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    Quo Vadis - USA ...? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 09.08.02 07:05:19 von
    neuester Beitrag 31.10.02 19:43:27 von
    Beiträge: 26
    ID: 617.897
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      schrieb am 09.08.02 07:05:19
      Beitrag Nr. 1 ()

      Zwischen Mc.Carthy und Mielke

      George Bush kündigt ein flächendeckendes Spitzelsystem an


      Zwischen Mc.Carthy und Mielke Alterfahrene Geheimdienstler hätten ihre Freude. Wovon sie immer nur zu träumen wagten, das setzt US-Präsident George W. Bush jetzt um. Im Rahmen des Programms "Patriot Act" soll jetzt die amerikanische Zivilbevölkerung flächendeckend für ein Sicherheits- und Spitzelprogramm mobilisiert werden, das in der Geschichte nur wenige vergleichbare Parallelen haben dürfte. Hauptpunkt der durch die gegenwärtige Terror-Hysterie angefachten Maßnahmen ist die Einführung eines "Ministeriums für Nationale Sicherheit", das, wenn vollendet, 170 000 Mitarbeiter haben soll und für das im eigentlich chronisch defizitären US-Etat 37,4 Milliarden $ vorgesehen sind. Vorerst wird die Initiative aber nur in 10 amerikanischen Städten, deren Namen noch nicht bekannt sind, getestet. Hier sollen vor allem Busfahrer, Postboten, Telefonistinnen, Lastwagenfahrer, Angestellte in Strom-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen die "Augen offen halten". Natürlich auch Angehörige andere Berufe, vor allem aber solche, die an wichtigen öffentlichen Schaltstellen sitzen.

      Nach den Vorstellungen des US-Präsidenten sollen dabei die US-Bürger insgesamt 2 Jahre im Dienste ihres Lands verbringen, aufgeteilt auf 4000 Einsatzstunden während der ganzen Lebens. Sie sollen das in fünf Bereichen tun: einem Community Emergency Response Team, einem Medical Reserve Corps, einer Neighborhood Watch, den Volunteers in Police Service und einem Terrorism Information and Prevention System. Am Ende stehen für diese Aktionen 560 Millionen Dollar zur Verfügung.

      Offen für alle ist das System natürlich nicht, obwohl es nicht direkt rassistisch angelegt ist: auch andere ethnischer Minderheiten, die der Präsident ja bereits in auffälliger Weise an der Regierung beteiligt hat, sollen mittun dürfen. Doch könnten bestimmte Bürger von vorneherein unter "Generalverdacht" gestellt werden. Dies wird insbesondere für Immigrantenerwartet unddabei besonders für solche Personen, die einen islamisch-arabischen Hintergrund haben. Aber auch Personen, die sich der Teilnahme an dieser monströsen Spitzelinitiative verweigern, geraten automatisch als "unpatriotisch" in Verdacht.

      Zwar ist z.Zt. noch unklar, um welche Städte es sich handelt, die bei dem Modellversuch mitzutun die Ehre haben, aber sollte es sich um die zehn größten Städte der USA handeln, gäbe es ein Verhältnis Spitzel/Normalbevölkerung von 1 Million zu 24 Millionen. Das entspricht einem Prozentteil von sage und schreibe knapp 4 Prozent. Dies läge deutlich über den vergleichbaren DDR-Zahlen. Ein bislang einzigartiger Versuch, die US-Bevölkerung im Zuge des Kampfes gegen den Terrorismus zu formieren. Fehlt nurnoch die dazu passende Sing-Out.Bewegung. Kommt alles noch.

      Quelle: © Philosophischer Salon e.V, Berlin

      Siehe auch "Eine Stasi-Zentrale für die USA" ->

      http://www.taz.de/pt/2002/06/08/a0102.nf/text
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      schrieb am 09.08.02 07:48:13
      Beitrag Nr. 2 ()
      Thema: Quo Vadis - USA ...?

      Jedes Weltreich in der Gechichte, seien es die Phönizier, die Perser, die Ägypter, Grichen oder Römer und in der jüngeren Geschichte das brit. Empire - sie alle hatten ihren Aufstieg, den Zenit ihrer Macht und dann ihren Abstieg/Zerfall!

      Die U.S.A. macht da sicher keine Ausnahme.
      Seit dem 11.September letzten Jahres scheint die letzte Phaase der uSA begonnen zu haben!
      Avatar
      schrieb am 09.08.02 07:58:01
      Beitrag Nr. 3 ()
      Danke Gott, dass ich in Österreich leben darf
      Avatar
      schrieb am 09.08.02 08:05:33
      Beitrag Nr. 4 ()
      Österreich ist schön - wenn man mal davon absieht dass bei euch gerade `Land unter` ist! ;)
      Avatar
      schrieb am 09.08.02 15:44:44
      Beitrag Nr. 5 ()
      Auch in USA ist Land unter!!
      Das in Österreich vergeht wieder,aber das wirtschsftliche Desaster in USA bleibt!!
      Abgesehen davon mag ich die Kaugummifresser sowieso nicht!
      os.

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      schrieb am 09.08.02 17:19:47
      Beitrag Nr. 6 ()

      In allen Machtbereichen - dem Militär, der Wirtschaft, der Kultur, der Wissenschaft - haben die USA in der Welt einen Vorsprung der ihren Anteil an der Weltbevölkerung deutlich übertrifft

      Der Economist berichtet über das Weltreich USA und Amerikas neue Weltpolitik


      In allen Machtbereichen - dem Militär, der Wirtschaft, der Kultur, der Wissenschaft - haben die USA in der Welt einen Vorsprung der ihren Anteil an der Weltbevölkerung deutlich übertrifft.



      Sicherlich liegt auf Schreibtischen des Weißen Hauses kein ausgearbeiteter Plan zur Weltveränderung. ... Zwei aktuelle Dinge machen jedoch einen Wandel wahrscheinlicher als einen Fortbestand der Verhältnisse. Zum einen haben die Attacken des 11. September, und die Angst vor mehr und noch zerstörerischen Attacken in der Zukunft den USA ein mächtiges neues Motiv für weltweite Aktivitäten verschafft, mit dem sie die meisten anderen Länder - zumindest zeitweise - davon abhalten können, sich den USA in den Weg zu stellen, ganz egal ob ihnen dabei vor Kritik oder Ärger die Galle platzt. Zum andern werden die Maßnahmen, die aus diesem Motiv erfolgen, in ihrer Konsequenz die USA - ob sie wollen oder nicht - wahrscheinlich in neue Verhaltensweisen und in neuartige Engagements hineinziehen.

      Was als Kampf gegen die verbrecherischen Angreifer begonnen hat, ... wurde richtigerweise ausgeweitet gegen alle Schurkenstaaten, die Massenvernichtungswaffen entwickeln.

      Das überholte Tabu, keine abhängige Regierungen im Ausland zu installieren (‚nation-building`), muss verschwinden. Dann bleibt immer noch das unzweifelhaft nicht unbedeutende Geschäft, die nicht immer einfachen Beziehungen mit Großmächten wie Russland, China, Indien, Japan und den europäischen Verbündeten zu regeln, deren Interessen von dem amerikanischen Tatendrang in der einen oder anderen Weise betroffen werden.

      Keineswegs waren die USA während der 90er Jahre untätig oder nur mit sich beschäftigt. Sie hatten 500.000 Soldaten im Golfkrieg des Jahres 1991 mobilisiert. Am Ende des Jahrzehnts führten, bzw. im Endeffekt dirigierten, die USA den Kosovo-Krieg der NATO gegen Serbien. Die USA intervenierten militärisch in diesen 10 Jahren häufiger, wenn auch im Umfang geringer, als während der gesamten 40 Jahre des Kalten Krieges.

      Auch auf anderen Feldern wie Handelsregeln, Finanzkrisen, Menschenrechten, Kriegsverbrechen und Vermittlerdiensten spielten die USA eine aktive internationale Rolle. ... Aber sie taten dies nur zögerlich vor dem Hintergrund eines abnehmenden politischen Interesse der amerikanischen Öffentlichkeit an Außenpolitik.

      1997 schrieb Richard Haass an Buch mit dem Titel "Widerwilliger Weltpolizist USA". Wenn er jetzt zu dem Thema schreiben würde, sagt er, würde er das Wort "widerwillig" streichen. Ein anderes Stichwort, das man früher nur ungern in den Mund nahm, wurde zum Schlagwort in Politik-Seminaren und Talkshows: Weltreich.

      Es gibt in den USA den selbstbewussten, manchmal überheblichen Standpunkt, dass das Land dieselben Möglichkeiten, Verpflichtungen und Herausforderungen besitzt, die man früher Weltreichen zuschrieb: Dass es die Regeln vorschreiben kann, die die internationalen Beziehungen bestimmen, - wenn es sich selber auch nicht immer an diese Regeln hält, - und dass es zu guter Letzt als einziges Land die Macht hat, seine Regeln durchzusetzen.

      Nachdem die USA ein Jahrzehnt lang aufgefordert wurden, sie sollten sich in der Welt mehr engagieren, so fürchten heute ein Menge Querköpfe, dass die USA als einzig verbliebene Supermacht sich bald zuviel engagieren werden.

      In den 90er Jahren gab es viel Unterstützung für die Idee, dass Länder - trotz der gegenlautenden UN-Charta von 1945 - in anderen Ländern - möglichst mit Zustimmung der UNO - intervenieren sollten, wenn sie meinten, dass eine Regierung ihrem Volk Schreckliches antut. Solche Grausamkeiten hätten zur Folge, ... dass man auf übliche Respektierung der Souveränität anderer Staaten verzichten könnte. Die USA formulieren heute eine ähnliche Begründung für ihre präventiven Interventionen in Fällen wie dem Irak, wo sie vermuten, dass ein Diktator Massenvernichtungswaffen entwickelt.

      Es wächst die Überzeugung, dass es im langfristigen amerikanischen Interesse ist, andere Länder bei der Teilnahme am internationalen Handel, am internationalen Kapitalverkehr und dem Austausch von Know-how zu unterstützen, was allgemein "Globalisierung" genannt wird. Dabei benötigen die USA berechenbare, stabile und legitime Regierungen. Mr. Haass ... bezeichnet dies als neue Doktrin der "Integration".

      Durch Förderung solcher Integration und durch eine aktive Rolle als Weltpolizist könnten die USA der Welt in den nächsten paar Jahren einen großen Nutzen erweisen. Allerdings würden die USA das nicht durch Verteilen von Geldgeschenken erreichen, sondern durch Ausübung und auch Ausdehnung ihrer Macht, durch Druck oder Zwang, um Verhaltensänderungen zu erreichen. Diese Vorstellung passt einer Menge Leute nicht in den Kram. Wird das etwa eine Gegenbewegung gegen ein herrisches, auftrumpfendes Amerika auslösen?

      Es bliebe zu fragen, wie gefährlich solche Kritiker werden können. Wer sie ernst nimmt, der wird - wie etliche Beobachter der internationalen Politik - befürchten, dass die heutige amerikanische Vorherrschaft unvermeidlich zu weltweiten oder regionalen antiamerikanischen Zusammenschlüssen führen wird. ... Oder man wird sich einbilden, dass ein gereiztes Amerika wie zu Vietnam-Zeiten zunehmend auf sich allein gestellt ist, und dass es wie damals geschwächt bzw. mutlos wird, wenn sich der Erfolg nicht einstellt.

      Unser Überblick will solche Themen und die Fragen, die daraus entstehen, analysieren. Damit aber keine Missverständnisse aufkommen: Unsere Antworten werden optimistisch und im Allgemeinen zugunsten der USA ausfallen.

      Die USA sind mit wirtschaftlichen oder militärischen Kriterien gemessen weitaus überlegener als Großbritannien im Jahr 1870, und der militärische Abstand der USA zu anderen Ländern ist heute größer als 1950. Und vor allem die militärische Überlegenheit gegenüber allen anderen Ländern hat seit 1989 zugenommen und nimmt weiter zu.
      Anmerkung: Hier wird als Stärke ausgegeben, was Indizien des Niedergangs sind: Erstens verlor die Weltmacht England seit 1870 jedes Jahr mehr von seinem wirtschaftlichen Vorsprung sowohl gegenüber den USA wie gegenüber dem europäischen Festland. Zweitens blieb von der großen wirtschaftlichen Überlegenheit der Weltmacht USA seit 1950 nicht mehr viel übrig. Übrig blieb nur ihre militärische Überlegenheit, und diese soll jetzt zunehmend in klassisch imperialistischer Weise "versilbert" werden. Krieg als Mittel der Wirtschaftspolitik.

      Es gibt die These, dass die USA nur deshalb aus dem II. Weltkrieg, als fast 300.000 Amerikaner ihr Leben ließen, als Sieger hervorgingen, weil sie Millionen von russischen Soldaten als Kanonenfutter gegen Hitler eingesetzt hatten, so wie sie kürzlich die Nordallianz in Afghanistan als Kanonenfutter benutzten. Wenn man sich jedoch vor Augen führt, dass die USA 725 militärische Einrichtungen im Ausland unterhalten, von denen 17 voll ausgebaute Militärbasen sind, und dass von den 1,4 Millionen Amerikanern unter Waffen, 250.000 in aller Welt stationiert sind, so kann man den USA nicht vorwerfen, sie würden sich in ein nordamerikanisches Schneckenhaus verkriechen.

      Sicherlich sind die USA eine durch und durch egoistische Supermacht. Ihre bloße Überlegenheit erlaubt es, Einwände von anderen Ländern niederzubügeln oder etwas schleifen zu lassen, weil die USA wissen oder glauben, sie können die Sache auch später noch in Ordnung bringen.

      Dennoch sind die nationalen Interessen der USA etwas Besonderes, und das nicht nur in blauäugiger amerikanischer Sicht: Die amerikanischen Interessen bieten die größtmögliche Annäherung an die Interessen der ganzen Welt.

      USA und Russland

      Hätten die beiden Supermächte USA und Sowjetunion an einem Strang gezogen, so hätte das einen fundamentalen Strategiewechsel nach sich gezogen. Aber diese Möglichkeit trat nicht ein - bis heute. Eine der überraschenden Auswirkungen des 11. September scheint die Annäherung von USA und Russland zu sein.

      Ein intensiveres, vertrauensvolleres Verhältnis der USA zu Russland ... könnte den USA einige strategische Vorteile bringen, auch im Kampf gegen den Terrorismus:
      - Es könnte den militärischen Zugang der USA nach Zentralasien, der jetzt nur ein zeitweiser Notbehelf ist, dauerhaft absichern.
      - Es könnte vor allem in Zentralasien, im Irak und dem ganzen Nahen Osten eine nützliche Kooperation der Geheimdienste herbeiführen, was die erreichten Erfolge in Afghanistan absicherte.
      - Es würde sicherstellen, dass Russland nicht nur die amerikanischen Bemühungen unterstützt, wenn es darum geht, Saddam Hussein zu zwingen, wieder ausländische Waffeninspektoren ins Land zu lassen, sondern auch bei einer militärischen Aktion gegen den Irak und bei der sich anschließenden Installation einer neuen Regierung. ...
      - Es würde China davon abhalten, mit Russland eine antiamerikanische Allianz zu bilden. ...

      USA und der Irak

      Was aber kann in der Irak-Frage getan werden? Alle Option sind schrecklich ...
      Es wird ein internationales Vorgehen entlang der zweiten Option geben. (Option 2) = Die Forderung, dass der Irak erneute Waffeninspektionen akzeptiert.) Dieses Vorgehen wird ohne Erfolg bleiben. Dann werden die USA den Irak angreifen ... und sie werden das mit vollem Recht tun.

      Aber wann? Die USA sagen mindestens seit 1997, dass sie das Regime von Saddam Hussein weghaben wollen. Die Sache zieht sich schon so lange hin, dass die Glaubwürdigkeit der USA Schaden genommen hat. ... Tatsächlich wird die Zeit zum Eingreifen pragmatisch festgelegt. Die USA werden den Irak angreifen, wenn das multilaterale Vorgehen nach einiger Zeit keinen Erfolg gebracht hat, zu einer Zeit, die günstig scheint.

      Eine erfolgreiche Invasion im Irak würde so große strategische Vorteile für die USA bringen, dass ein Scheitern der Aktion ziemlich unwahrscheinlich ist.
      Erstens sendet das möglicherweise ein Signal an alle Möchtegern-Waffenlieferanten in der Welt, dass internationale Normen letztlich auch durchgesetzt werden.
      Zweitens wird ein mögliches Nachfolgeregime im Irak die politische Balance im Iran günstig beeinflussen. ... Während des Krieges zwischen dem Iran und dem Irak in den 80er Jahren versorgten die USA den Irak mit bestimmten Waffen, um zu verhindern, dass der Iran die Golfregion beherrscht. ...
      Drittens würde ein befriedeter und entwaffneter Irak unter neuer Führung im Verhältnis der USA zur restlichen arabischen Welt die Karten neu mischen.

      Die USA werden in mindestens zwei Ländern abhängige Regierungen einsetzen: In Afghanistan und im Irak, vorausgesetzt die amerikanische Invasion wird erfolgreich.

      Ein stabiles Afghanistan ist lebensnotwendig, um Pakistan an der Seite der USA zu halten, um den Iran von Seitensprüngen abzuhalten, und um die anderen afghanischen Nachbarn, Usbekistan und Tajikistan zu stabilisieren. Auch eine stabile Regierung nach dem Sturz von Saddam Hussein wird lebensnotwendig sein.

      Wahrscheinlich werden die USA im Irak nur mit britischer und türkischer Unterstützung einfallen. Russland wird vielleicht moralische Unterstützung geben, aber dann als erstes Land Hier! schreien, wenn es nach dem Sieg um die Verteilung der Ölkonzessionen geht. Aber die USA werden die politische und militärische Initiative allein ergreifen müssen. Und die USA werden die Oberaufsicht führen, wenn es um die Bildung einer neuen Regierung im Irak geht.

      Es wird in beiden Ländern keine leichte Aufgabe werden. Mindestens im Irak wird das Unternehmen nach Imperialismus schmecken, aber die USA wollen vermeiden, dass das Land nach dem Sturz von Saddam Hussein wie eine amerikanische Kolonie erscheint.

      Anmerkung: Nein, viel schlimmer: es wird wie ein zweites Israel im Nahen Osten erscheinen!

      Afghanistan und der Irak werden wegen ihrer strategischen Wichtigkeit Sonderfälle bleiben. Aber wohin wird das alles führen? Wird Georg Bush zum weltweiten Sozialarbeiter? Es gibt Hinweise, dass er das möchte.

      Es gibt jedoch noch ... andere Wege, auf denen das amerikanische Engagement im Kampf gegen den Terror sichtlich größer werden könnte. Ein Weg wird schon in den Philippinnen, in Pakistan und im Jemen beschritten: Dort werden gemeinsame Polizeiaktionen und Trainingsprogramme für die Armeen und die Polizei durchgeführt, um den Terrorismus besser zu bekämpfen. Auch das ist "Aufbau des Landes", wenn sich dieser Aufbau auch auf einen bestimmten Zweig der Regierungsgewalt konzentriert. Geht man davon aus, dass Al-Kaida Organisationszellen in mehr als 60 Länder hat, und dass andere terroristische Organisationen ebenfalls an vielen Orten anzutreffen sind, dann wird diese Art der Zusammenarbeit wohl zunehmen.

      Die USA und multilaterale Organisationen

      Mindestens seit 1940 hatten die USA die Gründung und die Arbeit von großen multilateralen Institutionen mit gemeinsam vereinbarten Regeln unterstützt: den Weltwährungsfonds, die Weltbank, das GATT und seinen Nachfolger, die Welthandelsorganisation, um dadurch den Handel zu regulieren und die Weltfinanzen zu stabilisieren.
      Lange galten diese Institutionen als preiswertes Mittel, die Welt den USA genehm zu machen - für den Export amerikanischer Werte. Und sie galten als Mittel, die Welt für die Amerikaner (und jeden anderen) bequem zu machen: bequem um Handel zu treiben, bequem um zu reisen und bequem um Kriege zu führen. Tatsächlich haben das die Kritiker der USA schon oft behauptet, dass diese multilateralen Institutionen das Instrument seien, mit denen die US-Regierung und die Großkonzerne die Welt beherrschen.

      Ob man es gut findet oder nicht, diese amerikanischen Bemühungen um multilaterale Konsensbildung wurden sogar nach dem 11. September fortgesetzt, um weltweit bindende Regeln gegen Geldwäsche festzusetzen. Aber diese multilaterale Vorgehensweise steht nun in der Kritik, bzw. wird ihr Nutzen in Zweifel gezogen. Warum? Schon vor dem 11. September gab es in der Bush-Regierung eine einflussreiche Auffassung, dass die Verträge und Abkommen über die Weitergabe von Massenvernichtungswaffen nichts gebracht hatten. ... Daher müssten die Regeln des guten Benehmens mit der Drohung oder sogar, wenn nötig, dem Einsatz militärischer Gewalt durchgesetzt werden.

      Die USA verfügen über die reichste Wirtschaft und sind die größte Handelsmacht, allerdings erreicht die Europäische Union, die in Wirtschaftsfragen als einheitlicher Block auftritt, eine vergleichbare Größe. Japan ist die zweitgrößte Wirtschaftsnation. Daher können die USA nicht automatisch ihren Willen in der Weltbank und dem Weltwährungsfonds durchsetzen, obwohl sie ihr größter Anteilseigner sind. Und die USA haben freiwillig, wenn auch ungern, Teile ihrer Souveränität an die Welthandelsorganisation abgegeben.

