß auf die Wahl des neuen Siedlungsraums. Im allgemeinen verlangten sie lediglich, nicht zu weit entfernt von den Bergen angesiedelt zu werden. Aber selbst in dieser Hinsicht lachte das Glück nur wenigen. Es läßt sich heute nur schwer mit Sicherheit feststellen, ob all dies nur ein Ergebnis des allgemeinen Nachkriegschaos oder einer zielgerichteten Politik war. Aus anderer Quelle ist nämlich bekannt, daß die Kommunisten in manchen Ländern mit Vorliebe eine Politik der systematischen Desintegration jener gesellschaftlichen Gruppierungen betrieben, auf die sie es gerade abgesehen hatten.

      5.3 Vielerorts trafen die Polen aus der Bukowina bei den Bewohnern ihres neuen Heimatlandes auf eine wenig freundliche Aufnahme, ja sogar auf ein gewisses Mißtrauen seitens der lokalen Behörden. Primitivere Kreise erachteten sie als "nicht vollwertige" Polen, was zu verschiedenen kleineren Reibereien führte. Die jüngere Generation, die emotional weniger mit der Bukowina verbunden war, bemühte sich daher nicht - um die Pflege der kulturellen und sprachlichen Eigenarten aus der Bukowina, sondern sagte sich im Gegenteil früh von ihnen los, um sich der neuen Umgebung optimal anzupassen.


      6. In dieser Situation beschloß ich 1983, die Erforschung der polnischen Sprache in der Bukowina anzugehen. Dabei war mir klar, daß ich das zu sammelnde Material vor der Vergessenheit bewahren würde. Da angesichts des offiziellen Schweigediktats kaum mit einer Veröffentlichung zur Frage der Polen in der Nordbukowina zu rechnen war (die Südbukowina, die bei Rumänien verblieben war, unterlag keinen derartigen Einschränkungen, und die Lage der dortigen Polen war auch unvergleichbar besser), wußte ich freilich auch, daß alles, was ich darüberschreiben würde, von vornherein nur für die Schublade bestimmt war. Ein solches Bewußtsein wirkt nicht gerade beflügelnd. Ich hielt es jedoch für meine Pflicht, die Erinnerungen und Texte der ältesten Flüchtlinge zu sammeln. Und diese Pflicht duldete kein Warten auf bessere Zeiten.

      7. Die besseren Zeiten kamen indes unbemerkt schnell: Schon 1986 erteilten mir die sowjetischen Behörden die Erlaubnis, mit einem Stipendium des polnischen Kultusministeriums die Polonica in der Universitätsbibliothek von Czernowitz zu durchforsten, wobei die dortigen ukrainischen Stellen mir als ihrem Landsmann eine gewaltige, kaum zu würdigende Hilfe leisteten. 1989 wurde mir sogar zwecks Fortsetzung dieser Arbeit ein sowjetisches Stipendium zuerkannt. Mehr noch: Mein Forschungsvorhaben, das auch Probeuntersuchungen an einer der nicht mehr zahlreichen von Polen besiedelten Orte (Davideni bei Banilov am Sereth) vorsah, wurde ebenfalls genehmigt. Im Fernsehen von Czernowitz konnte ich mich fast eine halbe Stunde lang auf ukrainisch über das enge Zusammenleben von Polen und Ukrainern in der Bukowina äußern.

      8. Solche Beispiele, deren Anzahl Jahr für Jahr zunahm, könnte man noch bringen. Sie zeugen zweifellos von einem Umbruch innerhalb einer bestimmten politischen Orientierung und Denkweise, insbesondere bei den sowjetischen Behörden. Der Beweis füreinen wahrhaften Umbruch liegt für mich jedoch nicht nur in der Quantität, sondern in der neuen Qualität dieser Fakten. Anlaß zur Freude ist für mich nicht nur der Umstand, daß, wie in meinem Fall geschehen, bestimmte Forschungsinteressen ausländischer Wissenschaftler toleriert werden, sondern vor allem auch, daß sowjetische Partner an der Verwirklichung dieser Interessen mitwirken können.

      9. lm Hinblick auf die hauptsächliche Thematik unserer Tagung verlangt allerdings der Begriff "europäisch" eine gewisse Präzisierung. Heutzutage ist dieser Begriff dermaßen verwaschen, daß die Frage der Rückkehr gewisser Länder nach Europa überall anders verstanden wird. Rufen wir uns in Erinnerung, daß "Europäizität" nicht nur eine bestimmte geographische Lage oder ein bestimmtes zivilisatorisches und technologisches Niveau beinhalten sollte, sondern vor allem Offenheit gegenüber einer gelungenen Koexistenz und eine allseitige, partnerschaftliche Zusammenarbeit. Meine eigenen Erfahrungen erlauben mir, nur von einer Zusammenarbeit im wissenschaftlichen und kulturellen Bereich (und auch da nur auf einem eng begrenzten Gebiet) zu sprechen.

      10. Ich kann jedoch mit einem gewissen Recht behaupten, daß wir in Polen die nach dem Umbruch neu entstandene Lage bei uns und in den Nachbarländern genutzt haben und die Bukowina tatsächlich keine terra incognita mehr darstellt. Wir haben zwar keinen eigenen Bukowina-Verband zustande gebracht, aber verschiedene spontane Einzelgängeraktionen erbrachten eine unerwartet reiche Ernte. Wie ich an anderer Stelle näher ausführe, bildeten sich in Polen spontan sieben bukowinische Folklore-Gruppen. Es gelang auch (vor allem dank der Energie und dem Ideenreichtum einer Gruppe aus dem Kulturzentrum der Wojewodschaft Pila), nach ihrem Vorbild in den beiden Hälften der Bukowina entsprechende polnische Folklore-Gruppen ins Leben zu rufen. Mehr noch: die polnischen Festivals mit Folklore aus der Bukowina zogen auch rumänische und ukrainische Gruppen an.

      11. Die erste gemeinsame wissenschaftliche Tagung zur Bukowina seit der Zeit des Zerfalls der bukowinischen Völkergemeinschaft nach dem letzten Krieg fand in diesem Jahr unter Beteiligung von Vertretern bukowinischer nationaler Gruppen ebenfalls in Polen statt. Es fehlten an ihr zwar aus unbekannten Gründen die Wissenschaftler aus Rumänien, statt dessen fand sich jedoch der stellvertretende Botschafter Rumäniens in Polen ein, was an und für sich schon ein Zeichen der neuen Zeit darstellt.

      12. Im Zuge der Veränderungen in unserem Teil Europas zeichnet sich somit etwas bis vor kurzem Unerhörtes ab: die Chance einer erneuten bukowinischen lntegration über die Grenzen und Zeiten hinweg. Geboren in der polyethnischen Bukowina, erzogen im Gedanken des mustergültigen Zusammenlebens ihrer Völkerschaften, und all der nationalen Exzesse, die heute unseren Teil Europas heimsuchen, müde, möchte ich von Herzen gern den Tag erleben, an dem zumindest die Eliten der ehemaligen bukowinischen Gemeinschaften wieder freiwillig, in harmonischem und doch vielseitigem Einklang beginnen, miteinander zu leben und zu arbeiten. Daher bin ich bereit, Augsburg, eine Stadt, in der die symbolische Fahne der Europäischen Gemeinschaften weht, nicht eher zu verlassen, bis wir hier im Bukowina-Institut ein wenn auch noch so bescheidenes Kooperationsprojekt zur bukowinischen Thematik entworfen haben, das die Vertreter aller unserer Gemeinschaften miteinbezieht.

      Der Beitrag von Kazimierz Feleszko (Universität Warschau) und der nachfolgende von Claus Stephani (München) wurden bei der dritten Studientagung des Bukowina-Instituts im Juli 1991 in Augsburg präsentiert.
      Avatar
      schrieb am 03.03.02 13:49:57
      Beitrag Nr. 25 ()
      Especially for "superior" : ;)
      In Bezug auf die Erwähnung der "Lippowener" in meinen Postings #14 & #20 sowie auf Deine Frage in Posting #17 noch der detaillierte Nachtrag:
      Der offizielle "Recensamântul populatiei si locuintelor 1992" (= rumänische Volkszählung 1992 ) listet nach Rumänen, Magyaren (=Ungarn), Zigeunern, Deutschen und Ukrainern auf Position 6. folgende als Minderheit auf :
      Rusi ("cedille" im "s", daher gesprochen: "Ruschi" =Russen) & Lipovani (= Lippowaner) in absoluter Zahl : 38.688 gleich 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung. Zunahme gegenüber der Volkszählung 1977 um 18,4 %. Man darf sich dies ruhig damit erklären, daß die meisten Leute, die Russisch sprechen und in Gebieten mit Lippowanern leben, sich nun als Lippowaner ausgeben, da diese seit dem Sturz der Ceausescu-Diktatur weitestgehend von der Wehrpflicht befreit sind.
      ;)
      Ansonsten würde ich niemandem dazu raten, den Lippowanern in religiöser Hinsicht beizutreten, da sie einige recht merkwürdige Ansichten über das Leben ("Extrem-Vegetariertum" bei den Priestern) und medizinische Notwendigkeiten haben. Bluttransfusionen mögen sie nicht und eigentlich lehnen sie schon die staatliche Zählung ihres Viehbestandes als Verstoß gegen göttliche Gebote ab. Ich möchte mal wissen, wie die rumänischen Volkszähler auf diese genaue Zahl gekommen sein wollen ...
      ;)
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 09:34:20
      Beitrag Nr. 26 ()
      Ich finde diese Seite absolut informativ zum Thema im erweiterten Sinne:
      http://amor.rz.hu-berlin.de/~h0920cyt/EG1.html

      fondast (ethnisch gesehen Europäer)
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 16:29:57
      Beitrag Nr. 27 ()
      @ fondast:
      Vielen Dank für die Übersicht, wenn auch eine neue Definition des Wortes "Filipponen" darin auftaucht, die mir so bisher noch nicht bekannt war.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 29.05.02 19:07:02
      Beitrag Nr. 28 ()
      Da ich in diesem Thread mehrfach Mihai Eminescu, den rumänischen Nationaldichter erwähnt hatte und gerade Kopien mit den vermutlich besten deutschen Übersetzungen seiner Gedichte geschenkt bekommen habe, dachte ich mir, ich könnte versuchen, Euch ein bißchen was von dem vielleicht genialsten Gedicht Südosteuropas "reinzupfeifen". ;)
      Das folgende Gedicht - von der Länge und Aussage her fast eine Oper - ist in der Originalsprache so unbeschreiblich fabelhaft, daß es Menschen in Rumänien gibt, die es vor Rührung nicht ohne Schluchzen zu rezitieren vermögen. Bereits um 1890 war es in Frankreich in Übersetzungen bekannt geworden und wurde von den führenden Literaten seitdem zu den poetischen Spitzenwerken der Menschheit gerechnet.

      Noch eine kleine Ergänzung zur Bedeutung der folgenden Dichtung

      Kleinen Völkern ist die Dichtung der Welt präsent; lesend und übersetzend eignen sie sich deren geistiges Gut an. Der Horizont der großen Völker dagegen ist auf den englisch-, deutsch- und französisch sprachigen Raum eingeengt. So bleiben - womöglich für immer - weiße Flecken, die eine Gesamt-Kartographie der europäischen Geisteswelt verhindern. Wer kennt wirklich die Dichtungen Mickiewiczs oder Slowackis? Wer die Lyrik Petöfis? Madáchs Tragödie des Menschen? die Romane von Mór Jókai? Was Rumänien betrifft, so sind bedeutende Namen auch in Deutschland bekannt geworden - Eugen lonesco, Mircea Eliade, Emil Cioran -, aber ausschließlich auf dem Umweg über das westliche Ausland und teils aufgrund französischer und englischer Sprachleistungen. Tief im Schatten dagegen stehen diejenigen ihrer Schriftstellerkollegen, die ohne solchen Umschweif bei ihrer Muttersprache geblieben sind: Lucian Blaga, Camil Petrescu, Tudor Arghezi. Und ganz und gar im Dunkeln verliert sich uns der Urgrund, aus dem die gesamte rumänische Sprache und Dichtung hervorblüht. Sogar Lektoren großer Verlage legen, was die Zugehörigkeit des Rumänischen zur romanischen Sprachfamilie betrifft, eine kaum zu glaubende Unwissenheit an den Tag. Schon gar nichts weiß man davon, daß dieser uralte lateinische Dialekt seine bis heute gültige Ausprägung zur Hochsprache erst spät, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfahren hat. Und in Deutschland gänzlich unbekannt geblieben ist die Tatsache, daß diese sprachschaffende Kraft, der unserer Luther-Bibel vergleichlich, von dem schmalen Werk eines Dichters ausging, der seine Wirkung gar nicht mehr bewußt erleben konnte: Mihai Eminescu.

      Aber die Dichtung Eminescus ist nicht nur von nationaler Bedeutung; sie ist von europäischem Rang. Wenn man große Kunst daran erkennt, daß sie einen neuen Zauber über die Menschheit ausgießt, so ist die stille Lyrik Eminescus mit ihren Wassertiefen und der ständigen Gegenwart des kosmischen Lichts im Wohllaut ihrer lakonischen Formulierung unumwunden groß zu nennen. Manches aus ihr ist aus dem Märchen und dem Volkslied hervorgewachsen und beschwört eine autochthone Bilderwelt. Aber spürbar ist zugleich oft eine Affinität zur deutschen Geistesgeschichte. Aus manchen Versen Eminescus scheint Goethes Trost in Tränen hervorzuschimmern; Der Abendstern, obwohl von einem rumänischen Volksmärchen angeregt, berührt sich mit Schillers Teilung der Welt und der Pessimismus der Episteln mit Schopenhauers Welt als Wille und Vorstellung. Diese Doppelzugehörigkeit basiert nicht auf äußerlicher Beeinflussung, sondern ist bereits in Eminescus Herkunft angelegt. Dörfler und tief in der rumänischen Sprache verwurzelt, wuchs er doch von Anfang an mehrsprachig und im Schnittpunkt der Kulturen auf: Er wurde 1850 (?) unfern der k.u.k.-Stadt Tschernowitz mit ihrem bunten Völkergemisch geboren und ging dort zur Schule - unter seinem bürgerlichen Namen Mihai Eminovici.

      Das Original könnt Ihr im Internet unter folgender Adresse anklicken:
      http://www.mihaieminescu.ro/opera/poezia/luceafarul1_2.htm
      Für Pedanten: Im Internet können scheinbar immer noch nicht alle romanischen Sonderzeichen erzeugt werden, so daß ich darauf hinweise, daß auch diese Originalfassung nicht wirklich perfekt ist.
      Dort, wo in dieser ersten Strophe ein "Ä" steht, müßte überall ein nach oben offener Bogen über dem Vokal sein und sämtliche "s" vor einem "t" haben eigentlich ein "Cedille" im unteren Bogen und werden "Sch" gesprochen; ebenso "Si"=schi (=dt.: und), etc.

      LUCEAFÄRUL
      A fost odatä ca-n povesti,
      A fost ca niciodatä,
      Din rude mari impärätesti,
      O prea frumoasä fatä.

      Und nun vom genialsten Gedicht Südosteuropas
      die beste deutsche Übersetzung, die ich kenne:

      DER ABENDSTERN


      Es war einst wie im Märchen wahr,
      Als wär` es nie gewesen:
      Von kaiserlichem Elternpaar
      Ein Mädchen hold, erlesen.

      Sie war der Eltern einzig Kind, Ihr diente alles gerne, Wie Heilige um Maria sind, Wie um den Mond die Sterne.

      Aus hoher Hallen Dämmernacht Hinlenkt` den Schritt sie sacht` Zum Fenster, wo in bleicher Pracht Der Abendstern erwachte.

      Sie sah ihn abends fern im Meer Aufgehn und schimmernd gleiten, Auf Pfaden wandelbar und leer - Die schwarzen Schiffe leiten.


      Und Nacht für Nacht war es geschehn. So wuchs der Sehnsucht Fieber: Und Nacht für Nacht beim Wiedersehn Ward ihm das Mädchen lieber.

      Wenn in der Hand gedankenvoll Und träumend lag die Wange, Vor Heimweh und Verlangen schwoll Ihr Herz und Seele bange.

      Wie rein und strahlend er im Nu Sich jeden Abend neigte Des schwarzen Schlosses Schatten zu, Wenn sie sich ihm erzeigte!


      Und Schritt für Schritt auf ihrer Spur Glitt er mit ihr zusammen: Er wob aus kalten Funken nur Um sie ein Netz von Flammen.

      Und legte sie sich müde dann Und spät zur Ruhe nieder, Er rührte ihre Hände an Und schloß die süßen Lider.

      Weich aus dem Spiegel flutend floß Das Licht, von ihm verschwendet, Auf Augen, die der Traum verschloß, Aufs Antlitz, abgewendet.

      Sie sah ihn lächelnd, ahnend kaum: Er bebte bang im Blauen. Er folgte ihr bis in den Traum, Ihr in das Herz zu schauen.

      Doch sie, im Schlaf ihm flüsternd sacht, Sie seufzte so beklommen: O süßer Herrscher meiner Nacht, Wann wirst du endlich Kommen?

      O sanfter Stern an einem Strahl Laß dich herniederschweben, Dring in mein Haus und Herz zumal, Erleuchte mir mein Leben!"

      Er hörte bebend, was sie sprach Und sprühte helle Funken; Er warf sich blitzend in die Nacht Und war im Meer versunken.

      Das Wasser über seinem Fall Zog weite,. breite Kreise: Aufstieg aus tiefem Wogenschwall Ein schöner Jüngling leise.

      So leicht er durch das Fenster glitt Wie über eine Schwelle, Mit einem Stabe schlank er schritt, Umkränzt vom Schilf der Welle.

      Ein junger Fürst mit goldnem Haar, So weich und reich verschlungen, Und um die nackten Schultern war Ein blaues Tuch geschwungen,

      Ein Antlitz fremd, verklärte ihn So wächsern blaß im Dunkeln: Ein schöner Toter - lebend schien Nur seiner Augen Funkeln.


      Aus meiner Sphäre kam ich schwer, Zu stillen dein Verlangen: Und meine Mutter hat (das Meer), Vom Himmel mich empfangen.

      Und in dein Zimmer einzuziehn, Dich nah zu sehn auf Erden, ,Mußt` ich erst strahlend niedersprühn `Und aus dem Wasser werden.

      O komm, du Kleinod hold und fern, Laß, was dir war vertraut hier: Ich bin der helle Abendstern Und dich wähl` ich zur Braute mir!

      In Schlössern aus Korallen schwebt Dein Schritt durch lange Zeiten, Und alles Volk im Meere lebt, Dich dienend zu geleiten!"

      - "O du bist schön, wie nur im Traum Der Engel, dem wir beten; Doch den du mir erschließt, den Raum Kann nimmer ich betreten!

      So fremd sind Wort und Blick und Tracht, Das ich vor Graun erbebe. Du leuchtest leblos durch die Nacht: Denn du bist tot - ich lebe."




      Verging ein Tag, vergingen vier: Und wieder lieblich malen Das Kleid der Nacht zu Häupten ihr Des Sternes klare Strahlen.

      Im Schlafe kam es ihr, daß fern Sie wieder sein gedachte, .-Und Heimweh nach der Wellen Herrn Im Herzen ihr erwachte.

      "O sanfter Stern, an einem Strahl Laß dich herniederschweben, Dring in mein Haus und Herz zumal, Erleuchte mir mein Leben`"

      Als er im Himmel es vernahm Losch er vor Gram und Bangen: Der Himmel fing zu kreisen an Dort, wo sein Licht vergangen;

      Da lohten Flammen überall Blutrot auf den Gefilden: Begann sich aus des Chaos Schwall Ein schöner Leib zu bilden.

      Auf schwarzen Locken war ein Kranz Von Flammen ihm entglommen, Getränkt in Sonnenfeuer ganz Kam schwebend er geschwommen.

      Aus schwarzen Mantels Falten quoll Der Arm, der marmorharte; So traurig und gedankenvoll, So bleich das Antlitz starrte.

      Zwei Augen, wunderbar und groß, Unirdisch, tief, sie bannten. Wie zweier dunkler Gluten Schoß, Die unersättlich brannten.

      - "Aus meiner Sphäre schwer erwacht, Lausch` ich dir, meine Wonne: Denn meine Mutter ist die Nacht, Mein Vater ist die Sonne.

      O komm, du Kleinod, hold und fern, Laß, was dir war vertraut hier; Ich bin der helle Abendstern Und dich wähl` ich zur Braute mir!

      O komm, ich will dein blondes Haar Mit Sternenlicht umkränzen: Auf meinem Himmel prangend klar, Wirst du sie überglänzen!"

      (Die Prinzessin: )
      - "O du bist schön, wie ich im Traum Den Dämon sah mit Grauen Doch den du mir erschließt, den Raum Kann nimmer ich erschauen.

      Wenn wild mich deine Liebe herzt, Will es die Brust mir sprengen: Dein Auge, groß und dunkel, schmerzt, Dein Blick will mich versengen!"

      (Der Abendstern: )
      "Wie soll ich zu dir niedergehn? Kannst du es nicht begreifen: Du weilest unter Sterblichen`, Ich muß unsterblich schweifen!"

      (Die Prinzessin: )
      - "Ich wähle meine Worte nicht Und bange, fehlzugehen: Wenn auch dein Mund verständlich spricht, Ich kann dich nicht verstehen.

      Und soll -mein Herz in Liebe rein Und Glauben sich dir neigen, So mußt du wie ich sterblich sein Und irdisch niedersteigen!"

      (Der Abendstern: )
      "Du forderst die Unsterblichkeit Als Preis für deine Küsse? So wisse denn fortan, wieweit Ich meine Liebe büße!

      Ich werde unter neuem Recht Geboren aus dem Bösen: Ich, aller Ewigkeiten Knecht, Will mich von ihnen lösen!"

      Und er enteilt. - Er eilte fort Von Liebe überwunden. Er riß sich los vom Sternenort, War tagelang verschwunden.



      Doch Catalin ein Page fein, Verschlagen über Maßen Er schenkte Wein den Gästen ein. Wenn sie bei Tische saßen.

      Er durfte auch der Kaiserin Die seidne Schleppe tragen, Ein Sündenkind mit losem Sinn Und Augen, die viel wagen,

      Mit Wangen, wie zwei Rosen rot In der Prinzessin Nähe Schlich er, wenn sich der Anlaß bot, Ob er sie nicht erspähe.

      Wie schön sie war, wie stolz sie ging, Wie eine junge Buche! Ei Tausend! War er zu gering, Daß er sein Glück versuche?

      Und einmal fand er sie, allein, Und faßte sie, nicht träge - "Was willst du denn? Was fällt dir ein? Laß mich! Geh deiner Wege!"

      Ja, was ich will? Warum stets, Lieb, Ernst und besonnen scheinen? So lache lieber doch, und gib Mir einen Kuß, nur einen!`"

      - "Laß mich in Frieden, scher dich fort Mit deinen Reden allen! Dem Abendstern am Himmel dort Bin tödlich ich verfallen."

      - "Wenn du`s nicht weißt, will ich haarklein, Was Liebe ist, dir zeigen: Nur darfst du mir nicht böse sein, Mußt stille stehn und schweigen.

      Wie wenn sein Garn der Jäger hängt, Dem Vogelvolk zum Harme: Wenn innig dich mein Arm umfängt, Schließ mich in deine Armel

      Dein Augenpaar soll unbewegt In meine Augen sehen Und wenn mein Arm dich hebt und trägt, So stehe auf den Zehen!

      Und neigt sich mein Gesicht dir mild, Muß du dein Antlitz heben, Daß wir uns anschaun ungestillt Und süß ein ganzes Leben.

      Doch willst du ganz und ohne Rest Der Liebe Lust genießen: Wenn du dich von mir küssen läßt, Mußt du mich wieder küssen!"


      Sie hört dem Knaben zu. Sie bleibt verwirrt, verwundert stehen; In lieblicher Verschämung sträubt Sie sich - und läßt`s geschehen.

      Dann spricht sie sacht: -"Du warst mir kund Als Kind schon unter allen Als Taugenichts und, loser Mund, Und hast mir doch, gefallen!

      Allein ein Abendstern erstand Aus des Vergessens Leere, Ins Ungemeßne schwand der Rand Der Einsamkeit der Meere -

      Und meine Augen bangen hin In Tränen und in Träumen, Seh` ich des Wassers Wellen ziehn, Die ihm entgegenschäumen!

      Denn seine Liebe unsagbar Strahlt, daß mein Bangen weiche; Doch immer höher steigt er klar, Daß ich ihn nie erreiche!

      Mit kalten Strahlen dring-` sein Kuß Aus Welten, die uns scheiden; Ihn lieb` ich ewig - ewig muß Ich seine Liebe meiden!

      Darum sind meine Tage leer Wie Steppen, drin ich streife, Die Nächte bannt ein Zauber hehr, Den nimmer ich begreife." -

      (Catalin: )
      - "Du bist ein Kind, das ist es nur! Komm, fliehen wir zusammen Weit fort -wer findet unsre Spur, Wer kennt dort unsre Namen?

      Dann leben wir in Saus und Braus, In Freuden unermessen, Und du wirst beides, Elternhaus Und Sternentraum, vergessen!"



      Jäh stob der Abendstern dahin, Weit wuchsen seine Schwingen: Jahrtausende des Raumes schien im Nu er zu durchdringen.

      Und unter sich ein Sternenmeer, Darüber noch ein Meer von Sternen, War er ein Blitz aus Fernen her Endlos in fernste Fernen.

      Aus Tälern, wo der Ursprung lag, Um sich in weiten Ringen Sah er wie einst am ersten Tag Des Lichtes Quellen springen.

      Das Urlicht türmte sich um ihn, -Wie Meere, grausen Schalles: Er flog beschwingt von Sehnsucht hin - Doch dann schwand alles, alles...

      Wohin er strebte, war kein Ort, Kein Auge, um zu sehen: Die Zeit müht sich vergebens dort, Aus Leere zu entstehen.

      Nichts ist dort mehr als nur vielleicht Ein Dürsten unermessen, Die Unergründlichkeit, die gleicht Dem gänzlichen Vergessen.

      (Der Abendstern zum Schöpfer aller Welten: )
      - "Der Last der schwarzen Ewigkeit, Mein Vater, mich entbinde! Und dafür seist du allezeit Gelobt von deinem Kinde!

      Alles zu tun bin ich gewillt, Willst du mein Los mir wenden; Du bist der Quell , der Leben quillt Und kannst das Sterben spenden.

      Nimm die Unsterblichkeit von mir, Des Auges Flammentriebe! Für alles fordre ich von dir Nur eine Stunde Liebe.

      Im Chaos, Herr, begann mein Lauf: Ich will ins Chaos münden Und aus der Ruhe brach ich auf: ich dürstet, Ruh` zu finden!" -

      (Gegenrede des Schöpfers: )
      - "Du,. der aus Bodenlosem bricht, Mit dem die Welten kamen, Heisch Zeichen mir und Wunder nicht Ohne Gestalt und Namen!

      Du willst den Menschen gleichen und Zu ihnen dich bekennen? Doch geht die Menschheit ganz zugrund, So wird sie neu entbrennen!
      Wie Wolken lassen sie im Wind Die Wunschgebilde schwellen: Wenn Wellen weich verflutet sind, So kommen neue Wellen!

      Der Sterne Gunst schenkt Seligkeit Den Menschen, und Verderben Uns bannt kein Ort und keine Zeit, Wir kennen nicht das Sterben.

      Wie aus des ewgen Gestern Schoß Das Heute kommt und schwindet, Wird eine neue Sonne groß, Wenn unsre einst erblindet.

      Was zeitenlos scheint ausersehn, Wird stets der Tod gefährden: Denn alles lebt, um hinzugehn, Und stirbt, um neu zu werden.

      Du aber bleibst und dauerst fort Wie auch dein Lauf sich wende: Willst du - dies ist mein erstes Wort Die Weisheit ohne Ende?

      Laß ich ihn tönen, jenen Mund, Daß, seinem Sang ergeben, Die Berg` und Wälder weit im Rund Im Tanz mit Inseln schweben?

      Bist du für Recht und Macht entbrannt, Den Tatendurst zu stillen? Dir sei die Erde zuerkannt: Gebiete ihr nach Willen!

      Dir geb` ich Flotten ohne Zahl Und Heere, zu erwerben Die Meer` und Länder allzumal - Doch fordre nicht das Sterben!

      Doch wem zulieb heischt Tod dein Mund? Wie ist dein Glück geartet? Blick nieder auf den irren Grund Und sieh, was deiner wartet!"



      Aus seinem vorbestimmten Reich Der Abendstern sah nieder.
      - Und, wie erst gestern, flutet weich Sein Licht vom Himmel wieder.

      So sanft hat sich der Tag geneigt: Nun kommt die Nacht gezogen; Und lautlos gleitend, zitternd steigt Der Mond aus dunklen Wogen.

      Die Pfade durch den Wälderraum Tränkt er mit bleichen Fluten, Und unter einem Lindenbaum Zwei Menschenkinder ruhten.

      (Catalin: )
      "O laß an deinem Herzen ganz Mein Haupt zur Ruhe sinken, Und deiner Augen blauen Glanz Will ich beseligt trinken!

      Ihr kaltes Licht, das heilt und feit, Laß ganz mein Herz durchstrahlen: O gieß die Ruh der Ewigkeit Auf meine Nacht der Qualen!

      So schwebe über mir im Raum Und bann` die dunklen Triebe Du, Liebste, bist mein letzter Traum Und meine erste Liebe!"

      Der Abendstern von oben sah Ihr fassungsloses Bangen: Er war ihr flüsternd atemnah, Sie hielt ihn sanft umfangen.

      Die Linden dufteten so sehr Und tropften weiche Flocken ,Auf ihre Häupter träumeschwer, Auf ihre blonden Locken.

      Und aus der Liebe trunknem Grund Sah sie empor, erkannte Den Abendstern, an den ihr Mund Die leise Bitte wandte-,

      "O sanfter Stern, an einem Strahl Laß dich herniedergleiten, Durchdringe Wald und Herz, und mal Mir meine Seligkeiten!"


      Noch bebt er wie in alter Zeit Auf Wald und Tal und Quellen, Den Einsamkeiten als Geleit Der wandelbaren Wellen.

      Doch nimmer stürzt sich sehnsuchtswild Ins Meer der Himmelswandrer: "Was schert es dich, du Lehmgebild, Ob ich`s bin, ob ein andrer?

      In euren engen Kreis gestellt, Ist euch das Glück gegeben: Ich aber muß in meiner Welt Kalt und unsterblich leben."

      Übersetzung durch
      ALFRED MARGUL-SPERBER
      Avatar
      schrieb am 30.05.02 04:38:39
      Beitrag Nr. 29 ()
      @auryn: danke!

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 01.06.02 12:31:22
      Beitrag Nr. 30 ()
      Keine Ursache, Iguana! ;)
      Wenn`s noch jemanden interessiert: Ich könnte ja eigentlich unter einem Internet-Anbieter ein anonymes Fotoalbum mit einigen Bildern zu diesem Thread eröffnen, ohne eine Homepage zu haben.
      Ist hier jemand an privaten Fotos zu diesem Thread oder zum "historischen Background" interessiert?
      Falls ja, könnte ich vielleicht nächste Woche "etwas sehen lassen".
      Bis dahin wünsche ich: ALLEN EIN SCHÖNES WOCHENENDE !
      Avatar
      schrieb am 01.06.02 14:04:12
      Beitrag Nr. 31 ()
      ja Auryn, mach mal!

      Das Gedicht ist sehr schön. :cry:
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 16:54:44
      Beitrag Nr. 32 ()
      Boah, wie die Zeit vergeht. Naja, mal sehen, wie ein Teil meiner Fotosammlung meinen Lesern gefällt.
      Unter ...
      http://de.photos.yahoo.com/y64_X_32
      ... will ich in meiner "grenzenlosen und mitteilsamen Güte" mal Zugriff auf einen kleinen Teil meines fotografischen Privatarchivs gewähren.
      Sollte irgendjemand diesen Zugriff mißbrauchen wollen, möchte ich vorsichtshalber auf meine Kontakte zu Leuten beim RFE/RL hinweisen, die wiederum Leute beim CIA und Doppelagenten von der "Securitate" kennen.
      Alle besitzen noch von früher ziemlich viele Schußwaffen und sehr große Schaufeln, aber dies nur nebenbei... ;)
      Zunächst beginnt das Album mit Bildern von bemerkenswerten Bauwerken, z.B. das Kloster Sucevita (gesprochen: Sutschevitza), das mich in seiner Fluchtburgen-Form immer erst mal an eine Festung erinnert. Die Außenwände der Zentralbauten solcher "Moldauklöster" sind mit dauerhaften Naturfarben völlig bemalt und werden durch weit ausladende Dächer vor der Witterung geschützt. Auf manchen dieser Klosterwände findet man noch "Graffitis" von versprengten frz. Soldaten Napoleons. Die anderen Gebäude-Bilder zeigen dann zumeist Gebäude aus Czernowitz in der heutigen Ukraine, z.B. die überaus prächtige heutige Universität, die früher der Sitz des orthodoxen Metropoliten war. Die Kirche mit den "schrägen Türmen" war ein "Test" eines fortschrittlichen Architekten und gehört heute der "Unierten Kirche", wenn ich mich nicht irre. Wegen der Türme wird sie auch "die Säuferkirche" genannt. Das Bild mit dem Toreingang der ev.-luth. Kirche von Pojorâtâ zeigt auch, was man so alles in dieser Gegend erleben kann: Man geht da so mir nichts, dir nichts durch einen kleinen Ort in der rumänischen Südbukowina weit weg von allem, was an Deutschland erinnert und steht dann vor einer überwucherten "Dornröschenkirche", auf der seit dem Bau "Ein feste Burg ist unser Gott!" in Deutsch steht. Einmal im Monat kommt von Siebenbürgen herauf ein deutscher ev. Pfarrer, der für die letzten alten Deutschen hier einen Gottesdienst in deutscher Sprache hält. Die Rumänen in der Bukowina haben nie irgendwelche Animositäten gegen Deutsche gezeigt und freuen sich im allgemeinen über jeden Ausländer, der sich dorthin "verirrt". (Vielleicht ändert sich das aber bald, denn es sind mir doch tatsächlich vor zwei Jahren dort schon die ersten "verwegenen Holländer" in einem Wohnwagen-Treck begegnet! ;) )
      Die Alben mit den hübschen Anfangs-Bildern (für Fragen dazu stehe ich bei Gelegenheit gerne bereit) haben noch Untergliederungen, die sich auf die Geschichte der Bukowina, auf Rumänien allgemein und auf die Geschichte des Totalitarismus in Rumänien beziehen.
      Die Karte mit dem rumänischen Archipel Gulag stammt aus einem rumänischen Gymnasial-Schulbuch, das 1996 (schon unter Iliescu!) erschien. Sie zeigt größtenteils Gefängnisse, die noch bis zum Sturz Ceausescus "in Betrieb" waren. Das zweite Bild in diesem Bereich zeigt aus für mich sehr persönlichen Gründen den "Helden-Friedhof" des Jahres 1989 in Brasov, auf dem tatsächlich mehrere Gymnasial-Freunde meiner Freunde liegen (man beachte die Altersangaben). Ich glaube einen davon mal persönlich auf einer Party in Brasov /Kronstadt (gesprochen: Braschov) kennengelernt zu haben, aber ich bin mir nicht mehr sicher.
      So, das war`s für`s erste.
      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 00:00:20
      Beitrag Nr. 33 ()
      uryn: sehr schön und interessant. damit dieser thread entsprchend farbe bekommt, mach ich ein paar schöne bilder mal hier im thread sichtbar:


      das sucevital


      das tal bukowina


      die kirchentürme von cernowitz

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 00:30:30
      Beitrag Nr. 34 ()
      @auryn: oh da hat es aber ein paar buchstaben weggehauen....

      sucevitatal und nicht sucevital...

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 14:21:23
      Beitrag Nr. 35 ()
      Danke @ Iguana! ;)
      Ich mußte bemerken, daß bei mir auch das "Cz..." in Czernowitz ein bißchen auf der Strecke geblieben ist, aber das schreibt ja sowieso fast jedes Volk in der Gegend nach eigenem Gutdünken.
      Eigentlich hätte ich auch "Tal in der Bukowina" und "Tal, in dem das Kloster Sucevita liegt", dazu schreiben müssen statt "Sucevita 1", aber dafür reicht leider der Platz nicht. Ich weiß auch nicht, ob das Tal selbst "Sutschevitza" heißt.
      Ich habe inzwischen auch noch einige Fotos hinzugefügt und überlasse es Deinem erwiesenermaßen hervorragenden Geschmack, eine weitere Auswahl zu treffen. ;)
      Diese "Moldau-Klöster" gehören inzwischen sämtlich zum "Weltkulturerbe der UNESCO" und gelten als einzigartig. Besonders im Kloster Voronet (eigentlich geschrieben mit einem "Cedille" im "t" und daher gesprochen: "Voronetz" ) wurde eine ungewöhnliche blaue Farbe verwendet, deren originale Zusammensetzung nicht mehr ganz bekannt ist, aber im südosteuropäischen Kunsthandwerk ist "das Blau von Voronet" ein feststehender Begriff. Das dazugefügte Bild mit dem "Jüngsten Gericht" ist eine der ungewöhnlichsten Bildkompositionen und erstreckt sich über eine ganze Wand. Das für die mittelalterliche Christenheit ungewöhnliche daran ist, daß auch Tiere sich am Gericht der Menschen beteiligen und möglicherweise auch ihnen von den Künstlern eine Seele zugebilligt wurde. Die "wilden Türken und Tataren" haben allerdings keine Chance, auf dem Bild in den Himmel zu kommen.
      Die 5 Klöster Arbore, Humor, Sucevita, Moldovita und Voronet ähneln sich alle in ihrem Grundriß, sind aber völlig verschieden bemalt. Auf dem einen Detailbild aus Moldovita erkennt man vielleicht auch noch im roten Rahmen zwischen den Bildsegmenten das Graffitti eines frz. Jurastudenten von 1835.
      Unter Rumänien allgemein habe ich noch ein Bild vom Königsschloß Sinaia eingefügt, das nicht zufällig an ein bayrisches Jagdschloß erinnert, denn die rumänischen Könige der letzten 150 Jahre sind eine sigmaringische Seitenlinie der Hohenzollern.
      Es gibt neben aller Armut in Rumänien unvorstellbar prächtige historische Reichtümer und - meiner leider unmaßgeblichen Meinung nach - eine Unmenge von atemberaubend gut aussehenden Rumänen/ Rumäninnen, die Fotomodellen aus Mailand oder Rom in nichts nachstehen würden. Die hübsche rumänische Schülerin eines deutsch-rumänischen Gymnasiums (auf dem Foto mit dem Tal i.d. Bukowina) bewegte sich mit hinreißender Eleganz, sprach fließend Deutsch und spielte mit mir auf der Bus-Reise wirklich gutes Schach. Sie war eine wirklich angenehme Reisebekanntschaft! Wenn Ihr sie mal trefft, richtet Ihr schöne Grüße von mir aus... ;)
      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 16:52:04
      Beitrag Nr. 36 ()
      Ach ja, und das Foto mit Sapânta / Sapînta (gesprochen: Sapäntza, wobei das "ä" ein Laut ist, den es in anderen Sprachen nicht gibt: Versuche, ein "U" mit dem Mund zu formen und dabei die Zunge an den oberen Schneidezähnen zu lassen, aber dann ein "A" zu sprechen, dann ist das in etwa der richtige Laut. Viel Spaß dabei!:D ) habe ich gerade noch zu erwähnen vergessen:
      Dabei handelt es sich um eine Aufnahme vom "fröhlichsten Friedhof" Rumäniens, auf dem jahrzehntelang ein Künstler Grabgedichte für die Verstorbenen auf blaue Kreuze gravierte. Die Gedichte beschreiben hier z.B. den abgebildeten Gastwirten selbst als seinen besten Gast usw. So ziemlich jede menschliche Schwäche ist dabei auf humorvolle Art auf diesem Friedhof versammelt worden.
      Ähnliches kennt man ja auch noch aus den Alpenregionen Österreichs und Bayerns, aber meist nicht so ausführlich "bedichtet", oder?
      Sapînta liegt eigentlich im Maramures(ch)-Gebiet und nicht in der Bukowina, aber wenn man da mal hinfährt, kommt man von Westen her fast zwangsläufig durch das Maramuresch-Bergland.
      Avatar
      schrieb am 17.07.02 00:10:09
      Beitrag Nr. 37 ()
      @auryn: danke für die blumen.:):):)
      p.s.: schade, daß du letzte woche nicht in meisenheim warst. hatte sehr gehofft, dich dort auch anzutreffen.


      Das Kloster Voronet


      Schönheiten des Landes


      Sapinta, der "fröhlichste Friedhof" Rumäniens

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 17.07.02 12:07:33
      Beitrag Nr. 38 ()
      Keine Ursache! ;)
      Ich bedaure "p.s." ja auch sehr, aber an dem Wochenende mußte ich einiges in meiner Wohnung um- und aufräumen, weil eine Modernisierung der Mietwohnungen in dem Wohn-Block durchgeführt wurde. Vielleicht beim nächsten Mal...
      Bye, Auryn ;)
      Avatar
      schrieb am 17.07.02 17:20:48
      Beitrag Nr. 39 ()
      @ Aurin: Danke für die Pflege des Weltkulturerbes hier.;)
      Avatar
      schrieb am 17.07.02 18:25:46
      Beitrag Nr. 40 ()
      das sucevitatal erscheint wunderbar märchenhaft :)
      Avatar
      schrieb am 18.07.02 02:27:06
      Beitrag Nr. 41 ()
      @auryn: das hoffe ich aber sehr, daß es dann klappt.
      ich bin ab sonntag übrigens wieder auf wanderschaft im pfälzer
      wald. ganz toll war neulich der aufstieg auf den drachenfels bei weidenthal mit einem herrlichen panoramablick.

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 18.07.02 17:19:04
      Beitrag Nr. 42 ()
      Vielen Dank für die vorangegangenen Postings! ;)
      Am Wochenende oder nächste Woche werde ich noch ein paar Fotos einfügen.
      Vieles in dieser Region Europas ist tatsächlich immer noch von märchenhafter, sehenswerter und auch "wilder" Schönheit. (Aber hoffentlich werde ich hier unter "W: O" nicht noch der "Märchenonkel". ;) )
      Andererseits ist es vielleicht auch nur deshalb noch so "märchenhaft", weil die Bukowina durch die Grenzziehungen der Weltkriege zu einer Randprovinz wurde und die "modernen Zeiten" sehr lange auf sich warten ließen, weshalb auch noch nicht so viele Touristen da sind.
      Meine Verwandten in einem Dorf in der Nähe von Câmpolung Moldovenesc kann ich beispielsweise erst seit Juni telefonisch direkt anwählen (Welch eine Erleichterung! Davor mußte ich ca. eine Stunde auf die Handvermittlung von Dt. Telekom & Romtel warten); elektrischen Strom im Haus gibt`s erst seit 1970 und die Toilette befindet sich 30 Meter hinter dem Haus im Garten. Ein Glück, daß ich noch nie im Winter bei - 25 Grad Celsius dort zu Besuch war! Ganz abgesehen davon, daß man nachts auf dem Weg dahin im Winter tatsächlich die Wölfe heulen hören kann, die sich bei zunehmender Kälte immer näher an die menschlichen Siedlungen heranwagen! Brrr!
      :cry:
      Ich bin ja tierlieb, und Wölfe mag ich ja auch sehr, aber nicht unbedingt in der Minute meiner "körperlichen Erleichterung"!
      Bis zum nächsten Mal,
      Auryn
      P.S.: Habe ich das hier schon mal erwähnt?: Die Großstadt Brasov ("Braschov" / Kronstadt) ist übrigens unter westlichen Verhaltensforschern sehr beliebt, die sich auf Wölfe und Bären spezialisiert haben, denn die Stadt liegt "hufeisenförmig" zwischen den Bergen und ein großer Müllplatz vor der Stadt schiebt sich in eine Mulde hinein, die von der Stadt auf zwei Seiten umschlossen wird. Im Winter sollte man bei Einbruch der Dunkelheit recht vorsichtig sein, wenn man an dieser Mulde vorbeigeht oder sogar, wenn man an einem Müllcontainer vorbeikommt. Wenn es im Müll rumpelt, dann sind das keine Waschbären wie im deutschen Kassel! Die "Bärchen" in der Großstadt Brasov sind ein paar Nummern größer. In einem Hotelzimmer in Brasov hat mir mal abends ein rumänischer Freund am Fenster gesagt: Wenn Du genügend Geld und ein Jagdgewehr dabei hättest und auf Bärenjagd gehen wolltest, bräuchtest Du jetzt nur da rüber zu zielen!" Und tatsächlich hätte ich von meinem Hotel-Fenster aus zum Bärenjäger an den Hotel-Müllcontainern werden können!
      Das Unglaubliche ist, daß in der Stadt noch nie ein Mensch durch einen Wolf zu Schaden gekommen ist und nur ein Betrunkener wurde mal durch eine überraschte Bärin mit zwei Jungen angegriffen und schwer verletzt. Aber die Rumänen nehmen ja fast alles sehr locker hin und schätzen die verwilderten Haushunde als viel gefährlicher ein!
      Europa ist schon toll, nicht?
      ;)
      Avatar
      schrieb am 19.07.02 10:28:09
      Beitrag Nr. 43 ()
      @ Iguana:
      Ich wünsche Dir schon mal eine schöne Reise mit vielen Erlebnissen in freier Natur! ;)
      Da die Natur und die kontemplative Klosterstimmung hier zu gefallen scheint, füge ich noch drei Fotos von Moldovita sowie zwei Landschaftsimpressionen aus dem "Mittleren Westen" der Ukraine ein, der mich in seiner ebenen Weite wirklich an denjenigen in den USA erinnerte. Es erscheint vielleicht unglaublich, aber in der Ukraine sieht so öfters der Rand der "Überlandstraße" zwischen Czernowitz (Cernivtsy) und Lviv aus.


      Zu den drei zusätzlichen Fotos von Moldovita:
      Ich hatte da den Eindruck, ich befinde mich in einer "Zeitblase". Wenn nicht das Klicken von den Kameras von Touristen hinter mir zu hören gewesen wäre, hätten "diese Bilder" genauso vor 100 oder 500 Jahren gemacht worden sein können. Es war sonst nur das Rauschen des Windes, das Zwitschern von Vögeln zu hören und das Duften von blühenden Blumen und Bäumen zu riechen.
      Es ist einfach unglaublich, daß diese Klöster zu einer Zeit errichtet wurden (um 1450), als gerade Konstantinopel von den Osmanen erobert wurde (die früher von mir eingefügte rötliche Detailaufnahme ist vielleicht das einzige zeitgenössische Außenfresko - vielleicht sogar von einem geflüchteten byzantinischen Künstler (!), das diese Eroberung zeigt); - als nur 150 km weiter nordöstlich noch das Reich der mongolischstämmigen Tataren-Khane endete; - und was danach noch alles in der Geschichte geschah (im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, z.B. 1944 Artilleriegefechte zwischen deutscher und sowjetischer Armee in der Nähe - danach Kommunismus) - dann ist es unglaublich, daß diese Klöster nie erobert oder zerstört wurden.
      Aller Wahnsinn der menschlichen Geschichte zog an diesen Klöstern vorbei und die Nonnen und Mönche der jeweiligen Klöster bewahrten ihre lateinischen, byzantinischen und kyrillischen Bücher weiter auf und beteten einfach weiter ihre jahrtausendealten Riten und Gebete, als ob die Welt da draußen überhaupt keine Bedeutung für sie hatte und auch heute noch nicht hat. Alle Reiche, die diese hübschen, kleinen Klöster bedroht haben, sind in den vergangenen 600 Jahren untergegangen, aber diese Klöster stehen immer noch da fast genau wie vor 600 Jahren (nur daß das Innere der eigentlichen Kirchen durch die Fackeln der Jahrhunderte inzwischen eher wie eine rußgeschwärzte Höhle aussieht). Es ist eigentlich unglaublich.
      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 19.07.02 23:23:59
      Beitrag Nr. 44 ()
      und hier das Kloster von Moldovita:






      und hier die Straßen Impressionen aus der Ukraine:




      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 23.07.02 10:55:07
      Beitrag Nr. 45 ()
      Da ich gleich noch ein bißchen auf Siebenbürgen und Brasov zu sprechen kommen wollte, empfehle ich gerade mal eine Homepage mit privaten Fotos.
      Mir ist der Homepage-Inhaber NICHT persönlich bekannt, aber seine Bilder ergänzen das kommende recht gut:
      http://www.guendisch.de/deutsch/reiselust/reiselust_ro_de.ht…
      Avatar
      schrieb am 23.07.02 11:52:04
      Beitrag Nr. 46 ()
      Unter...
      http://de.photos.yahoo.com/y64_X_32
      ... sind jetzt noch unter "RO-Karten" zwei interessante historische Karten und innerhalb von "Bucovina -..." zwei Fotos von Brasov und seiner "Schwarzen Kirche" bzw. von "Heltau - Cisnadie" eingefügt.
      Um das zu erklären, erlaube ich mir einen "kleinen Rückgriff" in die Geschichte:
      Die Westeuropäer, die nach Rumänien kommen, verstehen oft nicht, wieso hier überhaupt noch so viele verschiedene Minderheiten in einem Staat leben, wo doch in Westeuropa alles "so schön" in Nationalstaaten geordnet ist.
      Dabei wird immer vergessen, daß Osteuropa bis ins 20. Jahrhundert hinein von den Großmächten Österreich-Ungarn, Rußland, Preußen und dem Osmanischen Reich beherrscht wurde. Fast alle heutigen Grenzen Osteuropas entstanden erst 1918.
      Davor gab es beispielsweise einfach keine "Rumäniendeutschen" oder "Rumänien-Ungarn", weil der Staat Rumänien sich erst 1918 in die Siedlungsgebiete dieser heutigen Minderheiten ausgedehnt hat! Das heißt aber NICHT, daß Rumänien dazu kein Recht gehabt hätte.
      Die Bevölkerungsmehrheit dort in Siebenbürgen, dem Banat oder der Südbukowina stellten tatsächlich die Rumänen, doch dies war den vor 1918 herrschenden Völkern teilweise nicht wirklich bewußt - aufgrund der historischen Gegebenheiten.
      Die Rumänen sind - wie ihre romanische Sprache zu beweisen scheint - mit großer Wahrscheinlichkeit mehrheitlich die Nachkommen von einfachen Bauern und Sklaven der antiken römischen Provinzen Dacia und Moesia. Als das Römische Imperium diese Provinzen aufgab, zog nach rumänischer Geschichtsdarstellung die römische Oberschicht ziemlich überstürzt in sicherere Gebiete des Imperiums und überließ die einfachen Kolonisten und Sklaven ihrem Schicksal, womit diese sich für ca. 1400 Jahre aus der schriftlich dokumentierten Geschichtsschreibung verabschiedeten.
      Im Mittelalter zogen zur Zeit der Völkerwanderung viele verschiedene Völker durch das Gebiet des heutigen Rumänien, ab ca. 890 auch die Ungarn, deren Vorfahren Raub-Nomaden waren und auch mal mit den Vorfahren der heutigen Finnen (finno-ugrische Sprachfamilie!) irgendwo im Ural gelebt haben müssen.
      Nachdem 955 die Deutschen bei Augsburg ein ungarisches Nomadenheer vernichtend geschlagen hatten, ließen sich die Ungarn dauerhaft in der Puszta-Ebene nieder und versuchten in den kommenden 250 Jahren bis 1200 einen Staat zu gründen, der dem von ihnen kennengelernten Deutschen oder Italischen Reich ähnlich war. Dazu riefen sie seit ca. 1190 deutsche Siedler ins Land, denen sie ausdrückliche Sonderrechte "auf ewige Zeiten" verliehen. Diese Siedler waren völlig frei in ihrer Gerichtsbarkeit und nur der ungarischen Krone - also dem ungarischen König - untertan; daher auch der erste Name "Kronstadt" für Brasov. Diese Sonderrechte wurden 1224 nochmals ausdrücklich durch König Andras II. bestätigt.
      Die Deutschen waren damals als Wehrbauern, Siedler und Bergwerksfacharbeiter unter allen osteuropäischen Fürsten sehr gesucht, denn niemand konnte damals so schnell Wälder abholzen und urbar machen. ;) Von den Franzosen und Italienern hatten die Deutschen nämlich spezielle Äxte zum Baumfällen und tiefe Pflugscharen übernommen, die den Boden nicht nur aufbrachen, sondern auch gleich wendeten. Die Bergarbeiter waren für jeden Fürsten notwendig, um durch Gold und Silber den Staatshaushalt zu stabilisieren.
      Die Rumänen lebten zu jener Zeit in Transsilvanien (das im wesentlichen dem deutschen Begriff "Siebenbürgen" entspricht) sehr kleinen Dörfern als sehr einfache Bauern und wurden weder von Deutschen noch von Ungarn in den riesigen Waldgebieten Osteuropas wirklich zur Kenntnis genommen. Die meisten Rumänen lebten wohl weiter an der Schwarzmeerküste östlich des Karpatenbogens. Die mittelalterlichen Städte wurden allesamt von Ungarn oder Deutschen gegründet. Im Rumänischen existieren daher auch die lateinischen Wörter für Stadt nicht mehr: "Citta" oder "Villa" gibt es nicht; im Rumänischen ist das ungarische "orasch" der Name für "Stadt".
      Die eigentlich deutsche Stadtgründung von Kronstadt = Brasov ist in der rumänischen Geschichtsschreibung ein bedeutender Ort, denn "Rumänen" tauchen in der Geschichtsschreibung nach der Antike erstmals wieder 1521 mit einem Brief in rumänischer Sprache wieder auf, der mit kyrillischen Buchstaben geschrieben wurde.
      Dieser Brief aus dem Jahre 1521 heißt "das Schreiben des Neakschu = Scrisoarea lui Neacsu" und ist ein militärischer Bericht des rumänischen Heerführers Neacsu über türkische Truppenbewegungen in Siebenbürgen - als Warnung gerichtet an den Verbündeten "Domnului Hanasch Begner = Herrn Hans Benckner", den deutschen Bürgermeister der Stadt Kronstadt!
      Deshalb fügte ich auch Bilder von der größten deutschen "Schwarzen Kirche" in Brasov ein.
      Das andere Bild von dem kleinen Städtchen "Heltau = Cisnadie" zeigt eine deutsche Kirchenburg, die in Siebenbürgen ziemlich typisch war.

      Ist`s noch interessant? Wollt Ihr noch mehr lesen oder sehen?
      Avatar
      schrieb am 24.07.02 06:43:21
      Beitrag Nr. 47 ()
      @auryn: klaro - ist natürlich interessant. mach weiter.:)

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 17:54:34
      Beitrag Nr. 48 ()
      Die eingefügten Bilder von Brasov sind teilweise übrigens Ansichtskarten und nicht meine Fotos. Ebenso die Luftaufnahme der deutschen Kirchenburg von Cisnadie.
      Irgendwie habe ich den Trick mit der Vergrößerung von Bildern noch nicht raus. Hm?!


      Naja, in meiner in Posting # 46 angegebenen Fotosammlung ist es jedenfalls größer zu sehen. Es handelt sich dabei um eine Karte aus dem "Spiegel", die recht anschaulich die Veränderungen des rumänischen Staatsgebiets zwischen ca. 1880 und der Gegenwart zeigt.
      Innerhalb dieser Karte sind auch die Siedlungsgebiete der noch verbliebenen größten ethnischen Minderheiten mit geschlossenen Siedlungsräumen zu sehen, nämlich von den Ungarn mit ca. 1,6 Millionen Menschen und den Deutschen mit aktuell noch ca. 60.000 Menschen.
      Besonders interessant für Historiker ist das ungarische Siedlungsgebiet im Zentrum Rumäniens. Es handelt sich dabei um die Bezirke Covasna und Hargita, wo die Ungarn über 70 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Man braucht dort witzigerweise gar nicht erst zu versuchen, die Dorfbevölkerung auf Rumänisch anzusprechen, denn die meisten werden nur in Ungarisch oder in Deutsch sagen, daß sie Rumänisch nicht verstehen.
      Diese Kreise sind ein schönes Beispiel für die Absurdität von nationalen Überlegenheitsgefühlen. Nachdem die rumänische Regierung unter Ceausescu versucht hatte, den Ungarn das "Ungarischsein" auszutreiben, gehören die Einwohner dieser Bezirke heute zu den überzeugtesten "Ungarn" überhaupt, wobei der Gipfel der Absurdität ist, daß sie von ihrer Abstammung her sehr wahrscheinlich überhaupt keine Ungarn sind.
      Oh, ich muß gerade wieder zwangsweise den PC-Pool wechseln.
      Bis gleich.
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 18:03:24
      Beitrag Nr. 49 ()
      Ich werde mir Zeit nehmen, und diesen anspruchsvollen
      Threads, lesen !
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 18:35:23
      Beitrag Nr. 50 ()
      @ bodin: Schon mal vielen Dank im voraus! ;)

      Aber zurück zu den Ungarn in Zentralrumänien:
      Sie nennen sich selbst witzigerweise nicht etwa "Ungarn", sondern "Székely" (gesprochen: sekäij), was schon an sich darauf hindeutet, daß nicht schon immer Ungarn waren, obwohl sie heute alle "perfekte Ungarn" sind. Von den Deutschen in Rumänien werden sie "Sekler" genannt.
      Aber wer oder was waren sie denn nun eigentlich?
      Um das zu erklären, mache ich einen großen Ausflug zu den Sprachverwandten der Ungarn mit ihrer "finno-ugrischen Sprachfamilie", nämlich den Finnen in Finnland.
      Vor etwa drei Jahren kamen Genetiker auf den Gedanken, die recht homogen wirkende genetische Ausstattung der finnischen Lappen mit denen der anderen Skandinavier zu vergleichen. Es gab nämlich in Skandinavien verschiedene Ansichten unter Historikern über die Herkunft und Verwandtschaft von finnischen Lappen, die ja als tradtionell lebende Nomaden eigentlich genetisch dieselbe Ausstattung haben müßten wie die moderne finnische Stadtbevölkerung, wenn beide dieselben Vorfahren gehabt hätten.
      Schwedische "Nationalisten" hatten schon immer über die Finnen gespottet, so eine "Geheimsprache" wie Finnisch mit zahllosen "Fallkonstruktionen" kann auch nur bei Leuten entstehen, die sonst im Winter nur im Dunkeln sitzen und sonst nichts zu tun haben. Naja, jedenfalls war das überraschende Ergebnis der genetischen Reihenuntersuchung von Tausenden von Finnen und Lappen, daß die nomadisierenden finnischen Lappen die eigentliche finnische Urbevölkerung sein müssen, während die seßhafte finnische Stadt- und Dorfbevölkerung genetisch eindeutig schwedischen Ursprungs sein muß. Dieses Ergebnis war für schwedische "Nationalisten" ein herber Schlag.
      Die einzige Erklärung für dieses Ergebnis ist, daß vor bis zu 2000 Jahren mal einige schwedische Familien als Bauern ins heutige Finnland eingewandert sind, dort auf nomadisierende Lappen stießen, wegen deren zahlenmäßiger Überlegenheit deren Sprache und Bräuche übernahmen, sich dann als seßhafte Bauern aber schneller vermehrten als die Nomaden. Quod erat demonstrandum?

      Bei den "sékely" Rumäniens muß sich ähnliches ereignet haben. Sie schlossen sich vermutlich vor 1000 Jahren als Stammesverband den kriegerischeren Ungarn an, unterwarfen sich ihnen vollkommen, übernahmen ihre Sprache und Sitten und wurden von den ungarischen Königen wie die deutschen Siedlern mit Privilegien als Wehrbauern an den Rändern des ungarischen Königreichs angesiedelt. Wegen ihres Siedlungsgebietes in Zentralrumänien nahm man lange Zeit an, die "sékely" könnten bulgarischen oder türkischen Ursprungs sein. Von der Rekonstruktion ihrer ältesten Orts- und Familiennamen her sind die "Sékely" jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit "sakuleis", abgeleitet von "sakuls" ("freie Kämpfer" ) und das war die Eigenbezeichnung der germanisch-gotischen Gepiden in der Zeit der Völkerwanderung kurz nach dem Untergang des Römischen Imperiums.
      Die heute überzeugtesten "Ungarn" sind vermutlich die letzten überlebenden "Goten" in einem geschlossenen Siedlungsraum.
      Geschichte ist schon irre, nicht? ;)
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 22:43:17
      Beitrag Nr. 51 ()
      #1: Wenn Bukowina Buchenland heißt, heißt Wina dann "Land"??

