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    Sich nicht mehr abfinden - so einen braucht Deutschland auch..... - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 07.10.02 17:41:10 von
    neuester Beitrag 01.12.02 16:50:36 von
    Beiträge: 95
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      schrieb am 07.10.02 17:41:10
      Beitrag Nr. 1 ()
      Hier ein bemerkenswertes Interview mit einem bemerkenswerten Mann - ich habe es leicht gekürzt, das Original findet man am angegebenen Link:

      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,217015,00.html
      07. Oktober 2002
      SPIEGEL-GESPRÄCH
      "Gott hat mich leben lassen"

      New Yorks ehemaliger Bürgermeister Rudolph Giuliani über sein Leben nach dem 11. September, über George W. Bush, den Terrorismus und Gerhard Schröder

      SPIEGEL: Sie sitzen hier im 24. Stockwerk, der Himmel ist so blau wie am 11. September 2001. Denken Sie manchmal daran, dass von dahinten ein Flugzeug direkt auf Sie zufliegen könnte?

      Giuliani: Nein. Ich glaube auch nicht, dass so etwas noch mal passieren wird. Ich fühle mich sicher.

      SPIEGEL: Was macht Sie so sicher? Wenn man den Nachrichten der letzten Wochen glaubt, waren weder die Stadt noch das Land besonders gut auf den Anschlag vorbereitet.

      Giuliani: Niemand ist gut auf so einen Anschlag vorbereitet. Das überstieg unser Vorstellungsvermögen. Aber New York ist die Stadt in diesem Land, die am besten auf solche Notfälle vorbereitet ist. Tausende Leben sind gerettet worden. Natürlich sind Fehler passiert. Aber wir lernen daraus. Mir war relativ schnell klar, dass wir nach diesem Anschlag auf unser Leben stärker sein würden als vorher. Und das sind wir heute. Die Stadt ist nicht im Chaos versunken.

      SPIEGEL: Sie haben danach ein Buch geschrieben, das "Leadership" heißt. Sie beschreiben sich als jemand, der eine Stadt aus einer tiefen Krise führt. Wollen Sie sich für ein neues Amt empfehlen?

      Rudolph W. Giuliani

      ("Leadership". Aus dem Englischen von Susanne Kuhlmann-Krieg, Thorsten Schmidt und Harald Alfred Stadler. C. Bertelsmann Verlag, München; 416 Seiten; 23,90 Euro.)

      Giuliani: Wenn ich etwas aus den letzten Jahren gelernt habe, dann, dass es manchmal wenig Zweck hat, seine Zukunft so weit zu planen. Ich hatte Krebs, ich ging durch eine Scheidung, und schließlich stand ich mitten in dieser schrecklichen Attacke auf die USA. Gott hat mich leben lassen. Ich muss diese Chance jetzt nutzen. Mal sehen, wie. Die größten Teile des Buches sind vor dem 11. September entstanden. Das Schreiben sollte mir helfen, mich auf ein Leben nach dem Amt von New York vorzubereiten.

      SPIEGEL: Ein Zitat aus dem Buch hat schon vor der Veröffentlichung Furore gemacht. Es heißt, Sie wollen Osama Bin Laden töten. Stimmt das?

      Giuliani: Ja. Das Zitat stammt allerdings vom 14. September 2001. An dem Tag kam der Präsident zum ersten Mal nach dem Anschlag nach New York. Ich holte ihn vom Helikopter ab. George W. Bush fragte: "Gibt es irgendwas, was ich für Sie tun kann?" Und ich sagte: "Ja, wenn Sie diesen Kerl Bin Laden kriegen, wäre ich gern derjenige, der ihn tötet."

      SPIEGEL: Und was hat Bush daraufhin gesagt?

      Giuliani: Ich glaube, der hat das eher als rhetorische, emotionale Bemerkung verstanden. Dabei meinte ich das ganz wörtlich. Nach all dem, was meiner Stadt angetan worden war, nach all dem Leid, dachte ich, dass ich genau der Richtige wäre, diesen Mann hinzurichten. Es sind so viele Menschen umgekommen, die unschuldig waren. Das waren keine Krieger, das waren Zivilisten, und ich fühlte mich berechtigt, sie zu rächen. Ich begriff langsam, dass wir niemand mehr aus den Trümmern retten würden. Ich musste mich mit DNS-Analysen, Leichensäcken und der wachsenden Angst vor biologischen oder chemischen Angriffen auseinander setzen. Die Stadt stand still. Es waren die schlimmsten Stunden.

      SPIEGEL: Man hatte den Eindruck, dass eher Bush bei diesem ersten Besuch der Verzweifelte war. Es sah so aus, als suche er Ihren Halt.

      Giuliani: Es war sehr mutig von ihm, hierher zu kommen. Und auch richtig. Er hat Kraft bei den Feuerwehrleuten, den Polizisten und den freiwilligen Helfern gefunden. Ich wusste, dass diese Menschen ihm Kraft geben würden, mir haben sie ja auch geholfen. Er blieb viel länger am Ground Zero als geplant. Man konnte richtig mit ansehen, wie er Kraft schöpfte. Als wir dann im Auto in die Stadt hinauffuhren, sah er raus und schwärmte von den einfachen Leuten da draußen an den Straßen, die die Stärke Amerikas ausmachen würden. "Diese Leute gewinnen unsere Kriege", sagte er. Wir fuhren gerade durch West Side, das ist eine demokratische Hochburg. Da konnte ich nicht anders. Ich habe ihm gesagt: "Mister President, aber denken Sie daran, niemand von denen, die Ihnen da gerade zujubeln, hat Sie gewählt." Der Präsident hat mich ganz komisch angeguckt. Ich hab gelacht und gesagt: "Aber ich und der Gouverneur George Pataki haben von denen auch nur vier Stimmen bekommen." Wir weinten und lachten in jenen Tagen zur gleichen Zeit.

      SPIEGEL: George W. Bush hat dieser Anschlag zu Beginn seiner Amtszeit getroffen. Sie ganz am Ende. War das für Sie ein Vorteil?

      Giuliani: Ich weiß nicht, ob man so einen Angriff ins Verhältnis zu einer Amtszeit setzen kann. Aber ich war zu diesem Zeitpunkt schon über sieben Jahre Bürgermeister von New York und hatte mit unzähligen Notfällen zu tun. Was mir wirklich half, war die Krankheit. Ich hatte mich mit meiner Sterblichkeit beschäftigt. Ich hatte andere Prioritäten, andere Perspektiven. Ich hatte diese Krankheit in mir, die mich töten konnte, also etwas Destruktives, und musste als Bürgermeister dieser Riesenstadt positiv, konstruktiv sein. Diese Ambivalenz habe ich in den Wochen nach dem 11. September auch gespürt. Es ging um Beerdigen und Aufräumen, um Trauern und Hoffen. Eine der schönsten Erinnerungen war die Hochzeit von Diane Gorumba. Ihre Mutter hatte mich gefragt, ob ich der Brautführer sein könnte. Sie hatte in einem Jahr ihren Vater, ihren Mann und kurz vor dem 11. September ihren Sohn verloren, der Feuerwehrmann war. Sie sagte mir, dass man sich auf die guten Dinge im Leben konzentrieren muss. Ich habe die Zusage lange vor dem Anschlag auf New York gegeben und hielt sie selbstverständlich ein. Es war ein wunderschönes Erlebnis. Es war bei aller Tragik auch eine große Freude, in dieser Stadt leben zu dürfen.

      ....

      SPIEGEL: Sie sind aus der City Hall an den Times Square Nummer 5 gezogen. Der Times Square ist der Platz in New York, den Sie in Ihren acht Jahren als Bürgermeister vielleicht am meisten verändert haben. Wenn Sie jetzt da hinunter schauen, sind Sie zufrieden?

      Giuliani: O ja, sehr sogar. Es ist ein neuer Platz. Das Bürohaus, in dem wir sitzen, gab es noch nicht, als ich Bürgermeister wurde. Das Gebäude da gegenüber gab es nicht. Ein "König der Löwen"-Musical hätte es damals nicht gegeben, auch nicht "42nd Street", die beiden neuen Multiplex-Kinos gab es nicht. Es gab hier Sex-Shops, Peepshows, Ganoven und Porno-Kinos. Wir hatten diesen wunderbaren Platz und haben ihn nicht genutzt. Das ist, auch finanziell gesehen, unverantwortlich. Was denken Sie, was der Times Square uns heute an Einnahmen bringt. Die Theater, die Restaurants, die Hotels und Reiseunternehmen leben davon. Dieser Platz ist lebensnotwendig für die Stadt.

      SPIEGEL: Es gibt auch Menschen, die sagen, der neue Times Square sei glatt, kalt und langweilig.

      Giuliani: Ich bin dort unten vor 15 Jahren mal aus dem Taxi gesprungen, bevor ich zum ersten Mal als Bürgermeister kandidiert habe. Ich sah einen Mann mit einer Tasche wegrennen, ihm hinterher rannte ein weiterer Mann und dann, in einigem Abstand, eine Frau, die ihre Schuhe ausgezogen hatte. Ich war auf dem Weg zu einer Broadway-Matinee, und weil wir sowieso schon spät dran waren, bat ich den Fahrer anzuhalten. Der Frau war die Handtasche gestohlen worden. Ich sagte dem Ehepaar, dass es keinen Zweck hätte, den Räuber zu verfolgen. Ich rief die Polizei an und wartete mit den beiden Leuten. Aber es kam niemand. Wir warteten da 20 Minuten und niemand erschien. Ich fühlte mich derartig ohnmächtig. Ich nahm mir vor, das zu ändern, wenn ich mal Bürgermeister sein sollte.

      SPIEGEL: Ihre Kritiker meinen eher, dass Sie New York durch Ihre harten Säuberungsaktionen den Charakter genommen haben.

      Giuliani: Nehmen wir nur mal Harlem. Als ich hier anfing, hatten die Geschäfte in der 125. Straße mächtige Probleme mit Kriminellen. Kein Händler fühlte sich da wohl, nationale Ketten fand man dort gar nicht. Heute ist das eine wirtschaftlich blühende Gegend mit großen Restaurants, Supermärkten und Büros. Es ist regelrecht schick, nach Harlem zu ziehen.

      SPIEGEL: Das liegt vielleicht daran, dass Bill Clinton dort sein Büro aufmachte.

      Giuliani: Ich will nicht sagen, dass das mein Ziel war. Aber es ist ein Beispiel dafür, wie wir die Stadt veränderten. Times Square, Harlem, der Central Park, das sind prominente Beispiele für unsere Reformen, ich könnte das in allen fünf Stadtbezirken fortsetzen. Ich bin in Flatbush aufgewachsen. Das ist so was wie das Herz Brooklyns. Kurz bevor ich Bürgermeister wurde, war Flatbush die New Yorker Gegend mit den meisten Schießereien. Ich habe damals ein Krankenhaus besucht, in dem ein angeschossener Polizist behandelt wurde. Sein Arzt hat mir gesagt, dass sie etwa 1500 Schusswunden im Jahr versorgen müssten. Wir haben die Kriminalitätsrate in dieser Gegend in meiner Amtszeit um 80 Prozent gesenkt. Ich war vor vier Wochen dort, als meine Mutter beerdigt wurde. Es ist eine ruhige, nette Gegend geworden. Es gibt neue Geschäfte und kaum noch leer stehende Häuser. Das freut mich. Ich habe gute Erinnerungen an meine Kindheit.

      SPIEGEL: Wirklich? Sie haben geschrieben, dass Sie als Junge dort fast mal umgebracht wurden.

      Giuliani: Das lag daran, dass ich mitten im tiefsten Dodgers-Gebiet mit einer Yankees-Baseball-Kappe rumlief. Mein Vater stammte aus Manhattan. Meine Mutter hatte ihn praktisch gezwungen, nach Brooklyn zu ziehen, wo sie herkam. Als Rache hat er mich zum Yankees-Fan gemacht. Ein paar Kerle haben mich deswegen eines Tages wirklich fast aufgehängt. Aber ich habe es überlebt und bin bis heute Yankees-Fan geblieben. Es gibt für den Bürgermeister von New York ja so spezielle Baseball-Kappen mit den Wappen der Yankees und der Mets. Damit du es dir mit niemandem verscherzt. Ich könnte so einen Hut nie tragen. Mein Vater hat immer gesagt: Die Leute müssen dich nicht lieben, aber sie müssen dich respektieren.

      SPIEGEL: Und er hat Ihnen Boxen beigebracht?

      Giuliani: Ja. Aber ich habe nur geboxt, bis ich 13 war. Dann wurde ich Baseball-Fan. Ich liebe diesen Sport und seine Helden. Babe Ruth zum Beispiel hat dieses Land bis heute geprägt. Er war größer als das Spiel. Oder Lou Gehrig. Ein talentierter Spieler, der eine ganze Menge Rekorde aufstellte. Aber das Beeindruckendste für mich war, mit welcher Würde er seine schwere Krankheit ertrug. Er hat seinen Fans in seiner schwersten Stunde Mut gemacht. Mein Buch war zum Anfang fast ein Baseball-Buch. Ich ziehe viel Inspiration aus dem Baseball. Deswegen hörte ich mit dem Boxen auf und wurde Fänger. Das Spiel hat meine Kindheit und Jugend dominiert. Ich glaube, das war eine große Enttäuschung für meinen Vater.

      SPIEGEL: Die zweite war sicher, dass Sie Anfang der achtziger Jahre von den Demokraten zu den Republikanern wechselten?

      Giuliani: Das glaube ich nicht. Mein Vater war ein Demokrat, aber einer der altmodischen Sorte. Er dachte, kleine Leute, die Arbeiter, sind eben Demokraten. Er hat auch mal für Republikaner gestimmt. Zum Beispiel für Eisenhower, weil der ihm vernünftiger schien als Adlai Stevenson. Und für Kennedy war er vor allem, weil Kennedy Katholik war wie wir. Es gab ja damals kaum einen katholischen Präsidentschaftskandidaten. Im Alter wurde mein Vater immer konservativer; ich denke, er hat kurz vor seinem Tod dann auch für Gerald Ford gestimmt. Ich weiß nicht, ich habe nie mit ihm über Politik geredet. Immer nur über Baseball.

      SPIEGEL: Sie haben ja als junger Mann Wahlkampf für Kennedy gemacht, und auch heute scheinen viele Ihrer Positionen eher demokratisch als republikanisch zu sein.

      Giuliani: Das stimmt so nicht. Ich bin für das Recht auf Abtreibung, ich bin für starke Waffengesetze und setze mich für die Rechte Homosexueller ein. Aber das kommt auch daher, dass ich aus einer großen Stadt komme. Käme ich aus einer landwirtschaftlichen Gegend, würde ich mich vielleicht eher in der Waffenlobby engagieren. 90 Prozent meiner Positionen sind eher republikanisch. Ich bin konservativ in der Außenpolitik, konservativ in der Innenpolitik und eher liberal in der Sozialpolitik. Dass ich von den Demokraten komme, hat mir in New York sehr geholfen. Hier gibt es fünfmal so viele Demokraten wie Republikaner. Ich kannte ihre Vorurteile gegenüber den Republikanern. Ich wurde der erste republikanische Bürgermeister seit 24 Jahren. Und mein Vorgänger Lindsay wechselte ja im Amt zu den Demokraten. Der letzte republikanische New Yorker Bürgermeister, der auch Republikaner blieb, war Fiorello LaGuardia. Das liegt über 50 Jahre zurück.

      SPIEGEL: Was machte LaGuardia zu Ihrem Vorbild?

      Giuliani: Er war unberechenbar. Nichts stand für ihn fest. Er zwang die Leute immer wieder, Dinge in einem neuen Licht zu sehen. Das mochte ich. Ich habe das auch versucht. Ich habe das soziale Modell, das die Stadt 50 Jahre beherrschte, in Frage gestellt. Als ich Bürgermeister von New York wurde, bekamen unglaublich viele New Yorker Sozialhilfe. Ich wollte diese Kultur der Abhängigkeit ändern. Also machten wir die Sozialhilfebüros zu Arbeitsbeschaffungsagenturen. Als ich das Amt verließ, hatten wir 650 000 Sozialhilfeempfänger weniger. Die andere große Herausforderung war die Kriminalität. Die New Yorker hatten sich damit abgefunden. Sie hielten die Stadt für nicht kontrollierbar. Diesen Glauben wollte ich erschüttern. Während meiner Amtszeit senkten wir die Mordrate von 2000 Morden jährlich auf 600. New York City ist heute die sicherste Stadt der USA.

      SPIEGEL: Es ging so weit, dass Tony Soprano in einer Episode der erfolgreichen Fernsehserie über eine Mafia-Familie in New Jersey sagt: "Der einzige Mensch, von dem ich mir wünschte, dass man ihn nicht klonen kann, ist Rudolph Giuliani." Sind Sie stolz darauf?

      Giuliani: Ja natürlich. Tonys Mutter schimpft pausenlos auf mich. Sie sagt, ich verfolgte meine italienischen Landsleute. Ich liebe die Serie. Wie ich den "Paten" liebe. Meine Familie hat viel unter den Vorurteilen gegenüber italienischen Einwanderern leiden müssen, aber gelegentlich kann man von den bösen Jungs einen weisen Satz aufschnappen. Einer meiner Lieblingssätze stammt von Al Pacino aus dem ersten Teil des "Paten". Als er seinen Vater aus dem Krankenhaus rettet, streichelt er Don Corleone und sagt: "Ich bin jetzt für dich da, Papa." Ich zitiere das oft für meinen Sohn Andrew. Wahrscheinlich werde ich alt.

      SPIEGEL: Al Pacino spielt in dem Film "City Hall" einen New Yorker Bürgermeister-Star, der schon auf dem Weg nach Washington ist, als er über eine Korruptionsaffäre stolpert. Mochten Sie den Film auch?

      Giuliani: Sie haben große Teile in meinem Rathaus gedreht, und Al Pacino hat mich auch ein paar Tage begleitet. Aber der Bürgermeister, den er spielt, regiert ein New York, das es zu meiner Zeit schon nicht mehr gab. Es war das New York der achtziger Jahre. In "City Hall" gibt es eine Szene, in der sich Danny Aiello, der einen Stadtbezirkspräsidenten spielt, auf dem Seitenstreifen der Autobahn erschießt. Einen vergleichbaren Fall gab es Anfang der achtziger Jahre. Da hat sich der Präsident von Queens, der "King of Queens", auf dem Autobahnseitenstreifen ein Messer in die Brust gerammt. Ich war damals Generalstaatsanwalt, wir klärten einen der größten Korruptionsfälle der Stadt auf.

      SPIEGEL: Als Staatsanwalt waren Sie Vorbild für eine Figur in Sidney Lumets Film "Prince of the City".

      Giuliani: Ja. Das ist wirklich ein sehr guter Film, ich müsste ihn mal wieder anschauen, nach dem Sport ist der Film meine zweite Leidenschaft.

      ...

      SPIEGEL: Spätestens als ein Staatsmann nach dem anderen am Ground Zero erschien, dürfte sich das geändert haben. Sie haben die meisten dorthin begleitet. In Ihrem Buch beschreiben Sie, wie bewegt Bundeskanzler Schröder war, als er die Trümmer sah. Sind Sie enttäuscht, dass er sich nicht an einem Angriff auf den Irak beteiligen will?

      Giuliani: Wissen Sie, ich bin auch Politiker, ich habe auch ein paar Wahlkämpfe hinter mir, und ich weiß, welche Notwendigkeiten es da gibt. Aber jetzt hat er die Wahl gewonnen, und ich hoffe, dass Deutschland, das ja einer unserer stärksten Verbündeten ist, sich an einer Koalition beteiligt, die im Irak tut, was zu tun ist. Der internationale Terrorismus muss beendet werden. Schröder hat auf mich einen sehr ehrlichen, aufrichtigen Eindruck gemacht, als er hier war. Er hatte Tränen in den Augen. Ich habe mich ihm sehr nahe gefühlt.

      SPIEGEL: Sie sind jetzt ein internationaler Star. Im Jahr vor der Attacke auf das World Trade Center war Ihre Krankheit in den Zeitungen öffentlich diskutiert worden, Ihre Konkurrentin Hillary Clinton war in den Senat eingezogen, Ihre Hotelbesuche mit Ihrer neuen Lebensgefährtin wurden protokolliert, Sie wohnten zur Untermiete bei einem Freund. Sie waren eine Figur des Boulevard geworden. Dreieinhalb Monate später kürte das "Time"-Magazin Sie zum Mann des Jahres. Wie groß war die Genugtuung nach all der Schmach?

