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    BILANZEN DER UNTERNEHMEN +++ MEHR SCHEIN ALS SEIN +++ - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 13.05.02 19:37:37 von
    neuester Beitrag 27.06.02 19:55:36 von
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      schrieb am 13.05.02 19:37:37
      Beitrag Nr. 1 ()
      B I L A N Z E N

      Mehr Schein als Sein



      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Der Skandal um den Energiekonzern Enron wühlt noch immer die USA auf. Doch nicht nur in Amerika wird bei den Bilanzen getrickst und getäuscht. mm hat die Zahlenwerke deutscher Spitzenfirmen untersucht - das Resultat ist eine Sammlung von Schlichen und Finten.

      Bis zur Hauptversammlung am 19. März wollte Ralf Dörper noch warten. Vielleicht würde das Aktionärstreffen im Düsseldorfer Congresscenter ja endlich Klarheit bringen.



      Bilanztricks: Was taugen die Bilanzen deutscher Unternehmen? manager magazin hat die Zahlenwerke untersucht. Ergebnis: eine Sammlung von Schlichen und Finten.


      Der Analyst der WestLB Panmure wollte wissen, wie es um die Finanzen von Babcock Borsig bestellt ist, nachdem der Oberhausener Industriekonzern angekündigt hatte, sich ausgerechnet von seiner wertvollsten Beteiligung zu trennen, dem Schiffsbauer HDW. Welche Geschäfte binden wie viel Kapital? Wie wirkt der Werftenverkauf auf Liquidität und Nettoschulden?

      Die Fragen blieben Fragen, und Dörper handelte: In der Woche nach der Hauptversammlung stellte die WestLB die Beobachtung des M-Dax-Werts Babcock Borsig ein; Verbindlichkeiten und Risiken des Unternehmens seien nicht transparent genug, lautete die Begründung.

      Diese Einschätzung teilt Dörper mit vielen Börsianern: Die Traditionsfirma ist, bilanztechnisch betrachtet, ein schwarzes Loch. Immer wieder hatten die Babcock-Manager in den vergangenen Jahren an ihren Zahlen gefeilt, je nachdem, was gerade geschönt und geschont werden musste - mal das Eigenkapital, mal der Gewinn. Ständige Verkäufe und Käufe von Firmen - bei den Anlegern komplettierte sich das Bild: Nix is fix bei Babcock; alles fließt (Cash ausgenommen). Nur wohin?

      Klar: Oberhausen ist nicht Houston. Und dennoch: Enron scheint plötzlich ganz nah. Der Bilanzskandal um den texanischen Energiehändler hat den Blick geschärft für die Probleme vor der eigenen Tür. Auch in Deutschland hat das Tricksen und das Täuschen System. "Die Grenze des Legalen verschiebt sich", beobachtet der Saarbrücker Bilanzprofessor Karlheinz Küting, "das ist kein amerikanisches Phänomen."




      Zwar gehen die hiesigen Firmenlenker meist nicht mit jener kriminellen Energie zu Werke, die den Enron-Managern angelastet wird. Deutsche Konzerne wie Siemens oder die Telekom praktizieren legale Kniffe.

      Mal werden Abschreibungsfristen wie Gummi gedehnt oder Milliardenschulden aus dem offiziellen Zahlenwerk verbannt; mal werden Vorräte zu hoch und Risiken zu niedrig bewertet. Das Ergebnis ist stets dasselbe: Von Wahrheit und Klarheit der Bilanzen kann hier zu Lande ebenso wenig die Rede sein wie in den Vereinigten Staaten.

      Ein Stück weit sind die Konzernführer selbst Getriebene. In ihrem steten Drang, den Börsenwert zu steigern, haben sie sich auf ein Spiel eingelassen, das Arthur Levitt, der ehemalige Chef der US-Börsenaufsicht SEC, "earnings game" genannt hat.

      Und das funktioniert so: Erst füttern die Manager die Analysten mit eher zurückhaltenden Prognosen für das nächste Quartalsergebnis; dann präsentieren sie Zahlen, die stets einen Tick besser sind.

      Der amerikanische Konzern General Electric (GE) beherrscht dieses Spiel mit beängstigender Perfektion. Über Jahre hinweg begeisterte er die Anleger mit zweistelligem Gewinnwachstum. Nur einmal in den vergangenen zehn Jahren verfehlte GE das vorhergesagte Vierteljahresergebnis - um einen Penny je Aktie.
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      schrieb am 13.05.02 19:38:39
      Beitrag Nr. 2 ()
      Mehr Schein als Sein (2)




      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Shareholder-Value made in the USA, auf deutsche Verhältnisse nicht übertragbar? Sicherlich nicht eins zu eins. Aber auch deutsche Vorstände spielen das Gewinnspiel mit. "Das heutige Börsenumfeld verlangt nach ständig steigenden Gewinnen", sagt Preussag-Finanzvorstand Rainer Feuerhake. Der Druck auf die Manager, "entsprechende Zahlen zu liefern", habe enorm zugenommen.

      Mit aller Macht versuchen die Manager, die prognostizierten Ergebnisse zu erreichen; oder, besser noch, zu übertreffen. Deutsche Konzernlenker seien zunehmend bereit, "aggressive Bilanzierungsmethoden" anzuwenden, stellt der Hamburger Professor Eberhard Scheffler fest.

      Es geht schließlich auch um ihre eigene Börse. Immer mehr Firmen bezahlen ihre Führungskräfte mit Optionen, deren Wert von der Entwicklung des Aktienkurses abhängt; allein im vergangenen Jahr ließen sich 140 Unternehmen Optionsprogramme genehmigen. Wer den Kurs zur rechten Zeit nach oben treibt, kassiert kräftig.

      Den Zahlenjongleuren kommt ein weiterer Trend zupass: die Angleichung der deutschen Rechnungslegung an internationale Usancen - und die Konfusion in der Phase des Übergangs. Mittlerweile bilanzieren die Dax-Konzerne und die am Neuen Markt notierten Firmen entweder nach den amerikanischen Regeln US-GAAP oder nach IAS; ab 2005 werden diese "International Accounting Standards" europaweit zur Pflicht.

      Auch deutsche Firmen wollen ausländische Anleger für ihre Aktien begeistern - und die verlangen einen internationalen Bilanzstandard.

      Über hundert Jahre war hier zu Lande nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) bilanziert worden. Das einseitig auf den Gläubigerschutz ausgerichtete HGB erlaubte, stille Reserven zu bilden und nach Belieben aufzulösen - eine Fundgrube für Bilanzverschönerer en détail und en gros.

      Doch auch die neuen Statuten bieten Gestaltungsmöglichkeiten. Die Firmen erhalten Spielräume, gegen die ordinäre HGB-Kniffe wie Schülerstreiche wirken.

      Der Wirrwarr an Rechensystemen führt dazu, dass nur noch wenige Fachleute eine Bilanz verstehen. Selbst die großen institutionellen Investoren haben resigniert. "Ich muss mich auf die Wirtschaftsprüfer verlassen", sagt Udo Rosendahl, Fondsmanager der Deutsche-Bank-Tochter DWS, "ich kann ja nicht alle Zahlen selbst nachprüfen."

      Aber die Kontrolle durch die WP-Gesellschaften fällt eher lasch aus. Zu groß ist die Abhängigkeit der Zunft von lukrativen Beratungsaufträgen, als dass die Prüfer bei kreativer Buchführung allzu penetrant nachhaken würden.

      Eine übergeordnete Behörde, die die Einhaltung der Regeln kontrolliert, gibt es bisher nur in den USA. Es ist dort die Börsenaufsicht SEC. Aber auch die wirkt mit der Aufgabe, den Wahrheitsgehalt sämtlicher Bilanzen zu untersuchen, offenkundig überfordert, siehe Enron.

      Ein Spiel ohne Schiedsrichter hat sich entwickelt - ein Spiel, das Firmenlenkern mit unlauteren Absichten ideale Chancen eröffnet, Anleger zu bluffen und zu blenden.

      manager magazin hat gemeinsam mit Experten der Universitäten in Saarbrücken und Münster die Zahlenwerke deutscher Unternehmen untersucht. Das Ergebnis zeigt: Auch die Großen tarnen und täuschen, wo es nur geht.
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      schrieb am 13.05.02 19:39:53
      Beitrag Nr. 3 ()
      Mehr Schein als Sein (3)






      Von Ulric Papendick und Dietmar Student



      Ein beliebtes und simples Mittel, um das Ergebnis zu frisieren, sind Abschreibungsfristen und Bewertungsmethoden. Abschreibungen mindern den Gewinn; deshalb versuchen Firmen, die ihre Ziffern schönen wollen, sie auf eine möglichst lange Periode zu verteilen.



      © DPA




      Beispiel Siemens . Der Elektromulti pflegte lange das Image eines erzkonservativen Bilanzierers. Bis 1998, als Heinz-Joachim Neubürger das Finanzressort übernahm. Der Neue, ein früherer Investmentbanker, merkte schnell, dass nicht nur mit dem Verkauf von Großkraftwerken, sondern auch mit kleinen Zahlendrehern am ausgewiesenen Gewinn etwas zu verbessern ist. So verlängerte Neubürger in der Bilanz des Jahres 2000 mit einem Federstrich die Abschreibungsdauer auf Firmenwerte um 5 auf maximal 20 Jahre. Die jährlichen Abschreibungsraten verringerten sich um bis zu 45 Millionen Euro - der Gewinn stieg.

      Im aktuellen Jahresabschluss ging Siemens noch einen Schritt weiter: Die Abschreibung des beim Kauf von Atecs entstandenen Firmenwerts verteilen die Münchener nun sogar auf 40 Jahre. Nach dem von Neubürger gewählten Standard US-GAAP ist das erlaubt - üblich sind aber 20 Jahre. Die längere Frist verschafft Siemens nochmal ein jährliches Ergebnisplus von 47 Millionen Euro.

      Der Halbleiterhersteller Infineon wählte eine andere Variante. Trotz weltweit sinkender Chippreise zögerte Infineon-Chef Ulrich Schumacher im vergangenen Frühjahr die Abwertung seiner Lagerbestände hinaus und hielt so die Anleger halbwegs bei Laune. Erst im Juli, als sich die Wertverluste nicht länger kaschieren ließen, schrieb Schumacher den Chipberg ab - und verbuchte, reichlich verspätet, ein Minus von mehr als 200 Millionen Euro.

      Just vor dem Verkauf an einen Finanzinvestor drehte der Gartenschlauchhersteller Gardena an den Pensionsrückstellungen. Und schon stand sein Rechenwerk glänzend da. Die Firma konnte einen zusätzlichen Gewinn von sechs Millionen Euro verbuchen - fast die Hälfte des Jahresüberschusses.
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      schrieb am 13.05.02 19:42:53
      Beitrag Nr. 4 ()
      Mehr Schein als Sein (4)






      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Trick 2: Das "große Bad" nehmen









      Manchmal ist den Konzernlenkern eher daran gelegen, das Unternehmen armzurechnen. Etwa, um einen großen Gewinnsprung zu vermeiden - sonst würde das folgende Jahr womöglich umso schlechter aussehen. Oder, wenn die allgemeine Wirtschaftslage derart miserabel ist, dass Anleger miese Firmenresultate leichter verzeihen.

      So strengte sich der Düsseldorfer Waschmittelhersteller Henkel mächtig an, um den letztjährigen Konzerngewinn trotz des Verkaufs mehrerer Tochterfirmen niedrig zu halten.

      Henkel veränderte die Berechnung der Pensionsrückstellungen zu seinen Lasten und verbuchte zusätzlich mehr als eine halbe Milliarde Euro als Sonderaufwand für Restrukturierungen und Abschreibungen.

      Die Folge des Großreinemachens, unter Bilanzexperten auch als "Big Bath" (großes Bad) bekannt: Der Konzernüberschuss stieg um magere 7 Prozent - eine treffliche Ausgangsbasis für Henkel-Chef Ulrich Lehner, um "künftige Ergebnissteigerungen" von 10 Prozent zu prognostizieren.
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      schrieb am 13.05.02 19:44:07
      Beitrag Nr. 5 ()
      Mehr Schein als Sein (5)






      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Trick 3: Die Aktionäre verwirren




      © AP



      Ein probates Mittel, um die Anleger von einer ungünstigen Geschäftsentwicklung abzulenken, ist die Bekanntgabe von Ergebnissen, die mit dem tatsächlichen Gewinn nur wenig gemein haben.

