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    Neuer Markt: "Tummerlplatz für Verbrecher" (Financial Times) - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 18.04.02 14:33:38 von
    neuester Beitrag 18.04.02 18:49:14 von
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      schrieb am 18.04.02 14:33:38
      Beitrag Nr. 1 ()
      Neuer Markt wird zum Tummelplatz für Verbrecher
      18.04.02, Financial Times Deutschland

      Die unablässige Reihe von Skandalen am Neuen Markt bringt Wirtschaftsprüfer, Bankanalysten, die Deutsche Börse und sogar den Gesetzgeber in Erklärungsnot. Es stellt sich die Frage, was getan wird, um solche Skandale in Zukunft zu verhindern.

      Klaus Pollmann sah das Gewitter schon am Freitag aufziehen. "Als Ceyoniq Insolvenzantrag stellte, war mir klar: Da kommt noch was." Am Montag bestätigten sich die Vermutungen des Oberstaatsanwalts aus Bielefeld. Aus dem Fax schob sich eine Anzeige gegen die beiden Ceyoniq-Vorstände. Der Vorwurf: Betrug.

      Bereits am Nachmittag kamen die beschuldigten Manager bei Pollmann vorbei und stellten sich freiwillig. Seither sitzen Jürgen Brintrup und Thomas Wenzke hinter schwedischen Gardinen. Sie sollen Bilanzen manipuliert haben, um bei Banken Kredite zu erschleichen. Wenzke hat bereits gestanden. Den beiden droht eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Der Traum vom Software-Millionär endet wohl hinter Gittern.

      Die Betrügereien bei Ceyoniq sind leider kein Einzelfall am skandalträchtigen Neuen Markt. Auch die Unternehmen Comroad und Phenomedia stehen unter dem dringenden Verdacht, bei ihrer Buchführung allzu kreativ vorgegangen zu sein. Der frühere Comroad-Chef Bodo Schnabel sitzt deshalb bereits seit Ende März im Knast. Er soll fast den kompletten Umsatz für 2001 in Höhe von 93,6 Mio. Euro mit Luftbuchungen über eine nicht existierende Firma in Hongkong vorgetäuscht haben.

      Beim Spielehersteller Phenomedia, der einst die deutschen Büros mit dem legendären Baller-Spiel "Moorhuhn" eroberte, wurden Vorstandschef Markus Scheer und Finanzchef Björn Denhard vom Aufsichtsrat fristlos entlassen. Grund: frisierte Bilanzen. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und die Pleite des Unternehmens sind ausgesprochen wahrscheinlich.

      Kontroll-Mechanismen versagen

      Die Skandale am Neuen Markt bringen Wirtschaftsprüfer, Bankanalysten, die Deutsche Börse und sogar den Gesetzgeber in Bedrängnis. Warum wurden die Bilanzschwindeleien nicht entdeckt? Warum wird noch immer nichts getan, um solche Skandale in Zukunft zu verhindern?

      Die Versäumnisse der Kontrollbehörden bezahlen Aktionäre und seriöse Firmen am Neuen Markt mit barer Münze: Der Ruf ist ruiniert, Investoren scheuen das Segment, die Kurse sinken, Geld geht verloren. "Es ist schade, aber der Neue Markt ist zu einem Tummelplatz für Verbrecher und Betrüger geworden", meint ein resignierter Händler.

      Klaus Schneider von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) befürchtet schlimme Folgen, wenn nicht bald etwas passiert: "Die Betrügereien sind nicht nur eine Katastrophe für den Neuen Markt. Sie gefährden die gesamte Kapitalmarktkultur in Deutschland." Der Aktionärsschützer hat wenig Hoffnung, dass ein Ende der Skandale abzusehen ist: "Wir rechnen mit weiteren Betrugsfällen. Die Bilanzsaison hat ja gerade erst angefangen."

      Anleger verunsichert

      Das Vertrauen in den Wahrheitsgehalt von Bilanzen hat stark gelitten - und damit das Vertrauen in die Wirtschaftsprüfer, die Geschäftsberichte von börsennotierten Unternehmen auf ihre Richtigkeit hin untersuchen. "Offensichtlich sind die Wirtschaftsprüfer dazu nicht in der Lage", sagt SdK-Vorstand Schneider. Besonders in der Schusslinie steht KPMG. Das renommierte Unternehmen prüfte sowohl bei Phenomedia als auch Comroad jahrelang die Bilanzen. Ohne dass irgendetwas auffiel.

      Erst als die KPMG-Prüfer die Zahlen für 2001 untersuchten, wurden sie stutzig und verweigerten das Testat. Es besteht der Verdacht, dass die in den Vorjahren von KPMG abgenickten Abschlüsse ebenfalls fehlerhaft sind. Sonderuntersuchungen sollen jetzt Klarheit bringen.

