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    Wenn die Israelis wirklich Frieden wollen, - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 28.11.02 12:37:34 von
    neuester Beitrag 07.02.03 22:17:08 von
    Beiträge: 104
    ID: 666.444
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      schrieb am 28.11.02 12:37:34
      Beitrag Nr. 1 ()
      Dann wählem Sie bei der Wahl im nächsten Jahr die Arbeiterpartei und nicht Scharon. Der Kandidat der Arbeiterpartei (Bürgermeister von Haifa) will sofort die Siedlungen der Israelis dicht machen und umfassende Verhandlungen aufnehmene. Mit Scharon ist so etwas bestimmt nicht durchsetzbar. Wenn die Israelis also in der Mehrheit wirklich Frieden haben wollen, dann sollte sich nach der nächsten Wahl zeigen, ob dem wirklich so ist.
      Ich hoffe die Israelis wollen wirklich Frieden und handeln auch danach. Das dürfte eine Menge Entspannung weltweit bringen.
      Avatar
      schrieb am 28.11.02 12:42:28
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ich wünschte, die Palästinenser wollten auch den Frieden
      und würden endlich mal mit dem Scheiß Kamikaze-Mist
      aufhören!
      Mein Gott, immer dieses einseitige beschuldigen, ganz
      wie Möllemann. Jeder hat bis zu 50 % Dreck am Stecken,
      dass das manche Leute einfach nicht kapieren wollen...
      Avatar
      schrieb am 28.11.02 12:43:14
      Beitrag Nr. 3 ()
      Hoffen kannst du ja (mache ich auch),
      aber daran glauben???????

      Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen dass Mr. "Menschenrechte" Sharon abgewählt wird. Heute wird er sich ja klar gegen seinen Partei-internen Kontrahenten durchsetzen.
      Und sollte es Israel nächstes Jahr in der Form noch geben (man denke an das "USA-macht-seiner-Wirtschaft-Beine-mit-Krieg"-Programm), dann wird er auch weiter regieren.

      Und die Palästinenser werden weitere Selbstmordattentate durchführen.
      :( :( :(
      Avatar
      schrieb am 28.11.02 12:54:48
      Beitrag Nr. 4 ()
      Das ist genau das Problem. Immer sind die anderen schuld und selber denkt keiner daran den ersten Schritt zu tun.
      Schaut euch doch mal Deutschland an: Schröder baut nur Mist aber lernt nix draus, sondern macht stur weiter. Der Mann hat keine Grösse, sonst würde er seine Fehler zugeben und wirklich e Reformen durchziehen. Nie war die Bereitschaft in der Bevölkerung grösser, aber der Schröder der Depp sieht es nicht. Und uns Stoiber ist nicht viel besser. Anstatt konkrete Vorschläge zu machen und sich wirklich für diese Land zu engagieren, versucht er doch noch irgendwie Kanzler zu werden. Dann kann er sein Ego befriedigen und seinen Leuten Posten zuschachern. Die Politiker scheissen sich einen Dreck um ihr Volk. Denen geht es nur um die Verfolgung persönlicher Ziele und Marotten. Das gilt für Deutschland, für Israel und für Palestina!!!!!
      Avatar
      schrieb am 28.11.02 13:02:04
      Beitrag Nr. 5 ()
      @MatthiasM

      Möllemann hatte recht. Leider isser aber korrupt und deswegen keine moralische Instanz.

      Habe mir gerade ein neues Buch von Norman Finkelstein geholt. Dort ist die ganze Entwicklung des Palästina-Krieges seit 80 Jahren minutiös nachvollzogen.

      Wer hier behauptet, daß beide Seiten halbe halbe Schuld sind, weiß wirklich herzlich wenig über die Gewaltpolitik
      der Israelis. Wer keinen Ausweg mehr weiß, geht unter oder greift zur Gewalt ohne Hoffnung im Diesseits.
      Gerade die Juden müßten das verstehen. Ich denke da z. B. an den Warschauer Ghettoaufstand,als sie auch keine Hoffnung mehr hatten, zu überleben.
      Machst Du Dir eigentlich mal klar, in was für KZ`s die Palästinenser leben müssen ?