      Der Deutschen Telekom bescherten ein gigantischer Schuldenberg von 62 Milliarden Euro und der hohe Abschreibungsbedarf auf Telefonnetze und UMTS-Lizenzen im vergangenen Jahr einen Rekordverlust von 3,5 Milliarden Euro.

      Kein Wunder, dass Vorstandschef Ron Sommer und sein Finanzmann Karl-Gerhard Eick lieber auf das Ebitda* verweisen. Diese Kennzahl kletterte nämlich um 17 Prozent auf 15 Milliarden Euro - "das ist die eigentliche Sensationsmeldung", jubelte Ebitda-Fan Sommer.

      Auch der Telekom-Ableger T-Online eliminierte im dritten Quartal des vergangenen Jahres Abschreibungen auf Tochterfirmen und Anlaufinvestitionen aus dem Ergebnis - und kam so auf ein Plus im Deutschland-Geschäft. Pro forma, versteht sich.


      * Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf Sachanlagen sowie immaterielle Vermögenswerte).

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      schrieb am 13.05.02 19:45:07
      Beitrag Nr. 6 ()
      Mehr Schein als Sein (6)






      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Trick 4: Der Goodwill-Clou

      Besonders heikel ist der Umgang mit dem so genannten Firmenwert. Der entsteht, wenn der für eine Übernahme gezahlte Preis höher ist als die Vermögensgegenstände des gekauften Unternehmens.




      © DPA




      Die Differenz heißt Goodwill. Der umfasst zum Beispiel die Marke oder die Kundendatei. Der Goodwill verliert im Laufe der Zeit an Wert und muss deshalb nach Auffassung von Bilanzexperten abgeschrieben werden. Weil die Abschreibungen dieser teilweise beträchtlichen Summen allerdings den Gewinn empfindlich schmälern, schrecken viele Firmen vor diesem Schritt zurück.

      Der Düsseldorfer Großbäcker Heiner Kamps etwa verrechnete die Firmenwerte aus diversen Übernahmen über Jahre hinweg lieber mit den Kapitalrücklagen. Mit diesem nach deutschem HGB-Recht erlaubten Kunstgriff vermied Kamps die Abschreibungen - die Verrechnung mit dem Eigenkapital ist "erfolgsneutral", also ohne Folgen für den Konzerngewinn. Die Eigenkapitalquote des Backwarenimperiums sank nun jedoch von 83 Prozent im Jahr 1999 auf nur noch knapp 9 Prozent in 2001.

      Noch dreister trickste der frühere Babcock-Finanzvorstand Fritz Kall. Der holte einen zuvor bereits verrechneten Firmenwert einfach wieder hervor und "reaktivierte" ihn in der Bilanz. Nur so konnte Kall das empfindlich geschrumpfte Eigenkapital wieder aufpolstern - ein Bruch des Bilanzrechts, ereiferten sich die WP-Gelehrten.
      Avatar
      schrieb am 13.05.02 19:46:06
      Beitrag Nr. 7 ()
      Mehr Schein als Sein (7)
       




      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Trick 5: Schulden verstecken





      [M]AP;mm.de




      Ebenfalls an der Grenze des Erlaubten bewegen sich die Versuche einiger Firmen, ihre hohen Schulden aus dem Rechenwerk zu verbannen; "offbalance" nennt das der Fachmann.

      Beispiel Mobilcom : Beim Verkauf seines Aktienpakets an France Télécom vor wenigen Wochen zeigte sich Firmengründer Gerhard Schmid erfinderisch. Die Anteile werden bei Finanzinvestoren zwischengelagert - eine "Pufferlösung", die es den Franzosen ermöglicht, die stattlichen Mobilcom-Schulden von 6,2 Milliarden Euro zunächst nicht in ihrem eigenen Geschäftsabschluss auszuweisen.

      Bereits zuvor hatte Schmid Talent als kreativer Bilanzierer gezeigt. Nach den immensen Investitionen in das UMTS-Geschäft änderte der Konzern im Jahr 2000 seine Bilanzierungsgrundsätze.

      Zinszahlungen, die Mobilcom früher stets Gewinn mindernd als Aufwand gebucht hatte, wurden nach dem Lizenzerwerb aktiviert - ein kleiner Dreh mit großen Folgen. Die Auswirkungen der UMTS-Zinslast auf den Konzerngewinn - immerhin ab 2001 ein Minus von rund 360 Millionen Euro jährlich - konnte Mobilcom durch diese nach IAS-Normen erlaubte List verschieben.
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      schrieb am 13.05.02 19:46:57
      Beitrag Nr. 8 ()
      Mehr Schein als Sein (8)






      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Trick 6: Die krumme Tour

      Nur selten driften Bluechips (oder solche, die sich dafür halten) in die graue Zone des Bilanzbetrugs ab - wie etwa der Konkurskonzern Philipp Holzmann oder die skandalumflorte Berliner Bankgesellschaft. Am Neuen Markt allerdings ist der Performancedruck so gewaltig, sind die Gewinnziele derart ambitioniert, dass Manager manchmal nur noch einen Ausweg wissen: die krumme Tour.





      In München hat sich solch ein Fall dem ersten Eindruck nach jüngst zugetragen. Die Advanced Medien AG verkaufte Filmrechte für 39 Millionen Euro, allerdings offenbar nur zum Schein. Wer sich dabei wie viel zu Schulden kommen ließ, ist noch unklar. Nominiert für die Schurkenrollen: der alte Firmenvorstand, der Aufsichtsrat und die Wirtschaftsprüfer.

      Für den Thriller mit dem Titel Comroad läuft bereits der Abspann. Im Februar legte der Firmenprüfer KPMG sein Mandat nieder, weil er die Vertrauenswürdigkeit des bayerischen Telematikanbieters anzweifelte. Wenig später wurde Vorstandschef Bodo Schnabel gefeuert; er hält zusammen mit seiner Frau die Firmenmehrheit. Seit Ende März sitzt Schnabel wegen Verdachts auf Kursbetrug in Untersuchungshaft.

      Ein Sondergutachten der WP-Gesellschaft Rödl & Partner Mitte April ergab: Rund 99 Prozent der gemeldeten Comroad-Umsätze für 2001 waren heiße Luft.
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      schrieb am 13.05.02 19:47:43
      Beitrag Nr. 9 ()
      Mehr Schein als Sein (9)





      Von Ulric Papendick und Dietmar Student

      Fazit: Eine Frage der Kultur

      Schwammige Regeln, schusselige Prüfer, schurkische Manager: Ist der Großschaden an der deutschen Rechnungslegung irreparabel oder gibt es Lösungen für die Misere?

      An wohlmeinenden Vorschlägen herrscht kein Mangel. Einheitliche Standards, schärfere Bestimmungen, schmerzlichere Sanktionen; die Hakelmacher sollen stärker haften und besser kontrolliert werden; eine Superbehörde nach dem Muster der amerikanischen SEC soll das Bilanzgeschehen in Europa überwachen - dies alles wäre sicherlich schon ein großer Fortschritt, aber kein Schutz vor notorischen Zahlenschummlern.

      Investoren und Aktionäre müssten vielmehr auf einen Kulturwandel in den Unternehmen selbst drängen und zum Beispiel die Aufsichtsräte zwingen, ihre Kontrollfunktion ernster zu nehmen; Ausschüsse zur Rechnungslegung (so genannte Audit Committees) sollten für jede börsennotierte Firma verbindlich sein und mit unabhängigen Experten besetzt werden.

      Die Angelegenheit, keine Frage, braucht Zeit. Doch sie duldet keinen Aufschub. Der größte Fehler wäre, glaubt Arthur Levitt, im heraufziehenden Wirtschaftsaufschwung wieder zur Tagesordnung überzugehen: Dann, fürchtet die SEC-Legende, "verliert auch noch der letzte Anleger das Vertrauen in den Kapitalmarkt."
      Avatar
      schrieb am 14.05.02 16:00:46
      Beitrag Nr. 10 ()
      Blenderwelt: Kein Verlass auf Profitzahlen 








      Die Blenderwirtschaft
      Profit als Spielball der Finanzjongleure
      Von Markus Zydra
       