      Und mehr und mehr Länder sind in den letzten Dutzend Jahren dem von den USA geführten System des freien Handels und des ungehemmten Kapitalverkehrs beigetreten.

      Was die Amerikaner an internationalen Verträgen am wenigsten mögen - auch das ist keineswegs neu - ist die Möglichkeit, dass ein vorgeschlagener Vertrag die Freiheit der USA bedrohen könnte, das zu tun, was ihnen beliebt. … Verträge und andere quasi-gesetzliche Vereinbaren beeinträchtigen die Autonomie der USA in unerwünschter Weise.

      Wie lässt sich diese offensichtliche Doppelmoral oder diese Distanz zu internationalen Abkommen begründen? Die "Außergewöhnlichkeit" der USA, eine Theorie, die schon in den amerikanischen Verfassungsdokumenten enthalten ist, wird oft als Erklärung angeführt. Die USA seien halt eigen. Es gibt auch die einfachere Erklärung: Die USA sind eben eine Supermacht und können es sich leisten.

      Wenn die USA die Hilfe anderer Länder brauchen, ist internationale Diplomatie wichtig. Wenn jedoch andere die Hilfe der USA brauchen, dann kann eine Supermacht es sich leisten, mit den Schultern zu zucken.

      Die amerikanischen Truppen sind rund um den Globus im Einsatz - mehr als die Soldaten jeder anderen Nation, daher sieht die US-Regierung eher als andere Länder die Notwendigkeit, auch mit nicht ganz einwandfreien Regimen pragmatische und realpolitische Deals zu machen. Es ist von daher verständlich, dass vermieden werden muss, dass internationale Abkommen als Instrument direkt gegen amerikanische Soldalten oder indirekt gegen sie als angebliche Komplizen von anderer Leute Verbrechen benutzt werden.

      Die Lasten von Amerikas Rolle in der Welt sind groß und werden noch größer, aber sie sind nicht untragbar. Die Ressourcen der amerikanischen Wirtschaft sind riesig und das Land erholte sich schnell von der kurzen und milden Rezession des letzten Jahres. Aber dennoch wird die Belastung in den kommenden Jahren größer werden. Die wirkliche Frage wird nicht sein, ob die USA die Last ihrer Weltrolle tragen können, sondern ob sie sie tragen wollen.

      Die militärischen Führer der USA sind keineswegs der Meinung, dass die Ausweitung des Militärhaushaltes im nächsten Jahr auch nur annähernd ausreichend sei. ...
      Das Militär hat jetzt schon Probleme, genug junge Männer und Frauen für den Militärdienst beim jetzigen Umfang von 1,4 Millionen zu finden. Es gab auch keine Welle der freiwilligen Meldungen nach dem 11. September. Es heißt, die Kosten für jeden zusätzlichen Soldaten belaufen sich durchschnittlich auf 15.000 US-Dollar. Es werden noch mehr Kosten kommen, denn die Rückkehr zur Wehrpflicht ist im Moment politisch nicht durchsetzbar. ... Die Militärausgaben werden daher in den nächsten paar Jahren stark ansteigen.

      Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Inflation dadurch ansteigt, weil die US-Notenbank notfalls die Zinsen erhöhen kann.

      Die Aktienkurse vor allem des High-Tech-Bereichs im Nasdaq brachen 2000 und 2001 spektakulär zusammen. Auch der Kurs des traditionelleren Dow Jones hat viel verloren. Früher hatten solche Aktienstürze immer irgendwelche traumatische Folgen für die Wirtschaft, meistens als Kombination von Bankzusammenbrüchen, Unternehmenspleiten, Buchführungsskandale und schwindendes Vertrauen bei den Konsumenten und den Investoren. Stück für Stück tauchen solche Faktoren auf.

      Die Entschlossenheit, die Al-Kaida-Terroristen zu bekämpfen und bei dieser Gelegenheit auch Saddam Hussein, kann dadurch sicherlich nicht berührt werden.

      Die Aussichten sind großartig. Die Ressourcen, die zum Einsatz kommen können, sind ebenso groß wie die Entschlossenheit. Allerdings sind auch die Hindernisse groß. Können sie überwunden werden? Die viel engeren Beziehungen mit Russland können hier als wichtiger Fortschritt verbucht werden.

      Ohne Zweifel wird Saddam Hussein auf die eine oder andere Art durch einen amerikanischen Angriff gestürzt.

      Ein Teil der amerikanischen Aufmerksamkeit muss sich auch auf China richten. Vor dem 11. September sahen viele Leute in China für die USA die größte Herausforderungen der Zukunft. Die Gründe dafür haben sich nicht in Luft aufgelöst: seine politische Instabilität, seine Gegnerschaft gegen die amerikanische Militärpräsenz im asiatischen Pazifik, und als schlimmstes Problem, seine Pläne in Bezug auf Taiwan.

      Letztlich wird die Welt von einer einzigen Macht beherrscht - mit all ihrer militärischen Stärke - eine Macht, die weder in internationalen Handelsdisputen noch in Umweltfragen und der internationalen Justiz besonders nachgiebig ist.

      Bei ihrem jetzigen amerikanischen Trip von militärischer Aktivität und diplomatischem Engagement im Ausland können die USA sicherlich Fehler machen und in Überheblichkeit verfallen. … Aber es ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass dadurch solch ein Schock ausgelöst wird, dass die Welt sich zwangsläufig gegen die USA kehren würde.

      Die USA sind in der heutigen Zeit das einzige Land, dass bereit und in jeder Hinsicht - technologisch, wirtschaftlich, finanziell, diplomatisch wie militärisch - in der Lage ist, die Führung für andere zu übernehmen.

      Alle Zitate aus: A survey of America`s world role, Economist, 29.06.2002.
      Quelle: Philosophischer Salon e.V., Berlin
      Avatar
      schrieb am 12.08.02 19:18:46
      Beitrag Nr. 7 ()

      Iraks `Opposition` zu Gast bei Cheney und Rumsfeld

      Während US-Präsident Bush in seinem Urlaubsort Crawford (Texas) gutgelaunt verkündete, einen Zeitplan für einen Militärschlag gegen den Irak gebe es noch nicht, trafen sich die Vertreter einer irakischen "Opposition" in Washington mit US-Vizepräsident Cheney in dessen Amtssitz beim Weißen Haus (Cheney war allerdings selbst nicht anwesend, sondern ließ sich telefonisch zuschalten) und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Beide Seiten gaben sich mit dem Verlauf der Gespräche sehr zufrieden.

      Die Vertreter der irakischen Opposition erklärten, sie hätten sich mit den amerikanischen Politikern über die Zukunft des Irak als "freien, demokratischen und pluralistischen" Staat unterhalten. Bei den Vertretern der Opposition handelt es sich um Scharif Ali Bin al-Hussain, den Sprecher des "irakischen Nationalkongresses", zwei Vertreter kurdischer Gruppen, die im Norden des Landes de facto als unabhängige Herrschaften auftreten und als Aufmarschgebiet türkischen Militärs sowie amerikanischer Agenten fungieren und möglicherweise für eine ähnliche Rolle vorgesehen sind wie sie die Nord-Allianz in Afghanistan spielte, einem Vertreter der schiitischen Opposition sowie zweier weiterer Gruppen. Die Oppositionsvertreter, deren Organisationen alle vom Exil aus operieren und von deren Inlandsaktivitäten jedenfalls offiziell kaum die Rede ist (abgesehen natürlich von den kurdischen Separatisten) behaupteten, "niemand" stünde mehr hinter Saddam Hussein oder sei gar bereit, für ihn zu kämpfen. Die Truppen der USA und ihrer Alliierten würden in Bagdad als Befreier begrüßt werden. Hinter ihnen stünden auch maßgebliche Teile des irakischen Militärs. Immerhin gelang es ihnen erstmals seit langer Zeit, offenbar unter dem Eindruck des bevorstehenden Endes des Regimes im Irak, sich leidlich einheitlich zu präsentieren Inwieweit sie tatsächlich relevante teile der Bevölkerung repräsentieren, ist allerdings von außen kaum festzustellen.

      Im Irak versucht dagegen das Regime Saddam Husseins, Stärke zu demonstrieren. Der Diktator ließ "Freiwillige" in Bagdad aufmarschieren und drohte den USA und anderen Interventen einen verbissenen Häuserkampf an. Jeder, der es versuche, den Irak zu erobern, werde auf "dem Müllhaufen der Geschichte" landen. Während das Regime im Innern versucht, die Bevölkerung durch die Androhung des Krieges bei der Stange zu halten, versucht es sich gleichzeitig durch diplomatische Schritte zu entlasten. Aus diesem Grunde erfolgte der Versuch, UN-Vertreter ohne wirklich substantielle Zugeständnisse zur Einreise in den Irak und zu Vorverhandlungen zu bewegen. Die Demarche Saddams wurde jedoch bislang von der UNO, namentlich Generalsekretär Kofi Annan, zurückgewiesen. Während die US-Regierung einerseits auf Zeit spielt, laufen hinter den Kulissen emsige Bemühungen, die Verbündeten auf Linie zu bringen. Zwar haben die USA bereits deutlich gemacht, sie würden - wenn es sein müsse - auch allein vorgehen, dennoch ist sowohl politische, als auch finanzielle und logistische Unterstützung kaum verzichtbar. Nach der Weigerung Saudi-Arabiens, die eigenen Militärbasen für amerikanische Operationen zur Verfügung zu stellen, konzentriert sich die amerikanische Initiative vor allem auf die Scheichtümer und die Türkei, während Israel aus politischen Gründen offiziell außen vor bleibt. In den europäischen Bündnisstaaten der USA regt sich dagegen zunehmend Widerstand. Selbst in Großbritannien warnen Konservative, aber auch Vertreter des wieder erwachten linken Flügels der Labour Party vor militärischen Abenteuern, wobei sie sich auf eine verbreitete Stimmung in der Bevölkerung stützen können. Die deutsche Koalitionsregierung hat ebenso wie der französische Staatspräsident Chirac eine direkte militärische Beteiligung offiziell abgelehnt, der Opposition gelingt es zur Zeit nicht, einheitlich aufzutreten.

      Quelle: © Philosophischer Salon e.V, Berlin
      Avatar
      schrieb am 12.08.02 19:24:32
      Beitrag Nr. 8 ()

      USA erpressen Staaten wegen Internationalem Strafgerichtshof

      Washington/Den Haag: Die USA setzen offenbar nicht mehr vorrangig auf die Verlängerung der Ausnahmeregelung für ihre Staatsbürger, sondern versuchen andere Staaten durch bilaterale Vereinbarungen dazu zu bringen, keine US-Bürger an den ICC auszuliefern. Bisher sind Italien, Israel und Rumänien dieser Linie gefolgt. Anderen Staaten drohten die USA jetzt mit der Einstellung der Militärhilfe, sollten sie nicht bereit sein, entsprechende Verträge zu unterzeichnen. Die Botschafter der betreffenden Staaten wurden ins amerikanische State Department einbestellt.
      Berlin So., 11.08.2002
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 09:27:43
      Beitrag Nr. 9 ()
      God Bless America


      Die USA verweigern sich dem Weltgericht

      Bei so viel Antiamerikanismus, wie in dieser Zeitung sonst immer veröffentlicht wird, kann es nicht schaden, ab und an auch Lob auszusprechen für die "einzige Weltmacht". In der Tat hat sich die Regierung der Vereinigten Staaten verdient gemacht um das Völkerrecht, wenn auch in einer etwas paradoxen Weise: Sie hat sich der Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofes lange widersetzt und dies immerhin so effektiv, dass am Ende nur ein oberfauler Kompromiß herausgekommen ist.

      Seit dem 12. Juli ist er nun in Kraft. Resolution 1422 des UN-Sicherheitsrates regelt seine Zuständigkeit und Kompetenzen, die grob gesagt, besagen, dass er für alle Fälle von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit etc. zuständig ist, außer wenn diese von Angehörigen von Staaten begangen werden, die nicht Signatarstaaten des Vertrages über den ICC (International Criminal Court) sind. Das sind, wer hätte das gesagt, natürlich zunächst und vor allem die USA selbst, deren Staatsangehörige eine vorerst auf zwei Jahre befristete Immunität genießen. Aber auch andere sind bei der Gelegenheit mit durchgeschlüpft: Russland, die VR China, Indien; selbstverständlich auch der Irak, aber der wird im Zweifelsfalle ohnehin nach einem anderen Recht abgeurteilt.

      Objektiv betrachtet ist der ICC damit am Ende, denn wer kann bezweifeln, dass die Frist nach Ablauf weiter verlängert wird. Maßstab dafür ist nicht irgendein Recht, sondern einzig und allein das Interesse der USA und der anderen, die nicht mitmachen. Das schafft Klarheit und dürfte der gerade in Europa immer noch fröhliche Urständ feiernde politische Romantik einen spürbaren Dämpferverleihen.

      Das hatte man sich fein ausgedacht: da gibt es also einen Gerichtshof im Haag (Niederlande) der - blind wie Justitia eben ist - alle bösen Menschen ohne Ansehen der Person zur Rechenschaft zieht. Gleichzeitig arbeitet die UNO, unter maßgeblicher Beteiligung der USA als eine Art Weltpolizei und, sollte mal einer der Weltpolizisten über die Strenge schlagen, unterwirft sich der Aufsicht durch gut ausgebildete Juristen. So hätte es denn kommen können: ein Gericht unter Vorsitz eines Belgiers und mit Beisitzern aus Ruanda und der Mongolei verurteilt einen durchgeknallten US-Sergeant zu 15 Jahren Haft und - ganz unparteiisch - auch einen russischen General wegen ähnlicher Verstöße in Tschetschenien.

      So verhält es sich im Märchen: die Mäuse halten Gerichtstag ab und verurteilen die Katze. Wenn´s gut geht: Prima, wenn nicht, gibt´s eben ein paar Mäuse weniger. Aber die Gattung ist eh unausrottbar.

      Die Propheten der Weltinnenpolitik und der universalen Verrechtlichung haben nur übersehen, dass jedes Recht immer nur soviel wert ist, wie die Macht, die bereit steht, es durchzusetzen. Recht ohne Macht ist fauler Zauber. Und aus was für einem Grund sollten sich die USA, ohne deren Finanzen bei der UNO ebenso wenig geht wie ohne deren Militär (auf gar keinen Fall gegen dieses!), einen Gerichtshof fördern , der ihre eigene Politik torpedieren könnte. Gewiß, wenn es darum geht, die eigene Politik zusätzlich durch einen Richterspruch zu legitimieren, ist so was ja ganz nützlich, aber keineswegs Bedingung. Oder hätte je irgendwer erfahren, welches Gericht General Austin und Bernard Coard, die letzten Machthaber der Karibikinsel Grenada, die nach einer US-Militärintervention in die USA gebracht wurden, verurteilt hätte? Immerhin war Grenada ein souveräner Staat. Vielleicht gab es ja sogar ein Gericht, aber das tagte irgendwo in den USA, die aber natürlich sowieso überall zuständig sind.

      Doch ganz so weit ist man noch nicht. Auch Russland und die VR China haben zwar um ihre Ablehnung nicht soviel Gewese gemacht wie die USA, aber doch voll mitgezogen. So deutet sich die Entwicklungsrichtung an: nicht die Globalisierung, die "One-World" ist angesagt, sondern die Oligolopolisierung der Welt. Damit könnte auch die UNO, die immer nur die Macht hat, die aus den internationalen Kräftekonstellationen für sie anfallen, wieder an Bedeutung gewinnen. Nach dem Scheitern der US-Globalisierung ein einziger Runder Tisch der neuen "Supermächte". Dies klargestellt zu haben ist ein bleibendes verdienst der US-Administration.

      Quelle: © Philosophischer Salon e.V, Berlin
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 19:05:10
      Beitrag Nr. 10 ()

      In den USA herrscht Korruption größten Ausmaßes - Eine kaputte Gesellschaft!

      Mondo Washington - Wie Enron es sich gemütlich machte mit Bush & Co.

      Dem Gelde auf der Spur zu bleiben, ist der Schlüssel zum Verständnis der Bush-Regierung. Wenn Sie einmal herausgefunden haben, wer wieviel gegeben hat, schauen Sie auf die Gegenleistung. Nehmen Sie beispielsweise Enron, den großen texanischen Gas- und Handelskonzern und seinen jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden Ken Lay. Er ist befreundet und war ein Unterstützer des Vaters des Präsidenten. Wie die Zeitschrift Business Week es formuliert, griff Lay ein, nachdem Bush Senior von Clinton 1992 geschlagen worden war, und arrangierte einen Zwischenaufenthalt bei Enron für den ehemaligen Außenminister James Baker und den früheren Handelsminister Robert Mosbacher, die beide Berater wurden.

      Enron brachte 500 000 Dollar für Dubya`s (George W. Bushs) Gouverneurskampagnen in Texas auf. Es wurde damit zum größten Spender. Während der Präsidentschaftskampagne des letzten Jahres stellte die Firma geschäftseigene Flugzeuge für die Republikaner zur Verfügung und spendete 250 000 Dollar für deren Versammlung (Convention) in Philadelphia, berichtet Business Week, während Lay gleichzeitig 100 000 Dollar für das Bush-Inaugurationskomitee abdrückte und während des Wahlkampfs sein energiepolitischer Berater war. Die Gesamtspenden von Enron an die Republikaner für den letzten Präsidentschaftswahlkampf beliefen sich gemäß der Zeitschrift Public Citizen auf 1,8 Millionen Dollar.

      Gegenwärtig ist Lay ein herausragender Berater Spencer Abrahams, des Freihandelsbesessenen, der Energieminister ist. Von Enrons Standpunkt aus versetzt dies Lay in die Position des Spötters (this puts Lay in the catbird seat). Abraham ist nämlich das Mitglied des Bush-Teams, das sich mit der Energiekrise in Kalifornien befaßt, wo Enron ein Hauptlieferant ist. Kürzlich machte Abraham Weststaaten-Gouverneure wütend - darunter einige Republikaner - als er der davoneilenden Energiepreise wegen Überlegungen zu Preiskontrollen durch die Regierung ausschloß.

      Mondo Washington - How Enron Got Cozy With Bush and Company,
      by James Ridgeway, The Village Voice, New York City, Week of February 14-20, 2001
      www.villagevoice.com

      Nachsatz:

      Der Beitrag stammt vom Februar 2001, als die Enron-Welt noch in Ordnung war. Inzwischen haben Tausende von Enron-Mitarbeitern alles verloren, Stellung, Aktienanteile und Rentenansprüche, während sich das Top-Management unmittelbar vor der Pleite noch Millionenbeträge aus Aktienverkäufen und Prämien sicherte. Wir treffen wieder dieselben Personen an, die auch schon in unseren Berichten über die Carlyle Group die Hauptrollen spielten: James Baker und Robert Mosbacher (Bericht, vom 4.12.2001).

      Aus anderen Berichten erfuhren wir, daß der Pensionsfonds der texanischen Lehrer, der Texas Teachers Pension Fund und der Pensionsfonds der öffentlichen Angestellten Kaliforniens, das California Public Employees Retirement System (CalPERS) jeweils Hunderte von Millionen Dollar beim Bankrott der Firma Enron verloren. Diese Fonds hatten zum Gefallen der Republikanischen Partei das Geld ihrer Klienten sowohl in die Carlyle Group als auch in Enron investiert.

      Die USA sind von mafiösen Strukturen durchdrungen.

      Die Herrschenden ruinieren soeben die gesamte Gesellschaft der USA. Wie will das Land seine Zukunft gestalten? Ein Handelsbilanzdefizit von 400 Milliarden Dollar, ein Verteidigungshaushalt von ca. 350 Milliarden Dollar, ein auf den internationalen Märkten überbewerteter Dollar, gigantische Verluste an Steuereinnahmen wegen der Steuergeschenke an die Reichsten des Landes, Ausgaben für Eroberungskriege in Milliardenhöhe, und kein Ende abzusehen, eine zunehmende Isolierung von bewährten und kurzfristigen Verbündeten.

      Ein Scherbenhaufen.

      Dahin hat die Bush-Regierung das Land in zwei Jahren gebracht. Die Verschärfung der Repression nach innen wird es den Bürgern kaum gestatten, sich gegen ihre Herrscher und deren Mafiamethoden zu wenden. Die Sondergesetze nach dem 11. September haben dies erschwert bis unmöglich gemacht.

      Autor: James Ridgeway
      Übersetzung und Kommentar: Dr. Gudrun Eussner,
      Berlin, 14.01.2002
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 21:02:29
      Beitrag Nr. 11 ()
      #9

      GI,

      Ich war in 1992 auf Grenada und konnte mich mit dem abgesägten Ministerpräsidenten von Dominica unterhalten: was da gespielt worden war, auch um das US-Parlament zu betrügen, auch nicht zu glauben - hoffentlich kennt die Dominica-Einzelheiten auch der Philosophen e.V. Berlin.
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 21:04:42
      Beitrag Nr. 12 ()
      Stells doch rein - so kann ich mir nicht grade eine
      einigermaßen realistische Vorstellung davon machen :D
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 01:11:33
      Beitrag Nr. 13 ()

      Wie in den USA seinerzeit das Alkoholverbot unter dem "Dry Law", so schafft auch das Drogenverbot viel mehr Probleme als es löst.

      Am 4. Januar 2001 hat der Direktor des Office of National Drug Control Policy (ONDCP), der pensionierte Viersterne-General Barry McCaffrey, bekannt auch unter dem Spitznamen "Drogenzar" und ehemals zuständig für das Kommando des Operationszentrums zum Drogenverbot in Lateinamerika, der US-amerikanischen Regierung seinen Antidrogenbericht vorgelegt. Er hob darin hervor, daß auch der neue Präsident George W. Bush die nationale Strategie zur Bekämpfung der Drogen beibehalten sollte.