      Was mich wirklich ankotzt ist, daß jeder Kritiker an der Kriegsverbrecherregierung von Scharon (die wir jetzt mit Patriots beliefern dürfen) als Antisemit verunglimpft wird.:mad:

      Übrigens: Erinnerst Du dich daran, wie kürzlich ein maßgeblicher Zeuge von Scharons Verbrechen eines plötzlichen Todes starb ? Kurz bevor er aussagen konnte, was 1982 in Sabra und Shatila vor sich ging ?

      Daß so jemand von Bush und jeder anderen US-Regierung mit Freundesküssen begrüßt wird, zeigt doch bloß, daß die Amerikaner immer Realpolitik treiben. Egal, mit welchem Hurensohn, Hauptsache er ist "unser Hurensohn" (Teddy Roosevelt)

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      schrieb am 08.12.02 01:38:01
      Beitrag Nr. 6 ()
      Avatar
      schrieb am 08.12.02 01:57:19
      Beitrag Nr. 7 ()
      wer da unten keinen frieden will weiß doch eigentlich jeder!!!!!!!
      die israelis ghörn jeden falls nicht zu den unfriedenstiftern:(
      Avatar
      schrieb am 08.12.02 02:14:51
      Beitrag Nr. 8 ()
      Ramadan-Ende
      von Kristen Ess
      ZNet 04.12.2002


      Heute ist der letzte Tag des Ramadan 2002, u. nach wie vor hält Israel seine jahrzehntelange illegale Okkupation von Westbank u. Gaza aufrecht. Israelische Soldaten töteten 2 Palästinenser in der Westbank-Stadt Khalil (Hebron). Diese Stadt steht schon seit Jahren unter De-facto- Ausgangssperre. Raketen aus einem Apache feuerten auf Gaza-Stadt. Währenddessen machten im Gazastreifen israelische Bulldozer weiter Häuser von Palästinensern platt. In Teilen des Gazastreifens sowie in der gesamten okkupierten Westbank wurden tausende Palästinenser einen weiteren Tag unter Ausgangssperre gehalten.

      Letzte Woche starben in der Palästinenserstadt Khalil 12 israelische Soldaten. Israels Regierung belog die internationale Gemeinschaft, behauptete, es hätte sich bei den Opfern um Gläubige gehandelt. Dieses Täuschungsmanöver verfolgt den Zweck, Israel als Opfer zu stilisieren - tote Unschuldige - man soll denken, hier gehe es um Religion u. nicht um Politik. Eine Taktik, die Israel schon seit 50 Jahren verfolgt: die erfolgreichste Propaganda-Kampagne der Geschichte. Die illegalen israelischen Siedler von Khalil werden von 2000 israelischen Soldaten bewacht. Baruch Goldstein, ein Siedler aus Amerika u. ausgebildeter Arzt, hat am 25. Februar 1994 29 Muslime in der Ibrahimi-Moschee ermordet. Die Muslime lagen gerade ausgestreckt am Boden, ins Gebet vertieft, als er zuschlug u. sie tötete. Goldstein wurde im Verlauf der Aktion selbst getötet. Heute erinnert ein spezielles Ehrenmal an ihn. Tausende Zionisten haben das Mal schon besucht u. Goldstein die Ehre erwiesen. Sie finden, seine Tat war eine Heldentat u. kein krimineller Akt.

      In Khalil haben die Israelis gerade 15 Verfügungen über Häuserzerstörungen an palästinensische Familien verteilt. Man läßt den Familien gerade mal 48 Stunden Zeit. Viele dieser Familien sind arm u. wissen nicht wohin. Die wahre Absicht hinter diesen Häuserdemolierungen ist, noch mehr Raum für illegale israelische Siedler zu schaffen. Zudem soll dadurch die ‘Transfer’-Mission, also die Vertreibung der Palästinenser aus dem okkupierten Palästina, beschleunigt werden. In Khalil leben 400 Siedler neben 170 000 Palästinensern - also eine palästinensische Stadt. H2* wird seit Jahren unter Ausgangssperre gehalten. Und die 4000 israelischen Soldaten u. 400 Siedler unter Waffen breiten sich weiter aus.