      Giuliani: Das habe ich getrennt. Ich stand ja auf dem "Time"-Cover als Symbol für New York City. Ich habe Tausende Titelbilder signiert, und das war schon ein gutes Gefühl. Besser jedenfalls als die Aufnahme, die auf dem Dach des Rockefeller Center entstand. Die Fotografen hatten da oben eine winzige Bühne aufgebaut, auf die ich klettern musste. Es war ziemlich windig. Ich stand da oben und sah über meine Stadt. Ich habe diese Auszeichnung in ihrem Namen angenommen. Aber als Politiker darf man sich von solchen Sympathieaufwallungen nur bedingt leiten lassen. Man muss auch unpopuläre Entscheidungen treffen. Das habe ich von meinem Vorbild Ronald Reagan gelernt.

      SPIEGEL: Sie waren schon vor dem 11. September der berühmteste Bürgermeister der Welt. In den Tagen danach hieß es, Sie könnten jetzt alles werden. Auch Präsident. Gab es schon mal einen New Yorker Bürgermeister, der anschließend Präsident der Vereinigten Staaten wurde?

      Giuliani: Franklin Roosevelt war Gouverneur von New York, bevor er Präsident wurde. Teddy Roosevelt war Polizeichef und Gouverneur. Aber die Bürgermeister wurden später höchstens Talkshow-Moderatoren. Ich glaube, als Bürgermeister von New York bist du am Ende froh, wenn du nicht im Knast landest und lebendig aus der Stadtherauskommst.

      SPIEGEL: Herr Giuliani, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 17:51:21
      Beitrag Nr. 2 ()
      wieso: "sich nicht mehr abfinden?"

      Weil das letztlich das Problem in Deutschland zu sein scheint.
      Die einen haben sich gut eingerichtet bzw. profitieren von den jetzigen Zuständen. Die anderen gehen davon aus, dass sich eh nichts ändern lässt.

      Und es fehlt gerade in den Reihen der Politik jemand, der bereit ist, radikal Veränderungen in Bereichen vorzunehmen, die fast jeder als "schlecht" erkennt, die aber einfach akzeptiert werden.
      Das Fenster ist zerbrochen, die nächsten Steine fliegen schon.

      Hohe Kriminalität? Muss man mit leben...gerade in Großstädten....und so steigt sie weiter.
      Zunehmende Gewaltbereitschaft? Schule, Elternhaus, soziale Umstände oder Fernsehn und Computerspiele sind schuld. Kann man nichts machen...
      Schwarzarbeit, Sozialmißbrauch, Abzockerei, Korruption. Naja, man müßte was tun, aber wir wollen ja keinen Überwachungsstaat.


      Guliani hat in New York gezeigt, dass es sich lohnt, etwas zu unternehmen. Dass man mit der richtigen Politik Kriminalität nicht eindämmen, aber reduzieren kann.

      Der Times Square wirkt jetzt also "kalt". Nun, wenn man als normaler Bürger dort entlangehen kann, ohne beraubt zu werden und sich die Polizei wieder in jeden Stadtteil traut, dann erfüllt der Staat seine Aufgabe.
      Dies wird Sozialromantikern nicht gefallen, für die zu einer Großstadt auch ein gewisses Maß an Kriminalität gehört. Sie mögen sich andere Orte suchen, ihr Bedürfnis zu befriedigen, ausgeraubt oder vergewaltigt zu werden.
      Die Mehrheit teilt diese Vorliebe nicht....
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:01:27
      Beitrag Nr. 3 ()
      #2 Zustimmung. Es ist traurig aber wahr: Sobald sich heute jemand bemüht, mehr Sicherheit durch mehr Wachpersonal oder - wie furchtbar - sogar mehr Polizei zu fordern, schreien die Sozialromantiker sofort "Polizeistaat"!

      Ehrlich gesagt, wenn ich in Ruhe auf den Straßen gehen kann, nehme ich auch gerne in Kauf, dass sie vielleicht nicht ganz so bunt, multikulturell, szeneartig und was weiß ich auch sonst noch sind. Aber dafür habe ich kein Messer im Rücken. Und im übrigen wäre der Beweis noch anzutreten, dass mehr Sicherheitspersonal auf den Straßen auch gleich bedeutet, dass es eben weniger gemixt ist. Warum sollte das so sein? Wollen Ausländer nicht auch Sicherheit? Sind alle Leute aus den Szenen (was auch immer das ist) kriminell? Ich halte das für Humbug!

      Und weiter: Kampf gegen Abzocke und Betrug führt nicht gleich zum Überwachungsstaat, sondern zu Gerechtigkeit.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:06:52
      Beitrag Nr. 4 ()
      ..nun, sehr beliebt ist ja auch das Argument, die erhöhte Überwachung führe nur zu einer Verlagerung in andere Gegenden.

      Nun, da ist sogar was dran. Bewohner einiger Städte können ein Lied davon singen - in welche die Verlagerung nämlich stattgefunden hat. Eigentlich sollte das ein Anlass sein, auch dort schärfer vorzugehen.
      Deren Bewohner wollen nämlich auch nicht jede Woche abgetretene Außenspiegel am Auto feststellen, offenen Drogenhandel vor der Haustür und ähnliche Errungenschaften. Von Raub und ähnlichem mal ganz zu schweigen.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:12:38
      Beitrag Nr. 5 ()
      Rot Grün
      kennt nur den Täterschutz




      weshalb soll kein Fingerabdruck
      in den Ausweis?

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      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:29:14
      Beitrag Nr. 6 ()
      #4 xylo, da bin ich übrigens sehr egoistisch. Wenn ich die Kriminaliät von meiner Haustür oder meinem Lebensraum wegbekomme, bin ich froh. Natürlich ist das gemein gegenüber denjenigen, zu denen die Kriminalität zieht, aber nur etwas nicht zu tun (nämlich gegen die Verbrechen), weil man glaubt, es sei unausweichlich, ist ein Sch...argument! :mad:
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:36:39
      Beitrag Nr. 7 ()
      Beispiel sind viele Hauptbahnhöfe, auch der Kölner.

      Früher stank es dort nach dem, was Männer gerne "in die Ecke stellen", es war dunkel und versifft und die Rolltreppen häufiger kaputt als heile.
      Man wurde alle 10 Meter angequatscht, ob man mal ´ne Mark hat. Und im Untergeschoss (U-Bahn) lagen die Drogensüchtigen vor und auf den Bänken, die Heroinsüchtigen und die Alkoholiker...ein unangenehmer Ort einfach.
      Jetzt ist alles geschniegelt sauber, die Drogis sind "vertrieben", wie sie es nennen - wie so vorher auch schon vom Neumarkt vertrieben worden sind. Es mag dem einen oder anderen ein wenig zu "glatt" sein, jedenfalls wird man aber nicht dumm angemacht oder belästigt und man kann frei atmen.

      Die armen Penner und die Drogenszene haben natürlich dadurch Nachteile. An den zentralen Plätzen der Innenstadt will man sie einfach nicht haben.
      Doch wem "gehört" die Stadt? Wer zahlt dafür, dass die Straßen und Denkmäler in Ordnung gehalten werden - und im übrigen dafür, dass die Abhängigen ihre Therapien und ihre Drogenberater finaziert bekommen?
      Ich habe noch nie gehört, dass ein Dealer seine Einnahmen versteuert. Oder dass ein Einbrecher den Erlös zur Restaurierung alter Bauwerke gespendet hätte.
      Wer aber nichts beiträgt, der muss sich dann eben auch damit abfinden, dass er mit den 2.- oder 3.-besten Plätzen vorlieb nehmen muss. So ist das Leben.


      Und die ehrlichen Bewohner der 2. und 3.besten Plätze, die diese Szene auch nicht dort haben wollen? Nun, dann muss man sie eben solange weiter "vertreiben", ggf. bis ins Gefängnis, bis sie keine Lust mehr haben, vertrieben zu werden. Und etwas ändern wollen. Oder müssen.
      Für Kriminelle muss Deutschland wieder ein Ort werden, wo sie sich nicht wohlfühlen.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:45:51
      Beitrag Nr. 8 ()
      Dieser Mann ist so bemerkenswert, daß er sich in seiner Freizeit sogar als Hobby-Scharfrichter betätigen möchte. Wenn ich von solchen Leuten höre, dann bin ich manchmal sogar froh, in Deutschland zu leben. Denn bei uns wäre ein G nicht möglich.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:47:15
      Beitrag Nr. 9 ()
      Nr. 6: und ich wäre eigentlich auch gern egoistisch. Leider wohne ich aber an einem Ort, wo man Kriminalität eher als "normale" Folge des Großstadtlebens akzeptiert, zuletzt zum Glück etwas weniger, aber es gibt noch viel zu tun. Man läßt es aber lieber sein...

      Und ich arbeite an einem anderen Ort, wobei die Tätigkeit dort eher im Sinne von Guiliani ausfällt, Kriminalität nicht zu dulden. Freuen sich die Leute dort, während meine schöne Heimatstadt den Bach runter geht....
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:48:54
      Beitrag Nr. 10 ()
      xylophon und mausschubser:

      ich wette, ihr wohnt irgendwo in der provinz, jedenfalls nicht in einem stadtzentrum. eure postings sind typisch für leute, die nicht wissen, wovon sie reden. eure größte angst ist es tatsächlich, ihr könntet von einem bettler um einen euro gebeten werden. unglaublich.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:51:24
      Beitrag Nr. 11 ()
      Nr. 8:
      Das ist doch allenfalls ein kleiner Nebenaspekt.

      Jemand, der einen Stadtteil wieder in den Griff bekommt, in den sich zuvor die Polizei nicht mehr traute, der sollte an anderen Dingen gemessen werden als einem Wunsch, der nie in Erfüllung gehen wird.
      Der dies im übrigen mit Methoden geschafft hat, die nichts anti-demokratisches oder totalitäres aufweisen, bevor jemand mit dem beliebten Totschlag-Argument Nazi (Unter Hilter gab es auch weniger Kriminelle, aber um welchen Preis) ankommt.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:52:45
      Beitrag Nr. 12 ()
      ..genova. Genau, mitten in der Provinz....Kölner Innenstadt.

      Kleine Menschenkennerin.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:55:10
      Beitrag Nr. 13 ()
      Guiliani wohnt im übrigen ja auch mitten in der Provinz. Und weil er soviel Angst hatte, von einem Bettler um einen Dollar angebettelt zu werden - genau deshalb wurde er Politiker, verjagte alle Armen und Obdachlosen und hat jetzt nur noch einen Wunsch - Bin Laden zu töten.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:55:17
      Beitrag Nr. 14 ()
      der gute alte rudy hat als staatsanwalt schon ivan boesky und die bosse der new yorker mafia hinter gitter gebracht.
      es gibt nichts gutes, ausser man tut es !
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:55:25
      Beitrag Nr. 15 ()
      xylo,

      wenn du in der kölner innenstadt wohnst, dann wohne ich in new york.

      :D

      ich tippe auf bayerischen wald, direkt an einem tschechischen grenzstein.

      :D
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 19:01:26
      Beitrag Nr. 16 ()
      genova: Du musst es ja wissen...

      ...tatsächlich sind es aber eher die Provinzler auf Wochenend-Tour, ggf. auch die vorübergehend mal Zugezogenen, die die Kriminalität in den Großstädten besonders schätzen. Sieht aus, wie sie es nur aus dem Fernsehen kennen. Richtige Verbrecher. Besonders toll, wenn einer sogar ne Waffe hat oder ihnen Drogen anbietet. Was für ein Abenteuer.

      Die Leute, die in den Städten wohnen, die finden das meistens nicht ganz so lustig. Vor allem, wenn es sich häuft.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 19:04:35
      Beitrag Nr. 17 ()
      du hast recht, xylo,

      ich bin letzte woche in köln angeschossen worden und eine gruppe sächsischer touristen hat mich noch ausgelacht. es ist in der tat das letzte.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 19:09:02
      Beitrag Nr. 18 ()
      ..hat Dir ja bestimmt gefallen - kannste noch Deinen Enkeln von erzählen....der Ausflug nach Köln. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 19:11:03
      Beitrag Nr. 19 ()
      xylo,

      wo warst du eigentlich letzte woche, genauer gesagt vergangenen freitag gegen 17.40 uhr?

      :D
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 19:44:59
      Beitrag Nr. 20 ()
      Tja, sieht aus, also ob eher Genova diejenige wäre, die von der Provinz aus es irgendwie romantisch findet, alleine oder samt Kinderwagen über Junkies zu steigen, die alle zwanzig Meter auf dem Bürgersteig herumkriechen, um verschüttetes Dope vom Trottoir abzukratzen. :D. Großstadtromantik halt.....

      b
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 19:51:40
      Beitrag Nr. 21 ()
      genova, ich bin in West-Berlin aufgewachsen und habe dort Jahrzehnte gewohnt. Ich kenne noch den Bahnhof Zoo vor seiner Sanierung und den unerträglichen Drogenkiez dort. Ich habe die Entwicklung von Kreuzberg SO 36 und dem benachbarten Neukölln von Naja-Wohngegenden zu Slums (verzeihung, farbenfrohen Bereichen) live miterlebt. Ich habe Taschendiebstähle in der U-Bahn in meiner Schulzeit nach und nach als etwas Normales hinnehmen müssen und begegnete bei Spaziergängen an einem nahegelegenen Krankenhäusern den Opfern von zuviel städtischer Freizügigkeit. Schießereien in der Gegend meiner früheren Wohnung hatte ich auch. Wozu Krimi schauen? Geh` einfach ans Fenster. Mann, bin ich froh, dass ich da weggezogen bin. Klar, das ist logischerweise etwas Kleinstädtisch für Dich Weltbürgerin. ;)

      Übrigens gehöre ich zu den Leuten, die tatsächlich noch Obdachlosen mit ihren Zeitungen etwas zustecken. Um die kümmert sich nämlich in Berlin praktisch keiner.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 20:24:52
      Beitrag Nr. 22 ()
      aber kommen wir doch mal auf das Thema zurück. Denn es geht ja eigentlich nicht allein um Kriminalität:
      Kopieren wir doch mal zusammen, was für mich die entscheidenden Sätze sind:

      Sie sind aus der City Hall an den Times Square Nummer 5 gezogen. Der Times Square ist der Platz in New York, den Sie in Ihren acht Jahren als Bürgermeister vielleicht am meisten verändert haben. Wenn Sie jetzt da hinunter schauen, sind Sie zufrieden?

      Giuliani: O ja, sehr sogar. Es ist ein neuer Platz. Das Bürohaus, in dem wir sitzen, gab es noch nicht, als ich Bürgermeister wurde. Das Gebäude da gegenüber gab es nicht. Ein "König der Löwen"-Musical hätte es damals nicht gegeben, auch nicht "42nd Street", die beiden neuen Multiplex-Kinos gab es nicht. Es gab hier Sex-Shops, Peepshows, Ganoven und Porno-Kinos. Wir hatten diesen wunderbaren Platz und haben ihn nicht genutzt. Das ist, auch finanziell gesehen, unverantwortlich. Was denken Sie, was der Times Square uns heute an Einnahmen bringt. Die Theater, die Restaurants, die Hotels und Reiseunternehmen leben davon. Dieser Platz ist lebensnotwendig für die Stadt.

      SPIEGEL: Es gibt auch Menschen, die sagen, der neue Times Square sei glatt, kalt und langweilig.

      Giuliani: Ich bin dort unten vor 15 Jahren mal aus dem Taxi gesprungen, bevor ich zum ersten Mal als Bürgermeister kandidiert habe. Ich sah einen Mann mit einer Tasche wegrennen, ihm hinterher rannte ein weiterer Mann und dann, in einigem Abstand, eine Frau, die ihre Schuhe ausgezogen hatte. Ich war auf dem Weg zu einer Broadway-Matinee, und weil wir sowieso schon spät dran waren, bat ich den Fahrer anzuhalten. Der Frau war die Handtasche gestohlen worden. Ich sagte dem Ehepaar, dass es keinen Zweck hätte, den Räuber zu verfolgen. Ich rief die Polizei an und wartete mit den beiden Leuten. Aber es kam niemand. Wir warteten da 20 Minuten und niemand erschien. Ich fühlte mich derartig ohnmächtig. Ich nahm mir vor, das zu ändern, wenn ich mal Bürgermeister sein sollte.

      SPIEGEL: Ihre Kritiker meinen eher, dass Sie New York durch Ihre harten Säuberungsaktionen den Charakter genommen haben.

      Giuliani: Nehmen wir nur mal Harlem. Als ich hier anfing, hatten die Geschäfte in der 125. Straße mächtige Probleme mit Kriminellen. Kein Händler fühlte sich da wohl, nationale Ketten fand man dort gar nicht. Heute ist das eine wirtschaftlich blühende Gegend mit großen Restaurants, Supermärkten und Büros. Es ist regelrecht schick, nach Harlem zu ziehen.

      SPIEGEL: Das liegt vielleicht daran, dass Bill Clinton dort sein Büro aufmachte.

      Giuliani: Ich will nicht sagen, dass das mein Ziel war. Aber es ist ein Beispiel dafür, wie wir die Stadt veränderten. Times Square, Harlem, der Central Park, das sind prominente Beispiele für unsere Reformen, ich könnte das in allen fünf Stadtbezirken fortsetzen. Ich bin in Flatbush aufgewachsen. Das ist so was wie das Herz Brooklyns. Kurz bevor ich Bürgermeister wurde, war Flatbush die New Yorker Gegend mit den meisten Schießereien. Ich habe damals ein Krankenhaus besucht, in dem ein angeschossener Polizist behandelt wurde. Sein Arzt hat mir gesagt, dass sie etwa 1500 Schusswunden im Jahr versorgen müssten. Wir haben die Kriminalitätsrate in dieser Gegend in meiner Amtszeit um 80 Prozent gesenkt. Ich war vor vier Wochen dort, als meine Mutter beerdigt wurde. Es ist eine ruhige, nette Gegend geworden. Es gibt neue Geschäfte und kaum noch leer stehende Häuser. Das freut mich.


      und

      Was machte LaGuardia zu Ihrem Vorbild?

      Giuliani: Er war unberechenbar. Nichts stand für ihn fest. Er zwang die Leute immer wieder, Dinge in einem neuen Licht zu sehen. Das mochte ich. Ich habe das auch versucht. Ich habe das soziale Modell, das die Stadt 50 Jahre beherrschte, in Frage gestellt. Als ich Bürgermeister von New York wurde, bekamen unglaublich viele New Yorker Sozialhilfe. Ich wollte diese Kultur der Abhängigkeit ändern. Also machten wir die Sozialhilfebüros zu Arbeitsbeschaffungsagenturen. Als ich das Amt verließ, hatten wir 650 000 Sozialhilfeempfänger weniger. Die andere große Herausforderung war die Kriminalität. Die New Yorker hatten sich damit abgefunden. Sie hielten die Stadt für nicht kontrollierbar. Diesen Glauben wollte ich erschüttern. Während meiner Amtszeit senkten wir die Mordrate von 2000 Morden jährlich auf 600. New York City ist heute die sicherste Stadt der USA



      Es geht nicht allein darum, ob man eine Null-Toleranz-Linie fährt.
      Es geht vor allem darum, nicht den Glauben daran zu verlieren, dass man etwas ändern könnte: New York schien unkontrollierbar und es herrschte eine Kultur der Abhängigkeit. Beides hat er geändert. Weil er daran geglaubt und es angepackt hat
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 20:36:30
      Beitrag Nr. 23 ()
      entschuldige, mausschubser,

      ich war nicht gut drauf, habe meine tage.

      :(
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 20:38:31
      Beitrag Nr. 24 ()
      Kein Problem, genova! :)
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 20:43:05
      Beitrag Nr. 25 ()
      ..und die Schussverletzungen tun ja ihr übriges...hoher Blutverlust die letzten Tage...:laugh::laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 23:22:20
      Beitrag Nr. 26 ()
      xylophon,

      ich frage mich ernsthaft, was Du hier für einen Mist schreibst. Nachdem Du Dich ja schon mehrmals als jemanden geoutet hast, der beruflich mit Kriminalität zu tun hat (vermute mal, Du arbeitest in der Staatsanwaltschaft) müßtest Du es wirklich besser wissen.