      General McCaffrey war auch maßgeblich beteiligt am sogenannten Plan Colombia, mit dem die USA 1,3 Milliarden US-Dollar hauptsächlich militärischer Unterstützung zur Reduzierung des illegalen Kokain- und Heroinhandels bereit stellen. Der Plan sieht vor, daß US-Militärberater spezielle kolumbianische Einheiten im Kampf gegen Drogenhändler, und indirekt auch gegen linksradikale Guerillas ausbilden, die den Drogenhandel schützen und von ihm finanziell profitieren.

      Das US-amerikanische Militär ist aktiv im Kampf gegen Drogen eingesetzt, sowohl in den USA als auch im Ausland. Der "Drogenzar" behauptet, daß dadurch Drogenkosum und -handel in den USA zurückgingen. Leider trifft dies nach allen vorhandenen Statistiken nicht zu, sondern das Drogenverbot ist kontraproduktiv. Wie in den USA seinerzeit das Alkoholverbot unter dem "Dry Law", so schafft auch das Drogenverbot viel mehr Probleme als es löst.

      Einige Aspekte sollen hier beleuchtet werden.

      Wirtschaft

      Wie jede andere Industrie ist auch das Drogengeschäft beherrscht von den Gesetzen des Angebotes und der Nachfrage. Gibt es zu wenig Rohmaterial, seien es Kokablätter oder Opium, steigt der Preis. Gibt`s zuviel, sinkt er. Die Produzenten, ob Bauern in Afghanistan oder Hersteller synthetischer Drogen in Europa, wollen ihre Kosten senken und ihre Gewinne steigern.

      In Afghanistan wurde im Jahre 2000 Rohopium für 50 US-Dollar pro Kilogramm verkauft. Das ist für die afghanischen Bauern ein stattlicher Preis. Nur ein Teil des Opiums wird bislang in Afghanistan selbst zu Heroin verarbeitet, ein weiterer Teil geht in Fabriken in Pakistan und Zentralasien, von wo es nach Europa geschmuggelt wird. Bis es dort in den Handel kommt, hat sich sein Preis um das 2000-fache erhöht. Nach Ermittlungen der Vereinten Nationen kostet ein Kilogramm Heroin in Pakistan durchschnittlich 2 720 US-Dollar. In den USA wird es dagegen für 129 380 US-Dollar verkauft.

      Warum sind Drogen überall erhältlich? Weil wir in Zeiten leben, die die Goldgräberzeiten in den Schatten stellen. Die Realität des Goldrausches war Prostitution, Gewalt, Trunkenheit, Gesetzlosigkeit aller Art. Dabei hatte und hat das Gold einen weitaus geringeren Wert als Kokain und Heroin. Heute kostet Gold im Großhandel pro Gramm 9 US-Dollar. Kokain kostet 44 US-Dollar pro Gramm, und das, nachdem die Kokainpreise massiv gefallen sind. Während Reagans Drogenkrieg war Kokain zwanzigmal soviel wert wie Gold. Heroin kostet heute 300 US-Dollar pro Gramm, es ist also mehr als dreißigmal so wertvoll wie Gold.

      Das ist die Antwort darauf, warum Prohibition keine Drogenkontrolle oder gar Abschaffung bringen kann. Der "Drogenrausch" hat gewissermaßen eine Goldgräberstimmung in allen Ecken und Enden der USA hervorgerufen.

      Die Taliban stattdessen treiben von den Opiumbauern ganz normal Steuern ein. Das ist eine wesentliche Einkommensquelle für sie. Sie haben die härtesten Gesetze der Welt gegen Drogenkonsum, selbst das Rauchen von Zigaretten wird in Afghanistan nicht gern gesehen. Größeren Drogenmißbrauch gibt es dort nicht, und die Taliban schreiben dies der afghanischen Moral und den Traditionen zu.

      Es ist wahrscheinlich, daß Vertreter der Taliban auch im Drogenhandel und -transport tätig sind. Ein "Old hand", der heute 75-jährige Omar Mumtaz, der seit 1987 als politischer Flüchtling in den USA lebte, und der vor dem Einmarsch der Sowjets in Afghanistan der "König des Transports" genannt wurde, hat sich jetzt in Kabul niedergelassen, um dort eine Privatbank zu eröffnen. Der oberste Chef der Taliban Mollah Mohammad Omar ist einverstanden, und nun muß nur noch das Sanktionskomitee der UNO von der guten Sache überzeugt werden, und dann kann das Geschäft in großem Stil losgehen. Herr Omar Mumtaz kann alle Kenntnisse, die er in den USA erworben und alle geschäftlichen Kontakte, die er dort geknüpft hat, bestens im Sinne der Taliban einsetzen.

      Wenn jemand die Taliban der doppelten Moral zeiht, antworten diese, daß die westliche Nachfrage das Problem sei. Dieser Meinung sind auch hochrangige Regierungsvertreter lateinamerikanischer Länder.

      Was die Nachfrage an Drogen angeht, so erwirtschaftet das illegale Drogengeschäft nach Angaben des International Drug Control Program der Vereinten Nationen allein 50 Milliarden US-Dollar in den USA und jährlich mehr als 400 Milliarden US-Dollar weltweit. Das sind acht Prozent des gesamten internationalen Handels, was dem Umsatz der Textilbranche entspricht. Nach den Vereinten Nationen haben sich die Gewinne aus dem illegalen Drogengeschäft so erhöht, daß man drei Viertel aller Drogen beschlagnahmen müßte, um die Profitabilität des Geschäfts ernsthaft zu schädigen. In den USA werden aber nur fünf bis fünfzehn Prozent des Drogenimports abgefangen, da Drogenhändler sich solchen Maßnahmen wendig anpassen, in dem sie neue Schmuggelmethoden und -routen entwickeln. Die Schmuggelkosten machen in den USA überhaupt nur zehn Prozent des Endwertes von Kokain aus. Diese Kosten, mit allen übrigen Produktionskosten außerhalb der USA zusammengenommen ergeben dreizehn Prozent des Einzelhandelspreises für Kokain. Vernichtung von beschlagnahmten Drogen sowie Drogenverbot sind für die Drogenmafia eine Art Allgemeinkosten ihres Geschäftes. Ihr Einfluß auf den Preis in den USA ist vernachlässigbar. Schon deshalb macht die Strategie, Drogen bereits an den Grenzen der Produktionsländer abzufangen, wirtschaftlich wenig Sinn, solange die Drogen in den USA und den anderen Konsumentenländern verboten bleiben. Mindestens 87 Prozent des Mehrwertes werden in den Konsumentenländern geschaffen. Man kann sagen, daß der Risikopreis desto höher ist, je näher die verarbeiteten Drogen an den Einzelhandel kommen. Deshalb auch konnten die Taliban einmal großzügig fast ein Drittel der Opiumanbauflächen niederbrennen lassen - es kostete sie so gut wie nichts.

      Aufgrund des exzellenten Herstellungs- und Distributionsmanagements der Drogenmafia wurden Kokain und Heroin sowohl in Europa als auch in den USA billiger, womit wir zum nächsten Aspekt kommen.

      Korruption

      Zwar gibt es in den Produktionsländern auch Korruption in Zusammenhang mit Drogenproduktion und -handel, aber diese müßte sich in Grenzen halten, wenn die Produktions- und Handelskosten außerhalb der USA nur dreizehn Prozent des Einzelhandels betragen. Dennoch kann gesagt werden, daß ein drogenproduzierendes Land wie Kolumbien, das Hauptzielland des von den USA angeführten Drogenkreuzzuges, beispielsweise, mit ansehen muß, wie über die Jahre seine Justiz, Legislative und Exekutive, und da besonders das Militär, nach und nach durch den Drogenhandel korrumpiert wurden. Im November 1998 beispielsweise hat Personal vom US-Zoll und von der Drug Enforcement Administration (DEA) in einem Flugzeug der kolumbianischen Luftwaffe 415 Kilogramm Kokain und sechs Kilogramm Heroin gefunden.

      Die Aushebung von Drogenhändlerringen haben zu schwersten Gewalttaten geführt und selbst Kartelle zerschlagen, aber sie haben keinerlei einschränkenden Einfluß auf den Drogenexport gehabt.

      Die massivste Korruption findet in den USA selbst statt. Durchschnittlich die Hälfte aller als Ergebnis einer von 1993 bis 1997 durchgeführten FBI-Untersuchung der Korruption überführten Polizeioffiziere wurden solcher Delikte überführt, die mit dem Drogenhandel zu tun hatten. Das Polizeidepartement von Los Angeles hatte Ende Juli 2000 einen Skandal zu verkraften, in dem gegen 70 Polizeioffiziere Untersuchungen wegen verübter Verbrechen oder Duldung und Nichtanzeigen von Verbrechen im Zusammenhang mit dem Drogenhandel eingeleitet worden waren. Ca. 100 Verbrechen waren auf Grund des Fehlverhaltens dieser Polizeioffiziere nicht verfolgt worden.

      Ein 1998 herausgegebener Bericht des Statistischen Amtes (General Accounting Office) der USA bemerkt, daß die Korruption in Zusammenhang mit dem Drogenhandel folgende Straftaten umfaßte: 1. gegen die Verfassung verstoßende Durchsuchungen und Beschlagnahmen, 2. Stehlen von Geld und/oder Drogen von Drogenhändlern, 3. Verkauf von gestohlenen Drogen, 4. Decken von Aktivitäten bei Drogenkonsum und -handel, 5. falsche Zeugenaussagen, 6. Ablieferung falscher Verbrechensberichte.

      Als ein Beispiel unter vielen anderen benennt das Amt die Stadt Philadelphia, wo seit 1995 zehn Polizisten des 39. Polizeidistrikts angeklagt wurden, Verdächtigen Drogen untergeschoben zu haben, Drogenhändler um Hunderttausende von Dollars ausgenommen und Einbrüche begangen zu haben, um Drogen und Geld zu stehlen.

      Zusammenfassend erklärte das Drogenkontrollprogramm der Vereinten Nationen (the United Nations Drug Control Program) in seinem Bericht von 1998: Wo immer eine gut organisierte Drogenindustrie arbeitet, ist auch die Gefahr von Polizeikorruption.

      Solcher Art Korruption von Polizisten ist also zahlreich. Wenig bis keine Dokumentation findet man über die Korruption an höheren Stellen, bis hinein in die Regierung. Schnell sind die US-amerikanischen Drogenfahnder bei der Hand, ausländische Regierungen zu bezichtigen und dort Handlungsbedarf zu sehen.

      Einflußnahme auf andere Staaten

      Ein Dutzend Staaten der Welt stehen, was Drogenproduktion und -handel angeht, auf der Schwarzen Liste der USA, die diese Länder nötigen, ihnen genehme Gesetze zur Drogenbekämpfung einzuführen. Dabei haben die USA die politischen und wirtschaftlichen Probleme dieser Länder aufs Schwerste verschärft. Der Kampf auf der sogenannten Angebotsseite wurde schon unter den Präsidenten Reagan und Bush I intensiviert, ein absolut fehlgeschlagenes erfolgloses Konzept. Nach einem Bericht der US-Regierung, von 1998, wuchsen die Anbauflächen für Kokablätter von 1987 bis 1997 von 173 243 Hektar auf 194 100. Die hauptsächlich in Süd- und Mittelasien befindlichen Opiumanbauflächen verdoppelten sich in der Zeit von 112 585 auf 247 000 Hektar. Die Opiumproduktion wuchs in derselben Zeit von 2 242 auf 4 137 Tonnen.

      Die von den USA und in geringerem Maße auch von Staaten der EU unterstützten alternativen Anbauprojekte ("Erbsen, Bohnen, Linsen") mußten aus mehreren Gründen scheitern, angefangen damit, daß die klimatischen und Bodenverhältnisse für Substitutionen ungeeignet waren. So können in Peru und Bolivien maximal zehn Prozent der Anbauflächen für legale Feldfrüchte genutzt werden. Außerdem rentiert sich der Anbau von Kokapflanzen und Opium mehr für die Bauern. Die den Ländern aufgezwungenen Alternativprogramme führten dazu, daß die Bauern Koka und Opium auf anderen Anbauflächen weiter anbauten.

      Aus Ländern wie Thailand ist bekannt, daß die dortigen Opiumbauern von den Drogenhändlern mittels eines ausgeklügelten Kreditsystems abhängig gehalten werden. Diese Bauern, die oftmals selbst opiumabhängig sind, werden gezwungen, ihre zukünftigen Ernten zu verpfänden. Sie können gar nicht aussteigen. Khun Sha United Army, Kuo Mintang und andere Banden sorgen dafür, daß ihr finanzieller Nachschub nicht versiegt.

      Die USA haben 1986 und 1988 den sogenannten Anti-Drug Abuse Act erlassen, der die Bedingungen festlegt, unter denen ein Staat von den USA Hilfe erhält und zum US-Markt zugelassen wird. Einmal im Jahr hat der US-Präsident nachzuprüfen, welche Staaten in diesem Sinne mit den USA zusammenarbeiten. Bei Nicht-Folgeleisten sind selbstverständlich eine Reihe von Handels- und Hilfesanktionen vorgesehen. Während der Amtszeit von Präsident Clinton hatten sich mehr als dreißig Staaten dieser Zertifizierungsprozedur zu unterwerfen. Elf von ihnen genügten den Anforderungen nicht, wobei festzustellen ist, daß für die USA wirtschaftlich wichtige Staaten, wie Mexiko, zertifiziert wurden, Kolumbien aber nicht, obgleich beide Länder sich in nichts nachstehen, was die Drogenszene angeht. Rußland, heute Produktions-, Transit- und Konsumentenland in einem, in dem die Geldwäsche blüht, steht überhaupt nicht auf der Liste der zu zertifizierenden Staaten, wohingegen der Iran, der ein hartes Antidrogenprogramm fährt, aufgelistet ist.

      Da die Sanktionen dann die gesamte Industrie betreffen, müssen legale Sektoren, wie zum Beispiel die kolumbianische Blumenindustrie, hohe Ausgaben für PR-Maßnahmen tätigen, um die Regierung der USA davon zu überzeugen, hierauf keine Sanktionen zu verhängen.

      Diese Initiativen haben die bäuerlichen Kreise in allen betroffenen Staaten gegen ihre Regierungen und gegen die USA aufgebracht, konsequenterweise unterstützen die Bauern nunmehr vermehrt die Guerillagruppen, die in Kolumbien an die 150 Millionen Dollar jährlich aus dem Drogengeschäft bekommen. In den 80er Jahren erhielten die Guerilleros des "Sendero luminoso" eine ähnlich hohe Summe jährlich. Wieviel die Guerillagruppen Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), die Tschetschenienkämpfer und andere mit Hilfe der Taliban in der Gegend operierende Freischärler erhalten, steht nirgends geschrieben.

      Die US-amerikanischen Anti-Drogenmaßnahmen schwächen die Zivilgesellschaft und stärken das Militär in den betroffenen Ländern, von denen viele gerade dabei sind, marktorientierte Strukturen einzuführen und ihre Zivilgesellschaft zu stärken. Wenn aber bereits demokratisch einigermaßen stabile Länder, wie Kolumbien, durch die US-Gesetze unterminiert werden, gibt es keinen Grund anzunehmen, daß die Maßnahmen in Asien erfolgreicher sein werden. Im Gegenteil, sie schaffen finanzielle und moralische Unterstützung für linksradikale Rebellengruppen. Experten gehen so weit zu behaupten, daß die US-amerikanischen Gesetzesmaßnahmen die Drogenindustrie nunmehr auf andere Länder ausgebreitet haben, wobei Venezuela, Argentinien und Brasilien genannt werden. Wie Herr McCaffrey jedoch neulich mitteilte, soll dieser die Beziehungen vor allem mit den lateinamerikanischen Staaten belastende Anti-Drug Abuse Act demnächst abgeschafft werden. Die betroffenen Staaten sehen in dem Act ein verletzendes Beispiel der US-amerikanischen Arroganz.

      Die Vereinten Nationen behalten derweil ihren traumtänzerischen Optimismus, in dem sie kürzlich einen Plan ankündigten, die weltweite Drogenproduktion in zehn Jahren auf Null zu reduzieren. Solches gibt es also auch.

      Die Drug Enforcement Administration (DEA)

      Bevor wir zu drogenbezogenen Verbrechen und dem gefängnis-industriellen Komplex der USA übergehen, wollen wir einen Blick auf die Drug Enforcement Administration werfen. Wörtlich müßte man sie als "Verwaltung zur Durchsetzung von Drogen" übersetzen - wohl wahr!

      An die 10 000 Mitarbeiter, davon die Hälfte "Special Agents" (4 561) und "Intelligence Specialists" (686) arbeiten in dieser Behörde des US-Justizministeriums gemeinsam mit dem FBI, dem US Marshals Service, dem Immigrations- und Naturalizierungsdienst und anderen. Der Hauhalt der DEA stieg von 700 Millionen US-Dollar, in 1973, auf 17,8 Milliarden US-Dollar, in 2000. Im Jahre 2001 soll der Haushalt 19,2 Milliarden US-Dollar erreichen. Wem dies schon als astronomisch erscheint, dem sei mitgeteilt, daß diesem Betrag noch Antidrogen-Mittel in Höhe von insgesamt 33 Milliarden US-Dollar auf der Ebene der US-Bundesstaaten und auf lokaler Ebene zugerechnet werden müssen, so daß ein Gesamtbetrag von jährlich ca. 52 Milliarden US-Dollar erreicht wird.

      Die DEA operiert weltweit, auf inner- und internationaler Ebene. Sie managt nationale Aufklärungsprogramme, nicht etwa, um die Bevölkerung über die Drogengefahren aufzuklären, sondern im guten nachrichtendienstlichen Sinne sammelt, analysiert und vertreibt sie strategisch und operational wichtige Informationen über den Stand der Drogenindustrie in aller Welt. Dazu arbeitet sie mit ausländischen Regierungen zusammen, vernichtet Ernten, organisiert Fruchtsubstitutionen und bildet ausländische Beamte aus. Unter der Federführung des Außenministeriums und der US-Botschafter werden Counterparts in aller Welt in den Kampf gegen die Drogen einbezogen. Demnächst sollen von der DEA in Quantico/Virginia auch ausländische Nachrichtendienstler ausgebildet werden. Selbstverständlich muß dann das zur Überwachung nötige Material anschließend in den USA gegen harte Dollar erworben werden - es sei denn, Staaten wie Rußland und Usbekistan hätten solches schon in Eigenproduktion hergestellt. Unwahrscheinlich!

      1973 hatte die DEA 24 Flugzeuge und 41 Spezialagenten/Piloten im Einsatz, heute operieren unter dem Namen DEA Office of Aviation Operations (OA) 95 Flugzeuge und 117 Spezialagenten/Piloten. Die OA operiert von Ft. Worth/Texas aus. Außenstellen hat die OA in Peru, Kolumbien, Bolivien, Mexiko, Puerto Rico und auf den Bahamas. Ihre Piloten sind erfahrene Spezialagenten sowie hochqualifizierte Piloten. Sie sind der Sache ergeben.

      Der DEA Nachrichtendienst ist seit 1973 signifikant gewachsen. Von einer Handvoll Agenten in den USA wuchs die Zahl auf 680 in aller Welt. Es werden taktische, investigative und strategische Nachrichten gesammelt. Dazu unterhält die DEA folgende Büros: 25 in Europa, Mittlerem Osten und Afrika, je 15 in Fernost und in Lateinamerika, 16 in Zentralamerika und acht in der Karibik.

      In Europa/ Mittelost/ Afrika ist sie in nahezu allen Haupt- und größeren Städten vertreten, in Berlin und Frankfurt, in Bern, Brüssel, Islamabad, Kopenhagen, London Moskau, Ottawa (liegt gemäß DEA nicht in Amerika), Paris, Rom, Taschkent usw. Sinnigerweise gibt`s kein Büro in Tel Aviv. Städte wie Moskau und Taschkent werden gewiß erst allmählich durchschauen, was sie sich da geholt haben. Israel wußte das anscheinend schon vorher und hat deshalb verzichtet.

      Besonders stolz ist die DEA auf ihre Hauptoperationen mit den aufregenden Namen wie "Charlestown Code of Silence", "Larry Hoover & the Gangster Disciples", "Operations Conquistador and Columbus", "Operation Foxhunt Zorro", "Operation Ramp Rats", "Operation Tiger Trap" usw.

      Die DEA ist weiterhin besonders stolz auf ihre Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen. Schon ihr Vorgänger, das Federal Bureau of Narcotics, hat 1949 zwei Agenten in die Türkei und nach Frankreich geschickt, wo der Welt größte Mengen Morphinbase und Heroin hergestellt wurden. Die Anzahl der Agenten stieg dann allmählich an. Selbstverständlich bildeten sie die Counterparts in aller Welt aus, berieten sie, und wiesen ihnen auch sonst den richtigen Weg. Um diesen genau zu kennen, müssen sie in den betroffenen Ländern Nachrichten sammeln.

      Besonders kümmern sie sich auch um die Aufdeckung von Geldwäsche, bei der aus dem Drogengeschäft realisierte Gewinne in legales Kapital umgewandelt wird. Da die USA die Geldwäsche dadurch erschweren, daß Transaktionen von mehr als 10 000 US-Dollar deklariert werden müssen, und ihr Staat so von weiteren kriminellen Akten verschont bleiben soll, schmuggeln Geldwäscher das Geld aus den USA, beispielsweise nach Mexiko. Da gibt es den Präsidenten einer Bank namens Banamex Bank, die natürlich ob der Anschuldigungen zweier Journalisten, der Bankpräsident sei in den Drogenhandel verstrickt, mit in Washington angeheuerten Anwälten der Firma Akin Gump zurückschlug. Der E-mail Server der Web Site Narco News, die die Drogengeschäfte des Bankers verbreitet hatte, wurde von Akin Gump schon lahmgelegt.