      Auch Bankanalysten haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Analysten von Dresdner Kleinwort Wasserstein oder AC Research empfahlen beispielsweise die Aktie von Phenomedia noch Ende März zum Kauf. Seither ist der Aktienkurs von Werten um die acht Euro auf unter einen Euro eingebrochen. Die Analysten hatten sich vom vorläufigen Jahresabschluss der Moorhuhn-Erfinder täuschen lassen. Offenbar wurde der dort angegebene Jahresumsatz von 25,7 Mio. Euro mit angeblichen Forderungen von 22,5 Mio. Euro künstlich aufgeblasen.

      "Deutsche Börse viel zu passiv"

      Die ehrwürdige Deutsche Börse muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie nicht reagiert. Mark Pohlmann, Sprecher des am Neuen Markt notierten Unternehmens Sinner Schrader, fühlt sich im Stich gelassen. "Die Börse ist viel zu passiv. Wir haben nicht das Gefühl, dass dort etwas gegen die Betrügereien getan wird."

      Experten, wie der Analyst Marcus Blask von GBC Research, fordern jetzt schärfere Bilanzregeln und ein hartes Eingreifen des Gesetzgebers: "Wirtschaftsprüfer sollten genauso wie auch Vorstände oder Aufsichtsräte strafrechtlich verfolgt werden können. Zudem müssen die Rechtsgrundlagen für Schadensersatzforderungen schnellstens verbessert werden." Dann, so Blasks Hoffnung, läge die Hemmschwelle für Betrügereien höher, und die verunsicherten Aktionäre hätten bessere Chancen, bei betrügerischen Firmenpleiten wenigstens einen Teil ihres Geldes einzuklagen.

      Quelle: http://www.ftd.de/bm/bo/1014399019387.html?nv=hpm

      Weitere Finanzseiten: http://www.capitalmarkt.de
      .
      Avatar
      schrieb am 18.04.02 18:49:14
      Beitrag Nr. 2 ()
      Deutsche Börse: Sanktionsverfahren gegen Nemax-Firmen

      Die Deutsche Börse hat gegen 14 Firmen des Neuen Marktes Wegen verspäteter Vorlage der Geschäftszahlen ein Sanktionsverfahren eingeleitet. Darunter Comroad, Metabox und Gedys.

      Die betroffenen Unternehmen hätten den fälligen Jahresabschluss und Lagebericht für das zum 31. Dezember 2001 endende Geschäftsjahr der Börse bis einschließlich 16. April noch nicht in elektronischer Form übermittelt, teilte die Börse am späten Mittwochabend auf ihrer Internetseite mit.

      Der Börse zufolge hätten zwei der betroffenen Firmen, Metabox und H5B5, beantragt, die Zulassung der Aktien zum Neuen Markt zu beenden. Das Delisting werde mit Ablauf des 30. April wirksam. Die Zulassung der Aktien zum Geregelten Markt bleibe hiervon unberührt.


      Neben Metabox und H5B5 haben nach Börsenangaben weitere zwölf Firmen ihre Geschäftszahlen noch nicht übermittelt. Dabei handelt es sich um Ebookers, AmaTech, Biodata, Easy Software, Ceyoniq, Comroad, E.Multi, WWL Internet, Telesens, Softmatic, Mühl, Gedys sowie Group Technologies. Einige dieser Firmen sind in finanziellen Schwierigkeiten oder haben Probleme mit ihren Bilanzen.

      Betrugsverdacht bei Comroad und Ceyoniq

      Der Telematikanbieter Comroad steht im Visier der Staatsanwaltschaft, weil die Firma für 2001 offenbar vollkommen überhöhte Umsätze ausgewiesen hatte. Gegen die beiden Vorstände des vor der Insolvenz stehenden Software-Herstellers Ceyoniq wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdacht Haftbefehl erlassen. Die Firma soll gar nicht vorhandene Lizenzverträge an eine Bank verkauft haben.

      Bei E.Multi lehnte die Börse nach Firmenangaben einen Antrag auf Fristverlängerung zur Abgabe des Jahresabschlusses ab. Softmatic musste wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag stellen. Wegen Liquiditätsproblemen trat auch der Baudienstleister Mühl den Gang zum Amtsgericht an.

      In-Motion bemüht das Schiedsgericht

      Das Frankfurter Medienunternehmen In-Motion rief nach eigenen Angaben am Dienstag das bei der Börse angesiedelte Schiedsgericht an. Dem Unternehmen droht der Ausschluss vom Neuen Markt zum 28. April, weil es den Geschäftsbericht verspätet veröffentlichte. Ein Sprecher der Deutschen Börse sagte, an den Verstößen gegen die Pflichten aus dem Regelwerk des Neuen Marktes habe sich nichts geändert. In-Motion habe sowohl seine Jahreszahlen 2000/2001 wie auch die Zahlen zum vierten Quartal 2001 verspätet vorgelegt. Deshalb halte die Börse an dem Delisting zum 28. April fest.

      Quelle: http://www.ftd.de/bm/bo/1014399023231.html?nv=hpm
      .


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