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    Arbeitsamt-Skandal / Die große Lüge der Vermittler - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 05.02.02 13:55:33 von
    neuester Beitrag 19.02.02 17:51:44 von
    Beiträge: 32
    ID: 545.913
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     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 13:55:33
      Beitrag Nr. 1 ()
      An alle, die meine tiefe Abneigung gegenüber bürokratischen Strukturen teilen:

      Schaut Euch mal den folgenden Artikel an...

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,180770,00.html

      ...und dann sagt mir bitte, daß das Ganze einfach nur ein schlechter Witz ist!

      Dr.H.Lecter
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 14:01:39
      Beitrag Nr. 2 ()
      Leider kein schlechter Witz...
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 14:04:30
      Beitrag Nr. 3 ()
      Bezeichnend war mein Erlebnis, als ich da mal nach nem Job
      gefragt habe ( Telefon )

      - "arbeitsamt"
      - " Ja guten Tag ich such Arbeit"
      - " Haben Sie schon Antrag auf Leistungen gesetllt ?"
      - " Nein ich suche Arbeit, keine Stütze "

      Das hat dann schon 15 sec. gedauert bis der Bearbeiter
      das kapiert hatte.

      Scheint nicht oft vorzukommen, daß da jemand Arbeit nachfragt

      -SL-
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 14:06:55
      Beitrag Nr. 4 ()
      weg mit dem bürokraten-sumpf!

      das gehört alles in private hand und kann von firmen viel effektiver erledigt werden.

      so kostet das nur unser geld und zwar unmengen davon...
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 14:14:56
      Beitrag Nr. 5 ()
      Jetzt kann sich jeder ausrechnen, wie hoch die tatsächlichen Arbeitslosenzahlen sind. Aber bis es die breite Masse merkt, wie in diesem Land überall beschissen wird, ist es ohnehin längst zu spät!!!

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      schrieb am 05.02.02 14:24:58
      Beitrag Nr. 6 ()
      Das Arbeitsamt gehört weg :D
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 14:33:28
      Beitrag Nr. 7 ()
      Na ja, mit den 3000 neuen Arbeitsvermittler/innen wird sicherlich alles besser, der Kaffeekonsum wird gesteigert, die Anzahl der Mittagessen wird steigen, die Fehlzeiten in den Behörden werden sich von 30 Tage jährlich auf 35 Tage erhöhen. Das Renteneintrittsalter liegt mittlerweile bei 59 Jahren, weil die Arbeitsämtler angewiesen sind möglichst viele Suchende aus der Statistik herauszudrücken. Und Eichel schämt sich nicht, unter Einbeziehung der 630DM-Jobs auf die hohe Erwerbstätigenzahl in D hinzuweisen. Na dann müßten die Einnahmen in den Sozialversicherungen ja nur so brummen.
      Fazit: Die Zeit des Verarschens neigt sich dem Ende !
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 14:38:09
      Beitrag Nr. 8 ()
      Kinnings, hört doch auf zu motzen ! Habt Ihr noch nicht gemerkt, daß unsere Gesellschaft ihre Institutionen so formt, wie sie sind ?

      Ich bin auch gerade, nachdem es meinen alten Arbeitgeber zerlegt hat, Kunde beim Arbeitsamt. Bisher ist noch kein Arbeitsvermittler auf mich zugekommen, da musste ich schon selber auftauchen. Das ist aber auch kein Wunder, denn die meisten Kunden des Arbeitsamt sind nur daran interessiert, die Leistungen des Arbeitsamt zu erhalten, und die Angestellten des Arbeitsamt sind den größten Teil ihrer Zeit damit beschäftigt, Beschwerden abzuwehren. Da geht`s zu wie im Zoo. Dass die nicht in der Lage sind, Arbeit zu vermitteln, wundert mich nicht.

      Deswegen: Erste Regel fürs Arbeitamt: Nur hingehen, wenn Du weißt, was Du willst - Das Arbeitsamt hat viel Geld , aber keine Ahnung, und noch weniger Zeit, um sich diese Ahnung zu beschaffen. Aber daran ist nicht das Arbeitsamt schuld, es ist das Anspruchsverhalten ihrer Kunden, das dafür sorgt.

      Gruß yarkssen
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 14:51:10
      Beitrag Nr. 9 ()
      Das Arbeitsamt unterliegt doch Schröder-na dämmert es jetzt.
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 15:35:51
      Beitrag Nr. 10 ()
      @yarkssen (#8)
      „Das Anspruchsverhalten ihrer Kunden" - Danke, gutes Stichwort!

      Letztes Jahr hatte ich Gelegenheit auf der Geburtstagsfeier einer alten Bekannten ein paar „Kumpels" aus alten Studienzeiten zu treffen. Einer davon hat den Vogel abgeschossen: Mitte der 90er hatte er eine Umschulung zum Bankkaufmann spendiert bekommen, vor 3 Jahren noch mal eine Ausbildung zum IHK-geprüften Microsoft-Office-Fachmann (oder so ähnlich). Diesen hat er sogar als Kursbester abgeschlossen! Und auf der Geburtstagsfeier fragte er mich dann ganz unverblümt, was ich ihm denn fachlich als nächste Fortbildungsmaßnahme empfehlen könne, bzw. was denn so am Markt gefragt sei, da ich mich durch meinen Job in der IT-Branche gut auskennen müsse. Auf meine Frage, wie oft er sich denn seit dem IHK-Abschluß schon beworben hätte, meinte er, na so 3 bis 4 mal, dann hätte der Tintenstrahldrucker leider seinen Geist aufgegeben.

      Ich war sprachlos.

      Dr.H.Lecter
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 16:18:10
      Beitrag Nr. 11 ()
      Als ich mal mit dem Arbeitsamt zu tun hatte:


      Arbeitsvermittler: Bringen Sie mir jeden Monat Nachweise über x Bewerbungen. Sonst wird die Unterstützung vom Arbeitsamt gestrichen.

      Ich: Wenn es mir nicht gelingt, x Stellenangebote, auf die ich mich bewerben kann, zu finden. Kann ich mich dann an Sie wenden, um weitere Stellenangebote zu erhalten, um mein Soll erfüllen zu können?

      Arbeitsvermittler: NEIN! Das können Sie nicht! Dann habe ich ja wieder den schwarzen Peter. :mad:


      Mit der jetzigen Regelung wird es sicher auch noch lustig: Der Arbeitslose muß eine Eingliederungs-Vereinbarung unterschreiben, die ihm das Arbeitsamt diktiert. Ungefähr so, wie wenn Pedro und Giovanni zum Pizza-Bäcker kommen und ihm den Abschluß einer "Schutz-Versicherung" anbieten. :D
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 17:44:41
      Beitrag Nr. 12 ()
      Die aktuelle Arbeitslosenzahl kam gerade auf N-TV...

      4,29 Mio. - wobei die Zahl noch nicht bestätigt ist.

      hatte Schröder nicht etwas von 3,5 Mio. erzählt? War wohl ein Misverständnis :D
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 17:54:06
      Beitrag Nr. 13 ()

      Ein Sprecher der Bundesanstalt versuchte die möglichen Ursachen der Buchungsfehler mit der Überlastung der Arbeitsvermittler zu erklären.


      HAT SCHONMAL JEMAND FREITAGS um 12:00 AUF EINEM DEUSTCHEN AMT JEMANDE ERREICHT (AUSSER DEN PUTZFRAUEN ? )

      :laugh: ÜBERLASTUNG :laugh:
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 18:00:58
      Beitrag Nr. 14 ()
      @ExplorerIn

      Dasselbe hat mir die Arbeitsberaterin auch gesagt, als ich sie fragte, warum mir das Arbeitsamt keine Stellen nachweist. Als sie mich aufs SIs hinwies, wies ich sie darauf hin, daß ich das bereits im Internet abgegrast hatte.
      Daraufhin wurde sie freundlicher. Die sind es einfach gewohnt, daß die Leute von ihnen an der Hand herumgeführt werden wollen und nur scharf sind auf die Leistungen.

      Ich mache wohl als nächstes eine Weiterbildung, das Arbeitsamt hat das Geld dafür, und solange bin ich aus der Statistik raus. Wenn das fertig ist, finde ich hoffentlich einen gut bezahlten Job als Online-Redakteur und habe mit dem Laden für mein Leben nichts mehr zu tun.