      #überhaupt:
      Du kannst es einem ja wirklich schmackhaft machen ... bist du der Ansicht (ehrlich, bitte), daß man in Rumänien allein ungefährdet mit dem Auto herumreisen könnte (was Gefahren von Menschenseite angeht)? Gibt es Campingplätze, oder könnte man ungefährdet (von Wölfen und Bären mal abgesehen, ich habe keine Angst davor, wenn ich bislang auch nur Coyoten ganz nahe und Wölfe ein wenig entfernt (in Jugoslawien) gesehen habe) irgendwo am Straßenrand - im Auto - rasten? Wie sieht es mit dem Autoklau aus? Kann man in einem Hotel ohne bewachten Parkplatz übernachten, oder schläft man besser grundsätzlich im Auto? Wie sieht das Straßen- bzw. Tankstellennetz aus (für PKW- und LKW-Diesel-Geländewagen)?

      Tja ...
      Wilma :D
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 10:31:34
      Beitrag Nr. 52 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      zu "#1": Ja, so ungefähr. Etymologisch möchte ich mich da nicht festlegen, aber Endungen auf -ina haben in Osteuropa allgemein die Bedeutung von Land oder vielleicht besser "Hochland", z.B. Vojwodina etc.

      zu "überhaupt": Wenn ich Deine Frage für mich umformulieren darf: "Würde ich allein (als Frau?) in einem deutschen Wagen mit deutschem Kennzeichen ohne größere rumänische Sprachkenntnisse ungefährdet durch Rumänien fahren?"
      Antwort: "Ähm, tja, nur wenn ich ...
      a) mir zutraue, genau auf diese Art von Frankfurt aus auch nach Corleone in Sizilien zu fahren, um dort Urlaub zu machen. Es kann alles sehr gut laufen, aber die Wahrscheinlichkeit hierfür ist nicht dieselbe wie bei einem Ausflug in derselben Form nach Paris.
      oder
      b) der deutsche Wagen mit dem deutschen Kennzeichen der BMW-Roadster mit den "Q"-Ausstattungs-Extras aus "007 - Tomorrow Never Dies" ist, also gepanzert, eingebaute Flammenwerfer etc."

      Wie ich hier schon in früheren Postings über die Ukraine andeutete, ist das Land zwar nicht so bedenklich für Reisende wie die Ukraine, aber es ist alles ein bißchen "härter" als in Westeuropa. (Sogar wenn ich meine Tante Hertha besuchte, dachte ich "jetzt geht`s zur Tante `Härter`! ;) )Die Fahrweise der härteren Autobesitzer folgt dem Motto "ich bin stärker als jeder Fußgänger", die Straßenschlaglöcher haben härtere Auswirkungen auf die Gesäße der Reisenden, die Polizei ist "härter" und die Kriminellen sind noch "härter".
      Eine beliebte Überfallvariante gegenüber Ausländern besteht darin, daß einen westlichen Fahrer auf der Autobahn zwei freundliche Herren im nebenan fahrenden Auto durch besorgte Winkzeichen darauf aufmerksam machen wollen, daß an einem der Reifen etwas locker sein muß. Dann geben die freundlichen Herren in ihrem erstaunlich schnellen Auto Gas und entschwinden dem Blickfeld. Wenn man nun die nächste - reichlich einsame - Raststätte anfährt, um das mögliche Problem zu inspizieren, tauchen die freundlichen Herren von eben sehr viel unfreundlicher auf, fuchteln mit irgendwelchen Schußwaffen herum und wollen für ihren freundlichen Hinweis von vorhin mindestens Geld haben, aber es gab auch schon Fälle, wo sie den Überfallenen auch das Auto, die Zähne oder das Leben abnahmen.
      Aus solchen Gründen bietet das Rumänische Touristenamt auch Individualreisen mit rumänischem Mietwagen und dazu recht günstig zur Verfügung gestelltem Chauffeur an. Dann garantiert sozusagen der Staat für die Sicherheit des Reisenden. Ausländer zahlen fast grundsätzlich mindestens das Doppelte wie ein Rumäne für alles, was aber insgesamt immer noch 50 % günstiger ist als fast alles in Westeuropa, es sei denn, man möchte unbedingt das "Hilton of Bucarest" als Residenz.
      Eine andere Möglichkeit sind Studienreisen, die z.T. auch von "Exil-Deutschen" angeboten werden, z.B. einmal pro Jahr Busreisen mit dem Bukowina-Institut (Alter Postweg 97a, 86159 Augsburg; Tel. 0821/577067). Da fährt man für ca. 2 Wochen und ca. 900 Euro in einer rundum deutsch betreuten Reisegruppe mit fremdsprachlichen Experten und Historikern aller Art speziell in die Gebiete, in denen meine Vorfahren so "rumhingen": Z.B. Zips, Ungarn, Bukowina, Ukraine, Galizien etc. Es kann sich auch lohnen, mit der Vertretung der Deutschen in Hermannstadt Kontakt aufzunehmen, denn dann werden einem billige Fremdenzimmer bei meist alten deutschen Familien besorgt, die einem auch privat Schüler von den deutsch-rumänischen Gymnasien als Fremdenführer vermitteln. Soll ich Dir solche Adressen heraussuchen?

      Wenn Du eine Individual-Reise nach Rumänien machen möchtest, organisieren einem auch gerne Experten vom Rumänischen Touristenamt (Budapester Str. 20a, 10787 Berlin) ein individuell zusammengestelltes Programm. Für Prospekte kann man auch an "romaniatour@t-online.de" eine E-Mail schicken. (Jedenfalls konnte man das vor einem Jahr noch machen.)
      Tja, für`s erste war`s das.
      Bye, Auryn
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 12:11:38
      Beitrag Nr. 53 ()
      Also, Auryn, die Schlaglöcher stören mich nicht, und mein Geländewagen ist schon etwas älter. Nach Sizilien würde ich ohne weiteres fahren; ich war auch schon (allein, mit Auto) von Deutschland aus via Spanien (Fähre Algeciras) und Marokko in Algerien und bin bis in dessen Süden gefahren. Schade, daß man es nicht mehr kann - das nehme ich den Islamisten ganz persönlich übel -, denn ich liebe dieses Land. Meistens sind etwas heikle Länder von Militärposten durchsetzt, was man als Reisender als positiv empfindet, überdies ist das jeweilige Militär meist recht freundlich, des Lesens und Schreibens und einer gängigen Fremdsprache kundig, so daß man es auch nach dem Weg und der Lösung anderer Probleme befragen kann. Habe dies sowohl in Algerien als auch in Ägypten so gefunden. Auch in USA ist Militär meist freundlich (und des Lesens und Schreibens .....) :D . Ja, und ob ich als Frau reise. Ja, klar, denn ich bin eine, wenngleich nicht mehr ganz frisch, aber das ist bei derlei Reisen eher von Vorteil. Da ich gerade Einsamkeit - insbesondere in schönen oder auch schönen-rauhen Landschaften - schätze, suche ich gern abgelegene Gegenden auf. Meiner Erfahrung nach trifft man dort weitaus weniger Gauner als im Bereich von Städten. Weite Wege ohne Garantie auf gute Beute sind denen wohl zu mühsam. Rumänien ist nun aber ja nicht besonders groß, so daß man sich darauf nicht verlassen kann. Danke jedenfalls für deine offenen Worte; häufig werden einem eher zu positive Auskünfte erteilt - sei es, daß Inländer sich bei ihren Landsleuten nicht unbeliebt machen wollen, sei es, daß die Vaterlandsliebe alles verbrämt. Ein schmalbrüstiger Marokkaner, den ich auf Bitten eines Zollbeamten in Ceuta ein Stück seines Weges im Auto mitnahm, erzählte mir vom kolossalen Wohlstand des einfachen Marokkaners und dem vielen Fleisch in seinem täglichen Couscous. Naja ...

      Vojwode ... ist das nicht ein Titel? Sowas wie "Bürgermeister"? Was natürlich eine Ableitung von Hochland bzw. Hochländer nicht ausschließt, vielleicht im Sinne von "hochstehend" bzw. "über die anderen erhaben", eben "von weiter oben". Wenn "wina" nun Land bedeutet, ist "Wien" darauf zurückzuführen?

      Hoffentlich habe ich dich jetzt nicht zerfragt.
      Schönen Sonntag
      Wilma
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 12:21:59
      Beitrag Nr. 54 ()
      klingt ja alles ziemlich interessant, auryn, werde mir mal mehr Zeit nehmen müssen, genauer zu lesen.

      Nur ein paar Worte zu den ersten Postings: wenn Dich irgendwelche hirnlosen Phrasendrescher, die Bild-Zeitungs-Leser verabscheuen, aber selbst genau das gleiche Niveaus selbständigen Denkens aufbringen (nur halt von der anderen Seite) beleidigen, dann solltest Du darauf nicht allzuviel geben.
      Diese Leute werden diesen Thread aber weder lesen noch verstehen, schon gar nicht an sich ranlassen, weil er ja ihr festgefügtes Weltbild ins Wanken bringen könnte.

      In diesem Sinne ist es eine reine Zweckverfehlung, was Du in den ersten Zeilen ankündigst. Allerdings gibt es ja genügend Leute, die den Wert Deiner Postings zu schätzen wissen...die brauchst Du allerdings nicht zu überzeugen, dass Du nicht Revanchist oder ähnliches bist.
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 12:24:50
      Beitrag Nr. 55 ()
      @Xylophon,
      man sollte Unsinn nicht erst breittreten. :cool:
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 11:40:35
      Beitrag Nr. 56 ()
      @ xylophon:
      Naja, also ganz ehrlich gesagt: die "Zweckverfehlung" im ersten Posting dieses Threads dient nur meinen gelegentlich wiederkehrenden "allzu menschlichen" Bedürfnissen nach "vergeltender Wiederaufarbeitung". Es freut mich immer aufs Neue, wenn ich gerade mal wieder mit entsprechenden Bezeichnungen angesprochen worden bin, diesen Thread hochholen und nachsehen zu können, was ich denn schon mal früher "so alles war". Vor ca. einem Monat bin ich übrigens nicht nur wieder "Nazi", sondern auch der "Oberlehrer", der "jüdische Friedman" und ein "Rassist" gewesen. (Irgendwie finde ich es schade, daß ich das nicht noch nachträglich in das erste Posting einfügen kann, denn das ich der "Friedman" war, das war doch endlich mal wieder etwas Aktuelleres.) Mich überrascht nur immer wieder, daß sich meine Gegner nie so richtig für eine politische Richtung entscheiden können, aber das liegt vielleicht daran, daß "reichsdeutsche Schubladen" für mich zu klein sind.

      @ WilmaFeuerstein:
      Gut, also bei Deiner Erfahrung als Globetrotter möchte ich Dir von Deinem möglichen Vorhaben nicht ausdrücklich abraten, aber dennoch "erhöhte Vorsicht" empfehlen.
      Du hast schon recht, daß ländliche Gegenden auch in Rumänien sicherer sind. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, daß gerade Dörfer mit ungarischer (oder Sekler-) Bevölkerungsmehrheit für deutsche Reisende die sichersten sein könnten. Die ungarische Minderheit betrachtet die deutsche Minderheit als "natürlichen Verbündeten" gegen die rumänische Mehrheit und es gibt dann noch so etwas eine "ungarische Minderheiten-Nationalehre", die fürchterliche Konsequenzen für einen Ungarn hätte, der in Rumänien einen (deutschen) Ausländer schädigt. Dabei frage ich mich manchmal, ob bestimmte Klischées sich nicht aus der Geschichte ableiten und sich durch Wiederholung ständig selbst bestätigen.
      Nehmen wir als Beispiel Sibiu / Hermannstadt: Den Deutschen in Rumänien wird seit Jahrhunderten das Klischée zugeschrieben, geradezu "fanatisch ordentlich und arbeitsam" zu sein. Tatsächlich erkennt man deutsche Dörfer in Rumänien oft an asphaltierten Straßen ohne Schlaglöcher und die meisten Dörfer an den Blumengärten vor den Häusern. (Ach ja, ungarische Dörfer in Rumänien erkennst Du übrigens recht eindeutig an typisch ungarischen Ziehbrunnen, bei denen wie in der ungarischen Puszta ein sehr langer Holzarm über einer Stange querliegt und das Wasser durch Heben und Senken dieses Arms gefördert wird. Im Gegensatz dazu haben die Rumänen Kurbelbrunnen.)
      Wenn nun einer Minderheit ein Klischée zugeschrieben wird, das als "positiv" betrachtet wird, so bemüht sich diese Minderheit im Vergleich mit anderen, besonders diese positiven Eigenschaften hervortreten zu lassen. Bei den "Zigeunern" (die sich in Rumänien "Tigani" nennen, weshalb ich bei der deutschen Sammelbezeichung bleibe, ohne damit "pejorativ" werden zu wollen) könnte es genau umgekehrt sein: Die rumänische Gesellschaft als ganzes betrachtet sie als "halbkriminell" und kein "normaler" Zigeuner hat eigentlich eine Chance, eine viel bessere Arbeitsstelle als die eines Tagelöhners zu erhalten. Da könnte ich mir vorstellen, daß viele Zigeuner sich denken: "Ich kann hier doch machen, was ich will; ich werde sowieso immer mißtrauisch beäugt und "der Kriminelle" sein, da kann ich`s auch in Wirklichkeit nie anders machen."
      Bei den Deutschen ist es genau das Gegenteil. 1996 waren die Rumänen in Sibiu / Hermannstadt so derartig enttäuscht von ihren eigenen Parteien und deren Intrigen, daß sie in den Kommunalwahlen etwas Sensationelles gemacht haben: Sie haben die Kommunalvertretung der deutschen Minderheit mit relativer Mehrheit zur stärksten Partei gewählt! In Sibiu selbst leben jetzt noch nach der neuesten Volkszählung 6.596 Deutsche, aber sie bekamen bei den Wahlen immer über 30.000 Stimmen und der deutsche Bürgermeister von Sibiu hat gute Aussichten, die nächste Wahl mit absoluter Mehrheit zu gewinnen.
      Für Dich als Reisende hätte Sibiu daher die "nette Nebeneigenschaft", daß inzwischen viele Rumänen dort auch noch fließend Deutsch sprechen, da das deutsch-rumänische Brukenthal-Gymnasium als Elite-Schule gilt und dessen rumänische Schüler auch gleich noch ihren Eltern und Verwandten Deutsch-Unterricht geben. Diese Stadt würde ich für Dich als wirklich sehenswert empfehlen, wo Du auch zusätzlich viele Tipps für weitere Reisen ins Landesinnere bekommen könntest.
      Und noch zu den Klischées bei den Ungarn: Die "echten Ungarn und Szekler" gelten bei den Deutschen in ihren Erzählungen und Sagen als so etwas Ähnliches wie eine Mischung aus "Land-Wikinger" mit hohen Ehrbegriffen beinahe ähnlich den japanischen Samurai. Ich weiß selbst nicht recht, was ich dazu sagen soll, aber Tatsache ist und bleibt, daß die rumänische "Revolution" 1989 mit einem Aufstand im ungarischen Viertel von Timisoara (ung.: Temesvar) begann, als der ungarische Pfarrer Laszlo Tökes von der rumänischen Securitate verhaftet werden sollte. Die Ungarn haben lange Zeit in Osteuropa die höchste Selbstmordrate gehabt und der blutigste Aufstand, den die Sowjetunion jemals in ihrem osteuropäischen Machtbereich erleben konnte, war der ungarische Volksaufstand 1956. Im Jahre 1997 entschied übrigens der Oberste Gerichtshof Ungarns in Budapest, daß die Gerichte des Landes Verbrechen im Umfeld des Jahres 1956 nicht als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu bewerten haben, sondern als "Kriegsverbrechen", denn der Kampf gegen die sowjetischen Invasionstruppen sei keine "Niederschlagung einer Konterrevolution" gewesen, sondern eine "revolutionäre Volkserhebung mit Hilfe der nationalen ungarischen Armee gegen sowjetische Besatzung". Die kriegsähnlichen Ereignisse des Jahres 1956 seien somit als "internationaler Krieg" zwischen Ungarn und der Sowjetunion zu betrachten und die 3000 Toten, 15.000 Verletzten und 200.000 Flüchtlinge seien als Opfer eines unerklärten Krieges zu beurteilen!
      Also bei den Ungarn immer schön vorsichtig sein, wenn es um Beurteilungen von Minderheiten geht!
      (Bei den Rumänen übrigens immer Prosit oder "No rog!", nie "Prost" beim Trinken sagen, da dies schnell gesprochen - also ohne gedehntes "o" - dasselbe bedeutet wie "Vollidiot". Es gab unter Alkoholikern tatsächlich schon Tote wegen dieses Worts!)

      Vojwode: Ähm-tja, da bin ich mir etymologisch wieder nicht 100prozentig sicher, weil`s das Wort mit verschiedenen Bedeutungen in verschiedenen slawischen Sprachen gibt. Es handelt sich meistens um eine Art "Statthalter" (des Königs oder sonstigen Fürsten). In Polen ist der Begriff fast dasselbe wie "der Richter", wenn ich mich nicht irre. In der eigentlichen "Vojvodina" im Norden Serbiens ist es die Region mit der größten ungarischen Minderheit in Ex-Jugoslawien und wohl abgeleitet vom "Land des kaiserlichen Statthalters"; war natürlich auch mal ungarisch. Ach, da fällt mir gerade noch ein, daß 1992 oder so eine Meldung durch die südosteuropäische Presse geisterte, daß der ungarische Verteidigungsminister einen gewissen Herrn Milosevic angerufen haben soll, u.a. mit den Worten: "Aufgrund der Ereignisse in Slawonien in ihrem jugoslawischen Machtbereich am Rande unserer gemeinsamen Grenze hat die ungarische Regierung ihre Armee in höchste Alarmbereitschaft versetzt! Ich bin autorisiert worden, hinzuzufügen: Ein einziges Massaker an Ungarn in einem ungarischen Dorf in der Vojvodina und wir werden möglicherweise sehen können, ob die Ungarn oder die Serben besser mit ihren russischen Kampfflugzeugen umgehen können!"
      Wie gesagt, "echte Ungarn"(!), räusper!

      Wien von "-wina"? Hm, keine Ahnung, kann sein, muß aber nicht. ;)
      Tja, das war`s für`s erste mal wieder.
      Bye, Auryn
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 12:13:57
      Beitrag Nr. 57 ()
      Auryn,
      danke, sehr informativ.

      Ich fange hinten an:

      Wien:
      Vindobona ... ich weiß. Ist aber denkbar, daß eine sprachliche lokale Eigenentwicklung parallel verlaufen ist, aus der Städtebaugeschichte Wiens (Uferbebauung) wäre das durchaus erklärlich. Knaurs Kulturführer erwähnt für 881: "Anläßlich eines Kampfes gegen die Ungarn wird erstmals der mittelalterliche Name Wiens erwähnt: - ad Ueniam -." - d. h. zwar lateinische Grammatik (Akkusativ), aber eben NICHT die Verwendung des bei den Römern gebräuchlichen Namens Vindobona, der seinerseits auf das Keltische (Vedunia = Waldbach) zurückgehen soll.

      Rumänien:
      vor den Ungarn ist mir nicht bange. Ich bin zwar ein diplomatischer Taps und gerate gern in alle nur möglichen Fettnäpfe, andererseits saufe ich nicht an irgendwelchen Lagerfeuern, und tränke ich in gepflegter Umgebung den vorzüglichen ungarischen Wein (von dem ich weiß, daß man ihn mit Vorsicht genießen muß; ich nehme zum Wein eh meist Wasser), würde ich eher "zum Wohlsein" sagen. Sympathie schüfe sicherlich auch, wenn ich von meinen österreichisch-ungarischen Vorfahren (17. Jh.) erzähle. Im allgemeinen eigne ich mir meist ein paar Worte in der jeweiligen Landessprache an, mindestens versuche ich, sie lesen zu können (in Kairo sind Straßenschilder NUR arabisch, in Algier sind sie arabisch-französisch, in Athen griechisch). Allein um im Wörterbuch irgendetwas nachsehen zu können (oder auf das Wort zu zeigen), muß man das Alphabet kennen.

      Insgesamt erscheint es mir doch recht heikel, dieses Land "my way" zu bereisen. Als allein Herumreisender könnte man sehr leicht spurlos verschwinden. Ich bin zwar durchaus mutig, aber nicht leichtsinnig. Werde wohl mit einer solche Reise noch warten. Die Zeit dürfte auch hier einiges heilen, es ist im Osten alles im Um- und Aufbruch. Friede herrscht erst, wenn man - wieder - an der dalmatischen Küste entlang bis nach Griechenland fahren kann. Bis dahin sind im Osten ungefährlicher Tschechien und die - unerwartet zauberhafte - Slowakei (wo man sich auch frei bewegen kann; ein Hotelzimmer hatte ich allerdings außerdem) und wahrscheinlich Ungarn, wo ich noch nicht war.
      (Die naheliegende Ukraine läßt man wohl besser aus, nicht nur strahlen da alte Kraftwerke, sondern es fallen einem womöglich Flugzeuge auf den Kopf.) :D
      Schönen Gruß
      Wilma
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 12:31:12
      Beitrag Nr. 58 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Aber natürlich braucht einem vor den Ungarn nicht bange zu sein. Erwähnte ich denn nicht schon irgendwo, daß ich zu mindestens einem Achtel selbst einer bin? Ist hier etwa irgendjemandem vor mir bange? ;)

      Was stört Dich denn eigentlich an der Teilnahme an einer Reisegruppe nach Rumänien? Da ist noch nie etwas passiert, außer daß ein Schussel seinen Visums-Nachweis verloren hatte und die Reisegruppe einen Extra-Abstecher nach Bukarest einbauen durfte.
      Allein Umherreisende verschwinden in Rumänien nicht "einfach spurlos"! Das würde nun wieder die Ehre der rumänischen Polizei nicht zulassen!
      Bisher wurden von der Polizei noch sämtliche Ausländer-Leichen gefunden! :D

      Ach ja (SEUFZ!), die Ukraine ist ein Sonderfall; das östliche Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Wunderschön, aber da kann einem auch der Himmel auf den Kopf fallen.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 12:44:45
      Beitrag Nr. 59 ()
      Hochinteressant dieser Thread: die Rumänen ein Volk von entlassenen römischen Sklawen - ohne Schrift.:D
      Man bekommt Lust auf eine Abenteuerreise in diese Gegend, wahrscheinlich wird sie aufregender als eine Australienreise oder Amerikareise. Weitermachen Auryn!

      Gruss
      superior;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 12:54:15
      Beitrag Nr. 60 ()
      @ superior:
      Ja, genau das finden diese boshaften, ewig nörgelnden westlichen Historiker (:D )auch so "kritikfähig":
      Zwischen 300 n.Chr. und 1521 zogen durch das Gebiet des heutigen Rumänien die Kumanen, die Hunnen, die Ostgoten, die Gepiden, die Ungarn, die Mongolen, die Tataren, die Osmanen und noch ein paar andere, bei denen ich mich posthum für die fehlende Nennung entschuldigen möchte. Aber all dies hatte nach der rumänischen Geschichtsschreibung selbstverständlich keinen Einfluß auf die "imperio-romanische Abstammung" der Rumänen, was durch die romanische Sprache hinlänglich bewiesen werden muß.
      :confused:
      ;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:06:05
      Beitrag Nr. 61 ()
      Auryn,

      Ja, man kann in Geschichtsbüchern, aber auch bei Literaten nachlesen, daß die Gebiete, die in ihrer wechselvollen Geschichte, immer mal wieder dem Östereichischen Vielvölkerstaat angehörten, Sonderbegabungen von ganz besonderer Güte hervorgebtacht haben.

      Ich meine nicht mal die Akribie, mit der findige Geister das Volk, insbesondere die Bauern, bis aufs Blut ausgepreßt haben. Hungeraufstände wurden noch 1907 blutig niedergeschlagen. (Vielleicht hat Washington sich dieses nach 1929 zum Vorbild genommen, als 1933 dort Hungermärsche zusammengedroschen wurden.)

      Aber auch in anderen Gebieten dieser Region gab es äußerst wendige Begabungen:

      So war der Jude Theodor Kohn von 1892 - 1904 Fürsterzbischhof von Olmütz.

      "Das ist übrigens nichts Merkwürdiges", läßt uns Jaroslav Hasek in seinem ´Schwejk´ wissen, denn viele Juden aus diesen Gegenden waren kath. Feldkuraten.

      Von besonderer Delikatesse ist allerdings die Tatsache, daß Josef Svatopluk Macha, ein antireligiöser Schritsteller, Kohns bester Freund war.

      Daß es Dir, lieber Auryn, an Begabung gebräche, wird Dir niemand nachsagen können.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:07:19
      Beitrag Nr. 62 ()
      Mist, jetzt habe ich eine lange Antwort geschrieben, und dann funktionierte der Server nicht ... Oder lag`s daran, daß ich mich kritisch zum Thema Polizei geäußert habe, deren manche ehr-geizig wie auch lästig nach Gaunern suchen, wo keine sind und einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen, wenn da keine sind? - Das andere wiederhole ich bei Gelegenheit, habe jetzt keine Lust.

      Außerdem wollte ich gern wissen, ob Teile deines Nicknames Bestandteil deines echten Namens sind.
      Entschuldige bitte meine Neugier.
      Schönen Gruß
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:15:39
      Beitrag Nr. 63 ()
      @ Amtmannn:
      Vielen Dank für Deine Einschätzung, aber zu meinem Bedauern gehörte meine Familie durch alle Jahrhunderte hindurch immer zu den "Zusammengedroschenen", weil meine Familie immer den Nachwuchs mit der "größten Klappe" hatte.
      Das hat übrigens auch bei mir dazu geführt, daß mich meine Professoren nicht mögen, weil ich die deutsche Studienordnung "ad absurdum" geführt habe, indem ich mein Hauptstudium vor meinem Grundstudium abschloß. Komischerweise will mich in meinem Alter auch niemand mehr einstellen, so daß ich in erster Linie von Gelegenheitsartikeln und der Rente meiner Mutter lebe. (Haste mal` Job?)

      @ WilmaFeuerstein:
      Bedaure, mein Nickname ist nur deshalb von mir gewählt worden, weil "Auryn" in einem "Kinder"-Roman ein Edelstein ist, der Wünsche erfüllen kann. Und ich hoffte eigentlich, meinen nicht vorhandenen Reichtum zu mehren, indem ich mit anderen verkrachten Existenzen zusammen an der Börse Spekulationen durchführe. Tja, "Satz mit x".
      :cry: Ich habe tatsächlich nur den nicht-vorhandenen Reichtum über mich und meine Freunde gewinnverringernd verteilt. :cry:
      Aber der Geheimtipp:
      Meine Magisterarbeit kann unter einem deutschen Internet-Anbieter käuflich erworben werden, der in seinem Namen einen anderen Abschluß hat.
      Aber meinen Originalnamen bitte nicht hier posten, o.k.?
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:19:50
      Beitrag Nr. 64 ()
      Verflixt! Das sollte doch heißen: "Haste mal`n Job für mich, Amtmannn?"

      Elender Computer, elender! (Ich kann Deinen Ärger gut verstehen, WilmaFeuerstein!) ;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:37:02
      Beitrag Nr. 65 ()
      Auryn,
      wie könnte ich deinen Namen posten, da ich ihn nicht weiß!!
      - Das mit dem Grund- und Hauptstudium ist mir ähnlich ergangen. Lag daran, daß ich bei Studienbeginn glaubte, man müsse grundsätzlich sein Bestes geben. :D Außerdem gab es zwar eine Pflichtveranstaltung für beginners, da wurde aber, angeleitet von einer Studentin höheren Semesters, nur rumgealbert. Habe lange gebraucht, bis ich mich genügend vesimplifiziert hatte. :D :D

      Daß du keinen Job hast, ist schlimm - möge deine Mutter ewig leben! -, insbesondere wenn du Ausländer (?) bist und wenn die Arbeit, die du tun willst, intellektuellen Anspruch haben soll (Hilfskräfte aufm Bau und bei Umzugsfirmen und Aushilfskellner - besonders in der Saison bzw. in Urlaubsorten - werden eigentlich immer irgendwo gesucht, hast du Auto oder auch nur Fahrrad, so kannst du dich bei nötiger Fitness als Kurier versuchen. Abwäscher in Bäckereien sind auch gesucht, dafür nimmt man aber meist Neger - sicher weil sie sowieso Schwarzarbeiter sind :D).

      Schönen Dienstag noch
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:39:20
      Beitrag Nr. 66 ()
      @Auryn:Schöner Thread über eine merkwürdige Gegend!Würde dort nur im Konvoy durchfahren!
      Ist Peter Maffay evtl. auch so eine bukowinische Sonderbegabung - vom Schlagersänger zum Kindertheatermacher?:)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:46:57
      Beitrag Nr. 67 ()
      zur 62 Wilma: Da mir das natürlich auch schon öfters passiert ist (lange Texte verschwinden). Jetzt vermeide ich es so:

      Man kann entweder die Texte erst in Word schreiben oder einfacher:

      Nach dem Schreiben vor der Vorschau den ganzen Text mit der Maus markieren und StrgC drücken. Dann ist er in der Zwischenablage gespeichert und kann - bei verlorengehen - mit StrgV einfach wieder hervorgezaubert werden.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:54:32
      Beitrag Nr. 68 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Danke für Deine guten Wünsche, aber vielleicht wird ja aus mir noch ein "Bestseller-Autor". ;)
      Ja, hoffentlich wird meine Mami so alt wie meine Omi, die jetzt die älteste Einwohnerin im Umkreis von 150 km um Câmpulung Moldovenesc herum ist! Ich bin sonst ja auch immer ein ganz braver Junge für Mami gewesen und mache immer noch alle Einkäufe für meine Mami! Das ist leider auch der Grund, weshalb ich keine Freundin finde, denn wenn ich anfange, von meiner Mami und meiner Omi zu sprechen, dann sitze ich meist schon allein auf der Parkbank. Woran liegt das nur? ;)

      @ zeppelinpilot:
      Nicht doch! Wie wir aus einer Persiflage von Jürgen von der Lippe auf Maffay und dem ???? wissen ...
      (Ähm?! Mein Alzheimer hindert mich jetzt daran, auf den richtigen Namen zu kommen; der andere wurde jedenfalls ein "Weltstar" mit dem Hit "Katzenklo" ) ...
      ... stammt Maffay aus "Muränien", wo alle "Muränisch" sprechen! ;)
      Aber im Ernst: Maffay stammt meines Wissens nicht aus der Bukowina, sondern aus dem Banat, oder? War sein Geburtsort nicht irgendwo in der Nähe von Timisoara? Oder verwechsle ich jetzt was und er ist gar Siebenbürger Sachse? Dann würden mich alle Siebenbürger totschlagen! Oh je!
      Ich muß das selbst sofort klären...
      Moment...
      In spätestens 10 Minuten bin ich wieder zurück...
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:57:44
      Beitrag Nr. 69 ()
      Auryn,

      Rubinstein oder Goldstein - das ist hier die Frage.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:03:46
      Beitrag Nr. 70 ()
      Rettet mich! :cry: Jeder Kronstädter, der das hier liest, wird mich bis ans Lebensende verfolgen!
      Ich schreibe hier soviel über die Geschichte Brasovs / Kronstadts und weiß dabei nicht, daß der in Deutschland berühmteste Sohn dieser Stadt, der unvergleichlichste, der göttlichste Sänger deutscher Mundart, am 30. August 1949 in Brasov geboren wurde !
      :cry:
      Schande über mich!

      @ Amtmannn:
      Eher Lapislazuli, weil Blau meine Lieblingsfarbe ist und alle Familienangehörigen darauf Wert legen, seit Generationen "ev.-luth" in ihren Geburtsurkunden zu haben, wenn auch die Synagoge komischerweise immer direkt gegenüber stand...
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:04:59
      Beitrag Nr. 71 ()
      Also, Auryn,
      auf einer Parkbank (im Mondschein, nehme ich an?) redet man nun wirklich über was anderes als Mami & Omi. Am besten redet man gar nicht ... :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:10:40
      Beitrag Nr. 72 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Ja, ich habe auch schon gehört, daß junge Paare in Deutschland auf Parkbänken irgendwas anderes machen, aber früher in Rumänien trafen sich dort die Paare immer nur zu subversiv-informellen Gesprächen. Woher soll ich denn alle Sitten Deutschlands kennen? Ich kann ja nicht mal abends ab 23 Uhr RTL 2 oder Vox einschalten, ohne daß Mami auf das Licht vom Fernseher aufmerksam werden könnte.
      :cry:
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:15:15
      Beitrag Nr. 73 ()
      Auryn, du dauerst mich. Ziehe doch dein Kapital aus den Aktiengeschäften heraus und investiere es in die Anpachtung eines Schrebergartens. Errichte darauf ein Holzhäuschen (einfach, aber zweckmäßig und preiswert); darin kannst du dann beliebig fernsehen! :cool:
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:15:51
      Beitrag Nr. 74 ()
      @Auryn: Du meinst den schrecklichen Helge Schneider, der war auch eine Sonderbegabung, aber nur darin wie man aus nichts viel Geld machen kann. :cry:
      Ein paar Lieder von dem muränischen Rocker Peter Maffay fand ich ganz gut, z.B Sonne in der Nacht.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:16:31
      Beitrag Nr. 75 ()
      Wo geht das denn noch mit 300,- Euro?
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:22:46
      Beitrag Nr. 76 ()
      Oh, verzeihung! # 75 bezieht sich natürlich auf # 73!

      @ zeppelinpilot:
      Ja, meine Mami fand diesen "Muränen" auch ganz toll, aber mehr mit "Und es war Sommer...", aber das Lied habe ich so oft gehört, daß es mir irgendwie nicht mehr gefällt - ganz unabhängig von der aktuellen Bezugsmöglichkeit auf "Ron Sommer".
      Sonst ist die Stimme von Maffay ja sehr bemerkenswert.
      Und Du hast ganz recht mit Helge Schneider; genau den hatte Jürgen von der Lippe hinreißend persifliert, als er "ihn" sagen ließ: "Peter spricht so komisch weil er eigentlich aus Muränien kommt. Die sprechen da alle so komisch, nämlich Muränisch!"
      Nee, aber in Wirklichkeit gehört Kronstadt natürlich zu Siebenbürgen und der Dialekt ist Siebenbürger Sächsisch, obwohl das mit "Sächsisch" natürlich wieder überhaupt nichts zu tun hat...
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:24:44
      Beitrag Nr. 77 ()
      Auryn,
      das reicht immerhin für die Jahrespacht. Für das andere mußt du dann eben ein wenig sparen. Fürs erste täte es ja auch ein Zelt und ein Schlauchboot für Regengüsse.

      Ich habe mal bei lycos nachgesehen, was sich in Deutschland auf Parkbänken abspielt:

      <Parkbank mit Internet-Anschluss

      Telefonrechnung wird von MSN übernommen 07.08.2001
      11:17


      Die weltweit angeblich erste Parkbank mit Internet-Anschluss ist am Montag in der südenglischen Kleinstadt Bury St. Edmonds in Betrieb genommen worden. Dort kann jetzt jeder Spaziergänger seinen Laptop einstöpseln und sich unter freiem Himmel ins Internet einwählen.
      Die Holzbank in den "Abtei-Gärten" sieht auf den ersten Blick aus wie jede andere, doch unter jeder ihrer beiden Armstützen sind zwei Telefonanschlüsse versteckt. Während einer dreimonatigen Experimentierphase wird die Telefonrechnung von MSN, dem britischen Internetableger von Microsoft, übernommen.
      Danach muss der Stadtrat entscheiden, ob er die Online-Bank weiter finanzieren will. Das Parkgelände gehörte früher zu einer mittelalterlichen Abtei. Im Jahre 1214 trafen sich dort die 25 Barone, die König Johann zur Unterzeichnung der "Magna Charta" zwangen, dem ersten Schritt zum britischen Rechtsstaat und zur konstitutionellen Monarchie.


      dpa / Thomas Michel>

      .... jaja, die Geburtenrate ist seit Jahren rückläufig ...

      :eek:
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:36:13
      Beitrag Nr. 78 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Bei solchen Parkbänken seh` ich aber rabenschwarz für einen möglichen Bevölkerungszuwachs in Europa!
      Ne, da bleib` ich doch lieber bei meiner Mami! Da habe ich zwar keine TV-Aufklärung, aber gutes Essen und wenig Stress mit meinen zukünftigen Ex-Freundinnen.
      Neulich sagte mir ein jugendlicher Kommilitone im 29. Semester, der kurz vor seinem Abschluß steht, weil ihn seine Eltern "exkommuniziert" haben: "Auryn, du ahnst ja gar nicht, wieviel Glück Du mit Deiner Mami hat!"
      Der Junge hat völlig Recht!


      Habe ich eigentlich in diesem Thread schon erwähnt, woher eigentlich der Ausdruck "Siebenbürger Sachsen" kommt? Nein?
      O.K.: Die ungarischen Könige baten um 1200 besonders die deutschen Ottonen aus ihrem damals sächsischen Stammsitz um Hilfe bei der Anwerbung deutscher Siedler und aufgrund der Bezeichnung der Deutschen als "saxones" in den ungarischen Kanzlei-Briefen wurde diese Bezeichnung für die "Sachsen" übernommen, obwohl da Deutsche v.a. aus dem süddeutschen Raum zwischen Augsburg und Luxemburg angeworben wurden.
      Die Siebenbürger Sachsen übernahmen in Osteuropa als erste die "ketzerische Meinung" Martin Luthers und sind in ihrer absoluten Mehrheit "evangelisch-lutherisch", während die Banater Schwaben erst ab ca. 1770 von den Österreichern angesiedelt wurden und mehrheitlich katholisch sind.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:47:45
      Beitrag Nr. 79 ()
      Nachtrag zum zweiten Absatz in Posting # 78:
      Die Bukowina-Deutschen kamen ungefähr um dieselbe Zeit als Siedler und Bergarbeiter wie die Banater Schwaben, also etwa ab 1770.
      Von der Religion her sind sie aber das totale Chaos, weil die direkten Nachbarn Rumänen, Polen, Ukrainer, Ungarn oder sogar Armenier sein konnten, die von der österreichischen Verwaltung in Galizien nur wegen ihrer Fachkenntnisse angeworben wurden, so waren witzigerweise fast alle Polen in der Bukowina die "Beamten", weil die Polen die treuesten Untertanen Österreichs waren, so lange der Staat Polen nicht existierte, weil die Russen und Preußen die Polen härter unterdrückten, als die Österreicher es jemals konnten. Die waren nämlich meistens viel mehr mit dem Unterdrücken ungarischer Aufstände beschäftigt. Die Ungarn in Siebenbürgen hingegen waren in erster Linie mit dem Unterdrücken der Rumänen beschäftigt und in zweiter Linie mit dem Unterdrücken der Siebenbürger Sachsen.
      Aber es war schön, daß "in der guten alten Zeit" alles halbwegs im Gleichgewicht war. ;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 15:52:09
      Beitrag Nr. 80 ()
      In manchen Sprachen werden ja die Deutschen generell als Sachsen bezeichnet, z.B. finnisch Saksaland=Deutschland.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:02:25
      Beitrag Nr. 81 ()
      @ zeppelinpilot:
      Ach, das mit Finnland wußte ich noch gar nicht. Danke!
      In Polen ist "szwaby" (von "Schwabe") übrigens ein Schimpfwort für die Deutschen, aber da ändert sich gerade einiges, weil ich neulich in den "Tagesthemen" einen Bericht über einen deutschen Kabarettisten sah, der in Polen hinreißende Erfolge feiert und der bezeichnet sich selbst bei seinen Auftritten als leicht dümmlichen "szwaby", der den Polen einen liebenswert-kritischen Spiegel vorhält, wie z.B. "Ihr Polen seid schon irgendwie komisch: In der Straßenbahn schaut Ihr Euch einerseits nie in die Augen, als ob die Kommunisten immer noch an der Macht wären und Ihr Angst vor der Geheimpolizei hättet und andererseits knutscht Ihr hemmungslos in der Straßenbahn drauflos, als ob Ihr keine Katholiken wärt!"
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:09:57
      Beitrag Nr. 82 ()
      Ach, da hätte ich doch fast vergessen, daß ich noch Fotos von Brasov unter
      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/lst?&.dir=/Bukowina+-…
      eingefügt habe, obwohl die da eigentlich gar nicht hingehören, aber jetzt bin ich zu faul, um noch was zu ändern.
      Man sieht da den Haupt- und Marktplatz von Brasov mit der orthodoxen rumänischen Kirche und dem eigentlich deutschen Bürgermeister-Gebäude in der Mitte des Platzes.
      Als ich da vorbeikam, baute man gerade die "Catwalks" (das metallene Etwas im Vordergrund) für das Musik-Festival von Brasov auf und zu meiner größten Überraschung war an jenem Abend der Stargast tatsächlich "Sheryl Crow".
      Es ist ja unglaublich, was es schon so alles in Rumänien gibt!
      ;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:22:15
      Beitrag Nr. 83 ()
      Neeeh. Diese Adresse aus Posting #82 ist mir einfach am falschen Ort gelandet.
      Ich ersetze sie daher durch einen Verweis auf:
      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/lst?&.dir=/Bukowina+-…
      An der anderen Stelle werde ich die deplazierten Fotos bei Gelegenheit entfernen, wenn ich dazu wieder Lust habe.
      Bitte nicht böse sein, aber ich bin ja sooo ein Pedant. ;)
      Und jetzt gehe ich nach Hause zu meiner Mami, weil`s da kühler ist als in diesem überheizten PC-Pool!
      Bye, Auryn :)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:41:58
      Beitrag Nr. 84 ()
      Paß aber gut auf, daß deine Mami sich nicht auf Parkbänken mit irgendwelchen merkwürdigen Typen trifft .... Andererseits könntest du dann vielleicht nach 23 h noch fernsehen. Vielleicht arrangierst du einfach mal was? Schau aber vorher ins Fernsehprogramm, ob`s lohnt.
      Und tschüß,
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:43:43
      Beitrag Nr. 85 ()
      PS: Kann ich dann jetzt an deinen PC? :D
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:48:00
      Beitrag Nr. 86 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Also das glaube ich jetzt einfach nicht, daß du an meinen PC könntest. Du bist doch im Moment sicher nicht in einer der westlichsten Unis Deutschlands, oder?
      Aber jetzt muß ich wirklich weg. (Und meine Mami mag nur mich! Dafür habe ich schon gesorgt, weil ich sämtliche Männer in Verruf gebracht habe! Ich weiß, wie die sind!)
      ;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:53:24
      Beitrag Nr. 87 ()
      Pfui, schäm dich, Auryn, gönnst deiner Mami auch gar nix. Wirst schon sehen: eines Tages wirft sie dich raus! :yawn:
      Avatar
      schrieb am 31.07.02 01:43:13
      Beitrag Nr. 88 ()
      @auryn: was geht denn hier ab.:D mensch auryn, soviel zeit hab ich gar nicht um alles zu lesen.
      ach ja wir wären echt das geniale quizpärchen geworden.:cry:
      wenn wir gefragt worden wären in sachen katzeklo und du wärst net auf den namen gekommen, den helge schneider hätte ich sofort ergänzen können.;)

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 11:28:28
      Beitrag Nr. 89 ()
      Keine Panik, Iguana ! ;)

      Ab jetzt werde ich mich in meinem liebsten Thread für einige Zeit nur noch "hochwissenschaftlich" zu äußern versuchen.

      Fangen wir mal mit der interessanten Frage an, worin denn der Unterschied besteht im Vergleich der Rechtsstaatlichkeit zwischen Italien, Polen, Ungarn, Rumänien und den (süd-)westlichsten Nachfolgestaaten der Sowjetunion, als da wären Weißrußland und Ukraine.

      Darüber unterhielt ich mich nämlich gerade gestern mit einem deutsch-polnischen Nachwuchs-Professor. Der meinte folgendes ziemlich "salopp":
      "Na gut, Italien hat eine Mafia, eine ziemlich korrupte Verwaltung, der Präsident ist sehr wahrscheinlich ein machtgieriger Milliardär, der durch Medien-Mogeleien großgeworden ist (= also ein moderner "Großmogul" ), aber der Staat an sich hat ein irgendwie immer noch funktionierendes System, die Justiz ist immer noch unabhängig und versucht, diese Unabhängigkeit mit Hilfe der freien Medien zu verteidigen.
      In Polen hat der Widerstand gegen den Staat und die Mafia eine lange Tradition, weil beides mal dasselbe war und die Justiz ist inzwischen weitgehend unabhängig und wird durch die freien Medien unterstützt. In Ungarn ist es genauso, während es in Rumänien zwar eine freie Presse gibt, aber die Verwaltung und die Justiz nahtlos von den Kommunisten übernommen wurden. Die Mafia hat (noch) keine wesentliche Bedeutung in Rumänien, weil zuviele - auch ethnisch konkurrierende - mafiöse Strukturen sich gegenseitig bekämpfen. Die Kriminalität ist zwar größer, aber auch die Unsicherheit der Kriminellen, wer gerade von wem Befehle annehmen kann und wer wem gerade das meiste Bestechungsgeld geboten hat. Weißrußland und die Ukraine hingegen sind die reine Katastrophe in Bezug auf "Rechtsstaatlichkeit", denn absolut jeder und alles sind käuflich, die Präsidenten Lukaschenko und Kutschma benehmen sich wie Diktatoren und staatliche Verwaltung, Polizei und Justiz sind weitestgehend mit der Mafia identisch. Die wenigen freien und unabhängigen Journalisten und Abgeordneten, die sich dagegen wehren wollten, wurden durch Morde eingeschüchtert. Überflüssige Arbeiter wie z.B. in den Kohlegruben, die keiner mehr wirklich braucht, dürfen sich für Hungerlöhne zu Tode schuften oder fallen durch "natürliche Auslese" weg, wie wir in Polen inzwischen zynisch die zahllosen Bergwerksunglücke in der Ukraine oder Weißrußland nennen. Dort sind in den letzten 10 Jahren wahrscheinlich mehr Bergleute ums Leben gekommen, als in ganz Westeuropa seit dem Zweiten Weltkrieg. Dabei waren das mal die "Hätschelkinder" der Systeme, aber so verlogen wie diese pseudosozialistischen Systeme es waren, sind es auch deren Nachfolge-Präsidenten, soweit sie ihre Karrieren als "Kommunisten" begonnen hatten. Die Osteuropäer sind ganz allgemein völlig desillusioniert und von allem und jedem enttäuscht! Relativ gut läuft es nur in den direkten Nachbarstaaten der EU, aber auch die ahnen noch kaum, was alles mit der EU-Osterweiterung auf sie zukommen kann, wenn sie Vollmitglieder werden."
      Tja, soweit ein Politologe aus Osteuropa.

      Noch ein schöner Beitrag von einem meiner Lieblings-Politologen aus dem Westen gefällig? O.K.: Hier wieder ein Reisebericht von 1999 aus dem Buch:
      Timothy Garton Ash: Zeit der Freiheit, Aufsatz "Mitteleuropa? Aber wo liegt es?", S. 415-432, Kapitel 3 von S. 428-432.



      Geopolitische Grenzen sind nicht einfach Linien, die von Diplomaten im Ambiente luxuriöser Konferenzsäle in Landkarten eingetragen werden. Sie schaffen eine Realität, die jeder Grenzgänger sofort mit Händen greifen kann. Der Eiserne Vorhang war von dieser Art: Nur zehn Schritte hinter Checkpoint Charlie begann eine andere Welt. Wer heutzutage in Europa nach einer solchen Trennlinie sucht, der sollte einmal zu Fuß die Grenze zwischen Vysné Nemecké in der Slowakei und dem ukrainischen Uzhorod (dt. auch: Uschgorod) überqueren.

      Ich machte diesen Ausflug an einem kalten Novemberabend, und der Schock traf mich unmittelbar. Solide Asphaltstraßen verwandelten sich plötzlich in Wege mit Schlaglöchern und Kopfsteinpflaster. Die ukrainische Grenzstation schien in der Hand von kahlgeschorenen, gedrungenen Männern in schwarzen Stiefeln, schwarzen Jeans, schwarzen Pullovern und prallen schwarzen Lederjacken - die Uniform der postkommunistischen Mafiosi. Ich konnte sehen, wie sie Zollbeamte in eine dunkle Ecke bugslerten, um dann irgend etwas zu verhandeln. Fast schien mir, als zischte das Wort Korruption durch den eisigen Nebel. Sie murmelten in ihre Handys, sprangen in ihre schweren schwarzen Limousinen und jagten mit aufheulendem Motor davon.

      Nach einer kleinen Pause, in der wir unsere Uhren von der mittel- auf die osteuropäische Zeit umstellten, wanderten ein Bekannter und ich durch ein Villenviertel - vorbei an großen, extravaganten Residenzen mit riesigen Satellitenschüsseln, Sicherheitskameras, hohen Mauern und eisernen Toren. "Neue Ukraine!" rief unser Begleiter aus, ein Professor an der Universität von Uzhorod, dessen monatliches Gehalt gerade mal 5o Dollar erreicht - und auf das er seit drei Monaten vergeblich wartet. Die harte Währung, die ich ihm dann für seinen eintägigen Dienst anbot (sie entsprach in etwa seinem Monatsgehalt), akzeptierte er mit einer Mischung aus Dankbarkeit und verletztem Stolz. Verzweifelt versuchten wir beide so zu tun, als seien dies eben die akademischen Umgangsformen bei der Zusammenarbeit zwischen den altehrwürdigen Universitäten von Oxford und Uzhorod.
      Im Hotel bestand man auf Vorauszahlung, natürlich in bar, und man riet uns dringend, die Türen von innen zu verriegeln. Ein Freund erzählte uns von dem Unfall, den sein Schwiegervater kürzlich mit einem der schwarzen Volvos gehabt habe. Vier schwarzgekleidete Männer seien aus dem Wagen gesprungen: "Das kostet Sie 4500 Dollar. In bar. Wir kommen morgen früh in Ihr Büro! " Er rief die Polizei an und gab das Kennzeichen des Volvo zur Überprüfung durch. Eine Stunde später rief die Polizei zurück. Sie riet: "Wenn diese Männer morgen vorbeischauen, bezahlen Sie!" Es ist eine andere Welt. Wie in Serbien sind ihre wesentlichen Eigenschaften die allgegenwärtige Korruption, Willkür gepaart mit Gewalt und ein Staat, der keinen Schutz gewähren kann oder selbst kriminell ist.

      Die heutige Grenzlinie zwischen Mitteleuropa und Osteuropa - will heißen: der Ukraine, Weißrußland und dem europäischen Rußland - ist überdeutlich und sehr wirklich. Ich habe dies anekdotisch zu verdeutlichen versucht; doch man könnte dies auch systematischer belegen, mit ausführlichen Statistiken und Kurven. Auf gar keinen Fall will ich damit einem kulturel len Determinismus das Wort reden. Die Huntington -Linie, unsere heutige Nachfolgerin der Curzon -Linie, verläuft viele Ki lometer östlich von hier. Die Grenze, die man bei Uzhorod überschreitet, ist nicht die Ostgrenze der westlichen Christenheit, sondern die Westgrenze der früheren Sowjetunion. Auch möchte ich nicht behaupten, daß diese Länder auf ewig zu Korruption, Chaos und Armut verdammt seien. Es gibt durchaus eine reale Chance, daß die Westukraine und Weißrußland (die wie die baltischen Staaten nur zwei - und nicht drei - Generationen lang einen Teil der Sowjetunion bildeten) sich schneller erholen als der übrige Osten. Doch sowohl die Natur als auch das schiere Ausmaß der Übergangsprobleme, die sich den ost slawischen Staaten heute stellen, schaffen eine politische Wasserscheide, die wohl noch mindestens für ein weiteres Jahrzehnt Bestand haben wird. Heute verläuft die Ostgrenze des Westens nicht länger entlang der Elbe oder der Oder -Neiße -Linie, sondern entlang zweier anderer Flüsse, deren Namen die meisten
      wohl noch nie gehört haben: Bug und Uz.

      An der Südgrenze zwischen Mitteleuropa und dem, was wir heute wieder Balkan nennen, stößt der Grenzgänger auf weniger scharfe Kontraste. Wer von Ungarn in das nördliche Rumänien überwechselt, bleibt in einer vertrauten Welt. Teilweise deshalb, weil auf beiden Seiten der Grenze Ungarn wohnen. Sowohl Siebenbürgen im Norden als auch das Banat im Westen - beide zusammen bilden gut ein Drittel Rumäniens - zehren noch von dem kulturellen Erbe der Doppelmonarchie. Doch auch wenn man die südlichen und östlichen Teile Rumäniens in den Blick nimmt, die einst zum Osmanischen Reich gehörten, sind die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Rumänien und Ungarn in keiner Weise mit denen zwischen der Slowakei und der Ukraine zu vergleichen.

      Wer schließlich vom slowenischen in den kroatischen Teil Istriens wechselt, bemerkt überhaupt keinen Unterschied mehr. Wie mein Guida alla Mitteleuropa richtig feststellt, ist das katholische - und früher habsburgische - Kroatien historisch eindeutig ein Teil Mitteleuropas. Politisch liegt Kroatien zur Zeit allerdings noch auf dem Balkan. Doch - ich habe an anderer Stelle bereits darauf hingewiesen - die Chancen stehen gut, daß es wieder den Anschluß an Mitteleuropa finden wird, sobald Tudjmans Demokratura -Regime zusammenbricht - ob nun vor oder nach seinem Tod. Die neue ethnische Homogenität (erreicht durch "ethnische Säuberungen<~, während der Westen wegschaute) bildet eine günstige Voraussetzung für die Rückkehr nach Mitteleuropa.

      Freilich wird es wohl mindestens ein weiteres Jahrzehnt dauern, bevor all jene Staaten, die kraft ihrer Lage, Geschichte oder Kultur glaubhaft eine mitteleuropäische Identität beanspruchen können, tatsächlich einen Teil jenes Mitteleuropas bilden werden, das in den goer Jahren neu definiert wurde - will heißen: dank ihrer aktuellen Politik und aufgrund der Wahrnehmung durch den Westen. Noch länger wird es dauern, bis dieses Mitteleuropa zu einem normalen Teil Westeuropas geworden ist wie heute bereits Nord - und Südeuropa. Unterdessen mögen Länder wie die Ukraine sich aufraffen, vor allem wenn der Westen ihnen entschiedener beisteht, als dies in den letzten Jahren der Fall war.

      Und doch muß Mitteleuropa irgendwo enden. Eine rein politische, voluntaristische Definition dieses Raumes wäre ebenso absurd wie eine rein kulturdeterministische. Es ist zwar durchaus vernünftig, daß der Westen auf politischen Aufnahmekriterien besteht, was auf die Maxime hinausläuft, daß "derjenige Mitteleuropäer ist, der sich mitteleuropäisch verhält". Doch sind Demokratie, Toleranz, Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Minderheiten und ein Interesse an friedlicher internationaler Zusammenarbeit hinreichend, um einen postkommunistischen Staat Ipso facto zu einem Teil Mitteleuropas zu machen? Selbst wenn Serbien eines schönen Tages alle diese politischen Kriterien erfüllen sollte, wird es kein Teil Mitteleuropas sein. Es wird noch immer auf dem Balkan liegen.

      Doch leider sind solche Zuordnungen in unserer aktuellen Situation alles andere als wertneutral. Sie sind stark aufgeladen, positiv im ersten Fall, negativ im zweiten. Dies ist immer die Gefahr, wenn man geographische Begriffe mit spezifischen Wertvorstellungen oder Zielen verbindet. Das gilt auch für die Beschwörung "Europas" (wie in der Rede von den "europäischen Werten" ) oder des "Westens" (wie in der Berufung auf die "westliche Zivilisation" oder "westliche Werte" im Gegensatz zu "asiatischen Werten" ).

      Die Schwierigkeit liegt darin, daß die wertgebundene Definition Mitteleuropas nicht völlig willkürlich ist - ebensowenig wie diejenige Europas oder des Westens. Sie hat einen wahren Kern. Es gab in der Entwicklung Europas ein Zentrum und eine Peripherie. Die Differenz zwischen der westlichen Christenheit (mit ihrer fundamentalen Trennung von Kirche und Staat) und der östlichen Christenheit (mit ihrem cäsaro -papistischen Erbe) ist von Bedeutung, wenn man untersucht, weshalb sich etwa die politische Geschichte Frankreichs grundlegend von derjenigen Rußlands unterscheidet. Und diese Wahrheit betrifft nicht nur die Geschichte. Sie entspricht auch den bitteren Lektionen der Gegenwart. Als ich mich anschickte, vom Flughafen Heathrow in die Slowakei zu fliegen, traf ich einen befreundeten Banker, der viel in Mittel - und Osteuropa unterwegs ist. Er faßte seine persönlichen Erfahrungen unverblümt so zusammen: "je weiter man nach Osten oder nach Süden gelangt, desto größer sind Korruption und Chaos."
      Der Kardinalfehler besteht aber darin, Wahrscheinlichkeiten zu Gewißheiten, Grauzonen zu scharfen Grenzlinien zwischen Schwarz und Weiß und vorläufige Beschreibungen zu self -fulfilling prophecies zu machen. Wir wissen, daß es Wortpaarungen gibt, die nur schwer zu verwirklichen sind: balkanische Toleranz, ukrainischer Wohlstand, russische Demokratie, türkische Achtung der Menschenrechte. Doch wer solche Wortpaare für einen grundsätzlichen Widerspruch erklärt, stellt nicht nur unsere eigenen Werte in Frage. Er verrät auch die Menschen, die an vielen Orten für diese Dinge kämpfen - unter schwierigsten Bedingungen und oft unter Einsatz des eigenen Lebens.

      Fast zwei Jahrzehnte lang bin ich für Mitteleuropa eingetreten. Ich glaube, daß die Sache das Engagement wert war und daß sie dazu beigetragen hat, die Mitte Europas in positiver Weise zu verändern. Doch bin ich entsetzt über die Art und Weise, in der die Mitteleuropa -Idee neuerdings für eine Politik der Ausgrenzung und des Relativismus mißbraucht wird. Was immer Mitteleuropa ist und wo immer es liegt - mit diesem Zerrbild soll es nichts gemein haben.

      (Februar 1999)
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 11:53:39
      Beitrag Nr. 90 ()
      Ach ja: Ich habe gerade noch zwei hübsche Fotos in mein Album eingefügt unter:
      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/lst?.dir=/Bukowina+-+…
      Dabei handelt es sich beim Foto "Kirchenburg v. Birthälm" um die größte deutsche Kirchenburg in Rumänien überhaupt. Sie liegt bei dem kleinen ort "Biertan" südwestlich von Schäßburg /Sighisoara, wo übrigens auch der Raketenpionier Hermann Oberth geboren wurde.
      Diese deutsche Kirchenburg gehört inzwischen auch zum "Weltkulturerbe der UNESCO" und ist so riesig, daß sie die gesamten Einwohner des Ortes und der Umgebung sowie deren Vorräte in mehreren Stockwerken übereinander aufnehmen konnte. Angelegt wurde sie zwischen 1490 und 1516 zum Schutz vor osmanischen und tatarischen Überfällen.
      Zwischen 1572 und 1867 war sie der Sitz der evangelisch-lutherischen Bischöfe der Siebenbürger Sachsen.