      Der große Erfolg von G ist, die Anzahl der Morde in NY auf 600 gedrückt zu haben. Im Jahr 2001 gab es in Deutschland 860 Morde, eine ziemlich niedrige Zahl. Wenn ich Zahl von NY auf Deutschland hochrechne, dann hätte es hier etwa 4800 Morde geben müssen!

      Wenn sich hier jemand ein Beispiel nehmen will, dann ist es NY, etwa an Köln oder sonst einer deutschen Stadt.

      Wer derartig fahrlässig amerikanische Zustände bei uns einführen will, soll sich dann die Frage stellen, ob er es richtig findet, wenn die Anzahl der Morde um das sechsfache steigen soll!

      Hier die Kriminalstatistik:

      http://www.bka.de/pks/pks2001/index2.html

      Bei uns gibt es neben dem Gesichtspunkt der Strafe (und Rache) eben auch die Resozialisierung eines Täters mit dem realistischen Ziel, ihn wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Dieser Punkt ist genauso wichtig, da damit zukünftige Straftaten vermieden werden. In den USA scheint mir eher der Gedanke von "Aug um Aug, Zahn um Zahn" vorzuherrschen. Überhaupt kann man sagen, daß die USA "ein lausiges Rechtssystem" haben.

      Daß G auch noch als Hobby-Henker auftreten möchte sagt für mich alles über ihn.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 00:20:38
      Beitrag Nr. 27 ()
      @ Stirner

      Wie heißt es so schön? Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast! :D

      Laut der von Dir verlinkten Kriminalstatistik ist die Anzahl von Mord- und Totschlagsdelikten in der BRD in den letzten 8 Jahren von ca. 4200 auf ca. 2600 gesunken. Im Vergleichszeitraum, der ja bis auf wenige Monate absolut identisch ist, hat es Giuliani geschafft die Mordrate von 2000 auf 600 zu senken. Nun sagt mir die Statistik, daß das Bild in Deutschland vielleicht doch nicht so düster ist, wie xylo es darstellt. Allerdings war Giuliani im gleichen Zeitraum wesentlich erfolgreicher als die Deutsche Verbrechensbekämpfung, denn die Ausgangslage von 2000 Morden hatte er ja nicht zu verantworten. Prozentual gesehen ist die Rate in NY aber wesentlich stärker gesunken als in Deutschland. Und die Gesamtkriminalität in Deutschland ist im letzten Jahr um 1,6 % gestiegen! Zu behaupten, xylo würde hier Mist posten, finde ich inhaltlich deshalb unhaltbar. Von der Art hier im Forum miteinander umzugehen einmal ganz abgesehen.

      Gruß

      nasdaq10

      P.S. Hast Du eigentlich auch Belege dafür, daß das Rechtssystem der USA lausig ist? Wer bestimmt eigentlich den Maßstab, nach dem ein Rechtssystem lausig ist?
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 10:40:48
      Beitrag Nr. 28 ()
      xylophon,

      das war geschmacklos. ich verbitte mir scherze über meine weiblichkeit und mir angetane gewaltverbrechen.

      immerhin wurde ich in deiner ach so tollen heimatstadt angeschossen. und was du zur tatzeit gemacht hast, ist weiterhin ungeklärt.

      in west-berlin hab ich jedenfalls immer guten stoff gekriegt.

      :)
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 11:09:39
      Beitrag Nr. 29 ()
      @nasdaq,

      bin gerne bereit Dir zu antworten.

      In NY konnte die Mordrate deutlich gesenkt werden, das ist natürlich richtig und war mir auch klar. Aber da geht es nur um die Veränderungsrate. Bei den Fallzahle selbst liegt NY etwa 500% über Deutschland, wenn man die Fälle auf die Bevölkerungszahlen umrechnet.

      Xylophon behauptet ein Fachmann zu sein und will uns eine Situation als vorbildhaft hinstellen, die etwa fünfmal schlechter ist als die hier. Da ist mir nur noch das Wort Mist eingefallen.

      Außerdem geht mir das präfaschistische Gerede dieses Möchtegern-Scharfrichters mächtig auf den Nerv.

      Was den Begriff "lausiges Rechtssystem" angeht, habe ich auf eine Äußerung unserer ehemaligen Justitzministerin angespielt. In der Tat bin ich auch dieser Meinung. Es gibt eine umfangreiche Kritik am amerikanischen Rechtssystem, da bräuchtest Du nur ein bißchen im Internet recherchieren.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 11:47:37
      Beitrag Nr. 30 ()
      Zum "lausigen Rechtssystem" der USA einige Informationen von AI

      http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/c1070c04ee5add56c1…
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 13:43:13
      Beitrag Nr. 31 ()
      ...ich bin keineswegs ein großer Freund des amerikanischen Rechtssystems, was etwas Geschworene und die Rolle der Staatsanwaltschaft betrifft. Hier ist das dt. System klar besser, wie ich finde.
      Auch ist Amerika sicher in Sachen Kriminalität nicht generell als Vorbild geeignet, auch das wird hier im Thread nirgends behauptet.

      Wenn man sich die Postings Nr. 2 und 22 einmal anschaut, dann geht es doch um was völlig anderes: dass jemand sich nicht damit abfindet, dass ein System immer weiter "den Bach runtergeht".
      Dass er konsequent gegen Mißstände angeht, statt sie zu akzeptieren oder gar als "Ausdruck der Vielfalt" mit einer Pseudo-Toleranz zu beschönigen. Gerade als Kölner kenne ich diese angebliche "Toleranz" sehr gut, die tatsächlich einfach nur Faulheit ist. Es wäre anstrengend, sich darum zu bemühen, dass bestimmte Regeln eingehalten werden. Aber "wir Kölschen" sind ja so liberal, da kann man ruhig die Sozialhilfe bescheißen, angebliche Waisenkinder versorgen und das Geld für Waffen in den Iran schicken und ähnliches. Da kann man sich als Flüchtling gegen Sachleistungen ganz einfach wehren, indem man die Essenslieferanten verjagt und dann - sonst müßte man ja verhungern - gibt es eben wieder Geld.

      Das heißt: der Staat läßt sich auf der Nase rumtanzen, die Beamten, die das zu verantworten haben, schmeißen anderer Leute Geld zum Fenster raus - und am Ende nennt sich das dann liberal.

      Tatsächlich heißt liberal: innerhalb bestimmter Grenzen ist alles zulässig.
      Es heißt aber nicht: alles ist erlaubt, es gibt keine Grenzen, wer am dreistesten, frechsten, brutalsten auftritt, der wird am meisten bekommen.

      Guiliani hat nicht einfach akzeptiert, dass man "in Harlem" eben kürzer lebt, dass dort Banden die Macht übernommen haben und die Polizei sich in einige Gegenden nicht mehr getraut hat. Es ist aber die Aufgabe des Staates, auch die schwachen Bewohner in Harlem zu schützen, nicht nur in Beverly Hills. G. hat diese Aufgabe als einer der ersten wieder ernstgenommen.
      In Deutschland war Schill eine Art Hoffnungsträger, dass auch hier jemand den Unterschied zwischen Liberalität und Gleichgültigkeit deutlich macht. Er entpuppt sich allerdings immer mehr als Windei, obwohl er wohl auch einige Erfolge vorzuweisen hat.
      Deshalb die Überschrift, dass Deutschland "so einen" noch braucht.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 14:11:15
      Beitrag Nr. 32 ()
      xylo,

      wir sollten nicht vergessen, daß staatsanwälte in den USA gewählt werden (zumindest die höheren).
      wenn die das geld ihrer steuerzahler zum fenster hinauswerfen, dann werden sie aus dem amt gejagt.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 14:33:26
      Beitrag Nr. 33 ()
      ..das mag sein. Der Nachteil der US-Staatsanwälte ist aber, dass sie nur einseitig zuLasten des Angeklagten ermitteln, während für die Entlastung der Verteidiger zuständig ist.
      Der Erfolg der Staatsanwälte wird also daran gemessen, ob es viele Verurteilungen gegeben hat, nicht ob diese richtig waren. Wer einen schlechten Verteidiger hat, der kann gegen einen guten Staatsanwalt eventuell unschuldig ins Gefängnis kommen. Und für den Staatsanwalt gilt das als Erfolg, selbst wenn er davon ausgeht, der Angeklagte sei wirklich unschuldig....:(

      In Deutschland arbeitet auch die Staatsanwaltschaft in beide Richtungen, also objektiv.

      Vorteil der USA ist allerdings, dass man dort eine Regel wie "three strikes and you´re out" durchsetzen konnte. In Köln wurde neulich bei einem Mann, der zum dritten Mal wegen Vergewaltigung verurteilt wurde, von Sicherungsverfahrung abgesehen, weil nicht nachzuweisen war, dass es eine "Hangtat" war. Derart enge Grenzen der lebenslangen Ausschaltung gefährlicher Schwerkrimineller sind ein Nachteil des dt. Systems. Ein Nachteil, der aber wohl einfacher zu korrigieren wäre als die parteiische Rolle der StA in den USA.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 14:39:55
      Beitrag Nr. 34 ()
      @ Stirner

      Noch einmal die Frage an Dich: Wer bestimmt den Maßstab, ob ein Rechtssystem "lausig" ist?

      Unsere ehemalige Justizministerin kann da meiner Meinung nach, nun wirklich kein Maßstab mehr sein. Wer allen Ernstes behauptet, Hitler habe mit dem Angriff auf Polen von innenpolitischen Problemen ablenken wollen, ist doch nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte! Hitler war 1939 Kanzler und Reichpräsident in Personalunion, die Reichsverfassung war außer Kraft gesetzt, die Wehrmacht und die SS schworen ihre Diensteide auf ihn, die Medien waren gleichgeschaltet und die Regierung unterlag keiner parlamentarischen Kontrolle mehr und regierte per Notverordnungen. Wo hatte dieser Mann innenpolitische Probleme? Der Krieg im Osten war erklärtes Ziel der Regierung Hitler, nachzulesen schon 1925 in Hitlers "Mein Kampf"! Man kann Präsident Bush wirklich vieles vorwerfen, aber diesen Vergleich hat er nicht verdient, da der Vergleich inhaltlich völlig falsch ist.

      ai kritisiert in ihrem Jahresbericht 2002 zu Recht viele Mißstände in den USA. Dies für einen Beleg zu halten, das Rechtssystem in den USA wäre lausig, ist mir aber zu einfach. Schließlich prangert ai auch Mißstände hier in Deutschland, in Frankreich, in Großbritannien, in Italien, etc. an. Ist in diesen Ländern das Rechtssystem dann auch lausig? Hierzu übrigens ein Auszug aus einem interessanten Artikel auf der HP der Gewerkschaft der Polizei über die Kriminalitätsstatistik und die Rechtsstaatlichkeit bei uns in Deutschland: http://www.gewerkschaftderpolizei-online.de/fred/content-mor…

      Integrierter Sicherheitsbericht

      Die Justiz ist nötig, um vom Verdacht zur rechtsstaatlich gesicherten Tatsache zu kommen. Dabei muß z.B. die Schuldfähigkeit zur Geltung gebracht werden, da die Polizei auch schuldunfähige oder strafunmündige Personen wie Kinder und psychisch Kranke als Tatverdächtige erfaßt. Zugleich scheint aber die Justiz aus den verschiedensten Gründen manche Arbeitsergebnisse der Polizei zu entwerten.

      Wiebke Steffen, Landeskriminalamt Bayern, stellt fest, daß die "Ausfilterungsebene der Staatsanwaltschaft immer noch weitgehend eine black box" ist. In manchen Bereichen findet eine soziale Selektion statt: kleine Täter werden angeklagt, große Täter aus Wirtschaft und Verwaltung werden eher geschont.

      "Die Polizei ermittelt Täter - die Justiz läßt sie laufen"
      - so läßt sich aus Sicht der Polizei eine Entwicklung charakterisieren, die sich seit drei Jahrzehnten angebahnt hat. Insbesondere die "Verfahrenseinstellung ohne Auflagen" hat zugenommen, sie hat sich im Zeitraum 1982 - 1992 von 184.414 auf 486.683 verdreifacht. Mancher formuliert die Kritik an der Justiz radikaler, so Konrad Freiberg von der Gewerkschaft der Polizei: "Viele unserer Kollegen haben den Eindruck, daß sie für den Papierkorb arbeiten."

      Die Justiz selbst müßte zum Thema gemacht werden, wenn ein realistisches Kriminalitätsbild erstellt werden soll. Davor wurde sie bisher verschont. Das soll sich teilweise ändern. Ab dem Jahre 2000 soll mit dem polizeilichen Erfassungssystem "INPOL NEU" vom BKA auch ein zentrales staatsanwaltliches Vefahrensregister (ZStV) geführt werden. In einem periodischen Sicherheitsbericht sollen mit der PKS auch die Justizdaten integriert werden, vielleicht auch eine Rückfallstatistik. Ob dann noch eine PKS gesondert veröffentlicht wird, ist fraglich.


      Du siehst also, daß es auch in Deutschland erhebliche Mißstände gibt. Trotzdem würde ich unser Rechtssystem nicht als lausig bezeichnen.

      Du willst die Leistungen Giulianis immer schmälern, weil Dir sein Ergebnis noch immer zu hoch ist.
      Erstens glaube ich, daß Giuliani selbst die Zahl noch weiter senken würde, wenn er länger im Amt hätte bleiben können. Da er aber am Ende seiner möglichen Amtszeit angekommen war, blieb ihm diese Möglichkeit verwehrt.
      Zweitens hatte Giuliani eine Ausgangslage, die man in manchen Stadtteilen New Yorks getrost als Anarchie beschreiben kann. Diese Anarchie hat er zumindest größtenteils beseitigt. Eine beeindruckende Leistung, wie ich finde.

      In den Äußerungen Giulianis oder xylos etwas faschistes zu finden ist mir leider nicht möglich. Faschismus ist eine rechtsradikale, antidemokratische Partei- bzw. Regierungsform. Wo hat sich Giuliani für die Abschaffung des Mehrparteiensystems, freier Wahlen oder der Gewaltenteilung ausgesprochen. Was ist eigentlich prä-faschistisch? Nur weil Giuliani sich drei Tage nach dem Attentat auf das WTC für die Tötung Bin Ladens ausgesprochen hat und dies dann auch gleich selbst übernehmen wollte, ist er für Dich auf der Schwelle zum Faschismus angekommen? Dann schau Dich mal hier im Board um, wie viele nach der Ermordung Jakob von Metzlers, die Einführung der Todesstrafe gefordert haben. Alles kleine Mini-Hitlers? Nur weil sie im Moment der durchaus verständlichen Erregung Rache wollten? Giulianis Leben selbst war durch die Anschläge bedroht gewesen, er selbst wäre beinahe durch die einstürzenden Twin-Towers getötet worden, wie man ja vor kurzem erst wieder in den zahlreichen Dokumentationen zum Jahrestag von 9/11 sehen konnte. Waren seine Äußerungen zu diesem Zeitpunkt nicht einfach nur normal und menschlich? Hier nochmal der Auszug aus dem Interview in welcher Situationer diese Äußerung machte und wie er sich damals fühlte:

      Giuliani: Ja. Das Zitat stammt allerdings vom 14. September 2001. An dem Tag kam der Präsident zum ersten Mal nach dem Anschlag nach New York. Ich holte ihn vom Helikopter ab. George W. Bush fragte: "Gibt es irgendwas, was ich für Sie tun kann?" Und ich sagte: "Ja, wenn Sie diesen Kerl Bin Laden kriegen, wäre ich gern derjenige, der ihn tötet."

      SPIEGEL: Und was hat Bush daraufhin gesagt?

      Giuliani: Ich glaube, der hat das eher als rhetorische, emotionale Bemerkung verstanden. Dabei meinte ich das ganz wörtlich. Nach all dem, was meiner Stadt angetan worden war, nach all dem Leid, dachte ich, dass ich genau der Richtige wäre, diesen Mann hinzurichten. Es sind so viele Menschen umgekommen, die unschuldig waren. Das waren keine Krieger, das waren Zivilisten, und ich fühlte mich berechtigt, sie zu rächen. Ich begriff langsam, dass wir niemand mehr aus den Trümmern retten würden. Ich musste mich mit DNS-Analysen, Leichensäcken und der wachsenden Angst vor biologischen oder chemischen Angriffen auseinander setzen. Die Stadt stand still. Es waren die schlimmsten Stunden.

      Gruß

      nasdaq10
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 14:42:46
      Beitrag Nr. 35 ()
      xylophon,

      sagen wir, sie wäre verpflichtet, objektiv zu arbeiten.

      wobei ich mich mit den gewählten staatsanwälten auch nicht recht anfreunden kann.
      wegen der möglichkeit, gelegentlich mißbräuchlich stimmung zu machen.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 15:10:12
      Beitrag Nr. 36 ()
      ...von mir aus aus so. Sie ist verpflichtet, die guten halten sich dran, andere eher nicht...

      Wenn man von der Qualität des Systems und nicht der Menschen ausgeht, ist aber letztlich entscheidend, dass zumindest das System Objektivität vorschreibt.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 15:18:12
      Beitrag Nr. 37 ()
      xylo,

      die handelnden personen machen aber die qualität des systems aus. und die dürften sich nicht wesentlich unterscheiden.
      auch ein amerikanischer staatsanwalt ist angehalten, den schuldigen anzuklagen, und sonst niemanden.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 15:26:27
      Beitrag Nr. 38 ()
      ...das Problem der Handelnden ist tatsächlich in allen Staaten gleich - es gibt überall solche und solche...

      Der amerikanische Staatsanwalt soll es aber als Niederlage empfinden, wenn ein Unschuldiger, der zunächst schuldig erschien, aufgrund der Beweisaufnahme freigesprochen wird. Selbst wenn er als Mensch froh ist, dass keiner unschuldig hinter Gitter gekommen ist, als Staatsanwalt hat er verloren.
      Und muss im nächsten Prozess erst recht gewinnen, sonst wird "die Quote zu schlecht".
      Für mich ein Fehler des Systems..


      Ich will das amerik. System ja auch nicht verdammen, ich halte nur in dieser Frage das dt. für besser.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 16:03:43
      Beitrag Nr. 39 ()
      Die jugendkriminalität dürfte in Deutschland ein vielfaches höher sein,man ist machtlos und erspart sich eine menge scherereien so garnicht mehr die Polizei zu ruft bzw. anzeige zu erstattet.Erpressungen in hochpreislagen von Geschäften finden in nicht nachweisbarer form statt.
      Sie lagern nahe am eingang mit Alkohol und Hunden mit bestialischen gestank,für 5-10€ wechseln sie den Laden, andernfalls kann man den Laden schliessen.Bei Dieben werden nur die Personalien aufgenommen ,sie stehlen sofort weiter, gibt doch Mengenrabatt bei einer möglichen Verurteilung.Als zeuge hat man zusätzliche finanzielle verluste zu tragen die oft erheblich sind und nicht erstattet werden.Ich spreche hier aus eigener Erfahrung mit ehemals 3Innenstadt Läden in Bahnhofsnähe, von Einbrüchen und Körperlicher Bedrohung mal abgesehen.Wir bekommen über kurz oder lang Amerikanische Verhältnisse, so nicht bald Energisch dagegen vorgegangen wird.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 19:43:05
      Beitrag Nr. 40 ()
      ..jaja okto, da ist was wahres dran....

      Und zum Beispiel "Raub" wird als "Abziehen" verharmlost, ist wegen der Alltäglichkeit in den Zeitungen schon keinen Bericht mehr wert und gilt als "jugendtypische Verfehlung", die nicht einmal Arrest, sondern nur ein paar Sozialstunden einbringt.

      Die Beute kriegt das Opfer in Ausnahmefällen wieder, erstetzt aber bestimmt nicht, weil bei den Tätern nichts zu holen ist. Und was lernen sie daraus: wenn ich arm bin, kann ich mir nehmen was ich will, solange ich es schnell zu Geld mache, muss ich es nicht erstetzen. Und die Richter haben für mich Verständnis, ist ja "normal".
      Und die Opfer lernen: die Justiz läßt mich im Stich. Bevor ich das nächste Mal eine Aussage mache, obwohl die Täter mir Prügel für diesen Fall angedroht haben und ich eine Zeit mit Angst durch die Gegend laufen mußte, dass sie mich erwischen, lass ich es lieber gleich sein.