       
      14. Mai 2002 Das waren noch Zeiten, als der spöttische Blick über die Alpen mit dem Bonmot der Lire-Millionäre angereichert wurde. Millionär ist nicht gleich Millionär, so die simple Lehre, es kommt auf die Währung an. Dass Begriffen unterschiedliche Bedeutungen zukommen können, hat die Linguistik längst erkannt. Sprachliche Gebrauchsregeln legen fest, wie wir Begriffe verstehen. Das Wort "Gewinn" etwa, gebraucht im Zusammenhang mit Kasino, meint einen Glücksfall, Gewinn im Zusammenhang mit Konzernbilanzen meint unternehmerisches Geschick - dachten wir zumindest.Die Zeiten haben sich geändert. Das Vertrauen der Investoren in die Rechenschiebereien der Finanzvorstände geht gegen Null. Auslöser war die vielzitierte Pleite des Energiekonzerns Enron, doch die bilanziellen Blendwerke haben eine lange Tradition und Entwicklung hinter sich. Es ist wie bei dem Flüsterspiel, bei dem der erste dem zweiten ein Wort ins Ohr raunt und beim zwanzigsten ein unverständliches Kauderwelsch herauskommt. So wurde aus Gewinn die Gewinnkennzahl, aus Profit das Ebitda. Vorbei die Zeit, als der Gewinn noch der gute alte Jahresüberschuss war - vulgo: Das, was unterm Strich, nach Abzug aller Kosten, übrig blieb.Die große Zeit der FinanzingenieureDoch Finanzingenieuren der Berater- und Investmentbanken war der Überschuss eine zu ungenaue Größe. So kam es, dass so eingehende Gewinnkennzahlen wie Ebit, Ebitda, Ebitdaso und Proforma die Ohren des Finanzmarkts erreichten. Wunderbar, keine Ironie an dieser Stelle, denn tatsächlich haben diese Kennziffern ihren Aussagewert, allerdings jede für sich nur einen sehr begrenzten.Proforma-Gewinn - Blenden als KunstformNun kämpft der globale Aktienmarkt seit März 2000 mit dem Bären - ohne Chance. Die Unternehmensgewinne, gemeint sind die Jahresüberschüsse, purzeln im Gleichtakt mit den Kursen - und das sieht nicht gut aus - nicht für die Analysten, nicht für die Aktionäre, nicht für die Investmentbanker. Und in einer konzertierten Aktion, die nie öffentlich ausgesprochen oder gerechtfertigt wurde, begann man vor allem bei den apostrophierten Wachstumsunternehmen, die Gewinnbegriffe den Konjunkturrealitäten anzupassen. Der weltgrößte Handyhersteller Nokia etwa stieg ab Januar 2001 in seiner Quartalsberichterstattung auf den so genannten Proforma-Gewinn um.Spielwiese für BilanzprofisDabei handelt es sich um eine besonders gewitzte Kennzahl, ist sie doch nirgends verbindlich definiert. Da kann jeder rausrechnen, was er will. Abschreibungen, zum Beispiel, so genannte einmalige Ausgaben gehören auch dazu, gesteigerte Rückstellungen ebenso. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt - ein wunderbare Spielwiese für Bilanzprofis. Kurzum: Nokia berichtet zu jedem Quartal eine Steigerung des Gewinns auf Proforma-Basis. Das hat mehr mit Zauberei als reeller Offenlegung zu tun: Proforma kann man auch ein Auto teuer verkaufen, wenn man den Motorschaden verschweigt.Glückliche FinanzweltWer nun gedacht hätte, Analysten würden wegen Nokia aufschreien, institutionelle Anleger zum Ausverkauf rufen, der hat sich getäuscht. Stille, nichts als Stille, die nur dadurch unterbrochen wird, dass Analysten sagen: "Ein Ergebnis im Rahmen der Erwartungen". Punktlandung heißt das, und alle sind zufrieden: Die einen, weil sie in ihren Prognosen richtig lagen; die anderen weil sie die Prognosen erfüllten. Schöne Finanzwelt, der Kaiser hat neue Kleider und alle applaudieren. Das große Adhoc-RätselNun soll es ja Privatanleger geben, die sich in ihre Aktie verbeißen. Sie wollen trotz des Jubels wissen, wie es um das Unternehmen bestellt ist. Das ist möglich. In den verpflichtenden Adhoc-Mitteilungen steht in aller Regel auch der Nettoüberschuss des Quartals, meist ganz unten, aber immerhin. Und bei Nokia würde man seit 2001 im Sinne des klassischen Jahresüberschuss eben einen dramatischen Gewinneinbruch feststellen, der an den Finanzmärkten jedoch lange keine Reaktionen hervorrief. Warum, kann man sich fragen, und die Antwort mutet simpel an: Weil sich alle darauf geeinigt hatten, dass der Kaiser nicht nackt ist.Ebitda - berüchtigt und beliebtNeben der nebulösen Proforma-Kennzahl gibt es noch das berüchtigte Ebitda. Das ist der Gewinn vor Zinszahlungen für Kredite, vor Steuern und vor Abschreibungen. Die Deutsche Telekom hat dieses Ebitda als Steuerungsmaßzahl gewählt. Kein Wunder, möchte man sagen, denn gerade Schulden und Abschreibungen belasten den Jahresüberschuss. Ron Sommer ist da in guter Gesellschaft. AOL Time Warner musste im ersten Quartal 2002 einen Rekordverlust von 54,2 Milliarden Dollar melden - aufgrund dramatischer Abschreibungen auf die einst als zukunftsweisend charakterisierte Fusion.Goodwill - das Versagen der ManagerFür die Deutsche Telekom erweisen sich die Investitionen in die UMTS-Zukunft als wahres Geldgrab, dazu kommt noch die Milliardenübernahme von Voicestream in den USA. In der Telekombilanz kann man in diesem Zusammenhang von milliardenschweren Goodwillabschreibungen lesen.Goodwill ist eine Art Aufpreis, den die Telekom für Voicestream bezahlt hat. Das war üblich zu Zeiten der Hausse. Man gibt Goodwill für so genannte immaterielle Werte, sprich die Kompetenz der Mitarbeiter, die Kundenstämme und so etwas. Doch meist lag der Goodwill im zweistelligen Milliardenbereich - und damit deutlich über dem materiellen Unternehmenswert. Mit der Aktienbaisse plumpste der Goodwillwert und muss deshalb abgeschrieben werden, zumindest derzeit noch nach den Bilanzregeln von HGB und IAS, die neben dem US-Standard US-GAAP Maßstäbe setzen, die eine Vergleichbarkeit der Unternehmensperformance ad absurdum führen - doch das ist eine andere Geschichte.Kein einheitlicher BilanzierungsstandardSchon der Goodwill klingt unglaublich kompliziert, man kann es deshalb so zusammenfassen: Eine umfangreiche Goodwillabschreibung sagt aus, dass der CEO für eine Übernahme zuviel Geld bezahlt hat. Aktionärsvermögen wurde vernichtet. Das hört kein Boss gerne, auch kein Investmentbanker, der den Deal einfädelte, und deshalb richtet man die Blicke lieber aufs Ebitda.Das System regiert, die Akteure reagierenDas klingt alles nach einer ganz großen Verschwörung, um Aktionäre zu schädigen. Doch so einfach ist es nicht. Große US-Pensionsfonds etwa, die Aktionärsvermögen verwalten, sind mit im Boot. Deutsche Fondsmanager ebenso wie britische. Sie sind systemisch gefangen. Denn wenn man groß aussteigt aus der Aktie, dann fallen die Kurse und damit der Shareholder Value. Und vor allem: Wo soll man stattdessen einsteigen? Auch die Konzernchefs sind gefangen. Vergleichbar mit Marionetten setzen sie die vielfach unausgesprochenen Erwartungen des anonymen Marktes um. Das führt zu einem Herdentrieb. Wer ausschert, wird abgestraft, wie der Fall Porsche zeigt, wo man sich weigert, jedes Quartal Konzernzahlen zu veröffentlichen.Ausreizen des WachstumsdiktatsIrgendwann ist das Wachstumsdiktat des Shareholder Value trotz günstigen Ebitda-Ausweisen Makulatur - dann steht der Wachstumszug, es sei denn, die Finanzabteilungen drehen größere Räder. Enron lagerte alle Schulden in so genannte Zweckgesellschaften aus, die nicht in der Bilanz auftauchten. Viele Netzwerkbetreiber steigerten ihre Umsätze durch Swaps, viele lassen die teuren Aktienoptionsprogramme für ihre Angestellten aus der Bilanz, viele kaufen Aktien zurück, manche veräußern Immobilien und leasen sie bilanzneutral zurück - alles nur, um die Wachstumsstory am Leben zu erhalten.Gewinn ist nicht gleich GewinnDie Finanzwelt ist nun allerdings an dem Punkt angekommen, wo die Möglichkeiten des Blendens ausgereizt sind. Nun fällt das Kartenhaus zusammen, die Potemkinschen Dörfer werden als das gesehen, was sie sind: marode. Und der Privatanleger muss feststellen, nun da der Nebel sich lichtet: Alles ist relativ. Auch der Profit. Der kann nämlich nicht nur erwirtschaftet, sondern auch kunstvoll erzeugt werden. Gewinn ist nicht gleich Gewinn. Es kommt auf die Konvention der Berechnung an.
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      schrieb am 14.05.02 20:11:00
      Beitrag Nr. 11 ()
      Schwere Bilanzfehler bescheren Investoren Milliardenverluste

      Experten erwarten Korrekturen in Rekordhöhe

      New York - Mit Rekordtempo wächst die Zahl der US-Unternehmen, die ihre Finanzausweise korrigieren müssen, weil sie Fehler in ihrer Bilanzierung gefunden haben. Laut einer Studie der Stern School of Business der Universität New York haben sich diese Korrekturen zwischen 1997 und 2001 fast verdreifacht auf 878 Fälle. Für die Anleger summierten sich die Kursverluste aufgrund der Bilanzfehler seit 1997 auf 200 Mrd. Dollar.

      Auch die Vorjahreszahl von 158 Fällen dürfte 2002 übertroffen werden. Seit Januar haben außer Enron auch Kroger, die größte Lebensmittelkette in den USA, das Möbelhaus Restoration und Homestore.com, die größte Online-Immobiliengesellschaft des Landes, ihre Finanzausweise korrigiert. Investoren und Aufsichtsbehörden führen die Zunahme auf den Börsenboom Ende der neunziger Jahre zurück. Damals standen die Unternehmen unter starkem Druck, Gewinne zu präsentieren, während die Bilanzierungsvorschriften lasch waren.

      Auch Andersen und die US-Börsenaufsicht SEC haben die Fehler in den Finanzausweisen unter die Lupe genommen. Sie fanden zwischen 1997 und 2000 insgesamt 720 Korrekturen. Nach dem Zusammenbruch von Enron im letzten Jahr drängen die staatlichen Behörden die Unternehmen, Bilanzunsauberheiten zu beseitigen. "Die Öffentlichkeit reagiert sehr sensibel auf die Risiken aus unsauberer oder unkorrekter Bilanzierung", berichtet Stephen Cutler, Direktor bei der SEC: "Jeden Tag taucht wieder ein Unternehmen auf, dass Fehler in seinem Zahlenwerk eingesteht oder andeutet. Das erschüttert das Vertrauen der Anleger in die Zuverlässigkeit der Finanzausweise."

      In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben laut der Studie der Stern School bereits 62 Unternehmen ihre Finanzausweise revidiert. "2002 könnte ein Rekordjahr bei den Bilanzkorrekturen werden", schätzt Jack Ehnes, Vorstandsvorsitzender des Pensionsfonds der kalifornischen Lehrer. "Korrekturen der Finanzausweise sind mit Flugzeugabstürzen zu vergleichen", erklärte Christopher Allen, Sprecher der Stern School: "Ihre Auswirkungen sind schlimm, aber in Relation zu der Gesamtzahl der Flüge passieren sie recht selten."

      Die SEC-Studie fand heraus, dass die Anleger erhebliche Kursverluste erleiden, wenn die Unternehmen Fehler in der Bilanzierung zugeben. Bei Enron, das im November gleich zweimal die Bilanzzahlen korrigierte, war der Marktwert innerhalb von drei Wochen um 97 Prozent abgesackt. Micro-Strategy büßte innerhalb von drei Tagen 11,9 Mrd. Dollar an Marktwert ein, nachdem die Gesellschaft eingestand, Software-Umsätze im Jahr 2000 unkorrekt verbucht zu haben.

      Homestore.com brachen innerhalb eines Monats 81 Prozent ein. Das Unternehmen hatte am 21. Dezember erklärt, dass Korrekturen an der Bilanz notwendig seien. Über ein Dutzend Aktionäre haben das Unternehmen und drei Top-Manager inzweischen wegen Irreführung verklagt. Die SEC forderte im letzten Monat Xerox auf, einen Fehler in der Bilanzierung zu bereinigen und verhängte eine Strafe von zehn Mio. Dollar. Der weltgrößte Hersteller von Kopiergeräten hatte drei Mrd. Dollar an Leasing-Einnahmen für Geräte für einen Vier-Jahres-Zeitraum zu früh verbucht. Bloomberg
      Avatar
      schrieb am 14.05.02 20:13:20
      Beitrag Nr. 12 ()
      Quelle: Die Welt 15.05.2002


      Firmen geizen mit Information 

      Jahresabschlüsse der Neuen-Markt-Unternehmen weisen Lücken auf Von Alexander Antonoff

      Frankfurt/Main - Die meisten Jahresabschlüsse von Unternehmen des Neuen Marktes sind mangelhaft. Dies geht aus einer aktuellen Studie hervor, die das Deutsche Aktieninstitut (DAI) jetzt veröffentlicht hat. Gerade einmal zwei von insgesamt 200 untersuchten Konzernabschlüssen aus dem Geschäftsjahr 2000 enthielten alle geforderten Angaben. Im Durchschnitt offenbarten die Unternehmen des Neuen Marktes nur 83,7 Prozent der geforderten Angaben, ein Unternehmen veröffentlichte sogar nur 41,6 Prozent der geforderten Angaben. Untersucht wurden je 100 Unternehmen des Neuen Marktes, die nach den Offenlegungsvorschriften IAS (International Accounting Standards) oder nach US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) bilanzieren.

      Aber auch auf den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer wirft die Studie wenig ruhmreiches Licht. In keinem einzigen Fall wiesen diese nämlich in ihrem Testat auf die fehlenden Angaben im Abschluss hin. "Zumindest bei den eklatanteren Fällen hätten die Wirtschaftsprüfer das Testat verweigern oder einschränken müssen", sagt Professor Martin Glaum von der Universität Gießen, der zusammen mit Professor Donna Street von der Madison University Harrisonburg die Studie verfasst hat. Seiner Meinung nach lautet deshalb die entscheidende Frage: Wer kontrolliert in Zukunft, dass auch die Regeln eingehalten werden?

      "Bislang ist das in Deutschland faktisch einzig und allein der Wirtschaftsprüfer", sagt Glaum. Seiner Meinung nach spräche einiges deshalb für den Aufbau einer staatlichen Einrichtung nach dem Vorbild der US-Aufsichtsbehörde SEC. Denn sowohl die Zunft der Wirtschaftsprüfer als auch die Deutsche Börse agierten in einem Spannungsverhältnis zwischen ihren hoheitlichen Aufgaben und ihren Interessen als Wirtschaftsunternehmen.

      "Im Zweifel wird der Wirtschaftsprüfer versuchen, sein Mandat zu erhalten, weil das seine Einkommensquelle ist", sagt Glaum. Im Interesse der Börse liege es, dass möglichst viele Unternehmen an der Börse notiert sind, sagt Glaum. Schließlich stehe die Börse in einem intensiven internationalen Wettbewerb. Diese hat nach eigenen Angaben bereits im vergangenen Jahr auf die mangelhafte Berichtsqualität reagiert und Quartalsberichte nach IAS oder US-GAAP verbindlich vorgeschrieben. Mit positivem Ergebnis, wie eine Börsensprecherin versichert.