      Das Foto "Burg Hunyad" zeigt die größte ehemals rumänisch-ungarische Burg "Hunyad" oder "Corvinesti" in Siebenbürgen aus dem 14. Jahrhundert, die bei Hunedoara westlich von Alba Iulia liegt.
      Für die Ungarn ist`s natürlich die ungarische Burg "Hunyad", für die Rumänen die Burg "Corvinesti".
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 12:02:47
      Beitrag Nr. 91 ()
      Auryn,
      ich hätte da mal wieder ein sprachliches Interesse:
      Einer der marokkanisch-algerischen Grenzübergänge heißt Uschda. Weißt du aus der Ethymologie der Stadt Uschgorod, was die Silbe "Usch" dort bedeutet und evtl., wie alt sie ist (Die historische Wanderung der Wandalen führte bekanntermaßen bis ins südliche Algerien, wo es demzufolge nicht wenige große und mittelblonde "Tuareg" gibt.)
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 12:14:16
      Beitrag Nr. 92 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Also dazu möchte ich mich besser nicht äußern, denn dieses Gebiet ist die "Karpato-Ukraine", wo eine echte "Nationenbildung" nicht nur "nicht stattgefunden hat" - sie hat überhaupt noch nicht begonnen!
      In dem Gebiet leben auch slawische "Kleinstvölker" wie die Huzulen und Hoholen, die sich je nach Wohlergehen mal zu Polen, Ungarn, Slowaken, Ukrainern oder Rumänen erklären. Wie sollte man da aus dem Stand die Silbe "usch" ableiten. Ich habe auch mal erlebt, wie sich 3 Linguisten über ein romanisches Wort in Rumänischer Sprache unterhalten haben. Sie kamen auf eine lateinische, eine griechische, eine albanische, eine makedonische, eine türkische, eine gotische und eine ungarische Silben-Ableitungsmöglichkeit mit entsprechend verschiedenen Ursprungsdeutungen. Seitdem stehe ich linguistischen Fachbüchern sehr mißtrauisch gegenüber. ;)
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 12:18:50
      Beitrag Nr. 93 ()
      Aber wo wir gerade dabei sind: Waren die Wandalen mit den Goten näher verwandt? Die Szekler, die ja vermutlich gotsicher Herkunft sind, sind nämlich auch erstaunlich blonde und rothaarige "Ungarn".
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 12:36:26
      Beitrag Nr. 94 ()
      Die Wandalen sind Germanen. Wenn sie dich interessieren, lies Hermann Schreiber: Die Vandalen, Scherz-Verlag, preisgünstiger Nachdruck von Gondrom.
      Hier ein kurzer Abriß zu "Wandalen" aus dem Fischer-Lexikon:
      "... osgerman. Volk, wanderte ab dem 1. h. v. Chr. von Nordjütland und Seeland über untere Oder und Weichselnach Schlesien, das von dem W.-Stamm derSilingen seinen Namen erhielt und nach Westpolen. Teile des Volks (Hasdingen) zogen nach SO weiter und siedelten in der zweiten Hälfte des 2. Jh. am Ostabhang der Karpaten, von wo aus sie in das Theiß-Gebiet und schließlich weiter nach W vordrangen. 401 nahm sie Stilicho in Norikum als Föderaten des Röm. REiches in Dienst. Doch schon 406 überschritten die nor. und schles. W. zus. mit Teilen anderer german. Völker (Gepiden, Markomannen, Quaden) sowie den Alanan den Rhein, plünderten Gallien, überquerten 409 die Pyrenäen und ließen sich 411 in Spanien nieder. Bedrängt von den Westgoten, welche 418 die Silingen und Alanan aufgerieben hatten, setzten sie 428 unter Führung Geiserichs nach N-Afrika über (etwa 80 000 Menschen) und gründeten auf dem Gebiet der röm. Perov. Africa mit dem 439 eroberten Karthato als Hptst. ein Reich, dessen Selbständigkeit 442 ron Rom anerkannt wurde. 455 plünderten sie Rom. Geiserich folgten nach der Senioratserbfolge auf dem Thron: Hunerich 477-484, als Arianer ein scharfer Verfolger der Katholiken, Gunthamund 484-496, Thrasamund 496-523, Hilderich 523-530 und Gelimer 530-534, mit dessen Niederlagen gegen Belisar 533/534 und der Deportation der Überlebenden das Wandalenreich endete."

      Recht wanderlustige Herrschaften. Übrigens sind die Tuareg (Singular: Targi) im allgemeinen hochwüchsige (gibt es auch bei den Negern, aber:), relativ hellhäutige Menschen. Die südlicheren Tuareg-Stämme (südl. der alger. Südgrenze) sind wegen der Vermischung mit negroiden Elementen dunkler.
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 12:42:26
      Beitrag Nr. 95 ()
      Warum nun gingen die Wandalen nach AFrika?
      Gregor von Tours (im Buch von Schreiber zitiert):
      "Den Vandalen folgten die Sueben und nahmen Galicien ein. Und nicht lange nachher erhob sich ein Zwist zwischen beiden Völkern, weil sie so nahe beieinander wohnten. Als sie gerüstet zum Kampf auszogen und zur Schlacht bereit einander gegenüberstanden, sprach der Suebenkönig so: `Wie lange soll denn der Krieg noch unsere Völker heimsuchen? Laßt doch, ich bitte euch, nicht noch mehr Volk auf beiden Seiten umkommen. Hingegen mögen zwei von uns mit ihren gewohnten Waffen auf den Kampfplatz treten und unseren Streit untereinander ausfechten. Wessen Dienstmann dann siegt, der nehme sich das strittige Land ohne weiteren Kampf.` Diesen Worten stimmten alle zu, damit nicht das ganze Volk falle von der Spitze des Schwertes. Zu jener Zeit aber war König Gunderich schon gestorben, und an seiner Stelle hatte Thrasamund [Anm. des Autors: IRRTUM Gregors: Es muß heißen Geiserich:] das Reich erworben. Als nun die beiden Kämpfen wie vereinbart aufeinandertrafen, unterlag der Vandale. Da er gefallen war, gelobte der Vandalenkönig, sein Volk zum Marsch zu rüsten und Spanien zu verlassen."
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 12:46:07
      Beitrag Nr. 96 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      O.K.; daß die Wandalen Germanen waren, war mir schon klar. Aber daß sie zusammen mit Teilen der Gepiden (= originäre Szekler-Vorfahren) unterwegs waren, ist das für mich interessantere an Deinem Posting, denn das macht auch eine Verwandtschaft der Silbe "usch" an den so verschiedenen Orten auf zwei Kontinenten möglich, aber wie willst Du das noch nachweisen?
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 13:04:13
      Beitrag Nr. 97 ()
      Auryn, ich will`s nicht nachweisen. Es interessiert mich "nur einfach so". Ich weiß, daß es in Studentenkreisen üblich ist, sich nur für das zu interessieren, was man verwenden kann, aber a) bin ich kein Student mehr und hatte b) immer einen Widerwillen gegen Scheuklappen. Man kann in Dissertationen häufig erkennen, mit welchem "Blick fürs Wesentliche" einer an wichtigen Erkenntnissen vorbeigerannt ist.
      Schönen Gruß
      Wilma
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 13:12:02
      Beitrag Nr. 98 ()
      ... die übrigens das Ergebnis einer solchen Arbeit (für die meisten Studenten ist die Diss. lediglich die Beweisführung für eine mindestens gedanklich vorab aufgestellte These) manchmal auf den Kopf gestellt hätten. Und wer will schon von einer schönen These Abschied nehmen? Man stellt also tunlichst auch gar nix, was von Koryphäen (deren Zitat gilt ja als "Beweis") erarbeitet wurde, in Frage - selbst wenn man sehen kann bzw. könnte, denn dazu muß man hinschauen ((wollen)), daß es nicht stimmt. Freilich: wollte ein Student auf derlei Fehler aufmerksam machen, wäre er - da ja noch nicht anerkannte Größe -, nur noch damit beschäftigt, den Nachweis zu führen, und das Studium per se bliebe auf der Strecke. Soweit verständlich, leider aber bleibt die Erziehung zur Kritikfähigkeit auf der Strecke, und das Ganze setzt sich - siehe Diss. - endlos fort. Denn wer wollte darangehen, die Fehler, die auf Fehlern beruhen, auszumerzen? Das Ganze hat also in sich mitunter paranoiden Charakter.
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 13:13:13
      Beitrag Nr. 99 ()
      O.K., WilmaFeuerstein. ;)

      Und um mal von etwas anderem als nur von uns zu sprechen:
      Wie findest Du mein tolles Fotoalbum (:)), zu das der Link in Posting #90 führt?
      Wären andere Motive vielleicht interessanter oder ist das so halbwegs in Ordnung, was ich zu Rumänien und Bukowina anbiete?
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 13:29:40
      Beitrag Nr. 100 ()
      13.30 Uhr! Oh, schon so spät? Ich muß weg und verabschiede mich mal wieder für heute. ALLEN ALLES GUTE !
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 13:33:02
      Beitrag Nr. 101 ()
      Du mißinterpretierst mich: ich werde Kritik nicht auf Bereiche ausdehnen, die der Meinung unterliegen. Im übrigen ist das Board hier dem Ulk verpflichtet, nicht wissenschaftlicher Akribie. Und außerdem bin ich kein Kritikaster. Wenn ich deiner Bemerkung aber entnehmen soll, daß du evtl. an einer Doktorarbeit über dein Heimatland arbeitest, so laß dich nicht entmutigen. Einen Titel zu haben, bedeutet doch immerhin, zur Kenntnis genommen worden zu sein. :D :D
      Bis morgen.
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 17:48:55
      Beitrag Nr. 102 ()
      Auryn,
      damit du nicht denkst, ich ignorierte deine Foto-Links:
      ## 32, 46, 82, 83 klappen nicht (32: "Server nicht gefunden" ), # 91 läßt sich zwar aufrufen, aber nicht weiterklicken. Mehrfach versucht! :cry:
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 23:00:56
      Beitrag Nr. 103 ()
      @auryn: :D:D:D

      so dann mal hier die bilder, wenn es nicht bei allen mit den links funzt:


      Kirchenburg von Birthälm


      Burg Hunyad

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 00:11:27
      Beitrag Nr. 104 ()
      Im allgemeinen werden Kirchenburgen oder Wehrkirchen zu Beginn der Christianisierung in feindlichem Umfeld (bzw. "auf vorgeschobenem Posten" ) - meist im Osten - errichtet. Wehrkirchen erkennt man insbesondere an den hochliegenden, schmalen Fenstern, sie haben häufig keine weitere Befestigung. Die Kirchenburg, die in ihren Mauern neben der Kirche Kuriengebäude einschloß und vor deren Toren Märkte abgehalten wurden, stellte meist den Kern einer Stadtentwicklung dar.
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 16:41:25
      Beitrag Nr. 105 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Nein, nein, keine Panik! (Ich muß aufpassen, daß das nicht mein Lieblingssatz wird. ;) )
      Ich wollte mit Posting #99 keine Kritik bringen, sondern darauf aufmerksam machen, daß niemand mehr meine Fotos zur Kenntnis zu nehmen scheint.
      Aber mich würde wirklich interessieren, wieso es bei Dir mit dem Zugang nicht so richtig zu funktionieren scheint.
      Ich kann witzigerweise meine Fotos nicht so einstellen, wie es Iguana kann (DANKE übrigens ! ;) ), denn bei mir bleibt so ein kleines Fensterchen übrig, obwohl das Foto zunächst zu sehen ist, dann aber verschwindet.
      :confused:

      Naja, um noch zu zeigen, wie anders doch diese osteuropäische Welt in und um Rumänien herum - auch politisch - ist, braucht man nur diese aktuelle Meldung zu lesen:
      http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,2044,OID978532,…
      Ich wußte ja, daß es Rumänien nicht gut geht, aber daß es Rumänien derart schlecht geht, daß ein (post-)kommunistischer Präsident sich darum schlägt, seinen Außenminister als Vertreter des ersten Landes überhaupt diesen Vertrag mit den USA unterzeichnen zu lassen; das überrascht sogar mich!
      Aber vielleicht wollen Iliescu und Diaconescu ja auch nur mal wieder auf Rumänien aufmerksam machen.
      (Oder wie in einem rumänischen Witz: Iliescu & Diaconescu wollen durch ihr "Liebkindmachen" verhindern, daß die USA mal nachsehen, wie denn überhaupt früher so die bilateralen Beziehungen waren und dann womöglich versehentlich bemerken, daß Rumänien am 12. Dezember 1941 auf Wunsch Hitlers den USA den Krieg erklärt hatten, worauf die USA aber bis heute niemals reagiert haben.)
      Auf alle Fälle ist`s traurig mit Politik und Wirtschaft in Rumänien.
      Dabei gibt`s von Egon Erwin Kisch eine Reportage aus den 20er Jahren von der Rohstoffbörse in Chicago, in der er sich in seiner Eigenschaft als Sozialist darüber aufregt, daß für Börsenmakler gute Ernten "schlechte Nachrichten" sind und die damalige Nachricht einer guten Getreideernte in Schlesien und Siebenbürgen zu einem Kursrutsch an der Chicagoer Getreidebörse geführt hat.
      Kann sich das heute noch jemand vorstellen?

      Lang, lang ist`s her...
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 16:52:24
      Beitrag Nr. 106 ()
      Noch ein Nachtrag zur Kirchenburg von Birthälm in Posting #103:
      Diese Burg wurde nie erobert. Sie hat drei äußere Mauerringe und für die große Bronze-Tür noch eine für das Mittelalter einmalige Besonderheit. Zwei große Schlösser verriegelten bei gleichzeitigem Schließen simultan 13 (in Worten: dreizehn!) große Metall-Riegel. Die Schließer mußten natürlich ganz schön stark sein.

      Ich versuche bei Gelegenheit auch noch ein Bild von der Kirchenburg von Tartlau auszugraben, die auch eine ziemlich einzigartige Besonderheit hat: Im innersten Mauerring waren auf drei Stockwerken auch die Not-Wohnungen für sämtliche 275 Familien von Tartlau untergebracht, von denen jede ihren genau abgesteckten Mauerabschnitt zu verteidigen hatte. Tartlau ist am besten erhalten, während Birthälm innen schon ein bißchen verfällt.
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 17:37:10
      Beitrag Nr. 107 ()
      Ach ja, das hier vergesse ich doch ständig: Für interessierte Leser dieses Threads auf diese Zeitung hinzuweisen, deren Leser inzwischen mehrheitlich "im Ausland" sitzen, obwohl diese Zeitung an Ort und Stelle in Hermannstadt hergestellt wird und über lokale Neuigkeiten berichtet:
      http://www.hermannstaedter.ro/
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 22:45:49
      Beitrag Nr. 108 ()
      @auryn: vielleicht liegt es an dem uni PC, von dem du aus postet. vielleicht hat der irgendetwas dazwischengeschaltet, was die bildübertragung verhindert.

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 03.08.02 09:53:46
      Beitrag Nr. 109 ()
      #105
      Na klar, nur knappe Güter erzielen einen hohen Preis....

      Nochmal zu den Burgen:
      Es ist nicht immer eindeutig zu unterscheiden, was Burg (mit Burgkapelle, wenn christlich; evtl. Pfalz, d. h. Königsburg, mit aufwendiger Pfalzkapelle oder mehreren Kirchen) und was Kirchen/Domburg (mit ausschließlich Kuriengebäuden außer der Kirche) ist, da die Bestimmung der einzelnen Gebäude nicht immer belegt bzw. erkennbar ist. Der befestigte Charakter schwindet - jedenfalls im Westen - im Laufe des Mittelalters bis zur Entwicklung des oft recht prunkvollen Schlosses, bei dem fortifikatorische Elemente meistens nur mehr angedeutet sind, am ausgeprägtesten noch bei Wasserschlössern. Der bayerische Ludwig hat mit Neuschwanstein ein untypisches Schloß, eigentlich eher eine Burg, geschaffen; war ja auch kein historisch gewachsener Bau. Typische landschaftliche Gegebenheiten führen auch dazu, daß die Abgrenzungen nicht immer eindeutig sind bzw. finden ihren Niederschlag in Typisierungen wie der Motte (Flachland-Hügelburg). Erhöhte Lagen weisen daher nicht zwingend eine Burg nach; man muß auch untersuchen, ob Außenmauern Schutzmauern oder statische Stützmauern sind. Schutzmauern enden in der Regel an ihrer Oberkante nicht bündig mit der Bodenebene. Eindeutiger ist`s bei alleinliegenden "Raubritterburgen" ohne Podhadrie. Na, Burgenkunde ist ein weites Feld ...
      Mich würde übrigens noch interessieren, ob bekannt ist, ab wann Rumänien christianisiert wurde und aufgrund wessen die Datierung gewonnen wurde.
      Schönes Wochenende
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 05.08.02 11:57:17
      Beitrag Nr. 110 ()
      @ Wilma Feuerstein:
      Ich denke, die Christianisierung Rumäniens fand spätestens zeitgleich mit der Christianisierung der Ungarn statt oder aber sie begann vielleicht noch einige Zeit vorher von Byzanz / Konstantinopel aus. Kurz nach der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen 1452 gab es jedenfalls eine Menge byzantinischer Künstler in rumänischen Klöstern, was darauf schließen läßt, das die Beziehungen lange vorher schon gut gewesen sein müssen. Ich muß aber selbst mal nachsehen.


      Im übrigen möchte ich mich für ca. eine Woche von "w: o" zurückziehen, da ich eine meiner für das Schreiben notwendigen Extremitäten am Wochenende dank meiner wenig ausgeprägten handwerklichen Fähigkeiten so verunstaltet habe, daß einige Nähte durch einen Fachmann nötig waren, um ein abgesäbeltes Stück Fleisch (AAAAAAAARGH! :cry: Bei solchen Gelegenheiten lasse ich mich sogar dazu hinreißen, "MERDE!" auszurufen, um die vielfältigen Sprachkenntnisse meiner polyglotten Persönlichkeit hervorzuheben!) wieder an den ursprünglichen Ort zurückzuversetzen. (Ich bin jetzt einer der wenigen Männer, der beim Haarewaschen ein großes Kondom auf der Hand trägt. ;) Sehr modisch! )
      Sobald mir der Verband nicht mehr beim Schreiben im Wege steht, lasse ich wieder von mir hören.
      Bis dann,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 05.08.02 12:04:26
      Beitrag Nr. 111 ()
      Wenn`s denn nur am Finger ist ... Pust-Pust! Wilma :D
      Avatar
      schrieb am 06.08.02 04:58:30
      Beitrag Nr. 112 ()
      @auryn: gute besserung!! :)

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 16:43:49
      Beitrag Nr. 113 ()
      @ Iguana: Vielen Dank! Da die Schwellung abgeklungen ist, kann ich jetzt schon ein bißchen besser schreiben. Einer meiner Daumen sieht allerdings so ähnlich aus, wie die Stirn vom Vater aus der "Familie Munster".
      ;) Außerdem hatte ich noch etwas dringendes im PC-Pool zu tun.
      @ Wilma Feuerstein:
      Zur Christianisierung Rumäniens fand ich in einem rumänischen Schulbuch die Notiz, aufgrund nicht näher bezeichneter byzantinischer Quellen werde im Jahre 956 ein "Gheorge" in "Basarabia" (= Bessarabien, benannt nach dem Geschlecht der "Basarab" ) als "im Kampf und Glauben verbündeter Fürst" für Byzanz bezeichnet. Daraus darf man wohl schließen, das die über Bessarabien herrschenden rumänischen Fürsten sich zumindest gegenüber dem noch mächtigen Byzanz als orthodoxe Christen ausgaben, während zur selben Zeit noch nomadisierende, heidnische Ungarn versuchten, Städte in Deutschland, Frankreich und Italien zu plündern. Da es aus Rumänien selbst keine schriftlichen Quellen gibt, ist diese byzantinische Quelle wohl die früheste Erwähnung "christlicher Rumänen".
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 21:00:01
      Beitrag Nr. 114 ()
      Ich hatte sowas vermutet ... will gelegentlich mal nachsehen und teile dir das Ergebnis mit. Bis dahin: hüte deinen Daumen. :D
      Avatar
      schrieb am 08.08.02 09:59:50
      Beitrag Nr. 115 ()
      Konkreteres habe ich "mit Hausmitteln" nicht gefunden:

      Die Christianisierung Rumäniens.
      Entwicklung – Belege - Hinweise

      zur Geografie und Geschichte:

      Dakien: Land der Daker zwischen Donau bzw. Theiß, Karpaten und Djestr (etwa das heutige Rumänien), nach der Eroberung durch Trajan röm. Provinz, die im wesentlichen Siebenbürgen, Banat und Oltenien umfasste. Domitian führte 85/88 AD einen ersten Feldzug gegen die Daker unter deren König Decebalus, aber erst Trajan gelang es, Dakien 101/06 zu unterwerfen und zur röm. Provinz zu machen. 118/19 wurde Dakien in Dacia superior und inferior, 158/59 in drei Provinzen geteilt, aber schon vor Beginn des Markomannenkrieges (166) unter dem Namen „Provinz der drei D.“ wiedervereinigt. Seit Marcus Aurelius fielen wiederholt fremde Völker ein (Jazygen, Bastarner, Roxolanen u. a.). Unter dem Druck der eindringenden Goten (seit 215) und Karpen (seit 248) wurde D. von Aurelianus (270/75) aufgegeben und ein Teil der Einwohner in Gebiete südlich der Donau umgesiedelt. – ...
      (Irmscher, Bibliog. Inst. Leipzig, Sonderausgabe Gondrom 1986)

      Nach der Aufgabe der Provinz z. Z. Aurelians wurden die Einwohner nach D. Ripensis und nach D. Mediterranea umgesiedelt. Die am linken Donauufer gelegenen dacischen Militärlager Dierna, Drobeta, Romula, Sicidava blieben bis zum Angriff der Hunnen auch weiterhin in röm. Besitz. Constantinus ließ einen bedeutenden Teil der Militärlager neu errichten. Unter Iustinian wurde die Verteidigungslinie noch einmal wiederhergestellt und befestigt.
      (Ziegler/Sontheimer, Der Kleine Pauly dtv 1979)

      Als die Vandalen im Jahre 336 Westdacien verließen, um sich in Pannonien niederzulassen, nahmen die Gepiden ihr Land in Besitz, das nach Süden bis zur Marosch und im Westen bis zur Donau reichte. ... Nachdem die Westgoten 376 nach Westen über die Donau abgezogen waren, nahmen sie den Rest Daciens in Besitz. ... Zusammen mit den Hunnen bekämpfte der Enkel Ermanarchs, Thorismund, die Gepiden. Nach der Niederlage genossen sie wie die Ostgoten weitgehende politische Autonomie im Hunnenreich. Ihr König Ardarik war angesehener Teilnehmer im Rate Attilas. ... Nach Attilas Tod 453 ergriff König Ardarik die Führung im Befreiungskampf gegen die hunnische Oberherrschaft und siegte 454 in der Schlacht an der Nedao in Pannonien. In diesem Freiheitskampf kämpften auf seiten der Gepiden die Rugier, Heruler, Teile der Skiren, Sweben (Quaden, Markomannen), Sarmaten und Alanen ... Die Schlacht an der Nedao gilt als eine der großen europäischen Entscheidungsschlachten gegen asiatische Einfälle. Das gepidische Dacien wurde seitdem Gepidia genannt. Ihr Reich umfasste dann zunächst Siebenbürgen, Oltenien, Banat, als Westgenze die Theiß und nördlich die Zips.
      (Schröcke, Germanen – Slawen, Panorama 1999)

      Zur Christianisierung Rumäniens und der Nachbarn:

      Das Werk der Brüder (Kyrill und Methodius) verschwand nicht, denn ihre Nachfolger brachten ihre Botschaft und slawisch geschriebene Bücher nach Süden zu den Bulgaren ... 927 erhielt der oberste Bischof der bulgarischen Kirche den Rang eines Patriarchen. Von Bulgarien aus wurde das altkirchenslawische und das byzantinische Christentum nach Serbien gebracht. ... Das serbische Erzbistum wurde 1346 ... zum Patriarchat. ... die Entscheidung Wladimirs, des Prinzen von Kiew, das orthodoxe Christentum zur Staatsreligion zumachen.
      (Grohn (Übers.), Die Geschichte des Christentums, Brockhaus 1992)

      Die Paulicianer kamen im 10. Jahrh. nach Bulgarien, wo sie die Entfaltung der Bogomilen unterstützten, die im 11. und 12. Jh. auf dem Balkan vorherrschend waren. Papst Innozenz III rief 1208 zu einem Kreuzzug gegen sie auf. (Grohn S. 99)
      Der Bulgarenkhan Boris, der mit seinem Volk zum Christentum übertrat, setzte 870 beim Kaiser und beim Patriarchen von Konstantinopel durch, dass den Bulgaren kirchliche
      Unabhängigkeit ... zugebilligt wurde. ... von Bulgarien aus wurde das altkirchenslawische und das byzantinische Christentum nach Serbien gebracht ... Das serbische Erzbistum wurde 1346 zur Blütezeit des serbischen Königreiches unter König Stefan Dushan zum Patriarchat. Bulgariens Einfluß brachte auch die rumänische Kirche auf die Seite der Orthodoxie. (Grohn S. 316)

      Die Gepiden wurden etwa gleichzeitig mit den Goten Arianer. Sie übten jedoch schon vorher die vereinzelte Körperbestattung und gingen nach 450 zur Reihengräberbestattung über. Sie hielten am Ritus der Grabbeigaben fest bis in die Zeit ihrer Unterwerfung durch die Awaren, als sie sicherlich die oberflächliche Christianisierung wieder abgestreift hatten. (S. 77)
      Die germanische Kontinuität im westlichen Dacien beleuchtet ... der Bericht des Passauer Bischofs Pilgrim von 974 nach Rom, dass es noch sieben Bistümer in Mähren und vier Bistümer gab, die zum vormaligen Erzbistum Lorch gehörten. (S. 81)
      Die fränkischen Reichsannalen für 822-825 berichten aus Dacien in dem Donaugebiet von Praedenecentern in der Nachbarschaft der Bulgaren, die 822 den Reichstag besuchten, d. h. ihre Stammesabgesandten erschienen dort. Das Wort wird als „Breitenbewohner“ gedeutet. Das sind wahrscheinlich die dort ansässigen Gepiden gewesen. Auch Paulus Diakonus berichtet von Gepiden im alten Siedlungsgebiet. (S. 81)
      Die Nestorchronik (Trautmann 1931) aus Kiew berichtet von der Geschichte des Warägerreiches. König Wladimir ließ sich 989 taufen ... „Und er begann in den Städten Kirchen zu bauen und Priester einzusetzen und das Volk ... zur Taufe zu führen ...“ (S. 58)
      Bei der Landzuteilung an den Deutschen Orden im Burzenland bei Kronstadt um 1210 wurden die Szekler von dort in die Ostkarpaten umgesiedelt. (S. 81)
      Die Übernahme von germanischen Ortsnamen durch die Siebenbürger ... kann nur durch damals noch anwesende Germanen vermittelt worden sein, da die Namen rumänische und ungarisch ... lauten. Auch der Name des ehemaligen Bischofssitzes der Siebenbürgischen evangelischen (!) Kirche Birthälm, 1283 Birtholm, muß direkt von Germanen übernommen worden sein. Daneben gibt es weitere aus dem Germanischen in das Ungarische und Rumänische übernommene Ortsnamen ... (S. 224)
      (Schröcke)

      Im Chasarenreich lebten neben der westtürkischen Herrscherschicht die früher dort eingewanderten Ogurenvölker, deren Sprache vermutlich zur Gruppe der Türksprachen gehört, die in der wissenschaftlichen Literatur heutzutage „Bulgarisch-Türkisch“, nach anderer Auffassung „Chasarisch“ genannt wird. In religiöser Hinsicht waren die Chasaren recht tolerant: Die jüdische Religion, das Christentum und der Islam waren bei ihnen nebeneinander vertreten. (S. 11)
      Wie Serbien war auch Byzanz nur noch ein Vasall des Osmanensultans. Mit dem Paläologen Manuel II (1391-1425) bestieg indes ein Kaiser den byzantinischen Thron, der nicht länger bereit war, diesen Zustand hinzunehmen. ... Zunächst nahm der byzantinische Herrscher Saloniki und Teile Mazedoniens wieder in Besitz. Die Walachei und Bosnien verbündeten sich ihrerseits mit dem mächtigen König von Ungarn und brachten Gebiete südlich der Donau – so etwa auch die gesamte Dobrudscha – unter ihre Kontrolle. (S. 42)
      (Josef Matuz, Das Osmanische Reich. Wissensch. Buchges. 1994)
      Avatar
      schrieb am 09.08.02 14:34:26
      Beitrag Nr. 116 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Das ist wirklich interessant, obwohl ich wetten könnte, daß speziell "Schröcke" so schnell nicht auf Rumänisch veröffentlicht wird, weil die "Gepiden-Besiedlung" in der rumänischen Geschichtsschreibung meines Wissens gar nicht vorkommt, denn sie könnte den historischen Anspruch Rumäniens auf Siebenbürgen ein klein wenig in Frage stellen.
      Speziell die "Szekler", die von den Gepiden abstammen sollen, sind ja gerade deshalb "ungarische Nationalisten", weil sie sagen: "Wir waren schon vor den Rumänen hier und wir werden auch keine Rumänen, denn der Staat Rumänien ist zu uns gekommen und nicht umgekehrt!"
      Nun ja, inzwischen haben die auch ihre eigenen Ortsnamen-Schilder, eigene Bürgermeister etc.
      Aber natürlich ist so etwas ein ständiger Reibungspunkt für nationalistische Politiker auf allen Seiten.

      Man stelle sich nur mal die deutsche "Befindlichkeit" in folgendem Vergleichsfall vor:
      Bei 15 Prozent Arbeitslosigkeit und einem Durchschnittseinkommen von 250 Euro gäbe es im Zentrum Deutschlands mit insgesamt 20 Millionen Einwohnern eine geschlossene Besiedlung durch ein polnische Minderheit, die zwei Millionen stark ist und sagen würde: "Wir waren schon vor Euch da und deshalb haben wir das Recht auf polnische Schulen, Universitäten, TV- und Radiosender und deshalb fordern wir das auch von Euch."
      Da wäre doch in Deutschland noch viel mehr "Ächzen im Gebälk" als in Rumänien, und das zeigt doch nur, wie relativ friedlich alle Einwohner Rumäniens im Grunde sind, oder?
      Oder was meint ihr?

      Ich kenne eine Geschichte aus den 70er Jahren von einer ungarischen Weltklasse-Ballspielerin aus einer rumänischen Olympia-Mannschaft, die nur spielen wollte, wenn alle Anweisungen des rumänischen Trainers für sie durch ihre persönliche ungarische Dolmetscherin für sie allein übersetzt wurden.
      Sie hat ihre ungarische Dolmetscherin und ihren eigenen ungarischen Betreuer bekommen! Irre, nicht?
      Übrigens soll die Weltklasse-Turnerin Nadia Comaneci auch v.a. deshalb Rumänien verlassen haben, weil sich Ungarn und Rumänen buchstäblich darum schlugen, ob sie eher Ungarin oder eher Rumänin war. Tja, jetzt ist sie Amerikanerin.
      Sie soll aber noch ziemlich viel Familienbesitz in Rumänien haben.

      Noch eine Klatsch-Geschichte, wo ich gerade dabei bin: ;)
      Ion Tiriac, der Name sagt Euch doch noch etwas, oder? Ex-Manager vom kleinen "Bobbele". (Man spricht Tiriac übrigens "Ziriak", weil wieder ein "Cedille" im "T" ist.)
      Der Mann stammt auch aus Brasov und man lästert dort, die Stadt müßte eigentlich bald "Tiriac-City" heißen. Dem Mann gehört inzwischen fast alles. Er besitzt eine Restaurant-Kette, eine Supermarkt-Kette, einige "Tiriac-Discos", einige "Tiriac-Spiel-Casinos", die "Tiriac-Banken-Kette", das "Tiriac-Versicherungskonsortium" und angeblich demnächst noch weitere Spielereien.
      Komischerweise hat er seine Prachtvilla und sonstigen Grundbesitz (zumindest bis vor einem Jahr) aber nur gemietet, was für einen Rumänen höchst ungewöhnlich ist. Hm? Nun ja, vielleicht besteht immer die Gefahr, daß der rumänische Boden irgendwann mal zu "heiß" wird.
      Avatar
      schrieb am 09.08.02 18:43:21
      Beitrag Nr. 117 ()
      Hallo Auryn,
      was Gepiden, Szekler o. ä. von Rumänien denken, ist für das Thema Christianisierung ohne Belang. Wichtig ist: welche Volksgruppe war bereits christianisiert und hat sich mitsamt ihrer Religion wohin begeben? Oder gab es frühe andere Einflüsse, die die Christianisierung verhinderten? Oder gab es im Gegenteil nach der Christwertung Konstantins Ausläufer des Christentums auch ins nichtrömische, aber immerhin in relativer Nähe zu Illyrien und besonders Dalmatien liegende Dakien? Gibt es eventuell Vorläuferbauten sakraler Gebäude, die nur in Form von Fundamenten mehr oder weniger schlecht unter der Überbauung erkennbar sind? In Rumänien sollen, so las ich, in den vergangenen Jahrzehnten intensive archäologische Forschungen stattgefunden haben.
      Schönes Wochenende
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 10.08.02 00:06:59
      Beitrag Nr. 118 ()
      @auryn: ja immer wenn ich tiriac sehe, fallen mir spontan assoziationen wie "mafia" oder "der pate" ein...:D:D:D

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 12.08.02 20:18:55
      Beitrag Nr. 119 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Tja, die Ausgrabungen in Rumänien sind auch so eine ganz besondere Sache, da sie unter Ceausescu eindeutig politschen Zwecken dienten und es gibt da eine ziemlich unglaubliche Geschichte zu einer Ausgrabung in Cluj / Klausenburg, die man witzig finden könnte, wenn`s nicht so traurig wäre.
      Es fängt schon mal damit an, daß fast jede größere rumänische Stadt im Prinzip auf den Ruinen eines römischen Kastells errichtet worden ist. Aber zwischen dem Rückzug des römischen Imperiums und dem Auftauchen der Ungarn und der Deutschen liegt über der Geschichte Rumäniens sozusagen der "undurchdringliche Nebel", weil es keine schriftlichen Aufzeichnungen gibt.
      Die rumänischen Archäologen werden von ungarischen Archäologen standardmäßig beschuldigt, ihre Ausgrabungsergebnisse dem "nationalen Interesse" unterzuordnen und die möglichen Siedlungsreste der ersten Ungarn auf rumänischem Gebiet totzuschweigen. Ich persönlich denke, daß die Rumänen genau wie später Ungarn oder Deutsche "Siedlungs-Inseln" in ihren riesigen Wäldern gebildet hatten, in denen man den Eindruck haben konnte, "zu Hause" zu sein, weil alle dieselbe Sprache hatten und man sprang bei Reisen von einer Siedlungs-Insel zur nächsten Insel mit derselben Sprache, ohne die anderen zu beachten.
      Das hätte aus meiner Sicht zur Folge, daß Rumänien im Lauf der letzten 2000 Jahre so etwas war wie "Polynesien im Wald". An dem einen Ort können durchaus "Romanen" / "Rumänen" seit 2000 Jahren ununterbrochen gelebt haben, während nur 50 km weiter die Siedlung nach dem Rückzug des Römischen Imperiums aufgegeben worden war und die nächsten Siedler dann 1000 Jahre später eben Ungarn oder Deutsche waren, die von der romanischen Siedlung keine Notiz nahmen, da sie keine Gefahr für sie war und beide sich nicht für einander interessierten.
      Jedenfalls wurde unter Ceausescu systematisch versucht, eine durchgehende römisch-rumänische Besiedelung für fast das ganze moderne Rumänien seit der Römerzeit zu beweisen, was nach Meinung westlicher Experten "nicht haltbar" ist.
      Die Ungarn in Cluj ärgerte besonders, daß Ceausescu dem Wort Cluj auch noch "Napoca" anhängen ließ, das der Name des letzten römischen Kastells an diesem Ort war, so als ob die Kölner an Köln noch "Colonia Agrippina" anhängen würden, um zu beweisen, daß alle Kölner schon unverändert seit der Zeit des Augustus schon da wohnen würden.
      Wenn ich noch etwas über die "denkwürdig-tragikomische Ausgrabungs-Story" von Cluj finde, werde ich es hier reinstellen.

      @ Iguana:
      Tja, so ungefähr sind auch meine "Gedanken-Assoziationen", wenn ich ihn sehe. :D Glaubst Du, der Tiriac würde mir vielleicht eine Dissertation über "Gewerkschaften in Rumänien" finanzieren wollen? ;)
      Avatar
      schrieb am 12.08.02 22:39:39
      Beitrag Nr. 120 ()
      Es mündet, wie so oft, eben in die Feststellung, daß man nix Genaues nicht weiß. :D
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 00:18:17
      Beitrag Nr. 121 ()
      @auryn: klar würde er das tun - er soll ja auch eine sehr wohltätige ader haben. er wird im gegenzug sicher zur kapitalsicherung lediglich darauf bestehen, daß du eine risikolebensversicherung abschließen musst.:D:D:D
      falls du später wieder erwarten mit dem doktortitel keine kohle verdienst und nicht zurückzahlen kannst, besteht immer noch die möglichkeit eines "zufälligen" tödlichen unfalls.;)

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 11:42:33
      Beitrag Nr. 122 ()
      Unter meinem Foto-Album habe ich noch Fotos aus einer Broschüre über die Kirchenburg von Tartlau eingefügt.
      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/lst?.dir=/Bukowina+-+…
      Ich war leider noch nicht dort, aber nach diesen Fotos werde ich`s mir bestimmt mal ansehen, wenn ich kann.
      Die innere Ringmauer um die Kirche muß ja eigentlich gigantisch sein, wenn man sich die dreistöckigen Wohn- und Speichereinheiten für 275 Familien auf dem Foto "Tartlau-3" ansieht.
      Wenn ich kann, füge ich gleich noch den schon früher angekündigten Text zu einer ziemlich verheerend verlaufenen "Grabungs-Kampagne" in Cluj-Kolozsvár-Klausenburg ein.
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 11:48:15
      Beitrag Nr. 123 ()
      Bild in dem von dir angegebenen Link:
      :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 11:55:48
      Beitrag Nr. 124 ()
      Danke, WilmaFeuerstein!
      Endlich hat mal jemand den Mut gefunden, auf dieses fabelhafte Bild aufmerksam zu machen, das die überragenden Fähigkeiten gelangweilter Deutscher Schäferhunde in Rumänien hinweist! ;)
      Ich habe mich schon lange gefragt, wann mal jemand eine Frage zu diesem Bild stellt. :D

      Du hast inzwischen offensichtlich die Probleme beim Aufrufen dieser Internet-Verbindung überwinden können, nicht?
      Kannst Du auch noch gleich die Bilder von Tartlau hier reinstellen?
      Vielen Dank im voraus!

      Aber jetzt mal der versprochene Auszug aus meiner Magisterarbeit zu ...

      Eine Geschichte einer gescheiterte archäologische Grabungskampagne in Klausenburg

      So drohte in Klausenburg (Cluj), einer nach 1945 stark rumänisierten Stadt und Hochburg der PUNR, die sonst landesweit nur eine Splitterpartei darstellt, Anfang Juli 1994 ein zweites gewalttätiges Aufeinandertreffen von Ungarn und Rumänen wie in Tîrgu Mure* 1990, weil eine archäologische Ausgrabung angeblich Kulturdenkmäler der Ungarn bedrohte. Der fanatisch-nationalistische Vorsitzende der PUNR, Gheorghe Funar, versuchte bereits seit seiner Wahl zum Bürgermeister von Klausenburg 1992 zur Glorifizierung der rumänischen Geschichte "... auf jedem freien Fleck Standbilder und Denkmäler errichten" zu lassen, die in Größe und Höhe die ungarischen Denkmäler übertreffen mußten. Ob dann bei den geplanten Ausgrabungen 1994 die ungarische St.-Michaels-Kirche und die von der UNESCO als geschütztes Monument eingestufte Mathias-Corvinus-Statue tatsächlich oder nur angeblich bedroht waren, ist angesichts der begrenzten Glaubwürdigkeit der Hauptkontrahenten Gheorghe Funar einerseits und Csaba Takács, dem Exekutivvorsitzenden der UDMR sowie László Tökés andererseits, nur schwer zu entscheiden. Der die Ausgrabungen leitende Archäologe Sorin Cocis entstammt einer halb ungarischen, halb rumänischen Familie und hätte die Ausgrabungen gerne gemeinsam mit ungarischen Kollegen gemacht, doch an solchen Kompromissen war niemand interessiert. Für Csaba Takács waren schon die Ausgrabungspläne "kultureller Genozid", scheinbar eine sehr beliebte Formulierung in Rumänien. Für den rumänischen Landrat der lokalen Präfektur Liviu Medrea (PUNR) waren "... die meisten Ungarn Lügner." Das einzig Positive an der Entwicklung im Klausenburg des Sommers 1994 war, daß angeblich niemand ein neues Bosnien heraufbeschwören wollte. Es wollte nur auch leider niemand nachgeben, und so kam es am Morgen des 7. Juli 1994 zu einer absonderlichen Konfrontation, in der mehrere Tausend Ungarn, gerufen durch die Sturmglocken ihrer Kirchen, zur Verteidigung ihrer Kulturdenkmäler zusammenströmten, als das lokale Archäologenteam seine Ausgrabungen beginnen wollte. Auf Seiten der Ungarn befanden sich aber auch prominente rumänische Gegner der Ausgrabungspläne wie beispielsweise die schon seit 1982 als Ceau*escu-Gegnerin bekannte frühere Professorin Doina Cornea. Jedenfalls ließ dann die rumänische Regierung am Abend die Ausgrabungen gerade noch stoppen, bevor es zu größeren Gewalttätigkeiten kam, aber interessanterweise erst nachdem am selben Tag eine entscheidende Abstimmung über einen Antrag zur Amtsenthebung Präsident Iliescus im Parlament stattgefunden hatte. Als die Abstimmung zugunsten Iliescus beendet war und die Stimmen der Abgeordneten der PUNR-Partei von Gheorghe Funar nicht mehr gebraucht wurden, wurden die Ausgrabungen auf Druck der Regierung unterbrochen und beide Seiten zur "Ruhe, Mäßigung und Weisheit" ermahnt.

      Fußnoten:
      Vgl. Fernsehsendung "Schauplatz der Geschichte: Siebenbürgen", Südwest 3, 6. August 1995, 16.55 Uhr, Gemäß einem Kommentar dieser Sendung wohnen in Klausenburg heute fünfmal mehr Rumänen als im Jahre 1945.
      Vgl. Shafir, Michael: "Ethnic Tension Runs High in Romania", in: RFE/RL Research Report, Vol. 3, No. 32, 19 August 1994, S. 24-32; hier S. 30. Vgl. hierzu auch Luyken, Reiner: "Der Denkmalkrieg", in Die Zeit, Nr 34, 19. August 1994, S. 32.
      Luyken, Reiner: "Der Denkmalkrieg", in: Die Zeit, Nr 34, 19. August 1994, S. 32.
      Vgl. zum Amtsenthebungsverfahren: Gabanyi, Anneli Ute: "Systemwandel in Rumänien: Verfassung und neue Institutionen", in: Südosteuropa, 44. Jg., H.9-10/ 1995, S. 547, Fußnote 35.
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 11:58:11
      Beitrag Nr. 125 ()
      Hngngn!
      ...Endlich hat mal jemand den Mut gefunden, auf dieses fabelhafte Bild aufmerksam zu machen, das AUF die überragenden Fähigkeiten gelangweilter Deutscher Schäferhunde in Rumänien hinweist! ...
      ;)
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:01:44
      Beitrag Nr. 126 ()
      Hngngn! x 2!
      Was ist denn heute nur mit mir los? :cry:
      Korrektur der fetten Überschrift in Posting # 124:
      Eine Geschichte einer gescheiterten archäologischen Grabungskampagne in Klausenburg
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:10:51
      Beitrag Nr. 127 ()



      [/url]




















      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:12:25
      Beitrag Nr. 128 ()
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:21:09
      Beitrag Nr. 129 ()
      Kirchen bzw. "Kirchhöfe" sind ja oft mit etwa mannshohen Mauern umgeben (Deutschland, Tschechien), ohne daß dies Wehrcharakter hätte. Innerhalb dieser Mauern befinden sich häufig Gräber, in der Regel jene des Klerus.
      Das trutzige Tartlau ist ja wohl ein Extrem der befestigten Anlage, sie macht den Eindruck, daß hier über den - eher passiven - Wehrcharakter hinausgegangen wurde und die Anlage auch zur - aktiven - Verteidigung dienen könnte (Wehrgang?). Sehr interessantes Bauwerk. Gibt es (evtl. weniger stark befestigte) Vorgängerbauten?
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:27:48
      Beitrag Nr. 130 ()
      Ich hab mich schon mal selbst auf die Suche gemacht:

      <Tartlau
      Tartlau (rumänisch Prejmer, ungarisch Prázsmár) ist die östlichste deutsche Siedlung in Siebenbürgen, 18 Kilometer nordöstlich von Kronstadt entfernt, 519 Meter ü.M. Der Hattert umfaßt 8.177 Hektar, dazu 3.037 Hektar Wald in der Bosau.

      Die Gründung erfolgte in den Jahren 1212/1213 (Urkundenbuch I.).
      Gleich nach der Besiedlung (vor 1225) beginnt der Ritterorden mit dem Bau der Kreuzkirche, nach dem Vorbild der Kreuzkirche in Jerusalem. Nach Vertreibung des Ordens wird die Kirche von den deutschen Siedlern im Stile der spätstaufischen Gotik des Rheinlandes vollendet.

      Die Kirche zeigt im Grundriß die Form des gleicharmigen Kreuzes. Erst in den Jahren 1512-1515 wird das Längsschiff verlängert, so daß die heutige Form des Grundrisses - die eines ungleicharmigen Kreuzes - entsteht. Im Laufe der Jahrhunderte werden Kirche und Kirchenburg oft renoviert. Der Flügelaltar stammt aus dem Jahr 1450.

      Die Wehranlage stammt ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert, wurde dann in der Türkenzeit verstärkt und mit Flankierungstürmen versehen. Die heutige Form erhielt die Wehrmauer im 16./17. Jahrhundert. Der innere Bering hat eine Höhe von 12 bis 14 m, an der Basis ist die Mauer 5 m breit. Im Inneren wurden Früchtekammern in vier Etagen angelegt, der Wehrgang ist ganz überdacht.

      Der Marktort Tartlau befindet sich an exponierter Stelle, dem Bosaupaß vorgelagert, einem den östlichen Eindringlichen wohlbekannten Einfallstor nach Siebenbürgen.

      Fünfzigmal wurde Tartlau von Mongolen, Tataren, Türken, Kosaken, Moldauern u.a. zerstört und durch den Fleiß seiner Bewohner immer wieder aufgebaut.

      Die Seelenzahl der Sachsen erreicht im Jahr 1920 den Höchststand von 2 200. >
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:37:14
      Beitrag Nr. 131 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      In meiner Broschüre gibt`s zusätzlich noch die Anmerkung, daß die Idee zur Anlage der Kirche in Form eines griechischen Kreuzes durch die Angehörigen des Deutschen Ritterordens aus dem Orient mitgebracht worden sein könnte, wo dieser Bautyp seit dem 7. Jahrhundert in der byzantinischen Baukunst üblich war.
      Der Bau wurde nachweislich 1225 durch den von Ungarn erzwungenen Abzug des Ritterordens aus dem Burzenland unterbrochen.

      Danke für die Einfügung der Fotos! Soviel Arbeit für alle Fotos wäre doch gar nicht notwendig gewesen. ;)
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:41:55
      Beitrag Nr. 132 ()
      Weißt du zufällig die Daten der orthodoxen Kirche?
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:50:03
      Beitrag Nr. 133 ()
      In der Broschüre steht eigentlich nichts von einer "orthodoxen Kirche"; die Kirche hat nur "im Grundriß die Form" einer griechischen Kirche nach byzantinischem Vorbild.
      Der Baubeginn dieser "Heiligkreuzkirche von Tartlau" soll demnach 1218 durch den deutschen Ritterorden erfolgt sein.
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 14:46:45
      Beitrag Nr. 134 ()
      Ich meine die in Brasov (die mit den Streifen).
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 15:34:19
      Beitrag Nr. 135 ()
      Oh, diese Kirche. Hm, da muß ich auch nochmal nachsehen, aber ich denke, das war auch eine deutsche Stadtgründung.
      Vielleicht morgen wieder. ;)
      Avatar
      schrieb am 17.08.02 14:07:39
      Beitrag Nr. 136 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Leider konnte ich keine genaueren Unterlagen über die orthodoxe Kirche finden. Ich habe sogar eine Studentin aus Brasov getroffen, die mir aber nur sagen konnte, daß diese Kirche mit Sicherheit viel jünger ist als die berühmte "Schwarze Kirche" von Brasov, über die ich folgende Beschreibung fand:
      Die "Schwarze Kirche" ist die Pfarrkirche der Kronstädter Honterus-Gemeinde der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Sie heißt "Schwarze Kirche", weil sie beim großen Stadtbrand von 1689 abbrannte und lange Zeit als brandgeschwärzte Ruine dastand. Der ursprünglich nur volkstümliche Name setzte sich im 20. Jahrhundert auch als offizielle Bezeichnung des Bauwerkes durch.

      Es gibt zwar mehrere "weiße Kirchen" - Bela Crkva (Weißkirchen) im jugoslawischen Banat, Weißkirch bei Schäßburg und Deutsch-Weißkirch bei Reps - aber uns ist nur die einzige "Schwarze Kirche" in Kronstadt bekannt.

      Ihre "Superlative", die ihre Bedeutung wohl am ehesten unterstreichen, sind kurz folgende:

      1. Die Schwarze Kirche ist das größte Kultgebäude Rumäniens (rund 90 in lang, 25 - 37 in breit, Mauerhöhe 21 in, Dachfirst 42 in, Turmhöhe beim Kreuz 65 in). Sie ist die größte spätgotische Hallenkirche östlich von Wien und einer der größten Kultbauten zwischen dem Stephansdom und der Hagia Sophia in Konstantinopel.

      2. Die Schwarze Kirche besitzt die größte mechanische Orgel Rumäniens (rund 4000 Pfeifen, vier Manuale und Pedal, 76 Register) mit einem besonders schönen Klang und einer guten Akustik.

      3. Die Schwarze Kirche besitzt die größte Sammlung alter orientalischer Teppiche aus Kleinasien in Rumänien und in Europa außerhalb der Türkei.
      Die Teppiche wurden der Kirche zumeist von Geschäftsreisenden gestiftet, die damit Gott für die glückliche Rückkehr von gefahrvollen Reisen danken wollten.
      (Bilder von einigen ständig in der Kirche hängenden Teppichen habe ich noch im Fotoalbum beigefügt.)

      4. Die Schwarze Kirche besitzt die größte schwingende Glocke Rumäniens (rund 6000 kg). (Die Glocke der orthodoxen Patriarchie in Bukarest ist größer, aber sie hängt starr und nur der Klöppel wird bewegt).
      Schon allein diese kurzen Aussagen verdeutlichen es, daß die Schwarze Kirche eine Sehenswürdigkeit von internationaler Bedeutung ist, die alljährlich -viele Tausende von Besuchern aus dem In- und Ausland anzieht. Da ist es gut und richtig, wenn zuerst die Kronstädter selbst etwas Genaueres über dies bedeutendste Baudenkmal ihrer Stadt unter der Zinne wissen, denn es herrscht viel Unkenntnis und viele Unstimmigkeiten über die Schwarze Kirche werden verbreitet und geglaubt.

      Blenden wir zuerst in die Geschichte dieses Bauwerkes zurück. Bei den archäologischen Ausgrabungen von 1937 wurden Spuren einer früheren und kleineren Kirche freigelegt, die etwas kleiner als die Bartholomäer Kirche (in der nördlichen Vorstadt von Kronstadt -Bartholomä) aus dem 11. Jahrhundert war.

      Diese Vorgängerin der Schwarzen Kirche dürfte spätestens aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen.

      Um die Mitte des 14. Jahrhunderts erlebte Kronstadt eine Zeit großer wirtschaftlicher Blüte. Der Handel Kronstadts mit den rumänischen Fürstentümern Walachei und Moldau entwickelte sich besonders, da in Kronstadt wichtige Handelsstraßen aus diesen Ländern nach Siebenbürgen und ins westliche Europa führten. In den erhaltenen Urkunden sind Handelsbeziehungen Kronstadts nach Bulgarien, an die Adriaküste, nach Ungarn und bis nach Wien, nach Böhmen, der Slowakei, Polen und Rußland aus dieser Zeit bezeugt. Das sächsische Bürgertum war die tragende Gesellschaftsschicht der Stadt Kronstadt injener Zeit und ihm ist die Errichtung der großen gotischen Pfarrkirche in erster Reihe zu verdanken,

      Da Kronstadt an der äußersten südöstlichen Grenze des Abendlandes und damit des Einflußgebietes der katholischen Kirche gelegen war, versuchten deren Vertreter durch die Errichtung eines großen katholischen Gotteshauses die zahlreichen Fremden, die herkamen, zusätzlich zu beeindrucken und für die katholische Religion zu gewinnen.
      Der Mann. der diese Vision ganz besonders hatte, war der Plebanus (Stadtpfarrer) Thomas Sander, der von 1377 - 1419 in Kronstadt wirkte und der "vornehmlichste Anfänger des Baues sowohl des Chores als auch der Kirche" war. In der Amtszeit von Thomas Sander begann im Jahre 1383 der Bau der der Heiligen Jungfrau Maria geweihten Kirche. Dafür wurde 13 85 der erste Ablaßbrief des Graner Erzbischofs ausgestellt. Im Jahre 1399 stellte dann Papst Bonifazius IX. den ersten päpstlichen Ablaßbrief für den Bau der Kirche aus. (Weitere stammen aus den Jahren 1422,1450, 1475, 1516).

      Beim Türkeneinfall von 1421 wurde die noch nicht fertige Kirche wenigstens teilweise zerstört. Die Bautätigkeit wurde danach nach einem reduzierten Plan wieder aufgenommen, da inzwischen durch die Türkengefahr sowie durch die Türkeneinfälle mehr Geldmittel zur Verteidigung der Stadt verwendet werden mußten. So erklärt sich das im Verhältnis zum großen Kirchenchor (Länge 31 in) viel kleinere Langhaus (42 m).

      Zu den Stiftern für die Kronstädter Kirche gehört auch der siebenbürgische Wojwode Johannes Hunyadi, der 1444 zehn Mark Silber aus dem königlichen Martinszins für den Bau der Pfarrkirche der Heiligen Jungfrau Maria in Kronstadt bestimmte.

      Noch heute ist das Wappen Hunyadis am Pfeiler gegenüber der Kanzel zu sehen.

      Der Sohn von Johannes Hunyadi, der große ungarische König Matthias Corvinus (1458-1490), ist der Stifter der Wandmalerei über dem Südportal, wo sein Wappen sowie das seiner Frau Beatrix von Aragonien - die er 1476 geheiratet hatte - zu sehen sind. Der eine hölzerne Torflügel zur Südvorhalle zeigt die Inschrift "Anno 1477-" wohl im Zusammenhang mit der Wandmalerei des Königs Matthias.

      Damit war nach rund einem Jahrhundert der Bau im Wesentlichen beendet. Im Jahre 1476 ist zuerst indirekt, dann 1499 ausdrücklich eine Orgel in der Kirche bezeugt.
      Avatar
      schrieb am 17.08.02 14:11:05
      Beitrag Nr. 137 ()
      Noch ein interessanter Artikel der letzten Tage:
      Minderheiten mit Bedeutung

      Trotz Abwanderung bleiben die Deutschen wichtig für Rumänien / Von Karl-Peter Schwarz
      (FAZ-Artikel vom Mittwoch, 7. August 2002, Nr. 181, S. 10.)

      Nach der Volkszählung:

      HERMANNSTADT (SIBIU), im August Die Tendenz zur nationalen Homogenisierung macht auch vor Rumänien, einem Land mit achtzehn anerkannten nationalen Minderheiten, nicht halt. Die jetzt vorliegenden vorläufigen Ergebnisse der im März abgehaltenen Volkszählung, die den erwarteten Bevölkerungsrückgang bestätigen, sind für alle Volksgruppen enttäuschend, vor allem aber für die Rumäniendeutschen. Etwa eine halbe Million Siebenbürger Sachsen, Banater und Sathmarer Schwaben sowie Deutsche aus der Dobrudscha waren nach dem Krieg und den Deportationen in Rumänien verblieben. Rund 240 000 hatten das Land in den späten siebziger und achtziger Jahren als Armutsflüchtlinge verlassen. Unmittelbar nach dem Sturz Ceausescus und der Öffnung der Grenzen setzte eine Auswanderungswelle ein, bei der weitere 110000 nach Deutschland emigrierten.

      Vor dem Hintergrund der Volkszählung von 1992 wurden 119 436 Deutsche registriert, jetzt sind es offiziell nur noch 60 088 - bei einer Gesamtbevölkerung von 21,7 Millionen. In Deutschland haben in den vergangenen zehn Jahren weitere 44 000 Rumäniendeutsche den Status von Spätaussiedlern erhalten. Die Minderheitenvertreter werfen den rumänischen Behörden zwar Ungenauigkeiten bei der Zählung vor - ohne ihnen böse Absichten zu unterstellen -, gehen mit ihren Schätzungen aber auch nicht über eine Zahl von 80 000 hinaus- Die Statistik zeichnet das Bild einer "überalterten", allmählich schwindenden Volksgruppe. So weit, so schlecht; und dennoch enthält dieses Bild nur die halbe Wahrheit.

      Der Rückgang der deutschen Bevölkerung, den andere postkommunistische Länder heimlich als Erfolg begrüßen, wird in Rumänien ausdrücklich bedauert. Wenn Regierungsvertreter die Minderheit als eine Brücke zu Deutschland und zur Europäischen Union (EU) bezeichnen, geschieht das nicht nur aus Höflichkeit, denn Deutschland und die Deutschen stehen in Bukarest hoch im Kurs. Etwa achtzig Prozent der deutschen Direktinvestitionen kommen aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein

      Westfalen, den drei Bundesländern mit dem höchsten Anteil an rumäniendeutsehen Zuwanderern. Umgekehrt bieten sich den in ihrer Heimat gebliebenen jungen Deutschen Aufstiegsmöglichkeiten, die der Generation ihrer Väter und Großväter verwehrt waren.

      "In Deutschland hätte ich diese Karriere nicht machen können", sagt Ovidiu Gant, der an deutschen Schulen Mathematik unterrichtet hatte und dann die Direktion der Lenau-Scbule in Temeschwar übernahm. Jetzt ist er als Unterstaatssekretär im Bukarester Ministerium für öffentliche Informationen tätig, wo er gemeinsam mit einem ungarischen und einem Roma-Unterstaatssekretär für die Angelegenheiten der Minderheiten zuständig ist. Gant gehört dem Demokratischen Forum der Deutschen an, dem als Dachverband regionale und lokale Foren zugeordnet sind. Ein Abgeordneter des Forums, Wolfgang Wittstock, vertritt die Minderheit im rumänischen Parlament.

      Der gegenwärtige Vorsitzende des Landesforums, Klaus Johannis, ist der bekannteste deutsche Politiker Rumäniens. Der 41 Jahre alte Physiklehrer, der am Brukenthal-Lyzeum unterrichtet hatte, ist seit zwei Jahren Oberbürgermeister von Hermannstadt (Sibiu), das insgesamt 155 000 Einwohner, aber nur noch 2500 Deutsche zählt. Im Stadtrat ist das Forum dennoch mit fünf von fünfundzwanzig gewählten Vertretern präsent. Die Stimmen, die es bei den Wahlen erhalten hat, hätten auch für sechs gereicht, aber so viele hatten auf der Liste gar nicht kandidiert. Ein Grund des überraschenden Erfolges war, daß die Wähler den Kandidaten der "guten Minderheit" zutrauten, das Chaos in der städtischen Verwaltung zu beseitigen. Auf Johannis als Oberbürgermeister einigte sich der Stadtrat, weil er sich gegenüber den rumänischen Parteien neutral verhält.

      "Ich betrachte mich auch jetzt nicht als Politiker", sagt er über sich. Im Stadtrat sei es zwar gelegentlich heftig zugegangen, niemals aber hätten ihm seine Gegner seine nationale Zugehörigkeit vorgeworfen. Als seinen größten Erfolg nennt er, daß die Hermannstädter nun wieder begonnen hätten, "an ihre Stadt zu glauben". Tatsächlich wird in der Altstadt an

      allen Ecken und Enden saniert und restauriert, eine Stadtumfahrung entsteht als Teil des europäischen Korridors IV, an der Peripherie siedeln sich neue Betriebe der Möbel-, Leder- und Textilindustrie an, und das alles immer wieder unter kräftiger finanzieller und technischer Beteiligung Deutschlands. Johannis glaubt, daß die Abwanderung der Rumäniendeutschen beendet ist. "Dageblieben sind Leute, die etwas erreichen wollen", sagt er, die Bedeutung der Minderheit für die rumänische Gesellschaft sei weit größer, als ihre Zahl erwarten ließe. Die alltäglichen Probleme der Deutschen in Rumänien, die durchaus nicht gering sind, gleichen jenen aller anderen Bürger, sie sind nicht das Ergebnis nationaler Diskriminierung. Unter der Willkür der Behörden, der Korruption, den unzähligen schweren und minderschweren Defiziten der Verwaltung leiden alle gleichermaßen.