      Der Präsident der Bank richtete übrigens 1999 ein Treffen zwischen dem US-Präsidenten Clinton und dem Präsidenten Zedillo von Mexiko aus. Sein Anwesen in der Karibik diente dem designierten Präsidenten Vicente Fox als Erholungsort.

      Geldwäsche in den USA selbst findet aber dennoch statt, und zwar mittels der Umgehung der Deklarationen, durch Geldwäsche in bargeldintensiven Einrichtungen, wie Restaurants, in Scheinfirmen, wie Kunstgalerien, Juwelierläden, Auto- und Bootshandlungen, ja sogar karitativen Einrichtungen oder gar in eigenen Privatbanken. Das ist dann der Gipfel der drogenindustriellen Perfektion.

      Verbrechen

      US Census Data und FBI Uniform Crime Reports haben eine Statistik aller in den USA von 1900 bis 1998 begangenen Mordtaten herausgegeben. Die Daten zeigen, daß es zwei besonders gewaltätige Episoden im 20. Jahrhundert gegeben hat. Beide fallen zusammen mit der Alkoholprohibition und der Eskalation des heute geführten Krieges gegen die Drogen. 1933 war die Mordrate mit 9,7 pro 100 000 die höchste seit 1900. Es war das Jahr, in dem die Prohibition endlich beendet wurde. Die Rate fiel in den folgenden Jahren steil auf ca. 5,5 Morde pro 100 000 ab. 1980 war wieder ein Höhepunkt, mit 10 Morden pro 100 000 US-Bürger. Sehr viel niederiger wurde sie danach nicht mehr.

      1988 wurden 85 Prozent der auf Crack bezogenen Verbrechen auf Grund der Marktkultur bezüglich dem illegalen Crackhandel und Territorialdisputen zwischen Crackhändlern begangen.

      Der durchschnittliche Drogenhändler hat eine schlechtbezahlte Arbeit, und er dealt part-time, um Drogen für den eigenen Gebrauch finanzieren zu können.

      1973 gab es in den USA 328 670 Verhaftungen wegen Verstoßes gegen die Drogengesetze, 1998 waren es 1 559 100, davon 78,8 Prozent nur wegen Besitzes verbotener Drogen. 21,2 Prozent waren Verhaftungen wegen Drogenherstellung oder -handel. Der einfache Besitz von Marihuana machte 38,4 Prozent aller Verhaftungen aus.

      Eine Studie der Columbia University bestätigt, was viele Kriminologen längst wissen, daß Alkohol die Ursache von härteren Verbrechen ist als irgendeine verbotene Droge, Crack, Kokain und Heroin eingeschlossen. 21 Prozent der Kapitalverbrechen wurden unter Alkoholeinfluß begangen, aber nur 3 Prozent unter Crack oder Kokain allein, und nur ein Prozent unter Heroin allein.

      US-Bundesstatistiken zeigen, daß mehr als 40 Prozent der überführten Mörder ihre Tat unter Alkoholeinfluß begingen.

      Wo bleiben nun all die kleinen und großen Drogenkriminellen? Sie wandern in die zahlreichen Gefängnisse der USA.

      Der gefängnis-industrielle Komplex

      Anfang Februar 2000 hat das US-amerikanische Kriminalsystem Geschichte geschrieben: erstmalig überstieg die Anzahl der gleichzeitig einsitzenden Gefangenen die Zweimillionengrenze. In den USA beginnt man, sich zu fragen, warum dem so ist. Dazu betrachtet man die Entwicklung der Gefängnispopulation im einzelnen. Es bedurfte mehr als zweihundert Jahre, nämlich von 1776 bis 1990, um eine Million gleichzeitig zu inhaftieren. Die zweite Million kam in den letzten zehn Jahren hinzu.

      In den 90er Jahren wurden Milliarden US-Dollar ausgegeben, um zusätzliche Gefängnisse zu errichten. Aber es gibt noch nicht genügend. Kaum waren die neuen Gefängnisse fertig, waren sie schon wieder voll, und es mußten weitere gebaut werden. Das führt zu kuriosen Ergebnissen. Während noch vor einer Generation nur wenig Menschen gern neben einem Gefängnis wohnten, reißen sich heute kleine und mittlere Städte um sie. Die Orte, die dabei nicht erfolgreich sind, wenden sich an die Regierung um Abhilfe. In Kalifornien beispielsweise ist die Gefängniswärter-Gewerkschaft so gewachsen, daß sie eine politische Macht bildet. Mit ihrer Mitgliedschaft von mehr als 27 000 steuerzahlenden Gefängniswärtern unterstützt die Gewerkschaft die Parteien und Kandidaten, die versprechen, noch mehr Gefängnisse zu bauen, mehr Wärter anzustellen sowie deren Gehälter und Prämien anzuheben. Die Privatfirmen, die mit den Gefängnisbehörden zusammenarbeiten sind auch beim politischen Machtkampf dabei. Sie wissen, daß ihre Gewinne steigen, wenn es mehr Gefangene gibt.

      Von 1984 bis 1996 baute Kalifornien 21 neue Gefängnisse und nur eine neue Universität. Kaliforniens Regierungsausgaben für Gefängnisse stiegen von 1987 bis 1995 um 30 Prozent während die Ausgaben für höhere Bildung um 18 Prozent sanken.

      Die Bevölkerung Kaliforniens hat das Problem erkannt, und so wurde gleichzeitig mit der Präsidentenwahl auch über die "Proposition 36" positiv abgestimmt, nämlich, das Drogengesetz zu liberalisieren, also Ersttäter und Kleinstdealer nicht mehr zu inhaftieren, sondern sie zu behandeln. Allein in Kalifornien sitzen 162 000 Gefangene in den Knästen, davon mehr als ein Drittel Gelegenheitskonsumenten von Drogen und kleine Drogenhändler. Es gibt Fälle, da kommt beispielsweise jemand wegen des Besitzes einiger Gramm Drogen in die Mühlen des Gesetzes, erhält dafür 27 Jahre Knast und wird erst nach zahlreichen Eingaben neun Jahre später entlassen. Der Ehemann dazu, der als Kleinhändler unterwegs war, kommt nach vier Jahren wieder frei. Verkehrte Welt!

      Die Gesetzesliberalisierung wurde nun nicht etwa aus Menschenfreundlichkeit oder aus Einsicht in die Ausmaße des gesellschaftlichen Elends in dem Bundesstaat in Gang gebracht, sondern weil die Kosten der Inhaftierungen nicht mehr finanziert werden können. Die Liberalisierung wird dem Staat Kalifornien zukünftig ca. 250 Millionen US-Dollar pro Jahr an Verwahrungskosten und 40 Millionen US-Dollar jährlich an Verwaltungskosten einsparen. Hinzu wird eine einmalige Ersparnis von ca. 550 Millionen US-Dollar für nicht gebaute Gefängnisse kommen, insgesamt im ersten Jahr also annähernd 1 Milliarde US-Dollar Ersparnis. Ein Teil des Ersparten, ca. 120 Millionen US-Dollar soll zur Rehabilitierung von erst- und zweitmalig auffällig gewordenen nichtgewalttätigen Drogenkonsumenten eingesetzt werden.

      Vehemente Gegnerschaft kam von Richtern, die um ihre Arbeitsplätze bangen, sowie von anderen konservativen Gruppen. Finanziell unterstützt wurde die Liberalisierungskampagne von US-Milliardären wie dem New Yorker Finanzier George Soros, dem Versicherer Peter Lewis, aus Cleveland/Ohio, und John Sperling, dem Präsidenten der Universität von Phoenix/Arizona. Diese drei sind dafür bekannt zu wissen, wie man mit Geld sinnvoller umgeht. Sie halten die angestiegene Zahl der einsitzenden Drogenkonsumenten und Dealer für einen Beweis des Mißerfolges der US-Drogenpolitik. Ihnen haben sich schon einige Prominente angeschlossen, so zum Beispiel Baltimores Bürgermeister Kurt Schmoke, der Nobelpreisträger Milton Friedman, der konservative Kolumnist William F. Buckley Jr., der frühere Außenminister George Shultz und die Gouverneure von New Mexiko Gary Johnson und Minnesota Jesse Ventura, die alle eine teilweise Legalisierung der Drogen befürworten.

      Alle großen westeuropäischen Staaten haben eine Gafangenenrate von unter 100 pro 100 000 Bürger. In den USA waren es 1999 für afro-amerikanische Frauen 212 pro 100 000 und für afro-amerikanische Männer 3 408 pro 100 000 US-Bürger. Für hispanische Frauen waren es 87 und für hispanische Männer 1 335 pro 100 000 US-Bürger. Die Rate für inhaftierte weiße Frauen ist 27 und für weiße Männer 417 pro 100 000 US-Bürger. Die durchschnittliche Inhaftierungsrate ist in den USA heute 645 pro 100 000, was drei- bis zehnmal höher ist als in anderen modernen Demokratien. Hauptbeitrag zu diesen Zahlen leistet der Anstieg ums Achtfache der Inhaftierung, von 1985 bis 1999, wegen Drogen. Gegenwärtig sitzen in den USA ca. 440 000 Menschen wegen Drogendelikten im Gefängnis. Die durchschnittliche Inhaftiertenanzahl ist sechsmal größer als im nächstfolgenden westlichen Land.

      Die USA gaben 1995 auf Bundes-, Staats- und Kommunalebene annähernd 113 Milliarden US-Dollar für ihren Justizbetrieb aus. In dem Jahr saßen ca. eineinhalb Miilionen Gefangene ein. Ein Gefangener kostete 71 184 US-Dollar an Verwahrungs- und Verwaltungskosten. Drogentäter machten zu der Zeit ca. 55 Prozent aus. Mehr als 80 Prozent des zwischen 1985 und 1995 zu registrierenden Anstiegs an Gefangenen fiel auf Verurteilungen wegen Drogen. 84 Prozent davon waren gewaltlose Drogenkonsumenten und Kleindealer.

      Die USA führen das größte Gefängnissystem der Welt, und Kritiker nennen das schon einen "Gulag". Dennoch will Herrn McCaffreys Office für das Jahr 2001 zusätzlich 420 Millionen, 467 Millionen US-Dollar für 2002 und 316 Millionen US-Dollar für 2003, alles auf Drogenbekämpfung bezogen.

      Militarisierung und Terrorismus

      Von 1878, da der Posse Comitatus Act es in den USA verbat, Militär als Polizei einzusetzen, bis heute wurde der Act mehr und mehr ausgehöhlt. Die USA haben im "Plan Columbia" 1,3 Milliarden US-Dollar Militärhilfe für Kolumbien in Form von zusätzlichen 60 Kampfhubschraubern, 500 Personen Militärtrainingspersonal, 300 zivilen Auftragnehmern sowie weitere 18 Black Hawk Hubschrauber und 42 weitere UH-1H "Huey" Hubschrauber bereitgestellt, die gesetzeswidrig in Antidrogenkämpfen und gegen Guerrillas eingesetzt werden sollen. Der "Plan Columbia" bestätigte ausdrücklich, daß das Material nicht zur Guerrilla-Bekämpfung verwendet werden darf.

      Die US-Nationalgarde hat gegenwärtig mehr Antidrogenkämpfer im Einsatz als die DEA. Täglich ist sie in 1 300 Antidrogenoperationen einbezogen, und sie hat dazu 4 000 Truppen im Einsatz. 89 Prozent der Polizeidepartements arbeiten mit paramilitärischen Einheiten, 46 Prozent sind vom Militär trainiert. Zwanzig Prozent der Polizeidepartements gebraucht paramilitärische Patrouillen im städtischen Bereich.

      In allen Bereichen der Drogenbekämpfung in den USA und in den von ihnen angeleiteten Staaten schreitet die Militarisierung zügig fort. Das wird inzwischen damit begründet, daß der durch den Drogenhandel finanzierte Terrorismus bekämpft werden müsse. Es wird die Einsetzung einer weiteren Behörde, einer "Counterterrorismus Agency" vorgeschlagen. Die CIA solle authorisiert werden, informelle Informanten aus Kreisen zu rekrutieren, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Es müsse endlich eine kohärente, funktionale nationale Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus her. Ein neuer Direktorposten soll geschaffen werden, der US-Präsident solle den Direktor bestellen. Die neue Behörde solle aber keinerlei Kontrolle haben über das Justizministerium, das FBI, das Verteidigungsministerium, die CIA, die National Security Agency und andere Einheiten, die den Terrorismus bekämpfen. Die neue Behörde gilt als Antwort auf die schleppenden Ergebnisse bei der Aufklärung des Attentates auf die USS Cole. Auch will man so den Gefahren des Einsatzes von chemischen, biologischen, radioaktiven und nuklearen Waffen durch Terroristen begegnen. Anerkannte Forschungszentren, wie das in Washington ansässige Henry L. Stimson Center, erklären derartige Gefahren für stark überbewertet.

      Außer dem Think Tank STRATFOR.com scheinen sich nicht sehr viele Politiker und Analysten in den USA zu fragen "Was, bitte, tut denn die USA in Yemen?" Yemen ist ein strategisches Pfand im Spiel der USA mit China und Rußland. Eine kleine 550 Meilen östlich von Yemen gelegene Insel ist ein wertvoller militärischer Besitz. Dort wollen die USA Nachrichtengeräte ihrer Signals Intelligence (SIGINT) aufstellen, die die ganze Gegend ausspionieren können. Dagegen gibt es in Yemen eine starke Opposition. Die yemenitische Regierung bestreitet, den USA die Insel überlassen zu haben. Islamistische Politiker und Aktivisten wollen die USA erst recht nicht dort sehen. So schließt sich der Kreis zu den Terroristen.

      Bedenklich stimmt, daß sich jetzt auch Rußland, Usbekistan und andere Staaten in der zentralasiatischen Region mit ungeeigneten Mitteln in Drogen- und Terrorismusbekämpfung stürzen. Der Altkommunist Islam Karimov, Präsident Usbekistans, bereitet dazu den Weg, in dem er rücksichtslos moderate islamische Mitbürger willkürlich verhaftet, islamische Sekten aller Art, die es in der Region seit Jahrhunderten gibt, den Terroristen und Drogenkriminellen gleichstellt und sie verbietet. Harmlose moderate Gläubige werden als Fundamentalisten hingestellt, der Islam wird in Usbekistan nur noch heimlich gepflegt. Wie könnte man in Umkehrung des Marx-Wortes sagen? "Opium ist Religion für das Volk!" Irgendwo müssen die Bedürfnisse nach Geistig-Geistlichem eben hin.

      Jane`s Intelligence Review berichtete, daß bis zum Oktober 2000 russische und tadjikische Grenztruppen 800 Tonnen Opium beschlagnahmt hätten, fünfmal soviel wie im Jahr zuvor. Der größte Drogentransport seit acht Jahren, ca. 200 Kilogramm Heroin, ging russischen Grenztruppen am 15. Dezember an der tadjikisch-afghanischen Grenze ins Netz. Die Tranportwege werden vom Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) kontrolliert. Die Kleinbauern dort, gebeutelt durch schlechte Ernten, jahrelange Armut und Verfolgung durch ihren Landesherrn laufen in Scharen zum IMU über - schon allein, damit sie etwas zu Essen auf den Tisch kriegen.

      Rußland ist nun auch endlich auf der Seite der aufrechten "internationalen Staatengemeinschaft". Seit dem 19. Dezember letzten Jahres ist es soweit. Der saudi-arabische Milliardär Osama bin Laden macht`s möglich. Er sollte zum Friedensnobelpreis vorgeschlagen werden. Ähnliches hat schon einmal gewirkt, in Ost-Timor. Die gemeinsam von den USA und Rußland eingebrachte UN-Resolution gegen Afghanistan brachte den Durchbruch. Nun ist auch Rußland im Begriff, den klaren Kopf zu verlieren. Andere Staaten werden folgen, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus mit Waffengewalt schmiedet alle unter der Leitung der USA zusammen. Die Blüte des internationalen Terrorismus, Ideologen mit massiven wenn auch losen Netzwerken, wie Bin Laden und seine panislamische Armee aus Taliban, Tschetschenen, usbekischen Islamisten, sich selbst finanzierende Narko-Terroristen (zu der die Kosovo Befreiungsarmee jetzt plötzlich auch wieder degradiert ist) sowie organisierte Kriminelle und Cyber-Terroristen, Bio-, Chemo- und Nuklearwaffen benutzende Bad Boys, alle, alle werden mit vereinten Kräften abgeräumt. Indien erarbeitet soeben einen Entwurf für eine weltweite Konvention zum Terrorismus für die Vereinten Nationen, China und die USA unterstützen dies. Größer als heute war die Wahrscheinlichkeit noch nie, daß sich eine weltweite Einigung ergibt.

      Auf den militär-industriellen Komplex der USA und auf ihre Geheimdienste kommen ungeahnte Verdienst- und Einsatzmöglichkeiten zu, denn überall müssen die Sicherheitskräfte und Nachrichtendienste ausgerüstet werden. Die weltweite Zusammenarbeit ermöglicht es den Agenten der USA, genannt US-amerikanische Spezialisten, zu allen drogenproduzierenden, Transit- und Geldwaschländern ganz legal Zugang zu haben, um den Terroristen und Drogenhändlern das Handwerk zu legen.

      Selbstverständlich müssen die betroffenen Länder Militärausgaben tätigen, anstatt ihrer Bevölkerung endlich das Leben zu verbessern. Das meiste Material kann nur in den fortgeschrittensten USA gekauft werden. In Kolumbien wird das mit dem Plan Columbia soeben vorgemacht. Endlich, wir sind alle eine große Familie, die unter Führung der Hypermacht gegen Terrorismus und Drogengeschäft den Kreuzzug führt. Wir sind die "internationale Staatengemeinschaft".

      Legalisierung aller Drogen

      Wer bis hierher durchgehalten hat, bekommt in wenigen Worten einen Lösungsvorschlag, der die Karten völlig neu mischt: die Legalisierung aller Drogen und ihre Kontrolle und Besteuerung ähnlich dem Alkohol und dem Tabak.

      Es soll nicht behauptet werden, daß die Legalisierung der Drogen ein Allheilmittel wäre. Es ist keine Frage, daß Drogenmißbrauch selbst bei Legalisierung weiterhin ein ernstes Problem bleiben würde, ähnlich dem bei Alkohol- und Tabakmißbrauch. Aber die Folgen des Krieges gegen die Drogen richten mehr Schaden an als die Drogen selbst. Darum sollte dieser Krieg endlich beendet werden. Er bringt nur zusätzliches Leid und zusätzliche soziale, finanzielle und politische Kosten über die ganze Welt.

      Der Krieg gegen die Drogen ist schon seit langem gescheitert, und zwar auf allen Ebenen.

      Nicht nur, daß bei einer Drogenlegalisierung Prostitution, Beschaffungs- und Folgekriminalität, von der kleinen und großen Korruption bis hin zu Mord und Totschlag, aufhören würden, daß Fixer sich endlich legal mit sauberen Spritzen versorgen könnten und sich nicht mit HIV anstecken müßten (in Rußland sind beispielsweise 80 Prozent der HIV-Infizierten Fixer), daß die Kriminaliserung ganzer Gesellschaftskreise endlich beendet werden könnte, es würde auch die durch die reichen Drogenhändler aufgebaute wirtschaftliche und politische Gegenmacht in den betroffenen Konsumentenstaaten, allen voran in den USA, abgebaut.

      Bei freier Verfügung über die Drogen würden sich Angebot und Nachfrage bald auf einem sehr viel niedrigeren Niveau als dem heutigen einpendeln, und die riesigen aus dem Risiko hergeleiteten Gewinne in den Konsumentenländern, aber auch in den Produzentenländern fielen fort. Die Terroristengruppen in Afghanistan, Usbekistan, in Kolumbien und anderswo hätten nicht mehr diese großen Geldbeträge zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, Waffen zu kaufen und die jeweiligen Regionen zu destabilisieren. Die USA hätten keinen Vorwand mehr, in und über zahlreichen Staaten Aufklärungsarbeit zu leisten, denn Drogenhändlern und Terroristen brauchte das Handwerk nicht mehr gelegt zu werden. Die USA könnten vielmehr das so gesparte Geld dafür ausgeben, bei sich im Lande ein gutes Gesundheits- und Bildungssystem aufzubauen. Sie brauchten dann nicht mehr die in anderen Ländern mühselig ausgebildeten Wissenschaftler und Experten für traumhafte Gehälter abzuwerben. Sie müßten nicht mehr Angst haben vor terroristischen Anschlägen in ihrem eigenen Land, sondern sie würden mit der Welt in Frieden leben können. Ein National Missile Defence System, das den ABM-Vertrag von 1972 verletzt, wäre auch nicht mehr nötig.

      Nicht auszudenken!