      Doch bereits für das Jahr der Untersuchung gilt: Unternehmen mit einer Zweitnotierung in den USA fielen bei der Ausübung ihrer Offenlegungspflichten besonders positiv auf. "Unternehmen, die bei der SEC gelistet sind, haben einen starken Schulungsprozess durchlaufen", erklärt Bernd Rödl. Der Chef der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner bemängelt allerdings an der Diskussion über die Güte der Wirtschaftsprüfer, dass die nur formellen Aspekte und das "Abhacken" der vorgeschriebenen Daten im Vordergrund stehe. Schließlich beginne die eigentliche Wirtschaftsprüfung erst dann, wenn es um die Inhalte und deren Plausibilität gehe.
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      schrieb am 15.05.02 19:48:06
      Beitrag Nr. 13 ()
      Risiken bei 65 Unternehmen des Neuen Marktes

      Das Anleger-Magazin "Die Telebörse" hat in einer Studie herausgefunden, dass bei 65 Neuer-Markt-Unternehmen Hinweise Risiken in den Bilanz-Testaten bestehen. So hat zum Beispiel Bipop-Carire bislang kein Testat der Wirtschaftsprüfer erhalten.





      DÜSSELDORF. Nach einer Studie des Anlegermagazin "Die Telebörse" (Donnerstagausgabe) enthalten 65 von insgesamt 301 Jahresabschluss-Testaten der am Neuen Markt in Frankfurt notierten Unternehmen versteckte oder deutliche Hinweise der Wirtschaftsprüfer auf Risiken.

      Bei den Recherchen stellte "Die Telebörse" unter anderem fest, dass der Jahresabschluss, den die Bipop-Carire S.p.A. Brescia, der Deutschen Börse übergeben hat, nicht das gesetzlich vorgeschriebene Testat enthält. Die Deutsche Börse habe daraufhin Ermittlungen aufgenommen. Außerdem müsse bei der Group Technologies AG, Karlsruhe, nach Unternehmensangaben die Abgabe des Jahresabschlusses weiter verschoben werden, weil einer der Aufsichtsräte inhaftiert worden sei.

      52 und damit die meisten Prüfungen bei den Neuen-Markt-Unternehmen seien von der Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Arthur Andersen vorgenommen worden, schreibt "Die Telebörse". Ein Drittel ihrer Testate habe Andersen mit aufschlussreichen Kommentaren versehen. KPMG habe 30 Unternehmensbilanzen geprüft und es nur einmal für nötig gehalten, auf eventuelle Risiken hinzuweisen.

      Die Unternehmen mussten bei der Deutschen Börse AG spätestens bis Ende April die testierten Jahresabschlüsse (bei Bilanz-Stichtag 31.12.2001) einreichen. Die Auswertung der Abschlüsse und Testate nahm "Die Telebörse" gemeinsam mit Experten vor.
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      schrieb am 15.05.02 20:11:45
      Beitrag Nr. 14 ()
      Tatort Bilanz

      Gefälschte Firmenzahlen interessieren zunehmend die Justiz




      Die Erfinder-Firma des bekannten Computerspiels "Moorhuhnjagd" scheint am Ende - die Phenomedia AG musste am Dienstagabend einen Insolvenzantrag stellen. Der Schritt hängt offensichtlich zusammen mit der Fälschung von Unternehmenszahlen. Zwei ehemalige Vorstände hatten nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bochum zugegeben, nicht existierende Forderungen in die Bilanz eingebucht zu haben. Wegen "unrichtiger Darstellung der

      Unternehmensverhältnisse", wie solche Delikte im Juristendeutsch heißen, wurde am Neuen Markt zuletzt immer wieder ermittelt - beispielsweise gegen ehemalige Verantwortliche der Firmen EM.TV, Comroad und Advanced Medien.

      Solche Untersuchungen seien in Deutschland "bislang die Ausnahme gewesen", sagt Manuel Theisen, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. "Jetzt habe ich den Eindruck, dass es sich häuft." Er begründet den Anstieg mit dem zunehmenden Druck auf Börsenwerte, auch in Krisenzeiten gute Resultate zu präsentieren. Auch falle es in den kleinen Unternehmen der New Economy leichter, Bilanzen zu fälschen, weil die Zahl möglicher Mitwisser gering sei. "In größeren Firmen fliegt das vermutlich schneller auf, weil mehr Leute beteiligt werden müssten."

      Tatsächlich haben sich die wenigen Fälle von Bilanzbetrug, die außerhalb des Neuen Marktes bekannt wurden und bereits vor Gericht waren, meist nicht in Großkonzernen zugetragen. Bekannte Namen sind hierbei der Sportbodenhersteller Balsam, das Immobilienunternehmen des Jürgen Schneider und der Bohrgeräte-Spezialist Flowtex. Diese Beispiele stimmen noch in weiteren Punkten überein: Die manipulierten Zahlen waren jeweils für das kriminelle Gesamtsystem wichtig, weil sie Geschäftspartnern einen zu positiven Eindruck von dem Unternehmen vorgaukelten. Bei den Verurteilungen hingegen spielten die Fälschungen nur eine untergeordnete Rolle, weil noch eine ganze Reihe massiverer Betrügereien vorlag. Auch stellen Staatsanwälte ungern die Bilanzdelikte in den Vordergrund, weil die Höchststrafe bei lediglich drei Jahren liegt. Bei Betrug sind die Sanktionen wesentlich härter. So wurde im Flowtex-Prozess der Hauptverantwortliche Manfred Schmider - noch nicht rechtskräftig - zu zwölf Jahren Freiheitsentzug verurteilt.

      Doch nicht immer ist die Angelegenheit so klar wie bei Flowtex, wo wesentlich mehr Bohrgeräte im Firmenbesitz ausgewiesen wurden als tatsächlich vorhanden waren. Manchmal ist der Nachweis eines Vergehens wesentlich komplizierter. Karlheinz Küting, Direktor des Instituts für Wirtschaftsprüfung an der Universität des Saarlandes, nennt ein Beispiel: "Wenn ganz eindeutig ist, dass eine Forderung nicht eingebracht werden kann, muss sie abgeschrieben werden. Aber wenn sie trotzdem in der Bilanz stehen bleibt, ist im Nachhinein oft schwer zu sagen, ob nicht doch noch eine gewisse Hoffnung bestanden hat." Er fordert deshalb neue Gesetze "zur Abschreckung" für all jene Firmenverantwortlichen, die sich in einer "Grauzone zwischen sauberer Bilanzierung und Bilanzfälschung" bewegten. Die Sanktionen könnten aus Sicht des Professors von der Aussetzung des Handels mit der betreffenden Aktie bis hin zu hohen Geldstrafen und Freiheitsentzug reichen. Als Vorbild nennt Küting die USA, die im Zuge des Enron-Skandals die Regeln für Bilanzvergehen wesentlich verschärfen wollen.
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      schrieb am 16.05.02 08:35:40
      Beitrag Nr. 15 ()
      Hier nun etwas von einem DAX-Wert zum Thema;





      Verdankt MLP seine hohen Gewinne geschickter Bilanzierung?   [ 16.05.02, 07:30 ]
      Von  Redaktion Börse Online






      Der Finanzdienstleister und DAX-Wert  MLP hat nach einem Bericht von BÖRSE ONLINE mit geschickter Bilanzierung jahrelang hohe Gewinne erwirtschaftet und zugleich hohe Schulden außerhalb seiner Bilanz aufgebaut.





       
       





      MLP: Zweifel an der Bilanzierung des DAX-Wertes


       

      Nach Recherchen und Analysen von "BÖRSE ONLINE" hat der Heidelberger Finanzdienstleister einen Teil seiner neu abgeschlossenen Lebensversicherungen an Rückversicherer weitergegeben. Mit derartigen Transaktionen lassen sich junge, schnell wachsende Lebensver- sicherungen die hohen Abschlussprovisionen an ihre Vermittler finanzieren.

      Das Ausmaß, mit dem MLP dieses Modell nutzt, ist ungewöhnlich hoch. Im Jahresabschluss 2001 stammen von dem Konzernergebnis vor Steuern in Höhe von 150,7 Millionen Euro rund 58,8 Millionen Euro aus den Rückversicherungstransaktionen.

      Diese Höhe erstaunt um so mehr, da der Refinanzierungsbedarf der Abschlusskosten bei MLP laut BÖRSE ONLINE gering sein dürfte. Denn innerhalb des Konzerns tauchen die Aufwendungen für Abschlussprovisionen der MLP-Lebensversicherungs-Tochter als Erträge bei der MLP-Finanzdienstleistungs-Tochter, die die Neuabschlüsse vermittelt, wieder auf. Von dort fließen sie zum Teil wieder zurück in den Konzerngewinn.

      Der wesentliche Grund für die Rückversicherung dürfte daher der mit dem Rück- versicherungsgeschäft auszuweisende Gewinn sein. Mit der Höhe dieser Rück- versicherungserlöse steuert das Unternehmen nach Ansicht von BÖRSE ONLINE sein Umsatz- und Gewinnwachstum von jährlich 30 Prozent und kann damit die selbst gesteckten Ertragsziele und die Erwartungen des Kapitalmarkts erfüllen.

      Durch diese "Darlehensvergewinnung"" müssten sich nach Berechnungen von BÖRSE ONLINE bis dato gleichzeitig nicht ausgewiesene Verpflichtungen gegenüber den Rückversicherern von mehr als 150 Millionen Euro aufgetürmt haben - bei einem Eigenkapital von 265 Millionen Euro.

      Da die Rückversicherer ihr geliehenes Geld - höchstwahrscheinlich mit Zinsen - wieder zurückhaben wollen, dürfte MLP langfristig mehr an die Rückversicherer zurückzahlen, als die Gesellschaft von ihnen bekommen hat.
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      schrieb am 17.05.02 13:06:20
      Beitrag Nr. 16 ()
      Etwas aus den USA zum Thema;




      FBI-UNTERSUCHUNG

      Supermarkt-Pleitiers unter Kriminalverdacht

      Das Konkursverfahren läuft, der Verlust geht in die Milliarden, nun hat Kmart auch noch das FBI am Hals. Die Bundespolizisten halten für möglich, dass der Discounter bei der Bilanzierung kriminell getrickst hat.











      REUTERS





      Kmart in Florida: Die Zeiten, in denen man Wal-Mart das Wasser reichen konnte, sind lange vergessen


      Troy - Die Meldung ist ein weiterer Schlag für die Sanierer des Unternehmens, das einst als Vorbild für den Handelsriesen Wal-Mart und später als dessen schärfster Rivale galt. Die Kmart-Aktie, die vor dem Insolvenzantrag im Januar immerhin noch runde fünf Dollar wert war, stürzte am Donnerstag noch einmal um über fünf Prozent auf 1,11 Dollar.

      Zuvor hatten das FBI und der Staatsanwalt von Ost-Michigan, Jeffrey Collins, der Presse bestätigt, dass sie den Discounter, der noch immer über 2000 Filialen betreibt, untersuchen. Es werde geprüft, ob sich Kmart durch seine Bilanzierungspraktiken strafbar gemacht habe, so Collins. Weitere Details wollten er und FBI-Vertreter nicht nennen. Kmart gab keinen Kommentar ab. Es ist möglich, dass die Untersuchungen zu strafrechtlichen Ermittlungen führen können.

      Beobachter halten aber für nicht unwahrscheinlich, dass es bei den Untersuchungen um fragwürdige Millionen-Darlehen an das frühere Kmart-Management geht. So sollen vor der Insolvenz aus der Unternehmenskasse 30 Millionen Dollar Kredite an den früheren Kmart-Chef Charles Conaway und anderen Top-Managern gezahlt worden sein - offenbar, um sie von der Kündigung abzubringen. Auch das derzeitige Kmart-Management untersucht diese Vorgänge.