      Beim Fastenbrechen in der 27sten u. wichtigsten Nacht des Ramadan erzählt mir ein Mädchen mit großen Augen, was ihren Freunden am Tag zuvor passiert ist. “Sie sind heute Nacht obdachlos”, erzählt sie, “sie können nur noch bei andern Leuten bleiben”. Das Haus, in dem ihre Freunde gewohnt hatten, stand in der Nähe einer illegalen israelischen Siedlung im Norden des Gazastreifens, ein 5-stöckiges Gebäude, 2 Familie auf jedem Stock. Israelische Soldaten kamen u. bellten durch den Lautsprecher: “Raus aus euern Häusern, sofort!”. Diejenigen, die gehorchten, sind noch am Leben aber obdachlos. Einer gehorchte nicht, ein Gehörloser, der das Gebrüll nicht gehört hat. Er ist jetzt tot.

      Die konstanten Häuserzerstörungen sind weder zufällig noch sind es simple Reaktionen auf palästinensische Aktionen. Hört man sich aber die Rede von Israels “Verteidigungsminister” Netanjahu an, klingt das, als hätte der taube Mann einen Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung geplant, als hätte er seinen horrenden Tod wirklich verdient. Netanjahu sprach in seiner Rede auch über “Präventivschläge”. Netanjahus Position: Ob es der internationalen Gemeinschaft nun gefällt oder nicht - jeder, der sich nicht offensichtlich im Kotau gegenüber Israel u. den USA übt, muss sich auf willkürliche Angriffe gefasst machen. Dies sei eine Realität, mit der wir uns gefälligst auseinanderzusetzen hätten, denn sowohl Israel als auch die USA weiteten dieses Vorgehen in Zukunft aus.

      Zweck der Häuserzerstörungen ist es, die Existenz der Palästinenser leugbar zu machen u. gleichzeitig mehr Raum für den Staat Israel zu schaffen. Was wollen die Israelis? Alles. Sie werden nicht stoppen, bevor sie nicht ganz Palästina haben. Ein gemeinsamer säkularer Staat würde die Situation nur noch verschlimmern - auch wenn vielen das nicht klar ist u. sie die Idee begrüßen. Aber welche Hoffnung hätten dann die Flüchtlinge? Was würde aus deren ‘Rückkehrrecht’? Die Geschwindigkeit, mit der die Siedlungen errichtet werden, verdeutlicht: hier soll eine (palästinensische) Realität vernichtet werden, um gleichzeitig die (israelische) Mythologie an deren Platz zu etablieren. Die Fakten, die vor Ort geschaffen werden - in der besetzten Westbank u. in Gaza - werden dort bald das gleiche Israel zustandegebracht haben wie innerhalb der Grenzen von 1948. Dort wurden die palästinensischen Städte ja dem Erdboden gleichgemacht, u. die Israelis, die heute in den darüber errichteten Städten leben, leugnen deren frühere Existenz schlichtweg. Ein Freund von mir besuchte sein Heimatdorf, in dem seine Familie über Generationen hinweg gelebt hatte, bevor sie vertrieben wurde. Eines Tages hatte mein Freund Arbeit in ‘Israel’ (eine schwierige Sache, das brauch’ ich nicht zu betonen). Also ging er in den Ort, wo früher sein Haus gestanden hatte. Ein Mann (Israeli) in der Nachbarschaft leugnete die Möglichkeit, dass hier früher mal Palästinenser gelebt haben könnten - an diesem Ort, der heute ‘Tel Aviv’ genannt wird. Aber viele Rafah-Flüchtlinge stammen ja von hier. Der Israeli sagte: “Nein, nein, das ist mein Land und nur meins”. Mein Freund zeigte ihm aber den Schlüssel zum Haus seiner Familie.

      Zwei meiner Freunde waren im Park u. hörten mit an, wie eine israelische Lehrerin, die eine Gruppe Schulkinder herumführte, diesen Folgendes erklärte: Vor der Gründung Israels habe es im Land kein Wasser gegeben u. auch keine Menschen.