      Die hier geäußerten Ansichten vertrete ich nicht allein, sondern das renommierte liberale CATO-Institute ("23 Years of Promoting Public Policy Based on Individual Liberty, Limited Government, Free Markets and Peace"), einige fortschrittliche US-amerikanische Politiker und manch anderer sehen die Lösung des Problems genauso. Der prominenteste Fürsprecher ist gegenwärtig wohl der uruguayische Präsident Herr Jorge Batlle, der in den letzten Monaten mehrfach, unter anderem auf dem letzten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs, in Panamá, und in einem Interview mit der mexikanischen Nachrichtenagentur EFE, anläßlich der Einführung des neuen mexikanischen Präsidenten Herrn Vicente Fox, für die Aufhebung der Drogenprohibition eintrat: "Die Drogen sind in erster Linie ein wirtschaftliches Problem, das man wirtschaftlich lösen muß, nicht anders", meinte Batlle. "An dem Tag, da die Drogen in den USA legalisiert werden, verlieren sie an Wert, und wenn sie an Wert verlieren, dann haben die Drogenhändler nicht mehr das Geld, das sie jetzt haben, und wenn sie`s nicht mehr haben, wird es mit den Terroristen und Guerrilleros bald zu Ende sein." Er meinte dann noch, in Panamá: "Wir können den Tatsachen im Leben nicht ausweichen", womit er wohl sagen wollte, daß jede Gesellschaft die Drogensüchtigen hat, die zu ihr passen: Säufer, Raucher, Fixer, Kiffer, Schnüffler, Drücker - mit und ohne Verbot.

      Ich meine, die anderen Konsumentenstaaten, vor allem aber die ärmeren, wie Rußland, Usbekistan, Tadjikistan usw. sollten sofort mit der Drogenlegalisierung beginnen. Nicht auszudenken, wie die durch Drogen finanzierten Terroristen reagieren würden. Beispielsweise dadurch, daß sie die Drogentransporte in die Länder, die nicht legalisiert haben und wo deshalb für die Drogen sehr viel mehr Geld bezahlt wird, plombieren, um nicht in den "Billigländern" das kostbare Gut zu vergeuden. Die Drogen würden dann, wie Lenin durch Deutschland nach Rußland, durch die CIS-Staaten und Rußland nach Europa und den USA überführt. Da ließen sich aber die betroffenen westlichen Konsumentenstaaten rasch etwas einfallen. Bislang erledigen nämlich Rußland und die kleinen CIS-Staaten für die reichen Länder die Dreckarbeit des Drogenkrieges.

      Ein Ergebnis der Drogenlegalisierung wäre allerdings negativ: mindestens die Hälfte aller spannenden Hollywoodfilme lebt heute in den Plots von Drogen und das sie umgebende Verbrechen. Die Drehbuchautoren müßten sich neue spannende Themen ausdenken, denn bei Jackie Brown gefundene Pülverchen wären mega-out.

      Quelle: © Philosophischer Salon
      Berlin, Fr., 19.01.2001
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      schrieb am 14.08.02 01:38:44
      Beitrag Nr. 14 ()

      Lame Duck´s letzte Schwimmversuche - vor 1 1/2 Jahren

      Bill Clinton`s aussichtsloses Vermächtnis

      US-Präsidenten, die nicht mehr kandidieren können (nach einer allerdings nicht zwingenden Gepflogenheit in den USA) oder deren Nachfolger sich bereits einarbeitet, nennt man in den USA „lame duck“, es ist in Anlehnung an eine deutsche Redensart eine „Zeit zwischen den Präsidenten“. Der alte ist zwar noch im Amt, aber der Neue setzt schon seine Duftmarken. Niemand mag mehr mit dem alten politisch wichtige Verträge abschließen. Sie sind das Papier nicht mehr wert, auf dem sie stehen.

      Eigentlich war Clinton ja immer eine lame duck, jedenfalls nie ein starker Adler, wenn man von seinen Eskapaden im Oval einmal absieht.

      Jetzt hat er noch einmal eine außenpolitische Offensive gestartet: im Nahen Osten und bei der UNO. Sie werden wie so ziemlich alles enden, was Clinton in seiner immerhin 8jährigen Amtszeit angefangen hat, in einem einzigen Fiasko. Man darf allerdings zweifeln, ob diese Initiativen wirklich ernst gemeint sind, aber auch das ist ja nichts besonderes. Pünktlich zu Sylvester hat der amerikanische UN-Botschafter David Scheffer im Auftrag von Clinton seine Unterschrift unter das Abkommen für den „ständigen internationalen Strafgerichtshof“ (ICC) gesetzt. Endlich, könnte man sagen. Aber mal ganz abgesehen davon, daß es fraglich ist, was ein solcher Gerichtshof, dessen politisches Kernziel es ist, die Weltpolitik zu einem Bestandteil einer fiktiven „Weltinnenpolitik“ zu machen, bewirken könnte, ist das alles eh nur ein Fake. Die Haltung der USA zu internationalen Organisationen war immer zwiespältig, aber doch von einer pragmatischen Schlichtheit. Davon überzeugt, der Welt eine Botschaft bringen zu müssen, wurden internationale Organisationen immer solange guttiert, wie sie den USA Vorteile brachten oder das internationale Kräfteverhältnis sie dazu zwang. Wobei, aber das ist bei dem traditionellen amerikanischen Selbstbewußtsein immer zweitrangig, zum amerikanischen Interesse auch schon mal das eigene Image in der Welt gehören konnte. So war schon das Verhältnis der USA zur UNO insgesamt: spätestens beim Kosovo-Krieg verzichteten die ehemaligen Weltmächte Rußland und China wohlweislich auf ein Veto, das nur ihre völlige Machtlosigkeit demonstriert hätte. Der Krieg war von der NATO beschlossen und wurde durchgeführt - mit Gründen, gewiß, aber Gründe gibt es immer - weil er politisch gewollt war. Und aus.

      Die im Aufbau befindliche Bush-Administration hat bereits deutlich gemacht, was sie von dem ganzen Gerichtshof hält: nichts, aber auch gar nichts. Zwar wäre im Zweifelsfall nichts dagegen einzuwenden, irgendeinen „Schurkenstaat“ vor einer internationalen Kammer aburteilen zu lassen: Irak etwa oder früher Libyen. Nur eins wird es ganz gewiß nicht geben: daß irgendein „feindseliger“ Staat amerikanische Politiker oder Militärangehörige gegen den Willen der Administration selbst vor diesen Kadi zieht. Wie sehr die USA noch ganz dem „alten“ Interessendenken verhaftet sind, haben ihre Unterstützung für die afghanischen Rebellen, anfangs auch der Taleban oder gar der Pol Pot Banden gezeigt. Sie wurden einfach gegen regionale oder globale Hauptfeinde (die UdSSR oder Vietnam in diesen Fällen) in Kampfposition gebracht.

      Dennoch unterscheidet sich die Strategie Clintons bzw. der Demokraten von der der kommenden Bush-Administration. Zwar war Scheffers Unterschrift nur dazu gedacht, einen Fuß in die Tür zu bekommen, anderenfalls wäre der Internationale Gerichtshof installiert worden, ohne daß die USA, die dann eben nicht beteiligt gewesen wären, irgendeinen Einfluß gehabt hätten, jetzt müssen ihre „Modifikationsvorstellungen“ irgendwie berücksichtigt werden. Das ist die alte Sponti-Taktik: „Fuß reinkriegen, Laden übernehmen, Sache kaputt machen“.

      Die Bush-Administration hält das alles für Käse. Sie schert sich auch wenig um das Gejammer ihrer Verbündeten, denn deren Interessen sind, abgesehen von der auch hier durchschimmernden 68er Ideologie, die sich schon in einer einzige weltweiten „Zivilgesellschaft“ wähnt und deren Erwachen entsprechend fürchterlich sein wird, allzu durchsichtig. Keine der europäischen Mächte wäre allein in der Lage, irgendetwas von Belang auf globaler Ebene durchzusetzen. Sie sinnen daher auf eine internationale Verrechtlichung der Weltpolitik, nach ihren Bedingungen und zu ihren Gunsten versteht sich. Bush hat das alles nicht nötig. Er wird global das tun, was er für richtig hält, er wird ein Anti-Raketen-System bauen, wenn es denn machbar ist, er wird seine Verbündeten nach Notwendigkeit einbeziehen - oder auch nicht - und ein paar warme Wort fallen immer schon mal ab, insbesondere wenn sie nichts kosten. Wozu überhaupt einen „Internationalen Gerichtshof“, schließlich gibt es genügend amerikanische Gerichte und einen Anwalt werden sich die Staaten, die noch nicht zu den USA gehören, doch wohl leisten können. Ansonsten gibt es einen Pflichtverteidiger.

      Liberale Kommentatoren in Europa werden sich die Haare raufen: von „dumm und borniert“ ist etwa in der TAZ (2.1.2001) die Rede. Wieso eigentlich? Der Gerichtshof wird zustande kommen, wenn er den Interessen der USA dient, wenn nicht, wird er vielleicht zustande kommen, aber keine Bedeutung haben und wenn er ihren Interessen zuwider läuft, wird er sicher kein langes Leben haben.

      Das wäre nicht das Schlechteste, sonst glauben am Ende wirklich noch einige, die Welt sei ein unvollkommener Rechtsstaat und die Einzelstaaten leicht störende Relikte aus dem 19. Jahrhundert.

      So steht Clinton´s Platz in der Geschichte schon fest: ein lustiger Geselle aus einer nicht politikfähigen Generation am Ende des 20. Jahrhunderts. Eine Episode: drei Zeilen im Geschichtsbuch. Kennen Sie eigentlich William Pierce? Nein?

      Brauchen Sie auch nicht.

      Quelle: © Philosophischer Salon
      Berlin, Mi., 03.01.2001
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 02:14:48
      Beitrag Nr. 15 ()

      Space Corps

      Weltraum-Korps

      Nun hacken alle Friedensfreunde auf dem neuen US-amerikanischen Präsidenten George W. ("Dubbya") Bush herum. Dieser habe himmelwärts weisende Pläne, die ein Wettrüsten im Weltraum auslösen würden. Wie sieht es tatsächlich damit aus?

      Am 21. Januar 2001 wurde der jüngste Bericht zur Aufrüstung des Weltalls veröffentlicht: "Report of the Commission to Assess United States National Security Space Management and Organization". Dieser schwer übersetzbare Titel heißt zu deutsch etwa: "Bericht der Kommission zur Einschätzung der nationalen Sicherheitsweltraumlenkung und -organisation der USA". Der Bericht wurde nicht von heute auf morgen erstellt, d.h., daß bereits während der Präsidentschaft der Demokraten unter William ("Bill") Jefferson Clinton über Jahre an dem Projekt gearbeitet wurde. Dies zur Erinnerung an all diejenigen, die meinen, bei einem anderen Ausgang der Wahlen, vom November 2000, sähe die Kriegswelt heuer besser aus. Weiterhin zur Erinnerung, daß niemals so viele Kriege von den USA angezettelt wurden wie unter der Präsidentschaft des Freundes der Monika Lewinski und der kubanischen Zigarren, nämlich ca. 40 Kriege auf vier Kontinenten.

      Unter den dreizehn Kommissionsmitgliedern, die unter der Leitung des jetzigen US-Verteidigunsministers Donald Rumsfeld ihren Bericht über den Einsatz der US-Macht durch und vom Weltraum aus in Antwort auf Ereignisse, wo auch immer in der Welt, vorlegten, befanden sich u.a. zwei ehemalige Oberkommandierende des US-Weltraumkommandos, ein ehemaliger Kommandierender des Weltraum-Luftwaffenkommandos sowie der frühere republikanische US-Senator Malcolm Wallop, aus Wyoming. Wallop arbeitet inzwischen für die erzreaktionäre Heritage Foundation, die enge Beziehungen zum Weißen Haus unterhält. Wallop setzt sich bereits seit 1977 für ein weltraumgestütztes Raketenabwehrsystem ein. Der "Kommissionsbericht" empfiehlt eine Koordination von Luftwaffe, Armee und Marine durch das vom Pentagon 1985 gegründete US-Weltraumkommando zu einem selbständigen "Space Corps".

      Da dieser Bericht nicht von heute auf morgen zustande gekommen sein kann, waren die Spezialisten bereits unter demokratischer Regierung tätig, und in der Tat ist der "Kommissionsbericht" nur der letzte in einer Reihe von anderen, ähnlichen Berichten. Es gibt den Bericht des US-Weltraumkommandos "Vision for 2020", herausgegeben zur besten Clinton-Regierungszeit, von der Peterson Air Force Base, Colorado, 1996. Dieser Bericht vergleicht die Welteroberungsaktivitäten Europas zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Interessen, in den früheren Jahrhunderten, mit den derzeitigen Plänen der USA, die Weltwirtschaft mittels Management aus dem Weltraum zu beherrschen. Das also wird unter der viel gepriesenen Globalisierung von den USA verstanden. Vom Weltraum aus sollen bei verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten über die weitere Öffnung der Schere zwischen Reichen und Armen die Habenichtse der Entwicklungsländer kontrolliert werden, damit sie den Kapitalverwertungsinteressen der USA nicht mit Aufständen und Revolutionen in die Quere kommen.

      Dem Bericht "Vision for 2020" folgte zwei Jahre später, ebenfalls herausgegeben von der Peterson Air Force Base, Colorado, der "Long Range Plan", an dem mit höchstem Personaleinsatz gearbeitet worden war. Mitarbeiter an diesem Plan waren die größten Rüstungskonzerne der USA, wie Aerojet, Boeing, Lockheed Martin, Rand Corporation, Raytheon, Sparta Corporation, TRW, Vista Technologies u.a.

      Der "Long Range Plan" hielt die Zeit für reif, den Weltraum aufzurüsten. Da die Militäroperationen immer tödlicher würden, sei ein Krieg vom Weltraum aus nötig, um den Blutzoll der eigenen Truppen zu minimieren und um den Nationalreichtum der USA nicht zu zerstören. Einige internationale Abkommen, internationales Recht usw. stünden dem noch entgegen, aber man werde sie entsprechend umgehen. Einer der lange schon anerkannten und allgemein verstandenen Vorteile des Krieges aus dem Weltall sei, daß man keinen Restriktionen beim Überfliegen anderer Staaten ausgesetzt sein werde. Weltraumvorherrschaft während Konflikten werde entscheidend für den Erfolg der USA auf dem Kriegsschauplatz sein. Es wird hier also nur vom Erfolg der USA geredet, die NATO-Alliierten kommen nicht vor.

      Weitere zwei Jahre später folgte der Bericht des US-Weltraumkommandos "Almanac 2000", der schlicht erklärt, daß die Zukunft der US-Luftwaffe der Weltraum sei. Vom Weltraum aus würden die Kriege auf dem Schlachtfeld, unsichtbar für die kämpfenden Soldaten, begleitet, gelenkt und überwacht. Die zukünftige Luftwaffe werde besser in der Lage sein, die Weltereignisse zu kontrollieren und in ihrem Sinne zu gestalten: "dominating earth from space".

      Die genannten Aktivitäten haben eine jahrzehntelange Tradition. 1960 wurd von den USA das National Reconnaissance Office (NRO) gegründet, von dem die Öffentlichkeit mehr als dreißig Jahre nichts wußte. Der 1997 als Direktor des NRO eingesetzte Keith R. Hall erklärte im selben Jahr vor dem National Space Club, dem Nationalen Weltraum-Club: "Was die Weltraumherrschaft angeht, wir haben sie, wir lieben sie und wir werden sie behalten."

      Auch dies alles unter der Regierung Clinton. Hall hat sich auch für Clintons Nachfolger als geeignet erwiesen und wurde auf seinem Posten belassen, was auf der Ebene sehr selten ist.

      Jährlich gehen mehr als 6 Milliarden Dollar in die Weltraumaktivitäten der USA. Daraus werden solche Projekte wie der "Space-Based Laser Readiness Domonstrator" von TRW und Boeing finanziert. Noch im November 2000 hat das Pentagon unter Clinton Einzelheiten für die Entwicklung dieses Lasers beschlossen. Die Kosten belaufen sich auf 20-30 Milliarden Dollar.

      Die guten Vorbereitungen der Clinton-Regierung haben es dann seinem Nachfolger ermöglicht, im großen Stil die Weltraumaufrüstung weiter zu betreiben. US-Vizepräsident Dick Cheney war bis zum Amtsantritt Aufsichtsratsmitglied bei TRW. Seine Ehefrau war in gleicher Position bei Lockheed Martin. Der Vizepräsident für Unternehmenstrategie und Entwicklung bei Lockheed Martin, Bruce Jackson brüstete sich: "Ich schrieb die außenpolitische Plattform der Republikanischen Partei." Jackson war von der nationalen Konvention der Republikanischen Partei als Vorsitzender des Kommitees der Außenpolitischen Plattform gewählt worden.

      So ist die außenpolitische Plattform der USA ein Produkt eines Top-Managers des größten Rüstungskonzerns der Welt und Schlüsselunternehmens bei den Kriegsvorbereitungen aus dem Weltraum. Jackson arbeitet auch intensiv mit in einem Kommitee zur Erweiterung der NATO. Jackson und Cheney sind eng verbunden mit dem reaktionären American Enterprise Institute, der eine als sein ehemaliger Präsident, der andere als "Distinguished Fellow".

      Alle Aktivitäten, sowohl unter Clinton als auch jetzt unter Bush, gehen davon aus, daß der Rest der Welt sich mit der Herrschaft der USA vom Weltraum aus abfinden wird. Fehlendes Kapital und mangelnde Technologie seien die Ursache, daß sich keinerlei Konkurrenz entwickeln werde. China und Rußland werden von arroganten Star Wars Befürwortern als verglimmende Leuchtzeichen vorgestellt. Hochmut kam schon immer vor dem Fall ...

      Bei Interesse können weitere Information abgerufen werden von "The Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space", unter http://www.space4peace.org

      Karl Grossman`s "Star Wars Returns", unter http://www.envirovideo.com

      Air Force Space Command News Service, unter http://www.af.mil/news

      Autorin: Dr. Gudrun Eussner
      Der Beitrag basiert auf einem ausführlichen Artikel von Karl Grossman, Professor für Journalistik an der State University, New York, "Space Corps - The dangerous business of making the heavens a war zone", in CovertAction, April-June 2001
      Avatar
      schrieb am 21.08.02 18:41:25
      Beitrag Nr. 16 ()

      Parallelen zum Golfkrieg ? Drei Jahre nach dem Golfkrieg - Wie es damals dazu kam

      Drei Jahre nach Ausbruch des «Wüstensturms» ist ernsthaft nicht mehr zu bestreiten, was damals eine machtlose Antikriegsbewegung nur vermutete: dass die Administration George Bushs sich ihren Kriegsgegner Irak planmässig geschaffen hat. Die prominenten Ermittler von «Iraqgate» stören sich allerdings weniger an der infamen Kriegsvorbereitung als an dem nach ihrer Ansicht oberfaulen Kriegsausgang.

      Was heute in den USA «Iraqgate» genannt wird, ist die bewusste und gezielte Finanzierung der irakischen Militärmacht durch Kreise um den damaligen Präsidenten George Bush. Es geht dabei um Beträge in der Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar, um Kredite bzw. Kreditgarantien des US-Landwirtschaftsministeriums und um die Finanzierung von Waffenprogrammen. Angesichts dessen, was schon lange an Einzelheiten durchsickerte, war es auffällig, dass die neue Administration offiziell keinerlei Anstalten unternahm, die ganze Geschichte aufzudecken. Nach Ansicht William Safires, des bekannten Kolumnisten der «New York Times», erklärt sich diese Zurückhaltung mit einem Stillhalteabkommen zwischen Bush und Clinton. Bush vermied Kritik an seinem Nachfolger, Clinton beteiligte sich im Gegenzug, unter Bruch eines seiner Wahlversprechen, an der Unterdrückung der Affäre.

      Anfang November letzten Jahres brachte der Wirtschaftsjournalist Alan Friedman die Geheimniskrämer dann allerdings in neue Schwierigkeiten. Sein neues Buch «Das Spinnennetz. Die geheime Geschichte der illegalen Aufrüstung des Irak durch das Weisse Haus», die «Bibel» (Safire) für diejenigen, die auf eine Aufklärung der Angelegenheit drängen, präsentiert eine Fülle von Einzelheiten zu den Machenschaften der Bush-Administration bei der Aufrüstung Iraks. So gründlich Friedman die US-amerikanische und, wenn auch weniger ausführlich, die britische Beteiligung aufrollt, so systematisch blendet er die israelische Seite der Affäre aus. Dies ist wohl kein Zufall, denn Alan Friedman, William Safire und viele andere derjenigen, die sich um eine Aufdeckung von «Iraqgate» bemühen, gehören zum rechten Flügel der Israel-Lobby in den USA.

      Dass auch Israel seinen Part spielte, hatte Saddam Hussein in seiner berühmt-berüchtigten Rede vom 2. April 1990 behauptet: Sowohl der britische und der amerikanische als auch der israelische Geheimdienst hätten im Verlaufe der letzten fünf bis sechs Jahre laufend versucht, dem Irak angereichertes Uran für den Bau einer Atombombe anzudrehen (BBC Summary of World Broadcasts, 4.4.1990). Haarsträubende US-amerikanische und britische Aktionen zur Aufrüstung Bagdads sind mittlerweile hinlänglich bekannt, insofern ist auch Saddam Husseins Aussage, der israelische Geheimdienst habe ihm ebenfalls angereichertes Uran angeboten, ernst zu nehmen.