      Ein besonderes Problem ergab sich als die Restitutionsgrenze auf März 1945 festgelegt wurde, den Machtantritt des kommunistisch beherrschten Kabinetts der "Nationalen Front obwohl viele Deutsche schon vorher unter sowjetischer etischer Besetzung um ihr Eigentum gebracht worden waren. Diese Restitutionsregelung aber sei, sagen die rumäniendeutschen Gesprächspartner, schlicht eine jener zahlreichen politischen Gaunereien gewesen, die sich in einem weitgehend ressentimentfreien Raum ereignen. Ein längeres Gespräch zwischen Schröder und Nastase im Sommer vorigen Jahres soll ausgereicht haben, um die Angelegenheit im Interesse der Minderheit zu lösen. Immer wieder komme es auch vor, daß sich Präfekten weigerten, Deutschen ihre Wohnungen zurückzugeben. Aber auch da sei meist die landesübliche Korruption am Werk, das Klima sei mafios, aber nicht nationalistisch verhetzt.

      Den Kern der jungen Elite der Rumäniendeutschen stellen die Lehrer. Während die soziale Funktion der Kirchen zurückgeht, auch die der evangelischen Kirche, die die Geschichte Siebenbürgens geprägt hat, nimmt die Bedeutung des deutschen Schulwesens zu. Trotz des dramatischen Rückgangs der deutschen Bevölke

      rung in den neunziger Jahren hat die Zahl der Schüler sogar zugenommen. Längst stellen rumänische Kinder die überwiegende Mehrheit der Schüler in den 142 deutschen Schulen des Landes. Diese werden zwar auch öffentlich betrieben, gelten bei den Rumänen aber als Eliteschulen. Besonders geschätzt werden die traditionsreichen Gymnasien, wie das Brukenthal-Lyzeum in Hermannstadt (Sibiu) und das Johannes-Honterus-Lyzeum in Kronstadt (Brasov). Die Deutsche Schule in Bukarest und die LenauSchule in Temeschwar (Timisoara) bieten das deutsche Abitur an und ebnen damit den Weg in die Universitäten der EU. Zu den Absolventen der deutschen Schulen zählen unterdessen mehrere rumänische Politiker, unter ihnen Georg Ciuhandu, der christlich-demokratische Bürgermeister Temeschwars.

      Die Schulen erfüllen also eine doppelte Aufgabe: Einerseits stabilisieren sie die deutsche Minderheit und halten die Sprache lebendig, andererseits schlagen sie eine kulturelle Brücke zur rumänischen Elite und öffnen ihr den Zugang zum deutschen Sprachraum. Zwölf Jahre nach dem gewaltsamen Sturz Ceausescus zeichnen sich die positiven Folgen deutlich ab. Die traditionell engen kulturellen Beziehungen Rumäniens zu Frankreich wurden durch Kontakte zu einem weiteren Kernland der Union ergänzt, was sich für Bukarest in der Vorbereitung des EU-Beitritts bezahlt macht. Die deutsche Außenpolitik steuert diese Entwicklung diskret, aber beharrlich, wobei das Spektrum der Maßnahmen von der Intensivierung der diplomatischen Kontakte über die Förderung der wissenschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit bis zu den Bildungsangeboten der politischen Stiftungen reicht.

      Die Erfolgsgeschichte der rumänischdeutschen Beziehungen hebt sich erst recht positiv ab vor dem Hintergrund der historisch ebenso belasteten, aber auch heute noch durchwegs neurotisierten tschechisch-deutschen Beziehungen. Der Vergleich zwischen Prag und Bukarest könnte dazu beitragen, gleich zwei Stereotype zu entkräften: das durchwegs negative des Balkans und das durchwegs positive Mitteleuropas.
      Avatar
      schrieb am 17.08.02 14:51:18
      Beitrag Nr. 138 ()
      Vorläufige Schlussbemerkung für die interessierte Öffentlichkeit

      Eigentlich habe ich angesichts der Probleme, die andere Menschen gerade in den Gebieten der Hochwasserkatastrophe haben,
      (-> Spendenkonten unter :
      http://www.tagesschau.de/intern/0,2048,SPM4432,00.html

      wenig Lust dazu, das folgende über meine mickrigen Probleme zu "posten", aber ich will mich heute für mindestens zwei Wochen von "Wallstreet-Online" verabschieden - zum Ersten mal, weil ich in einer Gegend ohne größere PC-Zugangsmöglichkeiten unterwegs sein werde.
      Vor einer längeren Reise ist es bei halbwegs gelungener Erziehung üblich, sich von Freunden und Bekannten zu verabschieden, was ich hiermit gerne tun möchte. Übrigens bedaure ich, daß ich in den letzten Tagen wenig Zeit hatte, die zwei (oder mehr?) Threads zu lesen, die sich mit mir beschäftigten, für die ich aber auch sehr herzlich danken möchte.
      Zum Zweiten möchte ich darüber hinaus noch eine Erklärung für ein möglicherweise "w: o " - Fernbleiben auf Dauer bringen.
      Als erstes möchte ich allen für ihre Freundlichkeit und Unterstützung danken, die meine Threads bisher für interessant hielten und mir alle möglichen Tipps und Ratschläge gegeben haben. Mir fallen leider gar nicht alle ein, denen ich für die letzten Jahre zu danken hätte, aber besonders nennen möchte ich doch stellvertretend für viele andere: "Nussie", "Jagger2000" und "Iguana".

      Und nun kommen wir zu meiner Erklärung, die Eingeweihte vermutlich an eine Pressekonferenz von Gregor Gysi erinnern wird: ;)

      Ich habe da aber wirklich ungefähr drei Probleme mit den Ansprüchen an mich selbst und andere, mit denen ich nicht klarkomme:
      Ich glaube, ich bin seit Mitte 2000 "w: o " - User und am vergangenen Mittwoch - wenn ich mich recht erinnere - zum ersten Mal wegen eines Postings gesperrt worden und das auch noch VÖLLIG ZU RECHT !!!

      (Ich habe meine Sperrung allerdings erst am folgenden Tag bemerkt, weil ich sofort nach meinem "Rundumschlag" gegangen war. Ich gehe nämlich normalerweise vom PC weg, wenn ich so wütend bin, daß ich meine Kommata nicht mehr richtig setze. Diesmal leider trotzdem zu spät!)
      Bei meinem letzten Posting # 100, das in jenem absonderlichen Thread zu Recht gelöscht wurde, war ich so derartig wütend und außer mir, daß mir die ziemlich erstaunliche Leistung gelang, DIE ICH SEHR BEDAUERE, in zwei oder drei Sätzen fast allen anderen Diskussionsteilnehmern Rassismus, Antiamerikanismus, Antisemitismus und Mitschuld an Massenmord aus diesen Motiven heraus vorzuwerfen. DAS TUT MIR LEID UND ICH ENTSCHULDIGE MICH DAFÜR.
      Leider war es in den vergangenen Jahren auch immer mein Bestreben und mein Anspruch, niemals so direkt auf das Niveau meiner Kontrahenten zu gelangen. Jetzt ist es doch passiert und auch wenn Ihr es witzig finden solltet, weil es nach Gysi klingt:
      Das ist Punkt Eins meiner demolierten Ansprüche, die ja völlig daneben gingen. Ich komme damit irgendwie nicht zurecht und ziehe mich daher aus allen meinen Threads erst mal auf unbestimmte Zeit zurück.
      Dann gibt es noch zwei Punkte mit meinen Ansprüchen, diesmal an andere:
      Ich bin das erste Mal so richtig wütend geworden, als das folgende Posting an mich kam, das dankenswerter Weise später vom "BoardMod" gelöscht wurde und von dem ich noch Auszüge aus den noch erhaltenen Teilen bringe, um meinen Ärger zu erklären. Was ich nicht verstehen kann, ist, daß außer dem "BoardMod" nur "Rainer6767" diese Ausdrucksweise kritisiert hat und alle anderen Diskussionsteilnehmer hinterher sich ganz "auf mich konzentriert" hatten.
      Es folgen Auszüge aus dem gelöschten Posting # 57, die an mich gerichtet waren, die in dem betreffenden Thread noch erhalten sind, weil ich sie selbst wiederholte, um darauf aufmerksam zu machen und die ich selbst hier nochmals wiederhole, um meinen Wutausbruch zu erklären. (Das heißt, ich wünsche nicht, dass diese gelöscht werden oder ich vielleicht nur wegen der Wiederholung gesperrt werde) :

      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...
      ...ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... Du bist verdammt eingebildet, mein Kleiner ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht. ...
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.


      Dieses Posting und die meiner Meinung kaum vorhandene Wahrnehmung von dessen Beleidigungen, die mich erst richtig wütend machten, durch andere Diskussionsteilnehmer ist der zweite Punkt mit meinen demolierten Ansprüchen, mit denen ich nicht klarkomme, und wegen dem ich mich zurückziehen werde.
      Ich fand es sowieso schon sehr bemerkenswert, daß solche Äußerungen grundsätzlich meistens von "Verteidigern der Freiheit" kommen, die meine Meinung aber nicht in ihren Threads haben wollen. Wenn so mit der Meinungsfreiheit anderer umgegangen wird und alle das normal finden sollten, dann bin ich hier tatsächlich am falschen Ort und sollte wirklich verschwinden.

      Völlig ausgerastet bin ich dann später, als noch dieses Posting eines anderen Diskussionsteilnehmers kam

      #86 14.08.02 16:07:57 Beitrag Nr.: 7.123.175 7123175

      Menschen in sozial bedränkter Lage neigen dazu, unter den Rockschößen der der Macht hervorzubellen; sie hoffen auf Aufmerksamkeit, die sie a u f den Schoß befördert - ob es sich um einen Lumpenproletarier als Streikbrecher handelt oder um einen arbeitslosen Magister, den die Aufmerksamkeit meinetwegen zu t-tv befördern soll.

      Auryn sucht einen Job, wie er in einem anderen Thread geschrieben hat.


      Meine wütende Replik darauf war natürlich auch beleidigend und überzogen, nämlich: diese Äußerung wäre wohl "haßerfüllt" und basiere vielleicht auf "Antisemitismus". DAS BEDAURE ICH !
      Andererseits verstehe ich nicht, wie man meine Threads kennen und dann glauben kann, daß ich hier andere Meinungen angreife, um mir einen "Bewerbungs-Vorteil" zu verschaffen.
      Also ich muß schon sagen, daß mich das zuerst fast sprachlos gemacht hat; daß ich nicht verstehe, wie man auf diesen Gedanken kommen kann. Ich soll hier also womöglich seit zwei oder mehr Jahren Threads eröffnen und mit den Leuten diskutieren, nur in der perfiden Absicht, in "vorauseilendem Mobbing" (das wurde mir dann noch gleich anschließend unterstellt, oder?) mich bei möglichen zukünftigen "mächtigen Arbeitgebern" einzuschleimen, ja?
      Diese Aussagen wurde auch von keinem anderen Diskussionsteilnehmer als von mir kritisiert bzw. zurückgewiesen.
      Und das ist der dritte und letzte Punkt meiner demolierten Ansprüche an mich und andere, mit dem ich nicht zurechtkomme, und wegen dem ich mich zurückziehen werde:
      Wenn mir alle anderen Diskussionsteilnehmer zutrauen, daß ich wirklich so ein A....loch sein sollte, daß ich andere hier "mobbe", um mich damit irgendwann bei irgendeinem noch größeren A....loch zu bewerben, dann bin ich hier wirklich am falschen Ort und dann gibt es keinerlei Gemeinsamkeiten mehr zwischen mir und denen, die mir so etwas zutrauen.


      Daher sollte ich mich vielleicht tatsächlich von "Wallstreet-Online" zurückziehen, bevor meine Diskussionen diese Form annehmen:



      Ein Gesellschaftsspiel der besonderen Art
      unter "idealistischen" Intellektuellen

      1951 war der Begriff des Psychodramas noch weitgehend unbekannt. An Silvester kam ich gegen Mitternacht mit Claire von einer Familienfeier zum Neujahrsfest meiner zweiten "Familie" bei Pierre Courtade [ein kommunistischer Journalist und Schriftsteller]. Es herrschte ausgelassene Stimmung, und alle waren schon ziemlich betrunken. "Wir haben nur noch auf dich gewarte te!" riefen meine Genossen. Dann erläuterte man mir das Spiel. Jean Duvignaud [ein Kunsthistoriker] erklärte, jede Zeit erfinde ihr eigenes literarisches Genre: die Griechen die Tragödie, die Renaissance das Sonett, das Zeitalter der Klassik den Fünfakter in Versform mit der Einheit von Raum, Zeit und Handlung usw. Auch das "sozialistische" Zeitalter habe "sein" Genre gefunden: den Moskauer Schauprozeß. Die Neujahrsgesellschaft hatte also, nachdem sie ein wenig getrunken hatten, beschlossen, "Prozeß" zu spielen. Sie warteten nur noch auf einen Angeklagten, und der sollte ich sein. Roger Vailland [ein kommunistischer Schriftsteller] hatte bereits die Rolle des Staatsanwalts übernommen, und Courtade war der Pflichtverteidiger. Ich brauchte nur noch meinen Platz auf der Anklagebank einzunehmen. Vergeblich versuchte ich mich zu wehren, schließlich ließ ich mich auf das Spiel ein. Die Anklage war unerbittlich: Mir wurden Vergehen gegen zehn Artikel des Strafgesetzbuches zur Last gelegt: Sabotage des ideologischen Kampfes, Einvernehmen mit dem Klassenfeind, Verschwörung mit kosmopolitischen Spionen, philosophischer Hochverrat usw. Als ich während des Verhörs zu argumentieren versuchte, wurden der Staatsanwalt, der Anwalt und die Zeugen der Anklage wütend und beleidigend. Das Plädoyer meines Verteidigers war erschreckend: Da es mildernde Umstände gebe, solle man mir die Gnade erweisen, mich so schnell wie möglich von der Last meines Lebens zu befreien. Infolge des Alkohols wurde das Theater schließlich zum Alptraum, die Farce verletzend. Als das Urteil gesprochen wurde (selbstverständlich ein Todesurteil), erlitten meine Ehefrau und eine zweite Frau aus dem "Saalpublikum" einen Nervenzusammenbruch. Alle schrien durcheinander, weinten, suchten nach Riechsalz im Medikamentenschrank, tränkten Tücher mit kaltem Wasser. Der Staatsanwalt, der Verteidiger und ich selbst, der Angeklagte, bemühten sich um die weinenden Frauen. Wahrscheinlich war ich der einzige, der nicht betrunken war, aber ich war nicht der einzige, der sich schämte.

      Heute weiß ich: Wir waren damals verrückt. Es gibt vielleicht einen Geisteszustand, in dem der Wahnsinn die Verantwortlichkeit schwächt. Aber bevor es soweit kommt, ist der Verwirrte häufig nicht jemand, den seine Demenz von der Last der Verantwortung befreit, sondern jemand, der sich für den Wahnsinn entscheidet, um dem Knoten zu entkommen, der ihn erdrosselt, und den er nicht durchzuschneiden wagt.

      Dabei war unsere Verwirrung nur die Folge einer historischen Verwirrung. Wir rationalisierten und verinnerlichten einen allgemein verbreiteten Wahnsinn.

      (Claude Roy, "Nous", Paris 1980, S. 389f)

      So, jetzt muß ich wieder weg, bevor ich noch mal "sonderbar" werde.
      Schließlich danke ich noch allen, die sich mir gegenüber "neutral" verhielten, auch wenn ihnen meine Meinung nicht gefiel. Und denen, die mich wegen meiner Meinung vielleicht wirklich hassen sollten, wünsche ich dasselbe wie der sterbende Mercutio bei Shakespeare es wünscht.
      Avatar
      schrieb am 17.08.02 16:14:33
      Beitrag Nr. 139 ()
      Auryn, falls du noch da bist:
      Welcher Thread war denn das, wo du so außer dir warst, daß du danach in dich gegangen bist? Würde ihn doch gern lesen. :D
      Ansonsten alles Gute
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 02:34:46
      Beitrag Nr. 140 ()
      @wilmafeuerstein: es war der thread von antigone "wie man probleme amerikanisch löst" drüben im politikforum. dort haben
      deep thought und antigone über mehrere tage auryn stark provoziert, mit teilweise sehr persönlichen bemerkungen, bis ihm durchaus verständlich der kragen geplatzt ist. finde ich völlig menschlcih und verständlich. und ich bin mir sicher, wenn er wieder daheim ist und etwas abstand hatte, wird er schon die für ihn richtige entscheidung treffen.

      @auryn: danke für deine netten worte an mich. ich wünsch dir eine gute reise und hoffe mit dir nach der heimkehr mal wieder eine runde plaudern zu können.

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 08:45:44
      Beitrag Nr. 141 ()
      Auryn, wieso entschuldigst du dich?
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 16:49:25
      Beitrag Nr. 142 ()
      @wilma: ich finde auch, daß andere viel mehr entschuldigungsbedarf hätten...

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 20.08.02 02:25:53
      Beitrag Nr. 143 ()
      Hi ;)

      Also ich las diesen Thread vor einigen Wochen auch schon einmal und war sogar überrascht, über die interessante/n Geschichte/n.
      (Mir wurde `mal erzählt, daß es in Rumänien den Brauch gäbe, daß an Weihnachten immer ein Gedeck mehr aufgelegt würde, es könnte ja noch jemand vorbeikommen .....)


      Mir fiel dabei sofort das Büchlein von Marion Gräfin Dönhoff ein, Namen, die keiner mehr nennt, dtv, ein. Ich habe es mir vorhin aus dem Bücherregal geholt und werde es nach 15 Jahren wieder einmal lesen.

      @Auryn, manchmal ist eine Pause für einen selbst ganz gut, auch für den glutaeus maximus (ich hoffe, Du findest das lustig) ;)


      ... die Macht der Worte ... (Ob schon jemand seine Dissertation über W-O schreibt ? )

      Gruß
      v.
      principessa
      Avatar
      schrieb am 20.08.02 02:36:43
      Beitrag Nr. 144 ()
      Gute Reise Auryn, du wirst schon wieder zu uns zurückfinden. Etwas Kultur tut dem Sofa ganz gut. :)
      Avatar
      schrieb am 20.08.02 13:19:58
      Beitrag Nr. 145 ()
      Um es ganz deutlich zu sagen:
      Auryn hat mit der Bemerkung, die zu seiner Sperrung geführt hat (offenbar wurde er längst wieder entsperrt, sonst hätte er sich nicht "entschuldigen" können), recht.
      Ich kenne zahlreiche Nazis, die sich empört verwahren würden, als solche bezeichnet zu werden, deren Verhalten aber deutlich verrät, was sie nicht gesagt bekommen wollen. Das sind beispielsweise all jene, die da meinen, sie hätten aufgrund ihrer edlen Geburt als Herrenmenschen das Recht, andere zu kontrollieren, selbst in deren Haus/Wohnung. Und die offensichtlich sehr darunter leiden, daß ihnen niemand mehr erklärt, sie gehörten zu einer Herrenrasse und seien somit über alle Zweifel erhaben. Und ebenso paradox ist, daß es andere gibt, die sich nach dem Denkmuster eben jener Herren verhalten: Werden sie von jenen, die da meinen, mit Fug und Recht überall aus- und eingehen zu dürfen, bestohlen, so verdächtigen sie natürlich prompt nur Angehörige der "anderen", grundsätzlich nie die "Herren", auch wenn die es ganz eindeutig gewesen sind. Optisch muß so ein "Herrenmensch" gar nicht dem Herrenmenschenideal entsprechen, der Wunsch macht`s, und je größer der ist, desto ausgeprägter das entsprechende Verhalten. Man sieht daran: Herrenmenschentum zeugt zugleich Kriechertum. Und diese Kriecher sind ebenso schuld an der Verbreitung des Übels wie das Übel selbst.
      Einen schönen guten Tag noch.
      Wilma. (:D) (unkupiert)
      Und weil ich jetzt wohl auch gesperrt werde, bleibe ich gleich von selbst eine Weile weg.
      Viel Vergnügen auf dem Sofa.
      Avatar
      schrieb am 30.08.02 20:21:41
      Beitrag Nr. 146 ()
      WARNING: I ` ll BE BACK SOON !

      Da habe ich auf meiner Reise doch eine nette Unterhaltung zwischen zwei Professoren (1 Dt. & 1 Rum.)belauscht, die ich so interessant fand, daß ich sie hier unbedingt noch bringen wollte:
      Am 13. Oktober 1960, wenn ich ich nicht irre (und die betreffenden Professoren sich mit dem folgenden nicht geirrt haben) gab es eine aufsehenerregende Debatte in der UNO-Vollversammlung, in der der damalige KPdSU-Generalsekretär Chruschtschow turnusmäßig den Vorsitz hatte und mit einigen Teilen seiner Rede einen Tumult auslöste. Als er diesen mit seinem Vorsitz-Hammer einzudämmen versuchte, zerbrach scheinbar ob der übergroßen Gewaltanwendung sein Hammer und er griff zu einem Schuh, um damit auf den Tisch einzuschlagen und sich so wieder Ruhe für seine Worte zu verschaffen, was ihm auch gelang, da diese Klopfmethode damals in New York noch weitgehend unbekannt war.
      Die interessante Background-Story meiner Professoren: In der österreichischen Bukowina ebenso wie in "Österreichisch-Galizien" (= NICHT Spanien, sondern heute in etwa in Südpolen gelegene Region und einst benannt nach dem Herrschergeschlecht der "Galitsch" ) gab es mal ein österreichisches Regionalparlament mit ukrainischen Abgeordneten, von denen sich ein meist betrunkener Unglücksrabe immer wieder gern mit seinen Schuhen Gehör verschaffte (natürlich nicht überall derselbe!); ebenso in einem ukrainischen Parlament in der kurzen Zeit vor der Rückeroberung durch die Rote Armee nach der polnischen Besetzung während des polnisch-russischen Krieges 1920/1921.
      Chruschtschow verbrachte einen großen Teil seines Lebens in der Ukraine und ist dort sogar geboren, wenn ich mich nicht irre, oder?
      Noch interessanter: Es gibt Fotos von Chruschtschows Auftritt mit dem Schuh vor der UNO, die ihn schräg von hinten an seinem Tisch zeigen und auf diesen Fotos hat er noch beide eigene Schuhe an!
      Das wirft nun natürlich bedeutende Fragen auf: 1. Hatte Chruschtschow eine alte ukrainische Parlamentstradition wieder zum Leben erwecken wollen?
      2. Wem gehörte der dritte Schuh, mit dem Chruschtschow auf den Tisch hämmerte?
      3. War der zerbrechende Hammer schon vorher von Chruschtschow angesägt worden, damit der dritte Schuh endlich mal zum Einsatz kam?
      Angeblich soll dieser Auftritt Chruschtschows nach Meinung eines der belauschten Professoren neben anderen Pleiten auch zu seiner späteren Amtsenthebung durch Breschnew und dessen Entourage geführt haben, denn die russischen Diplomaten sahen sich selbst angeblich überrascht und durch "bäuerliche Entgleisung" ihres Staatschefs lächerlich gemacht.
      Im folgenden sollen angeblich mit einem riesigen Aufwand auch fast alle Urheberrechte an den meisten Fotos von diesem Auftritt durch eine Agentur im Auftrag der Sowjetunion aufgekauft worden sein, so daß man heute fast nirgendwo noch Fotos davon findet.
      Könnt Ihr mit vielleicht eine Internet-Adresse mit einem Foto von diesem Auftritt nennen? Am besten wäre natürlich das mit den drei Schuhen. ;)
      Einer der - natürlich alten - Professoren erzählte auch noch, daß es danach jede Menge Chruschtschow-Witze in der westlichen Welt gegeben habe, z.B.:
      "Chruschtschow erzählt Kennedy, er sei darüber erstaunt, daß er noch keinen Betrunkenen in New York über die Straße torkeln sah. (Damals gab`s tatsächlich noch wenig Drogen in New York.) Kennedy meint, das läge sicher daran, daß die Amerikaner meist nur im Geheimen trinken würden und auf der Straße gälte öffentliches Trinken als "unzivilisiert". Chruschtschow meint daraufhin, das glaube er nicht und er bitte um die Erlaubnis, den ersten Betrunkenen auf New Yorks Straßen erschießen zu dürfen. Wenn das öffentliche Trinken so verpönt sei, wie Kennedy es ihm erzähle, dann wette er mit ihm, daß ja kaum etwas geschehen werde. Kennedy gibt seine Zustimmung. Am nächsten Tag wandert der ungläubige Chruschtschow durch die Abenddämmerung von New York und sieht sich schon deprimiert mit einer verlorenen Wette, als doch noch ein Betrunkener um die Ecke torkelt und von Chruschtschow sofort erschossen wird. Triumphierend kommt er am nächsten Tag zu Kennedy und sagt: Sehen Sie; es gibt bei Ihnen doch wie bei mir zu Hause jede Menge Alkoholiker auf den Straßen! Kennedy hält ihm wortlos die New York Times entgegen. Darauf die Schlagzeile: "Unbekannter glatzköpfiger Gangster ermordet russischen Botschafter in New York!"

      Seltsam, über was sich alte Professoren auf Reisen so unterhalten, nicht? ;)

      Noch zwei oder drei persönliche Anmerkungen:
      In Ordnung, Leute, ich sehe schon an Euren vorhergehenden Postings, daß Ihr mich ja nur davon zu überzeugen versucht, daß ich im Grunde meines Wesens ein netter Mensch bin, der meistens wissen könnte, was und wovon er
      schreibt.
      Na gut, Ihr habt mich mit Euren Lobhudeleien überzeugt und Ihr werdet schon sehen, was Ihr in Zukunft noch davon haben werdet! :)
      Ich habe mich ein bißchen von der virtuellen Welt von "Wallstreet-Online" erholen können und das war auch dringend nötig, aber in der nächsten Woche garantiere ich für nichts!
      Vielen Dank auch an diejenigen, die mir Boardmails geschickt haben.

      @ Wilma Feuerstein (Posting # 145):
      Falls Du mal gesperrt werden möchtest, darfst Du doch nicht so komplizierte Texte schreiben. Du mußt das entweder so machen wie ich und einfach alle in einem Thread in einem Rundumschlag beleidigen oder Du mußt schön im BILD-Stil in einem Satz schreiben, was Du wirklich von einem Gegner hältst. Aber so sehe ich schwarz für Deine angestrebte Sperrung.
      ;)

      @ zeppelinpilot:
      Hältst Du mich mit anderen Worten für einen "Kulturträger"? Seufz! So was Nettes hat noch nie jemand zu mir gesagt! :cry:
      ;)

      @ principessa:
      Es gibt tatsächlich noch einige abgelegene Regionen mit diesem Brauch, aber ich habe auch schon höchst selbstkritische Rumänen getroffen, die meinten, es wäre besser, wenn man in Westeuropa gar nicht alle rumänischen Bräuche kennenlernt.
      Danke, daß Du auch mal wieder Gräfin Dönhoff liest. Das sollte ich auch mal wieder tun.
      Über die Komik am "glutaeus maximus" werde allerdings ich vermutlich noch in den Stunden nachzugrübeln haben, die mir am "allerwertesten" sind.
      Avatar
      schrieb am 01.09.02 13:00:11
      Beitrag Nr. 147 ()
      Da ich sowieso gerade etwas im Internet suche, konnte ich auch gleich noch diese kleinen Nachträge zu "Nikita" liefern:

      http://people.freenet.de/Wolf/1996e.html

      und unter dem "13.10.1960" innnerhalb von:
      http://www.keypix.de/data/20jh/1960.html
      das einzige Foto, das ich zum "großen Schuh" im Internet finden konnte. ;)
      Avatar
      schrieb am 01.09.02 15:10:06
      Beitrag Nr. 148 ()
      Hallo Auryn,

      schön, dass du wieder da bist!

      Ich kann mich noch an den "Schuh-Skandal" erinnern. Für uns Kinder war es zu der Zeit das Größte, möglichst viele "Wackelbilder" zu besitzen. Man konnte sie für 10 Pf./Stck. in Wundertüten kaufen. Diese Dinger waren briefmarkengroß, hatten eine geriffelte Oberfläche, und wenn man sie hin und her bewegte, dann sah es aus, als bewegte sich das Bild. Besonders beliebt war damals das Bild von Nikita, der mit einem Schuh auf den Tisch haute. Ich besaß es und war mächtig stolz darauf.

      Zu dem Thema habe ich noch das Folgende gefunden:

      Chruschtschows dritter Schuh

      Es war 1960 in New York, als Nikita Chruschtschow bei einer Rede vor der UNO wildschnaubend mit einem Schuh auf den Tisch einschlug. Dieses Bild ging damals um die Welt. Ebenso der verrückte Gesichtsausdruck - eines Mannes eben, der als unberechenbar galt. Und genau dies wollte er durch diese eindrucksvolle Geste auch ausdrücken. Ein kalkulierter Wutausbruch sollte der amerikanischen Öffentlichkeit zeigen, dass er ein rücksichtsloser Mensch ist: Passt auf, ich lasse nicht mit mir spaßen und bin zu allem bereit.

      Eine schauspielerische Höchstleistung - die der Politiker damals geboten hat und noch heute ist dieses Gebären wert, analysiert zu werden. Speziell, wenn es um das Thema „Erfolgreich und fair verhandeln“ geht. Erfolgreich verhandelt hat er damals in jedem Fall, aber von Fairness kann wohl keine Rede sein. Was man wissen muss, ist folgendes: Chruschtschow musste sich diesen Schuh nicht mühsam während der Rede vom Fuß streifen. Nein - er war bestens vorbereitet und hatte einen dritten Schuh (!) in petto. An der wirkungsvollsten Stelle seiner Ausführungen konnte er damit ordentlich für Aufruhr und Bestürzung sorgen. Eine ähnliche Verhandlungsstrategie hat übrigens auch Saddam Hussein im Golfkrieg angewandt. Er hat ganz klar deutlich gemacht, dass er bereit ist, unschuldige Menschen zu opfern und ist bis zu einem gewissen Punkt mit seiner Strategie auch durchaus erfolgreich gewesen, mehr oder weniger?!

      Quelle: http://www.az-online.de/redaktion/2001/ausg1/akquise.htm

      Ausgesprochen gut gefällt mir der Rechtschreibfehler im 2. Absatz, erster Satz! :laugh::laugh::laugh:

      Gruß Dummi
      Avatar
      schrieb am 02.09.02 17:22:25
      Beitrag Nr. 149 ()
      Hallo Dummi,
      ich bin doch immer wieder erstaunt, wieviel sympathische Menschen "incognito" zu meinen Lesern zählen und sich dann eines Tages gleich mit umfangreichen "Enthüllungen" an meinen Threads beteiligen!
      Du -sammeltest- tatsächlich in den 60ern "Wackelbilder" und -besaßest- eins von Chruschtschows großem Schuh-Auftritt!?!
      Du hast ja keine Ahnung, wie ich Dich darum beneide, in jener Zeit bereits bewußt Bilder von historisch-hysterischen Ereignissen gesammelt zu haben! Wenn ich irgendwelches Geld zur Verfügung hätte, würde ich es Dir glatt abzukaufen versuchen.
      Ich muß doch gleich mal Deinen Link ein bißchen hervorheben:
      http://www.az-online.de/redaktion/2001/ausg1/akquise.htm
      Der Rechtschreibfehler ist tatsächlich mehr als bemerkenswert, aber beim Leibes-Umfang von Chruschtschow und seinen immer zu knapp geschnittenen Anzügen könnte man im Unterbewußtsein durchaus auf ein "männliches Gebären" kommen. Die westlichen Gesprächspartner von Chruschtschow wirkten auf mich in den Filmberichten, die ich kenne, auch immer ein bißchen eingeschüchtert; so als ob sie fürchteten, von seinen Anzugknöpfen erschossen zu werden.
      Vielen Dank für Deinen Beitrag! Dafür lasse ich mich sogar erstmals in zwei Jahren unter " W : O " zu einem ...
      :kiss:
      ... hinreißen!
      Bye,
      Auryn ;)
      Avatar
      schrieb am 02.09.02 19:26:31
      Beitrag Nr. 150 ()
      :)
      Avatar
      schrieb am 02.09.02 22:49:02
      Beitrag Nr. 151 ()
      Hi Auryn,

      ich fühle mich ja unsäglich geschmeichelt für den Erstmals-in-zwei-Jahren:kiss: Vielen Dank - ich werde ihn in eine kleine Schachtel stecken und immer bei mir tragen!

      Die westlichen Gesprächspartner von Chruschtschow wirkten auf mich in den Filmberichten, die ich kenne, auch immer ein bißchen eingeschüchtert

      Das war wohl auch tatsächlich der Fall, denn Nikita war der Inbegriff des russischen Bären - er umarmte gern, soff ... war mächtig und unberechenbar!

      Liebe Grüße

      Dummi
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 05:16:35
      Beitrag Nr. 152 ()
      das ich das noch erleben darf - auryn küsst dummi. :):)
      auryn, der mich hier vor zwei jahren zu meinem ersten posting "provoziert" hat und dummi in deren "stripthread" ich erstmals
      das reg.sofa unsicher gemacht habe....

      ach ja dafür kriegt ihr beide noch mal nachträglich ein :kiss:chen

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 16:02:12
      Beitrag Nr. 153 ()
      Hi Dummi,
      es ehrt mich sehr, daß Du meinen kleinen Gunstbeweis so schätzt, um ihn in einer Schachtel aufzubewahren. Allerdings würde er sich vielleicht unter Glas auf dem Schreibtisch doch besser machen, denn er ist ziemlich haltbar und verblaßt nicht.
      ;)

      @ Iguana:
      Es gab tatsächlich mal einen "Stripthread" von Dummi? Und ich habe den verpaßt? Oder war das noch vor meinem Erscheinen bei "W: O " ?
      Dann habe ich mit meiner Annahmen von "Enthüllungen" ja richtiger gelegen als ich dachte!

      Vielen Dank an alle "Vorredner" für all das geraspelte Süßholz hier, aber ich weiß schon, warum ich mit " :kiss: " immer so sparsam umgehe.
      Wir sollten das sobald wie möglich wieder auf`s Normalmaß zurückschrauben, sonst gelten wir noch als "Weicheier" in Form von "Männer- und Frauenverstehern". Das kann sich ein "hartgesotten und zynisch zu seiender Politologe" wie ich eigentlich nicht leisten, weil`s schlecht ist für`s TV-Image der ganzen Zunft.
      ;)
      Am Ende sieht das dann womöglich so aus wie in der Münchner Schickeria, wo sich alle immer mit "Küßchen, Küßchen" begrüßen und am Schluß muß man dann auch noch Mooshammers Daisy küssen. Iiiiih! :cry:

      Da ich in den letzten Tagen noch ein paar Erfahrungen mit dem Postweg nach und von Rumänien gemacht habe, füge ich hier noch ein paar Tipps und "so `ne Art Real-Satire" von der Hermannstädter Zeitung aus Rumänien ein.
      Also zunächst mein Tipp: Karten an Bekannte in Rumänien können ganz normal verschickt werden. Bei Normal-Briefen aus westlichen Ländern nach Rumänien muß ein gewisser Schwund einkalkuliert werden. Einfache rumänische Postbeamte verdienen ungefähr 60-75 Euro im Monat und die Versuchung scheint doch sehr groß zu sein, in den vielen Briefen mal nachzusehen, ob da vielleicht jemand seinen Verwandten Geld in den Umschlägen beigelegt hat. Abhilfemöglichkeit: Alle Briefe per Einschreiben senden! Das ist zwar teuer, aber immer noch besser als verschwundene Briefe. Einschreiben kommen eigentlich immer an, denn man könnte diese im Rahmen eines Internationalen Nchforschungsantrags verfolgen und die Folgen für einen ertappten diebischen Beamten wären in Rumänien "unaussprechlich".
      Bei Päckchen möglichst auch alles per Einschreiben senden, wobei eine sehr, sehr , sehr lange Laufzeit berücksichtigt werden muß. Ich wollte gerade vorige Woche schon einen `hochnotpeinlichen und höchst offiziellen` "Internationalen Nachforschungsantrag" für ein Päckchen stellen, das ich an einen Studienkollegen am 20. Juli dieses Jahres abgeschickt hatte - per Einschreiben! Darin befanden sich Kopien von Fachbüchern über die ISO-Standards, die es so in Rumänien nicht gibt. Vorige Woche, am 28. August (!!!) erhielt ich dann die erlösende eMail von der betreffenden Privatfirma, daß mein ersehntes Päckchen endlich angekommen sei. (Das nächste Mal beauftrage ich besser den "Kurier des Zaren"!)
      Falls Ihr also mal Weihnachtspäckchen nach Rumänien senden wollt, solltet Ihr Ende Oktober mit dem Packen fertig sein, damit`s noch rechtzeitig ankommt.
      Glaubt jetzt aber auf gar keinen Fall, daß Päckchen aus Rumänien nach Deutschland leichter zu versenden wären. Die Post und besonders der Zoll haben immer noch die Einstellung aus der Ceausescu-Zeit, daß die Reichtümer des Landes unter keinen Umständen in den Westen gelangen dürfen (inoffiziell werden allerdings schwunghafte Schiebereien mit gestohlenen Kirchengütern und Kunstgegenständen eingeräumt).
      Falls Ihr mal von einem rumänischen Freund etwas haben wollt, fahrt besser selbst hin und holt`s Euch ab, denn das Aufgeben eines Päckchens aus Rumänien in den "goldenen Westen" ist eine einzige Quälerei, die Ihr euren rumänischen Bekannten besser nicht zumuten solltet:

      Ein Tag auf dem Zollamt von Hermannstadt (= Sibiu)
      - von Diana Câmpean -

      (Hermannstädter Zeitung, 35. Jg., Nr. 1792, 23. August 2002, S. 1)

      Wollen Sie ein Paket ins Ausland schicken, sollten Sie mit den Vorbereitungen recht früh beginnen. Als erstes kaufen Sie Sackleinwand, daraus fertigen Sie einen Sack, in der Größe des zu verschickenden Kartons an. Ob Sie den Sack selber zusammennähen -und eventuell ein paar Blümchen darauf sticken oder ob Sie ihn bei einem Mode haus in Auftrag geben, bleibt Ihnen überlassen- Auf jeden Fall sind Sie für das textile Behältnis, zuständig, denn das Zollbüro auf dem Postamt Nr. 9 im Strandviertel von Hermannstadt beschäftigt keine Schneiderin und ohne Sack wird Ihr Paket für die Lieben im Ausland nicht angenommen.

      Vor besagtem Zollbüro herrscht besonders vor Feiertagen wie Weihnachten und Ostern ziemliches Gedränge. Aber immer nur am Dienstag, dem einzigen Tag in der Woche, an dem man Postsendungen fürs Ausland abgeben kann. (Man kann das postalische Gut, sofern es nicht sehr voluminös ist, auch mit Briefmarken frankieren, was aber entsprechend teurer ist.)

      Ist also Dienstag, müssen Sie früh aufstehen, um sich mit Ihrem Paket anzustellen - auf jeden Fall weit vor neun Uhr morgens, wenn der Publikumsverkehr beginnt. Bevor Sie ins Zollbüro treten, um sich die auszufüllenden Papiere geben zu lassen, versichern Sie bitte den anderen Wartenden, daß Sie nicht vorhaben, sich, vorzudrängen und daß Sie sich bald wieder brav in die Schlange einreihen werden.

      Bitte beachten Sie, daß Wartelisten angelegt werden, damit sich keiner vordrängen kann, daß diese Listen jedoch keine Gewähr dafür sind, daß nicht dennoch mal der, mal jener an den anderen vorbei durch den Türspalt ins Zollbüro schlüpft. Vielleicht tröstet es Sie zu erfahren, daß Sie nicht,den ganzen Tag über anstehen müssen, denn um 13 Uhr macht das Zollbüro dicht. Sind Sie heute nicht, an die Reihe gekommen, dürfen Sie es nächsten Dienstag noch mal versuchen.
      Wichtig zu wissen ist auch, daß Lebensmittel (nur haltbare, leicht verderbliche werden erst gar nicht angenommen) nur getrennt von Drucksachen und Musikträgern verschickt werden dürfen. Wenn Sie also an ein und dieselbe Adresse sowohl eine Dauerwurst als auch eine CD und ein Buch verschicken wollen ausgerechnet, machen Sie aus der Wurst ein extra Päckchen. Und vergessen Sie nicht, sich für die anderen beiden Dinge einen gepolsterten Umschlag zu besorgen. Sonderformulare sind dafür auszufüllen. Und legen Sie jedem Buch eine Karteikarte mit allen Angaben - Autor, Titel, Erscheinungsjahr und -ort usw. bei. Die Vordrucke gibt`s ebenfalls im Zollbüro.
      Nachdem der Inhalt Ihrer Päckchen von der Zollbeamtin sorgfältig inspiziert wurde, dürfen Sie das mit der Dauerwurst in den selbstgeschneiderten Sack stecken. (Buch und CD stecken geschützt in einem gefütterten Umschlag; hier ist ein Sack nicht nötig.) Danach halten Sie den Wurstsack der Zollbeamtin hin, die ihn am Hals zusammenschnürt und mit einem Siegel versieht, auf dem etwas steht, was niemand lesen kann.
      Schließlich geht es ans Abwiegen und Bezahlen - das ist der postalische Teil der Versandaktion, bisher hatten Sie es nämlich ausschließlich mit dem Zoll zu tun. Wie die Versandkosten berechnet werden, darüber brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen, vertrauen Sie einfach der rumänischen Post. Das Positive an der Sache ist, dass Sie keine Briefmarken zu kleben brauchen. Die Kassiererin versieht das Säckchen mit einem weißen Etikett, das an Omas Marmeladengläser erinnert. Darauf steht etwas, was Sie wieder nicht entziffern und schon gar nicht deuten können.
      So undurchdringlich geheimnisvoll wie diese Beschriftungen sind auch die Tarife. Wieso der Versand eines mittelgroßen Buches und einer CD ausgerechnet 121.000 Lei kostet, wird Ihnen für immer ein Rätsel bleiben. Eine Quittung bekommen Sie im Zollbüro nicht, der Quittungsblock liegt nämlich an einem der Schalter draußen. Aber die Frau, die dahinter sitzt, ist recht höflich und stellt Ihnen gerne eine Quittung aus. Sie müssen nur noch den Betrag nennen. Egal welchen!
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 16:15:07
      Beitrag Nr. 154 ()
      Noch`n Nachtrag:
      Für meine längeren Auszüge aus irgendwelchen Büchern oder Zeitschriften verwende ich ein uni-eigenes Texterkennungs-PRG, das leider nicht alle "Kursivschriften" richtig zu lesen vermag.
      Die Angaben über die Ausmaße der "Schwarzen Kirche" von Brasov (Kronstadt) in Posting # 136 sind natürlich in Meter (m) und nicht vielleicht "Inch (in)" ;) o.ä.
      Der betreffende Text war kursiv und die "m" hatten einen verlängerten Aufstrich, den vom PRG als "i" gelesen wurde.

      Im vorhergenden Posting #153 wurden einige Schwärzungen des nicht so tollen rumänischen Zeitungspapiers als Kommata gelesen, so daß die Häufung an eben diesen nicht Diana Câmpeans Fehler sind, sondern die des Texterkennungsprogramms.
      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 18:54:38
      Beitrag Nr. 155 ()
      Widerborstiger Urlauber ...

      <Panik an der rumänischen Schwarzmeerküste


      Wildschwein im Foyer


      Umherlaufende Wildschweine haben für Panik unter Urlaubern in den rumänischen Schwarzmeerorten Mamaia und Konstanza gesorgt.


      HB/dpa BUKAREST. Wie die private Nachrichtenagentur Mediafax am Dienstag meldete, war am Vorabend ein Wildschwein in das Foyer eines Hotels in Mamaia eingedrungen und im Büro der Buchhalterin gelandet. Sie sperrte das Tier kurzerhand ein und rief die Polizei um Hilfe. Das Wildschwein entkam jedoch durch ein Fenster.

      Stunden zuvor musste eine Wildsau mitten im Wohnviertel Meteo in Konstanza erschossen werden, ein drittes Wildschwein wollen Fischer an einem Strand im Norden von Konstanza gesehen haben. Ein Sprecher des örtlichen Jäger- und Anglerverbands sagte, die Tiere kämen vermutlich aus einem rund 20 Kilometer entfernten Gebiet bei Navodari, wo ein Waldstreifen abgeholzt wurde, um Häuser zu bauen. Polizisten und Jäger wollen die Wildschweine einfangen und sie in ein artgerechtes Gebiet umsiedeln.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 03. September 2002, 18:10 Uhr>

      (:D)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:05:29
      Beitrag Nr. 156 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Also so lange es kein Eber oder eine Wildsau mit Frischlingen ist, sind die Tiere doch harmlos. Was regen sich diese Touristen denn bloß über "naturnahe Attraktionen" so auf?
      Ich finde die verwilderten Haushunde viel gefährlicher, die in Rudeln manche Städte unsicher machen und anders als die Wölfe keine natürliche Scheu mehr vor den Menschen haben.
      In den letzten Wintern gab es immer wieder einzelne Berichte über Kinderleichen, die in der Nähe ihrer Dörfer ziemlich skelettiert und abgenagt gefunden wurden, obwohl sie nur einen Tag vermißt wurden. Und gerade in diesen Gegenden sind skurrilerweise die Wolfsrudel und die Bären durch Rudel verwilderter Haushunde verdrängt worden. Ich würde in dem Land mal auf ordentlich durchgeplante Hundejagd gehen.
      Rumänien ist schon ein "sehr rustikales Natur-Ländchen"...
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:34:06
      Beitrag Nr. 157 ()
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:57:04
      Beitrag Nr. 158 ()
      Das ist aber traurig; ich liebe Hunde und habe schon mal einem echten Dingo das Kinn gekrault (er mochte das sehr!!). Kann man eigentlich auf kleine Kinder nicht besser aufpassen?
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 20:09:23
      Beitrag Nr. 159 ()
      sollte man!
      Aber in Rumänien geht es noch wie im Urwald zu ! :mad:
      Sam :)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 20:17:44
      Beitrag Nr. 160 ()
      Wie im Urwald? Also - Affenmütter sind sehr sorgsam mit ihren Kleinen ... :)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 20:25:09
      Beitrag Nr. 161 ()
      ich würde mich höchstens mit einer Rumänin einlassen :confused:
      Wenn mein Anwalt dabei ist !!!! :confused:
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 20:38:02
      Beitrag Nr. 162 ()
      Es tut mir leid, weil Auryn damit involviert ist, aber diese Mentalität geht mir auf den Keks :mad:
      Von hoher Sonne läßt sich das Ganze gut beleuchten !
      Wenn Auryn nur 0,1 % dessen Leuchtkraft widerspiegelt, die er für seine Nation hier abzuspielen versucht, wobei er sicherlich das Beste daraus machen will, nämlich die absonderiche Kriminalität in diesem Lande herabzuspielen, dann ist er schon einigermaßen aus den Schneider :)
      SamTau :)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 20:53:01
      Beitrag Nr. 163 ()
      SamTau, du laberst registriert.
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 20:56:57
      Beitrag Nr. 164 ()
      Rumänien ist ein MKL_Land :D
      @ Kordia, ich kenne Rumänien :)
      SamTau :)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:00:14
      Beitrag Nr. 165 ()
      Es ist doch typisch, daß diejenigen, denen es gut geht, von einen schönen und gediegenen Land sprechen .... :(
      SamTau :)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:02:23
      Beitrag Nr. 166 ()
      Sam tau, du kennst vielleicht Smilies, aber Rumänien?
      Ich bin unter Ceaucescu gross geworden und ich kann nur eins sagen: Die Kinder kamen abends abgezählt ins Haus und die Hunde, Bären und Wölfe schliefen draussen!
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:06:26
      Beitrag Nr. 167 ()
      wenn du das sagst, wird es wohl so sein :confused: :D
      Sam :)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:12:37
      Beitrag Nr. 168 ()
      ist auch O.K. :) (wenn die nicht beißen) :(
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:13:14
      Beitrag Nr. 169 ()
      Ja, so ist es.
      Wie oft heulte ich abends mit den Wölfen um die Wette, weil es kein Fleisch gab, aber manchmal stellten wir noch einen Bären und erlegten ihn.
      Heissa, war das eine Freude, wenn wir dann uns dann alle an dem Bären gütlich taten, allerdings war es oft eine rechte Fresserei und jeder versuchte seinen Teil zu bekommen, wenn dann das ein oder andere Kind nicht schnell genug beiseite ging...sonst gab es nie verlorene Kinder, das ist eine glatte Lüge.
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:15:17
      Beitrag Nr. 170 ()
      War das aus Karl May oder Winnetou ? :confused:
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:20:11
      Beitrag Nr. 171 ()
      Entschuldigung!!! :) 8 Das war nicht so gemeint !!! :)
      Dein lieber
      SanTau :)
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 21:22:52
      Beitrag Nr. 172 ()
      Entschuldigung! SamTau !!!
      Damit ich keinen Ärger bekomme, denn das ist mein Schwager !!!
      Sam :)
      Avatar
      schrieb am 04.09.02 09:50:05
      Beitrag Nr. 173 ()
      Ich versteh euch nicht ganz: Anderswo wildert man mühsam Wölfe u. a. aus, und ihr regt euch auf, wenn sie irgendwo natürlicherweise vorkommen.
      Avatar
      schrieb am 04.09.02 16:55:11
      Beitrag Nr. 174 ()
      Sagt mal, Leute, was ist denn hier los?
      Hier geht`s ja schon fast zu wie im Politik-Board.
      Wo es hier so sehr um Wölfe, Bären und Hunde geht, sollte ich vielleicht doch mal erwähnen, daß mir nur 4 Fälle in den letzten 5 Jahren bekanntgeworden sind, in denen Kinder in Rumänien von wilden Hunden angegriffen und getötet wurden - allesamt im Winter auf dem Weg von einem kleinen Dorf zu Verwandten in einem anderen kleinen Dorf in der Nähe vor Einbruch der Dämmerung.
      Es ist mir kein einziger Fall in den letzten 10 Jahren bekannt, in dem Wölfe Menschen getötet hätten, allerdings 3 Fälle, in denen Bären Menschen schwer verletzt haben, einen davon tödlich.
      Wieviele Leute kommen doch gleich wieder beim Surfen vor Florida durch Haie ums Leben?
      Was die Kriminalität betrifft, ist es in Albanien, Moldawien, in der Ukraine und Weißrußland nach meiner Meinung um ein Vielfaches gefährlicher. Es soll ja auch Deutsche geben, die in Kolumbien Urlaub machen und dort kommen über 20.000 Menschen im Jahr durch Schußwaffen ums Leben.

      @ SamTau:
      Könntest Du mir Passagen von Deinem Posting # 162 hier mal kurz näher erläutern?
      Wessen Nation meinst Du? - Ich bin nämlich Deutscher; dachte ich bis jetzt zumindest, weil mein Vorname mit `nem "ü" drin doch extrem deutsch aussieht und der Nachname auch nichts anderes vermuten ließe als einen Deutschen - naja, vielleicht auch einen jüdischen Deutschen, besonders in Frankreich, aber die Herkunft verliert sich im Dunkel der dt.-österr.-ung.-rum. Familiengeschichte. ;)
      Wessen Mentalität meinst Du? - Es gibt in Rumänien 15 anerkannte nationale Minderheiten und ich möchte behaupten wollen, daß zumindest bei 5 davon die Mentalität nicht dieselbe ist.
      Wessen Kriminalität meinst Du? - Wenn in Rumänien von Kriminalität die Rede ist, dann sind es grundsätzlich immer die anderen Minderheiten und die einigen sich meistens alle auf die Zigeuner.

      #162 von SamTau 03.09.02 20:38:02 Beitrag Nr.: 7.276.922 7276922
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken
      Es tut mir leid, weil Auryn damit involviert ist, aber diese Mentalität geht mir auf den Keks
      Von hoher Sonne läßt sich das Ganze gut beleuchten !
      Wenn Auryn nur 0,1 % dessen Leuchtkraft widerspiegelt, die er für seine Nation hier abzuspielen versucht, wobei er sicherlich das Beste daraus machen will, nämlich die absonderiche Kriminalität in diesem Lande herabzuspielen, dann ist er schon
      einigermaßen aus den Schneider
      SamTau


      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 04.09.02 22:38:10
      Beitrag Nr. 175 ()
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 18:15:07
      Beitrag Nr. 176 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Sehr passend! ;)
      Ist das etwa ein fliegender Gefährte von "Vlad Tepes" bzw. "Domnul Dracul"?
      Könnte es Dir gelingen, von meinem Foto-Album mal diese Rumänien-Karte aus "Der Spiegel" hier reinzustellen?
      Die mit den vielen kleinen "Rumäniens" in der zeitlichen Veränderung am oberen Bildrand?
      Ich würde eigentlich gerne mal etwas zu den Grenzveränderungen schreiben, aber ohne Anschauungsmöglichkeit hier sehen Erklärungen nicht so toll aus.
      Oder am besten gleich wieder alle 3 historischen Karten?
      Vielen Dank im voraus!
      Bye, Auryn
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 18:44:20
      Beitrag Nr. 177 ()
      Aber vielleicht geht`s auch, wenn ich nur auf diesen Link hinweise:
      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/lst?.dir=/RO-Karten&.…
      Bis morgen oder übermorgen dann,
      tschüß,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 18:59:45
      Beitrag Nr. 178 ()
      Aber bitte - gern. Hier:
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 19:41:17
      Beitrag Nr. 179 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Ah ja, super! Vielen Dank!
      Schön, daran wollte ich erklären, daß man an den kleinen Bildchen am oberen Rand erkennen kann, wie sehr sich das Staatsgebiet Rumäniens seit 1881 doch verändert hat. Die Bilder des Staatsgebiets von 1881 und 1913 zeigen als Westgrenze des "rumänischen Altreichs" den Karpatenbogen. In der Ebene westlich des Bogens liegt Siebenbürgen bzw. Transsilvanien. Beides ist nicht ganz deckungsgleich, bezeichnet aber ganz grob das gleiche Gebiet. Ungarn waren seit dem Mittelalter die nominellen Herrscher der Region westlich der Karpaten. Die Deutschen wurden von ungarischen Königen im Mittelalter angeworben und ihnen wurden besondere Privilegien verliehen, die im Mittelalter ziemlich einzigartig waren: Völlig freie Selbstverwaltung, keine Frondienste und für eigenes Handeln und eigene Gerichtsbarkeit nur gegenüber dem ungarischen König Rechtfertigungspflicht. Die Bauern und Leibeigenen in Deutschland konnten von so etwas nur träumen. Daher sahen sich Ungarn und Deutsche in der Region selbst immer als etwas "Besonderes" an: Die Ungarn die Herrscher, die Deutschen die privilegierten Fachleute. Jahrhundertelang lebten beide fast in einer Art "Apartheid" als in verschiedenen Bereichen dominierende Nationen zum gegenseitigen Nutzen zusammen, aber doch weitgehend nebeneinander und streng getrennt von anderen, "unbedeutenderen" Völkern der Region. (In Zeiten, in denen das ungarische Königtum schwach wurde, gab es übrigens Kämpfe zwischen den freien deutschen Städten und ungarischen Landadeligen, die von den Deutschen ähnliche Unterwerfung forderten, wie die deutschen Raubritter von vorbeiziehenden Händlern oder ihren eigenen Bauern. Ganz spannungsfrei war es selten in jener Gegend.)
      Es galt bei den Deutschen / Österreichern übrigens bis zum Ersten Weltkrieg als fast "undenkbar", Rumänen zu heiraten; Ungarn kamen eigentlich nur in Frage, wenn sie adelig oder schwer reich oder am besten beides waren. Bei den Ungarn im umgekehrten Fall war es genauso. Für die Rumänen hingegen galt es immer als "sozialer Aufstieg", Deutsche oder Ungarn zu heiraten. (Da könnt Ihr übrigens mal sehen, wie weit meine "verkorkste Familie" der Zeit voraus war! ;) Die ersten Ungarn gab`s in meiner Familie schon vor dem ersten Weltkrieg, die ersten Rumänen schon in den 30er Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg!)
      Die Rumänen lebten zwar in genau derselben Region, aber sie wurden von den "Herrschervölkern" einfach nicht richtig zur Kenntnis genommen, so als ob sie "Luft wären".
      Nach dem Ersten Weltkrieg kam dann besonders für die Ungarn der große Schock, als in den Pariser Vorortverträgen von Trianon etc. allen Völkern des ehemaligen Österreich-Ungarn in Volksabstimmungen das Recht zugestanden wurde, ihre Zugehörigkeit zu einem Land durch Volkszählungen etc. selbst zu bestimmen. Niemand in der Donaumonarchie hatte damit gerechnet, daß so viele Rumänen in Siebenbürgen, dem Banat und dem Maramures-Gebiet lebten und mit dem Königreich Rumänien "fusionieren" wollten. Während des Ersten Weltkriegs waren nämlich sogar viele Rumänen auf Seiten der Österreicher gegen Rumänien in den Krieg gezogen. Auf alle Fälle vergrößerte sich das Staatsgebiet Rumäniens um ca. zwei Drittel, während von Ungarn so wenig übrigblieb, daß sich aufgrund der Mehrheitsverhältnisse der ethnischen Bevölkerungen im ehemaligen Großreich plötzlich zwei Drittel aller Ungarn außerhalb ihres neuen kleinen Nationalstaats wiederfanden, ohne dafür vor die Haustür getreten zu sein.

      Das war`s erst mal für heute. Vielleicht Fragen dazu?
      An der Stelle wäre jetzt diese andere Karte vom ehemaligen Österreich-Ungarn ganz nützlich, in die ich mit roter Farbe die Grenzen nach dem Ersten Weltkrieg einzuzeichnen versucht habe.
      Schon mal vielen Dank! ;)
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 20:38:10
      Beitrag Nr. 180 ()
      Thema: Die kurze Geschichte eines vergessenen Landes ...

      Mann achte auf die Kürze:).
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 22:45:32
      Beitrag Nr. 181 ()
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 22:46:12
      Beitrag Nr. 182 ()
      #180
      wenn du nicht gleich deinen Schnabel hältst, Suppentüte, dann kriegst du was auf den selbigen! :mad:
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 01:45:28
      Beitrag Nr. 183 ()
      :laugh::laugh::laugh: ja gibs dem notorischen querschiesser wilma!!!

