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    Sniper - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 12.10.02 17:37:24 von
    neuester Beitrag 18.10.02 09:43:06 von
    Beiträge: 12
    ID: 645.374
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      schrieb am 12.10.02 17:37:24
      Beitrag Nr. 1 ()
      Wir können nur hoffen das der Sniper der gerade in der USA wütet kein Taliban - Kämpfer ist oder eine neue Idee von Osama.
      Das wäre Terror in einer vollkommen neuen Art um die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen .
      Avatar
      schrieb am 12.10.02 17:51:19
      Beitrag Nr. 2 ()
      Da hast du wohl Recht, mein Fazit habe ich schon niedergeschrieben...

      Thread: scharfschütze in usa / von herbststurm


      S
      Avatar
      schrieb am 12.10.02 18:42:29
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ich finde das was da abgeht auch alles andere als schön.
      Es ist einfach nur fies.Ich muss aber sagen, dass es mich nicht verwundert.

      Die US-Army veschenkt extra das Computerspiel Americas Army, indem man das schiessen mit nem Snipergewehr üben kann. Der einzige Unterschied ist, dass man im Spiel "Böse" erschiessen muss und nicht Amerikaner.

      Zudem kann man solche Waffen dort legal kaufen. Da wundert
      mich fast dass nicht mehr passiert.
      Avatar
      schrieb am 12.10.02 19:03:11
      Beitrag Nr. 4 ()
      @ #3


      Ähhh, das was du den einzigen Unterschied nennst ist aber der
      entscheidende Unterschied, Bursche....

      Ich würde das niemals vergessen :mad:


      RK
      Avatar
      schrieb am 12.10.02 19:48:16
      Beitrag Nr. 5 ()
      Ist es nicht. Nur weil man selbst die als "Böse" abstempelt
      müssen die es noch lange nicht sein. Man lernt da auf
      Menschen zu schiessen und das wird auch noch unterhaltend
      gestaltet. Einen zu killen wird da als Erfolgserlebnis
      verkauft.

      Jetzt sag mir doch bitte auch warum man dort Scharfschützen-
      und Sturmgewehre legal kaufen kann...Bürschchen

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      Avatar
      schrieb am 12.10.02 20:14:36
      Beitrag Nr. 6 ()
      „Todesschütze immer waghalsiger“
      Tatort Tankstelle


      Der mysteriöse Mörder im Großraum Washington wird zunehmend dreister. „Sein fortgesetzter Erfolg gibt ihm ein Gefühl der Unverwundbarkeit“, sagte Strafrechtsprofessor James Alan Fox der „Washington Post“ vom Samstag. „Er wird immer waghalsiger und selbstzufriedener werden.“

      „Die ersten Schüsse waren wie eine Orgie“, zeigte sich auch Gerichtsmediziner Brent Turvey überzeugt. „Er will jetzt beweisen, dass er kein Verlierer, kein Feigling ist.“


      Sein jüngstes Opfer war am Freitagvormittag (Ortszeit) ein 53-jähriger Mann, der an einer Tankstelle direkt vor den Augen eines Verkehrspolizisten erschossen wurde. Es war der achte Tote innerhalb von zehn Tagen. Zwei Menschen überlebten die Anschläge, darunter auch ein 13-jähriger Junge.

      „Wir haben es hier eindeutig mit einer hoch gefährlichen Person zu tun, die keine Skrupel hat“, sagte der Sprecher der zuständigen Polizeidienststelle in Spotsylvania, Howard Smith.

      Die Polizei fahndet nach einem kleinen weißen Lieferwagen, der von Augenzeugen am Tatort rund 60 Kilometer südlich von Washington gesehen wurde. Darin saßen zwei Insassen. Von einem solchen Wagen war bereits bei mehreren der vorhergegangenen Attacken die Rede gewesen. Die Lieferwagen sind in den USA allerdings so populär, dass davon Zehntausende auf den Straßen unterwegs sind und wahrscheinlich in der Nähe jedes Tatorts gesichtet werden können.

      Ein Polizist, der an der viel befahrenen Schnellstraße I 95 gerade einen Verkehrsunfall aufnahm, habe den Schuss gehört, berichtete Smith. Er sei über die Straße gerannt, um dem Opfer zu helfen. Der Schwerverletzte wurde noch ins Krankenhaus gebracht, starb dort aber wenig später. Nach Angaben von Smith wurden an der Tankstelle Indizien sichergestellt, die von den Fahndern untersucht werden. Details nannte er nicht.

      Der Täter, der stets aus großer Entfernung gezielt einen einzigen Schuss auf seine scheinbar zufällig ausgewählten Opfer abfeuert, hatte zuvor bereits dreimal an Tankstellen zugeschlagen, zuletzt am Mittwoch in Manassas südwestlich von Washington. Vergangenen Freitag zielte er unweit des jüngsten Tatorts vor einer Ladenzeile auf eine Frau. Sie überlebte den Anschlag. Die anderen Anschläge aus dem Hinterhalt ereigneten sich im Norden der US-Hauptstadt, darunter auch der Anschlag auf einen 13-Jährigen, der vor seiner Schule niedergestreckt wurde, aber schwer verletzt überlebte.

      Polizeichef Charlie Deane forderte den oder die Täter auf, sich zu stellen. „Es ist genug Schaden angerichtet worden.“ Auch wenn es sich um einen komplizierten Fall handle, gebe es aber mit jeder Minute mehr Informationen.

      12.10.02, 19:50 Uhr

      focus.de
      Avatar
      schrieb am 12.10.02 20:16:13
      Beitrag Nr. 7 ()
      WAS AMOKLÄUFER MIT DEN HERREN DER WELTWIRTSCHAFT GEMEIN HABEN
      Der Wahnsinn, die Macht und die Lust am Untergang
      DER "Lügenkapitalismus" mitsamt seinen gigantischen Pleiten - Enron, WorldCom, Lucent, Xerox etc. - wirft eine beunruhigende Frage auf: Gibt es eine Beziehung zwischen "wahnsinnigen Amokläufern" wie dem Erfurter Schüler Robert Steinhäuser und den "Allmächtigen der Welt", wie dem Vivendi Universal-Präsidenten Jean-Marie Messier oder dem Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff? Der "wahnsinnige Chef" bläht sein Unternehmen durch Übernahmen und Fusionen immer weiter auf, will ihm alles einverleiben, bis in einer finalen Explosion alles mit ihm untergeht. Der Amokläufer will im Rausch einer wahnsinnigen, tödlichen Umarmung mit den anderen verschmelzen. Wie lange wollen wir noch - fassungslos und fasziniert - diesen mörderischen Wahnsinn mitansehen? Wie lange lassen wir es uns noch gefallen, von den allmächtigen Chefs globalisierter Unternehmen manipuliert zu werden - von einer Art globaler Sekte, die sich die Individuen und Ressourcen untertan macht?
      Von DENIS DUCLOS *
      * Soziologe, Forschungsdirektor am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Paris. Autor von "Société-Monde, le temps des ruptures", Paris (La Découverte) 2002, und "Entre Esprit et Corps. La culture contre le suicide collectif", Paris (Anthropos) 2002.