      Senkt die Kriminalstatistik, die nächsten Taten werden ja nicht angezeigt. Tolle Leistung der Justiz. :mad: :(
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 19:53:28
      Beitrag Nr. 41 ()
      ..oder mal wieder was aus Köln, mit meiner Lieblings-"ethnischen Minderheit".

      Hat der Express (die Bild-Zeitung des Rheinlandes - für Fremdlinge) doch neulich Bilder von Kinder-Einbrechern bzw. Taschendieben veröffentlicht. Nach dem Motto: diese Kinder klauen wie die Raben, achtet auf Eure Geldbörse, wenn ihr sie seht und wenn sie um Eure Häuser rumlungern, kauft Euch lieber ne Alarmanlage oder laßt die Wohnung nicht zu lange allein.

      Mit guten Gründen natürich. Jedes dieser Kinder hatte zahllose Straftaten verübt, konnte aber überwiegend aus Altersgründen noch nicht belangt werden (selbst wenn sie 14-15 sind, dauert die Erstellung des Gutachtens zum Nachweis des Alters so lange, dass sie zunächst weitermachen können).

      Was passiert: ein Aufschrei der Empörung, dass der Datenschutz bzgl. dieser Kinder verletzt sei. Dass damit Vorurteile gegen eine bestimmte Volksgruppe geschürt werden, denen man nachsagt, ihre Kinder zum Klauen zu schicken...wobei es sich hier eben um Kinder handelte, die tatsächlich geklaut haben, also nix mit Vorurteilen.

      Der Herausgeber des Express entschuldigt (!!!) sich öffentlich und erklärt, ein solcher Vorgang werde sich nicht wiederholen. Dafür sieht der Presserat von einer Rüge ab....:laugh:

      Mit anderen Worten. Kleine miese Drecksbalgen, die nichts anderes können, als Straftaten begehen, werden geschützt (und natürlich mit Sozialhilfe durchgefüttert, sozusagen der Grundstock, der dann mit Klauen aufgebessert wird) und der Bürger darf nicht mal gewarnt werden. Soweit sind wir schon. Da wird man fast zum Schill-Fan.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:02:50
      Beitrag Nr. 42 ()
      xylo,

      möchte mal dein gesicht sehen, wenn deine kinder mal beim klauen erwischt werden sollten und der express macht dann in steckbrief-manier hatz auf diese.

      man kann ja durchaus drüber diskutieren, das mindestalter für (bedingte)straffähigkeit zu senken, aber solange sind die gesetze, zu denen auch der datenschutz gehört für alle gleich.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:14:37
      Beitrag Nr. 43 ()
      aber ospower, tztztz

      xylo`s kinder klauen doch nicht !!!
      was für eine idee !
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:14:51
      Beitrag Nr. 44 ()
      #41 Einen Reisigbesen Hochkant vor die Türe oder im Laden aufstellen hilft gegen diese Volksgruppe sofort,hat mit deren Aberglauben zu tun.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:21:27
      Beitrag Nr. 45 ()
      #big_mac,

      #43, stimmt, wie konnt ich nur auf sowas kommen.

      und in den ganz feinen kreisen, klauen die alten selbst - und zwar milliarden, keine ollen mcm-taschen - dazu noch völlig "legal"

      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:25:42
      Beitrag Nr. 46 ()
      #42 ospower,natürlich klauen Kinder,aber nicht gewerbsmässig
      und sogar im beisein der Eltern.Hättest Du es öffters erlebt
      wie 2-4 Kinder im Laden die ohne Hemmung vor Deinen Augen einsacken,da Strafunmündig, würdest Du das Problem anders sehen.Dazu möchte ich bemerken,ich hatte überwiegend Gold und Silberschmuck in Handarbeit.Läufst du diesen nach,haste anschliessend auch keine Kasse mehr.Einen 20000.-DM schaden ersetzt Dir kein Mensch,auch kein ospower,oder?.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:37:46
      Beitrag Nr. 47 ()
      oktopudius,

      erst lesen, dann aufregen!

      in #42 habe ich für alle, die des lesens mächtig sind geschrieben, dass ich durchaus nichts gegen eine diskussion bzgl. einer herabsetzung des mindestalters für die bedingte strafmündigkeit habe. auch eine etwaige "elternhaftung" würde ich hier nicht ausschliessen.

      aber eine selektive hatz auf bestimmte gruppen geht nicht, zumindest nicht in einem rechtsstaat!
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:49:56
      Beitrag Nr. 48 ()
      ospower,

      was für häßliche worte !!
      waren das nicht vor 2 jahren noch die als REICHMACHER verehrten wirtsachaftswunderkapitäne ??
      die klauen doch nicht ! igittigitt .... :rolleyes:

      die haben PR und IR, und leute, die ihnen mit religiösem eifer ihr geld nachgeworfen haben. nur mit dem "wachsen und mehren" hat das nicht gleich im ersten versuch funktioniert.
      aber auch rom ist doch nicht in einem tag erbaut worden ! ;)
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:55:42
      Beitrag Nr. 49 ()
      #47 Ich selektiere überhaupt nicht #39 da es sich hierbei um Deutsche handeln dürfte,die sich leider nicht von einem Reisigbesen vom Klauen abhalten lassen.Bei #44 handelt es sich um Zigeuner um genauer zu sein ,wobei ich keine Hetze gegen Ehrliche erkennen kann,aber eine hämische von Dir auf #42 so ichs genau gelesen habe?.Da ich kein Schriftsteller bin,habe ich meine Erfahrungen mit Drogensüchtigen ,mir erspart,die ohne ausnahme Deutsch waren,Selektiv wahrgenommen:;)
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 21:00:42
      Beitrag Nr. 50 ()
      Ehrlich gesagt, mir ist absolut sch...egal, wer mich versucht zu beklauen, ob dieser jemand weiß, schwarz, gelb, rot, grün, blau oder sonstwas ist. Wenn es jemand tut, will ich auch eine reelle Chance haben, dass derjenige dafür bestraft wird. Und da habe ich derzeit massive Zweifel an unserem System.

      Und noch schöner wäre es, wenn es schon im Vorhinein Maßnahmen gäbe, die Diebstähle oder andere Straftaten verhindern. Manchmal fühlt man sich - etwas überspitzt dargestellt - wie der Bedrohte, der sich bei der Polizei meldet, da er um sein Leben fürchtet, aber keine Beweise dafür hat. Also passiert auch nichts. Er kann sich ja melden, wenn er tot ist...
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 21:11:47
      Beitrag Nr. 51 ()
      big_mac,

      #48 das geld, das denen im reliösen eifer nachgworfen wurde meine ich nicht. das wurde sozusagen aus dummheit verschenkt.

      ich meine die, die sich aus jenen töpfen geschenkten geldes nach belieben bedienten (einfach in die kasse greifen, ohne selbst kapital reingesteckt zu haben, oder dafür zu haften, welcher angestellte darf denn das?) und dies dann "managen" nennen.

      einfache angestellte, die sich für unternehmer halten. diebe währe angesichts der versenkten abermilliarden der bessere begriff.

      und jene, die es schaffen "luft" zu versteigern und ihren kunden dann noch steuergelder hinterherschmeissen, wenn die karre im dreck ist.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 22:50:52
      Beitrag Nr. 52 ()
      ..nun, dann antworte ich auch mal selbst. Wenn meine Kinder beim Klauen erwischt würden, dann würde ich sie dennoch nicht auf dem Express wiederfinden.

      Wenn meine Kinder aber jeden Tag erneut beim Klauen erwischt würden, dann die Beute (bei mir?) abliefern würden und am nächsten Tag wieder losziehen - dann dürfte ich mich eigentlich nicht beschweren, wenn man irgendwann anfängt, die Leute vor meinen Kindern zu warnen. Ob ich sie jetzt losgeschickt habe oder einfach nicht unter Kontrolle habe.

      Ich hoffe der Unterschied ist deutlich genug.

      Und wenn das so wäre, wie im 2.Absatz geschildert, dann würde ich mit Sicherheit nicht einen großen Aufstand machen und vom Thema "Rassismus" anfangen. Es hat in diesem konkreten Fall leider nichts mit Vorurteilen zu tun, dass diese konkreten Kinder abgebildet wurden. Sie haben jedes einzelne "Vorurteil" tagtäglich bestätigt. "Mit Leben erfüllt", würde Johannes Rau sagen..;)

      Wer eventuell leidet unter solchen Überschriften, das sind allerdings die Kinder, die den Dieben ähnlich sehen. Seltsamerweise sind aber die Zigeuner-Organisationen bislang nicht auf die Idee gekommen, dass ihre Solidarität mit diesem Dreckpack, das Kinder für Straftaten mißbraucht, der eigenen Sache schadet. Sondern sie verteidigen das Verhalten und wehren sich lieber gegen die bösen Deutschen, die nicht beklaut werden wollen.


      Wir bewegen uns aber sogar ein wenig davon weg, weshalb ich das Beispiel eigentlich geschildert hatte. Dass nämlich die Aufregung über die Bilder unglaublich groß war, sich die Zeitung sogar entschuldigt hat. Während tagtäglich die Diebstähle weitergehen und niemanden überhaupt interessieren, außer den Geschädigten natürlich.
      (Und wenn man dieses Pack abschiebt, dann kommen irgendwelche Deppen zur Lufthansa und jammern über die Verletzung ihrer Menschenrechte. Aber das ist wohl ein anderes Thema).
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 23:06:27
      Beitrag Nr. 53 ()
      ...und zum mausschubser:

      Nun, es gibt Haftgründe, die sich Wiederholungsgefahr und Verdunklungsgefahr nennen.

      Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass von den Tätern zu erwarten ist, dass sie - sofern sie weiter auf freiem Fuß bleiben - weitere Straftaten begehen, etwa Drogensüchtige oder Dauerkriminelle. Zudem muss mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe für die schon begangenen Taten zu erwarten sein.
      Verdunklungsgefahr setzt voraus, dass man versucht, die Aufdeckung der Tat zu erschweren, etwa indem man Zeugen unter Druck setzt, einschüchtert oder sonst beeinflusst
      . Kommt sicher dem einen oder anderen bekannt vor.

      Es gibt Gerichtsbezirke, in einem arbeite ich, wo diese Haftgründe gelten.

      Es gibt aber auch Gerichtsbezirke, in einem wohne ich, wo diese Haftgründe offenbar in Vergessenheit geraten sind. Zeugenbeeinlussung wird selbstverständlich hingenommen, eventuell ein weiteres Verfahren wegen Bedrohung eingeleitet, aber an die Möglichkeit, dies durch Haft zu unterbinden, denkt man nicht.

      Zur Wiederholungsgefahr kann ich zu Köln wenig sagen. Aber das OlG Frankfurt hat für den dortigen Bezirk diesen Haftgrund fast abgeschafft, wenn es neben der - im Gesetz stehenden - Mindeststraferwartung von 1 Jahr weiter verlangt, dass es sich um eine zumindest mittelschwere Straftat handelt, also keine normalen Ladendiebstähle oder Einbrüche.....die muss man also offenbar hinnehmen.:mad:
      Dafür findet man im Gesetz natürlich überhaupt keinen Grund, im Gegenteil ein Diebstahl kann eben auch in leichten Fällen die Grenze von 1 Jahr überschreiten, wenn der Täter schon oft genug aufgefallen ist. Aber das OlG Frankfurt ist offenbar auch eines der Gerichte, denen der Schutz des Täters vor den Schutz der Öffentlichkeit geht.
      Die sich "abfinden".
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 23:17:56
      Beitrag Nr. 54 ()
      @ xylo

      Dann sag mal der lieben Bevölkerung, daß sie nicht immer gegen neue Gefängnisse in ihrer Nachbarschaft sein sollen. Die Frankfurter Gefängnisse sind nämlich gut belegt und die Landesregierung hat da so ihre Probleme neue Standorte zu finden. Denn mit Gefängnissen ist es in etwa so, wie mit AKWs. Haben wollen sie viele, aber bitte nicht in unmittelbarer Nachbarschaft.


      Happy Trading

      nasdaq10
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 23:24:29
      Beitrag Nr. 55 ()
      @xylo,

      wenn bestimmte gerichtsbezirke, den gegebenen rechstspielraum nicht ausnutzen, oder ein strengerer angebracht wäre, dann kann das doch kein grund dafür sein, dass die presse zur kinderhatz bläst.

      das dann auch unschuldige evtl. unter die räder kommen hast ja selbst eingeräumt.

      und wenn sie zur hatz blasen dürfen, wie du wohl meinst, wieso dann nicht auch gleich bei "einfachtätern"? die schaden doch auch, oder?

      also auf ins mittelalter, zu pranger und lynchjustiz!

      und das von nem juristen, nee.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 23:30:12
      Beitrag Nr. 56 ()
      ...da darf sich eine Regierung doch wohl nicht von leiten lassen. Ins Gefängnis will auch keiner, dennoch werden Verbrecher eingesperrt.

      Wieder Köln: in NRW sollen 5 neue Kliniken für "psych.kranke Straftäter" errichtet werden. Eine davon in Köln. Natürlich gab es Proteste, die insoweit (zum Glück) erfolgreich waren, dass man vermutlich jetzt schärfere Sicherheitsvorkehrungen trifft. Aber natürlich läßt man sich nicht davon abhalten, die Anstalten zu bauen.

      Ich glaube aber, dass die Bürgerproteste nur vorgeschoben sind. Gefängnisse sind auch teuer und Gefängnisse haben die Tendenz, sich zu füllen, wenn sie erstmal da sind. Wenn man also nicht mit absurden Begründungen die bestehenden Gesetze außer Kraft setzen muss, weil es sowenig Haftplätze gibt.
      Wenn man wollte, könnte man in irgendwelchen strukturschwachen Gebieten problemlos neue Knäste bauen. Man will aber nicht. Weil es kostet und vermutlich auch aus ideologischen Gründen, weil damit ein Scheitern der bisherigen Politik eingestanden würde. Einer Politik, die behauptet, dass die Kriminalität nicht steigt und dass das bisherige Modell des Sozialstaates und der Resozialisierung nicht gescheitert wäre. Dass man mit Sozialhilfe und offenem Vollzug Kriminalität besser bekämpft als mit Härte.

      Natürlich gibt es Fälle, in denen das klappt und wird es immer geben. Es gibt aber zuviele Fälle, wo es nicht klappt. Was man nicht zugeben kann oder will. Und deshalb auch diese Fälle mit unwirksamen Mitteln "bekämpft".
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 23:36:07
      Beitrag Nr. 57 ()
      nur noch kurz zur 55:

      Einfach nur deshalb, weil diese Kinder hier seit Monaten leben und nichts anderes tun als klauen. Einfachtäter schaden auch. Aber bei ihnen kann man davon ausgehen, dass es mal aufhört.
      Bei den betreffenden Kindern hört es aber nicht auf, so dass es angebracht ist, dass man die Leute vor ihnen warnt.

      Ist aber auch egal. Wie gesagt, von mir aus lass es falsch sein, dass die Bilder veröffentlicht wurden.
      Was mich stört, ist das andere: die heftige Reaktion auf die Veröffentlichung, während die Taten, die dazu geführt haben, einfach hingenommen werden, als wären sie selbstverständlich...das ist das eigentliche Problem.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 23:41:46
      Beitrag Nr. 58 ()
      und damit das nicht einfach hingenommen wird, müssten deine kollegen einfach nur aus dem quark kommen und den rechstrahmen ausschöpfen, anstatt zu jammern und dauernd nach neuen gesetzen zu schreien.
      Avatar
      schrieb am 09.10.02 00:21:50
      Beitrag Nr. 59 ()
      #58 ospower einverstanden,nur bei Kindern die bewiesen Serienstraftäter sind gehören die Eltern wegen verletzung der Aufsichtspflicht bestraft bzw. Abgeschoben,da versagt die Justiz vollkommen.Wo dieses aus bestimmten Gründen nicht möglich ist,gehören sie eben bis zur Strafmündigkeit in Geschlossene Heime und nicht einer Wehrlosen Öffentlichkeit ausgesetzt.
      Avatar
      schrieb am 09.10.02 00:39:39
      Beitrag Nr. 60 ()
      warum unsere Steuergelder niemals reichen können, unter anderem:

      Vor zwei Tagen kam eine Reportage über einen Auto-Klauer-Junkie.
      Dieser Typ erzählt und steht stolz zu seiner Vita, da er sonst Drogen-Junkie geworden wäre, das käme den Staat noch viel schlimmer.

      Seit seinem 10ten Lbj. klaut der Typ, vornehmlich Autos und fährt sie dann zu Schrott.

      Er war in mehreren Besserungs- und Resozialisierungsanstalten, in Neuseeland, irgendwo in der Sonne (Elba oder Kreta) und schließlich bei einem Projekt in Polen, wo er auch wieder freien Ausgang hatte und rückfällig wurde; er klaute ein Auto, fuhr es zu Schrott und sein junger Beifahrer starb.
      Nun 19 J., kaum entlassen und zurück in Deutschland geht das Spiel wieder von vorne los.

      Die Eltern, die keine sind, versagen total

      und #59, die Justiz versagt, weil die Gesetzgebung versagt.
      Avatar
      schrieb am 09.10.02 08:28:26
      Beitrag Nr. 61 ()
      @xylophon

      Ich glaube, den vielleicht wichtigsten Punkt hast Du eben angesprochen: "....während die Taten, die dazu geführt haben, einfach
      hingenommen werden".

      Es ist so eine Art des Egal-seins entstanden. Es ist vielen Leuten praktisch egal, ob auf einem belebten Parkplatz zwei Leute einen Dritten verkloppen. Oder ob ein Verrückter in der vollbesetzten U-Bahn über ein kleines Mädchen herfällt. Aber auch harmlosere Sachen, wie etwa Handtaschenklau bei alten Damen oder Fahrradklau. Wichtig ist es den meisten halt, dass es einem selber nicht passiert. Aber dass diese "Duldung" die Wahrscheinlichkeit enorm erhöht, auch eines Tages selber zum Opfer zu werden, scheint manchen dabei nicht klar zu sein.

      Insofern ist es vielleicht eine gute und nicht zu unterschätzende Idee, in Schulen und anderswo Konfliktforschung zu üben, weil es das Bewusstsein schärft und trainiert wird, wie man sich selber einmischt, ohne sich selbst zu gefährden.

      b.
      Avatar
      schrieb am 09.10.02 11:12:14
      Beitrag Nr. 62 ()
      zur 58:

      Nun, ich bin bestimmt keiner, der ständig nach neuen Gesetzen schreit. Das Auländergesetz ermöglicht viel mehr Abschiebungen, als derzeit stattfinden. Das Strafrecht ermöglicht viel mehr Haft und höhere Strafen, als derzeit verhängt werden.

      Die Probleme liegen wirklich in der Anwendung. Dazu war ja - in einem anderen Bereich - auch der letzte Thread, zum Thema Mißbrauch der Sozialhilfe. Es wird einfach bei weitem nicht das ausgeschöpft, was das Gesetz an Möglichkeiten bietet.

      Naja, und wenn ich den Kollegen Richtern und Staatsanwälten erzähle, sie sollten mal mehr Haftstrafen beantragen oder verhängen - sie werden bestimmt auf mich hören....ich bin ja ein sehr wichtiger Mann...:D

      Aber im Ernst: der Thread hat schon bewußt den Namen, dass Deutschland "so einen auch bräuchte". Herzog verlangte vor 10 Jahren den Ruck, danach gab es immer wieder Initiativen, die alles mögliche richtige fordern. Aber wie ein träger Ozeandampfer steuert man weiter geradeaus auf den Eisberg zu. Schröder reißt das Steuer zur einen Seite, die Opposition zur anderen und so fährt man weiter geradeaus...von einigen kleinen Korrekturen mal abgesehen.