      Friedman führt den israelischen Geheimdienst Mossad nur einmal in seinem Buch an: Gerüchteweise wird dessen mögliche Rolle in der Affäre um die Atlanta-Filiale der italienischen Banca Nazionale del Lavoro (BNL) kolportiert, die eine zentrale Rolle bei den Finanztransfers im Rahmen von «Iraqgate» gespielt hatte. Zwei Kaderleute, die mit ihren Hinweisen 1989 die zwielichtigen Geschäfte des Unternehmens bekanntmachten, sollen auf Initiative des Mossad an die Öffentlichkeit gegangen sein (S. 122). Das soll schon alles gewesen sein, was Israels berühmter Dienst beizutragen hatte? - Es fällt schwer zu glauben, dass vor der Nase des Mossad jahrelang riesige geheime Operationen abliefen und er davon nichts gewusst haben soll. Und gar nicht mehr vorstellbar ist die Annahme, der Dienst habe erst Anfang 1990 Kenntnis von den Aktivitäten seines ehemaligen Mitarbeiters Gerald Bull erhalten, der, finanziert über die BNL, für den Irak eine «Superkanone» zu bauen versuchte. Weit weniger märchenhaft wäre da die Überlegung, dass der Kanonennarr direkt im Auftrag seiner alten Partner (USA, Südafrika, Israel) nach Irak geschickt worden war.

      Der Aufbau des Bildes eines Feindes der gesamten Menschheit im arabischen Raum könnte aus einer israelischen Schule stammen. Tatsächlich kam auch die Gleichsetzung zwischen Saddam Hussein und Hitler ursprünglich aus Israel. Als die Kriegsbereitschaft im Herbst 1990 nicht richtig um sich greifen wollte und in sämtlichen wichtigen US-amerikanischen Medien nach einem «pretext» (Vorwand) verlangt wurde, geschah etwas in Israel, das nur allzusehr wie ein Versuch anmutet, die gewünschte Ware zu liefern. Am 8.10.1990 schoss die israelische Polizei zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte der Besatzung und entgegen dem Reglement mit Seriefeuer an der Al-Aqsa-Moschee, dem drittheiligsten Ort des Islam, in eine aufgebrachte palästinensische Menge. Eine israelische Untersuchungskommission liess später nur die Möglichkeit offen, dass der Befehl zu diesem Massaker von oben kam. Wenn es denn als Provokation gedacht war, dürften die Verantwortlichen von den Reaktionen eher enttäuscht gewesen sein, nur vereinzelte islamische Fundamentalisten reagierten wie erwartet. Es kam nicht zu den erhofften massiven Vergeltungsschlägen, die den Weg in den Krieg hätten ebnen können.

      Während des Krieges bekam Israel nach eigener Ansicht eine viel zu passive Rolle. Lautstark forderten israelische Generäle, Nuklearwaffen gegen den Irak einsetzen zu können, und tatsächlich waren diese Waffen auch abschussbereit. Bekanntlich setzten sich jedoch diejenigen durch, die, wie Israels konservative Anhänger in den USA kritisierten, auf halbem Wege den Krieg beendeten. Die Enttäuschung über die magere Beute für Israel bewog die rechten Kritiker unter Führung William Safires zur Eröffnung ihrer Anti-Bush-Kampagne: einer Medienkampagne, die aus Ärger über den Kriegsausgang aufdeckte, dass der Irak in den Krieg getrieben wurde. Die Kritik richtet sich also nicht gegen die Kriegsvorbereitung selbst, und der eigentlich zentrale Aspekt der Affäre verlangt noch gründlicher Recherchen. Die bereits jetzt reichliche Literatur gibt aber immerhin bereits die Konturen einer der grössten Infamien der jüngeren Geschichte preis.

      Eine Betrachtung der Irakpolitik Bushs zeigt eine eindeutige Wende seit 1989. Nach jahrelanger unzweifelhafter Iraklastigkeit (bei gleichzeitiger heimlicher Unterstützung auch des Iran) kommen zum Ende des ersten Golfkrieges Misstöne auf. Plötzlich fahren die USA auf zwei Schienen, nach einem bekannten «good cop - bad cop»-Spielchen. Die Aufdeckung der BNL-Affäre am 29. Juli 1989 erschwerte nicht nur die weitere finanzielle Unterstützung der irakischen Kriegsmaschine, sie muss auch als Signal für die Änderung der Spielregeln genommen werden. Die wirtschaftliche Kriegsführung gegen den hochverschuldeten Irak war zu dem Zeitpunkt und mit der aktiven Hilfe Kuwaits bereits voll im Gange. Die weiteren Schritte zum zweiten Golfkrieg:

      · 2.10.1989: Präsident Bush unterzeichnet die Nationale Sicherheitsdirektive 26, in der Richtlinien für die finanzielle Unterstützung Iraks festgelegt werden.

      · 22.11.1989: In einem Memorandum von Fahd Ahmad el-Fahd, dem kuwaitischen Direktor der Staatssicherheit, an den Innenminister heisst es: «Wir stimmen mit der amerikanischen Seite in der Einschätzung überein, dass es wichtig ist, von der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Irak zu profitieren, um Druck auf dieses Land auszuüben, mit dem Ziel, Auseinandersetzungen über den Grenzverlauf zu provozieren. Die CIA hat uns ihren Standpunkt über die geeigneten Mittel vorgetragen, diesen Druck aufrechtzuerhalten.» (Pierre Salinger und Eric Laurent: «Krieg am Golf. Das Geheimdossier», München [Hanser] 1991. S. 48)

      · Januar 1990: «Ein führender US-amerikanischer Mittelost-Experte - ein ehemaliger Botschafter, der von der Bush-Administration immer noch in aussenpolitischer Mission eingesetzt wird - trifft sich insgeheim mit einem irakischen Minister in New York. Dem Minister wird erklärt, der Irak solle sich für eine Erhöhung der Ölpreise stark machen, damit er aus seiner schrecklichen ökonomischen Lage herauskommt. (...) Eine Denkfabrik aus Washington schlug vor, der Irak solle auf einen Ölpreis von 25 Dollar pro Barrel drängen und die Preiserhöhung in der Opec durchsetzen.» (Helga Graham: «Exposed: Washington`s role in Saddam`s oil plot». «The Observer» [London], 21.10.90)

      · Im Februar 1990 wird Saddam Hussein in einem Beitrag der «Stimme Amerikas» und in Artikeln der «Financial Times» angegriffen. Im Gegenzug verlangt der Irak erstmals öffentlich eine Aufhebung des wirtschaftlichen Drucks gegen sein Land.

      · Im gleichen Monat wird ein britischer Journalist (ausgerechnet mit iranischer Abstammung) nach Irak geschickt, um in diesem streng kontrollierten Land nach so etwas Harmlosem wie Atomwaffen zu forschen. Die Verhaftung und Hinrichtung von Fazard Bazoft am 15.3.1990 erregt internationale Empörung.

      · Am 28.3.1990 fangen Zollbeamte am Londoner Flughafen Heathrow eine für Bagdad bestimmte Ladung aus Kalifornien mit Zündvorrichtungen für Atombomben ab. Damit beenden sie erfolgreich eine achtzehnmonatige anglo-amerikanische Operation, in der der Irak geködert werden sollte. Acht Tage später wird in einem geheimen Memorandum zu Handen der US-amerikanischen Bankenaufsicht eine Verbindung zwischen dem Geschäft mit den Atomzündern und der BNL bestätigt. (Friedman, S.158)

      · Am 10.4.1990 beschlagnahmt der britische Zoll in den Docks von Teesside acht Riesenstahlrohre (Kaliber 1000 mm), die in den Irak verschifft werden sollten, als Bestandteile von Dr. Gerald Bulls Superkanone. (Friedman, S. 168)

      · 12.4.1990: Während Saddam Husseins Drohungen (in seiner bereits erwähnten Ansprache vom 2.April), chemische Waffen gegen Israel einzusetzen, massive politische Reaktionen des Weissen Hauses hervorriefen, bemühten sich sowohl Bush als auch Aussenminister James Baker in privaten Botschaften, Saddam Hussein in Sicherheit zu wiegen. Die erste Botschaft des Präsidenten wurde von Senator Robert Dole, der eine Senatsdelegation in den Irak leitete, am 12.April Saddam Hussein während einer zweistündigen Audienz übergeben. (Friedman, S. 160)

      · Während dieser Zeit laufen mit grossem Aufwand Bemühungen, Kuwait von seiner hartnäckigen antiirakischen Position abzubringen. Die PLO und Jordanien versuchen, zeitweilig mit Unterstützung Saudi-Arabiens, intensiv, aber vergeblich, in der irakisch-kuwaitischen Auseinandersetzung zu vermitteln. (Arafat werden seine den US-Interessen widersprechenden Vermittlungsversuche später als Parteinahme für Saddam Hussein ausgelegt, seine PLO wird zur grossen Verliererin des Krieges - im Gegensatz zu Jordanien, das den Irak zwar tatkräftig unterstützte, wundersamerweise aber später nicht bestraft wurde, es hatte offenbar keine mächtigen Interessen verletzt. Vgl. Pierre Salinger und Eric Laurent, 1991)

      · Am 25.7.1990, einen Tag nachdem die CIA irakische Truppenverschiebungen an der kuwaitischen Grenze gemeldet hatte, erklärte die US-amerikanische Botschafterin April Glaspie Saddam Hussein laut einem nie dementierten irakischen Gesprächsprotokoll: «Wir wollen zu den innerarabischen Konflikten keine Position beziehen, beispielweise zu Ihrem Konflikt mit Kuwait.» (Salinger, Laurent, S. 63)

      · Am 2.8.1990 besetzten irakische Truppen Kuwait. Innerhalb von einigen Stunden erhielten daraufhin 40000 US-amerikanische Soldaten den Marschbefehl.

      Der US-amerikanische Zickzackkurs wird in der Regel als Konsequenz einer Fehlkalkulation der Bush-Administration in ihrer Irakpolitik erklärt. Die Aufdeckung von «Iraqgate» lieferte nun allerdings den fast schon lückenlosen Beweis dafür, dass die USA planmässig die Aufrüstung Iraks unterstützten, um einen Krieg herbeizuführen, dessen Ziel offensichtlich nicht die Vernichtung des «Neo-Hitlers» Saddam Hussein war. Auch ein «Kampf um die Kontrolle der grössten Erdölvorräte der Welt» erklärt in diesem Falle nichts: Zu keinem Zeitpunkt war die US-amerikanische Hegemonie ernsthaft in Frage gestellt, der Irak hatte sich seine Forderung nach höheren Ölpreisen in Washington zumindest absegnen, wenn nicht diktieren lassen.

      Aufschlussreicher als derartige Spekulationen über den Sinn des Krieges ist ein Blick auf die Konjunkturdaten der direkt und indirekt Beteiligten. Offensichtlich setzte in den USA schon im März 1991 eine konjunkturelle Erholung ein. Genauso offensichtlich ging es nach dem Krieg in Saudi-Arabien, der BRD und Japan, die neben Kuwait im wesentlichen für die Kosten des «Wüstensturms» aufkamen, wirtschaftlich bergab. Das zumindest hat «Iraqgate» also erreicht: die Schwächung der grössten US-amerikanischen Handelskonkurrenten. Die Schüsse am Golf wären damit nichts anderes gewesen als die Eröffnung eines Handelskriegs, der «Dollar-Diplomatie», die, so der damalige stellvertretende Aussenminister Lawrence Eagleburger im Dezember 1989, nach dem Zusammenbruch des Kommunismus zum Gebot der Stunde wurde.

      Autor: © Shraga Elam
      Erstveröffentlichung: Wochenzeitung (WoZ); 1994-01-14; Seite 13
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      schrieb am 27.08.02 00:23:04
      Beitrag Nr. 17 ()
      Kommentar

      Wer bestimmt die Außenpolitik der USA?

      Holger Schmale

      Die neueste Nachricht aus Washington zur Irak-Debatte lautet: Der Präsident könnte einen Feldzug gegen Saddam Hussein auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Kongresses in Marsch setzen. Juristen des Weißen Hauses haben nämlich herausgefunden, dass die Ermächtigung des Parlaments, mit der es 1991 den Golfkrieg gebilligt hat, formal noch immer in Kraft ist. Nun würde kein Präsident, auch der zuweilen säbelrasselnde George W. Bush nicht, amerikanische Soldaten ohne Beteiligung oder gar gegen den Willen des Kongresses in einen Krieg schicken. Denn mit einem solchen Befehl würde sich das Ende seiner Tage im Weißen Haus unabhängig von allen Wahlterminen rasant nähern.
      Die Frage ist also, aus welchem Grund solche bizarr anmutenden Meldungen zu einem brisanten internationalen Thema aus amerikanischen Regierungskreisen an die Öffentlichkeit gegeben werden. Schließlich hatte Präsident Bush erst in der vergangenen Woche nach einem Treffen mit seinen Sicherheitsberatern zu verstehen gegeben, die Sache mit dem Krieg gegen Irak sei vielleicht doch noch nicht ganz zu Ende gedacht. Damit wollte der Präsident eine Debatte wieder unter Kontrolle bringen, die er mit seinem Ruf nach einem Regimewechsel in Bagdad mit allen Mitteln selbst ausgelöst hatte.

      Allerdings hatte sich daraus eine offenbar ungeahnte und auch unerwünschte Eigendynamik entwickelt: Auf der einen Seite baute sich bei den einer Intervention im Irak zugeneigten Kräften ein ungeheurer Erwartungsdruck auf, dem Bush aus politischen und militärischen Gründen in absehbarer Zeit aber nicht gerecht werden kann. Und auf der anderen Seite schwoll der Chor der Gegner eines Angriffs auf Irak so stark an, dass der Präsident ihn nicht mehr ignorieren konnte. Praktisch der gesamte, noch immer hoch angesehene außenpolitische Beraterstab seines Vaters, des 41. Präsidenten der USA, warnte den Sohn vor einem militärischen Alleingang zum Sturz des Diktators in Bagdad. Am vergangenen Sonntag setzte der frühere Außenminister James Baker einen Schlusspunkt mit einem Beitrag in der "New York Times", in dem er dringend die Einbeziehung der Vereinten Nationen in jegliches Vorgehen gegen Irak empfahl.

      Parallel angestellte Meinungsumfragen zeigen, dass der Anteil der Amerikaner, die einen Alleingang ihres Landes befürworten, in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen ist und nun nur noch 20 Prozent beträgt. Auf solche Entwicklungen muss ein Präsident Rücksicht nehmen, dessen Republikanische Partei bei den Herbstwahlen die Kontrolle über das Repräsentantenhaus in Washington nicht verlieren will.

      Nun könnten die Europäer die inneramerikanische Diskussion gelassen verfolgen und sich freuen, dass sich viele ihrer warnenden Argumente dort wiederfinden. Gerhard Schröder befindet sich mit seinen gerade erst im Fernseh-Duell mit Edmund Stoiber wiederholten Bedenken in bester Gesellschaft, von Henry Kissinger bis James Baker.

      Besser aber wäre es wohl, wenn die amerikanische Debatte bei uns Wachsamkeit, wenn nicht Besorgnis auslöste. Denn sie ist auch ein Beleg für die Unklarheit, die in der US-Führung über den außenpolitischen Kurs der Supermacht herrscht. Dazu passen gezielt gestreute Meldungen wie jene über die Möglichkeit des Präsidenten, sogar unter Missachtung des Parlaments den Einsatzbefehl zu geben. Sie dürfte aus jenem kriegerischen Lager stammen, das seinen Einfluss auf Bush gerade schwinden sieht.

      Wichtiger aber sind diese Fragen: Was hat es zu bedeuten, wenn der von den Europäern als zuverlässiger Gesprächspartner und berechenbarer Politiker geschätzte Außenminister Colin Powell an der Debatte über einen Irak-Krieg gar nicht teilnimmt - weder beim Treffen auf der Ranch des Präsidenten, zu dem er nicht geladen war, noch in der Öffentlichkeit? Ist die neue Zurückhaltung des Präsidenten in der Irak-Frage nur taktischer oder grundsätzlicher Natur? Halten sich die Lager der Falken und der Tauben in der Wasgingtoner Regierung die Waage, oder halten sie sich nur in Schach und verhindern so eine stringente Außen- und Sicherheitspolitik, nicht nur in Sachen Irak, sondern auch im Nahost-Konflikt?

      Richard Nixons Außenminister Henry Kissinger hat sich einst beschwert, er wisse nicht, wen er in Europa bei wichtigen außenpolitischen Fragen anrufen könne. Heute ließe sich gegenfragen: Wer bestimmt eigentlich die Außenpolitik der Vereinigten Staaten?

      http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/meinun…
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      schrieb am 27.08.02 09:58:11
      Beitrag Nr. 18 ()

      CHENEY BESCHWÖRT MILITÄRSCHLAG GEGEN IRAK

      "Man muss die Schlacht zum Feind tragen"

      Die USA haben gegenüber dem Irak den Ton verschärft. Vizepräsident Cheney plädiert für einen Militärschlag gegen den Irak - auch wenn die Uno-Waffeninspekteure nach Bagdad zurückkehren könnten.

      Dick Cheney will den Krieg gegen Irak

      Nashville - In den strategischen Überlegungen der US-Regierung zu einem Militärschlag gegen den Irak spielt die mögliche Rückkehr der Uno-Waffeninspekteure keine Rolle. Das machte Richard Cheney am Montag vor einem Verband von Kriegsveteranen in Nashville deutlich. Argumente befreundeter Staaten, die vor einem Präventivschlag warnen, bezeichnete Cheney als unlogisch. Ein Regimewechsel in Bagdad werde gemäßigte Kräfte in der ganzen Region beflügeln, sagte Cheney, der die Überlegungen der US-Regierung zur Irak-Politik damit erstmals ausführlich darlegte.
      "Eine Rückkehr der Inspektoren würde uns keinerlei Sicherheit geben, dass Saddam sich an die Uno-Resolutionen hält", sagte Cheney. "Im Gegenteil, es besteht große Gefahr, dass uns das in dem falschen Glauben wiegen würde, dass Saddam irgendwie unter Kontrolle ist." Der irakische Präsident habe seine Waffenprogramme in den neunziger Jahren hinter dem Rücken der Inspekteure heimlich fortgesetzt.

      "Wir wissen, dass Saddam wieder versucht, sich Atomwaffen zu beschaffen", sagte Cheney. "Nichtstun birgt ein größeres Risiko als etwas zu unternehmen... Die ganze Welt muss wissen, dass wir tun werden, was auch immer nötig ist, um unsere Freiheit und unsere Sicherheit zu verteidigen."

      Einige Leute argumentierten, man solle von einem Präventivschlag absehen, solange Saddam Hussein die Schwelle zum Besitz von Atomwaffen noch nicht überschritten hat, sagte Cheney. Dies habe keinen Sinn. "Kriege werden nie aus einer Verteidigungsposition heraus gewonnen. Man muss die Schlacht zum Feind tragen." Wenn Saddam erst Atomwaffen besitze, sei ein Schlag gegen ihn um so schwieriger. "Mit seinem Waffenarsenal und seinem riesigen Ölvorrat kann man davon ausgehen, dass er die Dominanz des ganzen Nahen Ostens anstrebt, die Kontrolle über einen Großteil der weltweiten Energievorräte sucht, Amerikas Freunde in der Region direkt bedrohen und die USA und andere Länder atomar erpressen wird", sagte Cheney.

      Auch das Argument, die Anti-Terror-Koalition zerbreche im Falle eines US-Schlags gegen den Irak, verwarf Cheney. Irak-Kenner seien sicher, dass die irakische Bevölkerung beim Sturz Saddam Husseins in Jubel ausbreche, so wie es in Afghanistan beim Anblick der Amerikaner geschehen sei. Die gemäßigten Kräfte in der arabischen Welt würden beflügelt und die Oberhand über Extremisten gewinnen, der Friedensprozess im Nahostkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern erhielte neue Impulse. "In Afghanistan hat die Welt gesehen, dass Amerika nicht handelt, um zu erobern, sondern um zu befreien.... Mit unserer Hilfe kann ein befreiter Irak wieder eine große Nation werden", sagte Cheney.

      Präsidentensprecher Ari Fleischer betonte anschließend demonstrativ, dass Cheney die Position der US-Regierung vertreten habe. Er verwies darauf, dass Cheney nicht für einen Präventivschlag gegen den Irak, sondern für eine Präventivdoktrin geworben habe. Er wiederholte, dass Präsident George W. Bush noch keine fertigen Pläne für den angestrebten Regimewechsel in Bagdad hat. "Der Präsident hat über die nächsten Schritte noch nicht entschieden", sagte Fleischer.

      Abgeordnete und Senatoren appellierten unterdessen an US-Präsident George W. Bush, vor einem Krieg die Zustimmung des Kongresses einzuholen. Und dies sei nicht nur eine technische Frage, erklärte Senator Patrick Leahy. Er bezog sich damit auf Berichte, wonach Bush nach Ansicht von Rechtsberatern auch ohne die Zustimmung des Kongresses einen Krieg gegen Irak führen könnte. Im Kongress kursieren bereits Resolutionsentwürfe, die von Bush eine Bestätigigung für einen Krieg gegen Irak durch den Kongress fordern.

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,211120,00.html
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      schrieb am 27.08.02 17:50:08
      !
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      schrieb am 28.08.02 07:44:31
      Beitrag Nr. 20 ()

      Angst vor Irak-Krieg wächst

      US-Vizepräsident Cheney: Militärschlag ist unvermeidlich Schröder kritisiert Kurs Washingtons / Ölpreis steigt


      BERLIN/WASHINGTON, 27. August. Die USA haben ihre Kriegsdrohungen gegen Irak noch einmal verschärft und damit die weltweite Sorge vor einem amerikanischen Alleingang geschürt. Ungeachtet starker Kritik aus dem In- und Ausland an einem möglichen Militärschlag sagte Vizepräsident Richard Cheney, "präventives Handeln" gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein sei jetzt zwingend erforderlich.
      Die Äußerungen könnten nach Ansicht politischer Beobachter in Washington die entscheidende Wende in der Irak-Politik der Bush-Regierung signalisieren. Sie lösten zugleich Spekulationen aus, wonach sich die Vorbereitungen für ein militärisches Vorgehen gegen Irak in einem fortgeschritteneren Stadium befinden könnten als bisher angenommen.