      Der große Crash von 1929, schreibt der berühmte amerikanische Ökonom und Sozialhistoriker John K. Galbraith in seiner Untersuchung über Ursachen und Verlauf des "Großen Börsenkrachs", wurde erst durch völlig irrwitzige Investitionen auf den Höhepunkt getrieben.(1) Schon damals stürzten sich in der Wall Street die Banker aus den Fenstern ihrer Büros, und die Psychoanalytiker fragten sich: Sprangen sie aus bitterer Enttäuschung in den Tod, oder war ihr Selbstmord - ähnlich wie bei Gewohnheitsspielern, die ihre Umgebung ruinieren, ehe sie sich selbst zerstören - die Vollendung eines Wahns, in den sie möglichst viele Leichtgläubige hineingezogen hatten - nach einem ähnlichen Muster wie die Gurus einer Selbstmordsekte?


      In Zeiten großer Unsicherheit antworten die individuellen Störungen auf den Erregungszustand des Kollektivs. Die verhängnisvoll auf den Untergang zusteuernde Gewinnsucht der "Allmächtigen der Welt" spiegelt sich im hemmungslosen Verbrechen der Amokläufer, deren "wahnsinniges Töten" die gesellschaftlichen Tendenzen wie in einem Zerrspiegel zur finsteren Karikatur gerinnen lässt. Fasziniert von den Exzessen des kulturellen Verfalls, auf dessen Boden ihre Bluttaten gedeihen, versuchen diese Todesschützen, ihr eigenes Schicksal in einem Vernichtungsakt mit dem der Gruppe zu verbinden, so wie spekulierende Konzernchefs das Vermögen ganzer Völker einsetzen und diese mit in den Untergang reißen.


      Einige prominente Fälle öffentlicher Amokläufe, die im Selbstmord endeten (oder enden sollten), haben sich in Quebec, den USA, der Schweiz, Frankreich und jüngst in Deutschland zugetragen. Da ist Denis Lortie, der am 8. Mai 1984 in der Hoffnung, erschossen zu werden, zuerst die Zitadelle von Quebec und dann die Nationalversammlung stürmte. Er wollte die Regierung töten, der Sitzungssaal war leer, beim Amoklauf durch die Flure wurden drei Menschen getötet, Lortie überlebte. Da ist Marc Lépine, der am 6. Dezember 1989 vierzehn Studentinnen der École Polytechnique in Montreal umbrachte, ehe er die Waffe gegen sich selbst richtete. Da ist Fritz Leibacher, der am 28. September 2001 in den Sitzungssaal des Zuger Kantonsparlaments eindrang, vierzehn Menschen niederschoss und sich dann das Leben nahm. Und da ist Richard Durn, der am 26. März 2002 acht Mitglieder des Stadtrats von Nanterre tötete und tags darauf aus dem Fenster sprang.


      Der Massenmörder - ein mustergültiger Angestellter
      DAS jüngste Beispiel schließlich ist der Amoklauf von Erfurt am 26. April dieses Jahres, bei dem Robert Steinhäuser in seinem Gymnasium sechzehn Menschen (darunter dreizehn Lehrer) und anschließend sich selbst erschoss. In seiner Ankündigung hat Steinhäuser sich explizit auf das Massaker vom 20. April 1999 (Hitlers Geburtstag) in der Schule von Littleton berufen; auch hier nahmen sich die beiden Täter, Eric Harris und Dylan Klebold, anschließend das Leben.


      Jeder dieser Amokläufer hat eine Umgebung angegriffen, mit der ihn eine Hassliebe verband, die ihm nahe war und die er verabscheute: Für Lortie war es erst die kanadische Armee, dann die Nationalversammlung, in der er "das Gesicht seines Vaters" zu erkennen glaubte; für Lépine war es die in seinem Abschiedsbrief geschmähte "Gang der radikalen Feministinnen"(2); für Leibacher "die Zuger Mafia"; für Richard Durn die "lokale Mini-Elite" in Person der "Bürgermeisterin", der Einzigen, die er "absichtlich" treffen wollte. Für Steinhäuser war es das gesamte Lehrerkollegium seiner Schule, für Harris und Klebold alle Mitschüler.


      In irgendeiner Form ist der "wahnsinnige Massenmörder" immer Teil des Ganzen, gegen das er seine Aggressionen richtet, ob Komitee, Versammlung, Parlament, Schulklasse, Institution oder Stadt. Nach Angaben seiner Vorgesetzten war der Gefreite Lortie "ein exzellentes Element". Marc Lépine hatte sich an der École Polytechnique beworben, Leibacher war ein mustergültiger städtischer Angestellter und Durn ein vielseitig engagierter Parteigenosse, humanitär und polyglott. Steinhäuser, der als sympathischer Klassenkamerad beschrieben wird, war ein brillanter Programmierer, Harris und Klebold schließlich galten als ausgesprochen gute Schüler.


      Dennoch hatte jeder von ihnen das Gefühl, keinen eigenen sozialen Wert zu haben, eine "Sache" zu sein, die von "fremden Mächten" gesteuert wird. Der Amokläufer zieht die Feindseligkeit auf sich, die im gegebenen Moment zum Auslöser wird. Um zu existieren, muss er sich von der Mittelmäßigkeit seiner Umgebung abheben. Oft beschließt er im Voraus, so groß wie die Gruppe zu werden, die er niederstrecken wird, als könne ihn nur das Töten in den Augen des Kollektivs angemessen aufwerten. Die Monströsität der Tat macht ihn zum unvergesslichen Helden - "von allen anerkannt", wie Steinhäuser sagte - und wird mit einer Gleichsetzung beschlossen: Sein eigener Tod ist gleich die Summe aller anderen Tode. Wenn ihm der Selbstmord nicht gelingt, verlangt er, dass er von denen, die er angreift, getötet wird. Bei Lortie waren es die Militärkameraden, bei Durn die Mitglieder des politischen Establishments.(3)

      In diesem Wahn gefangen, endet der Amokläufer in einer tragischen Verschmelzung zwischen sich und den anderen, dem Individuum und der Gesellschaft. Ein Rausch, der jedoch nicht nur den "Wahnsinnigen" eigen ist. Er entspringt einer Faszination für die Vereinigung von Körper und Geist (dem Individuellen und dem Kulturellen), die als verborgene Sehnsucht in uns allen steckt.


      Was nun die anderen "Rasenden" betrifft, die fanatischen Verfechter der Globalisierung, so bilden sie eine Art Weltsekte, die danach strebt, an die Stelle der verschiedenartigen Gesellschaften zu treten, das Projekt einer Weltdemokratie aber ablehnt.(4) Diese Weltsekte setzt sich aus einer ebenso faszinierenden wie abstoßenden Gruppe zusammen, sie ist eine so verlockende wie grausame Gemeinschaft, welche die Wünsche der anderen voraussieht, ihre Bedürfnisse steuert, Verträge überprüft, die Menschen als normal oder anormal taxiert und ihnen auf diese Weise die Fähigkeit raubt, noch spontanen Umgang miteinander zu haben.


      Im Zeitalter der Globalisierung bewegen sich die großen Finanzzampanos nicht mehr in der Sphäre der Wirtschaft, sondern auf Regierungsebene. Indem sie eine Währung platzen lassen oder ein Regime stützen, das ihre Vorschriften befolgt, sichern sie ihre Macht als Manager der Welt ab und fordern die demokratischen Prinzipien heraus. Durch ihren Zugriff auf den gewaltigen Kapitalzuwachs der letzten fünfzehn Jahre haben sie bereits ganze Wirtschaftsbranchen vereinnahmt; die übrigen vermögen sie zu kontrollieren, weil sie ihnen vernichtende Operationen androhen können.