      Dabei merkt man immer mehr, dass der größte Teil der Bevölkerung durchaus die Notwendigkeit von Reformen einsieht, dass ein großer Teil der Linken oder Grün-Wähler keineswegs die dort in der Spitze vertretenen Ansichten zur Ausländerpolitik und Innerer Sicherheit teilt. Dass man nämlich durchaus "multikulturell" ist und liberal, dass man aber keine Probleme damit hat, ausländischen Straftäter und Leute, die allein zur Ausnutzung des Sozialstaates hier sind, konsequent abzuschieben.
      Es scheint aber nicht zu den Entscheidungsträgern durchzudringen. Von daher habe ich mich über die 20 % von Schill in Hamburg sehr gefreut, obwohl ich ihn nicht mag. Es war ein erster Schlag in die Magengrube für die, die alles "normal" fanden und so weiterlaufen lassen wollten.

      Ich fürchte aber, dass es noch 2-3 weiterer solcher "Schläge" bedarf, bis auch zu den Ausländerdezernenten, Landesinnenministern und Jugendrichtern, die noch immer glauben, sie würden "einen guten Job machen" , wenn sie einfach alles laufenlassen und nicht bereit sind, auch mal Härte aufzubringen, bis also auch zu denen durchdringt, dass sie keine gute Arbeit leisten, sondern eine sehr sehr schlechte....:( Dass sie die Interessen des überwiegenden Teils der Bevölkerung tagtäglich mißachten und verraten. Dass sie diejenigen Leute um Arbeitsleistung betrügen, die sie mit Steuermitteln bezahlen. Und - sogar noch das kleinste Problem, wenn es um Straftaten geht - dass sie deren Geld zum Fenster hinauswerfen.

      Nicht ich muss "meinen Kollegen" Bescheid sagen. Jede Woche müßte ein Aufschrei durch das Land gehen, dass es so nicht weitergehen kann. Damit der eine oder andere mal aufwacht.
      Avatar
      schrieb am 15.10.02 23:49:25
      Beitrag Nr. 63 ()
      Irgendwie bizarr

      In diesem Thread wird bejubelt, daß eine staatliche Schieflage durch einen - wie man dem Interview entnehmen kann - in Ansätzen Größenwahnsinnig veranlagten Mann mit Hang zur Selbstjustiz - typischwerweise interessanterweise einer, dem das aus Gründen seiner Profession (Staatsanwalt) fernliegen sollte - nicht einmal ansatzweise in die Nähe der deutschen, drastisch niedrigeren Gewaltverbrechenszahlen kommt. Und zwar wird das als ERFOLG bejubelt.

      Da das von einem User als schlechtes Argument entlarvt wird, weicht man rasch von absoluten auf relative ZAhlen werke aus.

      In den USA werden pausenlos neue Gefängnisse gebaut.
      Die Rache-Justiz (menschen werden dort nicht resozialisiert, sondern weggeschlossen, " lebendig begraben" , müsste doch bei den mittlerweile DREI PROZENT Anteil der Inhaftierten an der gesamtbevölkerung alles, was kriminell ist, hinter gitter gebracht haben.

      aber nein, es wird immer gefährlicher in den USA (ausserhalb von NYC)

      dealer und schlimmer Kriminelle hören mit ihrem geschäft nicht auf, wenn sie heftig verfolgt werden - sie wechseln nur den Ort ihrer AKTIVITÄTEN.

      Es findet ein echter sozialdarwinistischer verdrängungswettbewerb statt: Die Kriminalität wird zu den schwachen hin verdrängt.

      Am Times Square gab es vielleicht einmal preiswerte Wohnungen - jetzt werden dort nur Yuppies wohnen.

      Wo sind denn die 25% der US-bevölkerung geblieben, die unterhalb des Existenzminimums leben?

      Die fahren jetzt mehrere Stunden am Tag von der NOCH weiter auswärts gelegenen Wohnung nach NYC rein, abend swieder raus, damit - wie Guiliano so schön schreibt - der Times Square sich auch schön rechnet un die Innenstadt sauber bleibt.

      Es ist bezeichnend, daß sich Guiliano nicht damit brüstet, daß es weniger Analphabeten oder Unterernährte gibt, das wäre mal ein richtiger Grund, sondern damit, daß er NYC mehr Verkaufsfläche brachte.

      Ich bin auch der meinung, daß gegenüber Kriminellen durchgegriffen werden sollte.
      Ich bin ein vehementer vertreter der "cleanen" Bahnhöfe - aber ich bin auch gegen schwarze Sherriffs wie in München, die sich wie SA-Leute benehmen und Jagd auf Nichtsesshafte machen. Und gegen leute mit sehr verdächtigen Patentrezepten wie die von Guiliano.

      Und ich bin gegen rechte Spießer, die meinen, das Aufenthaltsrecht in Städten eines freien LAndes wäre von der höhe der gezahlten Sozialabgaben / Steuern abhängig.

      DAs sind oft genug diejenigen, die sich aller Steuersparmodelle bedienen, um SELBER jahrzehnte wenig Steuern zahlen zu müssen ... nur: bei Ihnen ist das natürlich etwas anderes....

      Wer einen Staatsanwalt, der Selbstjustiz-Hass äussert, für eine "Persönlichkeit" hält, sollte sich einmal im Spiegel der geschichte betrachten.

      Es handelt sich bei Guiliano übrigens um denjenigen, der wenige tage nach Bush´s 2. Besuch die demonstrierenden feuerwehrleute mit Schlagstöcken auseinandertreiben ließ, weil sie NICHT die bergungsarbeiten wie befohlen offiziell beenden wollten, sondern nochj nach einigen vermissten KAmeraden weitersuchen wollten.

      Tja, der bigotte Guiliano braucht Helden halt nur bis zum Ablauf des politischen HAltbarkeitsdatums.
      Und als Ablenkungsmanöver für eigene fehler, z.B. durch einen wirklich katastrophalen Katastrophenplan für ein Gebäude, welches bereits einmal 1993 in Schutt und Asche gelegt werden sollte.

      geradezu witzig ist, aber typisch die Art, wie hier jemand über eine Stadt jammert, in der er wohnt, aber wohl nie den Mut hat, in die muffige kleinstadt-Provinz, in der er arbeitet auch wegzuziehen. Da kann es in Köln doch nicht so schlimm sein....

      Er vergleicht lieber Äpfel mit birnen.

      Die traditionelle Kölner Toleranz (auch gegenüber gewissen Teilpopulationen der Bevölkerung) hat eben auch ihre Schattenseiten: Man läßt eben auch andere leben, die das ausnutzen...

      Manche leute begreifen nie, daß es Freiheit nicht zum Nulltarif gibt - Besitzstandswahrer, die hier wie politische Chamäleone auftauchen und Typen wie z.B. Schill werden das nie begreifen.



      Die verstehen ihren eigenen Opportunismus, der je nach Bedarf auf alle Muster der verschiedenen politischen Lager zurückgreift, auch noch als "differenzierte HAltung" anstatt offen zuzugeben, daß sie sich einfach nur von allem das Sahnehäubchen nehmen wollen - das, was für sie gerade am besten ist.


      Einfordern von Annehmlichkeiten, wen man sie hat, rasch die Tür für NAchfolgende verschließen.

      Ein tolerantes Köln - aber bitte voll mit überwachungskameras und frei von gestrandeten, die man eh´nur als Verlierer empfindet, als menschliche Masse an Störfaktoren.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 02:10:18
      Beitrag Nr. 64 ()
      @ Deep

      Lass gut sein, keine Ahnung aber dafür so schöne Vorurteile....


      Obwohl die meisten Amerikaner Respekt vor dem Gesetz haben und vor der festen Absicht des Systems, die Rechte des Einzelnen zu schützen, gibt es in den USA - wie in allen anderen Staaten auch - Kriminalität. Aber die Kriminalitätsrate sinkt seit 1991. In New York, Forth Worth und anderen grossen Städten geht die Polizei massiv gegen Verstösse wie Trunkenheit in der Öffentlichkeit und agressives Betteln vor, und sie führt den starken Rückgang von Gewaltverbrechen auf ihren verstärkten Einsatz zurück. Die Gewaltverbrechensrate ist tatsächlich seit 1994 deutlich zurückgegangen, und erreichte den niedrigsten Stand aller Zeiten im Jahr 2000. Laut einer Studie des Bureau of Justice Statistics, der National Crime Victimization Survey, ist der Prozentsatz an Gewaltverbrechen von 1999 auf 2000 um 15 % zurückgegangen, dem niedrigsten Stand seit es diese Untersuchungen gibt. Eigentumsdelikte sind auch um 10 % zurückgegangen und folgen damit einem seit 20 Jahren andauerndem Trend.

      Quelle: http://www.usembassy.de/usa/gesellschaft-crime.htm

      Happy Trading

      nasdaq10
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 03:46:22
      Beitrag Nr. 65 ()
      sich nicht mehr damit abfinden?

      sie (die wahrheitler) haben den 3. weltkrieg gewonnen!

      ende der geschichte!
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 10:02:40
      Beitrag Nr. 66 ()
      ...DeepThought gehört eben auch zu denen, die Toleranz mit Schrankenlosigkeit und Liberalität mit "Alles-durchgehen-lassen" verwechseln.....

      Ich schätze Köln aus ganz anderen Gründen - und würde es noch mehr schätzen, wenn die Justiz, der Polizeipräsident und vor allem die Verwaltung konsequent gegen diejenigen vorgehen würden, die sich an keine Regeln halten. Das hat mit Toleranz oder Liberalität nicht das gerigste zu tun.

      Bezeichnend der Satz: Toleranz "hat eben auch ihre Schattenseiten: Man läßt eben auch andere leben, die das ausnutzen..." - als ob es nicht möglich wäre, jene Grenze zu verteidigen und klarzustellen, wo die Toleranz endet. Insbesondere beim Ausnutzen.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 10:08:23
      Beitrag Nr. 67 ()
      Der folgende Artikel aus dem Spiegel online (heute) enthält einen Satz, den man sich auf er Zunge zergehen lassen muß. Die Forderung nach Erfassung eines ballistischen Fingerabdrucks aller Waffen wurde zurückgewiesen, weil damit die Privatsphäre des Besitzers verletzt werden könnte!
      Hier wird auch deutlich, warum die USA niemals die verhältnismäßig niedrige Kriminalitätsrate der BRD erreichen werden: Das Recht auf Waffenbesitz ist einer der Hauptgründe für die hohe Gewaltkriminalität.

      Naja, Giulani und Co. zeigen halt ihre Law-and-Order-Mentalität im Einsatz gegen die Armen: Bettler, Obdachlose und Betrunkene werden mit dem Schlachtruf "Zero Tolerance" bekämpft.

      Ich ziehe es vor, in einem toleranten Land zu leben.

      ------------------------------------

      US Air Force jagt den Sniper

      Die Polizei kommt dem Washingtoner Heckenschützen offenbar immer näher. Nach dessen neuntem Mord gibt es wertvolle Zeugenhinweise. Das Pentagon hat inzwischen ein Flugzeug für die Fahndung nach dem Sniper zur Verfügung gestellt.

      Falls Church - Verteidigungsminister Donald Rumsfeld genehmigte, dass ein Beobachtungsflugzeug der US-Armee bei der Suche nach dem Heckenschützen von Washington eingesetzt wird. Bundesermittler an Bord sollen ihre Beobachtungen an Fahnder am Boden übermitteln, hieß es. Die Armee überprüft außerdem ihre Unterlagen auf Personen hin, die eine Scharfschützenausbildung erhalten haben.

      Nach dem Mord vor einem Baumarkt in der Ortschaft Falls Church, bei dem am Montag eine Mitarbeiterin der Bundespolizei FBI als neuntes Opfer des Heckenschützen zu Tode kam, haben Zeugen erstmals genauere Angaben zu Kennzeichen von Fahrzeugen in der Nähe des Tatorts machen können. Einige Zeugen wollen einen dunkelhäutigen Mann in einem weißen Lieferwagen gesehen haben. Angeblich handelt es sich um einen Chevrolet Astro mit einer kaputten Heckleuchte. Ein ähnlicher Wagen war auch schon bei früheren Anschlägen des Täters aufgefallen.
      Die folgende Meldung aus Spiegel-Online von heute enthält einen Satz, den man sich auf der Zunger zergehen lassen muß.

      Der mutmaßliche Täter könnte lateinamerikanischer oder nahöstlicher Herkunft sein, so die Erkenntnisse nach Zeugenaussagen. "Wir haben einige zusätzliche Informationen in dem Fall erhalten, und ich bin zuversichtlich, dass uns diese Informationen zu einer Festnahme führen werden", sagte der Polizeichef des Bezirks Fairfax, Tom Manger. Der Täter hat seit dem 2. Oktober neun Menschen mit gezielten Schüssen getötet und zwei weitere schwer verletzt.

      Forderungen nach einem so genannten ballistischen Fingerabdruck von Schusswaffen erteilte US-Präsident George W. Bush trotz der mysteriösen Mordserie im Großraum Washington eine Absage. Damit könnte man rekonstruieren, aus welcher Waffe eine Kugel abgeschossen wurde und wem diese Waffe gehört. Dazu wäre der Aufbau einer umfassenden Datenbank nötig.


      Bush sei nicht von der Zuverlässigkeit dieser Methode überzeugt, sagte sein Sprecher Ari Fleischer am Dienstag. Außerdem habe der Präsident hinsichtlich des Aufbaus einer landesweiten Datenbank Bedenken. Dadurch sei die Privatsphäre von Waffenbesitzern nicht mehr gewahrt, hieß es.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 10:54:08
      Beitrag Nr. 68 ()
      Mich würde interessieren wie hoch der DEUTSCHE Prozentsatz der Inhaftierten an der gesamtbevölkerung ist.
      Darüber müsste es doch Statistiken geben.



      Ansonsten kann ich mich stirner nur anschließen.

      Insbesondere ein gestriger, schockierender TV- bericht über die massenhaften Verkäufe von vielen verschiedenen "Sniper"-ZEITSCHRIFTEN (ja, die kann man in den USA ebenso abonnieren wie NAzi-Pamphlete, das ist nicht so schlimm wie Fahren unter Alkohol) zeigt, welch absurde Situation in den USA herrscht.

      Es gibt dort hundertausende, die sich in teuer bezahlten "Spielen" mit scharfer Munition auf entsprechenden Camps als "Sniper" ausbilden lassen und es gibt massenweise Internet-Homepages, die dem neuen Trend "One Shot - One Kill" frönen.
      Einfach abartig, aber eigentlich nur die konsequente Fortsetzung des dort gelebten Sozialdarwinismus.




      @ nasdaq10

      Du weichst ebenso wie andere US-Fans auf die RELATIV-Daten der Veränderung aus. Würdest Du lieber in einem Viertel leben, in dem pro Jahr ein Mord passiert oder in einem, in dem der Bürgermeister stolz darauf ist, die Mordrate von 20 auf 8 reduziert zu haben?



      Im Übrigen - ich bin ebenfalls für konsequente Verfolgung von Straftaten - aber ich bin nach wie vor für einen rechtsstaat, der seine Grundfesten nicht verrät.

      Die teilweise absurden Auswüchse der Resozialisierung sind mir auch ein Dorn im Auge und ich bin auch für eine Art Elternhaftung bei ausgebildeten, professionellen Kinderdieben.
      Aber ich kann schon differenzieren:

      Ich finde es lächerlich, wenn ein TV-MAgazin sich darüber empört, daß irgendwo die Drogis nicht mehr in den wartehallen herumlungern, sondern 200 m weiter eine Alternative (anlaufstelle der Drogenberatung/hilfe) geboten bekommen. Als wenn die nicht mal 200 m weiter latschen könnten.
      Aber ich bin genauso für ein Auffangen der Drogensüchtigen, für ein Austrocknen der Drogenszene durch Methadonprogramme, notfalls ein Durchbrechen der Beschaffungskriminalität AUCH durch freie Abgabe von Opiaten etc.
      Denn ich halte mehr davon, am richtigen Ende zu handeln.

      Guiliani ist jedoch der Prototyp des Wegschließens, der verweigerung der resozialisierung.

      seien wir doch realistisch:
      DAs hier so oft gescholtene Soziale Sicherungssystem ist eine art gesellschaftliche Versicherungsprämie gegen stark ansteigende Kriminalität. Wenn dieses Sicherungssystem unter eine bestimmte Unterstützungsschwelle fällt, wird bei der hohen Arbeitslosigkeit die Kriminalität ansteigen.

      Ich bin ebenfalls dafür, konsequent Mißbrauch der Sicherungssysteme zu bekämpfen, organisierte Kriminalität härter anzugehen, etc.

      Aber die sozialen Sicherungssysteme sollten nicht ausgehöhlt werden. Denn es werden ganz andere Summen zum fenster herausgeworfen, z.B. jährlich über 8 Mrd. € für Kohlesubventionen etc.

      Ich bin Verfechter der These, daß ab einem bestimmten Aushöhlungsgrad der Sicherungssysteme (dessen konkrete Höhe ich nicht beziffern kann) die gleiche Summe, vielleicht sogar ein mehrfaches, auf Volkswirtschaftlicher Ebene dafür in Schutzmaßnahmen gegen die dann ansteigende Kriminalität investieren muss:
      In steigende versicherungsprämien, steigende Kosten für Einbruchsicherungssysteme, etc. und das unbehagen der Bürger wird trotzdem steigen.

      effiziente Verbrechensbekämpfung kann meiner meinung nach nur greifen, wenn an ALLEN seiten gearbeitet wird, auch der der resozialisierung. DAfür muss man z.B. Jugendliche nicht in Urlaubsparadiese schicken, das können die auch hier lernen.

      Das schließt Bestrafung nicht aus -im gegenteil.
      DAbei sollte jedoch nicht Rache, sondern möglichst effiziente, dauerhafte verhaltensänderung das Ziel sein.
      Und auch ich bin der meinung, daß viele gesetze unterlaufen bzw. ausgenutzt werden.

      In deutschland laufen auch zur TAgeszeit gewaltverherrlichende Filme im fernsehen, die als einzige Problemlösung das Ausüben von gewalt predigen.

      Hier muss sich so mancher im LAnde einmal an die eigene Nase fassen, wenn er von fehlentwicklungen bei der unter Jugendlichen ausufernden gewalt spricht.

      Es war bezeichnend, daß zwar alle Politiker nach Thüringen zum Trauergottesdienst für die Opfer des Robert S. pilgerten, aber in der eigentlich wichtigen Bundestagssitzung zu dem grundsätzlichen Thema ganze 36 ( !!! ) Abgeordnete überhaupt im Plenarsaal anwesend waren. DAs ist ein Skandal erster Güte!
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 10:58:06
      Beitrag Nr. 69 ()
      Nur so als kleiner denkansto?:

      http://www.snipercountry.com/


      Davon gibt es Hunderte von websits.

      Und es ist bezeichnend für die US-amerikanische Bigotterie, daß das Anlaufen eines Films, der heckenschützen verherrlicht, nur vorübergehend GESTOPPT wurde. Nach einer kurzen zeit wird es weitergehen mit den gewaltverherrlichungen, weil das gesamte US-System auf dem Sozialdarwinismus aufbaut.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 11:06:19
      Beitrag Nr. 70 ()
      ..zu Guiliani wird allerdings in dem Spiegel-Interview festgestellt, dass er für schärfere Waffengesetze ist.
      Im übrigen habe ich bereits früher geschrieben, dass das amerikanische System und damit auch die Methoden Guilianis nicht einfach auf Deutschland übertragen werden können und sollen.
      Es geht eher um die Mentalität, die sich auch in der Überschrift findet. Dass er nicht einfach gesagt hat, wie alle anderem vor ihm: "Harlem ist halt nicht zu kontrollieren, kann man halt nichts machen, schießen sich halt die Leute gegenseitig über den Haufen, sind ja nur schwarze arme Leute." Sondern etwas unternommen und es sogar geschafft, dort für Ordnung zu sorgen. In einer Zeit, die man nie für möglich gehalten hätte.