      Die Infrastruktur, das Herzblut des okkupierten Palästina, sie sind dabei, vernichtet zu werden. Heute ist der letzte Tag des Ramadan - das Ende eines heiligen Fastenmonats, das mit einem dreitägigen Fest begangen wird. Und genau heute feuerte in Gaza-Stadt ein Apache-Helikopter made in USA vier Raketen auf das Landwirtschaftsministerium ab. In vielen Regionen des Gazastreifens ist es den Palästinensern von Israel verboten worden, ihr eigenes Land zu bebauen. Ein einsamer Männerstiefel liegt verkohlt im schwarzen Schlamm - mitten in den Trümmern jenes Zimmers, in dem der Mann sich aufgehalten hat. Der Mann war Sicherheitsbeamter, u. er hatte geschlafen, als alles geschah. Seine Frau trägt jetzt schon Schwarz. Sie steht klagend neben einem Baum. Drei Autos sind ebenfalls von Raketen-Munition durchsiebt. Das Gebäude selbst ist kollabiert. Die palästinensische Polizei sammelt alle nicht völlig zerrissenen Papierfetzen, die noch im Raum herumliegen, ein. Die Wände, die stehengeblieben sind sowie die herausgesprengte Tür sind übersät mit Löchern. Es gibt Leute, die behaupten, das hier sei ein fehlgeschlagenes Attentat der Israelis, es hätte in Wirklichkeit einen ranghöheren ‘Feteh’ (Fatah-Mann) treffen sollen. Israels ‘gezielte Attentate’ - gemäß internationalem Recht sind sie illegitim -, verfehlen oft ihr Ziel; sie töten viele Menschen im Schlaf oder töten Passanten, die nichts weiter tun, als auf ihrer eigenen Straße spazierengeh’n.

      Gestern in der Nähe des Checkpoint Eretz im Gazastreifen eröffneten israelische Soldaten das Feuer auf eine Gruppe palästinensischer Taxifahrer. Einer der gerade dabei war, Fahrscheine zu verkaufen, wurde getötet. Letzte Nacht flogen zwei Apaches ganz dicht u. ohne Lichter über unser Haus. Sie kamen so nah, dass sie alles genau erkennen konnten. Vielleicht haben viele andere das auch so gefühlt wie meine Freunde hier: die Leute im Landwirtschaftsministerium z.B.; vielleicht haben sie gespürt, die kreisenden Apaches haben es auf uns abgesehen, werden gleich angreifen. Aber Gaza ist nunmal ein Gefängnis. Es gibt keinen Ort, an den man sich hinflüchten könnte. Jeder Mensch u. jeder Ort hier sind potentielle Ziele. Oder denken wir nur an die Menschen in Khalil, die jetzt noch genau 48 Stunden haben, ehe ihre Häuser von israelischen Bulldozern abgerissen werden. Zwei Tage, um zu flüchten - aber wohin?

      Kristen Ess, Gazastreifen, Okkupiertes Palästina, am 4. Dez. 2002

      Anmerkung d. Übersetzerin

      *H2 = von Israel kontrollierter Teil Hebrons
      Avatar
      schrieb am 08.12.02 14:42:00
      Beitrag Nr. 9 ()
      @theak

      wieso wollen die Israelis dann nicht das Land wieder verlassen, ihre Siedlungen aufgeben? Glaubst du das es eine Intifada nach der anderen geben würden, wenn es keine Siedlung in Hebron und wo anders geben würde. Hier werden die Ursachen bei vielen komplett ausgeblendet. Die Selbstmordattentate sind zu verurteilen, jedoch gibt es sie seit 1995. Wie lang gibt es die besetzten Gebiete? Wie lang Friedensverhandlungen? Arafat (und ich bin absolut kein Fan von ihm)wollte 1999 schon einen Staat ausrufen, damals waren alle in Israel total entsetzt, und jetzt schreien alle geradezu nach dem Pali-Staat. also man hätte sich Sharon + Intifada dadurch locker ersparen können.
      Avatar
      schrieb am 08.12.02 21:55:59
      Beitrag Nr. 10 ()
      Vielleicht sollte man daran erinnern, dass ein isr. Massenmörder -4000 Frauen und kinder-wurden unter seinem Kommando in sabra und Shatila abgeschlachtet,den Tempelberg besudelt hat und damit die Intifada provoziert hat...
      Wieviel Land der Palis wurde seit dieser Zeit geplündert und geraubt,wieviel Eigentum Geplündert oder zerstört und alle Welt schaut zu , genau wie 1933...
      Avatar
      schrieb am 08.12.02 22:41:33
      Beitrag Nr. 11 ()
      Naiv aber, so isses !
      Avatar
      schrieb am 08.12.02 23:22:28
      Beitrag Nr. 12 ()
      Wenn die Israelis wirklich Frieden wollen,
      dann sollte Sharon endlich eine hohe Mauer, Stacheldraht und ein 100 m breites Minenfeld um die Palästinensergebiete bauen.
      Avatar
      schrieb am 08.12.02 23:40:43
      Beitrag Nr. 13 ()
      #12 rumsfeld als scherge biste nicht zu verachten,aber als Sülze würde ich dich nicht in die Hand nehmen.:mad:
      Avatar
      schrieb am 09.12.02 22:24:12
      Beitrag Nr. 14 ()
      @ #12

      Und dann sollten sie dich hinter A. Sharon mal kurz reintreiben.