      So haben die Geldtransaktionen, das Verschieben von Spekulationskapital, einen Staat nach dem anderen in die Knie gezwungen, erst Mexiko (1994), dann Thailand (1997), Korea (1998), Russland (1999), Brasilien (1999), die Türkei (2001) und schließlich Argentinien (2002). In diesen Erscheinungen scheint sich die Anarchie der Märkte zu äußern. In Wirklichkeit sind sie Beispiele für eine bestimmte Form strategischer Einflussnahme auf Regierungen, die anlässlich wichtiger Entscheidungen einzusehen haben, wer in Wahrheit die Macht ausübt. Eine Art Elektroschlagstock mit geopolitischer Wirkung, der dafür sorgt, dass die geoökonomischen Auftragstäter an die entscheidenden Hebel herankommen. Deren gewalttätige, raffinierte, verlogene und niederträchtige Methoden werden der Öffentlichkeit erst in dem Maße bewusst, wie sie ihre Namen lernt: Enron, WorldCom, Global Crossing, Tyco, Ouest, Imclone Systems, Lucent, Xerox, Vivendi Universal und deren zahlreiche "Berater" wie Arthur Andersen.


      Die Finanzmacht besteht vor allem in der Macht, andere um ihr Vermögen zu bringen. Da sie es sich leisten kann, astronomische Summen über Jahre irgendwo ruhen zu lassen, kann sie den günstigen Moment abwarten und zuschlagen, wenn alle anderen aus dem Rennen sind - ganz wie die wohlhabende alte Dame aus Amerika in dem italienischen Kartenspiel-Filmklassiker Lo scopone scientifico von Luigi Comencini: Alljährlich ruiniert sie ein Elendsviertel von Neapel durch ein Kartenspiel, bei dem immer der die letzte Runde gewinnt, der das meiste Geld in der Kasse hat. Trotzdem lässt das arme Volk nicht ab, Jahr für Jahr seine Ersparnisse zusammenzukratzen und stellvertretend einen Spieler zu entsenden, der dann alles an diese Todesgestalt verliert.(5) Pech oder Masochismus? Vielleicht doch die Faszination der Macht des Geldes an sich, deren Opfer man lieber wird, als dass man die Idee einer egalitären Welt ertragen würde.


      Die Realität übertrifft die Fiktion noch bei weitem. Auch ein Jean-Marie Messier war - bevor er als Boss von Vivendi Universal seinen Hut nehmen musste - mit der Wahrnehmung der Interessen williger Opfer beauftragt, die über ihre Verhältnisse gepokert haben und von sehr viel reicheren Leuten über den Tisch gezogen wurden. Auch er hat das ihm anvertraute Geld durchgebracht - mit dem Unterschied, dass es sich hier um Industrie- und Kulturgüter handelt, um Errungenschaften der Völker, die sie geschaffen haben und sie dann über Nacht loswurden. Ein abgekartetes Pokerspiel - betrieben von einigen internationalen Familien, die auf den Absturz von Vivendi spekulierten - zwang Messier schließlich zum Rücktritt und droht nun Canal+ zu zerschlagen, den Förderer des europäischen Films. Auch der Wasserversorger Générale des Eaux, der französische Spross der sanften Technologien, droht abgestoßen zu werden, damit der Konzern irgendwelche undurchsichtigen Anteile an US-Medienunternehmen halten kann.


      Wie viele Führungskräfte - von France Télécom, Alcatel und Arcelor, von Crédit Lyonnais und Crédit agricole, von Pechiney und von Gemplus - kopierten Messiers Versuche, mit den Gamblern der Hautevolee zu spielen, bis man sie abgezockt hatte und sie den Steuerzahlern zerstörte Unternehmen und offene Rechnungen von mehreren hundert Milliarden hinterließen? Wie viele ach so kultivierte Eliten ließen sich mit Begeisterung übers Ohr hauen, um anschließend ihresgleichen in Armut und Schande zu stoßen?


      Dabei können wir sicher sein: Zwischen zwei kalkulierten Schmeicheleien, die den nächsten Dummkopf an den Spieltisch locken sollen, zerreißen sich die Allmächtigen und ihre perfiden Berater das Maul über die kleinen Möchtegerne, die damit, nolens volens, die aktive Unterordnung ihrer Völker und Eliten unter die einzig wahre Zentralgewalt organisieren. Denn es ist ganz deutlich, dass auf den strategischen Posten europäischer oder asiatischer Unternehmen kaum noch "Einheimische" sitzen, sobald das US-Finanzkapital die Kontrolle übernimmt.


      Aber lassen wir den Kitzel und die Härte des Machtspiels beiseite und kommen zu der grundsätzlichen Frage: Ist der erbitterte Wille, Menschen und Ressourcen zu beherrschen, eigentlich vernünftig? Was bringt er den Siegern? Was hat die Finanzmacht am Ende davon, wenn sie mit brutaler Autorität ganze Berufszweige und Loyalitätsbeziehungen zerschlägt, die ihr im Wege stehen? Die Arbeitslosigkeit grassiert in den USA wie anderswo auch, und die "Herren der Welt" erweisen sich als unfähig, "Projekte für die Werte der Welt" zu unterstützen. Besessen vom Drang, Geldströme in Macht über Menschen zu verwandeln, setzen sie auf Mehrausgaben für den Militär- und Polizeiapparat, statt in das Abenteuer Wissenschaft zu investieren. Immer schneller treiben sie die Zerstörung der Natur voran und schikanieren unzählige Arbeitnehmer und Konsumenten mit dem Zwang, sie zu verehren, nur weil sie die Allmächtigen sind.


      Die Sehnsucht nach der Ekstase im Ruin
      DIESE sich ständig verschlimmernde Bilanz des Börsenkapitalismus, der sich zum "Lügenkapitalismus" gewandelt hat, erweckt den Verdacht, dass diese Herren ein irrationales Motiv umtreibt. Sind sie nicht auf der Suche nach einem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt? Suchen sie nicht die Ekstase im Ruin, erst dem der anderen, aber am Ende auch ihrer selbst? Selbst ein so fieberhafter Spekulant wie George Soros - im Übrigen ein subtiler Theoretiker der "offenen Gesellschaft" - vertritt die These, die Bestimmung der Märkte sei nicht das Gleichgewicht (wie es die Blindesten der Blinden immer noch glauben), sondern im Gegenteil: die sich selbst verstärkende Katastrophe.


      Erinnern wir uns an die These, der zufolge eine politische Klasse, die allzu lange regiert, aufgrund ihrer akkumulierten Fehler auf das vollständige Scheitern zusteuert. Gilt das nicht auch für die Welteliten, die wie besessen vom Gedanken an drohende Verluste, lieber sinkende Profitraten bekämpfen, als Pläne für eine langfristige produktive Nutzung der Reichtümer zu entwickeln? Kann es nicht sein, dass sich hinter den eisigen Reden über die Geschäftsperspektiven, mit denen sich die Großaktionäre und ihre Stellvertreter an die hoch disziplinierten Massen ihrer Untergebenen wenden, eine glühende Leidenschaft verbirgt: sich - wie die Amokläufer - mit den anderen in einer letzten Gefühlswallung der höchsten Gefahr auszusetzen?