      Präsident George W. Bush ließ am Dienstag demonstrativ erklären, er stehe hinter den Äußerungen Cheneys auf einer Veranstaltung mit Kriegsveteranen in Nashville. Mit der Rede sollte die Einigkeit der US-Regierung demonstriert werden, hieß es aus Regierungskreisen. Es gebe allerdings nach wie vor keine fertigen Pläne für den angestrebten Regimewechsel in Bagdad.

      Die USA werfen Irak vor, neue Massenvernichtungswaffen bis hin zur Atombombe entwickelt zu haben. "Angesichts der tödlichen Bedrohung dürfen wir uns keinem Wunschdenken oder absichtlicher Blindheit hingeben. Wir werden nicht wegschauen, auf das Beste hoffen und die Angelegenheit einer zukünftigen Regierung überlassen", sagte der als "Falke" bekannte Politiker. "Kriege werden nie aus einer Verteidigungsposition heraus gewonnen. Man muss die Schlacht zum Feind tragen."

      Er machte deutlich, dass eine etwaige Rückkehr der UN-Waffeninspekteure nach Bagdad in den US-Überlegungen keine Rolle spielt. Dies würde "höchstens zu der trügerischen Hoffnung führen, dass Saddam irgendwie unter Kontrolle ist". Auch das Argument, die Anti-Terror-Koalition zerbreche im Falle eines US-Schlags gegen den Irak, verwarf Cheney. Kenner der Region seien sicher, dass die irakische Bevölkerung beim Sturz Saddams in Jubel ausbrechen werde, so wie es in Afghanistan beim Sturz der Taliban geschehen sei.

      Roth fordert Widerstand der EU

      Bundeskanzler Gerhard Schröder kritisierte die verschärften Drohungen der USA. Er nannte es im RTL-Fernsehen einen Fehler, wenn jetzt das Ziel der Irak-Politik geändert werde. Mit Blick auf Saddam Hussein betonte Schröder: "Jemand, der beseitigt werden soll mit Hilfe einer militärischen Intervention, den kann man schwerlich dazu bewegen, Inspektoren ins Land zu lassen."

      Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, bezeichnete die Rede Cheneys als "unverantwortlich und brandgefährlich". Eine militärische Intervention im Irak "ware illegitim und würde jede friedliche Perspektive im Nahen Osten gefährden", sagte Roth der "Berliner Zeitung". Sie forderte den "gemeinsamen europäischen Widerstand" gegen die US-Pläne.

      Bush traf am Dienstag auf seiner Ranch in Texas den saudischen Botschafter in den USA. Der außenpolitische Berater der saudischen Regierung, Adel el Dschubeir, sagte zuvor, sein Land lehne eine Militäraktion gegen Irak ab. Die Angst vor einem US-Angriff trieb die Ölpreise so hoch wie seit elf Monaten nicht mehr. In London kostete ein Barrel über 27 Dollar.

      http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/politi…
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      schrieb am 29.08.02 10:31:51
      Beitrag Nr. 21 ()

      SAUDI-ARABIEN

      Angedrohte Kapitalflucht

      Peter De Thier

      WASHINGTON, 28. August. Nach dem Gespräch verwandten beide Seiten die gleiche Formel: "Offen und direkt" sei die Aussprache zwischen US-Präsident George W. Bush und dem saudischen Botschafter in Washington gewesen. Doch ist in dem Disput um ein militärisches Vorgehen gegen Irak keine Annäherung erzielt worden. Bei der einstündigen Begegnung auf seiner Ranch in Texas bezeichnete der US-Präsident den irakischen Staatschef Saddam Hussein erneut als "Bedrohung für die Welt", zuvor hatte sein Vizepräsident Richard Cheney in ungewohnt deutlicher Manier einen vorbeugenden Militärschlag gegen Irak in Aussicht gestellt.
      Wie aus saudischen Kreisen in Washington verlautete, habe der Botschafter an der Position festgehalten, dass ein militärisches Vorgehen nicht notwendig sei. Adel el-Jubeir, der außenpolitische Berater von Kronprinz Abdullah, bekräftigte in dem Zusammenhang, dass man Saddam in Schach halten könnte, "ohne eine einzige Kugel abzufeuern". Zudem lehnten Amerikas Verbündete sowohl in Europa als auch in der arabischen Welt den Einsatz militärischer Gewalt geschlossen ab, betonte der Berater.

      Die hartnäckigen Differenzen in der Irak-Frage könnten nach Ansicht von Beobachtern die angespannten Beziehungen zwischen Washington und Riad weiter belasten. Während der letzten Wochen hatte das strategische Bündnis zwischen den beiden Ländern an einem Pentagon-Bericht Schaden genommen, wonach Saudi-Arabien wegen seiner angeblichen Unterstützung des Terrorismus als Feind der USA einzustufen sei. Am Montag erst hatte Bush Kronprinz Abdullah telefonisch versichert, dass der Bericht nicht seine persönliche Meinung widerspiegele.

      Unmissverständlich war schließlich das Statement des saudischen Milliardärs Prinz El Walid bin Talal bin Abdul Asis vom Dienstag. Der Neffe des saudiarabischen Königs Fahd erklärte gegenüber dem US-Sender CNN: "Wir wollen kein neues Vietnam." Als "einer der größten Investoren in den Vereinigten Staaten" sage er dies als "sehr enger Freund und Verbündeter". Im Falle eines Krieges gegen Irak, so wird in den USA befürchtet, könnte es zu einem massiven Abzug saudischen Kapitals kommen, was neue Einbrüche an den Aktienmärkten zur Folge hätte. Die saudischen Investitionen in den USA werden immerhin auf sechshundert bis achthundert Milliarden Dollar geschätzt.

      Ein weiteres Problemfeld ist die Zukunft der sechstausend in Saudi-Arabien stationierten US-Soldaten, gegen die von saudischen El-Kaida-Zellen angeblich Anschläge geplant waren. Presseberichten zufolge hat Washington bereits mit dem Abbau des Personals in Saudi-Arabien begonnen.

      http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/politi…
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 00:25:08
      Beitrag Nr. 22 ()

      Zur Ideologie des National Missile Defense (NMD)

      US-Präsidenten hatten schon immer eine Neigung, Popanze aufzubauen. So konnten sie den Wählern die komplexe Welt einfacher erklären und moralische Unterstützung für die folgenden Aktionen zur Durchsetzung der US-Interessen gewinnen. So war es mit Irans Ayatollah Khomeini, mit Libyens Ghadafi, Panamas Noriega, Haitis Cedras und so auch mit Serbiens Milosevic. Ihnen wurde die Rolle des "bad guy" übertragen. Allen voran in der Hitliste aber ist Iraks Hussein, wobei Cubas Castro sein Leben lang einen Ehrenplatz auf dieser Liste einnimmt.

      Die "bad guy" Strategie wurde dann von Einzelpersonen auf ganze Staaten ausgeweitet, auf die "Schurkenstaaten", wobei ganze Völker, und nicht etwa nur deren Regierungen, einbezogen werden. Um einer derartigen Bezeichnung würdig zu sein, muß der so gebrandmarkte Staat aktiv den Terrorismus unterstützen, Nuklearwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen herstellen oder zumindest diese an verdächtige Käufer weiterleiten. Auf der Hitliste stehen für den US-amerikanischen Präsidenten George Bush die Staaten Nordkorea, der Iran, Libyen und selbstverständlich der Irak.

      Schurkenstaaten, das ist ja wohl soweit deutlich geworden, sind die Eckpfeiler des ansonsten instabilen Sicherheitsgebäudes des US-Präsidenten. Auf ihren nicht ganz koscheren Schultern lastet die gesamte Rechtfertigung der National Missile Defense (NMD). Nur NMD kann die Schurkenstaaten in Schach halten. Diese kindliche Ansicht des Herrn Bush wurde letzte Woche klar, als er den südkoreanischen Präsidenten aufforderte, seine Verhandlungen mit dem Regime in Pyongyang zu beenden. Die Verhandlungen hätten zu einer Erleichterung der desolaten Lage des nordkoreanischen Volkes geführt, aber das Schicksal des hungernden und darbenden Volkes in Nordkorea ist dem US-Präsidenten unwichtig. Nun erklärt Nordkorea, daß es eventuell gezwungen sein mag, weiter Nuklearwaffen zu bauen, was den Falken in den USA sehr recht ist, haben sie so doch ihren Grund fürs NMD.

      Auch die Regierung des Iran wird jetzt wieder von den USA dämonisiert, unbeschadet dessen, daß dies dem um sein politisches Überleben bangenden Präsidenten Mohammad Khatami bei den Wahlen, im Juni 2001, schwer schadet. Der iranischen Bevölkerung wird allseits gezeigt, daß eine vorsichtige Öffnung zum Westen sich sowieso nicht auszahlt. Herr Bush braucht Gründe für sein NMD.

      Es gibt auch einen anderen Weg, wenn Herr Bush ihn nur sehen wollte. Die EU-Staaten stellen Verbindungen her zu Nordkorea, zum Iran und zu Libyen. Auch die bislang gegenüber dem Irak betriebene Politik wird von der EU mehr und mehr abgelehnt. Warum aber kann der US-Präsident nicht seine Ansichten über die "Schurkenstaaten" ändern?

      Weil er sein NMD-System will, und dazu benötigt er "Schurkenstaaten.

      Zusammenfassung und Übersetzung eines Artikels vom The Guardian www.guardian.co.uk
      © Philosophischer Salon, Berlin
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      schrieb am 05.09.02 18:47:17
      Beitrag Nr. 23 ()

      Als Kriegspräsident hat Bush junior seine Rolle gefunden

      Peter De Thier

      WASHINGTON, 4. September. "Amerika ist gut, und das Gute wird im Kampf gegen das Böse obsiegen" - ungezählte Male hat US-Präsident George W. Bush seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 diesen Satz wiederholt und dazu die Faust geballt. Und immer wieder huschte dann jenes merkwürdige Lächeln über sein Gesicht, das zu dem gerade Gesagten so überhaupt nicht passen wollte. Wenn er gelobte, die "Übeltäter" aus dem Verkehr zu ziehen; wenn er bei fast jedem öffentlichen Auftritt die sorgfältig einstudierte rhetorische Frage stellte: "Was haben die Terroristen sich eigentlich gedacht, mit wem sie es zu tun haben? Wir sind Amerika! Haben die gedacht, dass wir nicht zurückschlagen?"; wenn er dafür tosenden Beifall erntete, reagierte Bush auf den Applaus auf die gleiche Weise: mit seinem etwas nervösen Kichern, bei dem er hektisch die Schultern hochzieht.
      Auch ein Jahr nach den Anschlägen habe der Präsident die Tragweite seiner Aktionen noch immer nicht annähernd begriffen, bemängeln seine Kritiker. Mit der eindimensionalen Fokussierung der gesamten Politik auf die Terrorismusbekämpfung seien wichtige innen- und wirtschaftspolitische Belange eindeutig zu kurz gekommen, beklagen die oppositionellen Demokraten. Nicht zuletzt deshalb erhole sich die US-Konjunktur viel langsamer von der Rezession als noch zu Jahresbeginn vorausgesagt.

      Höchst gefährlich ist nach Einschätzung der Kritiker die Nonchalance, mit der Bush den verbalen Schlagabtausch mit Iraks Staatschef Saddam Hussein betreibt. "Er fühlt sich in der Rolle des Kriegspräsidenten sichtlich wohl", erklärt der Politologe Stephen Wiley. Bush führe sich auf wie in seiner Zeit als Baseballmanager: Er provoziere den Gegner in der Hoffnung, ihn zu entnerven. "Der Präsident scheint aber nicht zu verstehen, dass es hier nicht um ein Ballspiel, sondern um den Weltfrieden geht", sagt Wiley.

      Doch als Kriegspräsident scheint George W. Bush eine Rolle gefunden zu haben, die ihm behagt. Während der ersten Monate im Amt hatte er zuweilen konzeptlos und desinteressiert gewirkt. Er kümmerte sich um die Versorgung von Freunden aus der Energiewirtschaft mit politischen Spitzenämtern, nicht aber um Dinge wie das Renten- oder das Gesundheitswesen. Bei jeder Gelegenheit zog er sich auf seine Ranch im texanischen Crawford zurück und machte kein Geheimnis daraus, dass er dem Washingtoner Politestablishment wenig abgewinnen konnte.

      Mit dem 11. September kam die Wende. Der eben noch völlig konturlose Politiker bekam über Nacht ein klares Profil. Bush führte ein Kriegskabinett aus seinem vergleichsweise moderaten Außenminister und vielen alten republikanischen Haudegen. Seine Popularität schnellte in die Höhe, mehr als neunzig Prozent der US-Amerikaner waren mit seiner harten Linie einverstanden. Selbst Gerüchte, der Präsident sei nur eine Marionette, die eigentlichen Herren des Landes säßen aber in Texas und bedienten sich seiner, um die unvollendete Arbeit seines Vaters zum Abschluss zu führen, schadeten ihm nicht.

      Tatsächlich führte Vizepräsident Dick Cheney bereits unter George Bush senior im Pentagon die Geschäfte und zählte auch damals zu den energischsten Befürwortern einer harten Linie gegenüber Irak. Ähnlich verhält es sich mit Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, beides gute Freunde des Altpräsidenten. Beide fordern bei jeder Gelegenheit, die vor elfeinhalb Jahren verpasste gewaltsame Entmachtung des irakischen Diktators nachzuholen. "Ob er nun dem Vater zuliebe die späte Rache an Saddam sucht oder aus eigener Überzeugung handelt", so Stephen Wiley, "die Rolle des Kriegspräsidenten ist dem Sohn wie auf den Leib geschneidert. In ihr geht er auf wie ein kleiner Junge, der Kriegsspiele liebt."

      http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/politi…
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 19:09:34
      Beitrag Nr. 24 ()

      MASSENVERNICHTUNGSWAFFEN

      Die Doppelmoral der Bush-Krieger

      Von Harald Schumann

      Mit der Gefahr durch ABC-Waffen in der Hand feindlicher Regime rechtfertigt die US-Regierung ihre neue Doktrin des gerechten Präventivkriegs. Doch Washingtons Strategen haben selbst entscheidend zur Aushöhlung der Uno-Verbotskonventionen und zur Verbreitung der Terror-Technologien beigetragen - nicht nur im Irak.

      Berlin - Der Besucher aus dem fernen Amerika schüttelte seinem Gastgeber herzlich die Hand. Dieser gab sich "lebhaft und vertrauensvoll", notierte ein Mitarbeiter der US-Botschaft. Dabei übermittelte der Sondergesandte aus Washington "die Grüße des Präsidenten und brachte seine Freude zum Ausdruck", die Hauptstadt des Gastlandes besuchen zu dürfen. Anschließend sprachen die Partner übers Geschäft und die Verbesserung der Beziehungen zwischen ihren Staaten. So schildert ein jüngst vom amerikanischen Magazin "Newsweek" zitiertes Protokoll des US-Außenministeriums jene Begegnung, an die Amerikas Regenten heute nur noch ungern erinnert werden. Denn es war Donald Rumsfeld, heute Chef der gewaltigsten Streitmacht auf Erden, der einst, im Dezember 1983, im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan in Bagdad das vertrauliche Gespräch mit Saddam Hussein suchte.

      In den folgenden acht Jahren, das ergaben Ermittlungen des US-Kongresses, scheuten die Regierungen der Präsidenten Reagan und Bush senior weder Kosten noch Mühe, um dem Despoten von Bagdad in seinem Angriffskrieg gegen den Iran beizustehen. Nach dem Prinzip, `der Feind meines Feindes ist mein Freund`, arrangierten sie nicht nur verdeckte Waffenkäufe über Ägypten sowie die Übergabe von militärisch wichtigen Daten der US-Satellitenaufklärung.

      Saddams Terrorwaffen, made in USA

      Zugleich billigten die US-Behörden auch den Kauf von Ausrüstung und Rohstoffen zur Herstellung biologischer und chemischer Waffen durch das Regime im Irak. So lieferten US-Labors zum Beispiel am 2. Mai 1986 vier Kulturen von Milzbrand- und Botulinus-Bakterien an das Irakische Bildungsministerium, beides Erreger, die der Herstellung von Bio-Waffen dienen können.

      Daneben durfte sich die irakische Atomenergie-Kommission unter den Augen der Exportkontrolleure des Washingtoner Handelsministeriums über mehrere Jahre hinweg in den USA mit Labor-Ausrüstung eindecken. Der Handel mit der Technik für die Massentötung setzte sich sogar noch fort, nachdem Saddam Hussein im März 1988 über 5000 Kurden mit einem Giftgasangriff hatte ermorden lassen. Insgesamt erteilten die US-Behörden nicht weniger als 711 Ausfuhrlizenzen für so genannte dual-use-Güter, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden.

      "Die Vereinigten Staaten versorgten die Regierung des Irak mit Materialien, die zur Entwicklung des irakischen Chemiewaffen, Biowaffen- und Raketen-System-Programms beitrugen", resümierte der Ausschussvorsitzende, Donald Riegle, im Jahr 1992.

      Heute, fast zwei Jahrzehnte nach Rumsfelds Besuch in Bagdad, stehen er und sein Präsident an der Spitze einer Regierung, die sich anschickt, wegen ebensolcher Waffen einen Präventivkrieg gegen den Irak zu führen. "Wenn die Feinde der Zivilisation offen und aktiv nach den zerstörerischsten Technologien der Welt streben, dürfen die Vereinigten Staaten nicht tatenlos bleiben", konstatiert die am vergangenen Freitag veröffentlichte neue "Nationale Sicherheitsstrategie" der Regierung Bush. Auch wenn "Zeit und Ort der Angriffe durch solche Feinde unsicher" seien, so künden Bushs Strategen, "werden die Vereinigten Staaten, wenn nötig, auch präventiv handeln, um feindliche Akte unserer Gegner zu vereiteln".

      Doch die Gefahren, die Washingtons Falken nun beschwören, um ihren geplanten Bruch mit dem Völkerrecht zu rechtfertigen, haben sie selbst und ihre Vorgänger aktiv mit herbeigeführt - und das keineswegs nur wegen ihrer unheiligen Allianz mit dem Schlächter von Bagdad während der achtziger Jahre. Vielmehr behindern und unterlaufen Amerikas Regierungen seit Jahrzehnten und bis heute Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen wirksame Riegel vorzuschieben.

      Die Politik der Doppelmoral begann schon, da war die Vokabel "Nichtweiterverbreitung" (Nonproli-
      feration) gerade erst geboren. Gegen Ende der sechziger Jahre drängten die damals erst fünf Atommächte (USA, Sowjetunion, China, Frankreich, Großbritannien) unter massivem politischen Druck die übrige Welt zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages, dem mittlerweile 185 Staaten beigetreten sind. Um die atomaren Habenichtse zu ködern, verpflichteten sich die Atomwaffenbesitzer in Artikel sechs des Vertrages zur "generellen und vollständigen Abrüstung" ihrer Atomarsenale "unter strikter und effektiver Kontrolle".

      Zugang zum Club der Unangreifbaren

      Das Versprechen war wegen des Kalten Krieges von Beginn an wenig glaubwürdig. Doch auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion übten sich die Atommächte in Ignoranz, allen voran die USA, wo der Kongress im Jahr 1992 sogar den Vertrag über das Ende von Atomwaffen-Tests zurückwies. Diese Verweigerung blieb nicht ohne Folgen. Schwellenländer sahen sich geradezu aufgefordert, sich durch den Aufbau eigener Atomwaffen-Arsenale Zugang zum Club der Unangreifbaren zu verschaffen.

      Folglich rüsteten sich die Inder schon ab 1974 mit Atomwaffen aus, nicht zuletzt unter Verweis auf das Arsenal des großen Nachbarn China. Dem indischen Beispiel folgte irgendwann in den achtziger Jahren Israel, das zwar keinen Demonstrationstest durchführte, über dessen Atomwaffenfabrik in der Negev-Wüste aber ausreichende Belege vorliegen. Und die "islamische Bombe" in den Händen von Saddam Hussein mag zwar durch den Golfkrieg und die anschließende Zerstörung der irakischen Atomlabors verhindert worden sein. Gleichwohl gibt es sie - in Pakistan, dessen Regime 1998 mit einer Serie von unterirdischen Bombentests seine Fähigkeit zum nuklearen Vergeltungsschlag demonstrierte.

      Insbesondere die Fälle Israel und Pakistan demonstrieren, wie Amerikas Kämpfer gegen die nukleare Bedrohung mit zweierlei Maß messen. Gewiss, Israel ist umgeben von feindlichen Nachbarn, die mit der ultimativen Waffe vor einem erneuten Überfall auf den Judenstaat abgeschreckt werden können. Ähnliche Abschreckung könnte freilich auch ein Beistandsvertrag mit den USA bewirken. So dient das israelische Atomprogramm den Hardlinern der arabischen Welt stets als Rechtfertigung für die Forderung nach eigenen Massentötungswaffen. Trotzdem enthielten sich die US-Regierungen beider Parteien bis heute jeder ernsthaften Kritik an Israels Atombewaffnung.

      Noch absurder ist der amerikanische Umgang mit Pakistan. Die Diktatur des Pervez Musharraf darf getrost als Brutstätte des internationalen Terrors bezeichnet werden. Sein Geheimdienst nährte nicht nur die Taliban bis zum abrupten Richtungswechsel nach dem 11.9. 2001. Daneben stützen Musharrafs Schergen auch die Islamisten in Kaschmir und regieren das Land mit brutalen Polizeistaatsmethoden bis zu Folter und Mord. Trotzdem erfreut sich die herrschende Offiziers-Clique in Islamabad der ungeteilten Unterstützung aus Washington, einschließlich großzügiger Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds.