      Gruß yarkssen
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 18:23:34
      Beitrag Nr. 15 ()
      ARBEITSAMT-SKANDAL

      Heftige Attacken aus allen Lagern

      Die Bundesanstalt für Arbeit gerät nach dem Prüfungsbericht über fehlerhafte Vermittlungsstatistiken massiv unter Druck. Um größere Reformen wird die Behörde wohl nicht herumkommen.




      Alltag auf`m Arbeitsamt: Glaube nur der Statistik, die du selbst gefälscht hast


      Berlin/Bonn - "Die Vorgänge müssen rückhaltlos aufgedeckt, beseitigt und gegebenenfalls auch geahndet werden", sagte der Sprecher des Arbeitsministeriums, Klaus Vater. Minister Walter Riester (SPD) habe sich über den Bericht überrascht und verärgert gezeigt. Das Ministerium stellte klar, dass die Bundesanstalt ein Selbstverwaltungsorgan sei, für das der Vorstand die Verantwortung trage. "Es gibt keinerlei politische Verantwortlichkeit des Arbeitsministers", sagte Vater. Auch Riester wolle, "dass die innere Reform der Arbeitsverwaltung vorangetrieben wird".
      Arbeitgeber-Chef Dieter Hundt pochte auf eine rasche Reform der Arbeitsverwaltung an Haupt und Gliedern. Hundt betonte, die Arbeitgeber sähen sich in ihrer Kritik bestätigt. Sie setzten sich nachdrücklich dafür ein, dass die Defizite im Bereich der Arbeitsvermittlung zügig und nachhaltig beseitigt werden.

      DGB-Vize-Chefin Ursula Engelen-Kefer zeigte sich besorgt über die Kritik des Rechnungshofes. Sie sprach sich für eine genaue Überprüfung aus. Falls sich die Fehler in der Statistik als zutreffend herausstellten, müssten schnellstens Schritte zur Beseitigung der Fehlerquellen ergriffen werden. Unter Hinweis auf die hohe Arbeitsbelastung der Vermittler warnte sie jedoch davor, "das Kind mit dem Bade auszuschütten".

      Die Grünen nannten den Bericht alarmierend. Sollten die Vorwürfe zutreffen, müsse die Bundesanstalt umfassend reformiert und entbürokratisiert werden, forderten Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller und die arbeitsmarktpolitische Sprecherin Thea Dückert. Die Grünen plädierten für die Reform der Arbeitsverwaltung und verlangten mehr private Vermittler, um Bewegung in den Arbeitsmarkt zu bringen.

      Der CDU-Arbeitsmarktexperte Andreas Storm nannte den Befund eine Katastrophe. Die Organisation müsse vom Kopf auf die Füße gestellt werden, forderte er im NDR. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle warf der Nürnberger Bundesanstalt vor, "die Arbeitslosigkeit ausschließlich zu verwalten, statt sie zu bekämpfen". Westerwelle forderte auch die Widereinführung der Meldepflicht für Arbeitslose.

      Grundsätzliche Zweifel an den Vermittlungserfolgen der insgesamt 181 Arbeitsämter hatte der Entwurf eines Prüfberichts geweckt, den der Bundesrechnungshof in Bonn erstellt hat und der auch der Deutschen Presseagentur vorliegt. Danach haben die Kontrolleure 5127 Vermittlungen unter die Lupe genommen, von denen aber 640 nicht überprüfbar waren. "Von den prüfbaren 4487 Vermittlungen waren 1479 zutreffend gebucht (...), 3008 waren fehlerhaft gebucht", heißt es in dem Bericht. Die untersuchten Ämter verzeichneten den Unterlagen zufolge insgesamt 10.600 Vermittlungen.

      Das Fazit der Prüfer lautet: "Tatsächlich konnten die Arbeitsämter weit weniger Stellenangebote besetzen, als die Vermittlungszahlen ausweisen. Auch suchten sich erheblich mehr abgehende Bewerber ihre Beschäftigungsverhältnisse selbst." Untersucht wurden im Oktober 2001 die fünf Arbeitsämter Bremerhaven, Dortmund, Halle, Frankfurt/Oder und Neuwied. Geplant sind Prüfungen in weiteren 20 Arbeitsämtern. Nach eigenen Angaben haben sie im Jahr 2000 rund 3,9 Millionen Arbeitsplätze vermittelt.

      Ein Sprecher der Bundesanstalt erklärte am Dienstag, die Behörde wolle über die bereits am Vortag abgegebene Erklärung keine weitere Stellungnahme abgeben. Der Präsident der Nürnberger Bundesanstalt, Bernhard Jagoda, will sich an diesem Mittwoch bei der Bekanntgabe der Arbeitsmarktzahlen für Januar zu der Angelegenheit äußern. Am selben Tag will auch der Vorstand der Bundesanstalt die Sache beraten.






      .........

      Hoffentlich wird Frau Engelen-Kefer bald arbeitslos.;)

      H_Schotter:)
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 18:42:33
      Beitrag Nr. 16 ()
      moin harry, auch hier ?!!!

      Ich wiederhole, das Problem beschränkt sich nicht aufs Arbeitsamt. Alle öffentlichen Leistungen in diesem unseren Lande kosten die meiste Knete aber bieten die miesesten Leistungen. Das zieht sich von den Krankenversicherungen, wo, wer kann, zu den Privaten geht, über die Altersvorsorge, wo kein Mensch sich mehr auf die staatliche Rentenversicherung allein verlässt, bis zur Arbeitsvermittlung. Is doch klar, richtig gute Jobs laufen sowieso nicht übers Arbeitsamt sondern über Private, kurzfristige Sachen laufen über Zeitarbeit, und was übrig ist, darf das Arbeitsamt machen. Dass sa bei allen Institutionen immer auch der Bodensatz hängenbleibt (sorry für das Wort, aber es passt), den sonst keiner haben will, ist klar und macht der Sache selbst den Garaus. Nur unsere Politiker wollen das nicht wahrhaben. Ich könnte mir nicht vorstellen, daß irgendeine unserer Parteien ihre Fraktionsmitarbeiter übers Arbeitsamt sucht. Und das, was die Herren und Damen jetzt ins Feld führen, vorn dabei mein lieber Parteifreund Westerwelle mit seiner Meldepflicht, sind Schnellschüsse, die nichts bringen.

      Gruß yarkssen
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 19:25:28
      Beitrag Nr. 17 ()
      @yarkssen #14

      Auszug aus dem Gesetz:


      Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung

      SGB 3 § 35 Vermittlungsangebot
      (1) Das Arbeitsamt hat Ausbildungsuchenden, Arbeitsuchenden und Arbeitgebern
      Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung (Vermittlung) anzubieten.
      Die
      Vermittlung umfaßt alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind,
      Ausbildungsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungsverhältnisses
      und Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines
      Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen.



      Daß ich als Arbeitslose alle mir bekannten Quellen nach Arbeit absuche, ist für mich klar.
      Daß das Arbeitsamt das verlangt, verlangen kann/muß, ist für mich auch klar. Insbesondere wenn ich Leistungen von dort beziehe.
      Daß mein Arbeitsvermittler aber sich weigert, bei der Jobsuche mitzuwirken und seiner Vermittlungstätigkeit nachzukommen, ist mir völlig unverständlich und erscheint im Hinblick auf den oben zitierten Paragraphen auch nicht gesetzeskonform.