      Das wahre Ziel der "Erfolgsstorys" ist der Fall des Ikarus, der Tod des Gladiators - fieberhaft erwartet vom begierigen Publikum des globalen Zirkus. Messier - der nur einer der vielen Fanatiker ist - hat die Rolle dessen, der das Ich mit dem Universellen verschmelzen lässt, nur gespielt, um den einen dramatischen Augenblick zu antizipieren: den Moment, in dem die wahren Herren - die Familie Bronfman oder andere Kapitalriesen - beschließen würden, die Vivendi-Aktien abstürzen zu lassen, um den arroganten kleinen Frenchie, der bei den Großen mitspielen wollte, auf die Plätze zu verweisen.


      Es sieht ganz danach aus, als fühlten wir uns alle in den Bann eines Spiels gezogen, in dem der Höchstgewinn das "Alles verlieren" ist. Liegt es denn allein an den Manipulationen skrupelloser Berater, dass wir unsere Zukunft durch irgendwelche "Derivatengeschäfte" oder ruinöse Spekulationsfonds aufs Spiel setzen und vergessen, welche desillusionierenden Erfahrungen es in der Vergangenheit immer wieder gegeben hat - etwa die Millionen Rentner, die vor dem Krieg in Europa und den USA durch ungültige Spargutschriften ruiniert wurden?


      Hier muss eine gemeinsame Tendenz zur Selbstvernichtung vorliegen - anders ist die Bereitschaft, alles immer wieder neu aufs Spiel zu setzen, gar nicht zu erklären. Warum zerschlagen, was wir zum Wohl der Allgemeinheit aufgebaut haben: funktionierende öffentliche Dienste, professionelle Kompetenz, uralte Hochschultraditionen, Grundlagenforschung, solide Altersversorgung, staatsbürgerliche Achtung der Armen, Konsolidierung des kulturellen Erbes, internationales Gleichgewicht, eine eigenständige Staatsbürgerschaft?


      Gewiss, es lohnt sich, an bürokratisierten oder chauvinistischen Institutionen zu rütteln, um diejenigen aufzuwecken, die es sich in ihrem Sessel zu bequem gemacht haben. Aber bei all dem Drängen auf permanente Reform wird das Ziel der Befreiung immer suspekter. In seinem bedingungslosen ständigen Drängen erscheint das ultraliberale Denken als Zeichen eines pervertierten, im Grunde selbstzerstörerischen Willens - auch wenn die besten und nüchternsten Elemente der sozialistischen oder liberalen Eliten auf den Ultraliberalismus abfahren.


      Hier ein paar besonders krasse Beispiele. Da werden etwa "Schmalspuroptionen" gefördert (wie etwa die Wahl: welchen Anbieter vom Typ Enron soll ich diesen Monat für meine Stromrechnung benutzen?), die nur Ersatz sind für die wirkliche Freiheit, ohne Konsumzwang zu leben. Da ist der unbändige Drang zur Privatisierung, die in der Konsequenz dazu führt, dass die von der globalen Wirtschaftsmacht unabhängigen Unternehmen ihrer Substanz entleert und ihre Daten zu undurchsichtigen Zwecken ausgeweidet werden, dass ihre Eigenständigkeit lahm gelegt und ihre "staatsbürgerliche" Rolle ausgehebelt wird. Da ist auch die ewige Kritik an den Beamten, die immer zu viele, immer zu "privilegiert" sind - als wünschten wir uns englische Verhältnisse herbei, unter denen alles zerfällt: die Post, die Forschung, die Schulen, das Eisenbahnwesen und die Krankenhäuser. Da ist die Tendenz, systematisch das republikanische Prinzip abzuwerten und damit die Zerstückelung des sozialen Raums zu begünstigen, also die Aufteilung in Ethnien, Interessengruppen, partikulare Gemeinschaften und Marktsegmente. Oder denken wir an die Stigmatisierung der freien Zeit und die Überhöhung kleiner neurotischer Verrichtungen; die "Abstempelung" der Armen, die von einem Schalter zum nächsten geschickt werden, um ihren Status nach allen Regeln der Bürokratie mit "Nachweisen" zu dokumentieren - die ihnen ihre mildtätige Schutzheilige namens Sozialdemokratie eingebrockt hat, die aber von Schuldgefühlen geplagt wird, sobald von angemessenen Löhnen und Arbeitsteilung die Rede ist. Und denken wir schließlich an das Einsperren von so genannten kriminellen Jugendlichen, bis die Mauern der neuen Erziehungsanstalten hochgezogen sind.


      Die Tragik von Herr und Knecht
      DIE Zustimmung zu dieser Logik der sozialen Selbstverstümmelung zeigt fast unverhüllt den Wunsch nach einem wirtschaftlichen und politischen Desaster. Die absurde Perspektive verschärft sich noch durch zwei verführerische Angebote, die implizit dazu gehören, auch wenn man es gar nicht wahrhaben will. Das erste Angebot: Selbst wenn ich mich in einer geknechteten Position befinde, kann ich mir vom System der Sklaverei erhoffen, eines Tages Herr zu sein; und das zweite: Noch in der Vernichtung durch das allmächtige Prinzip werden wir gemeinsam an der Allmacht teilhaben.


      So seltsam der aktuelle Drang zur freiwilligen Knechtschaft erscheinen mag, äußert sich darin doch die ewige Neigung, das Leben, die Freiheit und die Würde jedes Einzelnen aufs Spiel zu setzen - in der Hoffnung, andere durch Gewalt oder grausame Hinterlist zu beherrschen. Von den Zirkusspielen der Römer bis zu "Big Brother", von den amerikanischen "Finanzpyramiden" bis zum Kinderspiel "Die Reise nach Jerusalem" stützt sich das Streben, sein eigenes Unglück zu schmieden, auf den Wunsch, in den Genuss umfassender Machtsysteme zu gelangen, und auf die Versuchung, "sich einzuschließen, um sich zu zerstören".(6)

      Neben zahlreichen Aufständen und Befreiungskämpfen hat es in der Geschichte - von der Taylor`schen Fabrik bis zur heutigen Erpressung durch die employability - eine lange Vergangenheit der knechtischen Infantilisierung gegeben, die eine Bereitschaft der Menschen zeigt, das Unannehmbare zu ertragen und sich manchmal damit abzufinden. Die Selbstausschaltung erfolgloser Bewerber oder Angestellter (das berühmte "schwächste Glied" ) ist mittlerweile selbstverständlich für den unternehmerischen Liberalismus, der seinen morbiden Sadomasochismus unter dem Kennwort "ökonomische Rationalität" verbirgt. Es gibt keine große Firmengruppe, in der das Gesellschaftsspiel, das im Namen der Aktionäre gespielt wird, nicht darauf hinausliefe, Junge gegen Alte auszuspielen, Beamten gegen "Private", Einheimische gegen Fremde, ja sogar Männer gegen Frauen.