      Im Klartext: Demokratie hin, Menschenrechte her, wer auf Seiten der USA steht, darf sich ungestraft ABC-Waffen verschaffen. Und das eigene Arsenal der Vereinigten Staaten bleibt ohnehin sakrosankt.

      Vor diesem Hintergrund sind die Methoden, mit denen Regierung und Parlament in Washington die Uno-Konventionen gegen die Verbreitung von Bio- und Chemiewaffen sabotieren, wenig überraschend. Gleich zwei mal demonstrierte die Bush-Administration in den vergangenen zehn Monaten, dass sie kein Interesse mehr an solchen Verträgen hat.

      Den ersten Sprengsatz an das Nichtverbreitungs-Regime im Rahmen der Uno legte Vize-Außenminister John Bolton, der in Washington den irreführenden Titel "Abrüstungsbeauftragter" führt, im vergangenen Dezember persönlich.

      Als die Vertreter der 144 Mitgliedstaaten der Bio-Waffen-Konvention in Genf zusammentraten, um endlich - nach sieben Jahren mühevoller Verhandlungen - ein Protokoll zu verabschieden, das wirksame Kontrollen vorschreiben sollte, ließ Bolton die Konferenz kurzerhand platzen. Die US-Regierung unterstütze dieses Vorhaben nicht mehr, teilte er mit; den verblüfften Diplomaten blieb nichts anderes übrig, als sich um ein Jahr zu vertagen.

      Vergangene Woche ließ Bolton mitteilen, dass seine Regierung an einer Fortsetzung der Verhandlungen kein Interesse mehr hat und alle Ideen für ein Kontroll-Regime gegen Bio-Waffen für "den falschen Ansatz" halte, bei dem zu befürchten sei, "das er grundsätzlich nicht funktioniert". Man könne doch "nicht glauben, dass 150 Länder am Tisch sitzen und von gleich zu gleich verhandeln, wenn einige die Konvention verletzen, über die man redet", erläuterte ein leitender US-Beamter der "Financial Times Deutschland" diese Position. Das sei, "als würden Mafia und Polizei über eine bessere Verbrechensbekämpfung reden."

      Die Biowaffen-Projekte der US-Army

      Erst recht, wenn das Pentagon Teil der Mafia ist. Denn nicht nur der Irak, Israel, Ägypten, China, Indien und Pakistan stehen im Verdacht. Auch die Vereinigten Staaten haben in Sachen Bio-Waffen einiges zu verbergen. So enthüllte die "New York Times" ein Woche vor den Anschlägen vom 11. September, dass die Regierung mindestens drei Projekte verfolge, die, wenn nicht den Paragrafen, so doch dem Sinn der Konvention fundamental widersprächen. Demnach arbeiten Wissenschaftler der US Army an einer Produktionsanlage für Biowaffen, an der Vorbereitung einer Testexplosion einer unvollständig ausgestatten Bakterienbombe und der Entwicklung eines gentechnisch veränderten Milzbranderregers, der gegen die gebräuchlichen Impfstoffe resistent ist.

      Nicht anders halten es die Bush-Krieger mit den chemischen Waffen. Zwar gelang es der Uno im Jahr 1997 die weltweit tätige Kontroll-"Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons" (OPCW) zu gründen, deren 200 Inspektoren bis 2012 die Vernichtung aller Chemiewaffen-Bestände überwachen sollen. Doch die im Vertrag vorgesehenen unangekündigten Verdachtskontrollen können ausgerechnet in den USA gar nicht stattfinden. Mehrfach verwehrten US-Behörden den OPCW-Experten den Zugang zu bestimmten Einrichtungen. Und der Kongress verabschiedete dazu ein Gesetz, das es dem Präsidenten erlaubt, die Inspektoren überhaupt abzuweisen, wenn deren Tätigkeit "die Sicherheit der Vereinigten Staaten" gefährde.

      Im April diesen Jahres erzwang die Bush-Regierung schließlich auch noch den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten OPCW-Direktors José Bustani. Der 59-jährige brasilianische Diplomat hatte den Fehler begangen, ganz im Sinne seines Auftrages auch Saddam Hussein zur Unterzeichnung des Vertrages zu drängen und damit seinen Kontrolleuren auch im Irak Zutritt zu verschaffen.

      Weil das dem Regime in Bagdad womöglich zusätzliche Legitimation verschafft hätte, stellten die Amerikaner kurzerhand ihre Beitragszahlungen ein und warfen Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Anschließend schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Brasilianers, bei der neben den Europäern sogar die Delegierten des pazifischen Zwergstaates Kiribati als Stimmvieh eingespannt wurden. Bustani blieb nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag nur der Protest gegen den seiner Meinung nach "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.

      Es liegt nahe, all diese Widersprüche und Übergriffe der US-Strategen beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen achselzuckend als jene Realpolitik anzusehen, wie sie eine komplexe und gewalttätige Welt nun einmal erfordert. Doch gerade die jüngere Geschichte der US-Außenpolitik liefert zahlreiche Belege, dass sie zur Befriedung und Demokratisierung der Menschheit etwa so viel beiträgt wie die gefälschten Bilanzen von Enron und Co. zur Gesundung der amerikanischen Volkswirtschaft. Gleich ob im Falle des Irak oder Saudi-Arabiens, ob bei der UCK-Guerilla im Kosovo oder Afghanistans Gotteskriegern, allzu häufig mündete die US-Realpolitik am Ende im Ruf nach Schutz vor Amerikas Freunden von gestern - und ihren Waffen.

      Die "Selektivität der amerikanischen Politik" beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen sei daher selbst ein zentrales Problem bei deren Bekämpfung, warnt Bernd Kubbig, Rüstungsexperte bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Daran werde auch der geplante Krieg gegen den Irak nichts ändern. Zu befürchten sei vielmehr, dass erneut ein "substaatlicher Boden für Terroristen" geschaffen werde. Für deren Zugriff auf die Technologien der Massenvernichtung ist der Weg nur noch kurz.

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594,00.html und
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594-2,00.htm…
      Avatar
      schrieb am 06.10.02 15:06:41
      Beitrag Nr. 25 ()

      Messias George und Satan Saddam

      1. Also, leicht hat er`s wirklich nicht, unser George Doubleyou. Sein "Kreuzzug gegen die Achse des Bösen" kommt einfach nicht richtig voran. Dem US-Kongreß hielt der reichlich geölte Messias vom auserwählten Stamme der Methodisten nun das fundamentalistische Kreuz entgegen, um den zögernden Demokraten ein Ermächtigungsgesetz aus dem selben zu leiern. (Nee, sorry, das mit dem "Ermächtigungsgesetz" nehme ich mit dem Ausdruck des demokratischen Bedauerns zurück. Solche indirekten Vergleiche kommen nicht gut an in letzter Zeit. Und ich will ja nicht, daß der Schröder meinetwegen neuen Ärger kriegt.)

      Aber Satan Saddam, der Leibhaftige aus Bagdad, kichert sich in seinem Schurkenstaat leise ins infernalische Fäustchen. Oberschurkisch, wie er ist, erfüllte er hinterhältigerweise die Forderungen nach neuen UN-Inspektionen, die Bush in seiner Rede vor der UNO gestellt hatte. Aber so einfach kommt der ihm nicht davon. Die USA, Gods Own Country, wollen nun von der UNO einen Hausdurchsuchungsbefehl genehmigt bekommen, der die CIA ermächtigt, alle Paläste des irakischen Höllenfürsten auf den Kopf zu stellen auf der Suche nach den geheimen Mixturen in seinen Höllenküchen. Und wenn das nichts Verwertbares erbringt, will der oberste US-Marshal persönlich eine Leibesvisitation bei Hussein vornehmen. Irgendwo in seiner Westentasche muß sich ja der Osama bin Laden versteckt haben.

      Und wenn der irakische Gangster nicht schnell genug die Hände hebt, muß der Sheriff natürlich sofort den Colt ziehen, um ihn ohne jede weitere Vorwarnung abzuknallen. Bei so einem darf man kein Risiko eingehen.

      2. Das klare US-Kalkül: Man muß nur die Forderungen so weit hochschrauben, bis der Beelzebube sie beim bösesten Willen nicht mehr erfüllen kann. Es müßte doch mit dem Teufel zugehen (und mit dem geht es ja zu), wenn man keinen Vorwand findet, um ihm endgültig den Garaus zu machen.

      Und wenn die Weicheier von der UNO diese eindeutigen Befehle aus dem Weißen Haus mißachten, muß das Pentagon eben ein paar Flugzeuge ins Hochhaus der Vereinten Nationen jagen. Das steht zwar ärgerlicherweise in New York, aber da war es den amerikanischen Weltenherrschern schon immer ein wolkenkratziger Dorn im Auge - sowohl Bush-Vater als auch seinem eingeborenen Sohn. Dann wäre mit einem Verteidigungsschlag auch jene lästige UN-Charta ausradiert, die jeden Angriffskrieg verbietet. Was ja an sich nicht falsch ist, soweit es die übrige Welt betrifft, aber es muß endlich ein für allemal klargestellt werden, das die USA nicht zur übrigen Welt gehört.

      3. Schon beim ersten Irak-Krieg hatte der alte Bush Probleme mit den zögerlichen Welt-Vertretern. Denen mußten erst einmal eindeutige Beweise vorgelegt werden, daß die irakische Soldateska zu jeder Teufelei imstande sind. Damals luden die USA eine 15jährige kuwaitische Zeugin vor den UN-Menschenrechts-Ausschuß, die weinend von den Greueltaten der einmarschierenden Folterknechte des Saddam Hussein berichtete: "Die Irakis rissen Neugeborene aus den Brutkästen und warfen die leblosen Körper auf die Erde." Das überzeugte die zweifelnde Weltöffentlichkeit: Solche Monster gehören ausgerottet! (siehe auch Wochenschauer Nr. 116)

      Ein Jahr später stellte sich heraus, daß das Mädchen die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA war und die Schauergeschichte von einer US-Werbeagentur im Auftrag der Regierung erfunden worden war. Nun ja, manchmal muß man eben etwas nachhelfen bei der Überzeugungsarbeit. Das hat ja auch keiner so richtig übel genommen. Schließlich hat die Sache ja funktioniert.

      4. Man muß nur für die richtigen Enthüllungen sorgen, wie es die Propaganda-Abteilung des Mister Donald Rrrrumsfeld derzeit unermüdlich tun. Dieser heutige Pentagon-McDonald kennt schließlich Saddam Hussein noch aus früheren Zeiten persönlich. Er saß ihm als irakischer Staatsgast schon 1983 gegenüber, allerdings ohne ihn bei der Gelegenheit in putativer Notwehr oder in "anzipatorischer Verteidigung" (so die heutige US-Diktion) vorsichtshalber abzuballern. Dann hätte er nämlich schweren Ärger gekriegt mit seinem damaligen Chef im Weißen Haus, Ronald Reagan. So überbrachte er Hussein vor laufenden Fernsehkameras "die besten Grüße vom Präsidenten". Der irakische Diktator führte zu der Zeit gerade einen Giftgas-Krieg gegen die iranischen Ayatollahs, die damals gerade als Ober-Satane in Mode waren. Der Krieg lief schlecht für Hussein, und die USA hatten Sorge um die irakischen Ölfelder, die im amerikanischen Interesse sprudelten.

      Deshalb hatte Rumsfeld auch ein paar Geschenke mitgebracht. Die bislang geheime Liste dieser freundschaftlichen Gaben hat der demokratische US-Senator Robert Byrd jetzt einer weitgehend uninteressierten Öffentlichkeit präsentiert. Außer Hubschraubern und Computern waren Bakterienkulturen und chemische Komponenten darunter, die Hussein dringend brauchte zur Produktion jener Waffen, die die UN-Inspektoren später aufspürten: Eine Auswahl der gefährlichsten Bakterienstränge, auch der tödliche Milzbrand-Erreger und Kulturen des nicht minder letalen West-Nil-Virus. Die irakische Atomenergie-Kommission wurde ebenfalls reichlich mit amerikanischem Nuklear-Material beschenkt.

      Rumsfeld zuckte nur die Schultern, als er jetzt mit Uncle Sams milden Gaben, die auf dem irakischen Wunschzettel standen, konfrontiert wurde. Wen soll das aufregen in den USA?! Die Erinnerung an jene Fürsorge-Maßnahmen ist längst versunken in der Reaganschen Alzheimerei. Dabei ist auch längst vergessen, daß Saddam Hussein einst wie Osama bin Laden eine Kreatur des CIA war, eine amerikanische Eigen-Schöpfung. Zu Beginn seiner mörderischen Karriere war er mit Hilfe des US-Geheimdienstes an die Macht geputscht worden.

      Aber irgendwann begann die Marionette eigenständig zu hampeln. Der Größenwahnsinnige verrichtete sein diktatorisches Geschäft plötzlich ohne US-Mandat. Das allein wäre nicht weiter schlimm gewesen, aber als er auch noch anfing, am Ölhahn herumzudrehen, ging das seinen amerikanischen Erziehungsberechtigten an die eigene Schatulle und damit zu weit. Prompt erklärten sie ihn zum bösen, bösen Buben. Und wenn der inzwischen sehr strenge US-Pappi diesen längst verlorenen Sohn mal wieder gehörig züchtigen muß, ist das eine rein inner-familiäre Angelegenheit. Da hat sich kein Außenstehender einzumischen.

      5. Wer ein erzböser Terrorist ist und wer nicht, das bestimmt allein die US-Regierung. Auch darin lassen sie sich von niemand reinreden. Und schon gar nicht von diesem Nelson Mandela, der sich als Friedens-Nobelpreisträger zu Wort meldete, um vor einem Feldzug gegen den Irak zu warnen. Der hat ganz stille zu sein. Schließlich war der selber mal ein gefürchteter Terrorist. Daran kann sich der US-Vize-Präsident Dick Cheney ("His Master`s Voice") noch sehr gut erinnern. Als im Jahre 1986 - Mandela saß damals schon fast 25 Jahre als Gefangener auf der Robben-Insel - einige US-Kongreßmitglieder dem Hause eine Resolution für dessen Freilassung vorlegten, brachte Cheney als Wortführer der äußersten Rechten die Entscheidung zu Fall. Seine Begründung: Ein Terrorist wie Mandela verdient keine Gnade.

      Da kann Nelson Mandela froh sein, daß die USA nach seiner viel späteren Freilassung ihn sich nicht geschnappt haben, um ihn endgültig wegzusperren in ihren kubanischen Terroristen-Käfigen.

      Quelle: © www.martin-buchholz.de, Berlin
      Avatar
      schrieb am 31.10.02 19:43:27
      Beitrag Nr. 26 ()

      Alte Freunde jetzt im US-Visier?

      Die Stellungnahmen verschiedener konservativer Think Tanks und wichtiger Zeitungen in den USA zielen darauf hin, die ideologische Basis für eine neue Politik der USA nach Erledigung ihrer Aufgabe im Irak zu schaffen

      Daß die US-Regierung ideologisch gestützt auf den religiösen Eifer einer in den USA angeblich 70 Millionen Anhänger repräsentierenden chiliastischen `Christlichen Rechten` die globale Hegemonie des US-Kapitals auch notfalls ohne die Hilfe ihrer `Freunde` durchsetzen will, hat sie im Zusammenhang mit dem geplanten Angriff auf den Irak schon mehrfach offen verkündet. Etwas neuer scheinen jedoch Überlegungen zu sein, diese Interessen auch gegen langjährige Verbündete zu fördern.

      In der Vergangenheit waren - zumal nachdem Fall des Schah-Regimes im Iran 1979 - die wichtigsten Verbündeten der USA im Mittleren Osten Saudi-Arabien und Pakistan. In beiden Fällen ist der Islam seit jeher der offizielle Seinsgrund der Existenz dieser Länder, in Saudi-Arabien stets in seiner fundamentalistischsten Form und in Pakistan zumindest seit der sowjetischen Besetzung Afghanistans unter Einbeziehung fundamentalistischer Kräfte. Saudi-Arabien war für die USA immer wichtig auf Grund seines Erdölreichtums und der damit verbundenen Möglichkeiten der dortigen Monarchie, seine Petrodollars zur Destabilisierung linker und nationalistischer Kräfte überall in der islamischen Welt einzusetzen. Pakistans Bedeutung lag in erster Linie in seiner geographischen Lage. Als Mitglied des Baghdad-Paktes und dessen Nachfolgerorganisation, der CENTO, und der SEATO diente Pakistan den USA sowohl zur `Eindämmung` der UdSSR als auch des lange Zeit dieser relativ eng verbundenen blockfreien Indiens.

      Mit aktiver Unterstützung der zionistischen Lobby in den USA und eben der `Christlichen Rechten`, für die die Unterstützung Israels als das Land, in das alle Juden der Welt `zurückkehren` sollen um die Wiederkehr Christi zu ermöglichen und damit nach der zuvor zu schlagenden Schlacht von `Armageddon`, der Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse, den Beginn des `Goldenen Zeitalters` einzuleiten, scheinen sich relevante Kräfte in der und um die US-Regierung nun darauf vorzubereiten, auch ihren islamischen Verbündeten ans Leder zu gehen.

      Vor nicht langer Zeit war die deutliche Verschlechterung der US-amerikanisch-saudischen Beziehungen bereits öffentlich geworden als zunächst der ehemalige Pentagon-Spitzenbeamte Richard Perle und sodann ein gewisser Laurent Murawiec von dem einflussreichen Think-Tank `Rand Corporation` in Briefings die Meinung vertraten, Saudi-Arabien sei der wirkliche Drahzieher von Usama bin Ladens `Al Qaida` und forderten, dem Land ein Ultimaten zu stellen, dessen Nichtbefolgung mit der Besetzung seiner Erdölfelder geahndet werden solle. Gleichzeitig hatten US-Rechtsanwälte auch 600 Angehörige von Opfern des Anschlags vom 11. September dazu animieren können, Schadenersatzklagen zu stellen, und zwar gegen das seit über einem halben Jahrhundert den USA stets so zu Diensten gewesene Saudi-Arabien. Darüberhinaus fand in diesem Jahr auch eine sichtlich orchestrierte Kampagne der US-Presse gegen Saudi-Arabien statt, wo in bisher selten gesehener Offenheit und Ausführlichkeit auf die nun wahrhaftig nicht neue Tatsache hingewiesen wurde, dass es in diesem Land um die Menschenrechte keineswegs besser bestellt ist als im Irak.

      Zusätzlich gerät nun Pakistan ins Visier. Einer der Gründe dafür dürfte der - von den USA - unerwartete Erfolg islamistischer, und das heißt in der gegenwärtigen Phase anti-amerikanischer und pro-Taliban bzw. Al-Qaida orientierter, Kräfte bei den Parlamentswahlen im Oktober sein. Am 18. Oktober schrieb die `New York Times`, dass der US-Geheimdienst der Meinung sei, dass Pakistan ein bedeutender Lieferant für das jüngst enthüllte Atomwaffenprogramm Nordkoreas sei. Nordkorea habe Pakistan dafür in den späten 90er Jahren Raketen geliefert, die es benötigte um Indien die Stirn zu bieten. Daß es von pakistanischer Seite, hier der Botschaft in Washington, umgehend ein Dementi gab, versteht sich von selbst. Auch die US-Regierung wollte sich nicht näher zu diesen Enthüllungen äußern.

      Einen Tag zuvor nahm die Washington Post wieder Saudi Arabien aufs Korn. Sie zitierte den Bericht einer `Task Force` des `Council of Foreign Relations` unter Leitung von Maurice Greenberg, dem zufolge die Finanzierung von Al-Qaida ganz wesentlich durch saudi-arabische Wohlfahrtseinrichtungen gesichert werde. Zu den leitenden Mitgliedern des in New York City ansässige `Council of Foreign Relations` gehören Henry Siegman und Judith Kipper. Siegman war zuvor Präsident des `American Jewish Congress` und Kipper werden seit langem enger Beziehungen zum Mossad nachgesagt. Der Bericht stellt fest, es sei kein Wunder, dass gerade saudi-arabische Institutionen diese Rolle spielte, weise doch das Königreich die größte Konzentration von Reichtum in der Region auf. Mit anderen Worten: Al Qaida wird nicht von den dem Regime möglicherweise wenig zugetanen Massen der Bevölkerung finanziert, sondern eben von Teilen der herrschenden Klasse. Der Bericht wirft der US-Regierung vor, diesen Zusammenhang systematisch zu ignorieren - obgleich ihr diese Institutionen aus der Zeit bekannt sein müssen, da sie die afghanischen Mojahedin in ihrem Kampf gegen die sowjetischen Truppen finanzierten.

      Es ist offensichtlich, dass sich die US-Regierung - vor allem auch angesichts ihrer prioritären Ausrichtung auf die Eroberung des Iraks - gegenüber dem immerhin bereits in die `Achse des Bösen` eingereihten Nord-Korea und noch mehr natürlich gegenüber Saudi-Arabien und Pakistan bemüht, die anstehenden Konflikte nicht vor der Zeit zuzuspitzen. Die Stellungnahmen verschiedener konservativer Think Tanks und wichtiger Zeitungen in den USA zielen aber darauf hin, die ideologische Basis für eine neue Politik der USA nach Erledigung ihrer Aufgabe im Irak zu schaffen.

      Philosophischer Salon e.V., Berlin


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