      Wie übel es um Kmart bestellt ist, zeigt auch die am Donnerstag vorgelegte Bilanz: Hatte Konkurrent Wal-Mart jüngst einen Gewinn von 1,6 Milliarden Dollar ausgewiesen, machte Kmart im Jahr 2001 einen Nachsteuerverlust von 2,42 Milliarden Dollar. Im Vorjahr hatte der Verlust noch 244 Millionen Dollar betragen. Der Umsatz schrumpfte um 2,4 Prozent auf 36,2 Milliarden Dollar. Firmenchef James B. Adamson verwies darauf, dass Verkaufs- und Marketingoffensiven verpufften und das Vertrauen der Lieferanten zerrüttet sei. Kmart hat nach dem Konkursantrag bereits angekündigt, über 280 Filialen schließen und 22.000 Mitarbeiter entlassen zu wollen.
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      schrieb am 21.05.02 09:08:43
      Beitrag Nr. 17 ()
      MLP legt am Dienstag Zahlen vor
      Aktionärsschützer zweifeln MLP-Jahresabschluss an
      Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre zweifelt trotz aller Beteuerungen des Managements den Jahresabschluss des Finanzdienstleisters MLP an. Die bisherigen Stellungnahmen der MLP AG zu den Vorwürfen der fragwürdigen Bilanzierung seien "völlig ungenügend", erklärte die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) am Montag in München. Die Schutzgemeinschaft forderte eine Sonderprüfung durch eine renommierte internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.














      dpa HEIDELBERG/MÜNCHEN. MLP-Vorstandschef Bernhard Termühlen bekräftigte trotz der Diskussion um die Bilanzen und der darauf folgenden Kurseinbrüche seine Prognosen. "Wir haben keinen Grund, unsere Wachstumsprognose zu ändern. MLP verfügt über ein Geschäftsmodell, das dem Unternehmen über Jahre hohe Erträge sichert", sagte Termühlen dem Anlegermagazin "Euro am Sonntag". Er hatte zuvor mehrmals angekündigt, dass MLP bis zum Jahr 2010 jährlich mit 30 Prozent wachsen will. An diesem Dienstag legt MLP die jüngsten Quartalszahlen vor. Die Spekulationen über Bilanzierungstricks hatte das Unternehmen als "haltlos" zurückgewiesen.

      Im Mittelpunkt der Diskussion stehen die von MLP vorgenommenen Rückversicherungsgeschäfte. MLP habe über Jahre hinweg aus diesen Transaktionen höhere Einnahmen als Ausgaben verbucht, erklärte die SdK. Ob dieser dabei entstehende Saldo als Schulden bezeichnet werden müsse, sei dabei unerheblich. Nach Ansicht der SdK müsse die Differenz jedenfalls über die Jahre ausgeglichen werden, da Rückversicherungsgesellschaften kein Geld zu verschenken hätten.

      Fragliche Bilanzierungsmethoden

      Die SdK räumte zwar ein, dass diese Praxis bei jungen Lebensversicherungen üblich sein könne. "Bedenklich ist jedoch, dass MLP diese Finanzierungsform so exzessiv nutzt, dass Gewinne entstehen, die ausgewiesen, versteuert und als Dividende ausgeschüttet werden." Auch andere Bilanzierungsmethoden von MLP seien aus Sicht der SdK fraglich.

      Termühlen gab zu, dass es nach den Kurs-Turbulenzen der vergangenen Tage zunächst zu einem Rückgang des Geschäfts kommen könnte: "Es mag natürlich sein, dass wir kurzfristig nun ein- bis zweitausend Verträge weniger abschließen, das müssen wir dann durch Mehrarbeit wieder ausgleichen".

      Die MLP-Aktie war nach einem Bericht über angebliche Bilanz- Tricksereien kräftig unter Druck geraten. Allein am Freitag war Kurs des Dax-Werts um rund 19 Prozent auf 40,75 Euro abgesackt. Am Pfingstmontag legte die Aktie nach Bestätigung der Prognosen bis zum Nachmittag um 11,66 Prozent auf 45,50 Euro zu.
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      schrieb am 24.05.02 21:49:56
      Beitrag Nr. 18 ()
      Wie es euch gefällt



      Immer mehr US-Konzerne gestehen systematische Manipulationen der Bilanzen

      Von Luzian Caspar

      Die Neunziger gelten als die goldenen Jahre der US-Wirtschaft. Unternehmen verzeichneten sagenhafte Steigerungsraten bei Umsätzen und Gewinnen, was die Börse mit Kursfeuerwerken feierte. Aber jetzt zeigt sich immer deutlicher, dass bei dieser Entwicklung nicht alles mit rechten Dingen zuging. Die Bilanzen vieler Konzerne waren gefälscht, immer mehr Firmen müssen ihre Bücher korrigieren, oft um mehrere Jahre zurück. Reihenweise nehmen Finanzchefs den Hut. In einzelnen Branchen, so scheint es, bestand fast das ganze Geschäft aus heißer Luft.

      Praktisch jeden Tag dringen neue Horrorstorys an die Öffentlichkeit. "Umfang und Timing von Dynegy-Geschäften ziehen die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich", meldet das Wall Street Journal. "Gegen Einzelhändler Kmart ermittelt jetzt der Staatsanwalt", heißt es kurz darauf im gleichen Blatt. Oder: "Enthüllungen über zweifelhafte Geschäfte erschüttern Vertrauen in die Energiemärkte", "Ermittlungen bei Computer Associates weiten sich aus".

      Zuletzt meldete Network Associates, eine Firma, die Software gegen Internet-Viren anbietet, dass sie die Ertragsausweise für die Jahre 1998 bis 2000 korrigieren müsse. Und der zusammengebrochene Handelskonzern Kmart verbuchte Zulieferer-Kredite, bevor er sie in Anspruch nehmen konnte und obwohl sie von Umsatzzielen abhingen, die er nicht erreichte.

      "Theoretisch stimmt es, dass man Einnahmen erst dann verbuchen sollte, wenn man sie hat, aber im wirklichen Leben ist halt vieles anders", meint ein Steuer- und Buchhaltungsexperte der Brokerfirma Lehman Brothers. Die Untersuchung gegen Computer Associates (CA) scheine sich "auf die bei uns übliche Methode der Einnahmen-Betrachtung zu beziehen", erklärt die Software-Firma. In die Untersuchung durch die Börsenaufsichtsbehörde SEC hat sich inzwischen auch die Justiz eingeschaltet. Wenn die Einnahmen manipuliert worden sein sollten, dann hätte das Management davon kräftig profitiert, denn 1998 erhielten CA-Chef Charles Wang und seine Kollegen rund eine Milliarde Dollar Bonuszahlungen, die an die Aktienkurse geknüpft waren.

      Am dreistesten scheinen es die Energieverteiler getrieben zu haben. Die SEC ermittelt nicht nur gegen Dynegy, der noch im vergangenen Herbst seinen gestrauchelten Rivalen Enron übernehmen wollte, sondern auch gegen Reliant Resources und CMS Energy. Alle drei sind führende Spieler auf dem Strommarkt, der im vergangenen Jahr wegen der Energiekrise in Kalifornien für Schlagzeilen sorgte. Das Trio scheint untereinander komplexe "Parallelgeschäfte" abgeschlossen zu haben, die sich gegenseitig aufhoben, aber möglicherweise dazu dienten, den Strompreis zu manipulieren. Obwohl die Deals keinen Umsatz brachten, wurden sie als Einnahmen verbucht. CMS Energy, eine der größten privaten Elektrizitätsgesellschaften der USA, gab zu, dass Erlöse in Höhe von 4,4 Milliarden Dollar - praktisch der ganze Umsatz der Jahre 2000 und 2001 - aus so genannten Round-tripping-Transaktionen stammten. Die kalifornischen Behörden gehen jetzt der Frage nach, ob diese Geschäfte etwas mit der Tatsache zu tun hatten, dass die Strompreise in dem Bundesstaat teilweise um 900 Prozent stiegen.

      Die jüngsten Skandale reihen sich nahtlos in die Reihe der bekannten Affären ein. Neben Enron haben seit Herbst bereits Global Crossing, Worldcom, QWest, Lucent, Xerox und viele andere Konzerne für Schlagzeilen gesorgt. Denn in den Boomjahren wurde es allgemein üblich, die Umsätze und Gewinne aufzublähen. Die Finanzchefs, kurz CFO, standen und stehen unter Druck der Börsenakteure, die nach immer höheren Zahlen gieren.

      Eine ähnliche Kreativität wie die Energiehändler legen dabei die Telekom-Konzerne an den Tag. Roy Olofson, ein ehemaliger Beschäftigter von Global Crossing, war der erste, der die Öffentlichkeit auf die so genannten Swaps aufmerksam machte. Das sind Geschäfte, bei denen sich Glasfaser-Netzbetreiber gegenseitig Kabel-Kapazitäten abtreten. Obwohl daraus keine echten Umsätze resultierten, wurden sie als Einnahmen verbucht. Die Praxis scheint in der Branche gang und gäbe zu sein. John Legere, Chef von Global Crossing, warnte davor, dass auch andere Unternehmen wie Qwest ins Fadenkreuz der Ermittler gerieten, wenn die SEC gegen sein Unternehmen vorgehe.

      Die Liste der Buchhaltungstricks ist fast endlos. Selbst der aus Gewinn, Abschreibungen und bestimmten Rückstellungen gebildete Cashflow, einst als entscheidende Kennziffer betrachtet, ist in Misskredit geraten. "Wenn Sie glauben, dass die Cashflow-Zahlen verlässlich sind, dann täuschen Sie sich gewaltig", konstatiert ein Wallstreet-Experte. Denn mittlerweile gibt es drei Varianten, aus denen die Finanzchefs wählen können.

      Zudem setzen US-Firmen heute gerne auf das "Securitizing", die Verbriefung und den Verkauf von Kundenguthaben, um den Cashflow in die Höhe zu treiben. Diese Praxis sei heute so weit verbreitet, dass "praktisch jedermann es tut", meint ein Buchhaltungs-Experte. Eine andere beliebte Methode, die Kennziffer aufzuplustern, besteht darin, Zahlungen an Zulieferer hinauszuzögern. Das größte Gewicht nehmen inzwischen aber die gesetzlich erlaubten Steuergutschriften auf Aktien-Optionen für Beschäftigte ein. Beim Netzwerkhersteller Cisco zum Beispiel entfielen im Jahr 2000 von sechs Milliarden Dollar Cashflow rund 2,5 Milliarden auf solche Steuergutschriften.

      Angesichts der sich häufenden Skandale dürfte die SEC hoffnungslos überfordert sein. Bereits vor einigen Wochen klagte Behördenchef Harvey Pitt über einen akuten Mangel an Personal. Das muss sich nun beinahe täglich mit neuen Fällen herumschlagen, wobei die Ermittlungen häufig sehr arbeitsintensiv sind. Bei L90 beispielsweise. einer kleinen "Dot-com"-Firma, forderte die SEC so viele Dokumente an, dass eine Kopier-Rechnung von 400 000 Dollar auflief.

      Zu allem Übel gerät nun die Behörde selbst ins Zwielicht. Pitt muss sich den Vorwurf gefallen lassen, viel zu lasch vorzugehen und Reformen eher zu behindern als zu fördern. In der Presse hat er den Spottnamen "der widerwillige Aufseher"erhalten, und einige Kongressabgeordnete fordern bereits seinen Rücktritt.
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      schrieb am 25.05.02 21:39:28
      Beitrag Nr. 19 ()
      Geld & Mehr Ganz schön viel Schönfärberei/Angst vor Bilanztricks belastet die Börsen/Von Catherine Hoffmann

      Aktionäre haben derzeit wenig zu lachen. Erst platzen die Hoffnungen der Internetwirtschaft, dann brechen die Unternehmensgewinne ein. Jetzt schlagen Skandale über gefälschte Bilanzen hohe Wellen. "Enronitis" ist in aller Munde - auch in Deutschland. Nach handfesten Betrügereien am Neuen Markt bestürzen Gerüchte über eine zweifelhafte Rechnungslegung beim Finanzdienstleister MLP die Anleger. Der Dax-Wert sackte in zwei Tagen 32 Prozent ab. "Gilt ein Gewinnausweis als intransparent, verkaufen Anlegern lieber die Aktie", sagt Johannes Reich, Chef des Aktienresearch beim Bankhaus Metzler.


      Verunsicherte Investoren fragen sich: Ist es möglich, klar und einfach zu definieren, was Gewinne wirklich sind? "Nein", antwortet Reich kategorisch. "Es gibt keinen Weg, Gewinne so eindeutig zu bestimmen, daß kein Interpretationsspielraum entsteht." Und der ist derzeit gewaltig: Neben den bekannten Arten der Rechnungslegung - deutsches Handelsgesetzbuch, amerikanischer US-Gaap- und europäischer IAS-Standard - gibt es noch das Ergebnis je Aktie nach DVFA, mit dem viele Analysten arbeiten. Alle gewähren dem Buchhalter beachtliche Wahlrechte und damit schier unerschöpfliche Gestaltungsmöglichkeiten.