      Auf den ersten Blick scheint es die abgeschottete Konzentration auf interne Kämpfe zu ermöglichen, dass Geld gespart und eifriger gearbeitet wird. Bei näherem Hinsehen lässt sich - abgesehen von der aktiven Lust, die Untergebenen niederzudrücken, und dem passiven Genuss, die Herren zu ertragen - eine Neigung zur Selbsterniedrigung erkennen. Merkwürdigerweise geht die moralische Ablehnung jeder faschistoiden Tendenz bei vielen Verfechtern des Ultraliberalismus mit einem Hang einher, die eigene Kultur abzuwerten (möglichst viele Wörter durch amerikanische Begriffe zu ersetzen); mit einer Verzichthaltung (immer dem "internationalen Berater" den Vorzug vor dem heimischen Unternehmen geben); mit der Bereitschaft zum Verrat (Agenturen - die durchsetzt sind von Spionen im Dienst der Macht - bekommen Einsicht in die kostbarsten Archive des Unternehmens), zur Denunziation (sich über den geringsten Widerstand gegen die Hierarchie zu beschweren), zum Misserfolg (die Zerschlagung von Produktionsstätten und den teilweisen Aufkauf durch einen feindlichen Investor zu akzeptieren) und zu aufdringlicher Selbstbezichtigung (immer auf den eigenen, "privilegierten" Beruf schimpfen, und sich scheinheilig zu den "Unterprivilegierten" herunterbeugen).


      Im Unternehmen wie beim Massenkonsum ist die freiwillige vollzogene Selbstvernichtung vor dem "Herrn für alle" (dessen Fähigkeit, jeden Einzelnen wie eine Sache zu benutzen, zum kollektiven Genuss wird) in vollem Gange. Wann sagt man uns endlich die mit allen Mitteln unterdrückte Wahrheit: dass derzeit alles zu Gunsten der Zentralgewalt des einen Herrn umgekrempelt wird? Dabei handelt es sich um nichts anderes als eine weltweite Faschisierung, die sich im Namen des Widerstands gegen den Populismus ausbreitet: das aktuelle Werkzeug einer fortschreitenden Zermalmung aller durch die endgültige Übermacht.


      Wir alle möchten gern zu der Selbstmordsekte gehören, die uns verheißt, den intimsten Teil unserer selbst mit ihrem universellsten Teil zu verschmelzen. Und wir möchten, dass dieser universelle Teil unserem Inneren sein Gesetz auferlegt, damit jeder "lokale" oder persönliche Widerstand in uns erstickt wird. Wir genießen es zu sehen, wie die alten Formen der kollektiven Macht über die spontane Kultur kommunizierender Individuen durch neue Formen abgelöst werden, denn nichts ist Furcht erregender als die Freiheit - selbst für die "Liberalen".


      In diesem Zusammenhang ist die paranoide Ausprägung der amerikanischen Hypermacht eine Bedrohung für den Weltfrieden. Viel gefährlicher aber ist sie für Amerika selbst, das ja einen entscheidenden und oft glanzvollen Beitrag zur Freiheit geleistet hat. Allem Anschein nach vollzieht sich im Inneren der amerikanisierten Weltgesellschaft ein verzweifeltes Ringen zwischen zwei entgegengesetzten Prinzipien. Das ist zum einen die Öffnung zum unabhängigen und abenteuerlichen Leben, das stolz und misstrauisch den Einfällen der Bürokraten trotzt - ein kostbarer Wert, den kein Vertreter der menschlichen Emanzipation verleugnen oder vernachlässigen sollte. Und das ist zum anderen das Ideal der reibungslosen Einordnung (asexueller) Körper und (infantilisierter) Geister in eine umfassende Handelsstruktur, die letztlich für die Geschicke aller verantwortlich ist.


      Wie lange noch wollen wir der Fantasie vom "Allmächtigen der Welt" anhängen und diese liberal-kollektivistische Träumerei zur höchsten Vernunft erklären? Wann werden wir begreifen, dass es für unser Überleben unerlässlich ist, den irrsinnigen Wettlauf in den Selbstmord aufzuhalten? Wann werden wir es wagen, zum Sturm auf jene "globalisierten" Agenturen zu blasen, die in London oder in New York oder in Hongkong ihre Pläne schmieden? Die nichts anderes wollen, als systematisch die sozialen, kollektiven und kulturellen Strukturen kaputt zu machen, die den Völkern dienen, weil nur auf ihrer Grundlage Allianzen des gegenseitigen Respekts zu errichten sind.


      dt. Grete Osterwald

      Fußnoten:
      (1) John K. Galbraith, "Der große Crash 1929. Ursachen, Verlauf, Folgen", München (Heyne) 1989.
      (2) Vgl. Hélène Y. Meynaud, "Blanche-neige et l`épine: femmes, technologies et folies", mit dem Abschiedsbrief von Marc Lépine, Chimères, Nr. 38, Paris 2000.
      (3) Viele "Serienmörder" sind Massenmörder, die ihre Taten über einen längeren Zeitraum verteilen: Viele haben es auf eine bestimmte Kategorie von Menschen abgesehen, organisieren eine dramatische Steigerung, indem sie einen Hauptfeind bezeichnen (meistens eine Mutterfigur) und begehen schließlich Selbstmord oder verlangen, getötet zu werden.
      (4) Das zeigt beispielsweise Washingtons Weigerung, dem internationalen Strafgerichtshofs zuzustimmen.
      (5) "Lo scopone scientifico", 1972, wunderbar dargestellt von Bette Davis, mit dem genialen Alberto Sordi als Partner.
      (6) Wie André Breton 1942 in einem wunderschönen Text ("La clé des champs", Pauvert, 1979) an die in Amerika lebenden französischen Studenten schrieb.


      Le Monde diplomatique Nr. 6822 vom 9.8.2002, 610 Zeilen, DENIS DUCLOS

      http://monde-diplomatique.de/pm/2002/08/09.mondeText.artikel…
      Avatar
      schrieb am 12.10.02 20:32:27
      Beitrag Nr. 8 ()
      @antigone

      Avatar
      schrieb am 15.10.02 18:40:49
      Beitrag Nr. 9 ()
      Jung und weiß – der Mörder
      von Washington ist ein «Spaß-Killer»

      15. Okt 2002 17:47
      Der Heckenschütze von Washington ist kein klassischer Serienkiller, der letztlich gefasst werden will. Er ist wahrscheinlich ein «Spree-Killer», ein Massenmörder, der sich beim Töten Zeit lässt.

      In den USA gibt es viele Täter, die versuchen, so viele Menschen wie möglich umzubringen. Polizei und Psychologen haben inzwischen recht genaue Definitionen für solche Taten entwickelt. Der Mann, der zurzeit die Region von Washington in Schrecken versetzt, ist demnach kein Serienkiller oder Massenmörder. In den USA werden Täter wie er – und es sind immer Männer – als «Spree Killer» (Spaß-Killer) bezeichnet.
      Laut dem American Heritage Dictionary ist ein «Spree Killer» jemand, der in einer sehr kurzen Zeit viele Menschen tötet, ohne dabei einem erkennbaren Muster zu folgen. Doch gibt es noch mehr Punkte, mit denen sich die Taten unterscheiden lassen.



      Lust am Töten
      Täter wie der Heckenschütze von Washington töten nicht aus sexuellen Motiven, wie es klassische Serienmörder tun, die über eine langen Zeitraum Menschen umbringen. Doch wollen sie wie diese nicht entdeckt werden, um ihre Lust so lange wie möglich auszukosten. Denn sie morden aus der Lust am Töten. Daher sind solche Täter eher Massenmörder, die sich bei ihrer Tat viel Zeit lassen.