      Es kam bei mir damals nicht dazu. Aber ich hätte überhaupt keine Probleme damit gehabt, Widerspruch einzulegen, gegen die sanktionsbewehrten Auflagen, und bei ablehnendem Bescheid von einem Sozial-Gericht überprüfen zu lassen, ob das von mir in #11 kurz angedeutete Verhalten des Arbeitsvermittlers vom Gesetz gedeckt wird.
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 20:23:17
      Beitrag Nr. 18 ()
      #9 "Wahrer Chef" Du solltest aber wissen, dass der JAGODA ein CDU-Mann ist. Na dämmert Dir etwas ????
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 20:44:11
      Beitrag Nr. 19 ()
      egal ob jagoda cdu mann ist oder nicht, der kerl ist einfach scheisse. er trägt nicht zur lösung des arbeitslosenproblems bei, sondern ist ist eher eine ursache. der fisch stinke vom kopfe her. 9 jahre amtszeit ist eh viel zu lange. der mann muss weg und neue strukturen her.
      gruss
      rh
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 21:03:46
      Beitrag Nr. 20 ()
      @ExplorerIn

      klar, aber es ist nicht die frage, ob der arbeitsvermittler sich weigert, sondern, dass er nicht in der lage ist, etwas zu tun, denn dazu müsste er in der lage sein und die zeit dafür haben, über den arbeitsmarkt auf dem laufenden zu bleiben. sicher, wir normal sterbliche machen für solche sachen überstunden, aber das ist eben öffentlicher dienst. wie auch immer, ich habe gerade so einen termin hinter mir, die frau wirkte eher verzweifelt als rabiat.

      gruß yarkssen
      Avatar
      schrieb am 05.02.02 22:46:57
      Beitrag Nr. 21 ()
      Sehr geehrter Dr. Lecter, sehr geehrte Leser/-innen

      wie auch im Spiegel erwähnt berichtete das ARD-Magazin "Panorama" bereits am 17.9.1998 über die nun plötzlich wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückte Vermittlungsstatistik der Arbeitsämter. Der Beitrag ist im WWW nachzulesen unter http://www.ndrtv.de/panorama/archiv/19980917.html.

      Also wahrlich nix Neues. Mein lieber Herr Gesangsverein (alias Jagoda)!
      Avatar
      schrieb am 06.02.02 12:11:25
      Beitrag Nr. 22 ()
      Kann euch nur beipflichten, meine Frau arbeitet beim AA.
      Die Statistiken werden seit Jahr und Tag getürkt, aus personalpolitischen Gründen.

      Aufgrund der Vermittlungsstatistik werden Stellen besetzt, die überhaupt nicht besetzt werden müssen.
      Die Vermittler hätten damit weniger zu tun, aber Stellen für die Vermittlung sind da dann auch nicht vorhanden = sinnlose Zeit.

      Das ist alles ein großer Sumpf, der kleine Vermittler hat nicht den Hauch einer Chance was zu ändern, dafür sind die Strukturen viel zu verkrustet.
      Avatar
      schrieb am 06.02.02 12:50:33
      Beitrag Nr. 23 ()
      Leo 6
      Da bin ich mir nicht so sicher ob Jagoda ein CDU Mann ist.
      Für mich eher ein Wendehals.Der redet schon seit Monaten
      die Zahlen schön zugunsten der Regierung.Saisonsbedingt,
      Politik ist nicht verantwortlich für die steigenden Zahlen usw.Jetzt noch dies mit trickserein was natürlich eher ein Vorteil für für Rot/Grün wäre wenn die Zahlen niedriger angegeben werden als sie in Wirklichkeit sind.
      Avatar
      schrieb am 06.02.02 12:56:57
      Beitrag Nr. 24 ()
      Mein Berater ist immer so beschäftigt das ich 4 Wochen auf einen Termin warten muß. Oder leigt es vielleicht daran das er nie da ist ?????

      Bestimmt ist der immer für die Kollegen Kaffee und Kuchen kaufen !!
      Avatar
      schrieb am 06.02.02 14:24:25
      Beitrag Nr. 25 ()
      CDU Jagoda ist typisch für die Luschen im Arbeitsamt. Immer schön keine handfeste Aussage treffen, die Statistik türken, Vorwürfe abwiegeln und es sich auf seinem Job bequem machen.

      Damit liegt er auf der Linie der Sozen, der Wille zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit ist nicht erkennbar, von konkreten Maßnahmen ganz zu schweigen. Ziel ist eine geschönte Statistik fürs Volk.

      Die alten und neuen Arbeitsvermittler haben nicht die Aufgabe Leute in Arbeit zu vermitteln, dies können sie mangels offener Stellen, fehlender Kompetenz und mangelndem Engagement eh nicht. Ziel ist nur die Statistik, Arbeitslose werden mit allen Mitteln aus der Statistik getrieben, der Druck erhöht. Wenn Eigenbemühungen des Arbeitslosen Erfolg zeitigen wird dies als Vermittlungserfolg statistisch erfasst. Auch wenn definitiv keine Leistung vom AA vorliegt, was der Regelfall ist.
      Avatar
      schrieb am 06.02.02 19:02:54
      Beitrag Nr. 26 ()
      @yarkssen

      Hi,.........:):):)





      .............

      ARBEITSAMTS-LUFTNUMMERN

      Mitarbeiter sprechen von gezielten Manipulationen

      Von Michael Kröger

      Zur Entschuldigung der Luftbuchungen verweisen die Verantwortlichen der Arbeitsämter gerne auf die unscharfen Vorschriften zur Erfassung einer Vermittlung. Eine ehemalige Arbeitsamts-Mitarbeiterin spricht dagegen von gezielten Manipulationen.



      Hamburg - In der Öffentlichkeit schlug die Nachricht ein wie eine Bombe. In den Arbeitsämtern dagegen scheint sie weniger Überraschung ausgelöst zu haben. Wie SPIEGEL ONLINE von Mitarbeitern erfuhr, sind die geschönten Zahlen in der Vermittlungsstatistik keineswegs auf Fehler zurückzuführen, die auf Grund der Überlastung entstanden sind.
      In Arbeitsämtern unionsgeführter Bundesländer wie Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg hatten sie vielmehr Methode, wie eine Arbeitsvermittlerin versichert, die seit Januar 2002 nicht mehr im Staatsdienst arbeitet: "Das hat allgemein sehr viel Frust unter den Kollegen ausgelöst", sagt die Verwaltungsfachfrau, die anonym bleiben möchte. Der Druck gehe von den Vorgesetzten aus, die monatlich die Statistiken verglichen: Dabei bekämen nicht die Teams den Rüffel, die ihre Zahlen manipulierten, sondern diejenigen, die hinter den Konkurrenten zurücklägen.

      Manipulierte "Erfolge"? Diskutieren Sie mit anderen SPIEGEL-ONLINE-Usern!


      Dass die Vorgesetzten von den Manipulationen nichts mitbekommen, schließt die Mitarbeiterin dagegen aus: "Die meisten haben selbst einmal als Vermittler gearbeitet. Außerdem kennen sie viele der einzelnen Vorgänge."

      Für die Manipulation böten sich einige wohlfeile Tricks an, sagt die ehemalige Arbeitsvermittlerin weiter. So würden zum Beispiel die Stellenanzeigen im hauseigenen Netzwerk zwischendurch immer einmal wieder mit neuen Texten versehen. Im Netz stehe dann dieselbe Stelle, aber eine zusätzliche Vermittlung würde gebucht. Die Gefahr, bei Manipulationen erwischt zu werden, sei im Übrigen nicht sehr groß, denn sie könnten nicht zu dem einzelnen Verursacher zurückverfolgt werden.

      Dass derartige Manipulationen möglich sind, bestreitet ein Sprecher der Bundesanstalt für Arbeit rundweg: "Bei der Bewertung der Mitarbeiter steht die Qualität der Beratung im Mittelpunkt", sagte der Sprecher. Auch halte er Manipulation an der Stellenbörse im Netzwerk des jeweiligen Arbeitsamts für ausgeschlossen. Man werde aber allen möglichen Problemen im Zusammenhang mit der Erstellung der Statistik nachgehen.

      Auch Ottmar Schade, Sprecher des Arbeitsamts München, schloss gegenüber SPIEGEL ONLINE für sein Haus jede Manipulation kategorisch aus: "Wir haben hier ganz andere Probleme, als es vielleicht andere Arbeitsämter haben, denn wir haben Mühe, überhaupt genug Interessenten für unsere offenen Stellen zu finden."

      Am Vormittag hatte auch der Präsident des Landesarbeitsamtes Thüringen, Alois Streich, den Vorwurf von Luftbuchungen zurückgewiesen. Der Begriff der Vermittlung sei relativ unscharf definiert, deshalb könne man im Einzelfall geteilter Meinung sein, ob sich um eine Vermittlung handle.