      Hinzu kommt eine Vielzahl unterschiedlicher Gewinnkategorien wie Ebt, Ebit und Ebitda - Kürzel, die dem Laien nichts sagen und dem Profi nicht viel (siehe Kasten). Früher haben die Unternehmen den Nettogewinn nach Steuern ausgewiesen, das was für den Anleger zählt. "Plötzlich hat man die Steuern abgezogen, dann die Zinsen herausgerechnet und schließlich die Abschreibungen ausgeblendet", sagt Götz Albert, Leiter der Aktienanalyse bei Independent Research. "So entstanden Gewinnziffern, mit denen man die Wahrheit so darstellen kann, wie man möchte."


      Unternehmen wie der Neue-Markt-Wert und Pleitier Brokat haben sogar noch das "Ebitdaso" erfunden: den Gewinn vor allen Kosten und Aufwendungen, spotten Analysten. Die während des Börsenbooms in Mode gekommenen Pro-forma-Ergebnisse sind davon nicht weit entfernt: Bereinigt um aufgegebene Geschäftsbereiche, Abfindungen für gefeuerte Führungskräfte und einmalige Abschreibungen, guckt ein Unternehmen dann gerade so über die Nullinie. Faktisch hat es aber Hunderte von Millionen Verlust gemacht. "Wenn ein Unternehmen nur Pro-forma-Gewinne ausweist, ist das ein Grund, die Finger von der Aktie zu lassen", empfiehlt Albert.


      Künftig sollen neue Zahlen Klarheit schaffen - zumindest in Amerika. Standard & Poor`s, das dem bedeutendsten Aktienindex an Wall Street den Namen verliehen hat, führte vergangene Woche "Kern-Gewinne" für die Titel des S&P-500 ein. Damit sollen die Ergebnisse wieder transparent und vergleichbar werden. Größte Neuerung: Aktienoptionen für Vorstände, die nach US-Gaap keine Rolle spielen, gelten jetzt als Kosten, während beispielsweise Gewinne aus Pensionsplänen - kein Kerngeschäft - nicht mehr berücksichtigt werden. Ergebnis: Die Erträge schmelzen.


      "Wir halten den Vorstoß von S&P für eine glänzende Idee", sagt Sanjay Oberoi, Fondsmanager bei Union Investment. "Wenn die Amerikaner ihre Bilanzen durchsichtiger machen, wird das Druck auf deutsche Unternehmen ausüben." Es ist aber die Frage, ob sie sich dem Druck beugen. Bislang legen die Deutschen meist noch nicht einmal die Gehälter der Manager offen, die millionenschweren Optionspläne tauchen in den Bilanzen ohnehin nicht auf. "Der Schritt der Amerikaner ist gut", findet auch Rolf Elgeti, Stratege bei Commerzbank Securities. Allerdings packe das neue Modell das Problem nicht bei den Wurzeln: "Der beste Weg, Anleger zu schützen, ist die Wahlmöglichkeiten auszuschließen", sagt Elgeti. Vor allem müsse geregelt werden, wie Patente, Software, Marken und anderes Vermögen bewertet und abgeschrieben wird - heute eine Grauzone.


      Metzler-Stratege Reich ist skeptisch: "Die Vorstellung, vollständige Transparenz zu erreichen, ist utopisch", urteilt der Profi. "Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters." Und der wechselt. Aktionäre, Management, Kunden, Staat und Kreditgeber haben ganz unterschiedliche Vorstellungen von der idealen Buchführung. Schon allein deshalb werde es ein perfektes Zahlenwerk nie geben. Solange wasserdichte Bilanzierungsregeln auf sich warten lassen, bleibt Aktionären nichts anderes übrig, als in die Tiefen der Bilanz einzutauchen, rät Elgeti. Und sie sollten sich vor bösen Überraschungen wappnen.


      Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 21:39:55
      Beitrag Nr. 20 ()
      Geld & Mehr Ganz schön viel Schönfärberei/Angst vor Bilanztricks belastet die Börsen/Von Catherine Hoffmann

      Aktionäre haben derzeit wenig zu lachen. Erst platzen die Hoffnungen der Internetwirtschaft, dann brechen die Unternehmensgewinne ein. Jetzt schlagen Skandale über gefälschte Bilanzen hohe Wellen. "Enronitis" ist in aller Munde - auch in Deutschland. Nach handfesten Betrügereien am Neuen Markt bestürzen Gerüchte über eine zweifelhafte Rechnungslegung beim Finanzdienstleister MLP die Anleger. Der Dax-Wert sackte in zwei Tagen 32 Prozent ab. "Gilt ein Gewinnausweis als intransparent, verkaufen Anlegern lieber die Aktie", sagt Johannes Reich, Chef des Aktienresearch beim Bankhaus Metzler.


      Verunsicherte Investoren fragen sich: Ist es möglich, klar und einfach zu definieren, was Gewinne wirklich sind? "Nein", antwortet Reich kategorisch. "Es gibt keinen Weg, Gewinne so eindeutig zu bestimmen, daß kein Interpretationsspielraum entsteht." Und der ist derzeit gewaltig: Neben den bekannten Arten der Rechnungslegung - deutsches Handelsgesetzbuch, amerikanischer US-Gaap- und europäischer IAS-Standard - gibt es noch das Ergebnis je Aktie nach DVFA, mit dem viele Analysten arbeiten. Alle gewähren dem Buchhalter beachtliche Wahlrechte und damit schier unerschöpfliche Gestaltungsmöglichkeiten.


      Hinzu kommt eine Vielzahl unterschiedlicher Gewinnkategorien wie Ebt, Ebit und Ebitda - Kürzel, die dem Laien nichts sagen und dem Profi nicht viel (siehe Kasten). Früher haben die Unternehmen den Nettogewinn nach Steuern ausgewiesen, das was für den Anleger zählt. "Plötzlich hat man die Steuern abgezogen, dann die Zinsen herausgerechnet und schließlich die Abschreibungen ausgeblendet", sagt Götz Albert, Leiter der Aktienanalyse bei Independent Research. "So entstanden Gewinnziffern, mit denen man die Wahrheit so darstellen kann, wie man möchte."


      Unternehmen wie der Neue-Markt-Wert und Pleitier Brokat haben sogar noch das "Ebitdaso" erfunden: den Gewinn vor allen Kosten und Aufwendungen, spotten Analysten. Die während des Börsenbooms in Mode gekommenen Pro-forma-Ergebnisse sind davon nicht weit entfernt: Bereinigt um aufgegebene Geschäftsbereiche, Abfindungen für gefeuerte Führungskräfte und einmalige Abschreibungen, guckt ein Unternehmen dann gerade so über die Nullinie. Faktisch hat es aber Hunderte von Millionen Verlust gemacht. "Wenn ein Unternehmen nur Pro-forma-Gewinne ausweist, ist das ein Grund, die Finger von der Aktie zu lassen", empfiehlt Albert.


      Künftig sollen neue Zahlen Klarheit schaffen - zumindest in Amerika. Standard & Poor`s, das dem bedeutendsten Aktienindex an Wall Street den Namen verliehen hat, führte vergangene Woche "Kern-Gewinne" für die Titel des S&P-500 ein. Damit sollen die Ergebnisse wieder transparent und vergleichbar werden. Größte Neuerung: Aktienoptionen für Vorstände, die nach US-Gaap keine Rolle spielen, gelten jetzt als Kosten, während beispielsweise Gewinne aus Pensionsplänen - kein Kerngeschäft - nicht mehr berücksichtigt werden. Ergebnis: Die Erträge schmelzen.


      "Wir halten den Vorstoß von S&P für eine glänzende Idee", sagt Sanjay Oberoi, Fondsmanager bei Union Investment. "Wenn die Amerikaner ihre Bilanzen durchsichtiger machen, wird das Druck auf deutsche Unternehmen ausüben." Es ist aber die Frage, ob sie sich dem Druck beugen. Bislang legen die Deutschen meist noch nicht einmal die Gehälter der Manager offen, die millionenschweren Optionspläne tauchen in den Bilanzen ohnehin nicht auf. "Der Schritt der Amerikaner ist gut", findet auch Rolf Elgeti, Stratege bei Commerzbank Securities. Allerdings packe das neue Modell das Problem nicht bei den Wurzeln: "Der beste Weg, Anleger zu schützen, ist die Wahlmöglichkeiten auszuschließen", sagt Elgeti. Vor allem müsse geregelt werden, wie Patente, Software, Marken und anderes Vermögen bewertet und abgeschrieben wird - heute eine Grauzone.


      Metzler-Stratege Reich ist skeptisch: "Die Vorstellung, vollständige Transparenz zu erreichen, ist utopisch", urteilt der Profi. "Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters." Und der wechselt. Aktionäre, Management, Kunden, Staat und Kreditgeber haben ganz unterschiedliche Vorstellungen von der idealen Buchführung. Schon allein deshalb werde es ein perfektes Zahlenwerk nie geben. Solange wasserdichte Bilanzierungsregeln auf sich warten lassen, bleibt Aktionären nichts anderes übrig, als in die Tiefen der Bilanz einzutauchen, rät Elgeti. Und sie sollten sich vor bösen Überraschungen wappnen.


      Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 08:36:16
      Beitrag Nr. 21 ()
      Verschuldung wächst schneller als der Cash-flow
      Konzerne zahlen Lehrgeld
      Von SIEGFRIED HOFMANN, Handelsblatt
      Nach dem Überschwang der 90er Jahre müssen viele Industrieunternehmen den Gürtel enger schnallen. Die Reparatur der Bilanzen zwingt zur Bescheidenheit bei Investitionen und Zukäufen.









      FRANKFURT/M. Das weiterhin trübe Klima an den Finanzmärkten lastet zusehends auf der Nachfrage nach Investitionsgütern. Stützten die Industrieunternehmen ihre Expansion während des Booms noch stark auf Kredite, stehen sie inzwischen zusehends unter Druck, ihre Schuldenlast wieder abzubauen. Die entsprechende Kurskorrektur hat in vielen Firmenzentralen jedoch gerade erst eingesetzt, der gezielte Schuldenabbau dürfte dabei mehrere Jahre erfordern. Darauf deutet eine Analyse der Bilanzen von rund 150 Großunternehmen, die das Handelsblatt unter die Lupe genommen hat.




      In tabellarischer Übersicht stellt Handelsblatt.com die größten Cash-Besitzer, Cash-Erzeuger und Cash-Verbraucher vor. Weitere Tabellen zeigen die größten Käufer eigener Aktien und stellen die größten Schuldner vor. Investitionsausgaben im Überblick bietet eine weitere tabellarische Zusammenfassung. (Links siehe unten)


      Insgesamt ist bei diesen Unternehmen die Verschuldung auch in den vergangenen beiden Jahren deutlich stärker gewachsen als die interne Finanzkraft. Während die Netto-Finanzverbindlichkeiten um mehr als 40 % auf über 1 600 Mrd. $ zunahmen, stieg der Geldzufluss aus dem operativen Geschäft seit 1999 lediglich um rund ein Zehntel.

      Der freie Cash-flow nach Sachinvestitionen, der als Beleg für die Finanzkraft der Unternehmen dient, stieg zwar im Schnitt um rund 12 Prozent; doch verzehrten hohe Dividendenzahlungen und Aktienrückkaufprogramme die gewachsene Liquiditätskraft. Ein weiteres Zeichen für zu hohe Erwartungen: Viele Unternehmen leisteten sich eine ehrgeizige Expansion durch Zukäufe, die sich jedoch nicht im Cash-flow niedergeschlagen hat. Zudem sind viele Konzerne noch mit relativ üppigen Investitionsplänen in das Rezessionsjahr 2001 gestartet.

      Zwar erscheinen nur sehr wenige der vom Handelsblatt analysierten Unternehmen akut von Zahlungsschwierigkeiten bedroht. Angesichts der Zurückhaltung und Nervosität an den Finanzmärkten müssen viele Firmen inzwischen aber größere Teile ihrer Cash-flows der Schuldentilgung widmen.

      Darum bremsen sie ihre Investitionen. So verringerten die im Dax30 vertretenen Industrieunternehmen im ersten Quartal 2002 die Auszahlungen für Sachinvestitionen um durchschnittlich mehr als ein Viertel. Besonders stark sparten Linde, Infineon und Lufthansa. Der Trend ist freilich nicht auf Deutschland beschränkt. Auch amerikanische Konzerne wie Boeing, John Deere oder AOL haben ihre Investitionen stark gekürzt. Damit scheinen sich die eher skeptischen Prognosen aus dem Analystenlager zu bestätigen.