      Als Massenmörder werden Männer bezeichnet, die in kurzer Zeit, meist in Stunden, viele Menschen erschießen, um letztlich selbst zu sterben – durch die eigene Waffe, oder die von Polizisten. «Spree-Killer» handeln aus ähnlichen Motiven, und sie neigen auch dazu, werden sie gefasst, sich umzubringen.

      «Spree-Killer» sind relativ jung, meistens zwischen 20 und 30 Jahre alt, sie sind weiß, wollen für irgendetwas Rache nehmen und fühlen sich von der Welt abgelehnt.


      Möchtegern-Soldat
      Der Heckenschütze hat, da sind sich die Ermittler sicher, außerdem eine militärische Ausbildung oder ist zumindest ein «paramilitary wannabe», ein Möchtegern-Soldat.

      Er schoss anfangs auf den Oberkörper der Opfer, nachdem in Zeitungen stand, er sei möglicherweise ein schlechter Schütze, zielt er nun nur noch auf den Kopf – mit dem Erfolg, dass die Anschläge niemand mehr überlebt.


      Die Treffgenauigkeit muss aber nicht nur auf seinen Fähigkeiten beruhen. Er benutzt ein Kaliber (.223 Remington), für das es in den USA viele sehr genaue Jagd- und Scharfschützenwaffen gibt. «Um mit diesen Waffen erfolgreich zu sein, braucht es keine sehr große Erfahrung», sagte Chase Foster der «Washington Times». Er ist Ausbilder am National Center for the Analysis of Violent Crime (NCAVC).

      Er handelt zumindest wie ein militärischer Scharfschütze: Von einem weit entfernten und wahrscheinlich getarnten Standort aus gibt er nur einen sehr gut gezielten Schuss ab, um anschließend zu verschwinden. Dazu muss er die Region kennen und irgendeine Beziehung zu ihr haben. Nicht umsonst werden zurzeit in den Akten des Pentagon nach Scharfschützen der Armee gesucht, die aus der Umgebung von Washington kommen.


      Möglicherweise gibt es Komplizen
      Sicher scheint auch, dass er nicht von heute auf morgen zum Mörder wurde, er muss eine Sozialisation durchlaufen haben, die ihn zu einem solch anti-sozialen Verhalten geführt hat. Möglicherweise wurde er selbst Opfer einer Vergewaltigung.

      Und er hat vielleicht einen Komplizen oder eine Komplizin. Mehrere «Spree-Killer» wurden zum Beispiel von ihrer Freundin begleitet, die das Auto fuhr, mit dem sie vom Tatort flohen. Ähnliche Vermutungen wurden auch schon im Fall des Washingtoner Killers geäußert.

      netzeitung.de
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      schrieb am 16.10.02 09:46:53
      Beitrag Nr. 10 ()
      MORDSERIE

      US Air Force jagt den Sniper

      Die Polizei kommt dem Washingtoner Heckenschützen offenbar immer näher. Nach dessen neuntem Mord gibt es wertvolle Zeugenhinweise. Das Pentagon hat inzwischen ein Flugzeug für die Fahndung nach dem Sniper zur Verfügung gestellt.

      Falls Church - Verteidigungsminister Donald Rumsfeld genehmigte, dass ein Beobachtungsflugzeug der US-Armee bei der Suche nach dem Heckenschützen von Washington eingesetzt wird. Bundesermittler an Bord sollen ihre Beobachtungen an Fahnder am Boden übermitteln, hieß es. Die Armee überprüft außerdem ihre Unterlagen auf Personen hin, die eine Scharfschützenausbildung erhalten haben.

      Nach dem Mord vor einem Baumarkt in der Ortschaft Falls Church, bei dem am Montag eine Mitarbeiterin der Bundespolizei FBI als neuntes Opfer des Heckenschützen zu Tode kam, haben Zeugen erstmals genauere Angaben zu Kennzeichen von Fahrzeugen in der Nähe des Tatorts machen können. Einige Zeugen wollen einen dunkelhäutigen Mann in einem weißen Lieferwagen gesehen haben. Angeblich handelt es sich um einen Chevrolet Astro mit einer kaputten Heckleuchte. Ein ähnlicher Wagen war auch schon bei früheren Anschlägen des Täters aufgefallen.

      Der mutmaßliche Täter könnte lateinamerikanischer oder nahöstlicher Herkunft sein, so die Erkenntnisse nach Zeugenaussagen. "Wir haben einige zusätzliche Informationen in dem Fall erhalten, und ich bin zuversichtlich, dass uns diese Informationen zu einer Festnahme führen werden", sagte der Polizeichef des Bezirks Fairfax, Tom Manger. Der Täter hat seit dem 2. Oktober neun Menschen mit gezielten Schüssen getötet und zwei weitere schwer verletzt.

      Forderungen nach einem so genannten ballistischen Fingerabdruck von Schusswaffen erteilte US-Präsident George W. Bush trotz der mysteriösen Mordserie im Großraum Washington eine Absage. Damit könnte man rekonstruieren, aus welcher Waffe eine Kugel abgeschossen wurde und wem diese Waffe gehört. Dazu wäre der Aufbau einer umfassenden Datenbank nötig.

      Bush sei nicht von der Zuverlässigkeit dieser Methode überzeugt, sagte sein Sprecher Ari Fleischer am Dienstag. Außerdem habe der Präsident hinsichtlich des Aufbaus einer landesweiten Datenbank Bedenken. Dadurch sei die Privatsphäre von Waffenbesitzern nicht mehr gewahrt, hieß es.

      spiegel.de
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      schrieb am 16.10.02 10:43:36
      Beitrag Nr. 11 ()
      Welche Farbe hat der Mord?

      "Racial profiling" nennt man es in den Vereinigten Staaten, wenn Routinekontrollen nach Hautfarbe vorgenommen werden oder wenn Kriminalisten eine Hypothese über den Täter (oder die Täterin) bilden, die die ethnische Herkunft in das Gesamtbild einbezieht.

      Gibt es eine statistische Wahrscheinlichkeit, die solche Vermutungen erlaubt? Sicher hat das Verfahren eine gewisse Evidenz für sich. Japaner etwa dürften selten als Hütchenspieler in europäischen Großstädten auftreten, während der vietnamesisch kontrollierte Zigarettenschmuggel für Ostdeutsche ein Teil der täglichen Anschauung ist. Auch das Geschlecht läßt sich manchmal vermuten. Denn natürlich gibt es in der Geschichte immer wieder männliche Giftmörder, aber der Giftmord als solcher gilt seit der Antike als spezifisch weibliches Verbrechen, weil es sich, durchaus plausibel, um eine Perversion der Rolle der Köchin handelt. Dagegen findet man vergleichsweise wenig Amokläuferinnen. Und seit der vergangenen Woche streitet man in den Vereinigten Staaten um das Geschlecht und die ethnische Zugehörigkeit des neunfachen Mörders von Washington.

      Manche Experten hatten ein Profil erstellt, das auf einen weißen Einzeltäter weist: männlich, unverheiratet, zwanzig- bis dreißigjährig, mit langer Erfahrung bei der Jagd und im Schießen, so beschrieb ihn der Kriminalpsychologe Michael Welner aus New York. Für kurze Zeit glaubte man am Wochenende, einen Täter gefunden zu haben, der diesem Profil entsprach, aber das FBI ließ ihn wieder frei.