      Denke ganz kurz reicht auch, bin ja kein Unmensch

      :lick:

      Groupier
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 17:10:35
      Beitrag Nr. 15 ()
      Interview von Jon Elmer: Wohin steuert der Friedensprozess?.

      mit Norman G. Finkelstein
      Dalhousie Gazette / ZNet 14.12.2002


      Frage (J. Elmer):

      Professor Finkelstein, letzten Freitag (15. Nov.) hat ein hoher israelischer Militär erklärt, die jüngste Belagerung Hebrons sei “ein Erfolg” gewesen, “im Sinne einer Säuberung dieser Straßen von Terroristen” - nur Stunden später attackierte der Islamische Dschihad (israelische) Siedler u. Soldaten in Hebron, wobei 12 Personen getötet wurden. Unter den Toten auch der Kommandant der israelischen Truppen in Hebron. Angesichts dieser “Erfolgs”-Definition, ist da überhaupt noch an eine millitärische Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts zu denken?

      Antwort (Finkelstein):

      (Ironisch) Nun, es gibt nur eine militärische Lösung für diesen Konflikt: alle Palästinenser ausrotten. An dem Punkt ist doch klar, man muss sie alle entweder vertreiben oder ausrotten, drunter geht’s nicht, sonst wird man das Problem nie los.

      Frage:

      Benjamin Netanjahu, der kürzlich noch äußerte: “Sag nein zu einem Staat Palästina!” kandidiert diesen Monat gegen den israelischen Premier Ariel Scharon um das Amt des Likud-Führers (28. Nov. 2002) - für die‘Rechten’ in der Partei. Was würde ein Sieg Netanjahus für die palästinensische Intifada bedeuten?

      Antwort:

      Ich glaube, im Westen herrscht ein ziemliches Missverständnis, wie das politische System Israels en détail funktioniert bzw. wie israelische Eliten vorgeh’n. Netanjahus Akte, als er noch im Amt war (als israelischer Premier), ist in Wirklichkeit sauberer als die seines Nachfolgers Ehud Barak. Man braucht sich ja nur ‘Land Grab’ (Landentzug), den aktuellen Bericht (Mai 2002) von B’Tselem (Israelisches Informationszentrum zur Menschenrechtslage in den Besetzten Gebieten) durchzulesen: Bezüglich der entscheidenden Frage der Siedler bzw. Siedlungsaktivitäten (in den Besetzten Gebieten) verzeichnet der Bericht nämlich eine massivere Zunahme neuer Siedlungen bzw. eine massivere Ausweitung bestehender Siedlungen unter Arbeitspartei-Regierungen als unter denen des Likud. Folglich gab es unter (Yitzhak) Rabin (1992-1995) mehr Neusiedlungen bzw. mehr Ausbau bestehender (jüdischer) Siedlungen als unter Yitzhak Schamir (1986-1992) u. mehr unter Barak (1999-2001) als unter Netanjahu (1996-1999). So gesehen ist meiner Meinung nach auch nicht der springende Punkt, ob nun eine ‘rechte’ oder eine ‘linke’ Regierung am Ruder ist. Worum es vielmehr geht, sind die Langzeitstrategien israelischer Politik. Und die geh’n nunmal immer weiter, egal, welches politische Bündnis gerade zufällig an der Macht ist. Denken wir nur an Ehud Baraks Statement kurz nach ‘Operation Schutzschild’ März/April (2002), als er sagte, Scharons größter Fehler sei es gewesen, sich zusehr zurückzuhalten. Wir sprechen hier von einer Operation, initiiert von Ariel Scharon, die sowohl Amnesty International als auch Human Rights Watch verurteilt haben - aufgrund mehrerer Kriegsverbrechen. Die lauernde Gefahr ist nicht abhängig von der jeweiligen Regierung, vielmehr geht diese Gefahr (grundsätzlich) von der hartnäckigen Weigerung israelischer Regierungen aus, sich auf eine vernünftige Lösung des Konflikts einzulassen.