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 16:55:16
      Beitrag Nr. 184 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Vielen Dank für die zweite Karten-Einfügung! Ich dachte allerdings an die andere, dritte Karte und wollte jetzt eigentlich in einem Hinweis auf die andere dritte Karte einen historischen Rückblick bringen, aber macht nichts. Mal sehen, was mir dazu einfällt:
      Am oberen Rand der Karte aus Posting # 181 "rechts von der Inschrift SOWJETUNION (POLEN) kann man die heute geteilte Bukowina erkennen und das kleine rote Pünktchen in der Mitte oben ist die ehemalige Hauptstadt Czernowitz, die heute in der Ukraine liegt. Stalin wollte angeblich nur deshalb unbedingt die Nord-Bukowina haben, weil die günstigste Bahnlinie von Odessa nach Lemberg (Lviv) durch Czernowitz führte.
      Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs besaß Rumänien auch eine gemeinsame Grenze mit der Tschechoslowakei und mit Polen. Deshalb befinden sich unter der Inschrift SOWJETUNION auch noch diese beiden Ländernamen in Klammern. Als durch den Hitler-Stalin-Pakt Polen zwischen diesen beiden "freundlichen Herren" aufgeteilt wurde, gelang es einem kleinen Teil der polnischen Armee, sowohl der deutschen als auch der Roten Armee durch die Flucht in die rumänische Bukowina zu entkommen. Meine Mutter kann sich noch erinnern, daß sie als Kind miterlebte, wie im September 1939 stundenlang schwerbewaffnete polnische Soldaten über den rumänischen Mesticanest-Bergpaß durch das deutsch-rumänische Dorf Jacobeni marschierten. Da sich die Polen auf rumänischem und damit neutralem Gebiet befanden und sehr diszipliniert benahmen, kam es zu keinen Auseinandersetzungen mit den Deutschen. Angeblich gewährte Rumänien auf englischen Wunsch hin den Polen freien Durchzug bis zum Schwarzen Meer. Mir ist allerdings nicht klar, wohin sie dann gingen. Angeblich sollen es einige polnische Soldaten damals bis nach England geschafft haben, während andere in sowjetische Gefangenschaft gerieten. Weiß jemand etwas Näheres?
      So, das war`s derst mal für heute.
      Tschüß,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 21:51:24
      Beitrag Nr. 185 ()
      Das ist die dritte Karte "Österreich-Ungarn":
      Avatar
      schrieb am 09.09.02 12:55:49
      Beitrag Nr. 186 ()
      Avatar
      schrieb am 09.09.02 16:15:44
      Beitrag Nr. 187 ()
      Ja doch, Wilma! Ich komm` ja gleich! Und wehe, du läßt es läuten, während ich mich anziehe! Du weißt doch, wie schreckhaft ich sein kann!
      Und überhaupt bin ich nicht Dein Fred Feuerstein! ;)
      Ich hol` mir jetzt erst noch`n Buch!
      Avatar
      schrieb am 09.09.02 17:20:58
      Beitrag Nr. 188 ()
      Naja, ich seh` schon, daß ich mir die Antwort auf die Frage aus Posting # 184 am besten selbst finden muß. ;)
      Zur Karte aus Posting # 184 mit Österreich-Ungarn in seinen Grenzen um 1910 (schwarz-blau umrandet; heutige Grenzen teilweise mit Rot eingezeichnet): Die Karte stammt aus dem "dtv-Atlas zur Weltgeschichte", S. 78, und hatte im winzigen Original so viele farbenreiche Details, daß ich dachte, für die meisten lustlosen Leser hier mit langsamen PCs tut`s auch eine vergrößerte Schwarz-Weiß-Version. :D
      Man sieht in der Karte auf den ersten Blick, daß die österreichische Reichshälfte der Donaumonarchie (Zisleithanien) seit ca. 1871 bemüht war, den zunehmenden Autonomiebestrebungen der vielen kleinen Völker durch zunehmende Selbstverwaltung entgegenzu kommen, wofür 15 eigene "Kronländer" mit eigenen Landtagen eingerichtet wurden. Die ungarische Reichshälfte (Transleithanien) hingegen wurde von den Ungarn zentral und manchmal auch ziemlich despotisch von Budapest aus regiert. (Budapest bitte nie mit Bukarest verwechseln! Darauf reagieren sowohl Ungarn als auch Rumänen meist etwas "bedrückt", wie schon zwei UN-Generalsekretäre feststellen mußten, die sich freuten, in der jeweils anderen Stadt zu sein. ;) )
      Wie man ebenfalls sehen kann, war Ungarn damals "riesig" und umfaßte Teile des heutigen Tschechien, fast die gesamte Slowakei, Kroatien und Slawonien, Teile von Serbien sowie fast zwei Drittel des heutigen Rumänien. Überall dort wurde die politische Führungsschicht von ungarischen Adligen gestellt. In der österreichischen Reichshälfte konnte hingegen durchaus ein polnischer Adliger der Ministerpäsident werden. Das von Österreich mit weitgehender Autonomie ausgestattete "polnische Galizien" am oberen Kartenrand war seinerzeit die freieste "polnische Region" (denn der Staat Polen existiert erst wieder seit 1918) und wurde mit polnischer Amtssprache regiert, reichte von Schlesien über Krakau bis tief in die heutige Ukraine hinein und hatte im kleinen dieselben Probleme zwischen Polen und Ukrainern, die die Ungarn mit den Rumänen hatten:
      Die Polen waren wie die Ungarn die gebildeten Grundbesitzer und Stadtbürger, während die Ukrainer in dieser Zeit die Kleinbauern und Landbewohner waren, ebenso wie die Rumänen weiter südlich. Das alles hat durchaus bis heute noch Auswirkungen derart, daß sich sowohl Ukrainer als auch Rumänen in ihren Geschichtsbüchern meist als "unterdrückte, aber ehrliche Vasallen" darstellen, während die Nachbarn in ihrem Westen natürlich oft die "unehrlichen Ausbeuter" waren.
      Außerdem gibt es tatsächlich immer noch eine Form von "kulturellen Hochmut" in den (süd-)osteuropäischen Regionen, die einst zu Österreich-Ungarn gehörten: Die erhaltenen Schlösser und Gebäude sind dort tatsächlich höher und prächtiger und die damaligen kulturellen "Hochburgen" Krakau in Polen oder Temesvar (Timisoara) in Rumänien beanspruchen noch heute für sich, die "wahren kulturellen Hauptstädte" mit den meisten Literaten und Künstlern ihrer Länder zu sein. Darüber hinaus pumpte die Donaumonarchie kurz vor ihrem Untergang noch jede Menge technischer Errungenschaften in die "kritischen Städte", um ihre "Gunst" zu beweisen. So besaß Temesvar die erste voll elektrifizierte Straßenbahn Europas; 1908 geliefert und gebaut von Siemens & Halske aus Berlin im Auftrag des Kaiserhofs in Wien. Darüber hinaus war die Donaumonarchie ein einheitliches Währungsgebiet von Innsbruck bis vor die Tore von Kiew und von Krakau bis nach Sarajevo, in dem man in damaligen Zügen auch genau diese Fahrten ohne Geldwechsel machen konnte. Allein schon das Wissen um diese damaligen Möglichkeiten von Reisen und Handel führt in vielen Städten Osteuropas zu einer nostalgischen Befürwortung eines Beitritts zur EU, wenn man auch nicht genau weiß, was da alles auf einen zukommen kann.
      So, das war`s jetzt mal wieder. Gibt`s dazu vielleicht Fragen?
      Avatar
      schrieb am 09.09.02 18:34:30
      Beitrag Nr. 189 ()
      Nein. Aber wußtest du das hier?:
      Avatar
      schrieb am 10.09.02 00:55:47
      Beitrag Nr. 190 ()
      :D:D:D


      @auryn: da kann man aber zurecht sagen - die beiden sind wirklich kult.

      :)iguana
      Avatar
      schrieb am 10.09.02 08:41:12
      Beitrag Nr. 191 ()
      Hallo Iguana,
      den Kultstrumpf wollte ich mir eigentlich nicht anziehen. ~:D~
      Übrigens habe ich schon meine "Freds", einer heißt so und ist mein Vetter, der andere heißt nicht so und ist nicht mein Vetter. *:D*
      Moin auch!
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 13:33:27
      Beitrag Nr. 192 ()
      @ Iguana:
      Vielen Dank! ;)
      Fred hatte ich schon lange nicht mehr gesehen, aber ich werde in seinem Andenken entweder gleich meine alten Comics raussuchen oder im Fernsehen nach Zeichentrickserien mit diesem Helden meiner Kindheit suchen.

      @ WilmaFeuerstein:
      Gleich zwei "Freds" um Dich herum? Ich beneide Dich irgendwie. ;)

      Gibt es noch irgendwelche Fragen zu den historischen Karten weiter unten, die ich nächste Woche beantworten könnte?
      Falls nicht, fällt mir vielleicht noch eine Frage ein, zu der ich mal in etwa folgendes gehört hatte:
      Stimmt es, daß der Vater von Albrecht Dürer ein "Thürer / Dürer" aus Großwardein war, wo er am Dom als Steinmetz für die Gestaltung der Torbogen zuständig war?
      Großwardein ist heute eine Grenzstadt zu Ungarn im äußersten Nord-Westen Rumäniens und heißt nun Oradea.
      Tschüß,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 13:53:16
      Beitrag Nr. 193 ()
      Nur kein Neid bitte: die "Freds" sind nicht beide um mich herum.

      Dürer/Thürer - Thyrer? Thüringen hat seinen Namen vom Fluß Thyra.

      Hat vielleicht Rumänien seinen Namen vom Bacardi??? :)
      Zu Buhai, Bukhai aus dem Thread über deutsche Tradition (:laugh: ):
      Ohne daß ich ernsthaft Zusammenhänge erwöge - in Nordafrika gibt es ein Getränk namens Boukha (gesprochen Buk-cha), das ist ein Feigenschnaps (schmeckt vorzüglich in kalter Cola).

      v:Dv (beachte bitte meine Zopf-oder-Ohren-Vielfalt!)
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 14:24:11
      Beitrag Nr. 194 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Also nein, ich bitte um mehr wissenschaftlichen Ernst! ;)
      Wo soll denn im Namen Rumänien / România der Bacardi versteckt sein, bitteschön? Eher findet man darin noch den Tsuika oder Palinka (= beides Pflaumenschnaps und "beinahe-Nationalgetränk", wenn ich mich nicht irre).
      Der Inhalt der letzten Klammer entzog sich leider meinen gesteigerten Bemühungen um Verständnis. Trägst Du nun Zöpfe oder Ohren oder beides? ;)
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 14:29:29
      Beitrag Nr. 195 ()
      Auryn, bist du etwa einer jener fürchterlichen Antialkoholiker und weißt nicht, daß Bacardi weißer RUM ist?
      (:D) Zopf oder Ohren - ich trage das in memoriam :cry: meines heißgeliebten unkupierten Dobermannrüden (noch `n "Fred"!).
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 14:41:03
      Beitrag Nr. 196 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Andi-Allohoooliker bin ich latürnisch keiner, hicks!
      Aber ich habe einen Leberschaden, dessen Ursache nicht ganz geklärt ist und darf tatsächlich kaum dieses Zeugs trinken. Drei Gläschen Tsuika und ich stehe kurz vor demselben Gefühl, das Leute mit Seekrankheit so oft befällt. Und dieses Gefühl ist nicht nur auf Tsuika beschränkt, sondern findet sich für mich in den meisten Sachen mit Alllohooolol. Uff, ich kann`s nicht mal richtig schreiben, ohne meine Probleme zu bekommen.
      "Weißer RUM", ja natürlich, daß ich da nicht draufgekommen bin! Aber ich war schon immer schwach in Scherzfragen. Wo war doch jetzt gleich wieder das Smiley, das sich die Hand vor den Kopf schlägt?
      Schon soviele Freds in der Bekanntschaft!? Dann war Feuerstein ja eine logische Namenswahl. ;)
      Tschüß,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 14:46:31
      Beitrag Nr. 197 ()
      P.S.: Da habe ich unter einer obskuren österreichischen Internet-Adresse, die sich aber nur sehr laaaangsam unter "Museumonline.at" öffnet, doch gerade folgenden Text gefunden, wonach der Vater von Dürer tatsächlich in Großwardein am Dom gearbeitet haben könnte:
      Bild zeigt Albrecht Dürer
      Der Künstler: Albrecht Dürer:
      Erarbeitet und gefälscht von Simone Kremser
      Albrecht Dürer geboren am 21.5.1471 in Nürnberg und starb am 6.4.1528 in Nürnberg.
      Aus einem ungarischen Dorfes namens Ajtos stammt sein Großvater, der Goldschmied Anthon Dürer ab. Dürers Vater hieß ebenfalls Albrecht, geboren 1427 in Gyula/Ungarn.
      Das Wappenbild der Dürers war eine geöffnete Tür.
      Die Familie stammt vermutlich von deutschen Kolonisten ab, die von König Bela IV. nach den Monogoleneinfällen 1241 in das verwüstete Ungarn eingewandert
      waren. Von insgesamt 18 Kindern kam Albrecht Dürer als 3. Kind zur Welt. Sein Pate war Anton Kopenberger.
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 14:47:44
      Beitrag Nr. 198 ()
      ... Freds und Fredinen ...


      Bei der Namenswahl dachte ich eher ans verbale Zündstoffliefern ...

      Ich habe übrigens noch einen Dobermann. :p
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 14:48:21
      Beitrag Nr. 199 ()
      Ach ja, und für heute (vielleicht auch für morgen und vielleicht... aber lassen wir das) muß ich jetzt leider schon wieder verabschieden.
      Tschüß, Auryn
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 14:55:07
      Beitrag Nr. 200 ()
      Jaaa! Genau diese "Freds und Fredinen" haben doch noch zum Abschied für mich gefehlt! ;)
      Ich bewundere die tapferen Gallier aus ihrem kleinen unbeugsamen Dorf selbstredend über alle Maßen! ;)
      Aber ich erkenne unter den wahren Honoratioren eigentlich nur Methusalix, Majestix und Gutemiene. Wo sind denn Asterix, Obelix und Miraculix?
      Doch nicht etwa auf dem Weg nach Rumänien, um einem befreundeten "dakischen Druiden" gegen die Römer beizustehen?
      Das fehlt tatsächlich noch als Handlung in den Heften. Könntest Du das nicht mal dem Herrn Goscinny (oder ist`s Uderzo) vorschlagen?
      So, jetzt aber meinen Zaubertrank getrunken und nach Hause ssssssssst.
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 17:11:01
      Beitrag Nr. 201 ()
      Leider besteht die Autorengruppe der Asterix-Geschichten aufgrund letaler Ereignisse nicht mehr vollständig ...
      (war das wissenschaftlich genug ausgedrückt?)
      Also - wegen meiner Dobermänner (nur mit einem Dobermann lernt man Hunde wirklich zu verstehen) brauchst du nicht das Weite zu suchen, weder heute noch später. Sie werden schon keine virtuellen Bisse austeilen... Bist du vielleicht Fallschirmspringer? Die haben mitunter Angst vor Hunden ... :D
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 17:16:51
      Beitrag Nr. 202 ()
      PS: Wenn du den Eindruck hast, daß das Threadthema übererfüllt ist, dann fang doch einfach einen neuen an.
      Z. B. über das Zeitverständnis in unterschiedlichen Kulturen. :D :D
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 18:17:27
      Beitrag Nr. 203 ()
      Naja, vielleicht hast du ja auch keine solche mehr ... Soll ja Studenten geben, die studieren. (Pardon)
      Also falls du nichts mehr von dir hören läßt: Good luck.
      Wenn doch: höre gern wieder von dir.
      Wilma (:D)
      Avatar
      schrieb am 03.10.02 10:36:07
      Beitrag Nr. 204 ()
      @auryn: Durch deinen Thread hat mittlerweile sogar der Spiegel seine Aufmerksamkeit auf Siebenbürgen als historisch und touristisch bemerkenswertes Ländchen gelenkt.:cool:
      Das neben mehreren deutschen auch noch ein siebenbürgisches Rothenburg existiert, hast du uns allerdings bisher verschwiegen.;) Meinst du auch, daß das geplante Dracula-Disneyland, die Idylle (zer)stören würde ?

      vollständiger Artikel aus spiegel-online unter:
      http://www.spiegel.de/reise/kurztrip/0,1518216,444,00html{/U…

      gruß
      superior;)" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">http://www.spiegel.de/reise/kurztrip/0,1518216,444,00html{/U…

      gruß
      superior;)
      Avatar
      schrieb am 03.10.02 10:51:53
      Beitrag Nr. 205 ()
      Klammerfehler, jetzt funktioniert der spiegel-online Link hoffentlich - ins Land jenseits des Waldes:

      Das Reich der Sachsen und Vampire

      http://www.spiegel.de/kurztrip/0,1518216,444,00.html

      gruss
      superior;)
      Avatar
      schrieb am 03.10.02 10:58:31
      Beitrag Nr. 206 ()
      Avatar
      schrieb am 03.10.02 11:15:44
      Beitrag Nr. 207 ()
      Avatar
      schrieb am 04.10.02 17:47:45
      Beitrag Nr. 208 ()
      @ superior:
      Vielen Dank für den Hinweis!
      Das ist viel zuviel der Ehre für den kleinen Auryn, daß selbst unser Spiegel durch meine Wenigkeit auf Siebenbürgen aufmerksam geworden sein könnte. ;)
      Ich glaube eher, daß da jemand auf die verzweifelten Bemühungen des rumänischen Tourismusministers reagiert haben könnte, in der Nähe von Schäßburg den weltweit größten "Dracula-Vergnügungspark" zu errichten und sich dann gedacht hat, da muß es doch noch etwas anderes geben.
      Aber wo Du "gerade" einen interessanten Link gebracht hast, erlaube ich mir etwas ähnliches in Bezug auf die einzige kostenlose Zeitschrift, die mir bekannt ist und gerade neu erschien mit einem Themen-Heft über Deutsche und Polen:
      "fluter", Heft Nr. 4 vom September 2002; (Informationsmagazin der Bundeszentrale für politische Bildung).
      Vertrieb, Bestellungen und Abbestellungen über die Universum Verlagsanstalt, Taunusstr. 54, 65183 Wiesbaden.
      Telefon 0611- 90 30-267; Fax: 0611-9030277.
      per eMail bestellbar über: vertrieb@universum.de
      Um es für Euch noch interessanter zu machen: Zwischen Seite 30 und 33 findet Ihr ein Interview mit dem Professor und Institutsdirektor, bei dem ich ein "Gut" für meine Magisterarbeit bekommen habe. ;)
      Auf Seite 34 wird übrigens das Beispiel erwähnt, das ich schon öfters mal brachte: Von der Roten Armee vertriebene Polen aus Galizien und der Ukraine wurden in Häusern von Deutschen in Schlesien angesiedelt und haben mitunter Jahrzehnte in den Häusern der vorher vertriebenen Deutschen gelebt, ohne viel zu verändern. Manchmal blieben so sämtliche persönlichen Gegenstände der Deutschen erhalten, die manchmal aus Nostalgiegründen zu einem Besuch zurückkehren und gar nicht glauben können, daß ihre Fotoalben und Bilder noch im selben Raum am selben Ort zu finden sind.
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 11:13:29
      Beitrag Nr. 209 ()
      Da habe ich noch einen irgendwie interessanten Artikel gefunden mit einem noch interessanten Lebenslauf aus Rumänien:
      Von Nizza nach Hermannstadt

      Die Buchhalterin Marina Robescu und ihr beeindruckender Stammbaum

      Wer hätte das gedacht? In der Hermannstädter Geschäftsstelle des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien sitzt eine Buchhalterin, aber nicht irgendeine, sondern eine blaublütige. Die Verwalterin der Forumsfinanzen ist eine Tolstoi-Nachfahrin und hat überdies eine erfolgreiche obgleich nur kurze Karriere als Opernsängerin hinter sich. Die Frau trägt heute den Allerweltsnamen Marina Robescu, wurde als briti. sche Staatsbürgerin geboren und kann selbstbewusst von sich sagen: "Ich bin mit der verstorbenen Queen Mum verwandt."

      Ihr Stammbaum - in französischer Sprache verfaßt - reicht bis ins 8. Jahrhundert zurück. Er beginnt mit Lideric (730-809), "Prinz von königlichem Geblüt der aus Lissabon in den Dienst von Charles Martel (741-786) kam, Graf de Marlebeke wurde und 792 Flandern besetzte". Die Nachfahren von Lideric wurden die Grafen von Flandern. Einer der Grafensöhne namens Henri nahm an einem Kreuzzug teil, und auf der Rückkehr aus dem Gelobten Land blieb er irgendwie in Rußland hängen. Er zeugte vier Söhne, die die Stammväter von vier Familien wurden: Der älteste war beleibt und wurde deswegen russisch "tolstyi" genannt, daher der Name Tolstoi - zu diesem Geschlecht gehörte auch der Graf Leo Tolstoi -, der zweite wurde Prinz von Wassiltschikow, der dritte war etwas verschroben und hieß deshalb "durnoi", von wo der Familienname Durnowo abgeleitet ist, und der vierte begründete das Geschlecht der Tuchatschewski.
      Marina Robescus Biographie ist wie aus einem Heftchen-Roman. Sie wurde am 6. Oktober 1924 in Nizza als Marina von Wolkoff geboren. Der Vater, Nikolas von Wolkoff, stammte aus Litauen, die Mutter, Natalie Tolstoi, war eine Tochter des Pierre Tolstoi, Oberst im russischen Garde-Kavallerieregiment.
      Pierres Ururururgroßvater war von Zar Peter 1., dem er als russischer Minister in Konstantinopel gedient hatte, in den Grafenstand erhoben worden.
      Marinas Großmutter Zenaida Tolstoi geborene Bekteieff, war tatarischer Abstammung. Sie floh mit den Kindern wahrend der Oktoberrevolution 1917 auf einem Schiff aus Rußland und gelangte über Konstantinopel, Malta und Rom nach Berlin. Hierher war auch der Offizier der Weißen Armee von Wolkoff geflohen und hatte der Gräfin Zenaida Tolstoi all ihren zurückgelassenen Schmuck wiedergebracht. Diesen ehemaligen Offizier heiratete Natalie, denn der Herzogssohn, den sie eigentlich liebte, war von seiner Familie mit einer anderen Frau verheiratet worden war. Klingt doch wie ein Schundroman, oder? Ist aber wahr, sagt Frau Robescu.

      Wolkoff war britischer Staatsbürger, und so ist auch Marina von Geburt an britische Staatsbürgerin. Die Ehe hielt allerdings nicht lange. "Als ich zwei Jahre alt war, trennten sich meine EItern. Ich habe meinen Vater nicht gekannt. Ich weiß bloß, daß er nach Großbritannien ging, dort zweimal verheiratet war und fünf Kinder hatte. Wir zogen 1930 nach Rumänien, wo meiner Mutter damals aus dem Familienerbe ausgedehnte Ländereien zustanden, die im ehemals russischen Bessarabien lagen. In Hermannstadt ließen wir uns nieder und wohnten zwei Jahre in dem Haus in der Salzgasse, wo bis vor kurzem ein Kindergarten untergebracht war. Dann heiratete meine Mutter einen hohen Offizier, und wir zogen nach Bukarest um, wo wir bis 1940 gewohnt haben. Dort habe ich auch Deutsch gelernt."

      Die erste Sprache der kleinen Marina war Englisch, später kamen das Französische und das Russische hinzu und ganz zuletzt das Rumänische. "Rumänisch habe ich beim Fußballspielen von der Ordonnanz meines Stiefvaters gelernt", erklärt sie lachend.

      Wie`s der Zufall so schön fügt: In Bukarest hatte Marinas Familie eine Wohnung Tür an Tür mit dem bekannten Dirigenten der Bukarester Oper, Ionel Perlea, genommen. Marina und zwei Freundinnen durften als angebliche Nichten des Dirigenten gratis die Opernaufführungen besuchen und durch den Künstlereingang ins Haus schlüpfen. Bald hatte sich jede der drei Gören in einen Sänger verknallt und für Marina stand fest: "Ich will Opernsängerin werden." Sie bereitete sich fürs Konservatorium vor und nahm Gesangsunterricht zunachst in Bukarest und dann ab 1940 in Hermannstadt, wohin der inzwischen zum General avancierte Stiefvater als Chef des Militärgerichtshofs abkominandiert worden war. Die Familie zog in die Josefstraße (heute Dr. Ioan Ratiu). Es folgten von 1942 bis 1944 zwei Jahre in Odessa, wohin man den Stiefvater versetzt hatte. Auch hier fehlte Marina von keiner Opernvorstellung; sie kannte alle Sängerinnen und Sänger.

      Und dann sollte alles doch ganz anders kommen. Die Verlobung mit dem 30 Jahre älteren Opernsänger Emil Marinescu hielt nicht lange: "Ich wollte Karriere machen, hätte ich ihn geheiratet, wäre das nicht möglich gewesen. Aber schließlich habe ich meiner Familie zuliebe dann doch auf die Gesangskarriere verzichtet." - 1945, mit 21 Jahren, heiratete sie den ehemaligen Kavallerieoffizier Radu Robescu. Obwohl die beiden immer wieder wegen ihrer "ungesunden Herkunft" Schwierigkeiten mit den kommunistischen Machthabern hatten, gelang es der energischen jungen Frau, doch noch die Bühne zu betreten. Die Zeit war kurz, aber schön, sagt sie. Es war 1948, als Idole Dimitriu-Bârlad, die Tochter eines Familienfreundes, eine Oper in Hermannstadt gründete und Marina Robescu zum Mitmachen animierte. Sie ließ sich nicht lange bitten. Als Koloratursängerin gab sie die Margarete in Gounods "Faust" und die Violeta in "La Traviata". (Übrigens war die Begründerin der Hermannstädter Oper die Mutter der Schlagersängerin Margareta Pâslaru. Diese debütierte 1948 als Kind in der "Madame Butterfly" von Puccini. )

      Doch dann karn`s, wie es in einem Groschenroman kommen muß: Nach drei Premieren ("Faust", "La Traviata" und "Madame Butterfly" ) brannte der Verwalter mit der Kasse durch, und der Traum von der Oper war ausgeträumt. Die junge Frau Robescu bekam zwar einen Vertrag an der Bukarester Oper, verzichtete aber darauf, um sich ihrem knapp einjährigen Sohn widmen zu können. In der Folgezeit erlernte sie den prosaischen Beruf eines Buchhalters, den sie drei Jahrzehnte lang am, Gheorghe-Lazar-Lyzeum in Hermannstadt ausübte. Ab 1981 verdiente sie sich ihr Brot als Daktylographin, sie tippte und redigierte insbesondere Diplomarbeiten. Seit 1994 arbeitet sie als Buchhalterin beim Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien.

      Doch ihre Liebe zur Musik und vor allem zur Oper hält unvermindert an. Sie verpaßt kaum ein Opern-Quiz im Radiosender "România Cultural", und meist greift sie zum Hörer, während die Musik noch spielt um die richtige Antwort durchzusagen. Und daß sie als angebliche Nichte des Orchesterdirigenten gratis in die Oper durfte, hat sich ein halbes Jahrhundert später bezahlt gemacht: Zu einem Buch über die Bukarester Oper in der Zwischenkriegszeit konnte sie zahlreiche Autogrammfotos von den Operngroßen aus aller Welt, die damals in Bukarest aufgetreten sind, beisteuern.

      Beatrice UNGAR

      Hermannstädter Zeitung Nr. 1808/ 35. Jahrgang vom 13. Dezember 2002, S. 1 und S. 5.
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 11:20:25
      Beitrag Nr. 210 ()
      Hallo Auryn,
      krankst du noch, oder lebst du schon wieder? :D Willkommen in 2003.
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 11:30:21
      Beitrag Nr. 211 ()
      Hallo Wilma,
      nein, es sind nicht meine üblichen Krankheiten gewesen, sondern nur die Tatsache, daß meine Uni zu kleine Info-Plakate aufgehängt hat. Da geht man nämlich jahrezehntelang davon aus, daß mindestens ein Computerraum in der Uni noch am 23. Dezember geöffnet ist, damit man noch virtuelle Weihnachtsgrüße loswerden kann und plötzlich schließt die Uni vom 22.12. bis zum 02.01. des Folgejahres und verrammelt, verriegelt und vernagelt sämtliche Türen. Danach brauchte ich noch ein paar Tage, um mich von dem Schock zu erholen, daß man die arbeitswütigsten Studenten aus China, Korea, Japan sowie meine Wenigkeit am "Arbeiten" in den PC-Pools hindert und alle genormten Deutschen das auch noch toll finden!
      Deutschland, wie tief bist Du gesunken! :cry:
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 11:33:43
      Beitrag Nr. 212 ()
      Mein Mitgefühl ist dir sicher. Laß uns gemeinsam den Jammer in dieser Welt beschluchzen. :cry: :cry: Und wenn wir damit fertig sind, habe ich eine Frage an dich: Glaubst du, daß der Irak-Krieg tatsächlich stattfinden wird?
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 11:46:43
      Beitrag Nr. 213 ()
      @ Wilma:
      Ja, ich fürchte "Schluchzen" ist in jeder Form angesagt. Näheres zu Deiner Frage werde ich wohl demnächst in meinem Thread: Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei behandeln, sobald dort ein kleiner Essay an und über "Deep Thought" erschienen ist.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 14:05:06
      Beitrag Nr. 214 ()
      Hallo mal wieder und zum letzten Mal für einige Zeit
      (kleine "Abschiedsanekdote" am Schluß),

      nach und während meiner Teilnahme an einer wissenschaftlichen Tagung muß ich leider die Ankündigung machen, daß ich mich für einige Zeit aus "Wallstreet: Online" verabschiede und nur noch sporadisch vorbeisehen werde, da ich möglicherweise doch ein Dissertationsstipendium aus einem Sonderfonds von einem osteuropäischen Außenministerium erhalte und dafür ein analysierendes Exposé für einen "dirigierenden Legationsrat" dieses Ministeriums schreiben muß, der mich für "förderungswürdig" erachtet. TÄTÄÄ-TÄTÄÄ-TÄTÄÄÄ !!!
      :)
      (Wäre ja wirklich witzig, wenn auch mein Exposé mal von einem Premierminister oder im UN-Sicherheitsrat zitiert würde!)
      :D
      Ich verabschiede mich ganz frei nach dem "braven Soldaten Schwejk": Dann `Auf Wiedersehen` bis am Freitag nach dem Krieg um 5 Uhr. Nein, sagen wir besser: bis um 6 Uhr, weil es könnt` sein, daß ich mich verspäten möcht`.
      ;)
      Falls dies alles nichts wird, sollte ich vielleicht politische Satiren in pseudowissenschaftlichem Stil schreiben, denn einer meiner Profs fand eine Fußnoten-Passage einer meiner Arbeiten "fast zu satirisch" für einen wissenschftlichen Text. Es ging um folgende (nur aus dem Gedächtnis zitierte) Passage, die die tatsächlichen Ereignisse der rumänischen "Revolution" am 22. Dezember 1989 behandelte. Es geht darin um einen der ehemaligen "Hofdichter und -komponisten" sowie Freund Ceausescus namens Paunescu:

      "Adrian Paunescus Karriere geriet am Nachmittag dieses Tages in eine schwere Popularitätskrise (Fußnote X), die jedoch schon wenige Wochen später mit Hilfe des neuen Präsidenten Iliescu überwunden werden konnte (Fußnote Y)."

      Fußnoteninhalt auf derselben Seite unten:
      Fußnote X: Die im Aufstand befindliche Bevölkerung Bukarests erkannte Paunescu trotz Verkleidung, als er sich in das Botschaftsviertel Bukarests retten wollte, und begann mit den Vorbereitungen, Paunescu am Eingangstor der US-Botschaft aufzuhängen. Die US-Soldaten, die die Botschaft bewachten, beruhigten jedoch die wütende Masse und gewährten Paunescu vorübergehend Asyl.
      Fußnote Y: Iliescu ernannte Paunescu wenige Monate später zum Sonderbeauftragen Rumäniens für Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 18:03:42
      Beitrag Nr. 215 ()
      Habt Ihr in den letzten Tagen eigentlich auch diese wirklich witzig-feinsinnige Neigung rumänischer Politiker bemerkt, auf Kritik aus dem Ausland mit "Gleichnissen" aus dem familiären Umfeld zu antworten, das jedermann bekannt sein müßte? ;)

      Jacques Chirac, französischer Präsident, über die osteuropäischen EU-Beitrittskandidaten und ihre Unterschriften in der Solidaritätserklärung mit den USA:
      "Ils ont manqué une bonne occasion de se taire."
      (Übrigens im deutschen Videotext ganz falsch mit "Klappe halten!" übersetzt. Völlig richtig ist die Übersetzung: "Sie haben eine gute Gelegenheit verfehlt, zu schweigen." )

      Die Antwort darauf von Adrian Nastase, Premierminister von Rumänien, fand ich recht lustig: "When I have a dispute with my wife, I always insult our children! ... We have no problems with France...

      Ich hätte so gerne "Ooooch!" gesagt, um den Familienstreit zu schlichten.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 19:55:19
      Beitrag Nr. 216 ()
      #215,

      Schauspielerin Elke Sommer (amerikanisierte Deutsche) soll mal gesagt haben, wenn sie sich ärgert, prügelt sie ihren Hund (oder so ähnlich). Finde ich immerhin noch besser als die Kinder anzuschnauzen. Haben die Rumänen keine Hunde?? :(
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 18:10:57
      Beitrag Nr. 217 ()
      Doch, aber die sind oft sehr bissig!
      ;)
      Hast Du denn hier meine früheren Beschreibungen über domestizierte Wölfe und verwilderte Haushunde nicht gelesen?
      :confused:
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 18:27:29
      Beitrag Nr. 218 ()
      Ich meinte ja unverwilderte Haushunde im Haus, quasi Familienhunde, Blitzableiter und Prügel"knaben". :D
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 18:46:30
      Beitrag Nr. 219 ()
      Du unterschätzt a) die leichte Verwilderungsfähigkeit rumänischer Haushunde und b) die Heterogenität der nationalen Herkunft rumänischer Familien. Die rumänische "Regierungsfamilie" wird von ihren Gegnern grundsätzlich immer als "krimineller Mafia-Clan" bezeichnet und spätestens seit dem Film "Der Pate" wissen wir ja, wie es in solchen Familien zugehen kann, wenn Iren oder Sizilianer einheiraten.
      Meine deutsch-österreichisch-ungarisch-rumänisch-ukrainische Familie ist ja schon schlimm genug, aber das ist noch gar nichts gegen eine rumänische Familie mit 13 (in Worten: "dreizehn"!) Minderheitsangehörigen darin!
      :D
      Avatar
      schrieb am 05.03.03 11:28:58
      Beitrag Nr. 220 ()
      Hallo Auryn,

      ich habe mal eine Frage :

      Ich habe vor mir ein Büchlein liegen mit folgendem Titel :

      Erweis, Daß die Walachen nicht römischer Abkunft sind, und dies nicht aus ihrer italienisch-slavischen Sprache folgt. Mit mehreren Gründen vermehrt und in die walachische Sprache übersetzt von S.T. 184 S. (deutsch-walachischer Paralelltext), HLwd. der Zeit mit Rückentitel, Eggenberger, Ofen, 1827.

      S.T. meint Sava Telelija (Tököly) (1761-1841) allerdings wird auch teils als Autor ein Bojinca Damaschin genannt ?

      Benutzt wurden von mir die verfügbaren Daten aus Google (allerings nur die ersten Seiten) und der virtuelle Katalog der Universität Karlsruhe.

      Da es eine Ausgabe Halle 1823 gibt (nur deutscher Text) ist "vermehrt" und "übersetzt" natürlich zweideutig, es kann sich um eine "vermehrte" 2. Auflage handeln die zusätzlich um die angegebene Übersetzung erweitert wurde, oder aber eine erweiterte Fassung eines ursprünglich anderen Autors.

      Vielleicht steht ein Nachschlagewerk in greifbarer Nähe, das die Autorenschaft klärt.

      Mfg
      Avatar
      schrieb am 15.03.03 12:15:40
      Beitrag Nr. 221 ()
      Hallo "eierdieb",
      es tut mir leid, aber ich bin im Moment nicht an einem Ort und auch zeitlich nicht in der Lage, Dir wirklich zu helfen.
      Ich würde auf alle Fälle dieses Buch in seiner Aussage nicht allzu sehr überbewerten, denn so um diese Zeit nach den Napoleonischen Kriegen war in Europa gerade erst das Zeitalter des Nationalismus angebrochen, da die Völker sich erstmals darüber wirklich Gedanken machten, was sie neben der Sprache überhaupt zu einer Nation macht. Ich könnte mir vorstellen, daß man zu jenem Zeitpunkt auch verhindern wollte, daß sich manche Völker allzu viel Gedanken über ihre gemeinsame Sprache machen, damit sie nicht auf den Gedanken kommen, sich in einer gemeinsamen Nation mit festen Grenzen zu vereinigen. Man darf nicht vergessen, daß damals Österreich-Ungarn den größten Teil des späteren Rumänien beherrschte und schon Probleme mit den Ungarn hatte. Ein über seine nationale gemeinsame Sprache nachdenkendes Rumänien wäre das letzte gewesen, was die Donaumonarchie gebraucht hätte. So um 1815 gab es noch in den deutschen Teilstaaten den skurrilen Versuch, sich durch neue "rein deutsche" Wortschöpfungen gegenüber dominierenden "Kulturnationen" wie Frankreich und Italien abzugrenzen, deren Sprachen an den Höfen deutscher Fürsten immer dem Deutschen vorgezogen worden waren. Ich erinnere mich an eine Passage in einem Vorwort zu einem deutschen Duden-Fremdwörterbuch, wonach um 1815 ernsthaft versucht wurde, verhaßte "französische Wörter" wie Pistole und Sofa durch "Meuchelpuffer" und "Lotterliege" zu ersetzen.
      Aber eigentlich wollte ich heute hier etwas viel Ernsteres schreiben...
      Avatar
      schrieb am 15.03.03 12:19:06
      Beitrag Nr. 222 ()
      Verslose Elegie für tote Helden Südosteuropas

      Ich weiß, dass das folgende eigentlich weder zu mir noch zu meinem geplanten Job passt, da die meisten Politologen, die ich kenne, eigentlich desillusionierte Idealisten mit sehr zynischem Einschlag sind.
      Eigentlich habe ich dafür auch gar keine Zeit und ich werde in den kommenden Tagen auch nichts weiteres mehr "posten", aber trotzdem ist mir heute das folgende ein persönliches Bedürfnis.

      Heute um 14.00 Uhr unserer Zeit wird in Belgrad Zoran Djindjic zu Grabe getragen (Live-Übertragung u.a. in EuroNews), ein ehrlicher Repräsentant der Vorstellungen von westlich geprägter Demokratie und des versuchten Aufbaus eines modernen Rechtsstaats in einem Land, das beides in moderner Form so bisher noch nicht kannte.
      Darüber hinaus nannte am vergangenen Mittwochabend der ehemalige deutsche Kanzleramtsminister und spätere EU-Sonderbeauftragte für den Balkan, Bodo Hombach, in einem ARD-Tagesthemeninterview Zoran Djindjic "... einen Mann von ganz außergewöhnlichen Fähigkeiten mit genialer Rhetorik in seiner serbischen Muttersprache und großer Eloquenz in englischer und deutscher Sprache, mit sehr sympathischem Wesen - einen Mann von großer Überzeugungskraft und bemerkenswert ruhigem Wesen angesichts der Anfeindungen und Morddrohungen, denen er ausgesetzt war." Zoran Djindjic hätte als Wissenschaftler in Serbien oder auch im deutschen Exil weiter ein ruhiges Leben führen können, aber er zog es als Patriot vor, nach Serbien zurückzugehen und dort GEWALTLOS gegen Milosevic, Seselj und für eine wirklich demokratische Entwicklung seiner Heimat auf die Straße zu gehen und besonders jüngere Intellektuelle folgten ihm bei den Protesten zu Hunderttausenden. Seine Anhänger nannten ihn teilweise übertreibend den "Kennedy des Balkan". Wie Bodo Hombach am vergangenen Mittwoch weiter sagte: "Er war tatsächlich ein moderner Held." Sein Tod ist das wahrscheinlich schlimmste, das in Serbien im Moment geschehen konnte, denn niemand aus seiner Umgebung besitzt seine Fähigkeiten und soviel Vertrauen bei westlichen Regierungen.
      Es ist mehr als traurig und bestürzend, dass Zoran Djindjic wie Mahatma Gandhi, Martin Luther King und auch John F. Kennedy aus dem Hinterhalt ermordet wurde und so in der Erinnerung Serbiens tatsächlich der "Kennedy Serbiens" bleiben wird. (Nur die radikal-nationalistische Partei von Vojislav Seselji, der inzwischen auch "freiwillig" in Den Haag sitzt, weil er sonst von Djindjic ausgeliefert worden wäre, verweigert sich jeder Trauer über den Tod von Djindjic und drückt so ihre klammheimliche Freude über einen gelungenen Mord aus!) Zoran Djindjic ist auch - meines Wissens - der erste Regierungschef Europas, der seit dem Zweiten Weltkrieg so sterben muß, falls man die Hinrichtung des ungarischen Ministerpräsidenten Imre Nagy im Jahre 1956 durch ein Peloton der sowjetischen Okkupationsarmee nicht auch als Mord - wenn auch damals staatlich sanktioniert - betrachten will.
      Heute ist in Belgrad ein Tag der Trauer, aber nicht nur für Serbien, sondern für ganz Osteuropa, denn dieses Begräbnis wird die Erinnerung wieder wachrufen an all jene, die in einem Akt der Staatstrauer zu Grabe getragen wurden und an deren Begräbnis ihr Volk großen Anteil nahm.
      Heute werden wahrscheinlich auch aus der Region der rumänischen Stadt Timisoara einige Hundert rumänische Staatsbürger serbischer Nationalität zur Beisetzung von Djindjic nach Belgrad gefahren sein, denn er war auch einer ihrer Hoffnungsträger.
      Zuletzt und aus dem Grund dieser vermutlich riesigen Beisetzungsfeierlichkeiten möchte ich noch an jemanden erinnern, den in Deutschland niemand kennt und ein Beispiel für das mangelnde Interesse "verwestlichter Demokratien" für Menschen in Not war (und in der Geschichte ist): Corneliu Coposu (dt. gesprochen: Korneliu Kopoßu) war bei Kriegsende 1945 einer der stellvertretenden Vorsitzenden der rumänischen Bauernpartei, eines Vorläufers von sozial und christlich orientierten parteilich organisierten Demokraten in Rumänien.
      Bei der Machtübernahme der Kommunisten und der Vertreibung des Königs prangerte er die Wahlfälschungen der Kommunisten öffentlich an und wurde im Juli 1947 deshalb verhaftet, aber erst 1957 wegen "Hochverrats gegen die Arbeiterklasse und Verbrechen gegen sozialistische Reformen" zu lebenslanger Haft verurteilt. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in rumänischen Gefängnissen - 17 Jahre Einzelhaft, über 15 Jahre in abwechselndem Hausarrest oder überraschendem "normalem Strafvollzug". Er sagte zeit seines Lebens immer allen Richtern und allen, die ihm später begegneten, dass er sich seine Gedanken und seine politische Meinung nicht diktieren lassen wird: "Ich habe mir meine Meinung nicht von den Hitleristen und nicht von den rumänischen Faschisten diktieren lassen und ich werde sie mir auch nicht von Kommunisten diktieren lassen und dies ist mein einziges Verbrechen! Niemand wird mich jemals brechen!"
      Corneliu Coposu hatte noch das Glück, den Sturz der kommunistischen Diktatur in Rumänien zu erleben und den Aufstieg der Reste seiner Partei zur PNTCD, einer christdemokratischen Partei innerhalb einer Regierungskoalition. Natürlich hatten die Jahre der Haft ihre Spuren hinterlassen und er wirkte angesichts der oft unsinnigen politischen Streitigkeiten späterer Generationen sehr müde und zuletzt auch geistig etwas verwirrt.
      Doch als er 1995 starb, erlebte Rumänien bei seiner Beisetzung die größte freiwillige Menschenansammlung des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Dabei war nur von der PNTCD öffentlich dazu aufgefordert worden, zu dieser Trauerfeier zu kommen doch Bukarests Straßen waren schwarz von Menschen, die aus dem ganzen Land angereist waren, um Corneliu Coposu das letzte Geleit zu geben. Die Schätzungen über die Zahl der Trauernden reichten bis zu 500.000 Menschen - in Worten: fünfhunderttausend Menschen - bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 22 Millionen !!! ("So trauert ein unterdrücktes, verachtetes, kleines Volk um seine wahren Helden", hörte man im rumänischen Rundfunk.)
      Auch Fernsehsender in Polen, Tschechien, Ungarn und Bulgarien berichteten über diese überraschende friedliche Massenversammlung, die so niemand erwartet hatte.
      Nur in Deutschland wie in den meisten anderen Ländern Westeuropas nahm man in den Bildmedien von dieser Beerdigung keine Notiz und man konnte nur in der FAZ, der Neuen Zürcher Zeitung und einigen anderen eher konservativen Blättern ungefähr auf Seite 3 bis 5 eine kleine Meldung über den Tod von Corneliu Coposu und den darauffolgenden, überraschenden Menschenauflauf finden.
      Es wäre ja auch zuviel erwartet gewesen, denn ungefähr zu jener Zeit kriselte es auch erstmals in der Ehe von Dieter Bohlen und Verona Feldbusch, was ja allemal eher eine Schlagzeile wert war.
      Was soll man auch anderes in einem Land erwarten, dessen Parlament in der Woche der Eroberung von Srebrenica durch General Mladic`s massenmordende Soldateska eine "hitzige" Bundestagssondersitzung über die Frage abhielt, ob im neuen Parlament in Berlin die Sitzreihen rund oder oval angeordnet sein sollen?

      Auch im Gedenken an Menschen wie Imre Nagy, Corneliu Coposu und viele, viele andere trauere ich heute mit dem serbischen Volk um einen ihrer Besten - um Zoran Djindjic.
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 12:41:11
      Beitrag Nr. 223 ()
      Ich bin gerade mal wieder mit etwas Freizeit gesegnet und möchte Euch daran teilhaben lassen. ;)

      An Rumänien finde ich übrigens immer wieder ganz toll und hinreißend, wie sich Meldungen in deutschsprachigen Tageszeitungen mit meinen früheren Postings hier und der aktuellen Weltpolitik verbinden lassen.
      :D
      Als Beispiel für meine Aussage bringe ich jetzt erst mal einen Artikel aus der mir gerade vorliegenden Hermannstädter Zeitung vom 7. März 2003, S. 5. (Bitte jetzt noch nichts posten; der aktuelle Knüller kommt gleich in meinem darauffolgenden Posting.) Erst mal dies hier:

      Die bissigen Menschenfreunde

      Im vorigen Jahr wurden knapp tausend Hermannstädter von Hunden gebissen

      "Jährlich werden im Schnitt mindestens 500 Menschen in Hermannstadt von Hunden gebissen und müssen zur Behandlung in die Klinik für ansteckende Krankheiten des Hermannstädter Kreiskrankenhauses", sagt der Chefarzt, Prof. Dr. Dumitru Suciu. Alle werden sie gegen die Tollwut geimpft. Präventiv, denn bei so vielen streunenden Hunden kann man ja nie wissen...

      Für die eingefangenen Straßenköter hat die Stadt ein Hundeheim eingerichtet: Eine Metallkonstruktion, durch deren Gitter der Wind pfeift und Schnee und Regen treiben. An die vierzig Tiere befinden gleichzeitig im Hundeheim, und sie verlassen es fast ausnahmslos in Richtung Tierfriedhof.

      Ist nämlich der Countdown von vierzehn Tagen nach Einlieferung des Hundes abgelaufen, schläfert ihn der Tierarzt ein. Denn die wenigsten Hunde, die hier landen, haben einen Herrn. Und es gibt nicht so viele Tierliebhaber und Hundenarren, als daß jeder Straßenhund aus dem Hundeheim einen Herrn finden könnte. Natürlich landen hier immer wieder auch Haus- und Hofhunde, die von zu Hause ausgerissen sind.

      Den entlaufenen Liebling kann der Besitzer wochentags zwischen 8 und 11 Uhr im Hundeheim suchen und, wenn er da ist, wieder mitnehmen. Zu den angegebenen Stunden kann auch ein herrenloser Hund adoptiert werden.

      Die Tiere werden von den Hundefängern der städtischen Strassenbaugesellschaft (DPC) von der Straße aufgelesen, angeblich frühmorgens, damit die Bevölkerung keinen Anstoß nehmen kann. Deren nicht jedermann ist mit der Jagd auf die Hunde einverstanden.

      Aber auch nicht mit der Jagd der Hunde auf die Passanten. Sie beginnt meist nach Einbruch der Dunkelheit. Um die Mülltonnen in den Blockvierteln rotten sich die Tiere zusammen und machen die Gegend unsicher. Der Hunger und schlechte Erfahrungen mit den Menschen haben sie aggressiv gemacht. Und meist beißen diejenigen, die nicht viel bellen.

      Bevor Sie einer Hundegang in die Quere kommen und es zu einem persönlichen Bißerlebnis kommt, ist das Anschaffen eines Betäubungssprays zu empfehlen. Lassen Sie sich diesbezüglich in einem Waffenladen beraten. Wenn Sie von einem Hund angegriffen werden, hilft es, das Tier laut anzuschreien. Keine Angst vor der eigenen adrenalinerzeugenden Angst, die der Hund angeblich spüren soll. Ihre Wut ist es, wovor der Hund erschrocken das Weite suchen wird.

      Im vergangenen Jahr haben 961 Hermannstädter im Alter von zwei bis 80 Jahren, die von Hunden gebissen wurden, die Klinik für ansteckende Krankheiten aufsuchen müssen. In 536 der Fälle wurde die Anti-Tollwut-Behandlung durch drei bis fünf Impfungen (dauert zwischen sieben und 21 Tagen) vorgenommen, in einigen wenigen Fällen mit schnellwirkendem, aber unter Umständen auch lebensgefährlichem Serum. "Mit dem Serum werden dem Menschen direkt Abwehrstoffe gespritzt, was eine Schockwirkung auslösen und zum Herzstillstand führen kann. Deshalb wird es nur in Extremfällen verabreicht", so der Chefarzt der Abteilung, Dr. Dumitru Suciu. Er kann sich allerdings an keinen Fall von Übertragung der Tollwut auf den Menschen in den letzten 20 Jahren erinnern.

      Die Tollwut ist eine Infektionskrankheit, die das zentrale Nervensystem angreift. Ihr Erreger ist ein Virus und wird durch den Biß kranker Tiere durch deren Speichel auf den Menschen übertragen. Beim gebissenen Menschen kann die Krankheit, falls er sich keiner Behandlung unterzogen hat, nach einer Inkubationszeit ausbrechen, die 20 Tage aber auch zwei Jahre dauern kann. Krankheitssymptome sind die Rötung der Bißnarbe, Kopfweh, Beklemmungszustände, Schluckbeschwerden, Erstickungsgefühle, Durst, Wasserscheu und eine Erregbarkeit, die zu Tobsuchtsanfällen und in einem bis fünf Tagen zum Tod führen kann.

      Diana Câmpean
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 12:49:37
      Beitrag Nr. 224 ()
      Heute habe ich gerade ein bißchen Freizeit und deshalb möchte ich Euch daran teilhaben lassen und mal wieder ein Beispiel dafür bringen, wie hervorragend sich meine Postings hier mit der aktuellen Weltpolitik und südosteuropäischem Humor verbinden lassen.
      Das folgende Posting ist ein Artikel aus der Hermannstädter Zeitung vom 7. März 2003, S. 5 und man muß es mal in Verbindung mit dem gleich folgenden Posting eines Artikels von S. 1 aus derselben Ausgabe lesen:

      Die bissigen Menschenfreunde

      Im vorigen Jahr wurden knapp tausend Hermannstädter von Hunden gebissen

      "Jährlich werden im Schnitt mindestens 500 Menschen in Hermannstadt von Hunden gebissen und müssen zur Behandlung in die Klinik für ansteckende Krankheiten des Hermannstädter Kreiskrankenhauses", sagt der Chefarzt, Prof. Dr. Dumitru Suciu. Alle werden sie gegen die Tollwut geimpft. Präventiv, denn bei so vielen streunenden Hunden kann man ja nie wissen...

      Für die eingefangenen Straßenköter hat die Stadt ein Hundeheim eingerichtet: Eine Metallkonstruktion, durch deren Gitter der Wind pfeift und Schnee und Regen treiben. An die vierzig Tiere befinden gleichzeitig im Hundeheim, und sie verlassen es fast ausnahmslos in Richtung Tierfriedhof.

      Ist nämlich der Countdown von vierzehn Tagen nach Einlieferung des Hundes abgelaufen, schläfert ihn der Tierarzt ein. Denn die wenigsten Hunde, die hier landen, haben einen Herrn. Und es gibt nicht so viele Tierliebhaber und Hundenarren, als daß jeder Straßenhund aus dem Hundeheim einen Herrn finden könnte. Natürlich landen hier immer wieder auch Haus- und Hofhunde, die von zu Hause ausgerissen sind.

      Den entlaufenen Liebling kann der Besitzer wochentags zwischen 8 und 11 Uhr im Hundeheim suchen und, wenn er da ist, wieder mitnehmen. Zu den angegebenen Stunden kann auch ein herrenloser Hund adoptiert werden.

      Die Tiere werden von den Hundefängern der städtischen Strassenbaugesellschaft (DPC) von der Straße aufgelesen, angeblich frühmorgens, damit die Bevölkerung keinen Anstoß nehmen kann. Deren nicht jedermann ist mit der Jagd auf die Hunde einverstanden.

      Aber auch nicht mit der Jagd der Hunde auf die Passanten. Sie beginnt meist nach Einbruch der Dunkelheit. Um die Mülltonnen in den Blockvierteln rotten sich die Tiere zusammen und machen die Gegend unsicher. Der Hunger und schlechte Erfahrungen mit den Menschen haben sie aggressiv gemacht. Und meist beißen diejenigen, die nicht viel bellen.

      Bevor Sie einer Hundegang in die Quere kommen und es zu einem persönlichen Bißerlebnis kommt, ist das Anschaffen eines Betäubungssprays zu empfehlen. Lassen Sie sich diesbezüglich in einem Waffenladen beraten. Wenn Sie von einem Hund angegriffen werden, hilft es, das Tier laut anzuschreien. Keine Angst vor der eigenen adrenalinerzeugenden Angst, die der Hund angeblich spüren soll. Ihre Wut ist es, wovor der Hund erschrocken das Weite suchen wird.

      Im vergangenen Jahr haben 961 Hermannstädter im Alter von zwei bis 80 Jahren, die von Hunden gebissen wurden, die Klinik für ansteckende Krankheiten aufsuchen müssen. In 536 der Fälle wurde die Anti-Tollwut-Behandlung durch drei bis fünf Impfungen (dauert zwischen sieben und 21 Tagen) vorgenommen, in einigen wenigen Fällen mit schnellwirkendem, aber unter Umständen auch lebensgefährlichem Serum. "Mit dem Serum werden dem Menschen direkt Abwehrstoffe gespritzt, was eine Schockwirkung auslösen und zum Herzstillstand führen kann. Deshalb wird es nur in Extremfällen verabreicht", so der Chefarzt der Abteilung, Dr. Dumitru Suciu. Er kann sich allerdings an keinen Fall von Übertragung der Tollwut auf den Menschen in den letzten 20 Jahren erinnern.

      Die Tollwut ist eine Infektionskrankheit, die das zentrale Nervensystem angreift. Ihr Erreger ist ein Virus und wird durch den Biß kranker Tiere durch deren Speichel auf den Menschen übertragen. Beim gebissenen Menschen kann die Krankheit, falls er sich keiner Behandlung unterzogen hat, nach einer Inkubationszeit ausbrechen, die 20 Tage aber auch zwei Jahre dauern kann. Krankheitssymptome sind die Rötung der Bißnarbe, Kopfweh, Beklemmungszustände, Schluckbeschwerden, Erstickungsgefühle, Durst, Wasserscheu und eine Erregbarkeit, die zu Tobsuchtsanfällen und in einem bis fünf Tagen zum Tod führen kann.

      Diana Câmpean
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 12:53:38
      Beitrag Nr. 225 ()
      Ärgerlich, wenn es zu doppelten Postings kommt.
      Aber jetzt der Knüller in Verbindung mit der vorangegangen Meldung:

      Dieselbe Ausgabe, S. 1:

      Erste Kriegsopfer in Rumänien

      Bukarest. - Der wahrscheinlich unvermeidliche Krieg der Amerikaner gegen den Irak hat erste Opfer in Rumänien gefordert: Zwei amerikanische Soldaten wurden auf dem Flughafen Kogalniceanu (Constanta) von Straßenkötern angefallen und gebissen.
      Sie wurden sofort gegen Tollwut geimpft und sind inzwischen wieder voll einsatzfähig.
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 12:57:15
      Beitrag Nr. 226 ()
      der verstand mancher strassenköter schlägt den von anderen um längen :laugh:
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 14:30:20
      Beitrag Nr. 227 ()
      Hallo auryn,
      schön dich mal wieder lesen. So ganz kurz ist die Geschichte des fast vergessenen Landes inzwischen ja nicht mehr. ;)
      Passend zu dem Bericht über die wildernden Hunden habe ich ein paar Reiseimpressionen zu Rumänien abseits der Hauptrouten, mit einem Foto solch eines Straßenköters, entdeckt.

      Bilder aus einer vergessenen Welt - Transsylvanien und Maramures:

      http://www.br-online.de/land-und-leute/himmel/aktuell/1999/r…

      Ein Hauch wilder Osten schwingt dabei immer mit:

      http://www.br-online.de/land-und-leute/himmel/aktuell/2002/0…

      Die Waldbahnen in Rumänien waren ein letztes noch funktionierendes Relikt aus der KuK-Zeit:

      http://www.br-online.de/land-und-leute/himmel/lebensraum/200…

      Die Ermordung des serbischen Ministerministerpräsidenten hat mich auch erschüttert . Bodo Hombach hat Zoran Djindjic als einen modernen Helden bezeichnet, für einen heutigen Politiker doch ein sehr ungewöhnliches Attribut . Er hätte so etwas wie ein Vaclav Havel für Serbien werden können , bei uns wird er trotz seiner Bedeutung wahrscheinlich schnell in Vergessenheit geraten, fürchte ich .

      Gruß
      superior
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 19:44:07
      Beitrag Nr. 228 ()
      So ganz vergessen wird das kleine Buchenland doch nicht sein, wenn es schon bei der Ost-Erweiterung der EU eine Rolle spielt . In diesem Rahmen zwei Aufsätze mit etwas geheimnissvollen Headlines :

      Rückblicke auf eine vermeintliche Idylle

      http://www.freitag.de/2002/34/02341402.php


      An der Zeiten Ränder - Konflikte der Zukunft

      http://www.webarchiv-server.de/pin/archiv02/4802ob14.htm

      Gibt es nicht schon in der Gegenwart Konflikte genug ?

      gruß
      superior;)
      Avatar
      schrieb am 18.03.03 09:38:38
      Beitrag Nr. 229 ()
      @ superior:
      Vielen Dank für die interessanten Links und Querverweise!
      ;)

      Was den zweiten Link in Deinem Posting # 228 betrifft, sehe ich die Ursache für einen möglichen zukünfigen Konflikt in dieser Region besonders in dem zunehmenden Armutsgefälle zwischen der Ukraine und Rumänien und dem "Fluch der Vergangenheit" in Form der ständig verschobenen Grenzen. Die Menschen wurden seit 1940 entweder wie Vieh ständig hin- und hergetrieben oder mußten mindestens dreimal ihre Staatsbürgerschaft ändern, ohne jemals nach ihrem Willen gefragt zu werden. Familien wurden auseinandergerissen und in derselben Familie kann es im schlimmsten Fall heute rumänische, ukrainische, polnische und russische Nationalisten geben, die auf irgendetwas bei ihrem Angehörigen neidisch oder über dessen Geschichten wütend sind. Es gibt bei den entsprechenden Nachbarländern nicht mal eine gemeinsame Geschichtsschreibung. In Rumänien wird beispielsweise noch heute vielfach der gemeinsame Einmarsch rumänischer und deutscher Truppen in die Sowjetunion bei Hitlers Überfall auf die Sowjetunion als "gerechter und leider vergeblicher Versuch" bewertet, die rumänischen Gebiete zurückzuerobern, die Stalin beim Hitler-Stalin-Pakt von Rumänien annektiert hatte. Zwar gibt es jetzt ein gemeinsames Abkommen über die Unveränderlichkeit der Grenzen mit der Ukraine, aber das Gefühl der Rumänen, in der Geschichte immer ungerecht behandelt und beraubt worden zu sein, ist immer da.
      Avatar
      schrieb am 18.03.03 12:06:20
      Beitrag Nr. 230 ()
      Hallo Auryn,
      nur eine Interessensfrage: Wo siehst Du ein zunehmendes Armutsgefälle zwischen der Ukraine und Rumänien ?
      Viele Grüße
      LeN
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 10:50:12
      Beitrag Nr. 231 ()
      @ LeNeant:
      Was das Armutsgefälle betrifft ist es auch so, daß man sich in Deutschland meist gar nicht vorstellen kann, wie arm eine Bevölkerung sein kann. Ich habe vor meiner ersten Reise durch Rumänien und die Ukraine auch gedacht, daß es da kaum erkennbaren Unterschiede geben sollte, aber es gibt sie:
      In Rumänien wird man vor einem Hotel für ausländische Reisende mit größter Wahrscheinlichkeit keine Schlangen von "Rentner(innen)" finden, die schon morgens vor dem Eingang oder Parkplatz stehen, vorbeikommende Touristen ansprechen und ihnen selbstbestickte Tücher, kunstvoll bemalte Ostereier, oder selbstgeschnitzte Holzskulpturen anbieten, um ihre Rente aufzubessern - in der Ukraine findet man sie überall.
      In rumänischen Hotels gibt es im Frühling oder Herbst keine "Flurdamen" wie beispielsweise in der Ukraine, die morgens auf Wunsch mit kleinen Elektrokochern heißes Wasser aufbereiten, damit man sich damit waschen kann, weil die Regierung das Problem mit den zentralen Fernheizungen aus der Sowjetzeit noch nicht lösen konnte und
      bei Einsparungsmaßnahmen z.B. in Czernowitz mit dem Heizungssystem für die Stadt auch die Heizungen für die Hotels abgeschaltet werden, sobald draußen mehr als 15 Grad Celsius plus erreicht werden.
      Und in Rumänien ist es (noch?) nicht wie in der Ukraine oder in Moldawien die große Mode unter Familienvätern, sich von türkischen Anwerbern zu einer Flugreise nach Istanbul überreden zu lassen, um sich dort für ca. 3000 Dollar eine Niere für reichere Patienten herausoperieren zu lassen.
      In Rumänien, besonders in den Städten, ist doch inzwischen ein - wenn auch - langsamer wirtschaftlicher Fortschritt zu bemerken. Viel langsamer als in Ungarn, aber viel, viel schneller als in der Ukraine, wo die Bevölkerung besonders auf dem Land immer noch ärmer zu werden scheint.
      An der Grenze zwischen Polen und der Ukraine sieht es inzwischen auf den ersten Blick übrigens beinahe so aus wie zwischen den USA und Mexiko. Nachts eine Menge Leute, die nach Polen wollen, wo die Währung zwanzigmal stabiler ist als in der Ukraine und die Fabriken und Handwerksbetriebe direkt hinter der Grenze auf polnischem Gebiet sich wie Basare aneinanderreihen, während gegenüber auf ukrainischem Gebiet noch der unberührte Wald zu sehen ist.
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 14:16:27
      Beitrag Nr. 232 ()
      Hi Auryn,
      danke für Deine Antwort - zu Rumänien kann ich nichts sagen - da war ich noch nie. Ich kenne allenfalls die Donbass-Region und dort habe ich solche Zustände nicht bemerkt; vielleicht weil es sich um einen relativ reichen Landesteil (Bodenschätze) handelt. Aber dass sich auch dort die Verhältnisse nach dem Zusammenbruch der UdSSR für den Durchschnittsbürger massiv verschlechtert haben ist natürlich Fakt....
      Grüße
      LeN
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 16:54:17
      Beitrag Nr. 233 ()
      #225

      ... wenn da gar schon die Hunde militant sind ... *schlotter* :eek:
      Avatar
      schrieb am 28.03.03 11:34:56
      Beitrag Nr. 234 ()
      #231

      Das sage bitte auch jenen, die allüberall für unberührte Natur plädieren, weil sie ja zu Hause von reichtumbringender Naturzerstörung umgeben sind. Will sagen: es ist der Luxus der Wohlständigen, den Armen - und zwar ohne irgendeinen Ausgleich - die Pflege der Natur aufzuerlegen und ihnen außerdem zu verbieten, ein klein wenig dieser Natur evtl. zur eigenen Versorgung zu gebrauchen - es könnte z. B. den Fortbestand des Regenwaldes stören! :(
      Avatar
      schrieb am 12.04.03 14:32:31
      Beitrag Nr. 235 ()
      WARNUNG:
      Ich kündige heute und mit folgenden Kommentaren schon mal meine zeitlich begrenzte Rückkehr in der kommenden Woche in diesen Thread an.
      ;)
      @ LeNeant (Posting # 232):
      Kennst Du Dich vielleicht in der Donbass-Region auch in der Zusammensetzung der Bevölkerung nach Nationalitäten aus? Da ich immer an Minderheiten und ihren Schicksalen interessiert bin, würde ich nämlich gerne wissen, wie die Herkunftsgeschichte der Bevölkerung dort aussieht. Gerade in Bergwerksregionen gibt es auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion ja unglaubliche Geschichten. So habe ich mal gehört, es gäbe nördlich von Wladiwostok im fernen Osten Rußlands einige Tausend Bürger Rußlands, deren Vorfahren eigentlich mal Koreaner waren, die nach dem Ersten Weltkrieg von Japan als "Sklaven" in den japanisch annektierten Gebieten für die Japaner schuften durften. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die entsprechenden Gebiete von der Sowjetunion übernommen, die betreffenden Koreaner in ihren Bergwerken weiter festgehalten und durften nun für Stalin weiterschuften. Inzwischen sollen die Nachkommen fast nur noch Russisch sprechen, da ihnen während der Arbeit auch ihre koreanische Kultur ausgetrieben wurde. Erst seit ca. 15 Jahren gäbe es wieder zögerliche Kontaktversuche und die Suche nach Verwandten in Südkorea. Nordkorea hingegen schottet sich witzigerweise auch gegenüber den Anfragen dieser versprengten "Ex-Sowjet-Koreaner" ab.