      Und nun ist etwas Merkwürdiges zu beobachten: Waren es bisher die Liberalen - also die Kultur- und Medienlinken -, die das racial profiling als unwissenschaftlich und vorurteilsbeladen kritisierten, während die Konservativen es für das naturgemäß effektivste Verfahren hielten, so haben sich in diesen Tagen die Fronten für einen Moment verkehrt. Denn jetzt sind es die liberalen Medien, die ausgiebig über den "zornigen weißen Mann" spekulieren, der auch äußerlich dem Schreckbild entsprechen soll: Stark tätowiert könne er sein, vielleicht gar ein Angehöriger der rechten Milizenszene.

      Und plötzlich hält das konservativ-republikanische Internetmagazin "Newsmax" dagegen und stellt das racial profiling als Fahndungsmethode grundsätzlich in Frage: Es habe gerade in Mordfällen selten funktioniert. Der Kriminologe Charles Patrick Ewing von der Universität Buffalo gibt zu bedenken, es sei nicht nur zu früh, sondern auch kontraproduktiv, schon jetzt ein genaues Profil zu zeichnen: Das Risiko bestehe, den wirklichen Täter zu übersehen, weil er in seinem Habitus nicht dem erwarteten Bild entspreche. Die Annahme eines männlichen Täters sei zwar plausibel, alles andere aber, Alter und Herkunft, sei rein spekulativ.

      Nur einer weiß es wieder ganz genau: William Safire, Leitartikelorakel der regierungsfrommen Kriegspartei der Vereinigten Staaten, hat sein eigenes Profil erstellt. In einer Fernsehdiskussion verkündete er, höchstwahrscheinlich sei der Täter ein Mitglied der Al Qaida: Wer sonst würde die Hauptstadt der Vereinigten Staaten zum Ziel einer Mordaktion machen? In der multikulturellen Gesellschaft wird jedes Verbrechen zu einem symbolischen Kampf.

      L.J.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.10.2002, Nr. 240 / Seite 33
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      schrieb am 18.10.02 09:43:06
      Beitrag Nr. 12 ()
      A L L T A G S W A H N S I N N



      Eine Stadt geht in Deckung

      Washington und der Heckenschütze - Bericht aus einer belagerten Region

      Von Thomas Kleine-Brockhoff



      Washington

      Jeden Morgen um neun ist im Montessori-Kindergarten von Chevy Chase ein neues Ritual zu beobachten. Im Vorraum, wo die Kinder sich verabschieden, steht jetzt ein kleines Transistorradio. Es läuft der Nachrichtensender, ganz leise, damit nur Erwachsene zuhören. Fast jeder beugt sich über das Gerät, denn machmal lauert der "Beltway Sniper" seinen Opfern in der Frühe auf. Ein Nachrichten-Check kann da nützlich sein. Denn sollte der Heckenschütze soeben irgendwo zugeschlagen haben, dürfte der eigene Heimweg, möglichst fern dem Tatort, sicher sein.

      Es ist ein makabres Spiel, das zurzeit in Washingtons aufgeräumten Vororten stattfindet. Wer sein Haus verlässt, spielt mit. Die Gefahr zu verlieren ist minimal, weit geringer als jene, auf der Straße überfallen zu werden. Aber dafür ist der Einsatz hoch. Um nichts weniger als das Leben geht es. Neun Verlierer stehen schon fest, neun binnen dreizehn Tagen, ausgewählt und niedergestreckt von einem unsichtbaren Menschenjäger, den seinerseits das größte Polizeiheer in Washingtons Geschichte jagt. In seiner angemaßten Allmacht nimmt der Täter scheinbar wahllos Leben und dringt zugleich ein in die Welt der Überlebenden, Millionen Vorstädtern, die inzwischen die Notwendigkeit eines jeden Spaziergangs, einer jeden Bewegung infrage stellen.

      Marlene Cherry, die Leiterin des Kindergartens, will es nicht diskutieren, wie viel Vorsicht angemessen ist, nicht, solange ein Serienmörder umgeht. Sie schließt den Kindergarten einfach ab, sobald morgens die Eltern weg sind. Keine Rauchpausen für die Kolleginnen, kein Spiel auf der Wiese für die Kinder. Die eigene Tochter hat nachmittags Hausarrest. "Die versteht das", sagt Cherry, "die ist schon 13." Jetzt kommt nach der Schule eine Freundin zu Besuch, es gibt Videos und Pizza vom Zustelldienst. Einmal, erzählt Mrs Cherry, hätten sie ein Taxi gerufen und die Mädchen ins Kino fahren lassen: "Auf dem direkten Wege hin und genauso wieder zurück. Sogar den Fahrer kannte ich persönlich."

      Beim Tanken hinknien

      Marlene Cherry lernt nun von ihrer Tochter, was Code Blue und Code Red bedeuten. Das sind die Kennwörter für den Belagerungszustand. Alarmstufe Blau heißt: Ein Heckenschütze ist in der Nähe, weshalb der Schulsport abgesagt und das Gebäude abgeschlossen ist, der Unterricht bei heruntergelassenen Jalousien stattfindet und Eltern sich am Eingang ausweisen müssen. Das ist derzeit der geltende Zustand. Alarmstufe Rot bedeutet, dass ein Schütze im Gebäude ist. Es gibt also noch eine bislang unerreichte Steigerungsform des Alltagswahnsinns.

      In der Vorstadt Kensington, wo Familie Cherry wohnt, sind die Folgen der Dauerbedrohung auf den riesigen Parkplätzen der Shopping-Malls zu beobachten: trotz Schlussverkaufs halb leere Asphaltkarrees. Ein paar Besitzer von Selbstbedienungscafés haben Tische und Stühle hereingeholt. Nicht, weil es draußen kalt geworden wäre, sondern weil leere Parkplätze ein freies Schussfeld abgeben. In den Wohnstraßen sind kaum noch Jogger zu sehen, dafür gibt es Warteschlangen vor den Laufbändern der Fitness-Studios.

      Am schlimmsten ist es, tanken zu müssen. Viermal erschoss der Unbekannte Autofahrer, die gerade an der Zapfsäule standen. Seither sind Tankstellen in der Innenstadt populär, weil sie zumeist klein und in Häuserzeilen eingebaut sind. Manche Kunden fahren stundenlang herum, um eine Tankstelle mit Service zu finden. Wer ein Weilchen an einer beliebigen Tankstelle herumstreunt, kann Bedrückendes sehen. Da gibt es Leute, die vorab bezahlen, dann aber in Panik und ohne Benzin weiterfahren. Manche blicken immerzu in die Ferne, weil die Schüsse aus rund 100 Metern Entfernung kommen sollen. Andere verstecken sich hinter der Zapfinsel. Guardian Angels, freiwillige Ordnungshilfskräfte, halten vor einigen Tankstellen Schilder hoch: "Don`t pass. We`ll pump your gas." - "Nicht weiterfahren. Wir zapfen für Sie."