      Dennoch scheinen die Anschuldigungen der Arbeitsvermittlerin nicht ganz ohne Hintergrund zu sein. Immerhin bestätigt sie damit auch einen Bericht des ARD-Politmagazins "Panorama", das einen Arbeitsvermittler aus Westdeutschland hatte zu Wort kommen lassen. Fazit des Befragten: "Wenn wir nur die Hälfte von dem, was in der Statistik erscheint, wirklich gemacht haben, dann können wir stolz sein."

      So wollte der Schweriner Arbeitsamtschef Bernhard Faß nicht ausschließen, dass auch in seinem Bezirk die Statistiken zur Vermittlung von Arbeitslosen falsch sind. Der Bericht des Bundesrechnungshofes werde derzeit in Nürnberg geprüft, die einzelnen Arbeitsämter seien über Details jedoch nicht informiert, sagte Faß. Die Vorschriften zur Erfassung von Vermittlungen würden von den Ämtern unterschiedlich ausgelegt.

      Der Bundesrechnungshof hatte kritisiert, dass bis zu 70 Prozent der Vermittlungen bei den Arbeitsämtern falsch gebucht worden seien. Die Prüfer hatten daraus den Schluss gezogen, dass die Arbeitsämter weit weniger Stellenangebote besetzt hätten, als die Vermittlungszahlen auswiesen.





      .....
      :mad::mad::mad::mad:
      Avatar
      schrieb am 06.02.02 22:06:12
      Beitrag Nr. 27 ()
      Trennen wir uns einfach von der Vorstellung, dass das Arbeitsamt Arbeit vermittelt. Wer zum Arbeitsamt geht, will Kohle. Wer wirklich einen Job sucht macht das privat. Von daher könnte das Arbeitsamt doch einfach diesen Teil der Aufgabe an Jobpilot outsourcen und würde dabei noch ne Menge Geld sparen. Genauso mit den Weiterqualifizierungen. Was dann bleibt, ist Arbeitslosengeld usw, und das kann dann auch gleich das Sozialamt mitmachen.

      Gruß yarkssen
      Avatar
      schrieb am 07.02.02 19:33:48
      Beitrag Nr. 28 ()
      ARBEITSAMT-LUFTBUCHUNGEN

      Kanzleramt wusste frühzeitig Bescheid

      In der Affäre um die frisierten Vermittlungsstatistiken der Arbeitsämter gerät jetzt auch das Kanzleramt in die Schusslinie. Laut Presseberichten hat ein Revisor der Bundesanstalt für Arbeit mehrmals versucht, das Kanzleramt auf die geschönten Statistiken aufmerksam zu machen - ohne Erfolg.




      G. Schröder: Hallöchen, mein Name ist Gerhard und isch weiß von nüscht



      Berlin - Insagesamt habe der Revisor fünf Briefe an Kanzleramtsminister Hans Martin Bury geschrieben, berichtet das "Handelsblatt" in seiner Freitagsausgabe.
      Nachdem er von dort jedoch keine Antwort erhalten habe, habe er sich an Bundesarbeitsminister Walter Riester gewandt. Bei diesem habe er sich über das Desinteresse des Kanzleramtes an den brisanten Informationen beschwert.

      Er habe geglaubt, der Abbau der Arbeitslosigkeit sei "ein zentrales Anliegen des Herrn Bundeskanzler", schrieb der Informant laut "Handelsblatt" an den Arbeitsminister. Er sei allerdings "bis dato nicht auf erkennbares Interesse gestoßen". Aus dem zehnseitigen Schreiben gehe weiter hervor, dass BA-Präsident Bernhard Jagoda kritische Berichte seiner Revisoren persönlich abgebogen haben soll.




      .....




      :mad::mad::mad:
      Avatar
      schrieb am 07.02.02 22:41:55
      Beitrag Nr. 29 ()
      Für die, die diesen Beitrag nicht gelesen haben.

      Phantomstellen und Scheinvermittlungen - Gefälschte Zahlen beim Arbeitsamt
      Anmoderation
      PATRICIA SCHLESINGER:
      Guten Abend, willkommen zur neuen Ausgabe von PANORAMA, wegen des Fußballspiels ausnahmsweise zu später Stunde.:
      In zehn Tagen wählen wir für oder gegen einen Wechsel, in zehn Tagen können wir bestimmen, wer uns im nächsten Jahrtausend regieren wird. Tja, und welche der möglichen Regierungskonstellationen schafft es am besten, das Problem der Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen? Die Regierung Kohl hatte dafür 16 Jahre Zeit. Aber jetzt, so kurz vor dieser Wahl, erreichen uns plötzlich Positivmeldungen: Es gibt weniger Arbeitslose und offene Stellen, sagen die Statistiker. Der Aufschwung, die Wende zum Guten sei da, tönt es. Wahlkampf-Rhetorik, zumindest zum Teil. Denn da wurde mit unlauteren Methoden nachgeholfen, zum Beispiel mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, besonders im Osten. Darüber haben wir in PANORAMA bereits berichtet.:

      Gesine Enwaldt und Steffen Przybyl haben jetzt aber noch ganz andere, wohl effizientere Methoden herausgefunden, wie die Statistik geschönt werden kann, und zwar da, wo die Daten gesammelt werden, im Arbeitsamt.:
      KOMMENTAR::
      Der Mann kann zufrieden sein. Bernhard Jagoda, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit. Auf dem Weg zur Leistungsschau der Arbeitsämter. Hier in Nürnberg verkündet er ein Rekordergebnis an Stellenvermittlungen. Kurz vor der Wahl eine Steilvorlage für die Regierung.:

      0-Ton
      BERNHARD JAGODA: (Bundesanstalt für Arbeit, 18.8.98)

      „Wir haben ja in der ersten Jahreshälfte 1,8 Millionen Vermittlungen gemacht, das sind elf Prozent mehr wir im gleichen Zeitraum des Vorjahres.“:

      KOMMENTAR:

      1,8 Millionen Vermittlungen - ein Arbeitsvermittler aus Westdeutschland hat sich an uns gewandt. Er sagt, was er von Jagodas Zahlen hält. Er will nicht erkannt werden - aus Angst vor Repressalien.

      0-Ton
      ARBEITSVERMITTLER: (veränderte Stimme)::

      „Wir haben das mit Belustigung gehört. Wir können diese Zahlen natürlich nicht ernst nehmen, weil wir ja wissen, wie diese Zahlen entstehen, denn letztendlich produzieren wir diese Zahlen.“

      KOMMENTAR:

      Die Vermittler erfassen in den Arbeitsämtern offene Stellen und erfolgreiche Vermittlungen. Der Computer zählt fleißig alles mit, was sie tun - für die Statistik. Eigentlich sollte er nur mit tatsächlich existierenden Vorgängen gefüttert werden, die Realität sieht anders aus.

      0-Ton
      ARBEITSVERMITTLER
      (veränderte Stimme):

      „Unsere Software läßt uns wirklich alle Möglichkeiten, die Vermittlungszahlen zu beschönigen bzw. die Zahlen auszuweiten, so wie wir es möchten.“:

      INTERVIEWER:
      „Aber das bedeutet, daß die Zahlen dann nicht stimmen.“

      ARBEITSVERMITTLER:
      (veränderte Stimme)
      „Die stimmen nicht, definitiv nicht.“ KOMMENTAR:

      Eine der wichtigsten politischen Zahlen im Wahlkampf - Ergebnis einer Fälschung? Wir sind den Vorwürfen nachgegangen. Eine Zufallsauswahl: das Arbeitsamt Hamburg-Harburg. Hier hält man die EDV der Bundesanstalt für absolut sicher.:

      0-Ton
      INTERVIEWERIN:
      „Gibt es in der Software die Möglichkeit, die Vermittlungszahlen zu schönen?“:

      WOLFGANG WERNER:
      (Arbeitsamt Hamburg-Harburg)
      „So kann ich das nicht bestätigen, nein, gibt es nicht.“:

      INTERVIEWERIN:
      „Da sind Sie ganz sicher?“:

      WOLFGANG WERNER:
      „Ja, doch.“:

      KOMMENTAR:

      Eine Treppe höher bitten wir die Arbeitsberaterin Dörte Funk, uns die EDV zu zeigen. Wir lassen sie ein fiktives Stellenangebot eingeben: PANORAMA sucht eine Putzfrau. Bei einer echten Vermittlung würde nun der Name einer Arbeitslosen eingefügt. Doch jetzt kommt der Trick: Ein ehrgeiziger Vermittler kann beliebig viele fiktive Stellen an das Angebot anhängen.:

      0-Ton
      DÖRTE FUNK:
      (Arbeitsberaterin)
      „Das wäre dann - indem ich dann den Status ändere.“:

      KOMMENTAR::

      Unter „weitere gewünschte Kräfte“ kann das Stellenangebot kinderleicht um eine beliebige Zahl erhöht werden, sagen wir fünf. Es reicht, die Stellen einfach als vermittelt einzugeben. Weitere Namen und Adressen werden nicht verlangt. Jetzt will der Rechner nur noch wissen, welches Geschlecht und welche Nationalität die fiktiven Reinigungskräfte haben, dann ist er zufrieden.:

      0-Ton
      INTERVIEWERIN:
      „Was ist jetzt passiert?“:

      DÖRTE FUNK:
      „Jetzt hat der Computer die Vermittlungen gezählt.“:

      INTERVIEWERIN:
      „Das heißt, diese Vermittlungen, die Sie gerade vorgenommen haben, gehen in die Statistik ein?“:

      DÖRTE FUNK:
      „Die gehen in die Statistik ein, die kann ich jetzt nur noch dann letztendlich bereinigen, indem ich das wieder zurückbuche.“:

      INTERVIEWERIN:
      „Das heißt, es wurden fünf Vermittlungen von Raumpflegerinnen an PANORAMA gezählt, die eigentlich gar nicht stattgefunden haben.“:

      DÖRTE FUNK:
      „Jetzt im Moment ja.“:

      KOMMENTAR::

      Wie kann das sein, hatte uns doch der Dienststellenleiter gesagt, die EDV sei absolut fälschungssicher. Ein zweiter Erklärungsversuch.:

      0-Ton
      INTERVIEWERIN:
      „Sie können also in der Software über einen bestimmten Schritt sowohl Stellen schaffen als auch Vermittlungen tätigen, ohne daß es diese Stellen gibt und ohne daß diese Vermittlungen stattgefunden haben?“:

      WOLFGANG WERNER:
      (Arbeitsamt Hamburg-Harburg)
      „Der Vermittler hat die Möglichkeit, das Gerät entsprechend zu nutzen, wenn er dieses entgegen der allgemeinen Arbeitsanweisung macht.“:

      KOMMENTAR::

      Unser Informant hat da andere Erfahrungen.:

      0-Ton
      ARBEITSVERMITTLER:
      (Stimme verändert)
      „Also es gibt Kollegen, die sich an den Fälschungen nicht beteiligen, weil sie sich mit ihrer Arbeit sehr identifizieren, und sie verurteilen sehr diese Manipulation. Aber es gibt auf der anderen Seite Kollegen, die das als Karrieresprungbrett, als Karrieretrittbrett sehen und es exzessiv nutzen.“:

      KOMMENTAR::

      Zahlenfälschen für die Karriere? Unstrittig ist, daß der Leistungsdruck in den Arbeitsämtern immer höher wird. Beispiel Hamburg-Eimsbüttel. Der neue Leiter erklärt uns, was er von seinen Kollegen erwartet.:

      0-Ton
      BERND SCHRÖDER:
      (Arbeitsamt Hamburg-Eimsbüttel):

      „Als ich hier vor zwei Monaten den Dienst begonnen habe, hat jeder Vermittler an jedem zweiten Tag einem Arbeitslosen Arbeit gebracht. Das ist für mich zu wenig. Das Arbeitsamt ist eine Art Kostenstelle, und jeder Vermittler verdient sein Geld und verdient seine Sachkosten erst - das kann ich Ihnen rechnerisch belegen, wenn er pro Tag einem Arbeit bringt. So, und diese gesellschaftliche Verpflichtung, die habe ich auf die Mitarbeiter übertragen, das hat auch jeder jetzt erkannt.“:

      KOMMENTAR::

      Auch unser Informant kennt Leistungsdruck aus seinem Arbeitsamt.:

      0-Ton
      ARBEITSVERMITTLER:
      (Stimme verändert)
      „Wir leiden zum großen Teil darunter, zumal man signalisiert, daß Qualität ja nicht meßbar ist, daß man also Masse haben will und daß man Masse von uns erwartet. Und damit bekommen wir Probleme, uns mit dieser Arbeit zu identifizieren.“:

      KOMMENTAR::

      Bei der Nürnberger Bundesanstalt heißt es, Fälscher würden auf jeden Fall hart bestraft. Hier glaubt man fest an die Ehrlichkeit der eigenen Vermittler.:

      0-Ton
      HANSPETER LEIKEB:
      (Bundesanstalt für Arbeit)
      „Es wird aber niemand zu Arbeitsvermittlungen geprügelt. Ihm wird natürlich aufgegeben, ein möglichst gutes Vermittlungsergebnis zu erzielen, aber immer unter Berücksichtigung der Möglichkeiten, die der Markt hergibt, sprich: die Stellenangebote und was von der Bewerberseite her möglich ist.“:

      KOMMENTAR::

      In welchem Umfang gefälscht wird, ist für die Bundesanstalt kaum zu kontrollieren. Was unser Informant in seinem Arbeitsamt beobachtet, ist erschreckend.:

      0-Ton
      ARBEITSVERMITTLER:
      (Stimme verändert)
      „Pauschal kann ich sagen, die Statistik, die erscheint - wenn wir davon die Hälfte wirklich gemacht haben, können wir auf unsere Arbeit sehr stolz sein.:

      Abmoderation
      PATRICIA SCHLESINGER: Schon erstaunlich, wie leicht es ist, diese politisch so brisanten Daten zu manipulieren.

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      Mafia in Deutschland - Morddrohungen gegen Ermittler
      Anmoderation
      PATRICIA SCHLESINGER:

      Ein anderes beliebtes Thema ist Kriminalität und deren Bekämpfung. „Mehr Sicherheit“ steht auf Wahlplakaten, tönt es in Reden und Versprechungen, immer verbunden mit schwärzesten Prophezeiungen, sollte das jeweils andere Lager an die Macht kommen bzw. dort bleiben. Vor Monaten berichteten wir über einen renommierten Geschäftsmann, der im Edel-Kurort Baden-Baden verhaftet wurde. Kronzeugen sagen über ihn, er sei einer der letzten großen Mafiabosse. Ein schöne Erfolg gegen das organisierte Verbrechen. Heute war sein zweiter Tag vor Gericht. Doch unsere Recherchen werden jetzt ein anderes Licht auf die Ermittlungsbehörden. Das Bundeskriminalamt weicht nämlich plötzlich vor der Mafia zurück, so scheint es. Mehr Sicherheit ist da selbst in Wahlkampfzeiten wohl nicht mehr so wichtig.

      KOMMENTAR:

      Erst das Polizeigeleit, dann gepanzerte Luxuslimousinen. Ein Angeklagter wird zum Gerichtsgebäude gefahren, versteckt hinter abgeblendeten Scheiben. Spezialisten suchen mit Sprengstoff-Spürhunden Autos ab, die in der Nähe geparkt sind. Draußen patrouillieren schwerbewaffnete Polizisten. Die hohen Sicherheitsvorkehrungen in Baden-Baden gelten dem Prozeß gegen diesen Mann: Sabatino Ciccarelli. Ein Mafiaboß, so beschreibt ihn die Anklage, der 1995 zwei Morde geplant habe. Ein harmloser Geschäftsmann, so sieht ihn die Verteidigung, der vor 15 Jahren aus der Mafia ausgestiegen sei und sich nur aus Imponiergehabe eine Waffe besorgen ließ.

      0-Ton
      STEFFEN UFER:
      (Rechtsanwalt)
      „Wir haben einen früheren Camorrista, der inzwischen zu einem Wichtigtuer degeneriert war und leider ein Opfer seiner eigenen Sprüche und des Verfolgungseifers des BKA und auch der Hysterie in Deutschland geworden ist.“

      KOMMENTAR:

      Eine psychiatrische Sachverständige soll für die Verteidigung prüfen, ob der vermeintliche Mafiaboß nur ein neurotischer Wichtigtuer sei. Ihr Auftrag lautet, zu untersuchen, ob:

      0-Ton
      ANNETTE GERLACH:
      (Staatsanwaltschaft Karlsruhe)

      „ Ich zitiere jetzt vielleicht am besten, ‘daß der Angeklagte von kleinem Wuchs ist und er aufgrund einer Reihe frühkindlicher Erlebnisse eine massive neurotische Fehlentwicklung durchgemacht hat."