      Große Unterschiede zwischen Sektoren

      Dabei sind die Unterschiede zwischen verschiedenen Industriesektoren erheblich. Software- und Pharmaunternehmen konnten nach unseren Berechnungen ihre Finanzposition zwischen 1999 und 2001 überwiegend verbessern. Auch die meisten Computerhersteller weisen einen relativ geringen Verschuldungsgrad oder sogar positive Cash-Positionen aus.

      In den anderen Branchen offenbart sich dagegen ein relativ deutlicher Anstieg der Verbindlichkeiten. Besonders stark verschuldet haben sich nicht nur Telekomfirmen. Auch bei Fluggesellschaften, Automobilherstellern Medienkonzernen und verschiedenen Konsumgüterherstellern wie Procter & Gamble, Unilever oder Nestle sind die Verbindlichkeiten seit 1999 zum Teil drastisch gestiegen. Ursache ware in vielen Fällen die Kombination aus umfangreichen Zukäufen und sehr hohen Sachinvestitionen. Bei Automobilherstellern und einigen Mischkonzernen wie General Electric sorgte zudem das starke Engagement in der Absatzfinanzierung für enormen Finanzbedarf. Um ihren Kunden Kredite einzuräumen, mussten sich diese Firmen ihrerseits stark verschulden. Bei den zehn führenden Automobilherstellern erhöhte sich die Finanzverschuldung seit Ende 1999 um rund 100 Mrd. $, während das Geschäft nahezu stagnierte und die operativen Cash-flows im Schnitt um ein Fünftel schrumpften.

      Auch die meisten großen Fluglinien haben in den vergangenen drei Jahren mehr investiert als sie im laufenden Geschäft erwirtschafteten. Sie müssen ihre Neuanschaffungen nun deutlich zurückfahren. Was Lufthansa-Finanzvorstand Karl Ludwig Kley jüngst bei der Bilanzvorlage verkündete, dürfte daher für die gesamte Luftfahrtbranche wie auch für etliche andere Industrien gelten: "Das Hauptaugenmerk wird jetzt auf den Abbau der Nettokreditverschuldung gelegt."
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 08:36:55
      Beitrag Nr. 22 ()
      Die größten Cash-Besitzer
       


      in Mill. $
      Netto-Liquidität
      Ende 2001


      Microsoft
      38.229


      Novartis
      11.199


      Intel
      8.867


      Cisco
      6.907


      Takeda
      5.704


      Oracle (28.2.02)
      5.310


      Johnson & Johnson
      5.190


      Nokia
      5.087


      Applied Materials (28.10.)
      4.272


      Dell
      3.394


      AstraZeneca
      2.967


      Sanofi
      2.560


      Amgen
      2.339


      EMC
      2.254


      Matsushita Electric 31.3.)
      2.189


      Swisscom
      1.736


      Texas Instruments
      1.723


      Compaq
      1.582


      Peoplesoft
      1.575


      EADS
      1.372
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 08:37:42
      Beitrag Nr. 23 ()
      Die größten Cash-Erzeuger



      operativer& Cash-flow
      in Mill. $


      GE
      32.195


      NTT
      24.462


      Exxon Mobile
      22.889


      Ford
      22.764


      Verizon
      19.773


      BP
      17.433


      Shell
      16.933


      SBC
      14.805


      Daimler-Chrysler
      14.270


      IBM
      14.265


      Microsoft
      13.422


      Toyota
      11.526


      ChevronTexaco
      11.457


      Totalfina
      11.011


      Dt Telekom
      10.621


      ATT
      10.558


      Pfizer
      9.291


      GM
      9.166


      Telefonica       
      9.091


      Merck&Co
      9.080





      Free-Cash- flow 2001
      in Mill. $


      GE
      16.675


      Exxon Mobile
      12.900


      Microsoft
      12.319


      IBM
      8.605


      Shell
      7.307


      Ford
      7.228


      Johnson & Johnson
      7.133


      Pfizer
      7.088


      Philip Morris
      6.971


      Merck&Co
      6.355


      Nokia
      5.506


      Toyota
      5.374


      BP
      5.291


      Tyco
      4.871


      GlaxoSmithkline
      4.735


      Bristol-Myers Squibb
      4.379


      Totalfina
      4.283


      Cisco
      4.121


      NTT
      3.984


      SBC
      3.616
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 08:38:15
      Beitrag Nr. 24 ()
      Die größten Cash-Verbraucher
       


       
      Free-Cash-flow


      Wyeth (AHP)
      -6.370


      Lucent
      -4.811


      Qwest
      -4.509


      Sprint
      -4.355


      Cable & Wireless
      -3.640


      Bertelsmann
      -3.133


      AMR
      -3.129


      Delta
      -2.557


      UAL
      -2.111


      VW
      -1.957


      Infineon
      -1.927


      Mitsubishi $
      -1.857


      BT Group
      -1.536


      Alcatel
      -1.203


      Vodafone
      -1.070


      Ericsson
      -873


      Philips
      -801


      Vivendi
      -750


      Micron
      -699


      Matsushita Electric
      -660
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 08:39:20
      Beitrag Nr. 25 ()
      Investitionsausgabenin Mill.


       
      im 1. Quartal 1)
      Änderung (%)



      2001
      2002



      BASF
      574
      473
      -18


      BMW
      851
      632
      -26


      Siemens
      2.874
      1.806
      -37


      Daimler
      2.510
      1.595
      -36


      Lufthansa
      745
      277
      -63


      MAN
      289
      235
      -19


      Linde
      575
      115
      -80


      Degussa
      266
      255
      -4


      EON
      589
      632
      7


      Bayer
      541
      500
      -8


      Thyssen
      548
      378
      -31


      RWE
      1.153
      853
      -26


      Infineon (Hj)
      968
      366
      -62


      VW
      3.515
      3.334
      -5


      Henkel
      99
      67
      -32


      Epcos
      203
      71
      -65


      Adidas
      27
      19
      -30


      SAP
      77
      58
      -25


      Erläuterungen: 1)Auszahlungen für Sachinvestitionen, laut Kapitalflussrechnung.


      Quelle: Quartalsberichte
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 08:39:58
      Beitrag Nr. 26 ()
      Die größten Käufer eigener Aktien


       
      Aktienrückkäufe1) in Mill. $



      2001
      1999-2001


      Microsoft
      5.821
      8.834


      Exxon Mobile
      5.420
      7.601


      Totalfina
      5.016
      6.760


      IBM
      3.652
      16.575


      Merck&Co
      3.590
      9.753


      Oracle
      3.510
      8.470


      Vivendi
      3.412
      -2.361


      Intel
      3.246
      10.525


      EON
      2.936
      3.764


      Pfizer
      2.892
      4.674


      GE
      2.435
      2.968


      Boeing
      2.338
      7.403


      AOL
      2.105
      2.512


      Johnson & Johnson
      2.056
      3.261


      Dell
      2.045
      5.113


      RWE
      1.826
      2.557


      SBC
      1.745
      3.806


      Dupont
      1.665
      2.586


      UPS
      1.603
      2.192


      Ford
      1.385
      3.047





      Erläuterungen: 1)Netto-Rückkauf eigener Aktien. (saldiert mit Ausgabe neuer Aktien)
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 08:40:36
      Beitrag Nr. 27 ()
      Die größten Schuldner


      Firma
      Netto- Verschuldung1)
      in Mill. $
      In % des operativen Cash-flows 2)
      Bilanz- in % der summe


      Ford Motor
      148.542
      653
      54


      General Motors
      133.899
      1.461
      41


      General Electric
      122.783
      381
      25


      Daimler-Chrysler
      68.382
      479
      37 


      Verizon
      61.346
      310
      36


      Deutsche Telekom
      56.480
      532
      39


      France Telecom
      56.446
      896
      50


      Tyco International
      54.529
      818
      49


      ATT
      42.903
      406
      26


      NTT
      42.110
      172
      44


      VW
      31.235
      444
      33


      Mitsubishi Corp
      30.920
      -10.411
      48


      Vivendi
      29.787
      740
      24


      Worldcom
      28.794
      360
      28


      Telefonica
      28.417
      313
      37


      SBC
      25.463
      172
      26


      Qwest
      24.746
      613
      34


      Toyota
      24.548
      213
      18


      AOL
      22.121
      418
      11


      Telekom Italia
      21.692
      247
      53


      Erläuterungen:
      1) Finanzverbindlichkeiten abzüglich liquider Mittel und Wertpapiere; Stichtag: Ende 2001 bzw. letztes Geschäftsjahr.
      2) Mittelzufluss aus operativer Geschäftstätigkeit.
      Quelle: Geschäftsberichte/eigene Berechnungen
      Avatar
      schrieb am 06.06.02 08:51:32
      Beitrag Nr. 28 ()
      Option auf geschminkte Bilanzen

      Damit auch kümmerliche Bilanzen prächtiger aussehen, werden sie mit einer Reihe bilanzpolitischer "Schminkutensilien" behandelt.





      "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" Kein Märchen, sondern harte Realität: Der Kapitalmarkt ist ein Jahrmarkt der Eitelkeiten. Attraktives Aussehen ist wichtig, Hässlichkeit wird von den Investoren bestraft. So gesehen ist es legitim, dass sich die Bilanzstrategen der Konzerne mühen, aus den Abschlüssen das Maximum herauszukitzeln.

      Schwache Bilanzen werden mit einer Reihe technischer Tricks aufgepeppt. Zu den probaten Mitteln gehört es, bestimmte Aufwendungen gar nicht erst in der Ertragsrechnung erscheinen zu lassen. Dazu zählt, neben zahlreichen Bewertungswahlrechten, auch die bilanzielle Behandlung von auf Aktienoptionen basierenden Vergütungsprogrammen. Besonders in den USA lassen die Unternehmen entsprechende Kosten gerne unter den Tisch fallen.

      Denn sie müssen diese Kosten nicht bilanzieren. Zwar empfiehlt das nach heftigen Kontroversen im Oktober 1995 verabschiedete Statement 123 des Financial Accounting Standard Boards (FAS 123), den so genannten fairen Wert der Mitarbeiteroptionen - das heißt den Wert, der hierfür an einer Börse zu erzielen wäre - als Personalaufwand zu erfassen. Dies ist jedoch nicht verbindlich vorgeschrieben. Vielmehr bleibt es im Ermessen der Unternehmen, weiterhin nach der älteren Opinion 25 des Accounting Principal Boards (APB 25) vorzugehen. Diese Vorschrift verlangt nicht den Ansatz des fairen Werts, sondern nur des so genannten inneren Werts der Optionen. Letzterer entspricht der Differenz zwischen dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Gewährung des Optionsrechts und dem Basispreis der Option, das heißt dem Kurs, zu dem man die Aktie beziehen kann. Will man den für Mitarbeiteroptionen anzusetzenden Personalaufwand auf null reduzieren, muss man nur den Basispreis so wählen, dass er dem aktuellen Aktienkurs entspricht.

      Reichgerechnet

      Kein Wunder, dass die allermeisten US-Unternehmen diese bilanzkosmetisch attraktive Möglichkeit nutzen. Nur zwei der 500 Werte des S&P-Indexes setzen den fairen Wert der Optionen als Personalkosten an. Aber auch hier zu Lande rechnen sich Unternehmen durch Weglassen von entsprechenden Aufwendungen reicher. Das gilt besonders für die Deutsche Telekom. Deren Optionsaufwendungen aus dem "Aktienoptionsplan 2001", der einen geschätzten Wert von mehr als 1 Mrd. Euro hat, tauchen in der Aufwandsrechnung nicht auf.

      Diese Praxis stößt nach den spektakulären Bilanzskandalen der letzten Zeit auf immer mehr Unverständnis. So will die amerikanische Börsenaufsicht SEC jetzt den Unternehmen zwingend vorschreiben, entsprechende Kosten in ihren Jahresabschlüssen zu verarbeiten. Damit sollen Verzerrungen aus dem Gewinnausweis der Jahresabschlüsse herausgenommen werden. Die Gegner solcher Verschärfungen führen an, zwar seien die Gewinnverzerrungen unschön, aber im Grunde kein Problem.