      Die Washington Post empfiehlt ihren Lesern (unter Berufung auf einen ehemaligen Scharfschützenausbilder) folgendes Verhalten im Alltag:

      1. In übersichtlichem Gelände die Laufrichtung dauernd abrupt ändern.

      2. Gehen, wo es dunkel oder schattig ist.

      3. Deckung suchen, notfalls ein Kissen vors Gesicht halten, sofern es unvermeidbar ist, stehen zu bleiben.

      4. Beim Tanken knien, um das eigene Profil zu verkleinern, selbst wenn das lächerlich aussieht.

      5. Bei Schüssen auf den Boden werfen.

      Mag die Welt Amerika für die Heimat von Serienkillern und Amokläufern halten, die Amerikaner glauben gemeinhin, der Irrsinn sei anderswo zu Hause und sie könnten sich jederzeit, beschützt von zwei Ozeanen, in den Frieden der eigenen Lebenswelt zurückziehen. Dieser Glaube kommt ihnen seit einem Jahr schrittweise abhanden. Zuerst haben sie lernen müssen, dass Flugzeuge Lenkwaffen und Briefe tödlich sein können; inzwischen kann es sogar einem Todesurteil gleichkommen, einkaufen oder spazieren zu gehen. Deshalb kennt das ganze Land für das, was rund um Washington geschieht, nur ein einziges Wort: Terrorismus. Wer immer dieser Feinmechaniker des Todes ist, er verübt mit einer traditionellen Waffe ein neumodisches Verbrechen. Er hat sich dafür die modernste aller amerikanischen Landschaften ausgesucht, die Vorstadt. Montgomery und Fairfax Counties, nördlich und westlich von Washington gelegen, zählen zu den wohlhabendsten Gegenden des Kontinents. Hier wohnen jene Machtmenschen, die aus den Büros rund um das Weiße Haus die Welt dirigieren. Ortskerne gibt es hier nicht, nur Einfamilienhäuser, ach was: Paläste, so weit das Auge reicht. Gärten werden nicht gepflegt, sondern manikürt. Aus den Doppelgaragen gleiten morgens die Limousinen. Die Bewohner dieser properen Welt bewegen sich nie zu Fuß, Bürgersteige kennen sie nicht. Sie fahren von riesigen Familienheimen auf riesigen Boulevards zu riesigen Parkplätzen vor Schulen, Einkaufszentren, Tankstellen, Büroparks. Dort und nur dort steigen sie aus. Dies ist der kurze Moment, in dem ihre Existenz den öffentlichen Raum berührt. Und genau dies ist der Moment des Mörders.

      "Ich bin Gott", schrieb der Mörder

      Dass er die Distanz zu seinen Opfern sucht, kennzeichnet diesen Killer. Er setze alles daran, sagen FBI-Profiler und Kriminologen, nicht gefasst zu werden. Deshalb immer Autobahnen als Fluchtwege. Deshalb die Entfernung vom Opfer. Deshalb immer nur ein Schuss. Schon der zweite könnte ihn verraten. Die Opfer seien ihm egal, eine reine Zufallsauswahl. Anders als andere Serientäter vor ihm ziehe er seine perverse Lust nicht daraus, Sterbenden ins Auge zu schauen. Erst später ergötze er sich vor dem Fernseher an der Angst der Zuschauer. Mit der Fernbedienung in der Hand lebe er seinen Narzissmus aus, seine Sehnsucht nach Macht. Eben das macht ihn zu einem modernen Serientäter.

      Inzwischen ist klar, dass der Scharfschütze auf die Fernsehnachrichten über den eigenen Fall reagiert. Die Polizei gab Anfang vergangener Woche bekannt, einen "geografischen Profiler" zugezogen zu haben, um aus den Orten der Anschläge ein Muster zu entwickeln. Prompt verließ der Schütze für den nächsten Anschlag seine Lieblingsgegend. Die Polizei erklärte, Schulen seien nicht gefährdet. Prompt zielte der Beltway Sniper auf einen Schüler. Die Polizei ließ wissen, der Täter wolle sein wie Gott. Prompt findet sich am nächsten Tatort eine Tarot-Karte: "Ich bin Gott." Nach drei Tagen ohne Mord gibt der Polizeichef bekannt, man mache Fortschritte bei den Ermittlungen. Prompt schlägt der Täter wieder zu. Mit jedem Schuss wächst sein Risiko. Jeder Polizeiwagen Amerikas scheint inzwischen im Raum Washington stationiert zu sein. Binnen Minuten sind jetzt nach einem Anschlag sämtliche Schnellstraßen abgeriegelt.

      Die Polizei wäre schon weiter, könnte sie den Besitzer der Tatwaffe ermitteln. Doch 670 verschiedene Waffentypen sind frei und ohne Lizenz erhältlich. Das Recht, Waffen zu tragen, ist eine heilige Kuh der amerikanischen Demokratie. Nur wenige Meilen von einem der Tatorte, der Sunoco-Tankstelle von Manassas, gibt es zum Beispiel einen großen Supermarkt. Wer hineingeht, muss erst an Damenunterwäsche und Fernsehern vorbei. Dahinter findet sich die Sport- und Campingabteilung. Neben Skateboards und Schlafsäcken stehen dort in einer großen Vitrine Waffen. Auf allen Verpackungen sind Rehe und Hirsche zu sehen. Also Jagdgewehre? So heißen diese Geräte zumindest, wiewohl sich der Laie fragt, welches Wild Wal-Mart-Kunden mit einer halb automatischen Beretta Shotgun für 529,83 Dollar erlegen wollen und welches mit einer Pumpgun für 349,87 Dollar?

      Anders als nach dem Massaker an der Columbine High School 1999 gab es diesmal im Kongress keinerlei Debatte über striktere Waffengesetze. Die Demokraten halten still. Sie erinnern sich an Al Gores Wahldebakel des Jahres 2000. Damals gingen West Virginia, Tennessee und Arkansas verloren - weil die Demokraten es sich mit Waffenfreunden verdorben hätten, glauben Parteistrategen heute. Jetzt geben sich die Demokraten waffenmäßig moderat. Sie wollen niemanden verärgern, nicht mal, wenn der Sniper umgeht.

      Nur eine demokratische Kandidatin hat ihren Kurs korrigiert. Sie will Governeurin von Maryland werden, dort also, wo in diesen Tagen die Menschen in Angst und Schrecken leben. Die Frau heißt Kathleen Kennedy Townsend, ist die Tochter des ermordeten Justizministers Robert F. Kennedy und weiß deshalb, was Waffen in Privatbesitz anrichten können. Bis zur vergangenen Woche sprach sie nicht über neue Waffengesetze. Jetzt hofft sie, dass die Angst vor dem Beltway Sniper sie ins Amt trägt. Seit ein paar Tagen greift sie ihren republikanischen Gegenkandidaten wegen dessen Glauben an unumschränkte Waffenfreiheit an. Ihr Widersacher nennt Kennedys Taktik "schändlich". Eine solche Tragödie solle man "nicht politisieren".

      Genauso denkt auch Justizminister John Ashcroft, ein Waffennarr und Christenmensch. Während seiner Amtszeit wurden die laxen Kontrollen für Waffenverkäufer weiter verwässert. Und dem Verfassungsgericht hat er jüngst einen Schriftsatz vorgelegt, der das Recht, Waffen zu tragen, weiter auslegt als jede frühere Regierung. Vergangene Woche hat ebenjener Justizminister Ashcroft übrigens beim ermittelnden Polizeichef von Montgomery County angerufen und seine Abscheu über die Mordserie bekundet. Was immer der Polizeichef von der Bundesregierung für die Ermittlung brauche, sagte der Justiminister, könne er haben: "Sie müssen mich nur anrufen."

      Das scheint geschehen zu sein. Inzwischen sieht Washington D. C. aus wie eine Bürgerkriegszone.
      DIE ZEIT 43/2002


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