      @ DaisyR. (Posting # 233):
      Keine Sorge! Die verwilderten Haushunde sind das militanteste in Rumänien. Vielleicht hatte ich ja immer das Glück, besonders freundliche und gebildete Rumänen zu treffen, aber im allgemeinen gibt es in Rumänien in intakten Familien gegenüber allen fremden Besuchern eine Gastfreundschaft, die im reichen Mitteleuropa schon lange vergessen worden ist. Wenn man einen echten rumänischen Freund gewinnen kann, dann ist dies oft jemand, der sich für einen befreundeten Ausländer sehr engagieren kann, z.B. für einen Tag von der Arbeit frei nimmt, um dem Fremden bei Behördengängen zu helfen, etc.
      Und die meisten Opfer von Kriminalität in Rumänien sind immer noch die Rumänen selbst. Da gibt`s inzwischen Verfolgungsjagden von Auto-Gangstern mit der Polizei, die denen in US-Krimis in nichts nachstehen.

      @ MaggieNoodle (Posting # 234):
      Ich vermute, Du meinst diese "superklugen Ratgeber" aus den reichen Ländern dieser Welt, die beispielsweise den Menschen in der Sahelzone immer wieder predigen, ihre wenigen Bäume nicht für das Feuer unter dem Kochtopf umzuhauen, weil sie damit die Sahara vergrößern, stimmt`s? Da kann ich Dir nur recht geben und bin völlig Deiner Meinung.
      Dabei wissen die betreffenden Armen oft nicht einmal, ob sie am nächsten Tag noch irgendetwas zum Kochen haben werden und es ist nur ein weiterer Tag in ihrem Leben von einem Tag auf den anderen. Und diese superklugen Ratgeber aus den reichen Ländern sagen den Armen dort, daß sie ihre Vegetations-Lebensgrundlage in ein paar Jahren verlieren werden, wenn sie weiter ihre Savanne abholzen, aber sie vergessen dabei, daß es den Armen in der Savanne nur um ihr bißchen Leben für den nächsten Tag oder die nächste Woche geht und sie nie weiter als bis in den nächsten Monat hineindenken konnten.

      Ja, MaggieNoodle, wenn Du diese superklugen Ratgeber meinst, dann kann ich Dir nur zustimmen.

      Willst Du (/Wollt Ihr) mal die auf Rumänien bezogene Variante dieser hilfsbereiten und superklugen Leute in einem Leserbrief sehen, der von einem echten "Besserwessi" geschrieben wurde, obwohl der Briefschreiber offenkundig nicht aus (West-)Deutschland stammt?
      In einem Zeitungsarchiv fand ich ein "schönes" und v.a. aktuelles Beispiel für jemanden, der sich über die Dummheit und Rücksichtslosigkeit der Starken gegenüber den Schwachen aufregt und dann vorhat, aus genau diesem Grund ebenfalls die Schwachen leiden zu lassen.


      Über Leute, die aus ihrem schönen reichen Land solche Leserbriefe wie den ersten folgenden in ein armes Land schreiben, könnte ich mich stundenlang aufregen:

      Vollständiger Leserbrief in der Hermannstädter Zeitung Nr. 1816 vom 21. Februar 2003, Seite 5:

      Dieser dumme Herr Bush

      Ausgerechnet Rumänien muß dem Kriegsgeschrei der USA folgen. Ein Volk, das selber alle Unterdrückungen am eigenen Leib erlebt hat, spricht sich nun [durch die Bereitstellung von Militärbasen für die US-Streitkräfte] für einen unbändigen Zerstörungskrieg aus, unter dem lediglich die Zivilbevölkerung zu leiden haben wird.
      Durchschauen Sie bitte doch endlich dieses hinterhältige Spiel dieses dummen Herrn Bush.
      Ich werde sämtliche unserer seit zwölf Jahren dauernden Hilfsaktionen für Rumänien einstellen und auch andere Hilfsvereine dazu aufrufen! Ich bin bestürzt und ich finde es sehr traurig, daß ich in Zukunft nicht mehr ihr Land bereisen werde, und ich denke, daß Menschen mit einem solchen Verständnis für Menschenrechte nichts für die EU sind. Machen Sie weiterhin McDonald`s-Läden auf und loben Sie die Amis für ihre Politik, aber ohne mich.
      Klaus MEYERHOFER Wien (per E-Mail)


      Auryns Kommentar hierzu:


      Eine der noch zurückhaltend-intellektuellen Antworten auf den vorangegangenen Leserbrief:

      Vollständiger Antwort-Leserbrief in der Hermannstädter Zeitung Nr. 1818 vom 7. März 2003, Seite 4:

      Die Irak-Politik Amerikas

      In der Hermannstädter Zeitung vom 21. Februar 2003 bemängelt Herr Klaus Meyerhofer aus Wien die unkritische Haltung des offiziellen Rumänien zur Irak-Politik der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich gebe ihm ein Stück weit recht. Die Irak-Politik der USA ist fragwürdig. Es ist gut, daß hier manche europäische Staaten wie Deutschland und Frankreich zumindest etwas Gegensteuer geben.

      Nicht recht geben kann ich Hingegen Herrn Klaus Meyerhofer zu seiner Empfehlung, aus dem eingangs genannten Grund Rumänien in Zukunft zu boykottieren. Herr Meyerhofer möchte nach eigener Aussage eine seit zwölf Jahren andauernden Hilfsaktionen für Rumänien beenden. Das ist sehr bedauerlich. Folglich müssen hier die Menschen für etwas büßen, für das sie nicht schuldig sind. Ich bereise Rumänien und insbesondere Siebenbürgen seit 1991 jedes Jahr und könnte so einen Boykott niemals mittragen, da ich mich mit dem Land und seinen Menschen mittlerweile zu sehr verbunden fühle.

      Wirtschaftlich stärkere Länder wie Deutschland und Frankreich können sich einen Widerstand gegen die USA auch eher leisten als Rumänien. Zudem sei daran erinnert, daß gerade in Westeuropa eine USA-kritische Haltung auch erst seit den späten 1960er Jahren gewachsen ist. Damals führten die USA verlustreich und letztlich erfolglos Krieg in Vietnam.
      Klaus BIEDERMANN
      Vaduz (Liechtenstein)


      Hinzuzufügen wäre vielleicht noch, daß die neuen Pacht- und Mietverträge der USA mit Rumänien demnächst vielleicht ca. 10 Prozent der ganzen Staatseinnahmen ausmachen werden und wahrscheinlich bald jede EU-Entwicklungshilfe übersteigen werden. Die Sowjetunion hat meines Wissens überhaupt nie Rumänien für irgendwelche Leistungen bezahlt, die in der Vergangenheit zweifellos erbracht worden waren. Viele Rumänen sehen sich noch heute als "ehemalige Sklaven" der Sowjetunion. Sollten sie nun gut bezahlte "Vasallen der USA" genannt werden, dann ist dies für die meisten Rumänen ein "politischer Aufstieg", den sie befürworten und sogar noch ganz "Toll!" nennen würden. Wie sollte Rumänien bei seiner Geschichte und seiner finanziellen Lage überhaupt die Anfragen und Wünsche einer "Hypermacht" ablehnen können und damit womöglich deren "Widerwillen" auf sich lenken? Wer etwas anderes als die Zustimmung JEDER rumänischen Regierung zu allen Wünschen der USA erwartet hat, zeigt nur, wie wenig Ahnung er von der Geschichte und der Unterdrückung in (Süd-)Osteuropa hat.
      Avatar
      schrieb am 15.04.03 11:59:16
      Beitrag Nr. 236 ()
      Oh, schon alle im Urlaub?
      Naja, für die mit Urlaub auf Balkonien stelle ich noch einen "kleinen" Nachtrags-Text herein, damit sie sich bei der folgenden Beschreibung mehrerer Völker wie im Urlaub fühlen können. Die lästigen Fehler bei der Scanner-Übertragung und der Umwandlung von Apostrophen in Fragezeichen bitte ich zu entschuldigen:

      Felicitas Drobek

      Volkskultur als Identitätsmerkmal

      Völker der Bukowina
      (Artikel in "Kaindl-Archiv", Zeitschrift des Bukowina-Institutes, Heft 11/3, Juli- September 1992, S. 129-141.)

      Die Bukowina war ein Land der Vielvölker. In Europa fand man selten auf einem so engen Landstrich so viele Nationen zusammengedrängt wie in der Bukowina. Aus der Zeitperspektive kann man wohl sagen: Es war ein Einwanderungsland und später wurde es gezwungenermaßen zum "Auswanderungsland". Durch die Einwanderung verschiedener Völker entstand sprichwörtlich "am Ende der Welt" ein aufgeschlossenes, modernes europäisches Land. In diesem Land mit seinem bunten Völkerkaleidoskop dominierten abwechselnd, entsprechend der aktuellen Staatszugehörigkeit, gewisse Völker: Türken, Österreicher, Ukrainer und Rumänen.

      In diesem wahren Sprachen- und Völkergemisch kam es jedoch nie zu blutigen nationalen Auseinandersetzungen. Man hatte sich längst viel zu sehr aneinander gewöhnt und Formen des Zusammenlebens gefunden, die keiner amtlichen Regelung bedurften. Gegenseitige Toleranz, Respekt und Achtung konnten immer bewahrt werden.

      Im Laufe der Jahre bildete sich bei den Bukowinern ein Bewußtsein der Zusammengehörigkeit und der Zugehörigkeit zu einer neuentstandenen Ethnie der ?Buchenländer". Dieser Prozeß konnte auch nicht durch die Tatsache behindert werden, daß die einzelnen Ethnien zu verschiedenen linguistisch-kulturellen Familien gehörten: Slawen, Germanen, Romanen, Semiten und Ugrofinnen.

      Der Durchschnittsbukowiner sprach in der Regel neben seiner Muttersprache mindestens noch eine oder oft sogar mehrere andere Landessprachen, und jeder begegnete den anderen so, wie sich die Verständigung mit ihm am besten herstellen ließ. In den Städten wurde vorwiegend deutsch und polnisch, in den ungarischen Koloniedörfern ungarisch, im Gebirge längs dem Czeremosch und zwischen Pruth und Dnjestr hauptsächlich ruthenisch, in den Tälern des Sereth, der Suczawa und von dort bis zur siebenbürgischen Grenze (mit Ausnahme der in den Berg- und Hüttenwerken beschäftigten Deutschen), also im größten Teil des Landes, rumänisch gesprochen. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe stellten die, auch zum Staatsvolk aufgerückten Rumänen dar. Sie waren schon im 12. bzw. 13. Jahrhundert im Lande ansässig und besiedelten in einem geschlossenen Gebiet dessen südlichen und südöstlichsten Teil. Als Streusiedlungen waren rumänische Ortschaften bis über den Pruth hinaus zu finden. Die zweitstärkste Gruppe, die Ruthenen, hatten den Norden des Landes als Siedlungsgebiet. Sie sind vornehmlich zu Zeiten der k. u. k. Monarchie aus dem polnischen Galizien in die bessere Lebensbedingungen bietende Bukowina getrieben worden. Mit ihnen sind die Huzulen, die Bukowiner "Tiroler" des gebirgigen Westens, stammverwandt und gehören zu der ostslawischen Sprachfamilie. Die Polen, die der Sprachfamilie der Westslawen angehören, hatten ebenfalls zu österreichischer Zeit den Weg ins Land gefunden. Sie lebten überwiegend in der Landeshauptstadt; man traf sie aber auch in den Provinzstädten in allen Berufen an. Im Zuge der Einwanderung kamen andere Westslawen, die Slowaken, als Holzfäller, wie auch die Tschechen, die jedoch nach kurzer Zeit im anderen Volkstum aufgingen. Mit Ausnahme des Gebietes nördlich des Pruth waren die Deutschen über das ganze Land verstreut, in Stadt und Land anzutreffen. Sie siedelten in geschlossenen Ortschaften, waren aber auch als Minderheit in fast allen Ortschaften zu finden.

      Die Juden waren in geringer Zahl schon vor der Angliederung an Österreich in der Bukowina anzutreffen, aber erst zur Zeit der deutschen Einwanderung strömten sie in Massen in das Land. Sie kamen hauptsächlich aus dem benachbarten Galizien und entwickelten sich zu einer der festgefügtesten und selbstbewußtesten Volksgruppen, die vor allem in den Städten beheimatet war. Ungarn hatten ebenfalls die Bukowina zur neuen Heimat erkoren, in der es zur Gründung rein madjarischer Siedlungen kam. Aus Glaubensgründen hatte die Sekte der Lippowaner ihre russische Heimat verlassen und im Buchenland ein neues Zuhause gefunden. Eine weitere Volksgruppe waren die Armenier. Die Völkerlandschaft der Bukowina wäre nicht vollkommen ohne die Zigeuner. Sie waren die Nachfahren der Sklaven an den moldauischen Fürstenhöfen und bekannten sich in der Sprache, der Religion, den Sitten und der Tracht meist zu den Rumänen.

      Die religiöse Gliederung der Bukowiner Bevölkerung ergab auch kein einheitliches Bild. Rumänen und Ruthenen, einschließlich der Huzulen, bekannten sich zur griechisch-orthodoxen Kirche und somit war sie eine Staatskirche. Ihnen folgten mit Abstand die Juden, die sich durchweg streng an die Vorschriften ihres Glaubens hielten. Die katholische Kirche hatte nach ihrer Selbstzählung des Jahres 1934 insgesamt 98 035 Gläubige, davon waren 56 253 Deutsche (die Gesamteinwohnerzahl des Landes zu dieser Zeit betrug 853 523). Die unierte (griechisch-katholische) Kirche zählte im Jahre 1910 nach amtlichen Angaben 27 000 und die Protestanten (Lutheraner und Reformierte) zur gleichen Zeit 21 000 Gläubige. Daneben gab es noch eine Zahl von kleineren Bekenntnissen, wie die Lippowaner, Zweige evangelischer Freikirchen (Baptisten, Methodisten) und verschiedene Sekten (Adventisten, Pfingstler und andere).

      Alle Volksgruppen waren auf spezifische Weise in das Wirtschafts-, Erwerbs- und Berufsleben des Landes eingegliedert. Von der rumänischen Bevölkerung waren 88,23 Prozent in der Land- und Forstwirtschaft, 3,67 Prozent in der Industrie und im Gewerbe, 2,2 Prozent in Handel und Verkehr und 5,88 Prozent in anderen Berufen (freie Berufe, Beamte, Militärs usw.) tätig. 87,21 Prozent der ruthenischen Bevölkerung fanden in der Land- und Forstwirtschaft ihren Unterhalt, 4,26 Prozent in Industrie und Gewerbe, 3,27 Prozent in Handel und Verkehr und 5,24 Prozent in anderen Berufen. Die Juden waren zu 85 Prozent in Handel und Verkehr tätig, der Rest verteilte sich auf andere, oft freie Berufe. Von den Deutschen waren 42,42 Prozent in der Forst- und Landwirtschaft, 30,3 Prozent in Industrie und Gewerbe, 6,6 Prozent in Handel und Verkehr und 21,21 Prozent in anderen Berufen beschäftigt. Die übrigen Volkssplitter waren meist bestimmten Berufen zugewandt, so die Polen dem Beamtentum, die Slowaken der Forstwirtschaft, die Ungarn der Landwirtschaft, die Lippowaner dem Obstbau und Kleinhandel, die Armenier dem Kaufmannsstand (es gab auch armenische und polnische Großgrundbesitzer) und die Zigeuner waren hauptsächlich Musikanten und landwirtschaftliche Hilfskräfte.

      Der Beitrag der einzelnen Volksgruppen zum Kultur- und Geistesleben des Landes war auch nach seiner prägenden Kraft verschieden und in der daraus hergeleiteten Rangordnung fiel den Deutschen eine hervorragende Stelle zu. Hauptsächlich in der Landwirtschaft haben sie große Verdienste erworben. Als die Bukowina rumänisch geworden war, sah man, in welchem hohen Maße die einheimischen Bauern von ihren deutschen Mitbürgern gelernt hatten. Im Vergleich mit dem Altreich besaßen sie geradezu Musterlandwirtschaften.

      Alle diese Bevölkerungsgruppen, mögen sie an Zahl auch noch so klein sein, bewahrten ihre ethnische Identität, indem sie ihre Sprache und ihr Volkstum pflegten. Dem Gesetz der Kulturdiffusion folgend wird das eigene Volkstum durch fremde, hauptsächlich von Nachbarn übernommene Kulturelemente bereichert, wobei diese oft nach eigenen Bedürfnissen und eigenem Geschmack modifiziert wurden. Als simples Beispiel kann man den Weihnachtsbaum anführen. Er hatte Eingang gefunden in fast alle Häuser, sogar bei den streng orthodoxen jüdischen Familien war er zu finden.

      Die Rumänen

      Die Rumänen bildeten die ursprüngliche Bevölkerung der Bukowina. Auffallend war bei den Rumänen, besonders im Gebirge der Bukowina, der kräftige Körperbau.

      Die Nahrung der Rumänen bestand hauptsächlich aus Milchprodukten, aus Frischund Sauermilch, Butter, Rind- und Schafkäse, Eiern, sehr viel Kartoffeln und Gemüse, darunter vorwiegend Kohl und Sauerkraut. Wohl wurde vor Ostern und Weihnachten in jedem Haushalt das traditionelle Schwein geschlachtet, doch außer dem im Frühjahr fälligen Lamm, wurde übers Jahr nur sehr wenig Rind- und Hammelfleisch gegessen. Das tägliche Brot wurde hier durch die einfache, aus Maismehl bereitete, unter Beigabe von Salz in Wasser gekochte, sogenannte ?mamaliga" ersetzt, einem halbfesten Brei, der in den Balkanländern und auch in Rußland, trotz Überflusses an sonstigem Brotgetreide, zu fast allen Gerichten gegessen wurde. Als Nationalspeise der Rumänen wurde sie auch im Haushalt der Intellektuellen, aber auch in Gasthäusern und von deutschen Familien anstelle von Backbrot gegessen. Aus Maismehl mit Zugabe von Milch oder Rahm wurde ein Kuchen (malai) gebacken.

      Eine weitere Nationalspeise war der sogenannte Borsch, eine Suppe, die auf gleiche Art zubereitet wurde wie bei den Slawen, namentlich Polen, Russen und Russinen. Selbst der Name erinnert an den slawischen barszcz.

      Die Männerkleidung der rumänischen Bauern bestand aus Hemd und Hose aus weißem Flachsoder Hanfleinen. Ersteres reichte über die Hose oft bis zum Knie und war am unteren Saume, sowie auf Brust und Oberarmen, besonders fürfestliche Gelegenheiten und für den Sonntag mit buntfarbigen Stickereien und Ornamenten verziert. Anstelle der aus dem gleichen Stoff angefertigten, meist selbstgewebten Hosen (itari, deutsch gesprochen itzari), traten zur Winterszeit grobwollene dicke Hosen (cioareci, tschoaredsch). Um die Hüfte wurde der bis zu zwei Meter lange, in gemusterten oder in Nationalfarben gehaltene Wollgürtel (brâu, ohne Anleitung unaussprechlich;-) um den Leib gewickelt oder auch ein breiter Ledergürtel (curea, kurea) getragen, in dessen Taschen und Falten die Tabakdose oder die Pfeife, das Nasentuch und das oft an einer dünnen Kette hängende Klappmesser aufbewahrt wurden. Über dem Hemd (camasa, kamascha) trug der Mann im Sommer auf dem Lande den ärmellosen, knielangen oder auch einen kurzen wollenen Lederrock (pieptar), im Winterjedoch einen regelrechten Schafspelz (cojoc). Diese Pelzjacken blieben, von außen weiß gegerbt, ohne jeden Überstoff, doch trugen sie am Kragen und am Ärmelausschnitt, zuweilen auch am unteren Saum, ein schwarzes Lammfell, oder sie waren mit einem Marder- oder lltisfell verbrämt. Unentbehrlich war, gleich dem Schafspelz im Winter, die hohe Pelzmütze (caciula, cusma; katschiula, kuschma) aus schwarzem, grauem oder weißem Lammfell. Dazu gehörten Fäustlinge aus dicker Wolle. Der Mantel, der im Winter über den leichten Pelz und sonst über der Leinenkleidung getragen wurde, war der suman aus graubraunem oder schwarzem, dickem Fell.

      Als Fußbekleidung dient heute noch der als praktisch und billig geschätzte, traditionelle lederne Bundschuh (opinca), den sich der Bauer noch meist selbst anfertigt, der aber auch im Handel erhältlich ist. Auch hier hat die Zivilisation die Opanken durch Stiefel und Modeschuh verdrängt.

      Die Bäuerin trug ebenfalls das lange Hemd aus Flachs oder Hanfleinenfaser, das heute noch von den Frauen als Haupterzeugnis der Hausindustrie selbst angefertigt wird. Neben den Alltagshemden besaß die Familie ihre Sonntagshemden mit buntbestickten Mustern. Die Ärmel wurden mit allerlei Stickereien besetzt, welche Brust, Schulter und Saum bedeckten.

      Als Rock wurde im allgemeinen die sogenannte catrinta (katrintza) getragen. Dies war ein breites, mehr oder minder reich besticktes oder bemustertes, schwarzes Wolltuch, das einfach um den Leib geschlagen und von einem, mehrmals um die Hüfte reichenden, handbreiten, bemusterten oder in den Nationalfarben blau-gold-rot gehaltenen, meist handgewebten Gurt aus Wolle (brau, cingätoare) festgehalten wurde. Frauen und Mädchen trugen, wie die Männer, eine Wolljacke (pieptar) oder eine ärmellose Weste (bundita, bunditza) aus Lammfell, die ebenfalls bunt bestickt, geschmackvoll mit Lammfell angefertigt wurde.

      Das Haar hatte die Bäuerin stets zu einem oder zwei Zöpfen (cozi) geflochten, die von jüngeren Leuten auf dem Scheitel nach Gretchenartgetragen wurden. Das Tuch trug die ledige Frau nur bei Kälte oder Regen, die Ehefrau aber zeitlebens als Wahrzeichen ihres Standes. Frauen und Mädchen schmückten sich mit Halsperlen, Halsbändern aus Silbermünzen (salba) und Ohrgehänge in allerlei Formen. Zu besonderen Anlässen wurden im Haar Blumen und bunte Bänder getragen.

      Die Rumänen und Ruthenen waren streng gläubige Christen. Vor großen Festtagen, Weihnachten, Ostern, Pfingsten wurde gefastet, wobei man nicht nur kein Fleisch (wie Deutsche), sondern auch keine Milchprodukte gegessen hat. In der Vorweihnachtswoche gingen die Kinder mit einem selbstgebastelten Stern durchs Dorf von Haus zu Haus und sangen die Kolinde.

      In der Silvesternacht, nach Einbruch der Dunkelheit, gingen junge Männer mit Peitschenknall durchs Dorf. Zwei Burschen lärmten auf der barbata (Holzgefäß mit Lederbespanntem Boden durchzogen mit einem Roßhaarbüschel, welches hin- und hergezogen wurde). Vor jedem Haus wurde ein Wunschgedicht vorgetragen und dafür belohnte man die Gratulanten mit Geld, Schnaps und Kuchen.

      Auch in der Silvesternacht war der Umgang mit dem Tanzbär an der Kette, einem alten Juden, bärtigen Popen, dem Teufel mit Schwanz und Hörnern, wie auch Hexen und anderen grauslichen Gestalten bekannt. In den Bergen hauptsächlich, haben junge Männer den Ziegentanz aufgeführt.

      Sowohl zu Ostern, Pfingsten und zum Weihnachtsfestwurde drei Tage gefeiert. Man glaubte, daß die Seelen, die an diesen Tagen heimgingen, in den Himmel kommen. Am Freitag wurde in frommen Familien weder genäht noch gewebt oder gewaschen, der Tag ist der Sf. Vinerea geweiht.

      Der Täufling hatte bei den Rumänen mehrere Paten und erhielt immer den Namen seines ersten Paten, egal welcher Nationalität er angehörte. Die Taufpaten standen in einer Art Verwandtschaftsverhältnis sowohl zum Kinde, wie auch zu den Eltern des Kindes und durften untereinander keine Ehe eingehen.

      Wenn jemand gestorben ist, war man verpflichtet, an drei Abenden Totenwache abzuhalten. Für die Jugend des Ortes war das ein Anlaß zu geselligem Treffen: Es wurde gebetet, gesungen, gegessen und auch Gesellschaftsspiele gemacht. Beim Begräbnis wurde am Kirchenportal ein Leichenimbiß gehalten, indem jeder Anwesende ein Stück Kolatschen und Gläschen Fruchtbranntwein erhielt, worauf gesagt wurde: ?Gott verzeihe dem Verstorbenen die Sünden."

      Ruthenen (Ukrainer)

      Infolge jahrhundertelanger Nachbarschaft des ruthenischen Volkes mit dem rumänischen wiesen mancherlei Sitten und Gebräuche, insbesondere aber die Volkstracht eine Ähnlichkeit auf. Doch kleidete sich die ruthenische Jugend viel farbfreudiger. Im Sommer trugen die Männer einen hohen Strohhut mit bunten Federn, die Frauen hatten andere Art von Stickereien.

      Zu den üblichen Gerichten, bei den ruthenischen Bauern, gehörten Brei aus Hirse, die sogenannte Kasche, Piroggen, die gekocht oder gebacken wurden, und dazu Barszcz. Zu Delikatessen zählt die Hausfrau (Gospodynia) die Kutia.

      Wie bei den Deutschen und Rumänen war auch bei den Ruthenen der Brauch der Nachbarhilfe zu Hause. Die erwachsene Dorfjugend hatte ihren Treffpunkt in Spinnstuben (na weczernycacn), vor allem in Häusern, in denen heiratsfähige Mädchen wohnten.

      Die Hochzeitsbräuche waren ähnlich wie die der Rumänen, wichen aber in mancher Hinsicht oder örtlich von diesen ab. Die Hochzeitsfeier dauerte drei Tage, die Trauung (sljub) fand erst am nächsten Tag statt. Vor dem Kirchgang erhielt das Paar von den Eltern zwei runde Kolatschen, Brot und Salz und eine Henne. Nach dem Segen der Eltern zogen Braut und Bräutigam mit ihrem Gefolge getrennt zur Kirche, und auch getrennt kamen sie zurück. Nach der Hochzeitsfeier, wenn die Braut das Elternhaus verläßt, gibt ihr der Bräutigam zum Zeichen seiner Herrschaft über sie auf den mit einem Polster bedeckten Rücken drei Schläge mit einer Rute.

      Wie alle slawischen Völker sangen die Ruthenen bei jeder Gelegenheit: bei Feldarbeiten, Reisen, zu Hause und in der Fremde. Die Lieder haben Freude und Leid zum Ausdruck gebracht, und der Rhythmus der Lieder war teils getragener, teils rascher. Die Melodien ließen sich leicht harmonisch begleiten. Getanzt wurden Arkan, Hajduk, Kozaczok, Woloska und bei den Huzulen zusätzlich die Kolomejka oder Huculka genannt. Ein Gast war bei den Huzulen hoch geschätzt, es wurde ihm immer etwas angeboten, und wenn im Haus nichts da war, so holte man Brot und Getränke beim Juden auf Kredit.

      Die Huzulen

      Die Huzulen sind ein Bergvolk mit allen Eigentümlichkeiten, die Gebirgsbewohner angeblich aufweisen: Sie haben einen stämmigen Körperbau, sie sind leicht und flink in ihren Bewegungen, und sie besitzen ein starkes Selbstbewußtsein und einen ausgeprägten Stolz. Dadurch, daß sie mit dem Talvolk wenig Verbindung hatten, wurden Bräuche, Kleidung und Lebensweise viel weniger verändert.
      Die Huzulen sind hauptsächlich Viehzüchter Ihre kleinen, aber ausdauernden Pferde, "Huzulen" genannt, waren in der ganzen Bukowina als sehr gute Zug- und Reittiere bekannt. Die Milchwirtschaft auf der Alm wurde von Männern betrieben.
      Sie machten verschiedene Sorten von Käse wie Brindza und Oszipki, wobei die letzten geräuchert waren. Im Brauchtum der Huzulen spielte der Käse eine große Rolle. Es wurden u. a. aus Schafskäse kleine Tierfiguren gemacht, die Kindern und Bettlern geschenkt wurden mit der Bitte, für Verstorbene zu beten.

      Der huzulische Mann trug das ganze Jahr hindurch eine möglichst grobe Jacke aus schwarzem oder braunem Tuch, die er zwar häufig anzog, ohne sie über der Brust zu schließen, aber ebenso häufig über der Achsel hängen ließ wie ungefähr der Husar sein fliegendes Pelzchen. Er trug ein verbrämtes Leibchen, das glänzende Knöpfe und allerlei Stickereien aus bunten Baumwollfäden hatte. Oft hatte er ein Oberkleid, Serdak genannt, um, das bis an die Knie reichte, das an den Seiten mit Zwickeln versehen, mit blauen Schnüren und Quasten reich geschmückt war. Die Hosen waren gewöhnlich braun, rot oder blau, dabei ziemlich breit und bloß an dem unteren Teil der Wade fest am Beine anliegend. Als Beschuhung dienen Sandalen, die mit weißen Lederschnüren oder Lederriemen an den Füßen befestigt wurden. Die weißen, ziemlich feinen Hemden waren zierlich gestickt und hängen unterhalb der Hälfte des Körpers unter den sehr hohen, mit vier bis fünf Schnallen versehenen Gürteln heraus. Als Kopfbedeckung diente ein breitkrempiger Filzhut, der mit Pfauenfedern, Messingknöpfen und Messingreifen ausstaffiert ist. Die Tracht der Frauen war allerdings schon weniger malerisch. Sie trugen gewöhnlich ein Pelzleibchen mit reichen Stickereien, die sie in verschiedener Wolle ausführten. Über das kurze Hemd breiteten sich zwei schmale, buntwollige Schürzen, die vorn und rückwärts getragen wurden. Manchmal wurden diese Schürzen durch bunte Seidentücher ersetzt und entweder durch einen Riemen oder durch einen Ledergürtel um die Mitte des Körpers festgehalten. Den Kopf wickelten die Frauen in weiße, rotgestreifte Handtücher, die Mädchen bedeckten das Haupt, dessen Haare in zwei Flechten gekämmt wurden, entweder gar nicht oder nur mit leichten Perkailtüchern; der Hals der Mädchen und Frauen war mit mehreren Reihen Glasperlen geschmückt, ebenso mit allerlei Messingstückchen, die die Form von Kreuzen und Münzen haben. Schuhe, rote Strümpfe und ein rötlichbrauner Serdak als Überwurf vollenden die Kleidung.

      Bei der Hochzeit war es Sitte, daß die Brautleute um den Segen der Eltern baten, wobei der Vater der Braut dem Bräutigam den kranzgeschmückten Hut aufsetzte, ihn aus dem Hause führte und ihm eine Lederpeitsche in die Hand legte. Danach ritt er mit seinem Gefolge in die Kirche. Die Mutter legte der Braut einen Kranz auf den Kopf und beschmierte ihre Lippen mit Honig, und vom Vater bekam sie einen Kuchen. Die Braut und auch die geladenen Frauen ritten auf Pferden in die Kirche, und auch auf den Pferden kehrte der Hochzeitszug nach Hause, wobei die Braut ins Elternhaus ging und erst abends zum Tanz erschien.

      In der Bukowina hatte man eine große Vorliebe für die Huzulen, was die Stattlichkeit, die Schönheit ihrer Tracht und die Ritterlichkeit des Volkes bewirkte. Es gab in Czernowitz keinen Masken- oder Kostümball, der ohne das Erscheinen einer Huzulen-Imitation verlief; kein Jahrmarkt wurde eröffnet, ohne daß mindestens zwei Huzulen zu Pferde dem Eröffnungszug als Aufputz gedient hatten. Auch bei Ausstellungen nationaler Heimindustrie wurden huzulische, kunstvoll geschriebene (pisanki) Ostereier bewundert.

      Die Polen

      Seit mehr als einem halben Jahrtausend haben die Polen wiederholt die Geschichte der Bukowina beeinflußt. Als der südliche Teil der heutigen Bukowina zum moldawischen Fürstentum gehörte, geriet der nördliche Teil unter die Herrschaft der Polen. Kaufleute aus Galizien durchzogen das Land und unterhielten einen regen Handelsverkehr mit der Moldau und dem Orient. In Sereth bestand zwischen 1370 und 1400 ein römisch-katholisches Bistum, das dem Krakauer Erzbischof unterstand. Jedoch die unsicheren Verhältnisse während der letzten türkischen Herrschaft haben die Polen wahrscheinlich verscheucht. Sie kamen wieder mit den ersten österreichischen Truppen. Die politische Verbindung mit Galizien, seit 1786, die über hundert Jahre andauerte, förderte den Zuzug der Polen. Damals schon wurde die leichter lesbare polnische Schreibung der Bukowiner Ortsnamen allgemein eingeführt, die bis 1919 bestehenblieb. Der größte Teil der Polen lebte in den Städten und gehörte dem Beamten-, Kauf- und Gewerbestand an. Außerdem waren die Polen auch Handwerker, Fabrikarbeiter und Dienstboten; es gab nur sehr wenig polnische Landwirte. Es gibt bis heute zwei geschlossene polnische Dörfer: Poiana Mikuli und Solonetul Nou. In Plesu markierte die Kirche mitten im Dorf die Grenze zwischen polnischen und rumänischen Einwohnern, wobei die letzten den Platz der früheren Deutschen eingenommen haben. Die Polen kamen vor 200 Jahren aus den Beskiden. Hier in den Bergen betrieben sie weiterhin die Hirtenwirtschaft. Sie bewahrten ihre Sprache, Sitten, Trachten und Speisen. Die Polen waren römisch-katholisch und galten als besonders kirchlich gesinnt, deswegen fand auch das Polnische als Umgangssprache in vielen katholischen deutschen Familien Eingang wie auch ihre Sitten. So wiesen z. B. die Weihnachts- und Osterbräuche in Czernowitz ganz offenbar polnischen Einfluß auf.

      Am Heiligen Abend wurden die Oblaten unter den Anwesenden gebrochen, und es wurden gegenseitige Wünsche ausgesprochen. Dann gab es Fisch, Piroggen und zum Schluß Kutja (Honigweizen).

      Am weißgedeckten Ostertisch gab es in der Kirche geweihte Speisen: bemalte Eier, Brot, Schinken und sonstige Fleischsorten und polnische Wurst und noch verschiedene Sorten Kuchen. Vor dem Osterfrühstück wurde ein geweihtes Ei geteilt, und dabei wurden gegenseitig Wünsche ausgesprochen.
      Die Bukowiner Polen waren nicht nur sehr gastfreundlich, wieder Spruch hieß: ?Gast ins Haus, Gott ins Haus", sondern auch besonders höfliche Menschen. Man sagte einander oft bei Begrüßungen: "Ich falle zu Füßen", auch "Küß die Hände".

      Empfindlich gereizt, wie kaum ein anderer, war der Pole, wenn man es wagte, seine "polnische Ehre" anzutasten.

      Die Deutschen

      Nach den Herkunftsländern, der Mundart, Brauchtum und oft auch der Religion verschieden, unterscheidet man die Schwaben, die in der Hauptsache das bäuerliche Element darstellen, dann die Deutschböhmen, die zum überwiegenden Teil als Holzfäller, Waldarbeiter oder -bauern und Glasarbeiter in das Land eingewandert waren, und die Zipser, die im Bergbau beschäftigt waren. Die Deutschen wurden allgemein Schwaben genannt. Im Laufe der Zeit verdrängte das Schriftdeutsche immer mehr die Mundarten; es erleichterte die Verständigung unter den Deutschen, was das Zusammengehörigkeitsgefühl stärkte und das deutsche Volkstum noch besser bewahrte.

      Die -Ungarn

      Die ersten Ungarn kamen 1776 aus der Moldau in die Bukowina und errichteten die Dörfer Tzibeni und Jakobestie. Später die Kolonien Andreasfalva, Hadikfalva und Joseffalva.

      Die Ungarn trieben Ackerbau und Viehzucht und versorgten die umliegenden Städte wie Radautz und Suczawa, ja bis Czernowitz, mit Früchten und Gemüse. Die schönsten Kartoffeln, Zwiebeln und die besten Kohlköpfe brachten die Ungarn aus ihren Gärten und wetteiferten mit den Waren der Lippowaner und der Deutschen. Auch ihre Rinder, Pferde, Schweine und Schafe standen in hohem Wert. In ihren wenigen, fast rein madjarischen Dörfern hatten sie ihren ungarischen Bürgermeister und Schulmeister, in ihren kleinen Kirchen hörte das Volk die Predigt in der Sprache ihrer alten Heimat. Die Lebensweise, die Tracht und die Liebe zum Tanz der Bukowiner Madjaren glichen den Stammesgenossen jenseits der Karpaten, den in Ungarn und den Szeklern in Siebenbürgen.

      Es gibt bei den Ungarn einen lustigen Hochzeitsbrauch: Nach der Trauung ging der ganze Hochzeitszug zu den Eltern des Brautpaares und begann im Haus eine Plünderung, bei der alles, was mit Händen fortgetragen werden konnte, zugunsten des jungen Ehepaares genommen und für den Transport vorbereitet wurde. Die Eltern, auf dies vorbereitet, haben natürlich für diese Zeit nur das im Hause behalten, was sie freiwillig geben wollten. Dann ging der lustige Zug mit den erworbenen Sachen in die Wohnung der Neuvermählten.

      Die Slowaken

      Die ersten Slowaken sind in der Bukowina Ende des 18. Jahrhunderts als Holzhauer bei der Glashütte in Krasna, in der heutigen Kolonie Althütte, angesiedelt worden. Um das Jahr 1820 ließen sich weitere 30 Familien in Hliboka bei Sereth und in Terescheni, Kaliczanka und Klokutschka bei Czernowitz nieder. Von dort wanderten jedoch viele wegen Arbeitsmangel ab und gründeten die Kolonien Neu-Solonetz, Plesch und Poiana Mikuli. Da ihre Geistlichen und Lehrer anfangs Polen waren, haben die meisten Slowaken ihre Muttersprache vergessen, und bei den Volkszählungen wurden sie den Polen zugezählt. Aber trotz der Entnationalisierung haben sie ihre alten Sitten und Bräuche treu bewahrt. Auch ihre Tracht, die der ungarischen ähnlich war, haben sie unverändert behalten.

      Der Slowake war sehr religiös. Dies trat an fast allen Feiertagen zutage. Am Weihnachtsabend mußten zwölf Speisen auf den Tisch kommen. Bei armen Leuten erscheint dieselbe Speise einmal gesalzen und einmal gesüßt oder gesäuert. In keinem Hause darf die ?Kutja" fehlen, ein Brei aus Weizen, Mohn, Honig und Nüssen; ein Brauch, der allen Bukowinern eigen ist, auch bei den Deutschen.

      Die Juden

      Am Land waren die Juden hauptsächlich Inhaber oder Pächter ärmlicher Dorfschänken. In der Stadt waren sie Kaufleute, Ärzte, Anwälte, Handwerker, als Angestellte in verschiedenen Betrieben, besonders in der Forst- und Sägeindustrie, in Lebensmittel- und Textilindustrie, Brauereien und Banken.

      In der Bukowina teilte sich das Judentum in orthodoxe Talmudisten mit der Thora als wörtlicher Offenbarung, die Samtmützen, einen Kaftan und Schmachtlocken und Hosen in hohen Rohrenstiefeln, Frauen kurzes Haar, Perücke, lange Ärmel trugen; und die zweite Gruppe, liberale (freisinnige), die deutsche Sprache, Namen, Kleidung, deutsche Sitten und Gewohnheiten angenommen haben und meist deutsche Schulen und Universitäten besuchten.

      Angesichts der großen Zahl der jüdischen Bevölkerung gab es jüdische Theater, in welchen die Aufführungen in ?Jiddisch" stattfanden. Konzerte und Filme, in denen jüdische Künstler auftraten, wiesen immer Massenbesuch auf.

      Die Juden waren - und speziell die Bukowiner Juden - Meister in der Gestaltung der heiteren Satire. Sie verstanden es seinerzeit, wie kaum ein anderes Volk, mit Witz, Karikatur und Parodie in einer Unmenge von gelungenen Anekdoten über sich selbst und andere, und über Dinge des täglichen Lebens oder aus politischen Ereignissen, ihre Mitbürger zum Lachen zu bringen. In Gedichten und in Prosa, Vorträgen und Musik besaßen sie eine Eigenart in der Wiedergabe lustiger Begebenheiten, welche im Jargon in ihrer Wirkung eine beträchtliche Steigerung fand.

      Die Armenier

      Die Armenier kamen aus Ost-Kleinasien. Sie hatten für den Handel einen besonders ausgeprägten Sinn, den erforderlichen Witz und die nötige Verschlagenheit. Ihre Volkstracht war orientalisch geprägt, d. h., der Mann trug einen Seidenmantel mit weiten offenen Ärmeln. Die Kopfbedeckung war eine Tuch- oder Ledermütze. Er trug auch eine Weste aus Leder und Lederhosen, auch viele Gegenstände waren bei den Armeniern aus Leder, z. B. Tischdecken und viele Polsterüberzüge.

      Die Armenier aßen viel Ziegenfleisch. Sehr populär waren der geräucherte Ziegenschinken (boienica, pastrama) und eine Dauerwurst aus Ziegenfleisch in Form eines Hufeisens (potkowa). Orientalische Gewürze spielten eine große Rolle bei der Zubereitung der Mahlzeiten, ebenso Süßigkeiten aus Zucker und Vanille und kandierten Früchten.

      Sie führten meist ein patriarchalisches Familienleben; Ehescheidungen gab es kaum. In ihrer Religionsgemeinschaft wohl organisiert, fügten sie sich willig den Verfügungen ihres Kultusrates. Es galt als Schande, ein Almosen entgegenzunehmen, darum sah man keine armenischen Bettler. Die wenigen Armen wurden von ihrer Kultusgemeinde mit dem Nötigsten versorgt.

      Die Lippowaner

      Die Lippowaner waren ursprünglich eine religiöse Gemeinschaft, die sich im Laufe der Zeit zu einer Ethnie herausbildete, mit eigener Kleidung und eigenen Sitten. Sie mußten im 17. Jahrhundert Rußland verlassen, weil sie die damals dort vorgenommenen Verbesserungen der Kirchenbücher nicht anerkennen wollten, und dadurch trennten sie sich von der orthodoxen Kirche.

      In der Bukowina waren sie hauptsächlich Obstzüchter und Seiler. Sie galten als fleißige und ruhige Leute.

      Die Lippowaner hatten aus ihrer russischen Heimat manche eigentümlichen Sitten und Bräuche mitgebracht. Nachdem ihre strengen religiösen Riten das Waffentragen und somit auch das Töten von Menschen im Kriege verboten, wehrten sie sich gegen jeden Militärdienst und verweigerten die Eidesleistung, weshalb man ihre Rekruten nur mehr zum Sanitätsdienst heranzog. Sie widersetzten sich jedoch auch der Zählung ihrer Viehstücke, weil sie glaubten, daß damit jede Kuh die Milch verliere, und erklärten, die Milch einer mit dem Zählmal gebrannten Kuh nicht trinken zu dürfen, weil das Blut der Kuh verunreinigt wurde. Ebenso verwehrten sie das Impfen der Kinder gegen Blattern (Kuhpocken), weshalb viele Lippowaner Gesichter mit entstellenden Blatternarben (?blattersteppig" hieß es im Volksmund) hatten.
      Die Lippowaner sonderten sich ängstlich ab von den Andersgläubigen, die sie als unrein betrachteten. Sie aßen und beteten nie mit Andersgläubigen. Ihre Religion verbot ihnen zu musizieren und zu tanzen, sowie den Genuß von Alkoholgetränken. In lippowanischen Dörfern wie Biala-Krynitza gab es keine Wirtshäuser. Sie ernährten sich vegetarisch, nur im Winter wurde Fleisch gegessen, wobei die Nonnen und Mönche nie Fleisch aßen.

      Ihre Tracht und Lebensweise sowie die Sprache glich in allem der des altrussischen Volkes. In der Vielfalt der Bukowiner Volkstypen fielen sie immer auf, wenn sie mit ihren troikaähnlichen Landfuhrwerken kamen, um in den Dörfern die Ernte an Obst und Gemüse aufzukaufen. Im Winter sah man sie gewöhnlich in große lange Pelze gehüllt vor ihrem Obstladen sitzen.

      Die Zigeuner

      In der Bukowina gab es nicht nur nomadische Zigeuner, sondern auch seßhafte, die an den Enden der Ortschaften wohnten. Sie waren meist Schmiede, Schuster, Musikanten, aber nicht selten Krämer. In den Städten hatte die ?ziganie" gewöhnlich ein eigenes Viertel, welches nicht vom besten Ruf war.

      Sie selbst betrachteten sich stolz und selbstbewußt als Menschen und alle anderen waren für sie die ?Gadsche", die Barbaren. Sie lebten in losem Gefüge von Familien, die zu Sippen zusammengefaßt sind. Mehrere Sippen bildeten einen Stamm, dessen unbeschränktes Oberhaupt der Häuptling (Bulibascha) war. Er war als der Sippenälteste auf Lebenszeit gewählt und war Richter, Priester und Vertreter des Stammes den Behörden gegenüber in einer Person. Oft gehörten die Stämme nur der Form halber der Landesreligion an; in der Kirche sieht man sie selten.

      Für manche Vergehen, wie Verrat von Geheimnissen, Ehebruch usw., konnte man mit dem Ausschluß aus der Sippe bestraft werden. Diese Strafe trifft gerade die Zigeuner so hart, weil sie eigentlich nur im Verband ihrer Sippe ein gutes Familienleben führen konnten. Einzig und allein die Unfruchtbarkeit der Frau galt als Scheidungsgrund. Denn Kinder haben, war das größte Lebensglück der Zigeuner. Wie er im Freien sterben muß, so kommt auch jeder Wanderzigeuner im Freien zur Welt. Die Kinder wuchsen in vollkommener Freiheit auf und liefen Sommer und Winter meist bis zum zehnten Lebensjahr nackt herum. Trotz der Abhärtung ist die Kindersterblichkeit jedoch groß gewesen, was nur durch die Fruchtbarkeit der Frauen nachgeholt wird; denn acht bis zehn Kinder sind in der Familie nicht selten.

      Die sogenannte Zigeunermusik war eigentlich nicht aus der indischen Urheimat der Zigeuner gekommen, sondern ist zum größten Teil ungarischen Ursprungs. Sie bevorzugte Geige und Zimbal und leidenschaftliche Rhythmen, doppelschlagartige Verzierungen und Variationen, häufige Taktwechsel und Synkopen.

      Die Bevölkerung der Bukowina setzte sich aus mehreren Nationalitäten zusammen, die nach Herkunft Sprache, Lebensart, Sitten, Bräuchen und oft auch der Religion verschieden waren. Die Teilnahme am Leben fremder Völker schuf - aus der heutigen Sicht - einen selbstbewußten, offenen, mit weitem Gedankenhorizont mehrsprachigen Bukowiner.

      Am Beispiel der Bukowina kann man beweisen, daß mehrere und dazu noch kulturell und sprachlich sehr differenzierte Völker friedlich zusammenleben können, bei gegenseitiger Akzeptanz und Achtung, solange machtgierige Politiker für ihre eigenen Interessen das Volk nicht benutzen, indem sie nationalen Haß erwecken, der sogar zu blutigen Auseinandersetzungen führt. Der vorprogrammierte Verlierer ist natürlich immer das Volk.

      Literatur

      Bukowina, Heimat von gestern, Karlsruhe 1956

      Dan, Demeter: Glaube und Gebräuche bei der Geburt, Hochzeit und Beerdigung, in:

      Zeitschrift f. österreichische Volkskunde, 10. 1904, S. 96-106

      Kochanowski, A. C. von: Ostereier in der Bukowina und in Galizien, in: Zeit. f. Österr. Volksk.,
      5. 1899, S. 155-161

      Polek, Johann: Die Lippowaner-Colonien in der Bukowina, Mitteil. der KK. Geographischen Ges. Wien 1885, Bd. 28, 7/8
      Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, Bukowina, Wien 1899

      Simiginowicz-Staufe, Ludwig Adolf: Völkergruppen in der Bukowina. Reprintausgabe, Stuttgart 1971

      Viehwirtschaft und Hirtenkultur: Ethnographische Studien, Hrsg.: Laszlo Földes, Budapest 1969
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 14:41:28
      Beitrag Nr. 237 ()
      Ich möchte doch meine geschätzten Diskussions-Kontrahenten aus allen Foren auch in deren eigenem Interesse bitten, Ihren persönlichen Haß auf meine politische Meinung oder meine Person nicht durch Verallgemeinerungen auf ganze Volksgruppen zu übertragen, da mir dies die Gelegenheit bietet, die grandiose Unkenntnis der Geschichte Osteuropas von meinen Kontrahenten bloßzustellen - zum einen durch Auszüge aus von den deutschen Kultusministerien empfohlenen Büchern, Zeitungsausschnitten und persönlich-satirische Anmerkungen.
      Darüber hinaus sehe ich mich jetzt doch gezwungen, meine Familiengeschichte detaillierter auszubreiten. Für weitere - nicht zu private - Fragen bin ich gerne bereit.
      Aber worum geht es mir eigentlich?
      Nun, es geht insbesondere um dieses amüsante Posting hier - das mich im übrigen doch sehr an das von Herrn Meyerhofer aus Posting # 235 erinnert - mit seinen lustigen Smilies und meinen leider erst heute folgenden Kommentar weiter unten:

      #115 in Thread: Anti-Utopien sowie deren Totalitarismus- und Realitätsbezug
      es ist schon ein kreuz mit den rumäniendeutschen und anderen berufsvertriebenen.
      ich kenne sie aus meiner eigenen familie.
      ... ja, dabei war der bub immer so talentiert....
      ein so kluger kopf...
      aber der kommunismus hat verhindert, dass was aus ihm geworden ist....;)
      das schrecklichste schicksal aber, das dem `volksdeutschen` menschen beschieden sein kann,
      ist es schliesslich unter die `reichsdeutschen` zu fallen und die missachtung zu erfahren, dass die jammertiraden über das durch den kommunismus verfehlte leben nicht loszuwerden sind und keiner mehr zuhören mag... seine und seiner familie vertane chancen - wie schrecklich, aber eben eine story unter anderen.....
      das wird dann gern zum krampf.
      amerika ist gross und weit und der `volksdeutsche` wie der osteuropäer vermutet dort sein glück. deshalb ist alle kritik an amerika sakrosankt und despektierlich. also neudeutsch antiamerikanisch. und alle anmutung an gedankengut, das irgendeine kritik am american way of life mit sich bringt, kann nur schlecht sein, ein sakrileg. wie immer die denker heissen, wenn nur der geruch des `linksdenkers` an ihm haftet, dann regt sich der natürliche widerstand des berufsgeknechteten. denken in kategorien, die über die eigene notlage hinausweisen, sind allemal verdächtig.
      grad so, wie der westerner sich auf den weg machte, um das `leere` indianerland zu seinem eigenen zu machen, sieht der naturalisierte `volksdeutsche` seine kritischen `reichsdeutschen` landsleute als hindernis, sich seinen so lang geträumten traum zu erfüllen. niemals sich selbst. er bekämpft schliesslich jeden gedanken, der hinweis auf besserung ermöglicht. masochismus ist gelernte unterwürfigkeit. das wissen zu können - wenigstens das - unterscheidet das alte vom neuen europa ;)


      Das obige Zitat fängt schon mal grundfalsch an, denn ich (Auryn) habe mich oder meine Familie niemals als "Heimatvertriebenen" bezeichnet. Auch habe ich mich nach meiner Erinnerung niemals über meine eigene persönliche Lebenssituation infolge meiner Familiengeschichte beklagt.
      Falls jemand eine gegenteilige Textstelle von mir dazu finden sollte, bitte ich doch sehr um die Angabe der betreffenden Textstelle.
      Darüber hinaus biete ich - Auryn - demjenigen 100 Euro Belohnung, der mir eine staatlich oder nichtstaatlich organisierte Vertreibung von Rumäniendeutschen aus Rumänien heraus nachweisen kann.
      Eine solche Vertreibung hat es von Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei und aus Jugoslawien heraus gegeben, aber schon in Ungarn war die Lage ganz anders und IN RUMÄNIEN HAT ES NIEMALS EINE VERGLEICHBARE VERTREIBUNG GEGEBEN !!!
      Ich würde es sehr begrüßen, wenn meine hasserfüllten Kontrahenten nicht von ihrer eigenen Familiengeschichte verallgemeinernd auf die Geschichte meiner Familie schließen würden.
      Die Familien meiner Eltern wurden ebenfalls NIEMALS vertrieben, sondern nach dem Hitler-Stalin-Pakt in damals noch deutsch-sowjetischem Einvernehmen 1940 nach Schlesien umgesiedelt, dort von den sowjetischen Truppen 1945 inhaftiert und als rumänische Staatsbürger deutscher Nationalität nach Rumänien zurückdeportiert. Es kam dabei zwar zur Übergriffen der einfachen russischen Soldaten, doch die Familien meiner Eltern hatten das große Glück, wegen ihrer Herkunft aus der Bukowina auch gebrochen Russisch und Ungarisch zu sprechen, was ihnen bei den russischen Kommandanten sehr half und die Übergriffe beendete. Zurückgekehrt nach Rumänien betrachteten sich die Familien meiner Eltern als eine Art von Glückspilzen, denn sie kamen erst an, nachdem die arbeitsfähige deutsche Minderheit in Rumänien bereits komplett zur Zwangsarbeit in Sowjetunion deportiert worden war.
      Die Familien meiner Eltern wurden nach ihrer Rückkehr in die Bukowina von ihren Nachbarn keineswegs wie in anderen osteuropäischen Ländern diskriminiert, sondern sie überlebten überhaupt nur durch die Hilfe ihrer rumänischen Nachbarn die Hungerjahre nach 1945. Die rumänischen Nachbarn waren jedoch ein ebensolcher Teil von Übergriffen der sowjetischen Besatzungsarmee wie die zurückgekehrten deutschen Familien. Meine Mutter und meine Tanten können sich auch heute noch genau erinnern, dass im Dezember 1947 (-siebenundvierzig!) von abziehenden sowjetischen Truppen ein durchweg rumänisches Nachbardorf von Cimpolung Moldovenesc in der rumänischen Bukowina geplündert und verwüstet wurde. Offenkundig hatten die sowjetischen Truppen immer noch keinen Befehl erhalten, die rumänische Bevölkerung nicht mehr als "Feinde" zu betrachten.
      Andersherum bestand für die normale rumänische Bevölkerung nie ein Grund, die deutsche Minderheit als ihren Feind zu betrachten, da Rumänien mit dem Deutschen Reich bis zum August 1944 verbündet war und das Deutsche Reich im Krieg - anders als in Polen oder der Tschechoslowakei nie einen Anspruch auf rumänisches Territorium erhoben hatte.
      Die kommenden Diskriminierungen gingen niemals von der Bevölkerung aus, sondern von der kommunistischen Regierung, die von Anfang an das eigene Volk im Sinne Stalins umzugestalten suchte.
      Meine Eltern wurden jedoch niemals vertrieben; im Gegenteil, im Vergleich mit den anderen deutschen Opfern von Vertreibungen waren sie Glückspilze.

      Warum sie dann in den 60er Jahren nach Deutschland kamen und ein Drittel meiner Familie weiterhin in Rumänien lebt, werde ich vielleicht noch anhand weiterer Postings zu erklären versuchen.

      Zitat:
      Die nationalsozialistische Eroberungspolitik und Willkürherrschaft im übrigen Osteuropa mit ihren Verbrechen hatte dort einen Haß gesät, dessen bittere, blutige Früchte das deutsche Volk jetzt erntete. Die Verbrechen der einen Seite machen jene der anderen erklärlich; sie rechtfertigen sie indessen nicht.
      Als die sowjetischen Truppen in Osteuropa und dann in das Deutsche Reich einmarschierten, floh die deutsche Zivilbevölkerung in Massen nach Westen, um den Schrecken des Kriegsgeschehens auszuweichen. Meist evakuierten die Behörden zu spät,
      vielfach wurden Flüchtlingstrecks von den sowjetischen Truppen überrollt. ...