      INTERVIEWER:
      „Und ist er das, hat er das?“

      ANNETTE GERLACH:
      „Er ist für einen Neapolitaner durchaus normalwüchsig, zumindest nicht außerordentlich, besonders klein. Ich konnte auch keinerlei frühkindliche Erlebnisse explorativ bei ihm feststellen, so daß ich zu dem Schluß gekommen bin, daß er strafrechtlich voll verantwortlich ist.“

      KOMMENTAR:

      So klein der mutmaßliche Mafiaboß, so groß die Waffe, die er aus Belgien beschaffen ließ. Ein „Ding, das keinen Krach macht“, das hatte Ciccarelli bestellt. Der vermeintliche Prahlhans orderte eine Killerwaffe, an der alle Erkennungsmerkmale getilgt waren.

      Als Killer wird Ciccarelli von italienischen Mafia-Kronzeugen bezeichnet. So habe er in den siebziger Jahren kaltblütig zwei Drogenkuriere erschossen. Seit wenigen Tagen gibt es einen neuen italienischen Kronzeugen, der Ciccarelli schwer belastet. Ciccarelli sei eine Art „Chefbuchhalter“ innerhalb der Mafia gewesen, habe bis in jüngste Zeit von Deutschland aus „Kontakte zur Camorra gesucht“. Und kurz vor seiner Flucht nach Deutschland habe er „zwei Männer mit Schlafmitteln betäubt und anschließend eigenhändig erwürgt“. Hier werde nur ein Popanz aufgebaut, sagt die Verteidigung. Nur ein Popanz?

      Während Anwälte und Richter sich zu Beginn des Prozesses bereitwillig filmen lassen, bleibt ein Stuhl leer.

      Wieder fahren zwei gepanzerte Limousinen am Gerichtsgebäude vor. Diesmal wird der Staatsanwalt gebracht. Er wird das Gericht in Begleitung von Leibwächtern betreten, dann, wenn alle Kameras aus dem Saal sind.

      0-Ton
      PETER ZIMMERMANN:
      (Staatsanwaltschaft Karlsruhe)
      „Es gibt eine Bedrohung gegenüber dem ermittelnden Staatsanwalt. Über die Art dieser Bedrohung möchte ich mich nicht äußern, aber es ist eine Gefährdungslage da.“

      KOMMENTAR:

      Nach PANORAMA-Recherchen erhielt der Staatsanwalt bereits im März letzten Jahres einen anonymen Brief. Darin wird ihm angekündigt, ihn „in die Luft zu jagen“, wenn er weiter gegen die Camorra ermittle. Man wisse alles über ihn, und es wird gedroht, den Hauptbelastungszeugen „wie einen Hund abzuschlachten“. Und das ist noch nicht alles.

      0-Ton
      INTERVIEWER:
      „Ist es richtig, daß weitere Personen bedroht werden?“

      PETER ZIMMERMANN:
      (Staatsanwaltschaft Karlsruhe)
      „Ja.“

      INTERVIEWER:
      „Können Sie sagen wer?“

      PETER ZIMMERMANN:
      „Nein.“

      KOMMENTAR:

      September letzten Jahres. Nach zweijährigen Ermittlungen wird Sabatino Ciccarelli in Baden-Baden von Beamten des Bundeskriminalamtes verhaftet. Wenige Monate später erhält das BKA nach PANORAMA-Recherchen eine Warnung, der federführende Beamte - hier unkenntlich gemacht - sei bedroht: seine Arbeit könne - Zitat - „tödlich enden“. Wenig später melden italienische Behörden, daß die neapolitanische Camorra „Informationen über die Dienstreisen des Beamten“ gesammelt habe. Das BKA sieht seinen eigenen Beamten so stark gefährdet, daß es einen ungewöhnlichen Entschluß faßt: Er wird im Frühjahr von den weiteren Ermittlungen in Sachen Ciccarelli abgezogen - gegen seinen Willen und auch gegen den Wunsch der zuständigen Staatsanwaltschaft.

      0-Ton
      PETER ZIMMERMANN:
      (Staatsanwaltschaft Karlsruhe)
      „Ich möchte zu den internen Personalangelegenheiten des Bundeskriminalamtes hier keine Stellungnahme abgeben und dies nicht öffentlich kommentieren.“

      KOMMENTAR:

      Aber intern wird es als Einknicken vor der Mafia kommentiert. Ein solches Nachgeben hat es noch nie gegeben. Dieser Stuttgarter Staatsanwalt wurde auch schon von der Mafia bedroht. Ein Rückzug aus den Ermittlungen wäre für ihn allerdings unvorstellbar.

      0-Ton
      HELMUT KROMBACHER:
      (Oberstaatsanwalt Stuttgart)
      „An ein Herauslösen hat man noch nie gedacht. Das wäre ja auch ein Zurückweichen vor der Kriminalität, wenn allein die Bedrohung ausreicht, um bestimmen zu können, wer meinen Fall bearbeitet, das kann nicht wahr sein.“

      KOMMENTAR:

      Im Verfahren gegen Sabatino Ciccarelli ist es aber wahr geworden. Zum ersten Mal ist eine Behörde gegenüber einer Bedrohung zurückgewichen. Der mutmaßliche Ciccarelli hat einen erfahrenen Strafverfolger weniger auf seiner Spur.

      Abmoderation
      PATRICIA SCHLESINGER:

      Das Bundeskriminalamt wollte zu diesem Vorwurf keine Stellung nehmen. Heute nachmittag hat es dann aber unsere Recherchen bestätigt. Der Staat weicht also zurück, seine Repräsentanten reden aber von mehr Sicherheit.
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      Brauner Terror für den Sieg - - Nazis auf Stimmenfang
      Anmoderation
      PATRICIA SCHLESINGER:

      Und zurückgewichen wird nicht nur vor der Mafia. Oft geschieht das zunächst viel unspektakulärer. Es gibt Dörfer, ganze Regionen in Deutschland, in denen zum Beispiel kriminelle Rechtsradikale ungehindert pöbeln und schlagen, stehlen und sogar morden können. Die Polizei hat dort längst kapituliert, die Gerichte sind einfach überfordert. Rechtsfreie Zonen. Und die Menschen dort ducken sich, schauen weg oder reden schön - aus Angst. Realität in einigen Landstrichen Mecklenburg-Vorpommerns. Auch dort wird in zehn Tagen gewählt.

      Meine Kollegen berichten über Angst und Ohnmacht.

      KOMMENTAR:

      Ein Skinhead wartet an der Ostsee auf seine Kameraden. Doch die Nazis sind noch in der Stadt unterwegs, in Wolgast. Sie kleben Plakate, für die NPD. Ihre Parole: „Wir räumen auf“. Die Nazis haben alle Plakate der anderen Parteien abgerissen, wieder mal, wie so oft. Die Polizei - machtlos. Angst vor dem braunen Terror. Auch die Mitarbeiter des Bürgermeisters werden angegriffen.

      0-Ton
      JÜRGEN KANEHL:
      (Bürgermeister Wolgast)
      „Es geht dahin, daß diejenigen, die für andere Parteien plakatieren, massiv bedroht werden. Es steigert sich dahingehend, daß die Mitarbeiter von unserem städtischen Baubetriebshof konkret bedroht werden. Und das ganze hat eigentlich nur die Zielstellung, Angst zu erzeugen, um zu erreichen, daß die Bevölkerung, insbesondere aber die Staatsgewalt, auch die Stadt, vor ihnen zurückweichen. Ich glaube, das ist das entscheidende Ziel, was sie anstreben.“

      KOMMENTAR:

      Die rollende Kommandozentrale der NPD-Truppe. Mit diesem BMW fahren sie Streife durch Wolgast. Kontrolle von morgens bis abends. Mit uns reden wollen sie nicht. Fest steht: Gleich mehrere dieser NPD-Kämpfer sind wegen schwerer Gewalttaten vorbestraft: Körperverletzung, Erpressung und so weiter.