      Frage:

      Zum Thema (jüdische) Siedlungen: Laut ‘Peace Now’ erklären 68 Prozent der (jüdischen) Siedler, sie wären bereit, die Siedlungen zu räumen, sollte die israelische Regierung dies beschließen. Sie würden es respektieren. Gleichzeitig sagen 75 Prozent der Siedler, sie blieben dort wegen der ‘Lebensqualität’. Wie interpretieren Sie diese Zahlen?

      Antwort:

      Die Zahlen sind absolut einleuchtend. Ein Großteil der Siedler ist offensichtlich bereit, einem Räumungsbefehl der Regierung Folge zu leisten. Die große Mehrzahl der Siedler ist ja nicht aus irgendwelchen ideologischen Gründen dort, sondern weil die israelische Regierung diverse Förderanreize geschaffen hat bzw. sie subventioniert, in die Siedlungen zu zieh’n - billiger Wohnraum, undsoweiter.

      Frage:

      Kurz nach dem 11. September, als Präsident Bush Unterstützung für den Afghanistan-Angriff zusammentrommelte, breitete er auch seine ‘Vision’ eines Palästinenserstaats aus. Welche Bedeutung könnte daher ein Krieg gegen den Irak für die Palästinenser haben?

      Antwort:

      Meiner Meinung nach gibt es gute Gründe anzunehmen - obwohl man es natürlich nie mit Sicherheit sagen kann -, dass Israel im Schutz eines US-Angriffs auf den Irak bzw. während die ganze Welt auf diesen Irak-Krieg fixiert ist u. sämtliche Reporter u. Journalisten aus den Besetzten Gebieten abgezogen sind bzw. in Irak-Nachbarstaaten mit Kriegsberichterstattung beschäftigt, also dass Israel die Kriegs-Gelegenheit nutzen wird, um die Palästinenser zu vertreiben wie damals 1948.

      Frage:

      Was würde so eine Entwicklung für die Gesamtregion bedeuten?

      Antwort:

      Ich hege (diesbezüglich) sehr wenig Vertrauen in das sogenannte Konzept der ‘Arabischen Straße’. Ich glaube, die arabische Welt ist eine ziemlich verrottete Leiche. Was hingegen passieren könnte: die Terroranschläge nehmen zu - und zwar massiv. Aber ich denke, vor allem die USA könnten das absorbieren, und ehrlich gesagt, glaube ich sogar, sofern die Anschläge unterhalb eines bestimmten Levels bleiben, sind die USA ganz froh darüber.

      Frage:

      Neulich schrieb der israelische Journalist Uri Avnery in der ‘Ha’aretz’: “Die Scharon-Regierung ist ein einziges riesiges Labor zur Züchtung des Antisemitismus-Virus”. Möchten Sie dies kommentieren?

      Antwort:

      Man müsste schon absolut betriebsblind sein, um zu glauben, Juden könnten keinen Antisemitismus erzeugen - die Zionistischen Organisationen sagen das ja immer: Juden erzeugen keinen Antisemitismus - nur die Antisemiten. Aber wenn man nicht ganz betriebsblind ist, ist es einfach Tatsache, dass derjenige Teil der Weltbevölkerung, der nicht ideologisch verblendet ist, für den Verbrechen einfach Verbrechen sind, dass dieser Teil der Weltbevölkerung negativ auf gewisse Aktionen reagiert, die von Juden begangen werden bzw. im Namen von Juden bzw. von einer Regierung, die behauptet, im Namen von Juden zu handeln. Das überrascht keineswegs. So ist während des Vietnamkriegs weltweit die antiamerikanische Stimmung eskaliert. Warum also sollte es verwundern, wenn ein Staat, der sich selbst ‘Judenstaat’ nennt u. für sich in Anspruch nimmt, im Namen der Juden zu handeln - und er genießt ja auch die überwältigende Unterstützung der amerikanischen Juden, wenn nicht gar der Juden weltweit -, wenn ein solcher Staat also Verbrechen begeht, kommt es natürlich entsprechend zu anti-jüdischen Reaktionen. Das ist ungefähr so vorhersehbar wie es vorhersehbar war, dass US-Verbrechen in Vietnam zu antiamerikanischen Reaktionen führen würden.