      Auch die höheren sowjetischen
      Truppenführer vermochten diesen zügellosen Ausschreitungen kaum Einhalt zu gebieten. Massenhaft kam es zu Vergewaltigungen deutscher Frauen, wobei offenbar noch jene ältere Vorstellung nachwirkte, Frauen seien eine dem Sieger zustehende Beute, besonders bei sowjetischen Soldaten asiatischer Herkunft. Die sowjetischen Soldaten verhielten sich damit völlig anders als die einmarschierenden britischen, amerikanischen und französischen Truppen. Im Westen gab es keine Massenvergewaltigungen, wenn man von einzelnen Exzessen der französischen Kolonialtruppen absieht, und kein massenhaftes Morden der Zivilbevölkerung.
      ...,
      Wie die Nationalsozialisten sich bei ihrer Gewaltpolitik im Osten pauschal gegen die dortigen Völker gewendet hatten, so richteten sich jetzt die Übergriffe der Tschechen, Polen und Jugoslawen unterschiedslos gegen alle Deutschen, nur weil sie Deutsche waren. Doch während die nationalsozialistische Unterdrückungs- und Ausrottungspolitik von oben bürokratisch organisiert und von den zuständigen Stellen nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam ausgeführt worden war, entstanden die antideutschen Pogrome 1944/45 weitgehend spontan von unten, und weite Bevölkerungskreise engagierten sich dabei. In Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien wurden zahlreiche deutsche Zivilisten in Lager gebracht, wobei man vielfach die KZs der NS-Zeit weiterbenutzte. Zigtausende von Deutschen kamen durch Hunger, Mißhandlung und Mord in diesen Lagern um. Die Jugoslawen griffen auch zu Massenerschießungen, um die Deutschen systematisch auszurotten.
      Ferner verschleppten die Russen über 500.000 Deutsche zu mehrjähriger Zwangsarbeit in die UdSSR, von denen dort ebenfalls viele umkamen.
      Mit dem Ende der deutschen Herrschaft begannen die Polen und Tschechen mit sowjetischer Zustimmung sofort, alle Deutschen östlich der Oder-Neiße-Linie und im Sudetengebiet in brutaler und ungeregelter Weise auszutreiben. Diese gewaltige Bevölkerungsverschiebung war schon während des Kriegs von der tschechischen und der polnischen Exilregierung gefordert und von den Alliierten akzeptiert worden. Ihr Sinn lag darin, Polen und die Tschechoslowakei in ihren neuen Grenzen zu volklich einheitlichen Staaten zu machen, frei von volklichen Minderheiten. Nach den Erfahrungen der Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg glaubten sie, ihre Grenzen nur so gegen Revisionsansprüche sichern zu können. Auf der Potsdamer Konferenz bemühten sich die Westalliierten, die bereits angelaufenen wilden Austreibungen in geordnete und humane Bahnen zu lenken, was dann für die Jahre 1946 und 1947 immerhin einigermaßen erreicht wurde. Ende 1947 waren die Vertreibungen im wesentlichen abgeschlossen. 1950 befanden sich 11,73 Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene in der BRD, der DDR und Österreich. 2,11 Millionen deutsche Zivilisten waren bei Flucht und Vertreibung ums Leben gekommen, besonders die weniger Widerstandsfähigen, die Kinder, Alten und Frauen. Doch nicht nur Hunger, Strapazen und Seuchen sowie Kriegshandlungen forderten ihre Opfer, sondern der Tod von etwa 600.000 deutschen Zivilisten war auf Verbrechen der Russen, Polen, Tschechen und Jugoslawen zurück.
      ...
      In Osteuropa kam es allein in Ungarn und Rumänien NICHT zu brutalen Haßausbrüchen gegen die Deutschen. Für die in Ungarn lebenden Volksdeutschen wurde eine Umsiedlung erst von den Alliierten im Potsdamer Abkommen angeordnet. Sie vollzog sich ohne Ausschreitungen und wurde auch nur etwa zur Hälfte durchgeführt, während die übrigen Deutschen in Ungarn bleiben konnten. In Rumänien wurden überhaupt keine Vertreibungen durchgeführt. Die rund 380.000 Deutschen, die nach der von Hitler veranlaßten Umsiedlung, nach Evakuierung, Flucht und sowjetischen Deportationen noch im Land waren, durften bleiben. Doch auch sie wurden enteignet und in eine diskriminierte Stellung herabgedrückt.
      Zitiert aus dem von der Bundeszentrale für politische Bildung empfohlenen Geschichtswerk von Jürgen Mirow: Die Geschichte des deutschen Volkes, S. 959-961.

      Es konnten zwar in den ersten Tagen nach dem Einmarsch der Roten Armee in das rumänische Territorium einige tausend Deutsche vor allem mit Wehrmachtseinheiten fliehen. Eine weitgehende Evakuierung grenznaher Dörfer war jedoch nur im Banat möglich, wo etwa 70-80000, Personen flüchteten. Im Zuge einer deutschen Gegenoffensive gelang es auch, die Einwohner von fünf mittelsiebenbürgischen Dörfern in großer Eile und unvollständig zu evakuieren.
      Eine geschlossene und rechtzeitig vorbereitete Evakuierung war nur in Nordsiebenbürger, das damals zu Ungarn gehörte, in der Zeit vom 10.-19. September 1944 möglich; die letzten Trecks erreichten im November bei Schneetreiben ihre Bestimmungsorte in Nieder- und Oberösterreich. Dem Evakuierungsbefehl leistete hingegen nur der kleinere Teil der Sathmarer Schwaben Folge. Abgesehen von den 215 000. Umgesiedelten und den etwa 60.000 in deutschen Einheiten dienenden Männern dürften im Herbst 1944 mindestens 100.000 Rumäniendeutsche aus dem derzeitigen Staatsgebiet geflüchtet sein, von denen allerdings ein guter Teil nach Kriegsende im Jahre 1945 von den Sowjets wieder zurückgeführt wurde.
      Darunter befanden sich auch die Familien meiner Eltern, die in Schlesien als rumänische Staatsbürger mit deutscher Nationalität zurück nach Rumänien deportiert wurden.
      Für die zurückgebliebenen Deutschen änderte sich zunächst auch nach Durchzug der sowjetischen Truppen nicht viel: Telefone und Rundfunkgeräte wurden zwar sehr bald beschlagnahmt, und die Deutschen erhielten Sonderausweise. Auch der Kreis der Internierten wurde immer stärker ausgeweitet. Die meisten konfessionellen Schulen mit deutscher Unterrichtssprache konnten aber nach einer gewissen Unterbrechung den Schulunterricht wieder aufnehmen.: Mit Beginn des Jahres 1945 änderte. sich :das grundlegend:
      In der Zeit vom 9.-15. Januar 1945 wurden schlagartig etwa 80.000 -,:17-45jährige Männer und 18-35jährige Frauen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Ausgenommen waren nur Hochschwangere und Mütter mit Kindern unter einem Jahr. Wenn die Sollzahl nicht erreicht wurde, griffen sich die sowjetischen Soldaten willkürlich Ersatzpersonen unter der rumänischen oder ungarischen Bevölkerung. Die noch königstreuen rumänischen Verwaltungen versuchten vielerorts, die Deportationen zu verhindern, doch auch ihnen wurde bei Warnung der Deutschen oder Sabotage der sowjetischen Zwangsmaßnahmen mit der Deportation gedroht. - Viele Kinder blieben elternlos zurück. Manche wurden von rumänischen Nachbarn wie ihre eigenen Kinder aufgezogen bis die Eltern zurückkamen, was aber häufig nicht der Fall war. Soweit keine Großeltern oder Nachbarn vorhanden waren, schalteten sich die Kirchen ein, und es bewährte sich die Solidarität der Nachbarschaften und Dorfgemeinschaften; so daß keine Kinder in staatliche rumänische Waisenhäuser eingewiesen werden mußten. - Die ersten kranken Deportierten wurden von` den Sowjets nicht nach Rumänien; sondern nach Frankfurt/Oder verbracht, von wo, sich viele zu ihren vorher geflüchteten Ehemännern oder Bekannten im Westen absetzten. Die letzten- Deportierten kehrten nach zehn Jahren zurück; bei gescheiterten Fluchtversuchen auch später. Infolge von Hunger und Krankheiten war die Todesrate hoch.
      Insgesamt kamen wohl über zehn Prozent der deportierten Angehörigen der deutschen Minderheit in der Sowjetunion ums Leben.

      - Die Rumäniendeutschen verloren alle politischen Rechte, das Minderheitenstatut vom 7. Februar 1945 galt für sie nicht: Erst durch Gesetz vom 7. September 1950 wurde ihnen wieder das Wahlrecht zuerkannt.
      - Durch das zweite Agrarreformgesetz vom 23. März 1945 verloren alle Personen deutscher Nationalität mit Ausnahme der `wenigen, die aktiv als Soldaten ``gegen` Hitlerdeutschland kämpften., entschädigungslos ihren gesamten landwirtschaftlichen Grundbesitz mit Hofstelle sowie lebendem und totem Inventar. In` die Bauernhäuser zogen fremde Kolonisten ein, von deren Gutmütigkeit, es abhing, ob die bisherige Bauernfamilie noch ein Zimmer behalten durfte oder nicht.

      Im sozialistischen Rumänien
      Am 30. Dezember 1947 verzichtete König Michael unter Todesandrohung der Kommunistischen Partei auf den Thron, und es wurde die Volksrepublik Rumänien -ausgerufen. Die Sozialisierungsgesetze vom Sommer 1948 hatten zur Folge, daß außer der Industrie, den Banken, Versicherungen und Genossenschaften auch Hauseigentum und das deutsche konfessionelle Schulwesen verstaatlicht und die zahlreichen deutschen Vereine aufgelöst wurden. Die selbständigen Handwerker waren schon vorher durch Druck veranlaßt worden, Genossenschaften zu bilden und ihre Selbständigkeit aufzugeben. Im März 1949 begann auch die Sozialisierung der rumänischen Landwirtschaft nach sowjetischem Muster.
      Neben dieser Zerstörung der wirtschaftlichen Basis wirkten sich folgende Maßnahmen auf die Rumäniendeutschen besonders aus
      - die Deportation von Banatern, die, in der Nähe der jugoslawischen Grenze wohnten, zusammen mit nicht-vertrauenswürdigen Rumänen und Ungarn in die Baragansteppe;
      - die Zwangsumsiedlung nicht erwerbstätiger Städter auf Dörfer;
      - Schauprozesse wegen "nationalistischer Umtriebe" und
      - eine Vielzahl von Übergriffen und Benachteiligungen auf örtlicher Ebene. .
      Etwa zehn Jahre nach Kriegsende nahmen Staat und Partei allmählich eine liberalere Haltung gegenüber den Rumäniendeutschen ein. Im Jahre 1956 erhielten die ehemaligen Bauern, aber auch Nichtlandwirte, ihre Höfe und Familienhäuser auf Antrag zurück, allerdings ohne die dazugehörigen landwirtschaftlichen Grundstücke. Diese liberale Phase erreichte ihren Höhepunkt, als der neugewählte Generalsekretär Ceausescu im Jahre 1968 nach einem Gespräch mit rumäniendeutschen Intellektuellen offiziell Fehler in der Behandlung der. Rumäniendeutschen eingestand und der Gründung eines Rates der Werktätigen deutscher Nationalität zustimmte.
      Mit der weltweiten Ölkrise, also vorm Jahre 1974. an, setzte ein härterer innenpolitischer, Kurs ein. Seit 1982 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Rumänien so stark stark, daß es zu einer schweren Ernährungs- und Energiekrise kam, die bis zum Sturz Ceausescus anhielt. Nicht zuletzt um davon abzulenken, wurden immer nationalistischere Töne angeschlagen; die nicht offiziell, aber in Wirklichkeit Minderheitenfeindlichkeit zur Folge , hatten und haben.
      (Zitiert aus dem Themenheft der Bundeszentrale für politische Bildung: Informationen zur politischen Bildung, Aussiedler, Heft 222, S. 41.)
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 17:02:00
      Beitrag Nr. 238 ()
      Die weiteren Postings zu dem Thema kann man in der entsprechenden Diskussion ab Posting # 123 in Thread: Anti-Utopien sowie deren Totalitarismus- und Realitätsbezug nachlesen.
      Im Moment bin ich zu beschäftigt, um von dort hierher zu kopieren.
      Avatar
      schrieb am 04.07.03 20:01:00
      Beitrag Nr. 239 ()
      Da sage noch einer, meine Threads wären mit ihren historischen Hintergründen "nicht aktuell" für die behandelten Länder.

      Vorgestern erst, am 2. Juli 2003 haben die Staatsoberhäupter von Rußland (Putin) und Rumänien (Iliescu [leider immer noch]) nämlich den ersten gemeinsamen "Freundschaftsvertrag" unterzeichnet,
      der die bis zu Gorbatschow geleugnete Existenz des Geheimen Zusatzprotokolls vom 23.08.1939 aus dem Hitler-Stalin-Pakt (bzw. dem Ribbentrop-Molotow-Abkommen) anerkennt,
      das damals Osteuropa zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion in gegenseitige "Interessensphären" aufteilen sollte.


      Dieses wird nun erstmals auch von Rußland gegenüber Rumänien als "Unrecht" bewertet und völkerrechtlich für "null und nichtig" erklärt.

      Im Gegenzug erhebt Rumänien keinen juristisch-völkerrechtlichen Gebietsanspruch mehr auf die damals von Hitler und Stalin dem Sowjetischen Staatsgebiet zugeteilten ehemals rumänischen Territorien der Nord-Bukowina und Bessarabien (heute: Moldawien)
      http://www.rferl.org/nca/features/2003/05/06052003153923.asp
      Die National-Chauvinisten in Rumänien werden trotzdem mit Sicherheit von einem "schlechten Geschäft" für Rumänien sprechen.
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 16:46:23
      Beitrag Nr. 240 ()
      Falls sich jemand noch im weitesten Sinne für hübsche Landschafts- und Städtebilder zum Thema interessiert und "des Empfangens des WDR-3-Programms mächtig" sein sollte, so riete ich ihm, heute um 20.15 Uhr eben jenes einzuschalten:
      http://dyninet.wdr.de/inetepg/ObjekteZurSendung.asp?Sendung=…
      ;)
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 17:22:29
      Beitrag Nr. 241 ()
      Die Welt ist voller Rumänen, gelle? :D
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 17:43:53
      Beitrag Nr. 242 ()
      Und es werden womöglich immer mehr...
      :cry:
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:29:25
      Beitrag Nr. 243 ()
      Ja, wenn die Rumäninnen auch immer die Antibabypille mit der Knoblauchpille verwechseln ... :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 12:18:57
      Beitrag Nr. 244 ()
      Oder wenn man sich - vielleicht wie Mirabellchen ;) - zu viele "Dracula"-Streifen mit zuviel Abwehr-Knoblauch in der Knabberschale zugeführt hat...
      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 15:22:19
      Beitrag Nr. 245 ()
      #244 :confused: Müßten es dadurch nicht eher weniger werden? Oder mißdeute ich die Rumänische Logik? :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 15:26:54
      Beitrag Nr. 246 ()
      Wenn wirklich alle in einer Gesellschaft Knoblauch essen, dann sind sich schon nach kurzer Zeit im Geruch alle gleich, die Nasen gewöhnen sich daran und nichts steht mehr der Kommunikation im Wege...
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 18:14:12
      Beitrag Nr. 247 ()
      Ah ... ja ... verstehe: die Nasen müssen für die Kommunikation außer Kraft gesetzt werden. Klar, Rumänische Logik! :D Ich werd`s schon noch lernen. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 12.07.03 13:05:51
      Beitrag Nr. 248 ()
      Du schaffst das schon, Mirabellchen! Nur nicht aufgeben!
      ;)
      Avatar
      schrieb am 19.09.03 11:34:45
      Beitrag Nr. 249 ()
      Unter dem Titel "In weltverlorener Einsamkeit" beleuchtet der Spiegel mal wieder Galizien und das fast vergessene Land und vergleicht Salzburg mit Lwiw :

      http://www.spiegel.de/reise/kurztrip/0,1518,266223,00.html


      gruß
      superior;)
      Avatar
      schrieb am 21.09.03 13:29:46
      Beitrag Nr. 250 ()
      Vielen Dank für den Hinweis, superior!
      :)
      Ich möchte aber noch darauf hinweisen, daß ich die Aussagen in dem Artikel über häufige Kriegshandlungen in (Österreichisch-/Polnisch-)Galizien nicht auf die Bukowina übertragen würde, weil die Bevölkerungszusammensetzung ganz anders geartet war. Im damaligen Galizien kämpften eigentlich drei Großmächte (Österreich, Preußen, Rußland) um die politische Vorherrschaft und die Bevölkerungsmehrheit der Polen war am ehesten auf der Seite der Österreicher, weil jene den Polen Schulen in ihrer Sprache erlaubten und denselben katholischen Glauben besaßen.
      In der Bukowina hingegen war bis zum Ersten Weltkrieg keine Nationalität in einer Mehrheit von mehr als 30 bis 35 Prozent der Gesamtbevölkerung, d.h. es gab keine Möglichkeit, zu behaupten, daß dieses Land zu irgendeinem Nationalstaat gehören müsse. Mir ist daher auch nicht bekannt, daß es in der Bukowina vor 1914 irgendwelche nationalen Animositäten mit irgendeiner Minderheit gegeben hätte, denn jedes Volk war dort für sich eine Minderheit. Anders ist auch gar nicht zu erklären, wieso es in so einem kleinen Gebiet eine solche Fülle von späteren "National-Dichtern" mit mehrsprachigen Fähigkeiten gegeben haben könnte, die sich alle gegenseitig "befruchtet" hatten.

      Meine Großmutter in der Gegend von Câmpulung Moldovenesc (Süd-Bukowina) fand es zwischen 1920 und 1940 im übrigen noch völlig "normal", daß in ihrer Straße in jedem Haus eine andere Sprache gesprochen wurde und man als Kind in jedem Haus Bruchstücke einer anderen Sprache lernen konnte und auch sollte. (Hausnummer 10: Deutsch, Nr. 11 Rumänisch, Nr. 12 Ungarisch, Nr. 13 Ukrainisch, Nr. 14 Jiddisch, Nr. 15 Polnisch, Nr. 16 Slowakisch und ab Nr. 17 ging`s umgekehrt weiter.) Solche Vielsprachigkeit in einer Dorfstraße war damals in vielen Dörfern der Bukowina noch das "Natürlichste" der Kinderwelt.
      Da sieht man doch wieder mal, wie "rückständig" die Gegend gewesen sein muß, aus der meine Familie stammt, denn bei der Ankunft im schönen Deutschland in den 60er Jahren wurden meine Eltern immer wieder gefragt, wieso sie eigentlich so gut deutsch sprechen, wo sie doch aus diesem fernöstlichen Nationalstaat "Rumänien" kommen und ob das noch Europa oder schon Asien oder womöglich ein Land in Afrika ist!
      Irre, aber wirklich wahr!
      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 17.10.03 15:48:39
      Beitrag Nr. 251 ()
      Mir fielen gestern zwei Rezensionen in die Hände, die ich so ansprechend fand, daß sie hier aufgeführt werden sollten.
      Das erste rezensierte Buch würde ich zum Kauf empfehlen, das zweite nicht, doch auch dessen Rezension ist lesenswert.

      Ebba Hagenberg-Miliu (Text) / Olaf Meinhardt (Fotos):
      Rumänien
      München: C. J. Bucher Verlag 2003, 96 Seiten (Bildband; Reisen in Europa) Rezensent: Jürgen Henkel
      In letzter Zeit erkennen zusehends mehr Reisende die touristische Attraktivität Rumäniens. Ein Blick auf den Buchmarkt dokumentiert diese Konjunktur. So konkurrieren mittlerweile einige jüngst erschienene Reiseführer mit dem hervorragenden Standardwerk von Ebba Hagenberg-Miliu ("Rumänien", DuMont 1998), das inzwischen in vierter Auflage erschienen ist. Im Bereich von Bildbänden herrscht jedoch großer Nachholbedarf, vor allem an qualitativ Hochwertigem. Ebba Hagenberg-Miliu und der Fotograf Olaf Meinhardt helfen diesem Notstand nun mit einem neuen Bildband ab, der alles Bisherige in den Schatten stellt. Wiederum unter dem schlichten Titel "Rumänien" begegnet einem eine wahre Fundgrube an eindrucksvollen und phantastischen Bildern und Impressionen aus Rumänien, die Liebhabern des Landes und jedem Interessenten facettenreich Menschen, Momente und Sehenswürdigkeiten Rumäniens präsentiert. Ein Prachtbildband ist hier entstanden, der Lust macht, jede der gezeigten Landschaften, Städte und Dörfer, Kirchen, Klöster und Plätze selbst zu erkunden und auch auf die Suche nach solchen Stimmungen, Persönlichkeiten und urigen Gestalten zu gehen, die der Band zeigt. All das durchgehend in Farbe, außer bei historischen Aufnahmen, etwa von der legendären Sängerin Maria Tânase. Ob stimmungsvolle Bilder vom Donaudelta, ob Fotos vom "Fröhlichen Friedhof" in Sâpânta in der Maramuresch, ob Bilder von Karpatenhirten, ländlichen Märkten oder dem "Caru cu bere", der elegantesten Gaststätte in Bukarest, ob das Ambiente der Einsamkeit und Ewigkeit in orthodoxen Klöstern oder das geschäftige Treiben in Großstädten - es gelingt diesem
      Bildband, einen leidenschaftlichen und vielschichtigen Bilderbogen Rumäniens aufzuschlagen, den der Leser mit zunehmender Begeisterung von Seite zu Seite verschlingen wird.

      Es ist dem Fotografen hoch anzurechnen, dass er sich nicht auf die bekannten Postkartenmotive wie etwa die Altstadtzentren von Schäßburg und Hermannstadt oder ein Strandpanorama an der Schwarzmeerküste beschränkt, wobei er selbst solche Motive ausgewählt kunstvoll wahrzunehmen weiß. Es werden auch die Bäuerin mit ihrem Schwein auf dem Markt, verwegene, knorrige Gestalten beim Sonntagsplausch oder ein Hirte beim Häuten eines geschlachteten Lammes gezeigt - Bilder, die touristische Hochglanzprospekte den Kunden gewöhnlich vorenthalten. Immer wieder kommen regelrecht preiswürdige Fotografien zutage, auch auf Doppelseiten. Dazu zählen zweifellos die Fotos des Ceahlau-Gebirges in der Moldau (S. 90 f.) oder der beleuchteten Innenräume der Bischofskirche in Curtea de Arges (S. 94). Detailverliebt sowie das Große schätzend bewegt sich der Fotograf zielsicher durch die Motive, die ihm Rumänien vor Augen stellt.

      Die Texte von Ebba Hagenberg-Miliu stehen den Fotografien in Nichts an Eindrücklichkeit und inhaltlicher Substanz nach. Ein ReiseEssay ("Zwischen Tradition und Aufbruch", 5. 10-58) begleitet den Betrachter der Fotos. Zahlreiche praktische Tips und Hinweise für Rumänienreisen bietet der Abschnitt "Rumänien: Planen. Reisen. Genießen" (S. 66-88). Dort werden die wichtigsten Sehenswürdigkeiten jeweils kurz in Wort und Bild vorgestellt. Speziellen Themen wie der Folklore, der Landesgeschichte, dem "Dracula"-Mythos oder der deutschen Minderheit gewidmete Einzelbeiträge schließlich vertiefen die hier knapp und bündig, aber auf hohem Niveau und stimmig gebotene Landeskunde. Hagenberg-Miliu bietet damit wohltuend Anderes als der durchschnittliche deutsche Journalismus. Sie grenzt sich vorsorglich wie trefflich von jenen Stereotypen und Zerrbildern ab, die die Darstellung Rumäniens in deutschen Medien seit 1989 leider beherrschen: Dracula, Ceausescu und den Straßenkindern (S. 10). All das blendet sie nicht aus. Natürlich werden die Probleme Rumäniens im Kommunismus und der Transformation seit der Wende benannt. Aber die Autorin bleibt nicht dabei stehen. Ebba Hagenberg-Miliu schildert völlig zu Recht auch das andere Rumänien, das der Künstler und Intellektuellen. Das Ambiente von Bukarest kennzeichnet sie als "Flair einer europäischen Metropole" (S. 13) und betont die UNESCO-Qualifizierungen des Landes. Endlich einmal wird vorurteilsfrei die identitätsstiftende Rolle der rumänischen Orthodoxie betont. Auch die künstlerischen, intellektuellen und wissenschaftlichen Beiträge Rumäniens zur europäischen Geistesgeschichte werden hier genannt. Unter Markierung historischer Probleme wird u. a. festgehalten: "Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts - solange besteht der rumänische Staat - hat es niemals Bürgerkrieg gegeben. Von diesem Land ging auch nie ein überregionaler Krieg aus. Welcher Vielvölkerstaat kann das heute schon von sich behaupten?" (S. 66). Ein zu unterstreichendes Fazit.

      Geschichte und Mythos. Über die Gegenwart des Vergangenen in der rumänischen Gesellschaft
      Böhlau Verlag: Köln 2003, aus dem Rumänischen von Annemarie Weber unter Mitwirkung von Horst Weber, 291 Seiten (= Studia Transilvanica 30)
      Lucian Boia
      Rezensent: Jürgen Henkel
      Geschichtsdeutungen sind in der Regel abhängig vom historischen und kulturellen, philosophischen, religiösen oder ethnisch-nationalen Kontext. Besonders deutlich scheint dies in Südosteuropa der Fall zu sein. Frag-würdige Thesen nationaler Genese werden zu Mythen hochstilisiert, um die eigene ethnische Existenz möglichst kurz nach dem Urknall zu verorten und territoriale Ansprüche zu legitimieren. Auch die rumänische Geschichtsschreibung kennt solche Tendenzen. Bei den Rumänen kommt erschwerend hinzu, dass sich ihre ethnische Existenz über Jahrhunderte in Abgrenzung zu dominierender Fremdherrschaft behaupten musste. Ob Ungarn, Russen oder Türken - die Rumänen sahen sich immer in einer Verteidigungshaltung. Das förderte die Bildung solcher Mythen.

      In seinem seit 1997 in mehreren Auflagen erschienenen Buch räumt Lucian Boia, Professor für Geschichte an der Universität Bukarest, mit einer ganzen Reihe von Mythen über die nationale Genese Rumäniens und der Rumänen als Ethnie auf. Er verweist die für das nationale Selbstverständnis zentralen Deutemuster in das Reich der Mythologie. Die jüngst erschienene deutsche Ausgabe folgt der rumänischen Auflage von 2002 und bietet auch die dort ergänzten Vorworte. - Grundsätzlich stellt Boia fest: "Die Geschichte ist auch der Ausdruck des Selbstbewusstseins einer Gemeinschaft oder gesellschaftlichen Gruppe" (S. 2). Laut eigener Aussage gehe es ihm "nicht um die Demontage der Mythologien. (...) Jede Nation hat ihre eigene Geschichts-mythologie" (S. 4). Was Boia freilich durchgehend betreibt, ist eine Entmythologisierung der rumänischen Geschichtsinterpretation. Wobei er eine geschichtswissenschaftliche Theorie vertritt, die nicht mehr von einer wissenschaftlich und objektiv wahrnehmbaren Geschichte ausgeht. Das relativiert die Möglichkeiten des Diskurses, wenn die Wissenschaftlichkeit der Disziplin selbst schon infrage gestellt wird. Denn Fakten bleiben Fakten. Die naturgemäß variable Interpretation des Verhaltens der Entscheidungsträger vor dem kontextuellen Hintergrund bestimmt den Sinn der Disziplin.

      Tatsächlich kommt bei Boia so gut wie alles schlecht weg, was den Rumänen heilig ist: Eminescu, die "Goldene Zwischenkriegszeit", die nationalen Helden von Michael, dem Tapferen, bis zu Stefan, dem Großen, die Verklärung der jeweiligen Herrschergestalten, des rumänischen Dorfes und der vaterländischen Geschichte, die These von der christlichen Geburt der rumänischen Nation, und vieles mehr - selbstverständlich auch die These der Kontinuität romanisierter Daker nördlich der Donau, die für das nationale Selbstverständnis der Rumänen unverzichtbar ist. Boia kommt zu dem Schluss: "Wir haben das 19. Jahrhundert noch nicht überwunden. (...) Wir Rumänen sind zu sehr mit Frust und Komplexen behaftet und befinden uns deshalb in einem ständigen Wechselbad der Gefühle: Wir haben gleichzeitig Minderwertigkeits- und Überlegenheitsgefühle" (S. 32).

      Im einzelnen behandelt Boia "Geschichte, Ideologie, Mythologie" (S. 39-100), "Die Ursprünge" (S. 101-133), "Die Kontinuität" (S. 135-152), "Die Einheit" (S. 153-177), "Die Rumänen und die anderen" (S. 179-216), "Der ideale Fürst" (S. 217-261), und "Nach 1989" (S. 260-274). - Boia stellt sich in die Tradition der rumänischen "Junimisten", einer Historikerbewegung des 19. Jahrhunderts, die sich der kritischen historiographischen Schule verpflichtet wusste. Kritik am Nationalismus und der "Fremdenfeindlichkeit" der Rumänen durchziehen das Buch. Letzteres mag Ausländer als Leser verblüffen angesichts der Gastfreundlichkeit der Menschen in Rumänien und des Fehlens xenophob motivierter Gewalttaten, die zum Beispiel in Deutschland seit 1989 über 100 Menschenleben gefordert haben.

      Äußerst oberflächlich bleibt Boias Beschäftigung mit der Orthodoxie. So kritisiert er die These der "orthodoxen Nation", ohne sich mit deren wesentlichen Vertretern wie Dumitru Staniloae oder Nichifor Crainic auseinanderzusetzen. Der rumänischen Orthodoxie wirft er Distanz zum katholischen und protestantischen Westen und eine Integration in den slawischen Osten vor (S. 75). Gerade die rumänische Orthodoxie versteht sich aber explizit als lateinisch und romanisch geprägt, als einzige orthodoxe Kirche mit romanischer Sprache. Die bedeutenden Beiträge der rumänischen Orthodoxie zur Ökumene (Mitglied im Weltkirchenrat seit 1961, Dialog mit der Evangelischen Kirche in Deutschland/EKD seit 1979, Papstbesuch 1999) stehen dieser Kritik entgegen - und werden nicht thematisiert.

      Teilten die Rumänen außerdem alle die von Boia aufgezeigten Mythen in ihrer alltäglichen politischen Vorstellungswelt, so wären sie rettungslos schizophren. Darin liegt auch eine der Schwächen dieses Buches. Es stellt selbst die abstrusesten Thesen - meistens zynisch bis hämisch kommentiert - nebeneinander, ohne deren Rezeption näher zu beschreiben. Das wäre etwa so, wie wenn man aus Adolf Hitlers "Mein Kampf", Franz Schönhubers "Ich war dabei" und noch ein paar Texten von Bismarck und national-libera
      len Schriftstellern des 19. Jahrhunderts "das" Nationalbewusstsein der Deutschen konstruieren würde. Gleichzeitig weist Boia selbst völlig zu Recht darauf hin, dass viele Strömungen in sich inkompatibel sind. Doch er suggeriert, dass selbst die irrsten Verklärungen der rumänischen Nation und ihrer Geschichte Allgemeingut eines jeden Rumänen seien. Die Mythen hätten außerdem stärker in ihrer apologetischen Motivation dargestellt werden müssen. Denn sie reagieren oft nur auf Mythen einer "Gegenseite`:

      Das Werk ist trotzdem eines der wichtigsten
      Bücher, die seit 1989 in Rumänien erschienen sind. Es ist ein großes Verdienst des Böhlau-Verlages und der Übersetzer Annemarie und Horst Weber, es dem deutschen Publikum zugänglich gemacht zu haben. So mancher nationalistische Missklang und mythische Überhang findet hier seine Erklärung - auch der für Beobachter oft überraschende, fliegende Wechsel zwischen Isolation und Adaption, Selbstverklärung und Selbstironie der Rumänen. Sehr gut gelungen und grundlegend für die Debatte der Zukunft sind im Übrigen die Hinweise zu den ideologischen Metamorphosen des rumänischen Kommunismus.

      (Rezensionen aus "Südosteuropa Mitteilungen" , Heft 04-05/2003, 43. Jahrgang, S. 162-165.)
      Avatar
      schrieb am 02.04.04 13:35:29
      Beitrag Nr. 252 ()
      Ich hieve diesen Thread nur mal schnell hoch, damit er nicht zur Historie wird. Außerdem kommt nächste Woche noch ein Nachschlag...
      Avatar
      schrieb am 29.04.04 09:05:38
      Beitrag Nr. 253 ()
      Eigentlich sollte der angekündigte Nachschlag ja etwas anders aussehen, aber da es in diesem Thread ja besonders um deutsch-österreichisch-rumänische Geschichte geht, darf das epochemachende Fußball-Länderspiel von gestern abend hier nicht fehlen. Immerhin ist es das erste Mal seit einem denkwürdigen Spiel gegen Belgien im Jahre 1913, daß Deutschland in einer ersten Halbzeit 4:0 zurücklag und diesen Rückstand auch nicht mehr aufgeholt hat.
      Dennoch muß ich sagen, daß ich dieses Spiel seit gestern abend immer mehr liebgewonnen habe.
      ;)
      Ich wage es ja kaum zu sagen, aber ich fand das Fußballspiel Deutschland-Rumänien aus folgenden Gründen "wirklich schön" (!):
      1.
      Bisher habe ich mich nämlich zu meiner Schande kaum für Fußball interessiert, aber gestern abend konnte ich sehen, daß viele Spieler unserer deutschen Nationalmannschaft genau dieselbe Einstellung zum Fußball haben wie ich.

      2.
      Ich war gestern abend zu rumänischen Freunden eingeladen und bekam viele lustige Witze über Deutsche erzählt und konnte mich bei einem hervorragenden Essen köstlich amüsieren.

      3.
      Ich finde es " schön" , daß unsere Fußballspieler aus Solidarität mit den Millionen Arbeitslosen in Deutschland und Rumänien in eine Haltung der solidarischen Arbeitsverweigerung eingetreten sind.

      4.
      Ich finde es gerecht, wenn Fußballspieler so viel verdienen, daß sie sich auch Zweit- und Drittfrauen leisten können und durch die dadurch entstehenden BILD-Schlagzeilen so berühmt werden, daß sie kaum noch Zeit für ihren Beruf haben und so den ärmeren und benachteiligten Rumänen die Gelegenheit geben, um so mehr zu leisten. Überhaupt denke ich, daß sich Rumänien durch dieses Spiel erst richtig Aufmerksamkeit für einen baldigen EU-Beitritt verdient und somit dafür endgültig qualifiziert hat.

      5.
      Ein altes japanisches Sprichwort sagt:
      " Man lernt wenig aus seinen Siegen, aber viel aus seinen Niederlagen!"
      In diesem Sinne freue ich mich schon sehr auf unser nächstes Länder-Spiel gegen die Niederlande.

      In freudiger Erwartung der Zukunft,
      Auryn
      :D
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 13:19:22
      Beitrag Nr. 254 ()
      Gelegentlich werde ich gefragt: "Sag` mal, (mein echter Vorname ;) ), wie kommt es eigentlich, daß da in Rumänien deutsche Bauern und Handwerker, denen die Adligen seit Kaiser Otto, dem soundsovielten, im Mittelalter in Deutschland zu unterdrückerisch waren, seit 800 Jahren in Siebenbürgen siedeln und sich immer noch als Deutsche betrachten?"

      Dann sage ich in letzter Zeit: "Tjaaaah, das ist so `ne Art Sonderfall, denn Siebenbürgen hat in den letzten 800 Jahren ab und zu mal den Besitzer gewechselt (Ungarn, Osmanisches Reich, Österreich, Ungarn, Rumänien etc.) und die Volkszugehörigkeit bestimmte eben die Identität, wenn ständig die Herrscher wechseln. Außerdem kommt da noch dazu, daß die Deutschen bzw. die Siebenbürger Sachsen immer eine Minderheit waren, die wegen ihrer Fähigkeiten von den Herrschern angeworben worden waren, z.B. Bergleute, Handwerker oder Wehrbauern. Jahrhundertelang konnte niemand in Osteuropa so schnell Wälder abholzen, in Ackerland verwandeln und in den darauf entstehenden Städten die steuerzahlenden Untertanen der Herrscher vermehren. Dieses Ansehen der deutschen Minderheiten hat sich in einigen wenigen Ländern bis heute erhalten und das beste Beispiel für die Leistung und den zugeschriebenen Fähigkeiten der Deutschen sind die ziemlich einzigartigen Wahlergebnisse der Deutschen in ihren rumänischen Hochburgen. In Sibiu/ Hermannstadt leben 155.000 Menschen, davon vielleicht noch 2.000 Siebenbürger Sachsen / Deutsche, aber sie haben die Wahlen mit 88 Prozent aller Stimmen gewonnen und die rumänischen Medien außerhalb von Sibiu sprechen von einer Sensation, die nicht enden will (denn dies sind schon die zweiten Wahlen mit diesem Ergebnis!) und die böswilligeren rumänischen Nationalisten sprechen von einer zukünftigen Minderheiten-Diktatur. Dabei vergessen sie aber, daß vor allem die rumänische Bevölkerung in Sibiu mit den Deutschen ja wohl hochzufrieden sein muß, wenn diesmal sogar noch mehr Rumänen die Deutschen gewählt haben.

      Der geneigte Leser betrachte dazu den folgenden Artikel aus der "Hermannstädter Zeitung" und verzeihe die Umwandlung von " und - in ?:

      Haushoher Sieg der deutschen Minderheit in den Kommunalwahlen in Rumänien


      Nachdem die ersten Hochrechnungen einen haushohen Wahlsieg des amtierenden Hermannstädter Bürgermeisters Klaus Johannis vorausgesagt hatten, herrschte am Abend des Kommunalwahlsonntags, dem 6. Juni, im Haus des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) Feiertagsstimmung.

      Etwa zur selben Zeit spielte auf dem Großen Ring in Hermannstadt, zum Abschluß des Theaterfestivals, wenige Meter vom Forumshaus entfernt, die rumänienweit beliebte Rockgruppe ?Iris?, und kurz vor Mitternacht begrüßte Festivaldirektor Constantin Chiriac den wiedergewählten Bürgermeister auf der Bühne, und Johannis dankte den Hermannstädtern für das ihm ausgesprochene Vertrauen. Es wurde minutenlang applaudiert.

      Dann bewegte sich das Volk zur 90er Kaserne hin, wo ein Feuerwerk angesagt war - die Heltauergasse war dicht, ebenso der gesamte Platz zwischen 90er Kaserne und Bulevard-Hotel bis hin zum Bürgermeisteramt, wo Klaus Johannis einsam wartete: Die Gegenkandidaten waren seiner Einladung zu einer Begegnung im Rathaus nicht gefolgt. Das Feuerwerk galt übrigens nicht ihm oder dem Wahlsieg des Forums, wie viele Zuschauer gemeint hatten, sondern bezeichnete das Ende des Theaterfestivals.

      ?Unglaubliche? 91 Prozent der Hermannstädter hätten Johannis gewählt, hatte Sonntag abend, 22 Uhr die Fernsehstation Antena 1 gemeldet. Und: Das DFDR habe 60 Prozent der Sitze im Stadtrat und um die 50-60 Prozent im Kreisrat. Das war, wie sich ein-zwei Tage später herausstellen sollte, dann doch zu hoch gegriffen. Hier die amtlichen Ergebnisse: Klaus Johannis wurde mit 88,7 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Die DFDR-Stadtratkandidaten erhielten 60,43 Prozent der Stimmen. Infolgedessen wird das Forum im 23köpfigen Stadtrat 16 Leute sitzen haben - was die absolute Mehrheit bedeutet.

      Das Ergebnis ist um so bemerkenswerter, als von den rund 155.000 Einwohnern der einstmaligen ?sächsischen Haupt- und Hermannstadt? nur noch etwa 2.000 sächsisch, d. h. deutsch sind. Die Auszählung der für den Hermannstädter Kreisrat abgegebenen Stimmzettel scheint etwas schwieriger gewesen zu sein. Denn erst am Dienstag abend war klar: Das DFDR hat 29 Prozent der Stimmen und damit 11 Sitze im 33köpfigen Kreisrat bekommen, gefolgt von PSD mit 8, PD mit 6, PNL mit 5 und PUR mit 3 Sitzen.

      Am Mittwoch gab Johannis bekannt, daß das DFDR Martin Bottesch zum Kreisratsvorsitzenden vorschlagen und die Bildung einer ?großen Koalition? im Kreisrat anregen werde. So könne, unabhängig vom Ausgang der Parlamentswahlen im Spätherbst 2004, im Kreis Hermannstadt die politische Stabilität erreicht werden. Schließlich gehe es in den Kommunen nicht um doktrinäre Auseinandersetzungen, sondern ?um Politik im Dienste und im Sinne der Bürger?. Die Verhandlungen mit den anderen Parteien seien in vollem Gange. Priorität Nummer eins, so Johannis, seien für das Forum die in zwei Wochen stattfindenden Stichwahlen in Mediasch und in Heltau. Denn dort hat das Forum zwei Kandidaten im Rennen stehen.

      Das Forum stellt in Mediasch vier Stadträte und schickt mit Daniel Thellmann den bestplazierten Kandidaten fürs Bürgermeisteramt in die Stichwahl. Thellmanns Gegenkandidat ist Marius Piteiu (PD). In Heltau steht Johann Krech, der Kandidat des Forums, ebenfalls an erster Stelle; er tritt gegen Roberto Dietrich (PNL) an. Auch hier stellt das Forum vier Stadträte. Weitere DFDR-Räte im Kreis Hermannstadt gibt es in Kleinschelken (3), Lasseln (3), Agnetheln (1) und Kleinscheuern (1). Auch im Kreis Sathmar haben die Forumskandidaten gute Ergebnisse erzielt: vier Bürgermeister (Gabor Fezer in Tiream, Mihai Löchli in Ciume?ti, Maria Nagy in Petresti - die 51jährige amtiert seit 1990 - und Mihai Heinrich in Foieni; ein Kandidat - Stefan Lang in Capleni - geht am 20. Juni in die Stichwahl) und 52 Gemeinderäte (in Turulung, Tiream, Ciumesti, Petresti, Foieni, Camin, Capleni, Ardud, Sanislau, Urziceni, Terebesti, Berveni, Moftin, Tasnad, Iojib und Craidorolt); auf UDMR-Listen sind zwei Forumsmitglieder in den Sathmarer Kreisrat und ebenfalls zwei in den Großkaroler Stadtrat gewählt worden. Der stellvertretende Forumsvorsitzende von Bildegg/Beltiug, Emeric Pleth, trat als Unabhängiger an und wurde Bürgermeister.

      In Schäßburg kamen drei Forumskandidaten in den Stadtrat.

      Im Kreis Kronstadt kam ein Forumskandidat in Zeiden in den Stadtrat und einer in Bonnesdorf in den Gemeinderat. Im Banat erzielte das DFDR sieben Sitze in Kommunalräten (im Kreis Temesch in Busiasch und Billed, im Kreis Caras-Severin in Anina und in Wolfsberg/Garana und im Kreis Arad in Peregu Mare und Pankota). In Wolfsberg muß sich der DFDR-Bürgermeisterkandidat Karl Rank der Stichwahl stellen. Der von der PSD nominierte Josef Retter wurde in Pankota mit 80 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt. (B. U.)

      Hermannstädter Zeitung Nr. 1881/11. Juni 2004, S. 1 und 2.

      [urlhttp://www.hermannstaedter.ro/modules.php?name=News&file=art…[/url]
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 13:26:03
      Beitrag Nr. 255 ()
      Ups, da wollte ich doch eigentlich "bis zu 88 Prozent aller Stimmen" schreiben...
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 18:45:26
      Beitrag Nr. 256 ()
      Toll. Kann man dahin auswandern? :)
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 09:14:01
      Beitrag Nr. 257 ()
      Man kann und es gibt nicht nur Leute von deutschen / österreichischen Hilfsorganisationen, die sich jetzt in Rumänien niedergelassen haben, sondern auch abenteuerlustige Öko-Bauern. Da war mal so ein Artikel in der Hermannstädter Zeitung über eine dt.-frz. Bauernfamilie aus dem Elsaß, die sich in der Nähe von Sibiu / Hermannstadt einen Hof gekauft haben, von der aber ihre rumänischen Nachbarn glauben, daß die es nicht lange aushalten werden. Besonders wegen der immer noch alltäglichen Probleme mit der rumänischen Bürokratie und den oft noch immer ganz offen von Ausländern verlangten "Schmiermitteln". Sibiu / Hermannstadt allerdings befindet sich jetzt sozusagen "fest in deutscher Hand" und die Stadtverwaltung arbeitet plötzlich fünfmal so schnell wie früher, "Bakschisch" ist sehr aus der Mode gekommen und die Stadt ist eine einzige lärmende deutsche Baustelle geworden. Aber den Rumänen und Ungarn scheint`s trotzdem so viel besser zu gefallen als früher.
      Mal sehen, ob ich nicht selbst irgendwann Lust bekomme, ein Hermannstädter zu werden....
      ;)
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 09:46:46
      Beitrag Nr. 258 ()
      Sag Bescheid, wenn es soweit ist. Vielleicht können wir uns dann ja auf gute Nachbarschaft zu einem Schnäpschen (oder was ist das typische lokale Kehlen"Schmiermittel"?) zusammensetzen ... :kiss:
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 17:55:21
      Beitrag Nr. 259 ()
      Ohhh, meine Leber! Weißt Du denn noch nicht, daß ich seit meiner Kindheit eine medikamentengeschädigte Leber habe?
      Jeder Besuch in Rumänien ist daher für mich eine höchst leberschädigende Angelegenheit, denn wenn ich mich dem üblichen Begrüßungs - "Tsuika" (ein paar Gläschen Pflaumenschnaps) oder dem B.- "Palinka" (Zwetschgenschnaps? Oder umgekehrt: dieser aus Pflaumen und der Tsuika aus Zwetschgen ? Ach egal, jedenfalls einer von beiden wird immer gereicht und beide schmecken sehr gut)
      verweigere, dann werde ich kaum noch als Mann angesehen.
      Schluchz!
      :cry:
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 21:55:49
      Beitrag Nr. 260 ()
      Ich gestehe: nein! Warum hast du denn als Kind Medikamente nehmen müssen?? Ich meinerseits habe sehr viel Haferflocken gegessen, und zwar mit Begeisterung und in jeder Form - schon wegen der Sammelbildchen. :D
      Avatar
      schrieb am 13.07.04 09:59:35
      Beitrag Nr. 261 ()
      Tja, Tonsillitis und Pharyngitis waren ein dauerhaftes Problem für mich, weshalb Du Dich sicherlich noch an meine Abneigung gegen griechische Namen erinnern wirst, die auf "-is" enden.
      ;)
      Aber als Fortsetzung über die Beliebtheit der deutschen Minderheit bei rumänischen Wählern fehlt noch dieser Artikel:

      Am vergangenen Freitag fanden die konstituierenden Sitzungen der Stadträte von Hermannstadt, Mediasch und Heltau statt. In Hermannstadt und in Mediasch legten die gewählten Bürgermeister, Klaus Johannis und Daniel Thellmann, den Eid ab, die Vereidigung des Bürgermeisters von Heltau, Johann Krech, wurde vertagt. In Hermannstadt werden alle Fachausschüsse des Stadtrats von Stadträten des DFDR geleitet.

      Nach seiner Vereidigung sagte Bürgermeister Johannis: ?Die Hermannstädter haben einer Organisation ihr Vertrauen geschenkt, die keine politische Partei ist. Das ist ein atypisches Vertrauensvotum, und wir wollen uns seiner würdig erweisen und zusammenarbeiten. Wir haben auf die beiden Vizebürgermeisterposten verzichtet, weil wir, obwohl wir die absolute Mehrheit im Stadtrat haben, keine Diktatur der Minderheit über die Mehrheit errichten wollen.? So wurden, nach vorangegangenen zähen Verhandlungen mit den betreffenden Parteien, Ioan Banciu (PSD) und Eugen Mitea (PNL) zu Vizebürgermeistern vorgeschlagen und gewählt.

      Vorsitzende der Fachkommissionen sind: Helmut Mathes (Haushalt, Finanzen), Kurt Klemens (Verwaltung, Rechtsfragen, öffentliche Ordnung, Menschenrechte), Gerold Hermann (Handel, Dienstleistungen), Hans Klein (Städtebau) und Marianne Fritzmann (Unterrichtswesen, Gesundheit, Kultur, Sozialfürsorge, Sport und Jugend).

      In Mediasch wurde der ehemalige Berufsoffizier Teodor Neamtu von der Allianz PD-PNL zu Daniel Thellmanns Stellvertreter gewählt. Das DFDR hat dort vier Stadträte von insgesamt 19: Werner Müller, Helmut Knall, Maja Caspari und Ursula Iuga-Pintican.

      Der neue Heltauer Bürgermeister Johann Krech konnte nicht in der konstituierenden Sitzung vereidigt werden, weil der entsprechende Gerichtsbeschluß nicht vorlag. Die Vereidigung wird kommenden Dienstag mittag stattfinden. Vizebürgermeister in Heltau wurde Gheorghe Huja (PD), hier stellt das DFDR von 17 Stadträten vier: Maria Schneider, Michael Henning, Dieter König und Tom Binder. Mit Michael Henning, seines Zeichens Postbote, ist nach langer Zeit endlich wieder auch Michelsberg im Heltauer Stadtrat vertreten. (Beatrice Ungar)

      Hermannstädter Zeitung Nr. 1884/2. Juli 2004
      Avatar
      schrieb am 28.07.04 10:32:00
      Beitrag Nr. 262 ()
      Für die Liebhaber rumänischer Pop-Musik unter uns:

      Europa tanzt nach O-Zone

      Eine Band aus Chisinau lieferte den Sommerhit für den Westen
      Die Moderatoren bei ZDF, RTL und in allen anderen TV-und Radiostationen mühen sich seit Wochen redlich, aber mit wenig Erfolg, den chartsstürmenden Titel der Boygroup aus der Republik Moldau (Moldawien) halbwegs korrekt auszusprechen. Es war höchste Zeit, daß eine Band aus dem unbekannten und viel zu lange auch als popkulturell uninteressant geltenden Osten Europas auf dem ganzen Kontinent bekannt wurde.

      Nun ist er da der Ruhm, wenigstens für das Poptrio O-Zone, und kaum jemand weiß wie es geschah. Dabei war einfach nur ein französischer Musikredakteur von Fun-Radio auf das Album "DiscO-Zone" aufmerksam geworden. Hatte gespürt, da ist Hitpotential, und spielte die bestverkaufte rumänische Single des Jahres 2003, "Dragostea din Tei" (heißt soviel wie "Liebe aus der Linde") einfach im Radio. Die Reaktionen waren positiv, nur ein paar Wochen später bestritten O-Zone ihre ersten Konzerte in Frankreich, Spanien, Italien und in der Berliner Waldbühne einen Auftritt bei "Wetten daß...". Parallel dazu schaffte in Italien eine Coverversion von "Dragostea din Tei" ebenfalls den Sprung erst in die Radiohitlisten, dann in die Verkaufslisten. Fröhlich, tanzbar, melodiös und nicht zu exotisch sind die Stücke der Jungs aus Chisinau (sie leben mittlerweile in Rumänien).

      Und für den Erfolg zwischen Barcelona und Berlin gibt es einen Haufen weiterer Gründe. Gute Discomusik ist Mangelware geworden seit dem Siegeszug vom überwiegend seelenlosen Rave und Techno, die rumänische Sprache ist für westeuropäische Ohren zwar exotisch, aber nicht mehr allzu fremd, das Outfit der Band ist MTV-kompatibel und hoch professionell.

      Mittlerweile läuft die Vermarktungsmaschinerie auf Hochtouren, Millionen Handys klingeln europaweit im O-Zone-Takt und hunderttausende im Westen schuftende rumänische Arbeitsemigranten versuchen die assoziativen und manchmal fast surrealen Texte von O-Zone in andere Sprachen zu übersetzen ("Warum weinen die Gitarren" etc.).

      Sicher bleibt "Dragostea din Tei" nur ein Sommerhit, aber ein echt europäischer. Und in Zukunft wird man im Westen aufmerksamer in die rumänischen und moldawischen Musikstudios schauen, wo so produktive junge Bands auf Entdeckung "warten" wie Zdob si Zdub, The Snails, Vama Veche, Firma oder Omul cu sobolani.
      (Grit FRIEDRICH)

      Hermannstädter Zeitung Nr. 1886/16. Juli 2004
      Avatar
      schrieb am 28.07.04 10:42:54
      Beitrag Nr. 263 ()
      Ma-i-a hi
      Ma-i-a-hu
      Ma-i-a-ho
      Ma-i-a-ha-ha
      Avatar
      schrieb am 28.07.04 10:59:50
      Beitrag Nr. 264 ()
      Ist doch fast so toll wie der deutsche Superhit von "Trio" in den 80er Jahren: "Ich lieb` Dich nicht, du liebst mich nicht - da-da-da!" , oder?
      Ich allerdings fand diesen Refrain aus Beethovens "Neunter" schon immer in poppiger Hinsicht irgendwie unübertrefflich: "Dadada-DAAAAA" !!!
      Avatar
      schrieb am 28.07.04 12:25:58
      Beitrag Nr. 265 ()
      Ist das der neue "Dadaismus"??? :);):D
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 17:40:18
      Beitrag Nr. 266 ()
      Ich hatte eigentlich mehr so etwas wie "akustisch-dekonstruktivistischen Minimalismus als Rezeptionsmuster der musikalischen Pop-Art" im Sinn, aber "Neo-Dadaismus" könnte man natürlich auch sagen.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 21:49:03
      Beitrag Nr. 267 ()
      wieso dekonstrukti-vistisch? Die -vismen paradoxieren doch immer ein wenig ...? :)
      Avatar
      schrieb am 03.08.04 09:59:55
      Beitrag Nr. 268 ()
      Sicherlich, aber "da-da-da" von Trio bildet nun einmal auch einen starken Kontrast zu "Ma-i-a-ha-ha" von O-Zone. Könnte man diesen, im direkten Vergleich "Trio <-> O-Zone" geradezu antagonistisch ausgeprägten Minimalismus nicht gleichfalls als "dekonstruktivistisch" betrachten?
      Avatar
      schrieb am 03.08.04 16:47:22
      Beitrag Nr. 269 ()
      Ist Minimalismus in seinem Anspruch nicht eher konstruktiv? :)
      Avatar
      schrieb am 04.08.04 08:50:30
      Beitrag Nr. 270 ()
      Hm, das könnte allerdings auch ein Gesichtspunkt sein. Ich muß mich unbedingt bald mal nach dem Maximalprinzip in die Minimalismus-Fachliteratur in meiner Uni-Bibliothek einlesen.
      Avatar
      schrieb am 04.08.04 08:59:13
      Beitrag Nr. 271 ()
      .

      (Beispiel für Minimalismus):)
      Avatar
      schrieb am 04.08.04 09:07:04
      Beitrag Nr. 272 ()
      #270 Das erübrigt sich dank der Minimalauskunft bei Wikipedia:

      "Minimalismus wird verwendet
      in der bildenden Kunst: siehe Minimal Art
      in der Musik: siehe Minimal Music
      als ein allgemein umgangssprachlich verwendeter Ausdruck.
      Dieser Begriff meint die Verwendung eines Minimums an Bestandteilen, an Energie oder Aktivität als wesentliches Kennzeichen einer anderen Aktivität oder einer Struktur."
      Avatar
      schrieb am 18.04.06 14:10:22
      Beitrag Nr. 273 ()
      Schön, dass das hier demnächst weiter geht, Auryn. :)
      Avatar
      schrieb am 19.04.06 10:14:27
      Beitrag Nr. 274 ()
      Ich bin zwar nicht Auryn (;) ), aber der Thread wird wirklich wieder aktuell. Zum einen rückt ja wohl auch der EU-Beitritt Rumäniens näher (und zwar trotz wiederholter Sabotage Rumäniens ;) ), zum anderen werden wir uns immer mehr Gedanken über Moldawien machen müssen.

      Während die Moldawier selbst eigentlich Rumänen sind (ich weiß, böse Simplifizierung), leben jenseits des Dnjepr in Transnistrien vorwiegend Russen, Ukrainer und russifizierte Rumänen. Und vor allem steht dort eine russische Garnison (eigentlich seltsam - warum stehen die da?). Die spannende Frage ist nun: wie sieht die Zukunft Moldawiens am Rande Rumäniens, am Rande der EU, und bezüglich seines russifizierten Landesteiles aus? Wird aus der faktischen Sezession auch eien formelle? Ich bezweifele die Lebensfähigkeit eines abgetrennten Transnistriens - zur Zeit hängt es ja wohl am russischen Tropf. Will Rußland sich hier das balkanische Pendant zu Königsberg schaffen, eine Exklave, in diesem Fall zur Umklammerung der Ukraine?

      Man kann auch anders fragen. Was ist den heutigen Rumänen eigentlich noch Moldawien und was Transnistrien? Teil einer vergessenen Vergangenheit? Aktuelles nationales Anliegen, so wie es ja in Rußland anscheinend heiß diskutiert wird, wie man die slawische Nation in Transnistrien verteidigen muß?

      Ich gebe zu, gerade von der rumänischen Seite in diesen Dingen weiß ich wenig, und Moldawien kenne ich nur als billigen Weinexporteur. Aber in den nächsten Jahren dürften für uns in der EU diese Themen ins Blickfeld rücken.
      Avatar
      schrieb am 19.04.06 10:33:19
      Beitrag Nr. 275 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.235.569 von for4zim am 19.04.06 10:14:27Für die Moldawier ist natürlich die EU ein Rettungsring mit Auftriebgarantie. Was aber, wenn das Schiff, zu dem er gehört, bereits ein Leck hat?
      Avatar
      schrieb am 19.04.06 10:40:59
      Beitrag Nr. 276 ()
      Und dann hätte ich hier noch ein interessantes Fundstück zum IT-Boom in Hermannstadt. Der Artikel redet vom rumänischen Siliconvalley oder vom europäischen Bangalore (da Indien ja langsam zu teuer wird). Die Wachstumsraten hier sind anscheinend enorm, getrieben auch von vielen Rumäniendeutschen, die als Existenzgründer in die Region um Hermannstadt zurückkehren. Alles hier im Link: Homesourcing nach Hermannstadt
      Avatar
      schrieb am 19.04.06 11:09:51
      Beitrag Nr. 277 ()
      Und mit Blick auf den EU-Beitritt 2007 oder 2008 hier noch ein Artikel zu der wirtschaftlichen Entwicklung der europäischen Kulturhauptstadt 2007: http://www.kurier.at/ausland/1313377.php

      Das soll dann aber reichen.
      Avatar
      schrieb am 19.04.06 12:08:02
      Beitrag Nr. 278 ()
      Das sieht doch gut aus? Und wie steht's mit dem Individualtourismus? Womit ich meine: Ist es möglich, allein mit dem Auto im Land herumzufahren (bezieht sich auf: Gefährlichkeit, Tankstellennetz)?
      Avatar
      schrieb am 19.04.06 13:17:18
      Beitrag Nr. 279 ()
      Na, ab und zu findet man die eine oder andere Thread-Perle.

      http://www.eol-reisen.de/index.php

      habe ich gerade beim surfen zum Thema Bukowina gefunden. Auch wenn es möglicherweise "verbotene" Werbung ist: Scheint ein interessanter Reiseveranstalter zu sein.
      Avatar
      schrieb am 19.04.06 16:20:42
      Beitrag Nr. 280 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.238.410 von cajadeahorros am 19.04.06 13:17:18Ich pflege eher ohne "uns" zu fahren ... :D
      Avatar
      schrieb am 28.04.06 10:23:25
      Beitrag Nr. 281 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.235.569 von for4zim am 19.04.06 10:14:27Hm, ich hinke mit meiner späten Antwort der Wiederbelebung dieses Threads etwas hinterher, aber ich wollte mal kurz meine eigene Sicht zur Meinung der Rumänen über die Bukowina, Moldawien etc. mitteilen:

      Wenn ich mich mit Rumänen über die nördlichen "historischen Fürstentümer" Rumäniens unterhalte, stoße ich erst mal auf zwei völlig verschiedene Haltungen - ähnlich wie im Gespräch mit Deutschen über Ostpreußen:
      Den einen - und das ist vermutlich die Mehrheit - sind die "rumänischen Nord-Gebiete" ziemlich egal, weil sie immer noch eher mit der Verbesserung der eigenen Lebensumstände beschäftigt sind, als sich über "abgetrennte Bruderländereien" zu unterhalten, in denen es den Leuten noch schlechter geht. Fast alle Rumänen sind der Ansicht, daß die Wiedereingliederung Moldawiens eine finanzielle Katastrophe für Rumänien wäre und als Beispiel wird dann gerade Deutschland genannt: "Wenn die vergleichsweise reichen Deutschen schon so viele Probleme mit der Ex-DDR haben, dann haben wir armen Rumänen gar keine Chance, Moldawien zu übernehmen."
      Zusätzlich ist in großen Teilen der Bevölkerung Rumäniens erstaunlich wenig über Moldawien bekannt, weil hinter dem Eisernen Vorhang zum ehemaligen Warschauer Pakt noch weitere "Eiserne Vorhänge" von der Sowjetunion gezogen wurden, um "verdächtige" Verbündete unter Kontrolle zu halten - mit Schikanen, die man auch nicht anders bezeichnen kann. Westlich der Bukowina liegt beispielsweise die Karpato-Ukraine mit ungarischer Bevölkerung in deren westlichsten Gebieten. Wenn man - noch bis ca. 1990 (!) - als Ungar seine Familie im nächsten ungarischen Dorf besuchen wollte (Luftlinie ca. 20 km), dann mußte man nicht etwa über den sowjetisch-ungarischen Grenzübergang; nahhahaein! Den gab es nämlich im Umkreis von 250 km gar nicht! Man mußte erst mal für ein Visum nach Kiew reisen und von dort aus konnte man dann auch gleich mit dem Flugzeug in die ungarische Hauptstadt fliegen, um von dort aus dann ein paar Hundert Kilometer mit dem Bus oder den Zug in den kleinen Ort zu fahren, den man ohne die Grenze auch zu Fuß hätte erreichen können.
      Genauso war auch bis in die 90er Jahre hinein der "Grenzverkehr" zwischen Rumänien und Moldawien "geregelt". Das führte dazu, daß ich mal in einer Runde aus rumänischen Studenten aus Siebenbürgen die Frage stellte, wie die Rumänen die Bevölkerungsverteilung in Moldawien sehen und welche Sprache dort gesprochen werden sollte.
      Es entbrannte ein heftiger Streit zwischen den Rumänen selbst, ob die Moldawier nicht schon eher als ein rumänisch-russisches Mischvolk wider Willen anzusehen wären und ob die Moldawier eigentlich noch "richtiges Rumänisch" sprechen oder schon einen unverständlichen Dialekt. Ich hatte den Eindruck, daß die Rumänen selbst viel weniger Informationen in Rumänien über Moldawien bekommen konnten als ich im "fernen" Deutschland. Als ich dann meine ("deutschen") historischen Karten aus dem Geschichtsunterricht an der Uni und die Geschichte eines multinationalen Parlaments in der österreichischen Bukowina zwischen 1910 und 1914 hervorholte, waren so ziemlich alle rumänischen Studenten ziemlich entsetzt über meine Kenntnisse, denn einige dieser Karten waren ihnen vom Verlauf her nur von Hörensagen bekannt (beispielsweise die Abtrennung der nördlichen Bukowina unter Stalin) oder die Ausdehnung Rumäniens bis Odessa bei gleichzeitigem Verlust Nordsiebenbürgens an Ungarn während des Zweiten Weltkriegs. Daß es in der Bukowina zur k.u.k.-Zeit mal ein eigenes Parlament mit sechs nationalen Kammern gab, wußte kein einziger der rumänischen Studenten!
      Ich habe selten soviele Kopien machen müssen wie an diesem Tag und mir wurde klar, daß die osteuropäischen Staaten sehr viel von ihrer Geschichte gar nicht lernen durften, damit die Dominanz der Sowjetunion und ihres Systems gewahrt werden konnte.