      Köln ging letzte Woche durch die Presse, als Stadt mit der höchsten Quote an Wohnungseinbrüchen...und man fragte sich, woran das liege.
      Ein Grund ist mit Sicherheit folgender: wenn ich ein ausländischer Krimineller wäre, der also keine lokalen Gründe hat, sich irgendwo zu betätigen, sondern frei wählen kann, irgendeinen Ort in Deutschland. Wo würde ich hingehen??
      Natürlich dahin, wo ich mich möglichst lange betätigen kann, ohne dass man mich in Haft nimmt. Wo ich für die ersten 3 Einbrüche eventuell sogar noch Bewährung bekomme. Und wo ich bis zur drohenden Inhaftierung Sozialhilfe als Barleistung erhalte.
      Und wo ich dann irgendwann einfach abhaue, wenn ich nach der Bewährungsstrafe zum 2.Mal wieder erwischt worden bin und der Haftrichter mir erklärt, dass ich beim nächsten Mal aber jetzt wirklich ins Gefängnis komme, selbst wenn ich ein armer Kern bin, der Frau und Kinder hat.
      Und wenn ich dann abgehauen bin, dann wird das Verfahren wegen unbekannten Aufenthalts eingestellt, aber ein Haftbefehl ergeht immernoch nicht....so dass ich nach 2 Jahren wiederkommen und weitermachen kann.

      In Köln habe ich gute Chancen, dass mir sowas passiert. Also gehe ich doch dahin. Statt nach München oder Wuppertal.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 11:10:38
      Beitrag Nr. 71 ()
      ..ansonsten kann ich DeepThoughts Nr. 68 in großen Teilen natürlich sogar zustimmen...wobei ich andererseits seine Empörung dann nicht mehr ganz nachvollziehen kann, denn im wesentlichen fordere ich nichts anderes.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 11:12:49
      Beitrag Nr. 72 ()
      xylophon, eine Frage dazu: warum machen diese Juristen das eigentlich? Die haben doch den gleichen Kenntnisstand wie Du? Was treibt die zu solchem Handeln?

      Zu New York - wenn man bedenkt, wie unsicher die Stadt mal war, ist viel geleistet worden. Ich kenne die 42nd Street noch als Schmuddelecke. Da aufzuräumen, ist schon eine Leistung. Und die Metro war schon zu meiner Zeit Anfang der 90er wieder sicher. Der demokratische Vorgänger von Giuliani hat auch einiges an Vorarbeit geleistet.

      Man sollte die USA nicht aus seinen Vorurteilen heraus und einigen Artikeln verurteilen, sondern mal da gelebt haben, dann kann man die Verhältnisse dort mit weniger Schlagworten und mehr Realismus beurteilen.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 11:16:49
      Beitrag Nr. 73 ()
      Die Anzahl der Inhaftierten in der BRD findet sich hier:

      http://www.destatis.de/basis/d/recht/rechts6.htm

      Interessant auch der Unterschied zwischen Kriminalstatistik und Rechtsstatistik. Letztere beinhaltet die Anzahl der tatsächlich verurteilten. Sie liegt etwa bei 10% der Verdächtigen.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 11:36:43
      Beitrag Nr. 74 ()
      xylophon, eine Frage dazu: warum machen diese Juristen das eigentlich? Die haben doch den gleichen Kenntnisstand wie Du? Was treibt die zu solchem Handeln


      Wieso?? Das wüßte ich auch gern. Habe aber keine Einblicke in die Kölner Justiz. Vielleicht weil die JVAs aus allen Nähten platzen und man sich daher geeinigt hat, nicht zuviele Haftbefehle zu erlassen?
      Weil man die "Liberalität" verteidigen will???
      Weil man kein "Nazi" sein will (habe mal einen Kollegen aus Köln kennengelernt, der tatsächlich Härte ggü Verbrechern für "Nazi"-mäßig hielt.
      Weil man kein schlechter Mensch sein will, ein gutes Herz hat (Richter wechseln gelegentlich die Bereiche, wenn man aus dem Familienrecht oder dem Zivilrecht kommt, ist es vermutlich ein Kulturschock, wenn man auf einmal nicht mehr der Schlichter, sondern der "Böse" sein soll, der anderen etwas antut (einsperren).

      Ich weiß jedenfalls eins: die Haftbefehle werden in Köln viel zu vorsichtig gehandhabt, insbesondere bei Flucht. Es gab hier eine Familie aus Jugoslawien, die ihre Kinder zum Klauen schickte, das nachzuweisen war natürlich sehr schwierig und zeitaufwendig, nachdem es gelungen war und Anklage erhoben, setzte sie sich nach Jugoslawien ab und das Verfahren wurde eingestellt. Nach einiger Zeit waren sie wieder da, aber weil kein Haftbefehl ergangen war, ist das zunächst nicht mal aufgefallen, das eingestellte Verfahren lag in irgendeinem Aktenschrank.
      Kein Wunder, dass die Polizei bei sowas frustriert ist und das nächste Mal gar nicht erst anfängt, diese Ermittlungen aufzunehmen. Der Fall war in der Presse, aber da es ja nicht um "Rechtsradikale" oder "Gewalt gegen Frauen" ging, hat es das Innenministerium leider nicht interessiert. Hoffen wir mal, dass das nächste Jahr ev. das dortige Mode-Thema "Taschendiebstahl" oder "Einbrüche" ist. Dann passiert ev. auch was.

      Ein anderer Fall der Bursche, der jetzt in München vor Gericht steht (Kind auf Schultoilette vergewaltigt) In Köln eine Frau in den Hausflur gedrängt und angegriffen, zuvor mehrfach wegen Autoaufbrüchen verurteilt. Ohne jede soziale Bindung. Serienstraftäter (nach Auffassung von Köln sind Autoaufbrüche allerdings "Bagatelldelikte" ).
      Dann haut er ab nach München. Hafbefehl trotz Haftgrund??? Nichts davon....
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 11:50:57
      Beitrag Nr. 75 ()
      Hier noch ein etwas älterer Artikel von Ströbele, dieses Thema wurde ja schon 1997 ausgiebig diskutiert. In diesem Jahr war der ehemalige Polizeichef von NY in Berlin und wollte dort seine Methoden anpreisen.
      Bei vielen Leuten hat er allerdings nur Mitleid erregt.


      Hans-Christian Ströbele

      New Yorker Supercops für Berlin - Nein Danke


      Polizeikonzepte mit "Null-Toleranz" , prügelnde und folternde Supercops sind Gift für die Sicherheit der BürgerInnen.

      Der ehemalige New Yorker Polizeichef, William Bratton, wurde in Deutschland rumgereicht wie ein Heilsbringer für mehr Sicherheit.. In Berlin wurde er vom General-Innensenator Schönbohm hofiert. Nach Hamburg reiste Innenminister Kanther zu einer Wahlkampfveranstaltung mit Bratton, um zu verkünden, er werde die neuen US-Methoden der Kriminalitätsbekämpfung in die BRD importieren.

      Es ist Vorwahlzeit. Mit der Angst der BürgerInnen vor Verbrechen gehen die Politiker auf Stimmenfang. 5 Millionen Arbeitslose, Rentenkürzungen und Sozialabbau in allen Bereichen sollen vergessen gemacht werden.



      Polizeiskandale in New York schrecken ab

      Man will uns für dumm verkaufen. Es ist schon verrückt: Während Zehntausende in New York auf die Straße gegen, um gegen die Auswirkungen der Polizeistrategie der Rücksichtslosigkeit und Härte eines Brattons zu demonstrieren, während in New York die Zeitungen voll sind von Polizeiskandalen, während Amnesty International der Polizei in New York Tötungen und Mißhandlungen in 93 Fällen vorwirft, wird Bratton und sein Polizeikonzept der "Null-Toleranz".von deutschen Ministern und Senatoren bejubelt und zur Nachahmung empfohlen.

      Bratton steht für hartes polizeiliches Durchgreifen gegen jede Regelverletzung, ob Schwarzfahren oder Trinken und Urinieren in der Öffentlichkeit. Soziale Probleme und Ursachen interessieren ihn nicht. Hauptsache die Boulewards sind sauber und die Stadt präsentiert sich ordentlich. Nur wenn das Zerschlagen einer Fensterscheibe oder Sprayen an Häuserwände, Betteln oder Verschmutzen von Straßen durch die Polizei konsequent geahndet und streng bestraft werde, könne auch Mord und Totschlag verhindert werden, ist seine Philosophie.



      Die Statistik des "Erfolges" harter Polizeieinsätze trügt

      Ein Statistik des "Erfolges" soll ihm Recht geben: Die Anzahl der Tötungsdelikte in New York wurde in vier Jahren halbiert und die der Raubtaten ging um 17 Prozent zurück.

      Verschwiegen wird, daß die Zahl der Morde in New York nach solchen "Erfolgen" immer noch zehnmal so hoch ist wie in Berlin. Verschweigen wird weiter, daß vor den "Erfolgen" in New York fast 2000 Menschen pro Jahr Opfer eines Tötungsdeliktes waren, während es in Berlin 98 gewesen sind. Verschwiegen wird auch, daß die Zahl der Gewaltverbrechen schon vor Brattons Amtsantritt in New York zurückgegangen war, als die Arbeitslosigkeit stark reduziert werden konnte. Über die Gründe der schlimmen Gewaltkriminalität in New York kann man von Berlin aus nur spekulieren. Liegt es an der schlechten sozialen Versorgung, an den vielen Waffen in Privathand oder an Korruption und Bestechlichkeit, die ganzen Polizeistationen nachgesagt wurde ?

      Jedenfalls wird aus den Zahlen deutlich, die Sicherheitslage beider Städte war und ist unvergleichlich anders.

      Verschwiegen wird vor allem, daß eine eigene 7oo-köpfige Sonderkommission der New Yorker Polizei die Einsätze der eigenen Behörde überwachen muß, um die Folgen des Polizeikonzeptes der "Null-Toleranz" einigermaßen im Griff zu behalten. Derzeit ermittelt sie wegen eines Verdachts der Folter an einem Haitianer gegen Polizisten (Nach seiner polizeilichen Festnahme soll ihm den Stiel einer Klobürste in den After und danach in den Mund gestoßen worden sein).

      Auf solche Vorbilder können wir getrost verzichten. Dagegen erscheinen Übergriffe Berliner Polizisten, wie sie derzeit z.B. vor Berliner Gerichten verhandelt werden (Videofilm über prügelnde Polizisten), geradezu harmlos.



      Bekämpfung der Gewaltkriminalität hat Vorrang

      Durch die flächendeckende polizeiliche Verfolgung jeder Ordnungswidrigkeit kann die Kriminalitätsrate für Mord und Totschlag, Raub und Einbruch nicht gesenkt werden, nicht in New York und nicht in Berlin. Die Folgen sozialen Elends werden durch die Polizei nicht beseitigt, allenfalls verdrängt, z.B. in Nachbarregionen.

      Die These, die heutigen Sprayer oder Kaufhausdiebe seien die Gewalttäter und Mörder von morgen, hält keiner Überprüfung stand und ist ganz einfach falsch.



      Aber zuviele Polizisten betätigen sich schon jetzt als Saubermänner und fehlen bei der Bekämpfung von Gewaltverbrechen. Sonderkommissionen gegen Grafitisprayer gehören aufgelöst und nicht verstärkt, wie in Berlin weiter praktiziert. Die freiwerdenden Beamten können für wichtigere Aufgaben eingesetzt werden. Rundumschläge mit über hundert Hausdurchsuchungen zu gleicher Zeit gegen vermeintliche Sprayer binden Hunderte von Polizisten, die für die Herstellung der Sicherheit der BürgerInnen vor Gewalt benötigt werden. Nicht Obdachlose und Bettler sind eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, sondern Gewalttäter.

      Schwarzfahren, Ladendiebstahl oder Sachbeschädigung sind im Vergleich zu Gewalttaten und Wirtschaftsverbrechen Bagatellen und sollten vom Gesetz, von Justiz und Polizei auch als solche behandelt werden. Gerade für Bagatelldelikte gilt, daß Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung und allenfalls die Verhängung eines Bußgeldes eine angemessene Reaktion wäre und nicht die Durchführung langer Kriminalprozesse und die Verurteilung zu Freiheitsstrafen.



      Drogenkrieg statt vernünftiger Antidrogenpolitik hat den Drogengebrauch nicht vermindert, sondern nur dazu beigetragen, daß die Gewinne im Drogengeschäft stiegen und der Kampf um diese Gewinne immer mehr eskaliert und mit schlimmsten Verbrechen geführt wird. Durch Beschaffungskriminalität sieht sich die Bevölkerung bedroht.

      Der Sumpf von Gewaltkriminalität kann ausgetrocknet und die Beschaffungsdelikte können vermieden werden durch Entkriminalisierung des Gebrauches und des Besitzes von Drogen und durch Therapie und Substitution für Abhängige. Polizei und Justiz würden so erheblich entlastet.



      Mehr Sicherheit durch bürgerfreundliche Polizei und soziale Gerechtigkeit

      Wer aggressive Polizeieinsätze wegen kleinster Regelverstöße fördert, trägt nicht zur Verbrechensbekämpfung und zu mehr Sicherheit auf den Straßen bei, sondern zu Verrohung und Enthemmung der Polizei.

      Wenn eine als Prostituierte tätige junge Frau, die sich nicht an Platzverbote gehalten hatte, von der Polizei festgenommen und in tiefer Nacht im Grunewald ausgesetzt wird, dann verwundert nicht, daß der Polizist zum "Bullen" wird.

      Eine zivilisierte und bürgerfreundliche Polizei kann mit der Unterstützung der Bevölkerung rechnen. In Kiezbeiräten sollen Lösungen für eine effektive Bekämpfung der Kriminalitätsschwerpunkte erarbeitet werden. Die BürgerInnen wissen häufig, wo Gewalt auf Straßen und Plätzen droht und können gut an Vorschlägen für die Beseitigungen der Gefahren mitwirken.

      Wenn eine Gruppe Jugendlicher regelmäßig nachts auf bekannten Straßen Autorennen veranstaltet, dann bleibt solches Treiben den Anwohnern nicht verborgen. Am runden Tisch mit Vertretern des Jugendamtes, von Vereinen, Jugendeinrichtungen und der Polizei können sie mitberaten, wie solchen Gefahren begegnet werden kann. Damit und mit moderner Ausstattung der Polizei kann mehr Sicherheit geschaffen werden, nicht mit einer Sherifmentalität a la Bratton und Schönbohm.

      Mit jeder Schließung eines Jugendfreizeitheimes wird Jugendkriminalität gefördert. Massenarbeitslosigkeit ist der Nährboden rechtsradikaler Gewalt. Die wirksamste Art der Verbrechensbekämpfung bleibt die Herstellung sozialer Gerechtigkeit,

      die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Beseitigung sozialer Mißstände, auf denen Verbrechen gedeihen.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 12:20:00
      Beitrag Nr. 76 ()
      @ stirner

      Danke für den Artikel, der Ströbele kan wesentlich kenntnisreicher und mit harten fakten als ich das rüberbringen, was ich als Bürger nur als schlüssige Folgerung aus meinen Überlegungen posten kann.
      Das liest sich ja fast wie eine 1:1 Kopie meines Postings - allerdings auf juristisch-politischem Niveau.

      @ xylophon

      Allerdings haben wir ähnliche Ansätze (in dieser Diskussion hier) , aber meine Schlussfolgerungen sind andere.

      Die Ansätze z.B. eines Schill sind halt populistische Augenwischerei, "Zero Tolerance" in den USA ist leider nur allzuwörtlich gemeint... :mad:

      Wir brauchen eine Linie der klaren Regeln in deutschland, dazu gehören auch möglicherweise (bin kein Jurist, es gibt auch Leute, die meinen, die gesetze existieren bereits) schnellere Ausweisung von eingereisten Kriminellen und Konsequenz bei Jugendlichen Starftätern.

      Aber ich bin jedesmal erschrocken, wenn z.B. in Köln für Dutzende von Mio € ein neues Fußballstadium gebaut wird (absurd hoch drei - wo ist der Nutzen für die Allgemeinheit? )und gleichzeitig Jugendzentren und Bolzplätze, Sozialstationen geschlossen werden.

      Die Perspektiven der Jugendlichen sind desaströs -und wir Erwachsene lassen diese jungen menschen zumeist am Wegesrand liegen.

      Die einzige Antwort der Politik ist es, NOCH MEHR Geld in die nachweislich ineffizienten Systeme zu pumpen, anstatt von Grund auf über besseres nachzudenken (vielleicht ist das eine positive teil-Eigenschaft von Guiliano) .

      Jetzt wird angeblich mehr Geld in die maroden Schulsysteme gepumpt, man will dafür Steuern erhöhen.

      DAs ist das gleiche, als wenn man einen nachweislich schlechteren Reifen in einem Formel-1 Rennen dadurch verbessern wollte, daß man den Preis erhöht....

      Wer lehrer persönlich kennt, der weiß, wie jämmerlich das Schulsystem versagt - weil die wenigen noch nicht resignierten Lehrer zwischen persönlichem Engagement, veralteten Curricula, dauerhafter und flächedeckender Leistungsverweigerung der desillusionierten und elterlich nichterzogenen Schüler und mobbenden besitzstandswahrenden Vorgesetzten zerrieben werden.

      Dadurch, daß man dieses System verteuert, wird es nie besser - im gegenteil.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 13:45:05
      Beitrag Nr. 77 ()
      @ Deep

      Du hast behauptet Typen wie Giuliani würden Die Kriminalität nur aus den Großstädten herausdrängen und die Kriminalität insgesamt würde in den USA steigen. Dieser Behauptung habe ich mit meinem Posting widersprochen. Mehr nicht!

      Außerdem ist es lächerlich jeden Politiker, der es schafft von einem aberwitzig hohen Stand der Kriminaltität wegzukommen dabei aber natürlich nicht die zugegebener Weise besseren deutschen Verhälnisse erreicht ( schon gar nicht, wenn die Amtszeit begrenzt ist) dann eben dies vorzuwerfen und seine Leistung herabzuwürdigen.

      Dass die USA insgesamt ein Gewaltproblem auf Grund der hohen Verbreitung von Schußwaffen haben, ist doch ein alter Hut. Deshalb ist ja auch Giuliani für schärfere Waffengesetze, wie xylo schon angeführt hat. Es ging xylo ja auch mehr um den Denkansatz Giulianis sich nicht mehr mit den bestehenden schlechten Verhältnissen abzufinden. Und diese Art zu Denken täte unserer Gesellschaft auch sehr gut.

      Lies mal von Arnims "Vom schönen Schein der Demokratie" und stell Dir mal die Frage, ob wir hier in Deutschland überhaupt eine Demokratie haben, oder ob nicht eine Diktatur des Parteienkartells herrscht? Wenn wir nicht anfangen unsere Art zu Denken in der Frage unserer Demokratie kritisch zu hinterfragen, werden wir den sogenannten "Reformstau" nie überwinden. Genau deshalb sind Leute wie Giuliani, die sich nicht mit bestehenden Strukturen einfach abfinden, als Vorbilder wichtig.

      Da hier Giuliani für ein Ideal steht, sollte jedem klar sein, dass er als Mensch insgesamt natürlich nicht dem Ideal entspricht, da er sonst ja kein Mensch mehr wäre. Menschen sind halt insgesamt als Persönlichkeit niemals ideal, da Menschen halt nun mal Fehler machen. Selbst Ghandi hat seine Frau geschlagen, war also keinesfalls perfekt. Trotzdem halte ich Ghandi für eine Person, die man jederzeit als Vorbild präsentieren kann, wenn es um gewaltfreie Konzepte der Konfliktlösung geht.

      Happy Trading

      nasdaq10

      P.S. Wir haben in der BRD seit 1949 ein Grundgesetz, dass nie vom Volk legitimiert wurde. Haben wir wirklich eine Demokratie?
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 14:21:18
      Beitrag Nr. 78 ()
      ..der Artikel von Ströbele ist an zumindest 2 Punkten schon beim ersten Überfliegen unlauter:

      Zum einen wird das Konzept mit Exzessen Einzelner vermischt. Es gehört nun aber mit Sicherheit nicht zum Konzept der "Null-Toleranz", dass Haitianern auf Polizeiwachen Klobürsten in den Arsch geschoben werden. Wobei der folgende Vergleich mit dem Berliner Skandal genauso absurd ist, denn das Fehlverhalten einzelner Beamter hat weder in Berlin noch in NewYork etwas damit zu tun, dass besonders viel oder besonders wenig Toleranz gepredigt wird. Beides kann schädlich sein, im einen Fall nehmen die Beamten aus Frust über die laxe Justiz das Gesetz "selbst in die Hand", im anderen Fall fühlen sie sich zu sicher und glauben, einen Freibrief zu haben.