      Frage:

      Halten Sie aus diesem Grund Netanjahu für ‘betriebsblind’, wenn er sagt: “Die Wurzel allen Terrors sind die Terroristen”?

      Antwort:

      Eine dieser ebenso hirnrissigen wie bequemen Formeln - oder was soll das heißen? Klingt wie der Slogan der nationalen Waffenlobby der USA: ‘Gewehre töten keine Menschen, es sind Menschen, die Menschen töten’. Hirnrissige, blödsinnige Sprüche, die kein Mensch, der auch nur eine Sekunde nachdenkt, für voll nehmen kann.

      Frage:

      Letzten Monat hielt der kanadische Medienmogul Izzy Asper eine Rede - ziemlich genau dieselbe, die er schon im September gehalten hat, als er mit Netanjahu durch Kanada tourte -, darin wirft Asper den westlichen Medien vor, “faul” zu sein, “schlampig bzw. dumm oder einfach schlicht voreingenommen oder antisemitisch”. Zudem wirft er den westlichen Medien eine unredliche Berichterstattung vor (u.a. der ‘New York Times’, ‘Los Angeles Times’, Washington Post’, AP, Reuters, CBS, ABC, NBC, CNN, BBC, CBC, ‘The Guardian’, ‘The Independent’, ‘Sky News’ u. ITV). In seinen eigenen Stadtzeitungen wurde Aspers Rede groß abgedruckt aber eben auch in der ‘National Post’. Was halten Sie von der Anschuldigung, die Medien seien antiisraelisch voreingenommen?

      Antwort:

      Vorausgesetzt, Sie glauben nicht an diese Verschwörungstheorie bzgl. einer weltweiten antisemitischen Verschwörung - aber es gibt paranoide, verrückte Juden, die glauben das -, also wenn Sie’s nicht tun, dann werden Sie der Theorie (Aspers) in mehreren Punkten nicht folgen können. Zuerst das Offensichtlichste: Keine Presse weltweit berichtet kritischer über Israel als die israelische. Wenn also die gesamten westlichen Medien antisemitisch sein sollen bzw. schlampig, usw., gilt das insbesondere für die israelische Presse, denn die berichtet am schonungs- bzw. hemmungslosesten über Israels Taten in den Besetzten Gebieten. Das zweite Problem mit dieser Theorie: Sie setzt, wie gesagt, voraus, dass man an eine praktisch umfassende, kohärente, weltweite Verschwörung glaubt. Zu den Verschwörern zählen dann aber nicht nur Presseleute, sondern auch sämtliche Menschenrechtsorganisationen von Amnesty bis Human Rights Watch u. natürlich in erster Linie B’Tselem. B’Tselem nimmt ja am wenigsten ein Blatt vor den Mund, wenn es gilt, die israelische Menschenrechtspraxis zu verurteilen. Aber man sollte eigentlich nicht von einer ‘paranoiden Weltsicht’ sprechen. Vielmehr hat man es hier mit einer bewußt kultivierten paranoiden Sicht der Welt zu tun. Sie macht es Juden nämlich möglich, sich jeder Verantwortung für die Verbrechen, die sie begehen, zu entziehen, indem sie a) behaupten, sie wären gar nicht Täter oder b) was sie getan haben, sei in reiner Notwehr geschehen, denn alle ‘Goyim’, alle ‘Gentiles’, also Nichtjuden, dieser Welt wollen uns ja töten. Es ist dies eine bewußt kalkulierte u. kultivierte Paranoia, die dazu dienen soll, die Verbrechen des Staats Israel zu rechtfertigen.

      Frage:

      Eine dieser kritischen israelischen Journalisten ist Amira Hass. Sie hat einmal geschrieben, es sei die verantwortungsvolle Aufgabe von Journalisten, “die Zentren der Macht im Auge zu behalten”. Ganz persönlich gefragt, unterscheidet sich die Aufgabe eines Gelehrten hiervon?