      Denn, so die Argumentation, Bilanzleser könnten die Optionsaufwendungen bereits heute aus Fußnoten und Erläuterungen ableiten. Wenn Analysten und Investoren diese Informationen bei ihrer Anlageentscheidung korrekt berücksichtigten, käme es zu keiner Fehlallokation von Kapital.

      Diese Argumentation erscheint jedoch mehr als fragwürdig. In letzter Konsequenz würde sie Folgendes bedeuten: Lasst den Unternehmen ihre Wahlrechte, denn wenn die Anleger die Bilanzierungsrichtlinien kennen und sich über die eingeschränkte Vergleichsmöglichkeit im Klaren sind, dann ist es am Ende gar nicht so wichtig, ob und wie stark die Gewinne verzerrt sind.

      Doch das kann es eigentlich nicht sein. Wenn die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse weiterhin so stark eingeschränkt bleibt, braucht bald jeder Kleinaktionär für seine Anlageentscheidung erst mal einen Kursus in Finanzanalyse. Denn tiefer gehende Kenntnisse, was das Lesen und Interpretieren eines Jahresabschlusses betrifft, sind bei dem Gros der Aktionäre schlicht nicht vorhanden.

      Fragwürdige Verbuchung

      Selbst hoch bezahlte Analysten berücksichtigen die Optionsaufwendungen nur äußerst selten in ihren Prognosen. Viele unterschätzen offenbar die Tragweite des Problems: So sehen nach einer Umfrage von Wissenschaftlern der Universität Konstanz und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter 300 Finanzexperten nicht einmal zehn Prozent in der fragwürdigen Verbuchung von Aktienoptionsprogrammen ein Problem. Andererseits wurde solchen Programmen mit überwiegender Mehrheit eine motivierende Funktion für die Mitarbeiter zugemessen.

      Die letztgenannte Aussage betrachten Wirtschaftswissenschaftler wesentlich kritischer: Während die Motivationseffekte von Optionsprogrammen für die obersten Führungskräfte nicht bestritten werden, wird die motivierende Wirkung für die anderen Mitarbeiter eines Unternehmens als eher gering eingeschätzt. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass der weit verbreitete Einsatz solcher Optionsprogramme auch dazu dient, Personalaufwendungen bei entsprechender Wahl der Bewertungsmethode an der Ertragsrechnung vorbeizulenken.

      Sollten sich die normensetzenden Gremien für US-Bilanzregeln (US-Gaap) und internationale Buchhaltungsstandards (IAS) auf eine Abschaffung des Wahlrechts einigen, dann müssten auch viele deutsche Gesellschaften, die nach IAS-Regeln bilanzieren, die Karten auf den Tisch legen. Doch bis zu einer neuen Regelung ist es noch weit, und der Widerstand der Industrie ist enorm. Vorerst werden Aktienoptionen also weiterhin nicht nur den Einsatz der begünstigten Manager, sondern auch die "Kreativität" der zuständigen Finanzchefs beflügeln.

      Bei der Telekom taucht der "Aktienoptionsplan 2001" - Wert rund eine Milliarde Euro - nicht in der Aufwandsrechnung auf.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 20:26:56
      Beitrag Nr. 29 ()
      BILANZTRICKS

      Merck soll Umsatz aufgebläht haben

      Die Enronitis hat erstmals einen im Leitindex Dow Jones Industrials enthaltenen Standardwert befallen. Der US-Pharmakonzern Merck & Co. soll nach Zeitungsberichten seinen Umsatz um mehrere Milliarden Dollar aufgebläht haben.





      DPA





      Merck-Tablettenproduktion: Aggressive Bilanzierung?


      New York - Mercks Tochter Merck-Medco hat nach einem Bericht des "Wall Street Journal" im Geschäftsjahr 2001 den Umsatz durch eine in der Branche unübliche Bilanzierungsmethode um etwa zehn Prozent höher erscheinen lassen, als er tatsächlich war.

      Merck soll eine Besonderheit des US-Gesundheitssystems ausgenutzt haben: Beim Kauf von Medikamenten in der Apotheke leisten amerikanische Patienten üblicherweise eine Zuzahlung in Höhe von 10 bis 15 Dollar, der Rest wird über die Krankenversicherung abgerechnet. Die so genannten Co-Payments verbleiben vollständig bei der Apotheke. Dennoch buche Merck-Medco die Zuzahlungssumme vollständig als Umsatz, schreibt die Zeitung. Das "Journal" beruft sich auf von Merck bei der US-Börsenaufsicht SEC hinterlegte Unterlagen, die im Zusammenhang mit dem geplanten Börsengang von Medco eingereicht wurden.




       

      Medco habe im Jahr 2001 rund 55 Prozent zum Umsatz bei Merck beigesteuert. Die als Umsatz verbuchten Co-Payments hätten im vergangenen Jahr rund 4,6 Milliarden Dollar ausgemacht. Dies entspräche knapp zehn Prozent des Merck-Jahresumsatzes von insgesamt 47,7 Milliarden Dollar. Der nach dem amerikanischen Bilanzstandard US-GAAP berechnete Jahresüberschuss (Net Income) werde durch die Abrechnungsmethode aber nicht beeinflusst.

      Lynn Turner, Direktorin des Center for Quality Financial Reporting in Fort Collins und frühere Chefbuchhalterin der SEC, sagte dem "Journal", es bestehe für Merck "keine rechtliche Haftungsverpflichtung für die Zuzahlung, kein Risiko für die Zuzahlung und [das Unternehmen] erhält die Zuzahlung auch niemals. Unter GAAP wäre es nicht angemessen, das als Umsatz zu buchen".

      An der Wall Street verzeichneten die Aktien von Merck & Co. im frühen Handel einen deutlichen Abschlag. Die Titel verloren über drei Prozent auf 50,73 Dollar.
      Avatar
      schrieb am 27.06.02 19:55:36
      Beitrag Nr. 30 ()
      Quelle: Die Welt 28.06.02



      Bilanzen als geschöntes Blendwerk  

      Die Anleger sind angesichts potemkinscher Unternehmenszahlen alarmiert Von Holger Zschäpitz



      Frankfurt/Main - Ein neues Modewort prägt die Finanzwelt: Potemkinsche Bilanzen. Gemeint sind damit Zahlenwerke, die nach außen Solidität, Substanz und Größe ausstrahlen. Doch hinter der Fassade verbirgt sich oft weit weniger Glanz. Aber anders als Zarin Katharina II., die sich vom echten Fürst Potemkin hat aufs Kreuz legen lassen, wollen sich Investoren inzwischen nicht mehr blenden lassen. Sie stellen die Bilanzen auf den Kopf und schauen hinter die Kulissen.

      Seit nunmehr einem Jahr machen Sorgen über die Qualität der Bilanzen rund um den Globus die Runde. Denn spätestens seit der spektakulären Milliarden-Pleite des amerikanischen Energiekonzerns Enron wird immer klarer, dass viele Firmen in den Boomjahren nur mittels kreativer Buchführung die hoch gesteckten Gewinnerwartungen der Börsianer erfüllen konnten. Und wie die Luft seit 2000 aus der Aktienblase gewichen ist, scheint es auch länger zu dauern, bis die Bilanzen wieder "repariert" sind.

      Für Börsianer sind die Buchführungstricks eine völlig neue Erfahrung. Basierten die Aktienmärkte auf dem Vertrauen der Anleger in Wirtschaftsprüfer, Analysten und die Unternehmen selbst, geriet dieses Vertrauen in den vergangenen zwölf Monaten aus den Fugen. Einige Experten gehen sogar so weit, Enron als das wirtschaftliche Pendant zur Watergate-Krise der Politik zu bezeichnen. Anfang der 70er Jahre kam ans Tageslicht, dass der republikanische Präsident Nixon den Wahlkampf nur mit unfairen Spitzelmethoden gegen die Demokraten gewonnen hatte. Obwohl Nixon zurücktrat, hielt die Vertrauenskrise der Bevölkerung in die politische Klasse das Land ein Jahrzehnt lang in Atem. Enron hat nach Ansicht der Pessimisten das Zeug dazu, längere Zeit auf der Agenda der Investoren zu bleiben.

      Dabei lastet die miserable Bilanzqualität längst nicht nur auf den US-Börsen. Vielmehr haben sich die Unternehmen auch diesseits des Atlantiks nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Eine Studie der Dresdner Kleinwort Wasserstein kommt zu dem Ergebnis, dass Europas Zahlenwerke sogar noch geschönter sind als jene in Übersee. Danach nutzten vor allem auch Manager des alten Kontinents alle erdenklichen Bilanzierungsspielräume, um die wahre Befindlichkeit ihres Unternehmens zu verschleiern. Beliebt war es etwa, Reserven zu heben, um einen Einbruch beim Cash Flow aufzufangen. Für das Gewinn-Tuning wurden gern auch Belastungen oder Einnahmen zeitlich vor- oder rückterminiert. Dabei war in den meisten Fällen noch nicht einmal Schwindel oder Fälschung wie bei Enron im Spiel, sondern die Manager nutzten ganz legale Buchungstricks, um die Gewinne künstlich zu managen.

      Anleger sind hoch alarmiert. War bis vor kurzem noch das Ergebnis je Aktie das Maß aller Dinge, hat diese Kennzahl wegen ihrer Manipulierbarkeit inzwischen an Bedeutung eingebüßt. Gefragt sind fälschungssichere Größen wie der Cash Flow, also die baren Mittel, die einem Unternehmen innerhalb eines Jahres zufließen. Unternehmen, die keine klaren Zahlen liefern können, werden ohne Ansehen gnadenlos abgestraft. Kein Wunder also, dass der Finanzdienstleister MLP in den vergangenen zwölf Monaten die schlechteste Figur im Deutschen Aktienindex Dax abgab. Zweifel an der hundertprozentigen Integrität der Bilanz kostete das Unternehmen 75 Prozent seines Wertes. Da nutzte es auch wenig, dass die Heidelberger mittlerweile zum Dax-Meister der Öffentlichkeitsarbeit geworden sind.

      Abgestraft für eine intransparente Bilanz wurde auch der Immobilienmulti WCM. Das einst zehn Mrd. Euro schwere Unternehmen - gefürchtet für seine Übernahmen - ist mit 3,3 Mrd. Euro Marktkapitalisierung mittlerweile selbst zum kleinen Fisch geworden, der sich vor anderen Finanzhaien in Acht nehmen muss. Das zerstörte Vertrauen dürfte nicht leicht zu kitten sein. Denn noch immer lauern einige Unbekannte in den Zahlenwerken der Gesellschaften. So bleibt die Behandlung von Aktienoptionen weiter unklar. Viele Unternehmenslenker haben sich in den letzten Jahren üppige Gehaltsboni in Form von Optionen genehmigt. Längst nicht alle Unternehmen berücksichtigen den Aufwand in ihrer Gewinnrechnung. Müssen sie bisher auch gar nicht. Ein legales Schlupfloch in den amerikanischen Bilanzierungsregeln (US-GAAP), nach denen auch immer mehr deutsche Unternehmen ihren Jahresabschluss erstellen, stellt es den Gesellschaften frei, ob sie die Zusatzgratifikationen an die verdienten Mitarbeiter vom Ergebnis abziehen oder an der Bilanz vorbeischleusen. Damit eröffnet sich für die Konzerne ein Spielraum bei der Gewinngestaltung, den auch einige deutsche Unternehmen nutzen.

      Immerhin sechs Dax-Unternehmen klammern die Lasten der Aktienoptionen aus ihrer Gewinn- und Verlustrechnung aus. Auch wenn die deutschen Konzerne das Instrument Aktienoptionen nicht derart virtuos wie die amerikanische Konkurrenz einsetzt, wären die Dax-Gewinne bei Verbuchung der Gratifikationen als Aufwand um fast eine halbe Mrd. Euro kleiner ausgefallen. Anpassungsbedarf entstünde insbesondere bei der Siemens-Familie, der Deutschen Post und Daimler-Chrysler. Investoren dürfen damit in den kommenden zwölf Monaten nicht vor weiteren Überraschungen bei der Bilanzierung gefeit sein. Letztlich könnte sich das System der "wahren Gewinne" der Ratingagentur Standard & Poors (S&P) durchsetzen. Die so genannten "Core Earnings" blenden sämtliche Buchungstricks der Manager aus und zeichnen damit ein realistischeres Bild der Unternehmen. Buchhalter, die sich als Potemkin aufspielen, hätten dann keine Chance mehr.


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