      Heute sind die Grenzverläufe zwischen der jetzt unabhängigen Ukraine und Rumänien nicht mehr strittig. Die Regierungen in Kiew und Bukarest scheinen sich im Moment sehr gut zu verstehen, weil sie beide großes Mißtrauen gegenüber Moskau empfinden. Es gibt auch seit ca. 12 Jahren einen ziemlich regen und zunehmenden Grenzverkehr, aber besonders die "patriotischen" bis "nationalistischen" Rumänen und die Opposition in Moldawien werden vielleicht irgendwann in der Zukunft auf eine Volksabstimmung zum Anschluß Moldawiens an Rumänien drängen, denn die Moldawier sind meiner Meinung nach doch viel eher Rumänen als Ukrainer oder Russen. Der einzige Hinderungsgrund dafür ist vermutlich, daß die rumänische Regierung in Bukarest glaubt, ein Beitritt Moldawiens würde Rumänien wirtschaftlich erledigen und eine Aufnahme in die EU völlig unmöglich machen. In die EU möchte Rumänien um jeden Preis, denn man fühlt sich "so weit da draußen" in Südosteuropa doch ziemlich ausgeschlossen von den europäischen Zentren und betont dabei doch immer, daß Rumänien von seiner romanischen Sprache und "spätrömischen Geschichte" her doch viel eher in die EU hätte kommen müssen als beispielsweise Kroatien oder der griechische Teil Zyperns. An dieser "Verspätung" sind in den Augen der Rumänen zumeist nur "die Russen" bzw. "die Kommunisten" schuld, denn für die einfachen Rumänen ist das beides "fast das Gleiche".
      Rumänien und Ungarn haben aber auch in meinen Augen eine wirklich tragische Geschichte, die beide Länder nicht "verdient" hatten.
      Seufz!

      So, mal sehen, ob ich noch etwas hier beantworten kann und die Zeit dafür reicht ...
      ;)
      Avatar
      schrieb am 28.04.06 10:31:45
      Beitrag Nr. 282 ()
      "verdient bzw. nicht verdient"? Das wäre ja eine Art von natürlicher Gerechtigkeit, und die gibt es nicht, denn Gerechtigkeit muß mensch machen, von selbst entwickelt sie sich nicht, es sei denn man sähe z. B. Flutkatastrophen als "gerechte" Strafe für die Bosheit der Menschen im allgemeinen bzw. in jener Region im besonderen. Das würde sich dann aber wieder an den "Gottesglauben" annähern. :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 28.04.06 10:50:09
      Beitrag Nr. 283 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.237.478 von Miss_Sophie am 19.04.06 12:08:02Ich glaube, die Frage mit dem Individualtourismus haben wir schon mal vor drei Jahren (oder so) behandelt. Im Prinzip gibt es da heute sehr viel mehr Möglichkeiten als damals, aber ich persönlich würde immer noch eher dazu raten, mich irgendeiner Reisegruppe anzuschließen, denn als alleinreisende Frau unterwegs zu sein.
      Die rumänische Gesellschaft hat immer noch etwas leicht "orientalisch-patriarchalisches" an sich und man sieht das vor allem in ländlicheren Gegenden noch daran, daß Mädchen und junge Frauen viel lieber als "Fräulein" ("Domnis[ch]oara") denn als "Frau" ("Doamna", glaub ich) angesprochen werden. In einem Brief wäre die rumänische Anrede "Sehr geehrte Frau" für eine ca. unter 20jährige Schülerin/ Gymnasiastin oft immer noch fast ein todeswürdiges Verbrechen, denn man würde damit eine "sexuelle Erfahrung" voraussetzen, die vom gesellschaftlichen Anstand her nicht akzeptiert wäre und diese Anrede könnte als bewußte Beleidigung der ganzen Familie aufgefaßt werden.
      Von daher vermute ich fast, daß eine alleinreisende Touristin in Rumänien besser nicht an einer entlegenen Stelle an einer Schafherde vorbeiwandern sollte, deren Schäfer vielleicht seit Wochen keinen anderen Menschen mehr gesehen haben. O.K., das klingt jetzt vielleicht extrem übertrieben, aber noch vor 2 Jahren gab es tatsächlich einen Prozeß in Sibiu / Hermannstadt, in den 3 rumänische Schäfer und eine rumänische Angestellte der Stadt Sibiu verwickelt waren und in dem genau diese Konstellation zu einem Prozeß wegen sexueller Übergriffe der Schäfer geführt hatte, weil die städtisch gebildete Frau eine einsame Wanderung durchs abgelegene Land machen wollte. Die Schäfer waren in dem Prozeß übrigens natürlich als "Roma", also als "Zigeuner" bezeichnet worden, weil jeder anständige und patriotische Rumäne natürlich "weiß", daß für 99 Prozent aller Verbrechen in Rumänien grundsätzlich die Zigeuner oder die "ausländischen Agenten" aus Ungarn, der Türkei oder Rußland verantwortlich sind oder eben alle zusammen.
      Die Deutschen hingegen sind im allgemeinen wirklich sehr beliebt in Rumänien, was man ja auch daran sehen kann, daß die deutsche Minderheit in Sibiu in den Kommunalwahlen seit 12 Jahren ständig den Stadtrat mit absoluter Mehrheit der Wählerstimmen besetzen kann, obwohl sie nicht einmal mehr 9 (in Worten: Neun!) Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. Rumänische Nationalisten sprechen schon seit Jahren von einer "rätselhaften Beliebtheits-"Diktatur" der deutschen Minderheit unter den Rumänen in Sibiu".
      Das finde ich übrigens sehr schön so und ich hoffe, daß es so bleibt.
      ;)

      Ich würde für Alleinreisende immer noch zu einem ausführlichen Studium der Prospekte des Rumänischen Fremdenverkehrsbüros raten.
      (Man kann sich übrigens bestimmt auch netten siebenbürgen-deutschen Reiseführer(innen) in Sibiu unter den Gymnasiasten oder Studenten in den rumänischen Ferien "mieten".)
      Ich glaube, das Rumänische Fremdenverkehrsbüro /-amt gibts noch in Frankfurt und/oder vielleicht nach Umzug nach Berlin und die senden einem auch interessante Broschüren auf Anfrage zu.
      Avatar
      schrieb am 28.04.06 11:00:46
      Beitrag Nr. 284 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.359.879 von Miss_Sophie am 28.04.06 10:31:45Hm, ich wollte hier ja eigentlich nicht wieder mit dem Theodizee-Problem auf politischer Ebene anfangen,
      ;)
      aber ich meinte ja nur, daß nach dem Ersten Weltkrieg und seinen Grenzziehungen sich plötzlich über ein Drittel der Ungarn außerhalb des ungarischen Staatsgebiets wiederfanden, weil sie in den Volksabstimmungen der Regionen eine Minderheit waren und die Mehrheiten dann aus dem "Schutt" der Donaumonarchie heraus eigene Staaten gründeten. Wohl kein Volk in Europa ist innerhalb eines Jahrhunderts aus seiner Rolle und den Träumen einer ehemaligen (Mit-)Herrschernation so extrem abgestürzt wie die Ungarn.

      Das hätte meiner Meinung nach von den Siegermächten irgendwie berücksichtigt werden müssen, aber die Mißachtung ungarischer Geschichte führte dann zu einer Hyperinflation, einer Militärdiktatur unter Horthy und dem bedingungslosen Anschluß an Hitlers Kriegspläne.

      Die britischen und US-Generäle der Westmächte, die den ungarischen Teil der Donaumonarchie "auflösten", hatten zum Teil vorher tatsächlich noch nie irgendwas von "Hungary" gehört und dachten, das hätte wegen seines unterentwickelten Klangs sowieso traditionell irgendwas mit "Hunger" zu tun, weshalb man sich nicht soviel Sorgen machen sollte.

      Welches Volk wäre da nicht über sein Schicksal unglücklich?
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 12:13:42
      Beitrag Nr. 285 ()
      Da scheint es mal wieder einen lesenswerten Siebenbürger Sachsen zu geben:

      Oskar Pastior erhielt Peter-Huchel-Preis

      „Mit dem ‚Peter-Huchel-Preis‘ soll eine Autorin oder ein Autor ausgezeichnet werden, die oder der durch ein im zurückliegenden Jahr erstmals in Druckform erschienenes Werk einen besonders bemerkenswerten Beitrag zur Entwicklung der deutschsprachigen Lyrik geleistet hat. Eine Bewerbung um den Preis ist nicht möglich.“ So steht es in der Satzung des mit 20 000 Mark dotierten Literaturpreises zu lesen, den das Land Baden-Württemberg und der Südwestfunk seit 1984 alljährlich am 3. April, dem Geburtstag Peter Huchels, in Staufen bei Freiburg verleihen, wo der Lyriker seine letzten Lebensjahre verbrachte. Den Preis, der von einer unabhängigen Jury vergeben wird, erhielt in diesem Jahr Oskar Pastior, vor ihm waren dies unter anderen Ernst Jandl, Günter Herburger, Sarah Kirsch, Jürgen Becker, Durs Grünbein, im letzten Jahr Adolf Endler.
      Dass Oskar Pastior, „einer der wenigen wahrhaft witzigen Köpfe unserer Gegenwartsliteratur“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1987), der „als Sprachkünstler und Wortakrobat einen Kultstatus in der Lyrik hat“ (SWR, 2001), schon seit Jahren zu den genannten namhaften Dichterkollegen zählt, ist mittlerweile selbstverständlich. Seine Publikationen, seit 1964 rund 20 Gedichtbände, Hörspiele, Übersetzungen, Poetikvorlesungen, brachten ihm Preise ein – vor kurzem verlieh ihm die Hermannstädter Universität den Ehrendoktortitel – ebenso die Wertschätzung der einschlägigen kritischen Öffentlichkeit, die dem „lingualen Neutöner“ attestiert, „nicht nur das Lautgedicht und das Prosagedicht, Anagramm, Sonett und Sestine in unserer Sprache mit den schönsten Beispielen bereichert, sondern auch die Poesie um Gattungen erweitert“ zu haben, „von denen wir nichts ahnten“ (Süddeutsche Zeitung, 1997).
      Anlässlich der Preisverleihung im altehrwürdigen Stubenhaus in Staufen, vor Ehrengästen, Pastior-Begeisterten und Literaturinteressierten schlechthin, wurde der Ausnahmestatus des Dichters Pastior und seiner in „pastior“ verfassten Texte durch die ehrenden Ansprachen, vor allem aber durch die hinreißende Lesart des Autors selbst, noch einmal deutlich. Wer den lesenden Pastior nicht erlebt hat, ist um eine Dimension von „pastior“ ärmer.
      Schon längst schien auch Michael Sieber, Staatssekretär im baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, um Pastior gewusst zu haben: als er ihm den Preis übergab waren seine Statements im zeitgenössischen Literaturkontext, war sein Wissen profund um die Biografie des im siebenbürgischen Hermannstadt Geborenen, als Gymnasiast zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion Deportierten, des 1968 aus Rumänien Geflüchteten, der in Bukarest als Rundfunkredakteur gearbeitet hatte und heute in Berlin als freischaffender Autor lebt. Der Redner würdigte ganz besonders, dass dieser Zeitgenosse nicht „die Narben der alten Wunden leckt“, sondern sich seinen naiven Humor bewahrt habe, mit dem er, gepaart mit genialer Kreativität, so erfolgreich „den Balanceakt auf dem Hochseil über sprachlichen Schluchten“ vollziehe.
      Der Laudator, Ernest Wichner vom Literaturhaus Berlin, erwies sich dann als intimer Kenner der Werkstatt und des Werkes Oskar Pastiors. Geradezu symbolisch war sein Einschwingen in das literarische Credo, die Weltsicht und den pointen- und kapriolenreichen Gedankengang des Meisters, aus dessen literarischem Werdegang er Relevantes anekdotisch herüberbrachte, aber auch sibyllinisch kündete: „...denn Chaos und Rätsel zu mehren, Komplexitätssteigerung ist die vornehmste Selbstverpflichtung der Poesie“.
      Dem Diktum fügte er dann allerdings Erhellendes bei: Bei der Ausleuchtung von Wegstrecken der Entstehung von Pastiors Texten wurde klar, dass alles, was dem Leser verwirrend, inkohärent, wie willkürlich, spielerisch zugefallen erscheint, im Grunde „Folge eines komplexen Denkprozesses“ ist. Bekanntlich ist ja jeder Verständnis- und Verständigungsprozess eine Form der Übersetzung in die eigene Erfahrungswelt der Worte, der Gedanken. Nach Pastior ist dieser Vorgang, auch im herkömmlichen Sinn, „ein Vorgang, den es nicht gibt“. Statt dessen schlägt er „Üb Ersetzen“ vor, und gerade auch im preisgekrönten Band „Villanella & Pantum“ demonstrieren die Texte (Villanella, eine italienische Reimform aus dem 16. Jahrhundert; Pantum, Gedichtform von den malaiischen Inseln, beides Bauformen der Poesie, die ihre mythische Erbschaft in Regelwerk, Wiederkehr von Metren, Reimen, syntaktischen Elementen und Klängen vermitteln), wie Übersetzen zum Beispiel die systematische Angleichung von Texten aus zwei Sprachen, das rein äußerliche Angleichen zweier Klangkörper sein kann, sie erfolgt als „Oberflächenübersetzen“, oder aber sie arbeitet wie eine „Textmaschine“, wenn sie nach der N+7-Methode der Oulipoten (Gruppe experimenteller Dichter) aus dem Deutschen in „pastior“ das „Ersetzen“ übt: Das Wort des Ausgangstextes wird mit dem 7. der gleichen Wortart, das im Wörterbuch folgt, ersetzt. Aus Goethes „Seliger Sehnsucht“ wurde der Pantumtitel „Seltener Sehwinkel“.
      Es ist System, Regelwerk Architektur, es ist aber, paradox davon herbeigeführt, zugleich der Schwund des Konkreten. Der Hörer wird zwar beim Versuch des Andockens am Bekannten, begrifflich Nachvolziehbarem belassen, gleichzeitig aber wird sein herkömmliches Rezeptionsvermögen tüchtig durcheinander gewirbelt, und er überlässt sich erstaunlich offen dem Milieu der Geräuschmusik, der puren Freude, Oskar Pastior zu folgen am Leitfaden der Überraschungen, der mitschwingt im Rhythmus: mild, sich steigernd, rappend, swingend, schrill, atemlos und dann wieder besinnlich, wenn man ihm lauscht.
      Natürlich war auch die Danksagung dieses Geehrten keine herkömmliche: Wie mit Hexeneinmaleins berechnet, begann ein geniales Verwirrspiel: Das Wort „Danksagung“ wurde nach numerischer Transformation des Alphabets gewichtet (A gleich 1, B gleich 2 usw.), dann für jedes Wort, jede Zeile nochmals ein Zahlenwert berechnet, was dann die Grundlage der Textgestaltung ergab. Zahlenmystik, Lettermagie? Pastior zauberte aus der „Buchstabensuppe“ zwei Danksagungen, so köstlich und blitzgescheit, dass ihr Genuss einmaliges Vergnügen bereitet hat.
      Quod erat pantumandum? Dass hier ein begnadeter Schelm nicht durch Schabernak eines Besseren zu belehren trachtet, sondern dass es einem genialen Sprachschöpfer gelingt, auch skeptische Hörer, Leser in eine Zeit über-zu-setzen, da Sprache (fast) frei vom Gewicht der Begriffe war, ist, sein wird?!
      Karin Servatius-Speck


      Oskar Pastior liest in der Lyrik-Reihe der Badischen Zeitung „Dichter erklären Dichter“ im Freiburger BZ-Haus am 17. Mai, 20.00 Uhr.
      Siebenbürgische Zeitung Online, 23. April 2001
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 12:59:10
      Beitrag Nr. 286 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.360.279 von Auryn am 28.04.06 10:50:09Du könntest mich ja begleiten (sofern du nicht schäfereske Anwandlungen bekommst ..... :laugh: ). :)
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:01:02
      Beitrag Nr. 287 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.360.481 von Auryn am 28.04.06 11:00:46Seltsam aber, daß die Ungarn eine eigene Jeans-Produktion haben, sehr freiheitsbewußt sind, sozusagen die "Amerikaner des Ostens" und daß übrigens sehr viele in die USA ausgewandert sind und im Gespräch keineswegs ihre Herkunft verleugnen.
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:08:10
      Beitrag Nr. 288 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.665.963 von Miss_Sophie am 19.05.06 12:59:10Nee, nicht doch! Für einen Schäfer-Job bekomme ich auch zu leicht Heuschnupfen. Aber als Kind habe ich tatsächlich gerne solche Übungen im Sport-Unterricht gemacht wie dieser gelangweilte deutsche Schäferhund in Siebenbürgen:

      http://de.pg.photos.yahoo.com/ph/y64_x_32/detail?.dir=bf80&.…

      Fährst Du in Richtung Bukowina? Meine Mutter würde gerne nochmal in Richtung Moldauklöster (Sucevita, Moldovita etc.) reisen, um da Verwandte zu besuchen.
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:13:30
      Beitrag Nr. 289 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.666.020 von Miss_Sophie am 19.05.06 13:01:02Wenn man über die Geschichte des eigenen Landes unglücklich ist, heißt das ja aber auch nicht, daß man keinen Nationalstolz mehr empfinden kann.

      Kleine boshafte Nachbemerkung:

      Wie - bittäschööhn - solltä maahn mit ainäm unghaarischän Okzänt auch sainä Härkunft värläugnän kööhnän?
      Das gääht wäädär in dän USO noch in Däutschlond!
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:17:21
      Beitrag Nr. 290 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.666.391 von Auryn am 19.05.06 13:13:30Nun, der Akzent war für mich (als Nichttexaner) gar nicht erkennbar; jene Person lebte auch schon seit den 50ern in den USA. Ich traf ihn, als ich in seinem Laden ein T-Shirt kaufte, und er erzählte mir das.
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:21:58
      Beitrag Nr. 291 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.666.020 von Miss_Sophie am 19.05.06 13:01:02Dazu fällt mir noch ein, daß um 1991 mal ein ungarischer Journalist in einer "Presseclub" - Ausgabe gesagt hat, daß die Ungarn wegen ihrer Geschichte in der Donaumonarchie von jeher schon immer gerne nach Westen gereist sind, große Firmenbesitzer und Börsenmakler waren (Kostolanyi), das schönste Parlamentsgebäude Europas besitzen und schon immer große international bekannte Sportler waren, wie man noch von dem Endspiel in der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 gegen Deutschland weiß.
      Ein unvorsichtiger britischer Journalist fragte, wie sich das denn so ändern konnte.
      Antwort des Ungarn: "Tja, das kam auch so mit der Geschichte. Ich fange mal mit dem Fußball an. 1954 waren wir noch Vize-Weltmeister, aber ab 1956 parkten auf unseren Fußballplätzen viele sowjetische Panzer und wir konnten nicht mehr Fußball spielen wie vorher. Und dann in der Wirtschaft ..."

      Der Moderator: "Hm, verzeihen Sie meine Unterbrechung; danke. Ich glaube, wir wissen so ungefähr, was sie meinen, aber unser eigentliches Thema war ..."
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:25:21
      Beitrag Nr. 292 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.666.227 von Auryn am 19.05.06 13:08:10Also ich würde gern - nicht heute, nicht morgen, aber vielleicht "übermorgen", denn so etwas bedarf der Vorbereitungen - mit dem Auto ab hier via Tschechien und Ungarn hinfahren. Also kein Mietwagen oder so vom Hotel aus. Ich kann in meinem Auto schlafen, und solltest du den Mut haben, mich begleiten zu wollen, dürftest du im Zelt daneben nächtigen ... ( :) ). Soweit wäre dann den Anstandsregeln Genüge getan. Mein derzeitiges einigermaßen geländegängiges Auto braucht Super, und ich hoffe, daß "dort" so etwas in ausreichender Qualität zu bekommen ist. Sowas wie Supermärkte darf man wohl kaum erwarten, es empfiehlt sich also, genügend Haltbares mitzunehmen. Am Ziel empfängt uns dann sicher Graf Dracula, den es ja wirklich gegeben haben soll. Ob man an einem Galadiner in seinem Schloß teilnehmen sollte, sei mal dahingestellt. :D
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:28:20
      Beitrag Nr. 293 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.666.506 von Miss_Sophie am 19.05.06 13:17:21Naja, dann ist der "Akzänt" vielleicht schon verschwunden.

      Beim Milliardär George Soros und dem vermutlich kommenden französischen Premierminister Sarkozy dürfte man auch nicht mehr viel merken. Wenn ich mich nicht irre, sind beide auch mit ihren Familien nach dem Parkplatzproblem der Sowjetarmee 1956 im Westen aufgetaucht und trotzdem noch immer irgendwie "Ungarn" geblieben.

      So, das war`s erst mal wieder für heute.
      Tschüß bis zum nächsten Mal.
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:38:12
      Beitrag Nr. 294 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.666.769 von Miss_Sophie am 19.05.06 13:25:21Doch-doch, es gibt schon erstaunlich viele Supermärkte in den abgelegensten Landesteilen (gehören ja auch fast alle zum "Ion Tiriac - Imperium"; Boris Becker müßte schluchzen, wenn er wüßte, was sein Ex-Manager Tiriac so alles "erwirtschaftet") und die "Schotten" von McDonalds gibt es auch schon in Sibiu und Brasov. Das McDonald`s von Brasov ist angeblich das Beste in Südosteuropa und die Bedienungen flitzen da drin so schnell rum als ob sie wirklich einen Spaß an ihrem Job und ihrem Verdienst hätten.
      Und am Schloß Bran vom Dracula bekommst Du schon Broschüren in Deutsch und Japanisch.
      Du solltest die touristische Entwicklung Rumäniens nicht unterschätzen.
      "Dr. Tigges - Reisen" bietet für ca. 1.300 Euro eine historisch geprägte Studienrundreise durch ganz Rumänien an, die der Erforschung Mallorcas durch die deutsche Putzfrauenvereinigung in nichts nachstehen würde...

      Ich werde schon mal vorsichtshalber meine Mutter fragen, ob sie in einem Zelt vor den Moldauklöstern schlafen möchte.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 13:47:15
      Beitrag Nr. 295 ()
      Na schön, und nun sei nicht feige und denk mal über meinen Vorschlag nach. Ich meine das ganz ernst, denn jene "Ecke Europas" bedarf der Erkundung. Ich bin geübter Fahrer und habe schon mehrere einsame Geländetouren in Afrika und Australien hinter mir. Ich bin auch ganz harmlos und tu niemand was. Und falls du das zu deiner persönlichen Beruhigung noch wissen mußt: verheiratet bin ich auch - aber einer von uns muß nun mal zu Hause bleiben, schon wegen Garten, Hunden etc. Also denk mal dran rum; es geht mir wirklich nur um die Tour. Das Ganze kostet dich nichts außer deinen persönlichen Ausgaben. Zelt, Schlafsack etc. könntest du leihweise von mir bekommen. Eventuell müßtest du dich mit einem unserer Hunde (Dobermann) anfreunden, falls der mitkommt. :)
      Avatar
      schrieb am 19.05.06 14:10:57
      Beitrag Nr. 296 ()
      Übrigens noch ein kleiner Tip für Leute, die ähnliches planen: Nach meiner Erfahrung ist es keineswegs so, daß man mit besonderer Dreistigkeit weiterkäme. Zurückhaltung, nicht übertriebene Freundlichkeit (besonders wenn man Frau ist), Vorsicht und Einhaltung gegebener moralischer Grenzen haben sich eigentlich jedesmal bewährt. Und was das Vehikel angeht, so muß man bei Offroad-Reisen immer bedenken, daß es im Zweifelsfall vor persönlichen Bedürfnissen Vorrang hat (wenn es ein Kamel wäre, hätte es gegebenenfalls den ersten Anspruch auf den letzten Rest Wasser, denn man ist auf es angewiesen, um weiterzukommen; wenn es ein Auto ist, so muß man das letzte Wasser nötigenfalls als Kühlwasser nehmen, aus demselben Grund). In manchen Karten sind Brunnen eingezeichnet. Die gibt es auch. Und führen auch Wasser (unterschiedlicher Qualität). Mitunter in mehreren 100 m Tiefe ... ohne Pumpanlage ... :D

      Das nur am Rande.
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 17:54:57
      Beitrag Nr. 297 ()
      Meine liebe Mrs. Sophie,

      ich selbst hätte ja tatsächlich nichts gegen diese Tour einzuwenden und ich würde mich auch nur ungern als feige betrachten, aber es ist wirklich (!) tatsächlich (!!) und hauptsächlich (!!!) meine Mutter, die gerne noch in diesem Jahr vor dem Wintereinbruch und so billig wie möglich nach Câmpolung Moldovenesc (westlich von Suceava) reisen würde, während ich eigentlich dieses Jahr mit meinem noch unveröffentlichten Weltbestseller fertig werden wollen würde - am liebsten in meinem Kämmerlein zu Hause.
      Meine Mutter spräche auch viel besser Rumänisch als meine Wenigkeit.
      Ich habe sie allerdings immer noch nicht gefragt, weil ich sie mir im Moment nur schwer in einem Schlafsack in einem Zelt vorstellen kann.
      Aber das kann sich ja vielleicht schon bald ändern.
      ;)
      Immerhin kann ich Dich mit Deiner Wüstenerfahrung vielleicht auch beruhigen, was Deine Anmerkung mit den Brunnen betrifft. Wasserknappheit ist in Rumänien ziemlich selten und im Moment ist Wassermangel so ziemlich das unbekannteste Wort im Donau-Gebiet.
      Die Quellen im Maramures- und Bukowina-Gebiet sind ziemlich häufig von dermaßen guter Qualität, daß es Gerüchte gibt, die in Rumänien käuflichen Mineralwasserflaschen würden tatsächlich ohne Maschinen direkt an den Waldquellen abgefüllt.
      :look:
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 18:33:06
      Beitrag Nr. 298 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.762.155 von Auryn am 23.05.06 17:54:57Also wenn du älter als 5 bist, dürfte deine Mutter ein Alter erreicht haben, in dem eine tagelange Autofahrt mit Stops auf Campingplätzen (es wird ausdrücklich nicht empfohlen, außerhalb dieser zu nächtigen) und entsprechendem "Schlafkomfort" wohl kaum angemessen ist. Das geht einfach nicht, selbst wenn sie fit wie ein Turnschuh wäre, und ich will sie dir ja noch eine Weile erhalten .... ( :) )
      Was meine Geringfügigkeit als erstes unbedingt sehen möchte, ist Timisoara (Temesvar?). Das rumänische Straßennetz scheint insgesamt ja gar nicht schlecht zu sein; man darf hoffen, daß nicht zu oft Schafherden die Weiterfahrt verzögern ... (auf Kreta liegen Schafe gern abends auf den warmen Straßen herum) :D
      Wir können das Ganze ja zunächst mal nur gedanklich durchgehen. :cool:
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 18:47:55
      Beitrag Nr. 299 ()
      Ach, übrigens:

      <Oskar Pastior mit dem Büchner-Preis ausgezeichnet
      Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung teilte auf ihrer Frühjahrstagung in Kopenhagen mit, dass der diesjährige Büchner-Preis, die bedeutendste deutsche Literaturauszeichnung, an Oskar Pastior verliehen wird. Der Preis wird Pastior im Herbst in Darmstadt überreicht. Der Schriftsteller, der der deutschen Minderheit angehört, ist 1927 in Siebenbürgen/Rumänien geboren und lebt seit 1969 in Berlin.

      "Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verleiht den Georg-Büchner-Preis in diesem Jahr an Oskar Pastior, den methodischen Magier der Sprache, der ein Oeuvre von größter Radikalität und Formenvielfalt geschaffen hat", so begründete die Jury ihre Wahl. Pastior ist vor allem durch seine vom Dadaismus geprägte experimentelle Lyrik und Prosa bekannt geworden

      Der Georg-Büchner-Preis wird jährlich von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung vergeben. Namensgeber des Preises ist der deutsche Revolutionär und Dramatiker Georg Büchner. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Gottfried Benn, Friedrich Dürrenmatt, Heinrich Böll, Erich Kästner, Günter Grass, Wolf Biermann, Friederike Mayröcker und Wilhelm Genazino. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an Brigitte Kronauer.>
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 18:48:56
      Beitrag Nr. 300 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.762.962 von Miss_Sophie am 23.05.06 18:33:06Witzigerweise war ich selbst noch nie in Timisoara (= rumänisch, gesprochen Timischoara, weil im "s" unten ein "Cedille" drin ist; "Temesvar" ist ungarisch und heißt ungefähr dasselbe wie das nur noch selten gehörte deutsche "Temeschburg"), aber die Stadt ist meines Wissens nach die weltoffenste und multinationalste in Rumänien. Jede Menge Ungarn, Bulgaren, Griechen, Serben, Albaner und auch noch ein paar Deutsche sind in der Stadt zu finden.
      Kein Wunder, daß 1989 in Timisoara mit dem Aufstand des ungarischen Stadtviertels die Revolution gegen Ceausescu in Rumänien begann.
      Es gibt noch sehr schöne alte Jugendstil-Bauten aus der k.u.k.-Donaumonarchie und die Stadt ist immer noch stolz darauf, daß sie die erste Stadt der Welt mit voll elektrifizierter Straßenbahn war - damals experimentell, aber erfolgreich gebaut von einer noch heute ziemlich bekannten deutschen Firma namens "Siemens & Halske".
      ;)
      Außerdem ist in Timisoara der rumänische Hauptsitz der "Open Society Foundation" vom bereits erwähnten ungarischen Milliardär George Soros, der auch in Rumänien sehr beliebt ist, weil er jede Menge Stipendien für arme rumänische Studenten zahlt und investigative Journalisten ausbilden läßt.
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 19:11:40
      Beitrag Nr. 301 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.763.260 von Auryn am 23.05.06 18:48:56Ich las gerade, daß sich im Banat etliche namhafte (deutsche) Firmen etabliert hätten und dort produzieren ließen, z. B. Linde. Also meine Idee, dahin zu schauen, ist nicht die meinige allein.
      (Übrigens gebe es auch vom deutschen Kulturzentrum Studienstipendien für Angehörige der deutschen Minderheit.)
      Schade, daß man den Herrn Millionär nicht mal kennenlernen kann ... ich hätte soviele Ideen, was er mit seinen Millionen machen könnte ..... :rolleyes: ... Beruhigend finde ich übrigens deine Auskunft, daß es in R. McDonald`s gibt. Da weiß man immerhin, was man bekommt ... das Angebot ist in Ägypten wie in Tschechien so ziemlich dasselbe. :D ... Natürlich weiß ich nicht, ob lokal erzeugtes Fleisch verwendet wird. Für M.Do in Deutschland wird das ja behauptet. Ich denke allerdings, daß die rumänischen Rindviecher bekömmlich sein müßten, außer wenn sie in matschigen Flußauen zwischen toten Fischen hätten weiden müssen ... Schlammfahrten schätze ich übrigens gar nicht, was ich genau weiß, weil ich es mal geübt habe. :)
      Und was das Wasser angeht, so trinke ich nur welches aus vor der Benutzung durch mich festverschlossenen gewesenen Flaschen; anderes nur in absoluter Not und dann antibakteriell aufbereitet. :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 19:17:06
      Beitrag Nr. 302 ()
      Hallo @Auryn :) ... wie gehts ?
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 19:37:41
      Beitrag Nr. 303 ()
      Die Furcht vor Wasser in Südosteuropa ist zwar gelegentlich verständlich (Überschwemmungen, Diphterie in bestimmten Regionen), aber solange das Wasser kristallklar und schnell fließend direkt aus einer abgelegenen, bewaldeten Bergquelle in den Karpaten austritt, hatte ich noch nie Bedenken oder danach irgendwelche Probleme, das Zeug sofort zu trinken.

      Einmal ging mir aber schon ein "Reichsdeutscher" neben mir auf die Nerven, der sogar zum Waschen in Rumänien nur deutsches Gerolsteiner genommen hat. Kein Wunder, wenn gewisse Deutsche durch ihr antiseptisch gestaltetes Leben immer mehr Allergien oder Heuschnupfen bekommen.

      Haaatschi!
      ;)
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 19:39:19
      Beitrag Nr. 304 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.763.818 von technostud am 23.05.06 19:17:06Danke, es könnte mir zwar finanziell grundsätzlich immer besser gehen, aber eigentlich kann ich mich nicht beklagen.
      Wie geht`s Dir?

      Leider muß ich jetzt auch schon wieder gleich weg, so daß Du Dir mit der Antwort bestimmt mindestens 24 Stunden Zeit lassen kannst, vielleicht sogar bis Freitag.

      Alles Gute!
      Tschüß,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 23.05.06 22:51:30
      Beitrag Nr. 305 ()
      Nachdem ich in Tschechien nach einem Restaurantbesuch, bei dem ich Speis und Trank zu mir nahm, einen äußerst heftigen flotten Otto bekam, bin ich überaus vorsichtig. Glücklicherweise war ich auf dergleichen - grundsätzlich - vorbereitet mit GEM (Glucose-Electrolyt-Mischung), so daß sich die Geschichte nach zwei Tagen normalisierte. :D
      Avatar
      schrieb am 26.05.06 09:38:48
      Beitrag Nr. 306 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.766.597 von Miss_Sophie am 23.05.06 22:51:30Da sieht man doch wieder, daß ein Restaurantbesuch in Mitteleuropa viel gefährlicher sein kann als der Trunk aus einer Quelle im Walde Transsilvaniens.
      ...
      Hm, zumindest tagsüber, denn nachts sollte man sich vielleicht eher vor wilden Tieren und langzahnigen Flügelwesen mit Umhang in Acht nehmen.

      ;)
      Avatar
      schrieb am 26.05.06 09:52:42
      Beitrag Nr. 307 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.804.722 von Auryn am 26.05.06 09:38:48Vielleicht sollte man den blutarmen Flügelwesen ein paar Eisenpillen verabreichen? :D
      Avatar
      schrieb am 26.05.06 09:58:34
      Beitrag Nr. 308 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.804.994 von Miss_Sophie am 26.05.06 09:52:42Nein, das möchte ich doch sehr bezweifeln, denn wie wir aus dem Dokumentarfilm "Liebe auf den ersten Biß" mit dem "bisher schönsten Vampir" George Hamilton (oder so) wissen, muß es auf Dauer schon richtig flüssiges Blut sein - und wenn "vamp(ir)" schon kein lebendes Wesen finden kann wie in diesem Film in New York, das in Bronx-Manier nicht sofort zurückschlägt, dann muß früher oder später halt eine Blutbank ausgeraubt werden!
      Avatar
      schrieb am 07.08.06 11:37:01
      Beitrag Nr. 309 ()
      Wenn ich mich gerade nicht irre, kommt morgen - also am 08.08., Dienstag abend - um 22.45 in der ARD dieser ausgezeichnete Dokumentarfilm, aus dem ich erstmals erfahren habe, daß der großartige New Yorker Schauspieler Harvey Keitel ja auch aus der Bukowina stammt.
      (Ich fand ihn übrigens schon "großartig", noch bevor ich diese "landsmannschaftliche Bindung" zu ihm entdeckte.)

      http://www.mdr.de/kultur/film/1414861.html

      Schon erstaunlich, wer außer meinen Eltern, den Nationaldichtern von zwei Nationen und neben Paul Celan sonst noch so alles in der Bukowina geboren ist.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 09.08.06 11:45:32
      Beitrag Nr. 310 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 23.339.325 von Auryn am 07.08.06 11:37:01Tja, das war ein interessanter Film, zu dem man hier auch noch die Presse-Mappe als PDF-Datei herunterladen kann:

      http://www.swr.de/-/id=1269084/property=download/den4hx/inde…

      Irgendwie kam mir bei meinem Besuch vor ein paar Jahren in Czernowitz einfach alles dort ein bißchen "schwermütig" vor.
      Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich kann es mir auch nicht so recht vorstellen, "sprühend vor Freude" in einer museumsreifen Stadt zu leben, in der man an fast jeder Hauswand und auf jedem Gulli-Deckel verwitterte Schriften in Deutsch, Jiddisch, Rumänisch, Polnisch und Russisch / Ukrainisch lesen kann und dabei weiß, daß innerhalb von nur 100 Jahren von all denen, die hier mal friedlich zusammenlebten, eins fast komplett ausgelöscht und drei andere umgesiedelt oder vertrieben worden sind. Und daß dabei die zumeist völlig unschuldigen Einwohner dieser Stadt selbst kaum an den Verbrechen beteiligt waren, sondern die nationalistischen Verbrecher und Mörder fast ausschließlich aus verschiedenen drei Nationen von außen kamen.
      Mich macht ein Spaziergang durch diese Stadt nach spätestens 2 Hydranten und 3 Gulli-Deckeln depressiv. (Diese sind nie ausgetauscht worden, wenn sie noch ihren Dienst taten und tragen daher in chronologischer Reihenfolge Aufschriften in Deutsch ("K. u. k. Wasserwerk Czernowitz", Rumänisch ("Königreich Rumänien - Wasserwerk Cernauti") oder Russisch ("Kombinat Dnjepropetrowsk).
      Inzwischen ist vermutlich auch noch etwas Ukrainisches dazugekommen wie "Wasserwerk Cernivzi".
      Und es könnte so eine faszinierend-intellektuelle Stadt sein, wenn ihr das 20. Jahrhundert erspart geblieben wäre ...
      Seufz!
      Avatar
      schrieb am 09.08.06 11:49:06
      Beitrag Nr. 311 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 23.366.085 von Auryn am 09.08.06 11:45:32P.S.: Es hätte natürlich heißen sollen:
      .. daß innerhalb von nur 100 Jahren von all den Völkern, ...

      Aargh, immer diese Flüchtigkeitsfehler...
      :cry:
      Avatar
      schrieb am 09.08.06 15:04:47
      Beitrag Nr. 312 ()
      Noch ein Czernowitzer, den ich gerade zufällig im Feuilleton gefunden habe (die Süddeutsche brachte den Artikel über den Autor erst heute, im Web erkennt man, daß die ZEIT ihrer Zeit voraus war):

      © DIE ZEIT 20.01.2005 Nr.4

      Ich verzweifle, also schreibe ich
      Aharon Appelfeld erzählt ein Leben, das eigentlich unerzählbar ist Von Verena Auffermann

      Du erzählst und glaubst selbst nicht, dass dir das passiert ist. Das sind«, schreibt Aharon Appelfeld, »die schlimmsten Gefühle, die ich kenne.« Aharon Appelfeld arbeitet an einem kaum zu bewältigenden Großprojekt. Er sucht nach einer Kindheit, die im Alter von fünf Jahren zu Ende ging.

      In Czernowitz, wo er geboren wurde, sprachen seine Eltern, assimilierte Juden, deutsch, seine Großeltern jiddisch, die Amtssprache war Rumänisch, die Umgangssprache Ukrainisch. Als er mit vierzehn Jahren Palästina erreichte, lagen ein Aufenthalt im Ghetto, Vertreibung, Monate in Auschwitz, eine Flucht und eine Wanderung durch Europa unter brutalen Bedingungen hinter ihm. Er hatte, wie sollte er, keine Schule besucht, hebräisch sprach er nicht. Er wurde Schriftsteller aus Verzweiflung. Er war allein, führte Tagebuch, begann Bücher zu schreiben, erfand sich Stellvertreter: den in Czernowitz aufgewachsenen Paul, der im Roman Alles, was ich liebte von den Eltern und allem, was er kannte, getrennt wird, Bruno, der in Zeit der Wunder mit seiner Mutter in einem auf freier Strecke anhaltenden Zug sitzt, weil eine Lautsprecherstimme befiehlt, dass sich alle Ausländer und Nichtchristen registrieren lassen müssen. Oder Tzili, die im gleichnamigen Roman als weibliche Doppelgängerin sehr nah an sein eigenes Leben rückt, Tzili eine KZ-Überlebende, die monatelang durch Europa vagabundiert, um in Italien das Schiff nach Palästina zu erreichen. Alle Romane waren Mutproben der Selbstbehauptung.
      (...)

      Vollständig unter:

      http://www.zeit.de/2005/04/L-Appelfeld?page=1
      Avatar
      schrieb am 11.08.06 12:57:27
      Beitrag Nr. 313 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 23.369.112 von cajadeahorros am 09.08.06 15:04:47Ja, das ist so ein ziemlich typisches Leben aus Czernowitz von denen, die das zweifelhafte "Glück" hatten, das alles zu überleben. Eigentlich kann man Paul Celan irgendwie verstehen, daß er um seinen 50. Geburtstag herum plötzlich das Gefühl hatte, daß man auf so ein Lebensglück auch verzichten kann.

      Mich stört aber irgendwie in dem Kommentar das Wort "assimiliert", denn das klingt für mich so nach "Unfreiwilligkeit", auch wenn das vielleicht eine falsche Konnotation ist.

      Paul Celan hat in seinen Berichten und Erzählungen ja auch gesagt, daß "Deutsch" in der Zeit zwischen 1850 und dem Zweiten Weltkrieg in dieser Region einfach die Sprache der gebildeten Schichten war, die standardmäßig die Klassiker der deutschen Literatur wie Goethe, Schiller etc. kennen mußte. Jiddisch war in seiner Familie einfach ein Dialekt der deutschen Sprache, der von eher Ungebildeten gesprochen wurde. Er fand es daher neben dem Wahnsinn des hitlerdeutschen Rassenwahns besonders zum Verzweifeln, daß die Deutschen im Zweiten Weltkrieg sich genaugenommen einen großen Teil ihrer eigenen Kultur selbst amputiert haben - durch die Massenernichtung der gebildeten Juden in Osteuropa, die sich eher als Deutsche denn als Juden gesehen hatten und zum Teil mit ihren deutschen und österreichischen militärischen Verdienstorden aus dem Ersten Weltkrieg auf der Brust in die Vernichtungslager geschickt wurden. Noch verrückter war das, was ich schon weiter oben mal beschrieben hatte: Nämlich, daß es direkt nach dem Hitler-Stalin-Pakt in Czernowitz eine gemeinsame deutsch-sowjetische Umsiedlungskommission gab, die unter zusammenhängenden Hakenkreuz- und Hammer-und-Sichel-Flaggen die ausreisewilligen Deutschen ("Heim ins Reich!") von den deutschsprechenden Juden trennte, die auch gerne nach Deutschland ausgereist wären, aber von der SS und dem sowjetischen NKWD gemeinsam daran gehindert wurden. Daß manchen deutschsprechenden Juden durch diese Verweigerung das Leben gerettet wurde, wußten sie noch nicht, denn von Auschwitz o.ä. war noch keine Nachricht bis nach Czernowitz gedrungen.
      Noch etwas Irres:
      Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg wurden übrigens die Juden der Bukowina von rumänischen Beamten großenteils gegen ihren Willen zur rumänischen Staatsbürgern - nicht zu Juden - erklärt, weil Rumänien die damals ja "heimatstaatenlosen" Juden für sich beanspruchen wollte, um eine rumänische Bevölkerungsmehrheit zu konstruieren, damit Rumänien das bis 1920 noch "österreichische Kronland Bukowina" für sich beanspruchen konnte. ("Selbstbestimmungrecht der Völker!")
      Da die Juden aber auch die intellektuelle und wirtschaftliche Führungsschicht in der Bukowina stellten, hatten die nationalistischen Faschisten Rumäniens nach dem Pakt mit Hitler aber dann ab 1940 auch nichts mehr dagegen, sie wieder zu "Juden" und "Volksschädlingen" zu erklären, die von rumänischen Militärs zusammen mit deutschen SS-Einheiten zu Tausenden erschossen werden konnten.

      Es gab in meiner Familie deshalb die unglaublichsten Kombinationen an Bündnissen, um zu überleben. Einen meiner Verwandten hinderte sein jüdischer Großvater beispielsweise nicht daran, ein Angebot der Waffen-SS anzunehmen, bei einer ihrer Pionier-Einheiten als Ingenieur zu arbeiten und ich könnte mir vorstellen, daß es vielleicht viel mehr Lebensläufe gab wie den von Salomon Perel, dessen Buch "Ich war Hitlerjunge Salomon" ein Bestseller wurde - nur daß die mit solchen Lebensläufen nicht so alt geworden sind oder nicht mehr daran erinnert werden wollen ...
      Avatar
      schrieb am 14.08.06 23:00:33
      Beitrag Nr. 314 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 23.398.407 von Auryn am 11.08.06 12:57:27Im Soziologendeutsch bezeichnet Assimilation an sich ja nichts anderes als die Anpassung einer Minderheit an die Mehrheit (diese Anpassung kann ja durchaus oberflächlich sein). An sich sollte man das Wort unter vernünftigen Menschen gar nicht verwenden müssen, solange es nur die Akzeptanz eines gewissen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Konsens bedeutet, man bräuchte lediglich für das Gegenteil einen Begriff, also für die Fanatiker, die Eiferer aller Art.

      Besonders unglücklich wirkt dann daher wirklich der Begriff "assimilierter Jude", beschreibt er doch nur die gesellschaftliche Normalität, die man den Juden jahrhundertelang mit Gewalt verweigerte. Und nebenbei, wer wie an wen assimiliert war ist ja gerade im Habsburgerreich in den meisten Regionen kaum zu klären gewesen.
      Avatar
      schrieb am 17.08.06 13:50:47
      Beitrag Nr. 315 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 23.447.570 von cajadeahorros am 14.08.06 23:00:33Da hätte wohl auch Paul Celan in seinem Pariser Exil vollkommen zugestimmt: "D'accord, absolument!"
      Avatar
      schrieb am 17.10.06 09:01:41
      Beitrag Nr. 316 ()
      Vielen Dank an "greatmr", der mich in einem anderen Thread auf diesen sehr informativen Artikel hingewiesen hat, in dem es um die an die Bukowina und Rumänien angrenzende ehemalige Sowjetrepublik Moldawien mit rumänischer Bevölkerungsmehrheit sowie ihr abtrünniges Republikchen Transnistrien mit russischer Bevölkerungsmehrheit geht:

      http://www.geo.de/GEO/kultur/gesellschaft/51392.html

      Leider sind die romanischen Sonderzeichen bei dieser Internetversion verschollen, so daß die Hauptstadt von Moldawien nicht etwa wie in diesem Artikel "Chiinu" heißt, was ziemlich "chinesisch" wäre, sondern eher "Chisinau" geschrieben werden müßte, wobei das "s" ein frz. "cedille" oder ein Komma unten im Bogen hätte wie im frz. "garcon" und das "a" einen nach oben geöffneten Halbkreis, wenn ich mich nicht irre.
      Gesprochen würde die Stadt dann am ehesten "Kischi-no-u" heißen.
      Avatar
      schrieb am 17.10.06 09:18:18
      Beitrag Nr. 317 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 24.671.116 von Auryn am 17.10.06 09:01:41Weil ich politische Absurditäten so liebe, noch ein kleiner Nachrag zum vorangegangenen Posting:

      Soweit ich mich erinnern kann, hat dieses Transnistrien witzigerweise niemals zum historischen Großrumänien plus Moldawien gehört, weshalb die kriegerischen Handlungen in diesem Konflikt zusätzlich absurd auf mich wirkten. Rumänien reichte in Friedenszeiten auch in seinen "glorreichsten Zeiten" nie über den Dnjestr hinaus. Es leben zwar auch auf dem Ostufer Rumänen, aber deswegen Transnistrien zu beanspruchen, ist für Moldawien ziemlich weit hergeholt. Transnistrien gehörte zu Sowjetzeiten vermutlich überhaupt nur zu Moldawien, weil Stalin gerne Besatzungstruppen an den Rändern der "Bruderstaaten" stationierte, die sich in diesem Fall dann darauf berufen konnten, daß sie ja "Staatsangehörige" von dem Bruderstaat waren, die zum Schutz der Brüder "Konterrevolutionen" verhindern konnten und sollten. Leider ist wahrscheinlich nur und ausschließlich der jahrzehntelang angestaute Haß auf die russischen Besatzungs- und "Russifizierungstruppen" bei den rumänischstämmigen Moldawiern der eigentliche Grund gewesen, in den 90er Jahren einen Krieg gegen das bis dahin niemals "unabhängige" Transnistrien zu beginnen. Beispielsweise war Russisch in vielen Teilen Moldawiens nach dem Zweiten Weltkrieg über 20 Jahre lang die einzige und offizielle Amtssprache.
      Man stelle sich zum Vergleich bitte mal vor, in der früheren DDR hätte bis 1965 in Ämtern und Schulen nur und ausschließlich Russisch gesprochen werden können und dürfen - und die Amtsleiter und Bürgermeister wären fast sämtlich Russen gewesen!
      Avatar
      schrieb am 08.12.06 17:36:03
      Beitrag Nr. 318 ()
      Ein kleiner TV-Hinweis - nur weil es sich in gewissem Sinne ja um eine Reportage aus dem Nachbarland "meines vergessenen Lieblingslandes" handelt:

      HEUTE abend kommt eine vermutlich sehr sehenswerte Reportage auf 3sat, die neu ins Programm genommen wurde:

      Freitag, den 08.12.2006 - 22:10 Uhr (VPS 22.09)

      Sterben für die Wahrheit

      Russland nach Anna Politkowskaja
      Film von Susanne Scholl
      Erstausstrahlung


      Am 7. Oktober 2006 um fünf Uhr nachmittags wird die Journalistin Anna Politkowskaja im Aufzug ihres Wohnhauses im Zentrum von Moskau erschossen. Mit dem Mord war eine der letzten Stimmen, die laut für die Rechtlosen, Gefolterten, Verfolgten, Vergewaltigten und Ermordeten gesprochen hatte, zum Schweigen gebracht worden. Im Ausland war Anna Politkowskaja unzählige Male mit verschiedenen Preisen für ihre mutigen Reportagen und Berichte ausgezeichnet worden. Der Mord an der Journalistin, die die Mächtigen offen kritisierte - und von diesen deshalb in allen von ihnen kontrollierten Medien totgeschwiegen wurde - war für viele Menschen in Russland ein Signal. Den zaghaften Bemühungen, in Russland so etwas wie eine Zivilgesellschaft aufzubauen, ist mit dem Mord ein schwerer Schlag zugefügt worden. Wer heute in Russland laut die Wahrheit sagt, begibt sich in Lebensgefahr - und die, die den Mut aufbringen, dies zu tun, werden immer weniger.

      Susanne Scholl berichtet über die Situation in Russland nach der Ermordung von Anna Politkowskaja.
      Avatar
      schrieb am 15.12.06 19:24:26
      Beitrag Nr. 319 ()
      Auf diesem Blog findet man gegen Ende einige schöne Bilder aus der Harald-Schmidt-Show:

      http://lehrer.schule.at/3www/wordpress/

      Am besten gefiel mir dabei aus gegebenem Anlaß der schöne Brauch, modische Schoko-Weihnachtsmänner aus anderen Ländern zu zeigen.

      Besonders der russische Weihnachtsmann war in diesem Jahr ausgesprochen passend gewählt und die Sense erwies sich als praktisches Accessoir; farblich gut abgestimmt mit der modisch ungesund wirkenden Gesichtsfarbe.
      Avatar
      schrieb am 22.12.06 12:11:47
      Beitrag Nr. 320 ()
      Da gibt es übrigens eine recht schöne Stadt, die speziell im kommenden neuen Jahr eine Reise wert wäre:

      http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/29/0,1872,4091005,00.html

      Allen Lesern, Freunden und Bekannten wünsche ich
      FROHE WEIHNACHTEN und ein glückliches Neues Jahr!


      Bis nächstes Jahr,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 25.04.07 19:59:29
      Beitrag Nr. 321 ()
      Warnende Hinweise für den Fall, daß jemand in der frischgebackenen "Europäischen Kulturhauptstadt Hermannstadt" (= Sibiu) in einem Hotel mit nobel-klingendem Namen absteigen will, um an einer der internationalen Veranstaltungen und Festivals teilzunehmen (es gibt beispielsweise auch Rock- und Pop-Festivals mit namhaften internationalen Künstlern):

      (Aus einem Leserbrief an die Hermannstädter Zeitung: )
      „Rumänien ist ein schönes Land. Andere Länder sind auch schön. Rumänien ist aber auch billig, andere Länder nicht, und darum kommen viele Touristen deswegen hierher.“ Diese drei Sätze sollte man ausschneiden und ins Brukenthalmuseum hängen, denn sie sind zumindest in Hermannstadt Geschichte. Wie es seine Chancen verspielt, auf dem europäischen Reisemarkt mit günstigen Preisen aufzutrumpfen, zeigt ein Blick auf die Hotelpreise, deren Entwicklung in vielen Fällen einfach frivol ist. Natürlich sind die Preise ganz allgemein gestiegen, auch ist der Euro im Wert gesunken, doch immer noch sind die Personal- und andere Kosten in Rumänien vergleichsweise extrem niedrig. Verstehen kann man ja auch, daß einige Hoteliers und Pensionisten im Kulturjahr absahnen wollen, sinnvoll finden kann man es aber nicht. Allein deswegen, weil Stammgäste vergrault werden und der wertvolle Ruf, billig zu sein, dahingeht.
      Sehen wir uns mal die Zahlen an. Wir vergleichen drei Preise: April 2005, September 2006 und April 2007: Eineinhalb Jahre von April 2005 bis September 2006 hat sich recht wenig getan. Der altehrwürdige „Römische Kaiser“ hielt sich vornehm zurück (Einzelzimmer 55 Euro/Doppelzimmer 78 Euro auf 56/78 Euro), das „Palace“ im Jungen Wald erhöhte auf hohem Niveau auch nur mäßig (von 75/95 Euro auf 81/93 Euro), und auch das „Hotel Ana“ gegenüber Metro hielt den Preis beinahe (45/60 Euro auf 55/70 Euro.) Und man konnte bis vor ein paar Monaten noch richtig schön und auch sehr preiswert in Hermannstadt schlafen, zum Beispiel in der „Evangelischen Akademie“ in Neppendorf (konstant 17,50/25 Euro) oder in der Unterstadt im „Casa Baciu“ (16/22 Euro auf 21/27 Euro). Wer unbedingt wollte, durfte für 50/63 Euro (September 2006: 55/75 Euro) im häßlichen Block des „Continental“ nächtigen.
      Dann explodierten die Preise. Wir sind Kulturhauptstadt und wir werden reich. Schließlich kommen 2 Millionen Gäste (woher diese Zahl stammt, weiß keiner so richtig). Den Vogel schoß das „Luxemburghaus“ ab mit einem Sprung, der ins Guinness Buch der Rekorde Eingang finden könnte: Von April 2005 bis April 2007 verdreifachten sich die Zimmerpreise von - zugegeben sehr moderaten - 15/26 Euro auf sage und schreibe 47/74 Euro (nun mit Frühstück). Das „Palace“ wurde schier größenwahnsinnig: Wohl weil es jetzt ein laute halbe Baustelle ist, muß man 135 Euro für eine Nacht in einem Bett zahlen (Doppelzimmer 145 Euro, Apartment bis 300). Auch der alte Conti-Plattenbau zeigt sich noch hellwach: Schnell ging man von 50/63 Euro auf sagenhafte 75/103 Euro hoch. Das kleine Hotel in der „Bolta Rece“ (Erlenpark) ließ sich auch nicht lumpen, da muß man jetzt 60/75 Euro (vorher 45/60 Euro) zahlen. Der „Römische“ ist jetzt wieder wirklich nur etwas für Könige und Kaiser (von 55/78 Euro auf 80/112 Euro), und selbst die kleine „Pension Ela“ will auch schnell ein Häppchen vom Kuchen haben: von 19/25 Euro auf 34/37 Euro. Da erscheinen die „Akademie“ (aktuell 21/30 Euro) und das Stadtpfarrhaus (20/30 Euro) einem wie billige Jugendherbergen - doch nur vom Preis. Ach ja, die Besitzerin des „Halemadero“ am Zibinsmarkt hat wohl ihre Taschenrechner verloren, an ihr geht der vermeintliche Geldsegen vorbei: Da kostet ein Bett (3-Bett-Zimmer) immer noch rund 11,80 Euro.
      Anselm ROTH
      Hermannstadt

      Hermannstädter Zeitung Nr. 2026/13. April 2007
      Avatar
      schrieb am 27.04.07 08:46:08
      Beitrag Nr. 322 ()
      Wie recht du hast ...
      Ich gönne ja auch den Rumänen, am allgemeinen Wohlstand ein wenig teilzuhaben, aber es ist kurzsichtig, ein stabiles Einnahmemodell gegen die Fiktion eines "Wir-auch" ohne das entsprechende Ambiente zu tauschen. :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 27.09.07 12:39:18
      Beitrag Nr. 323 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 29.024.612 von IrmaLaDouce am 27.04.07 08:46:08Naja, es sind trotzdem noch eine Menge Touristen und Dracula-Fans gekommen und die Stadt ist immer eine Reise wert:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Sibiu
      Avatar
      schrieb am 05.11.07 02:27:54
      Beitrag Nr. 324 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 5.117.391 von Auryn am 14.12.01 10:23:51Die Stadt Chernowitz !
      http://www.tet-ukraine.cv.ua/index.pxp?id=31
      Avatar
      schrieb am 01.03.08 14:36:17
      Beitrag Nr. 325 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 32.285.808 von karlfranz am 05.11.07 02:27:54Kann es sein, dass dieser Link nicht über jeden Server aufgerufen werden kann?
      Oder ist der Ukraine womöglich von der Sowjet... (Hrm! Sorry! Macht der Gewohnheit!) ... vom lupenrein demokratischen russischen Internetdienst schon wieder eine Seite verschoben worden?


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