      Zum anderen wird nirgends behauptet, dass ein Sprayer oder ein Schwarzfahrer später zum Schwerverbrecher wird, wenn man ihn gewähren lässt. Der Gedanke ist ein ganz anderer (broken window): wenn man ein altes unbewohntes Haus hat, an dem nichts mehr gemacht wird und irgendwann schmeißt ein Randalierer das erste Fenster ein. Dann dauert es nicht mehr lange, bis alle Fenster kaputt sind, wenn man dies hinnimmt und das Fenster nicht repariert wird und der Steineschmeißer nicht zur Verantwortung gezogen.
      Und dieses Konzept kann man durchaus auf menschliche Gesellschaften übertragen: wenn der kleine Rechtsverstoß immer häufiger ohne Folgen bleibt, wenn sich der normale Bürger ohnmächtig Straftätern ausgesetzt sieht, dann wird er selbst auch das Vertrauen in den Rechtsstaat verlieren und die Bereitschaft zu Straftaten zunehmen.

      "Macht doch jeder".
      Versicherungsbetrug, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit, Schwarzfahren sind heute schon in großen Teilen der Bevölkerung selbstverständlich geworden. Falschaussagen vor Gericht, besoffen Autofahren, Kiffen auch.
      Es wird tatsächlich langsam Zeit, dass das Vertrauen wiederhergestellt wird, dass Ehrlichkeit mehr ist als Naivität und Dummheit.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 14:39:58
      Beitrag Nr. 79 ()
      Tolle Diskussion.

      Ich glaube eigentlich nicht, dass man in folgenden zwei Punkten unterschiedlicher Meinung sein kann:
      1.) In der Begrüßung eines härteren Durchgreifens gegen Kriminelle, wie dies von Giuliani praktiziert wurde.
      2.) In der Ablehnung polizeilicher Übergriffe.

      Durchaus unterschiedlicher Meinung kann man durchaus in der Frage sein, ob die deutschen Verhältnisse so viel besser sind. Etwas provokant formuliert: Wenn einem Arbeitsscheuen in Deutschland das, was er will, freiwillig (über Sozialleistungen) gegeben wird, dann braucht er es sich nicht (wie in den USA) zusammenstehlen. Wie gesagt, etwas provokant: Ist es schlimmer, ab und zu an einer Straßenecke um 200 Dollar erleichtert zu werden oder jeden Monat über die Gehaltsabrechnung "ausgeraubt" zu werden? Ist eine Gesellschaft als überlegen anzusehen, weil sie den potenziell Kriminellen gleich freiwillig alles herausrückt?

      Mal ganz abgesehen davon, dass die USA selbst bei identischen Sozialsystemen wie in Deutschland immer eine höhere Kriminalität haben werden als wir. Liegt wesentlich an der Bevölkerungsstruktur. Sonst müsste ja in Deutschland die Kriminalitätsrate auch überall gleich sein, immerhin haben wir doch überall die gleichen Leistungen etc.

      @Nasdaq: Gandhi hat seine Frau geschlagen? Man lernt nie aus.
      Die Diskussion um schärfere Waffengesetze will ich hier nicht beginnen. Halte dies aber angesichts rund 10 Mio illegaler Waffen in Deutschland für eine Schattendiskussion.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 17:20:41
      Beitrag Nr. 80 ()
      Wenn ich mich nicht verrechnet haben sollte, so kann man anhand des von stirner netterweise zur Verfügung gstellten Links ausrechnen, daß in deutschland nur ca.

      0,8 Promille
      der bevölkerung im gefängnis einsitzt, in den USA jedoch
      3 Prozent.. :eek:


      DAs ist heftig, wenn man auch noch die hierzulande deutlich niedrigere Inzidenz von Gewaltkriminalität berücksichtigt... scheint doch kein so schlechtes Modell zu sein, unser System..... wir Deutsche klagen offensichtlich "auf hohem Niveau"....
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 17:30:03
      Beitrag Nr. 81 ()
      genau DT

      wenn man das noch umrechnet, dann ist der in den USA im Gefängnis sitzende Bevölkerungsanteil um 3750% höher!

      So gesehen ist der Ausspruch von Däubler-Gmelin über das "lausige Rechtssystem der USA" noch eine freundliche Untertreibung. Angesichts dieser Zahl ist auch meine Aussage, die USA-Kriminalitätsbekämpfung als Vorbild zu nehmen sei "Mist" eine nette Form der Kommunikation.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 17:36:55
      Beitrag Nr. 82 ()
      @ rainer 6767

      es wird hier von Niemandem dem "gleich alles freiwillig gebenden" Staat das Wort geredet.

      Aber die Entstehung von Kriminalität durch NOT ( Real über 6 mio Arbeitslose! ) wird m. E. dadurch ebenso eingedämmt wie die logischerweise erfolgende Kriminalisierung der Täter und deren De-Integration durch Vorstrafen.

      Wir liegen ziemlich ähnlich in unserer Einschätzung.

      Was ich sagen will:

      Es gibt IMMER in JEDEM System Menschen, die sich unberechtigt/Kriminell Vorteile verschaffen.

      Egal, ob das in meinem Bereich "Blaumacher" sind, die sich ihren "gelben Schein" abholen, Ob in deinem Bereich jemand Bilanzen fälscht oder jemand Geld nicht versteuert und am Fiskus vorbeischleust, ob man sich Sozialleistungen ergaunert oder versicherungen betrügt, etc...

      Es geht um das, was getreu Kohl "hinten dabei herauskommt" , mithin die "Bottom Line" .

      Eine demokratie kann nur einen Balanceakt versuchen, um diese Auswüchse, die auch bei martialischen Strafen und totalitären Staaten in einer bestimmten Inzidenz noch auftreten, in einem erträglichen, ökonomisch oder volkswirtschaftlich "guten" Rahmen zu halten.

      Mehr verlange ich von einem System nicht.

      "Totale gerechtigkeit" kann nur die totale Unfreiheit sein, leider.

      Aber unser System scheint doch nicht schlecht zu sein, obwohl jedem von uns einiges gewaltig stinkt.

      Aber - uns geht es gut im VERGLEICH ZU ANDEREN Ländern, insbesondere zu den USA, wie es scheint.

      Ich persönlich akzeptiere es, wenn ein bestimmter, aus gerechtigkeitsgründen und gründen der Verwaltungsökonomie unvermeidlicher Anteil der Sozialleistungen "abgezwackt" wird, wenn man konstant versucht, den Mißbrauch möglichst beständig zu verringern.

      Das ist eine Frage des Verhältnisses von Aufwand zu Ergebnis.

      Ich habe mich auch schwarz geärgert, als mein Auto von einem A... verkratzt war.

      Aber dafür kann ich in Deutschland noch in vielen bereichen mit dem Leben davonkommne, wo in anderen Staaten ein Spaziergang als "versteckte Selbstmordaktion" angesehen würde.

      Wir haben bereits in anderen Threads darüber diskutiert und ich hatte den Eindruck, da konntest Du ein lautes "Dáccord" sagen...
      Avatar
      schrieb am 17.10.02 00:33:21
      Beitrag Nr. 83 ()
      Diesem Thread dürften ein paar aktuelle Informatíonen nicht schaden. Ansonsten morgen (heute) mehr.

      ------------------------
      17.10.2002

      Inland
      Martin Höxtermann junge welt

      Rote Karte für Vertreibungspolitik

      Verwaltungsgerichtshof kritisiert pauschales Platzverbot für Punker in Karlsruhe

      Am Mittwoch entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim, daß ein pauschaler Platzverweis für Punker rechtswidrig ist. Damit bestätigte das Gericht ein Urteil der ersten Instanz. Anfang August gab die zwölfte Kammer des Karlsruher Verwaltungsgerichts in einem Eilverfahren einem zur Punkszene gehörenden Studenten recht, der sich gegen ein Aufenthaltsverbot für den Kronenplatz, einem Innenstadtplatz nahe der Karlsruher Universität, gerichtet hatte. Die Stadt hatte ein entsprechendes Verbot für die rund 25 Buntschöpfe, die sich dort regelmäßig treffen, für die Zeit vom 6. Juli bis 31.Oktober erlassen und bei Verstößen Zwangsgelder bis zu 1000 Euro und »Zwangshaft« angeordnet.

      Während der Kläger den Begriff »Punk« an der inneren Einstellung festmacht, sind für die Stadt äußere Merkmale ausschlaggebend. Sie definiert »Punk« in ihrem Platzverbot vor allem mit äußeren Merkmalen: »auffällige Kleidung, besetzt mit einer Vielzahl von Symbolen, Aufschriften und Nieten und typische Punkfrisuren«. Im Rathaus hält man sie vor allem für Störenfriede, die Passanten bedrohen und die Geschäfte der Ladenbesitzer beeinträchtigen. »Es liegt im öffentlichen Interesse, daß dieser zentrale und kommunikative Platz der Stadt künftig weiterhin vorbehaltlos benutzbar bleibt«, heißt es in der Verfügung.

      Auch nach dem Urteil der ersten Instanz glaubte sich die Stadt im Recht und legte Beschwerde ein. »Wir wissen, daß wir rechtliches Neuland betreten, aber wir stehen zu unserer Entscheidung«, hatte der Leiter des städtischen Amtes für Bürgerservice und Sicherheit, Dieter Behnle, erklärt. Doch nun rüffelt auch das VGH die harte Linie der Karlsruher Verwaltung. Eine solche Allgemeinverfügung sei unverhältnismäßig, weil sie auch Personen erfasse, die nach »Punk« aussehen, aber bisher nicht auffällig gewesen seien. Es gebe keinen Erfahrungssatz, wonach ein Aussehen als Punk darauf schließen lasse, daß die betroffene Person »mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zugleich Störer im Sinne des Polizeirechts« sei.

      »Schon vor Jahren ist die Stadtverwaltung mit einem ähnlichen Vorgehen am Europlatz spektakulär gescheitert«, sagte die grüne Fraktionsvorsitzende des Karlsruher Gemeinderats, Christa Caspari. Daß es auch anders geht, hat Tübingen vorgemacht. Dort wurde in den neunziger Jahren ein Dreistufenplan beschlossen, um ein ähnlich gelagertes »Punker-Problem« zu lösen. Streetworker wurden eingesetzt, Sozialwohnungen angemietet. In Karlsruhe will man indes vorerst bei der harten Linie bleiben. »Bislang kennen wir den Richterspruch nur aus der Presse, er liegt uns noch nicht schriftlich vor«, sagte Rathaussprecher Bernd Wnuck am Mittwoch gegenüber jW. Es sei deshalb zu prüfen, ob das Urteil nur für den Kläger gelte oder für die Gruppe der Punks. Vorerst jedenfalls bleibe es einmal alles so, wie es ist.
      Avatar
      schrieb am 17.10.02 13:26:10
      Beitrag Nr. 84 ()
      ...nochmals zur Klarstellug. Es geht doch nicht darum, dass in Deutschland alles schlecht wäre oder in den USA das System besser.

      Es geht nur darum, dass sich Deutschland in die falsche Richtung bewegt, immer weiter, langsam aber sicher - und sich niemand findet der sagt: Halt Stop. So geht es nicht weiter.

      Das Ergebnis der Bundestagswahl hat mich am Abend der Wahl sehr gefreut. Dagegen bin ich seit den Koalitionsbeschlüssen völlig enttäuscht, weil fast nichts von dem, was ich mir von den Grünen im Bereich Wirtschaft erhofft hatte, gegen die Gewerkschaftsflügel der SPD durchgesetzt werden konnte. Dafür wird vermutlich im Bereich Innere Sicherheit den Grünen nachgegeben, was etwa Merkmale in Personaldokumenten betrifft.
      Mit anderen Worten: überall bleibt alles, wie es ist. Weil Veränderung schwerer zu erreichen ist als Stillstand zu verwalten. So wahren die Grünen den Besitzstand der Verbrecher und die Sozialdemokraten den der Schmarotzer, um es mal übertrieben auszudrücken. Ungefähr das Einzige, was bei Hartz rausgenommen wurde, ist die strengere Zumutbarkeitsprüfung. Dafür konnte man sich auch weiter nicht auf Sicherheitsmerkmale in Personalausweisen einigen.
      Und so weiter...

      Rainer hat in einem anderen Thread von gestern beklagt, dass die Regierung sich allein auf Kosten derer bedient, die Leistung bringen und sie vermutlich nicht gewählt haben. Man kann das sicherlich überspitzt nennen. Aber es ist etwas dran. Die Klientelpolitik geht weiter....

      Das Urteil aus Karlsruhe ist im übrigen keine Sensation. Solche Urteile hat es schon häufiger gegeben, sie sind wohl auch richtig. Es kann nicht angehen, Leuten bestimmte Gebiete allein aufgrund ihrer äußeren Erscheinung zu verbieten. Was aber durchaus zulässig ist, und dazu sagt das Urteil auch nichts aus, dass man konkreten Personen ein solches Verbot erteilt, wenn sie negativ aufgefallen sind.
      Das reicht ja auch aus, macht aber natürlich mehr Arbeit....womit wir wieder am Anfang wären. Dass sich heute offenbar keiner die Mühe machen möchte, die Aufgabe des Staates wahrzunehmen, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Und wenn, dann auf dem bequemsten Weg. Und nach dem Urteil heißt es dann wieder: "wir wollen ja, aber die Gerichte lassen uns nicht" - und man bleibt völlig untätig.

      So wie man auch straffällige Ausländer nicht abschiebt, sobald es schwierig werden könnte. Und all die anderen Beispiele....
      Avatar
      schrieb am 22.10.02 21:12:14
      Beitrag Nr. 85 ()
      ..mal wieder ein krankes Beispiel:


      http://www.ksta.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&…


      Um möglichst vielen Menschen einen Zwangsumzug zu ersparen, hat die Stadt in den vergangenen Jahren versucht, ihn durch Zahlung von Mietrückständen zu vermeiden - und handelte damit im Konsens mit dem Deutschen Städtetag, der diese Lösung als sinnvoll anerkannte. Die Unterbringung von Familie in Notunterkünften sei erheblich teurer als übliche Mietzahlungen. In den meisten Fällen verschlimmere ein Umzug die Probleme der Betroffenen weiter. Eine Familie, die trotz finanzieller Bredouille in ihrem gewohnten Umfeld bleiben könne, deren Kinder weiter dieselbe Schule besuchen könnten, habe eher die Chance, sich zu berappeln. In 70 Prozent der Fälle - so die Kölner Erfahrung - reicht es, wenn die Stadt einmal die Mietschulden übernimmt. Nur in 30 Prozent der Fälle hat das Sozialamt früher mehrfach die Rückstände aufgefangen, um eine Zwangsräumung zu verhindern. Die Zahl der Räumungsklagen ist in Köln in den vergangenen Jahren stetig gestiegen - und damit die Summe, die die Stadt für die Mieten aufbringen musste. Im vergangenen Jahr waren das 3,3 Millionen Euro.

      Um Geld zu sparen hat der Rat der Stadt im April mit der Mehrheit von CDU und FDP beschlossen, dass die Stadt bei Nicht-Sozialhilfeempfängern nur noch maximal zwei Monatsmieten übernimmt - und das pro Familie nur einmal. Bisher waren in den Fällen, in denen die Stadt Schulden übernahm, nur die Hälfte der Betroffenen auf Sozialhilfe angewiesen, also nach Ansicht von CDU und FDP nicht „wirklich bedürftig“.

      SPD und Grüne, aber auch der Sozialdienst katholischer Männer und andere Hilfsorganisationen hatten vor diesem Sparkonzept gewarnt. Die Stadtverwaltung handelte seit dem Ratsbeschluss wie vorgegeben - was die Zahl teurer und aufwändiger Zwangsräumungen erhöhte - machte aber in extremen Einzelfällen auch von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch. (bce)



      Der Artikel steht natürlich in Zusammenhang mit der Gasexplosion, die dieser Kriminelle veranstaltet hat, dem die Räumung drohte (mehrfach vorbestraft). Auf der Anklagebank auf einmal: die Stadt Köln. Weil sie solchem Pack nicht einfach immer weiter die Miete bezahlt, könnte ja unbequem werden....wieso soll einer eigentlich die Konsequenzen seines Verhaltens tragen. Wieso eigentlich Miete zahlen, wenn man sie doch auch versaufen kann. Der Staat springt schon ein...

      Genau das meine ich. Es wird Zeit, dass dieser Müll aufhört. Ich hoffe nur, dass die Stadt ihrer Linie treu bleibt und die Hilfszahlungen noch restriktiver handhabt. Wer leistungsfähig ist, (wobei mir Wohngeldanspruch angemessener erschiene als Sozialhilfe als Kriterium), dem wird auch nicht geholfen oder nur auf Kreditbasis mit Rückzahlungspflicht. Und wer hilfsbedürftig ist, dem werden die Leistungen für die Miete nicht ausgezahlt, sondern direkt an den Vermieter überwiesen. Dann kann man die 3.3 Mio Euro sparen.
      Und den Städten und Gemeinden soll es ja so schlecht gehen...für sowas ist aber offenbar noch Geld da. Einladung zum Mißbrauch nenn ich das.
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 18:53:39
      Beitrag Nr. 86 ()
      .und ein Schritt in die richtige Richtung:

      Kölner Verkehrs-Betriebe AG
      20.11.2002

      Künftig sogar Beförderungsverbot für Intensivtäter

      Nicht länger nur Hausverbote, sondern auch Beförderungsverbote gegen Intensivtäter wird die KVB künftig aussprechen können. Personen, die im Bereich des Nahverkehrs in massiver Weise immer wieder auffällig werden, kann damit nicht nur der Aufenthalt an Haltestellen und in U-Bahn-Stationen, sondern auch in Fahrzeugen untersagt werden. Mit dieser zwischen KVB, der Kölner Polizei und der Bezirksregierung abgestimmten Maßnahme soll die Sicherheit aller Fahrgäste weiter gesteigert werden. Da die Verbesserung von Sicherheit und Ordnung bei den Kölner Verkehrs-Betrieben zu einem Schwerpunkt der Bemühungen um die Zufriedenheit der Kunden gehört, müssen Personen, die im Bereich des Nahverkehrs immer wieder auffällig werden - durch Diebstahl, Vandalismus, Handel bzw. Konsum mit Drogen oder durch Gewalttätigkeit - künftig auch mit Beförderungsverboten rechnen.


      Ich fürchte allerdings, dass ein Aufschrei der Empörung durch Köln gehen wird. Dass man etwa Leute, die immer wieder als Taschendiebe aufgefallen sind, einfach nicht mehr in die Bahnen lassen will, wo sie doch das dortige Gedränge so gut ausnutzen können.
      Und wie sollen diese armen Kinder dann ins Schwimmbad kommen???
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 20:17:24
      Beitrag Nr. 87 ()
      #86 Xylo
      Ja, wie sollen sie in das Schwimmbad kommen?

      Wie wär’s denn mit einem geklauten Fahrrad? Als ich vor drei Wochen aus dem Hallenbad kam, war von meinem Rad nichts mehr zu sehen, nur eine Plastikkappe vom Schloß lag zerbröselt auf dem Boden.

      Ich benutze für Radfahrten in Risko-Bezirke schon seit längerem nur billige Räder vom Supermarkt; der Schmerz über den Verlust hält sich somit in Grenzen. In Zukunft fahre ich jetzt die 2 km mit dem PKW, habe aber ein schlechtes Gewissen. Kurzfahrten belasten bekanntlich die Umwelt.

      Immerhin tröstet mich der Gedanke, einen armen, benachteiligten und vermutlich als Asozialen gebrandmarkten Mitbürger ein kleines Erfolgserlebnis spendiert zu haben. Zumindest hilft meine unfreiwillige Spende, den Anteil der Schwarzfahrer in den öffentlichen Verkehrsbetrieben zu vermindern.

      Demnächst werde ich in der Satteltasche noch ein paar belegte Brötchen und eine Pulle Bier stecken.

      Denn Weihnachten, das Fest der Diebe, steht vor der Tür.

      Dr.H.Lecter
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 20:27:25
      Beitrag Nr. 88 ()
      #87 Dr.Hannibal, ja wenn man das so sieht :),

      auch ich muß da diesbezüglich im Juli erst jemanden ziemlich erfreut haben, denn dieser Mensch klaute an meinem Auto beide fest angeschraubten KFZ-Nummernschilder (nachts vor der Werkstatt), und lies die Schrauben einfach liegen.