      0-Ton
      KANEHL:

      „Die Mitglieder der Skinhead-Szene sind in ihrer überwiegenden Mehrheit alle im kriminellen Milieu tätig, und man muß immer wieder sagen, daß, was weitestgehend gemacht wird, die Leute, die von Deutschtum, die von Demokratie und von Aufräumen sprechen, im großen und ganzen nichts anderes sind als in ihrer Mehrheit Gangster, Kriminelle, Verurteilte, in weiten Bereichen als viel zu wenig Verurteilte, weil die Justiz immer wieder alle Augen zudrückt.“

      KOMMENTAR:

      Auch von der Polizei fühlen sich viele Bürger schon lange nicht mehr geschützt. Wahlkämpfer anderer Parteien haben sogar Angst um ihre Familie. Hilflosigkeit.

      0-Ton
      CHRISTA JAEKEL:
      (Jugendhaus Wolgast)

      „Daß man meiner Mutter was tut oder meiner Tochter. Ich meine, wenn mir was passiert, okay, kann ich mir ja selber zuschreiben, aber die anderen, die können ja nichts dafür. Und das könnte ich mir nie verzeihen.“

      KOMMENTAR:

      Direkt bei der Stadt Wolgast die Insel Usedom. In vielen Dörfern auf dieser Insel sind die Nazis noch einen Schritt weiter. Hier haben fast alle Bewohner den Widerstand aufgegeben, haben sich angepaßt. Die gewalttätigen Skinheads im Ort haben sie zum Schweigen gebracht.

      0-Töne
      PASSANTEN:

      „Das sagen wir nichts zu, sonst werden wir selber unter Druck gesetzt. Nee, nee, da lassen wir unsere Finger von. Wir sagen da nichts. Die sehen uns nachher im Fernsehen, und dann sind wir dran, und dann steht unser Haus auch in Flammen.“

      „Ich sag’ da nichts drüber, nichts.“

      „Nee, nee, da sage ich nichts.“

      „Ich sage, die Bürger werden Ihnen kaum die Wahrheit sagen, um am nächsten Tag noch am Leben zu sein.“

      „Sie müssen hier nicht leben.“

      KOMMENTAR:

      Niemand legt sich mit den rechten Skinheads hier an. Viele haben sich an die neuen Verhältnisse gewöhnt. Hier haben die Rechten das Kommando schon fast übernommen.

      0-Ton
      JÜRGEN KANEHL:
      (Bürgermeister Wolgast)

      „Mir persönlich macht es eigentlich schon Angst, ja, weil ich im Moment nicht einschätzen kann, ob es gelingt, diese Szene in den Griff zu kriegen.“

      KOMMENTAR:

      Ein paar Kilometer weiter. Auch hier brauner Terror. Das Opfer: ein Bundeswehrsoldat. Er hat Angst, will deshalb nicht erkannt werden.

      0-Ton
      BUNDESWEHRSOLDAT:

      „Dann tauchten sechs ... auf, und die haben uns dann einfach zusammengeschlagen. Und dann wurde bloß noch mit Stiefeln zugetreten, also jetzt gegen Kopf, Rippen und Beine.“

      KOMMENTAR:

      Die Vorpommern- Kaserne in Eggesin. Hier ist der Soldat stationiert. Haben sich die Nazis bei der Wahl ihres Opfers einfach nur geirrt?

      0-Ton
      ERNST LUTZ:
      (Brigadegeneral)

      „Es war kein Einzelfall. Diese Dinge sind auch letztes Jahr schon vorgekommen, wo junge Soldaten auf dem Heimweg zur Kaserne auf irgendwelchen Feldwegen, auf Abkürzungen oder ganz einfach auf ganz normalen Straßen angepöbelt, angerempelt und dann auch geschlagen worden sind. Und wenn Sie in die Zeitung sehen, dann sehen Sie, daß andere Bevölkerungsgruppen wir Urlauber und Menschen, die irgendwo unterwegs sind, genauso angegriffen werden. Ich glaube nicht, daß wir als Soldaten eine besondere Zielgruppe sind, aber wo die Gelegenheit sich ergibt, da wird das schon auch mitgenommen.“

      KOMMENTAR:

      Einige Soldaten in Eggesin haben jetzt Angst, auch das Opfer des letzten Überfalls.

      0-Ton
      ERNST LUTZ:

      „Man muß auch respektieren, wenn er selber es vorzieht, nicht erkannt zu werden, das ist seine Entscheidung, und ich kann die durchaus nachvollziehen. Er will schließlich die Zeit hier in dieser Region für sich vollends heil überstehen.“

      INTERVIEWER:
      „Haben die Soldaten hier denn Angst?“

      ERNST LUTZ:
      „Ja, Angst ist auch dabei.“

      Abmoderation
      PATRICIA SCHLESINGER:

      Der Bürgermeister in Wolgast bekommt seit dem Interview, das er uns gegeben hat, regelmäßig Todesdrohungen. Man versucht, ihn einzuschüchtern. Nachts stehen Skinheads in seinem Garten, Glatzköpfe haben versucht, seinen Sohn zusammenzuschlagen. Doch der Bürgermeister will sich nicht mundtot machen lassen. Er will, daß sich - nicht nur in Wolgast - endlich etwas ändert.

      Wir haben Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Bernd Seite zum Rechtsradikalismus in seinem Land befragt. Er erklärte kurze Haare für einen - so wörtlich - „Modetrend“, die Rechten für eine „verschwindende Minderheit“, und Statistiken, die anderes aussagen, nannte er „einseitig“.


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      „Ich habe meine Frau nicht umgebracht“ - Interview mit Pastor Geyer
      Anmoderation
      PATRICIA SCHLESINGER:

      Vor einigen Monaten berichteten wir über Klaus Geyer, einen Pastor aus Niedersachsen, der - so sah es das Gericht - seine Frau umgebracht hat. Er wurde zu acht Jahren Haft verurteilt. Die Geschichte hat damals viele Menschen interessiert und bewegt. Es ging um die Entzauberung eines vermeintlich vorbildlichen Pastorenlebens, um Ehebruch, um Verzweiflung, auch um Härte. Während seine Gemeinde, sein linkschristliches Umfeld, heute zerrissen ist zwischen Abscheu und Unschuldsglaube, soll er nun in der Haftanstalt Braunschweig büßen. Aber er behauptet nach wie vor, er sei unschuldig.

      Meiner Kollegin Nicola von Hollander ist es gelungen, das erste Interview mit ihm zu führen, dem einzigen deutschen Geistlichen, der wegen eines Tötungsdeliktes hinter Gittern sitzt.

      KOMMENTAR:

      Versteckt auf einem Privatgrundstück der Parkfriedhof von Beienrode. Auffallend das Grab der Pastorenfrau Veronika Geyer-Iwand. Ihr Mann soll sie im Streit erschlagen. Bis heute gibt es kein Geständnis - dafür aber einen Verurteilten.

      Es ist Pastor Klaus Geyer. Im Affekt soll er seine Frau getötet haben. Das Urteil: acht Jahre Haft. Er bestreitet die Tat, doch ihm fehlt ein Alibi. Was bleibt, sind zwei Mal vier Meter -Gefängniszellen-Norm. Hier sitzt er seit einem Jahr. Häufig allein bleiben ihm nur Erinnerungen.

      0-Ton
      KLAUS GEYER:
      „Ja, hier sind Bilder meiner Frau und die Bilder von unserer letzten gemeinsamen Unternehmung mit zwei Prager Freunden.“

      INTERVIEWERIN:
      „Was bedeuten Ihnen die Fotos Ihrer Frau und Ihrer Familie?“

      KLAUS GEYER:
      „Es sind Erinnerungen an glückliche Zeiten. Es sind auch Erinnerungen daran, daß meine Kinder draußen mehr durchzumachen haben, als ich mir manchmal selber vorstelle, wenn ich mich um mich selber drehe. Es sind zwiespältige Empfindungen. Es ist einmal - ich bin froh, daß die Bilder da sind, und dann sind sie manchmal auch Anlaß einfach zum Heulen. Und das tue ich dann auch.“

      KOMMENTAR:
      Klaus Geyer hofft jetzt auf die Revision, die Wiederaufnahme des Prozesses. Deshalb - so die richterlich Anordnung - dürfen wir ihm keine Fragen nach Beweismitteln oder der Tat stellen. Der Pastor hatte mehrere Geliebte, beging Ehebruch. Wie lebt er mit der Schuld?