      ...
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 21:04:59
      Beitrag Nr. 89 ()
      @principessa
      Das war ja nicht das erste Mal, wo es mich erwischt hat. Ich mach nun mal gerne Sport – und dazu zählt auch Radfahren. Aber wozu sollte ich mir ein teueres leichtes Bike kaufen, wenn alleine ein fettes Schloß den Gewichtsvorteil wieder auffrißt.
      Aber auch als PKW-Benutzer macht man so seine Erfahrungen. Im letzten Jahr hatte ich eine alte ausgemusterte Aktentasche in meinem Fahrzeug gelassen. Darin befanden sich nur alte Computerlisten, die ich in einem speziellen Papiercontainer bei einem Kunden entsorgen wollte (Datenschutz und so weiter). Diesen Aktenkoffer hatte ich dummerweise im Auto vergessen, er lag auf dem Rücksitz. Als ich spät abends zum Wagen zurückkam, war die Beifahrerscheibe komplett rausgeschlagen, der Aktenkoffer war weg. Kein großer Verlust.

      Ärgerlich waren die Kosten für die Scheibe, typischerweise knapp unter der Selbstbeteiligungspauschale und die tausend Splitter überall im Innenraum. Dazu eine Erkältung nach einer frischlufthaltigen Autobahnfahrt während der Heimfahrt. Die Zeit, die ich gebraucht habe um die zuständige örtliche Polizeidienststelle zu finden, hätte ich mir auch sparen können. Dort behandelte man meinen Fall mit routiniertem Desinteresse.

      Immerhin hatte ich die Gelegenheit bei dem Scheibenservice einem KFZ-Meister zu sprechen, der mir von weiteren absurden Fällen berichtet hat. Einer seiner Kunden hatte auf dem Beifahrersitz Werbeprospekte mit bunt aufgedruckten Geldscheinen einer Sparkasse liegen, verschwommen sichtbar hinter einer matten Prospekthülle....es kam, wie es kommen mußte: Scheibe kaputt, Prospekte weg.

      Deshalb: Auch in Aktenkoffern immer ein paar belegte Brötchen und eine Pulle Bier verstauen. Und Prospekte von Geldinstituten aus Prinzip gut erreichbar immer hinter die Scheibenwischer klemmen.
      Damit auch sozial ausgegrenzte Randgruppen das kostenlose Informationsangebot zur privaten Altersversorgung nutzen können.


      Übrigens: Den im Eingangsposting gebrachten Artikel finde ich bemerkenswert. Etwas mehr Giuliani im deutschen Rechtssystem wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

      Dr.H.Lecter
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 22:05:42
      Beitrag Nr. 90 ()
      ...ich denke mal, dass es in Deutschland fast keinen Radfahrer gibt, der noch nie im Leben die Erfahrung gemacht hat, dass auf einmal das Fortbewegungsmittel fehlt. Statistisch dürfte es eher über 75 Mio Fahrraddiebstähle in den letzten Jahren gegeben haben als weniger. Und Babys fahren ja zB noch nicht mit....ich hab jedenfalls auch 2 Räder, eins für Strecken, wo ich es auch am Zielort sicher weiß, und ein altes, das bisher selbst den ärmsten Dieben zu mies aussah.


      Aber zurück zur KVB. Die Meldung ist von gestern, mal sehen, wann sich in Köln die ersten Empörten melden...

      :look:
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 22:40:31
      Beitrag Nr. 91 ()
      Auf die Argumente der Empörten bin ich auch mal gespannt.

      Eigentlich müßten die Maßnahmen der KVB breite Zustimmung finden. Auch in den links angehauchten Schichten. Weniger Intensiv- und Wiederholungstäter in öffentlichen Verkehrsbetrieben würde die Attraktivität dieser Beförderungsmittel sicher steigern. Ich kenne etliche, die in den Innenstadtbezirken lieber eine 30 minütige PKW-Fahrt (inclusive zeitraubender Parkplatzsuche) unternehmen, als eine S/U-Bahnfahrt, die rein rechnerisch nur halb so lang dauern würde.
      Häufigste Begründung bei Frauen: ein diffuses Gefühl der Unsicherheit.

      Diejenigen, die jetzt gegen das Beförderungsverbot der KVB eventuell protestieren, sollten sich mal ernsthaft fragen, ob sie denn bereit wären, den erwähnten Personenkreis in ihrem privaten PKW mitzubefördern.

      Falls nicht, wäre das für mich eindeutig ein Fall von Diskriminierung und sozialer Kälte.

      Dr.H.Lecter
      Avatar
      schrieb am 21.11.02 01:13:45
      Beitrag Nr. 92 ()
      Dr.H_L ! ;) is` ja lustig, da kann ich ja noch von Glück reden. Du solltest Dir zu Weihnachten einen kleinen Handstaubsauger für zukünfitge Glassplitter wünschen :).
      Der Polizist der hiesigen Dienststelle sah meinen beschriebenen Fall auch recht routiniert. In Italien schickten sie mich mal an einem Samstag fort, ich möchte doch bitte meine Diebstahlsanzeige erst am Montag aufgeben, da Wochenende ist ...
      Zum Glück komme ich seit Jahren ohne Tränengas aus, ....

      ... Der Rudi G. wurde auch mir immer sympatischer !

      und Xylo, bevor der Vorwurf der Themenabweichung kommt, mein Lieblingsfahrad wurde mir abgeschlossen in einem auch abgeschlossenen StudentenWohnheim-Fahradkeller geklaut. Immer wenn ich ein blaues Klappfahrad sehe, schaue ich noch heute, ob es nicht meines sein könnte.
      Avatar
      schrieb am 21.11.02 14:21:15
      Beitrag Nr. 93 ()
      ...ich hab mir mal überlegt, wie ein Protest ungefähr aussehen könnte, etwas der Grünen oder des Rom e.V. oder des runden Tisches gegen Ausländerfeindlichkeit.

      Wird ein - und darum geht es neben Drogenabhängigen in Bahnhöfen wohl in erster Linie - Taschendieb in der Bahn angetroffen, dann stellt die Polizei seine Personalien fest. Wenn es sich um ein Kind handelt, wie leider nicht so selten, wird es nicht weiter verfolgt, es wird also keine Verurteilung geben, weil strafunmündig.

      Als "Menschenrechtler" wird man jetzt einwenden müssen, dass also ein Bahnverbot oder ein Aufenthaltverbot für alle Einrichtungen der KVB krass gegen die Unschuldsvermutung verstößt und das Kind oder auch den Erwachsenen in seinen Rechten beschneidet, obwohl es nicht für seine Tat bestraft werden kann bzw. der Erwachsene noch nicht rechtskräftig verurteilt ist. Denn bis zum Urteil dürfte es ca. 6 Monate (Verfahrensdauer bei einfachen Delikten) dauern.

      Kann man es also wirklich vertreten, dass die KVB schon vorher - wobei es bei den Kindern ja NIE ein Urteil geben wird - so drakonische Strafen verhängt???

      Ich hab heute noch keine Zeitung gelesen, aber genau in diese Richtung wird man als "Menschenrechtler" natürlich argumentieren....:mad: :laugh: :kiss:
      Avatar
      schrieb am 01.12.02 16:36:33
      Beitrag Nr. 94 ()
      Hier der mächtige Kratzer an der Selbstinszenierung Guilianis. Der Traum einzelner vom "Starken MAnn" , der in wirklichkeit nur die psychologisch wichtige Pseudo-Begründung zur Ausgrenzung schwacher und zum Bekenntnis zum Sozialdarwinismus bietet, welche leute herbeisehenen, welche sich gerne aus der Solidargemeinschaft ausloggen wollen, welche ihnen auf die Beine half, ist nur überdeutlich...

      .. siehe Titel dieses Threads....


      die fatalen Folgen von Guilianis Politik der Ausgrenzung sind überdeutlich.


      OBDACHLOSIGKEIT IN NEW YORK

      Das Hotel namens Hölle


      Von Carsten Volkery, New York

      New York erlebt eine neue Obdachlosenkrise. In den vergangenen Jahren verdoppelte sich die Zahl der Menschen, die keine Wohnung haben. Inzwischen stehen ganze Familien auf der Straße, die Notunterkünfte quellen über.


      Jede Familienkrise führt fast zwangsläufig auf die Straße



      New York - Zwei Bilder sind es, die in den amerikanischen Medien alljährlich zu Thanksgiving wiederkehren: Der Präsident, der einen Truthahn begnadigt (diesmal ist es zum ersten Mal ein weiblicher Vogel) - und die Obdachlosen beim Truthahnessen.
      Auch am heutigen Thanksgiving-Tag werden wieder Hunderte Freiwilliger in den Suppenküchen der Großstädte den Braten mit Sweet Potatoes und Pumpkin Pie servieren. Die Bowery Mission in New York allein hält 1500 Truthähne für die Obdachlosen bereit.

      Doch das traditionelle Mahl wird dieses Jahr von düsteren Statistiken und Berichten überschattet. Die Zahl der Obdachlosen in New Yorker Notunterkünften hat sich in den vergangenen vier Jahren nahezu verdoppelt, von 20.000 auf 37.000. Dazu kommen Tausende, die im Freien wohnen. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht.

      Zwar ist die Krise noch nicht so schlimm wie in den achtziger Jahren, als Präsident Ronald Reagan die Psychiatrie-Kliniken leerte und die Patienten auf die Straßen trieb. Doch ein neuer Trend macht Beobachtern besondere Sorgen: Es sind nicht mehr nur Einzelpersonen, sondern ganze Familien, die auf der Straße sitzen. "Das Gesicht der Obdachlosigkeit hat sich verändert", konstatierte die "Daily News".

      Die neuen Obdachlosen sind Menschen wie Valerie Nieves. Die 22-jährige allein erziehende Mutter schiebt gerade einen Kinderwagen mit ihrem zweijährigen Sohn Elijah aus einem fensterlosen Bunker in der Bronx. Das ist die "Emergency Assistance Unit" (EAU), das bürokratische Nadelöhr, durch das jede obdachlos gewordene Familie in New York geschleust wird.

      Nieves hat vor drei Tagen ihre Wohnung verloren. Sie lebte bei ihrem Aids-kranken Vater. Auf Grund der teuren Medikamente war er mit der Miete im Rückstand und wurde auf die Straße gesetzt. "Hier im EAU behandeln sie dich wie ein Stück Scheiße", sagt sie. Das Essen sei furchtbar, deshalb geht sie jetzt um die Ecke zu McDonald`s.


      Nieves und Elijah sind eine von knapp 9000 Familien "im System" - ein Rekord. "Das hat es in der Geschichte New Yorks noch nie gegeben", sagt Beverly Cheuvront, Sprecherin der Hilfsorganisation "Partnership for the Homeless". 17.000 Kinder, vor allem Schwarze und Latinos, leben in Notunterkünften mit Spitznamen wie "Hotel Hell" und "Cockroach City".

      Seit einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 1986 ist New York verpflichtet, jeder obdachlosen Familie Unterkunft anzubieten. Die Stadtregierung unter Bürgermeister Michael Bloomberg kommt mit dem Öffnen neuer Notunterkünfte aber kaum hinterher, so schnell wächst die Zahl der Bedürftigen. Zugleich wird der Aufenthalt "im System" immer länger: Die durchschnittliche Familie bleibt inzwischen elf Monate, bevor sie eine Wohnung findet.

      Seit Januar wurden achtzehn neue Notunterkünfte eröffnet, insgesamt gibt es jetzt 125. Doch sie reichen hinten und vorne nicht: Im Sommer war der Mangel so akut, dass die Stadt kurzerhand ein ausgedientes Gefängnis zum Obdachlosenhotel umbaute: Über die Gitterstäbe der Zellen wurden weiße Laken gehängt, in den Gemeinschaftsduschen und -toiletten wurden Trennvorhänge angebracht. Doch trotz aller Verschönerungsversuche: Das neue Heim mit dem Stacheldrahtzaun sah aus wie ein Knast und es roch wie ein Knast. Nach 45 Tagen ordnete ein Richter die Schließung an.


      Inzwischen wird ein noch ausgefallenerer Vorschlag diskutiert: Kreuzfahrtschiffe. Vergangene Woche flog die städtische Beauftragte für Obdachlosigkeit, Linda Gibbs, auf die Bahamas, um sich drei ausgemusterte Luxusliner anzusehen. Die Schiffe, so die Idee, könnten im Hudson oder East River vertäut werden und böten Platz für tausend bis 3000 Menschen. Nach ihrer Rückkehr erklärte Gibbs, die Schiffe seien in "vielerlei Hinsicht ideal". Zwar müsse man wohl die Bars und Discos herausreißen, aber die Kabinen mit den Privatbädern seien gut für Familien geeignet. Auch sei ein Schiff am Ende wahrscheinlich günstiger als eine New Yorker Immobilie.

      Manche mögen diese Art der Krisenbewältigung kreativ nennen, Hilfsorganisationen finden sie jedoch nur kurzsichtig. "Wir müssen über die aktuelle Krise hinausblicken und bezahlbaren Wohnraum schaffen", sagt Cheuvront. Die Wurzeln der Obdachlosigkeit seien die schwache Konjunktur und die astronomischen New Yorker Mieten.

      Eine durchschnittliche Wohnung für eine dreiköpfige Familie außerhalb Manhattans koste 900 Dollar, sagt Cheuvront. Der Durchschnittslohn im Niedriglohnsektor liege ebenfalls bei 900 Dollar. Jede Familienkrise, wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit, führe daher fast zwangsläufig auf die Straße.

      Dennoch erhält Bloomberg für seine Obdachlosenpolitik bessere Noten als sein unbarmherziger Vorgänger Rudolph Giuliani. "Bloomberg zeigt mehr Verständnis", sagt Cheuvront. Unter anderem hat er der Behörde für Obdachlosigkeit 100 Millionen Dollar für die Wohnungssuche zugeteilt - undenkbar unter Giuliani, der das Programm um 40 Prozent gekürzt hatte.


      Doch auch Bloomberg bietet noch mehr als genug Angriffsfläche. Während er sich der Familien annehme, benutze er gegen die Obdachlosen auf der Straße alte Giuliani-Taktiken, sagt David Whitehead, Direktor der National Coalition for the Homeless. Giuliani hatte auf seinem Kreuzzug für "Lebensqualität" die Obdachlosen mit Gewalt aus Manhattan abtransportieren lassen.

      Nachdem die "New York Times" im Oktober prominent auf der ersten Seite vor der "Rückkehr" der Obdachlosen ins Stadtbild warnte, scheint Bloomberg Gefahr gerochen zu haben: Er gab die Order, Obdachlose zu verhaften. Die zuständige Polizeieinheit wurde um 30 auf 80 Mann aufgestockt. Das zumindest steht in der Klageschrift, die die New York Civil Liberties Union (NYCLU) am Montag vor Gericht einreichte.

      Tatsache ist: Seit Mitte Oktober, als die Ansage angeblich gemacht wurde, ist die Zahl der Verhaftungen sprunghaft um 270 Prozent angestiegen, darunter dutzende für das Vergehen "Auf der Parkbank liegen". Die NYCLU protestiert: Die gezielte Verhaftung einer bestimmter Gruppe sei verfassungswidrig.


      Auch für Whitehead ist die "Kriminalisierung" der Obdachlosen keine Lösung. "Sie werden verhaftet, aber am nächsten Tag kommen sie wieder raus und sind immer noch da".

      Die einzige langfristige Lösung, betonen die Hilfsorganisationen, sei der Bau von Sozialwohnungen. Das allerdings steht bei einem Haushaltsloch von vier Milliarden Dollar ganz unten auf Bloombergs Tagesordnung.

      Einen Schuldigen für die derzeitige Misere haben die Hilfsorganisationen daher auch schon ausgemacht: Den "Mann des Jahres", Rudolph Giuliani. "Er hat es verpasst, während der Boomjahre genug Wohungen zu bauen", sagt Cheuvront. "Das Resultat sehen wir jetzt".



      Quelle: Spiegel-online
      Avatar
      schrieb am 01.12.02 16:50:36
      Beitrag Nr. 95 ()
      ...einige wollen es wohl nicht verstehen, dass man selbstverständlich nicht die amerikanischen Verhältnisse oder die no-tolerance-Politik 1:1 auf Deutschland übertragen sollte.

      Ich kann aber selbst für diejenigen mit einem Gegenbeispiel kontern: und die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen. Wie ineffizient in Deutschland die Mittel für soziale Trainingskurse und ähnliches vergeudet werden, zeigt dieser Bericht aus Köln:



      Hilfsangebote führen zu selten zum Ziel

      VON PETER BERGER, 30.11.02, 06:15h

      Trotz aller Anstrengungen haben Jugendliche ausländischer Herkunft in Köln nur geringe Chancen beim Einstieg ins Berufsleben.
      Wissenschaftssprache ist oft schwer verdaulich: Das gilt auch für die Studie zur „Arbeitsmarktintegration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund“ der Fachhochschule Köln, deren Ergebnisse am Freitag vorgestellt wurden. Schwer verdaulich dürften für alle Beteiligten aber vor allem deren Ergebnisse sein: Alle oft jahrelangen Bemühungen verschiedener Organisationen, Jugendlichen ausländischer Abstammung oder Herkunft einen vernünftigen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, führen nur in Ausnahmefällen zum Erfolg.

      Vor dem Hintergrund, dass rund ein Drittel aller jungen Kölner, die in den nächsten Jahren einen Ausbildungsplatz suchen, dieser Gruppe angehören, sagte Peter Canisius, Vorsitzender des Runden Tischs für Ausländerfreundlichkeit: „Der soziale Frieden in Köln hängt auch davon ab, dass junge Menschen gut ausgebildet werden und einen Arbeitsplatz finden.“ An gutem Willen und Angeboten unterschiedlicher Organisationen von Kirchen über Wirtschaftsverbände und Jugendeinrichtungen bis hin zu Beschäftigungsträgern mangelt es nicht. Eine Arbeitsmarktanalyse und Befragungen der verschiedenen Träger ergab, dass es zwar 180 Hilfsangebote gibt, die vom Nachholen schulischer Abschlüsse über Sprach- bis zu Motivationskursen reichen, „dort aber vor allem viel nachgearbeitet und repariert wird“, so Professor Wolf Rainer Leenen. Dagegen fehle die Nähe zu den Unternehmen und den Migranten. Die sozialen Träger hätten ein Imageproblem, würden von den Betrieben zu wenig anerkannt. Es mangele ihnen auch an der Einsicht, sich als Dienstleister zu sehen und sich auf die Bedürfnisse bestimmter Branchen zu trimmen (Anmerkung: das typische Sozialarbeiterproblem: man weigert sich, Menschen "für das kapitalistische System verwertbar" zu machen, sondern bestärkt sie in ihrem "anders sein", allerdings mit Steuergeldern, die zur Berufsvorbereitung zweckgebunden sind).

      Man werde die Studie zum Anlass nehmen, aufzuzeigen, wie man Ausbilder, arbeitssuchende Migranten, Wirtschaft und Handel zusammenbringen kann, kündigte Peter Canisius an. Aus Sicht der Wissenschaft ist es dringend erforderlich, dass die Träger ihre Arbeit einer Qualitätsprüfung unterziehen und miteinander vernetzen. (Anmerkung: die Qualität ist nämlich am Erfolg gemessen unter aller Sau, aber so darf man das natürlich nicht schreiben - oder ein Sozialarbeiter würde sagen: so darf man das natürlich nicht sehen, denn wir wollen ja keine Menschen für das kapitalistsche System....s.o.).

      Professor Leenen rät, ein besonderes Augenmerk auf die Förderung hoch qualifizierter Migranten zu richten: „Wir brauchen gut ausgebildete junge Menschen ausländischer Herkunft der zweiten oder dritten Generation“. Vorbildliche Berufsbiografien könnten einerseits Ansporn für Jugendliche sein, andererseits würden so neue Arbeitsmöglichkeiten geschaffen. Es sei eine „gigantische Verschwendung“ von Ressourcen, dass die Zweisprachigkeit nicht gefördert werde.


      http://www.ksta.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&…

      Anmerkung: bei einigen Sätzen steht in Klammern eine Übersetzung von mir dahinter, wie diese freundlichen Umschreibungen im Klartext zu lesen sind.


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