      0-Ton
      KLAUS GEYER:

      „Also, es ist einmal die große Schuld, die mir vorgeworfen wird. Und es gibt dann all das, was ich in meinem Leben falsch gemacht habe und wo ich Schuld auf mich geladen habe. Das fängt an mit Ehebruch und mit Beziehungen zu anderen, die ich überhaupt nicht verteidigen kann und nicht verteidigen will, weil Ehebruch immer mit Unaufrichtigkeit und mit Heimlichkeiten verbunden ist. Auch wenn ich mit meiner Frau an vielen Stellen geredet habe über bestimmte Dinge, aber es bleibt trotzdem etwas, was ich nicht verteidige und nicht entschuldigen kann.“

      KOMMENTAR:

      Auch im Gefängnis trägt er noch den Ehering.

      0-Ton
      INTERVIEWERIN:
      „Sie tragen noch den Ehering?“

      KLAUS GEYER:
      „Ja.“

      INTERVIEWERIN:
      „Was bedeutet der Ihnen?“

      KLAUS GEYER:
      „Ich weiß nicht, warum ich ihn noch trage. Irgendwie kann ich mich noch nicht so ganz damit abfinden, daß meine Frau nicht mehr da ist. Und - viel mehr will ich dazu jetzt gar nicht sagen.“

      INTERVIEWERIN:
      „Das Gesicht Ihrer Frau war bis zur Unkenntlichkeit zerstört - wie können Sie damit leben?“

      KLAUS GEYER:
      „Gar nicht, überhaupt nicht. Also ich habe mir diese Bilder auch in der Akte nicht angeguckt, überblättert. Sie waren zum Teil auch schwarz als Kopie. Ich weiß noch, daß ich im Prozeß Schwierigkeiten hatte, da, als die Schädeldecke gezeigt wurde, überhaupt hinzugucken. Ich verdränge das.“

      KOMMENTAR:

      Einige halten ihn immer noch für unschuldig.

      0-Ton
      KLAUS GEYER:
      „Also, ich muß immer gucken, vor welchem Hintergrund zweifelt einer, beschuldigt mich einer oder hält auch an meiner Unschuld fest, auch da gibt es ja Solidaritätsbeteuerungen, die ich zwar höre, die mir aber sozusagen nichts bedeuten, weil die Leute mich gar nicht kennen. Und wer mich nicht kennt und mir sagt: Ich halte dich für unschuldig - ja, das kann ich nicht so ganz ernst nehmen, weil ich immer gepredigt habe: Im Prinzip kann jeder Menschen in bestimmten Situationen totschlagen, wenn er dorthin geführt wird. Das liegt im Bereich des Menschenmöglichen. Das habe ich schon vorher gepredigt.“

      KOMMENTAR:
      Im Prozeß wirkte er auf viele gefühlskalt.

      0-Ton
      KLAUS GEYER:
      „Ich stand nicht vor einem kirchlichen Gericht, da hätte ich anders geredet über Ehe und über Schuld. Ich hatte mich mit der Frage auseinanderzusetzen: Hast du deine Frau erschlagen. Und was hat die andere Sache, eure Ehekonflikte, eure Ehegeschichte, damit zu tun. Und ich habe mich mühsam konzentriert, in dieser Richtung zu denken und auszusagen. Und das war sicher verkrampft. Es war dieses Dauergefühl: Du bis in Absurdistan, wie ich mal geschrieben habe, du gehörst hier eigentlich gar nicht hin. Das prägt dann auch die Art, wie man da sitzt. Es kam dazu natürlich: Ich möchte vor bestimmten Leuten meine Gefühle nicht äußern.“

      INTERVIEWERIN:
      „Haben Sie denn grundsätzlich eher Probleme, über Ihre Gefühle zu sprechen?“

      KLAUS GEYER:
      „Ich habe, hab’ ich ja schon gesagt, grundsätzlich sicher eher Probleme, über meine Gefühle zu sprechen, und es setzt ein Gegenüber voraus, wo ich das auch kann, oder eine Gruppe oder einen Kreis, wo ich das auch kann. Wissen Sie, Sie kommen in den Gerichtssaal, und da sitzen dann Zuschauer, und der eine macht Ihnen schon die Gebärde des Halsabschneidens, wenn Sie reinkommen. Wollen Sie vor dem Ihre Gefühle zu Ihrer Frau ausdrücken?“

      KOMMENTAR:
      Weiß er denn selber, ob er ein guter oder ein schlechter Mensch ist?

      0-Ton
      KLAUS GEYER:
      „Ich weiß nicht, ob ich ein schlechter oder guter Mensch bin, die Entscheidung, die habe ich zum Glück nicht zu fällen.


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      Verabschiedung
      PATRICIA SCHLESINGER:

      Das war PANORAMA. Heute in drei Wochen sehen wir uns wieder, das ist dann elf Tage nach der Wahl und vielleicht nach einem Machtwechsel in Bonn. Ob es dann auch ein Politikwechsel wird, werden wir sehr aufmerksam beobachten. Tschüß.


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      Redaktioneller Stand:
      17. September 1998
      Avatar
      schrieb am 08.02.02 01:07:15
      Beitrag Nr. 30 ()
      @ leo6

      Beeindruckende Fleißarbeit von dir!


      Erschreckend - Statistiken der BfA problemlos fälschbar, Fälschungen wirken sich positiv auf die Karriere aus!

      Ebenfalls erschreckend: die Neonazi-Szene auf Usedom. Diese Insel soll wirklich wunderschön sein, aber wegen solcher Berichte würde ich es mir sehr überlegen da hinzufahren. Wann hören die Verantwortlichen in der Gegend endlich auf dieses Problem zu verharmlosen und totzuschweigen? Die Ignoranz dieser Leute ist kaum zu ertragen. Erst wenn man denen vorrechnet welche Einmahmeausfälle sich im Tourismusbereich ergeben oder wenn das Renomee der Region durch brutale Morde gefährdet ist, werden die (vielleicht) handeln.

      Ignatz
      Avatar
      schrieb am 08.02.02 02:19:29
      Beitrag Nr. 31 ()
      Avatar
      schrieb am 19.02.02 17:51:44
      Beitrag Nr. 32 ()
      Nachdem wir nun wissen, daß von den Arbeitsamtszahlen bis zu 70% falsch sind,
      (http://www2.tagesspiegel.de/archiv/2002/02/16/ak-po-in-55211…
      http://www.tagesspiegel.de/pubs/sonderthema5/)
      wäre es jetzt interessant zu erfahren, wie es mit den Zahlen aussieht,
      die von der Wirtschaft und den Arbeitgeberverbänden kommen.


      Wie steht`s mit der großen Lüge der Wirtschaft und ihrer diversen Verbände?


      Z.B. hieß es noch Mitte 2000, daß "in der IT-Branche (Informationstechnologie)
      in Deutschland derzeit 70 000 bis 100 000 Fachleute" fehlen.
      (http://morgenpost.berlin1.de/archiv2000/000531/beilage/story…

      Geholt wurden 10 000 Greencardler. Von denen sind nicht wenige heute schon
      wieder arbeitslos.

      D. h., ausgehend von diesem Beispiel, von den Zahlen der Wirtschaft sind
      über 90 % falsch!


      Diese werden wohl, ebenso wie die Arbeitsamtszahlen, auch wissentlich und bewußt
      "frisiert" zum Zwecke der interessensbestimmten Lenkung unserer Politiker.
      Wenn denen bestimmte Kreise der Wirtschaft und Lobbyisten nur lange und
      eindringlich genug sagen, was zu tun ist, machen die das dann auch, wie die
      Vergangenheit lehrt.


      In was für einer dritt- oder viertklassigen Bananenrepublik sind wir hier eigentlich?


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      Arbeitsamt-Skandal / Die große Lüge der Vermittler