      Antwort:

      Ich meine, es ist Aufgabe jedes Menschen, der oder die (erstens) das Glück hatte, eine gute Ausbildung zu erhalten - für die meisten Menschen der Welt offensichtlich ein Privileg -, und der/die daneben auch noch die Möglichkeit hat, derartige Fragen u. Probleme zu recherchieren - auch das natürlich ein Privileg -, also all diese Frauen u. Männer haben die Verantwortung, über die Dinge, die passieren, akkurat zu berichten. Sie geben dadurch andern Menschen Entscheidungsmöglichkeiten an die Hand, so dass diese entsprechend ihrer moralischen Haltung handeln können. Ansonsten hätten diese Leute vielleicht nicht genug Information, um kompetent handeln zu können. Daher die Verantwortung derjenigen, die in der Lage sind, dieses Wissen bereitzustellen.

      Frage:

      Professor Finkelstein, was meinen Sie, wohin steuert der ‘Friedensprozess’?

      Antwort:

      Meiner Ansicht nach stürzen wir unmittelbar auf eine Katastrophe zu - es sei denn, die USA werden doch noch wundersamerweise davon abgebracht, den Irak erneut zu zerstören. Ich denke, die Palästinenser befinden sich in wirklicher Gefahr, hier die Leidtragenden zu sein; es könnte ihnen ein verheerender Schlag versetzt werden - äquivalent dem von 1948, womöglich sogar noch schlimmer.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 17:49:26
      Beitrag Nr. 16 ()
      "Ich denke da z. B. an den Warschauer Ghettoaufstand,als sie auch keine Hoffnung mehr hatten, zu überleben."

      Nicht einmal im sog. 3.Reich haben sich die Juden, die nun wirklich weitaus mieser behandelt wurden als die Palästinenser, zu Methoden wie den Selbstmordattentaten gegriffen.

      Was einige hier immer wieder vergessen: das Niveau, das die Palästinenser in ihrer Form des Kampfes gewählt haben, ist ungefähr zwischen Mittelalter und Steinzeit anzusiedeln.
      Israel verletzt vereinzelt auch Menschenrechte, wenn Leute unter Terrorverdacht ohne Prozess getötet werden oder ähnliches. Aber es werden nicht - wie von den Palästinensern - wahllos Menschen der anderen Seite gemordet, mit dem einzigen Grund, dass sie eben zur anderen Seite gehören.
      Und wenn man mal Israelis gefangen nimmt, dann gibt es NIE einen Prozess, sondern entweder verschwinden sie auf Dauer, oder sie werden der Masse zum Lynchen übergeben. An die TV-Bilder kann sich sicher noch mancher erinnern.

      Von daher ist der Vorschlag "Zaun und Minenfeld" für die nächsten 20 Jahre sicher nicht der schlechteste. Die sollen erst mal wieder zur Ruhe kommen.

      Und zu den besetzten Gebieten: wieso sind sie denn besetzt: wie groß sollten die Palästinensergebiete nach der UNO-Resolution von 1947/48 denn sein? Und wer begann danach mehrere Angriffskriege, die er jeweils verlor, mit Verlust an Bodenfläche. Wir Deutschen jammern ja auch nicht rum oder werfen Bomben in der Tscheschei oder in Polen, weil wir durch Hitler ne Menge Land verloren haben. Selber schuld.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 17:56:27
      Beitrag Nr. 17 ()
      Wenn Sharon wiedergewählt wird ist dies zum
      Großteil ein Verdienst der Kamikaze-Palis
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 18:15:29
      Beitrag Nr. 18 ()
      zu #16

      Wenn sich die Juden im 3. Reich wie Lämmer zu Schlachtbank haben führen lassen, dann ist das kein gutes Argument für die Palästinenser, dies ebenso zu tun.

      Ich finde es absolut gerechtfertigt, sich gegen die Israelis zu wehren, wobei diese Selbstmordanschläge nicht das geeignete Mittel sind. Aber von hier aus kann man das nicht immer richtig beurteilen.

      Es sei auch daran erinnert, daß Israel umfangreiche Gefangenenlager unterhält, in denen Palästinenser ohne Prozess gefangen gehalten werden. Überhaupt finden praktische keine Prozesse statt, wie das in einem Rechtsstaat üblich wäre.

      Israel verletzt auch nicht vereinzelt die Menschenrechte sonder massiv und es begeht durch die Siedlungen ein permanentes Kriegsverbrechen, einen andauernden Verstoß gegen die Genfer Konvention.

      Die Zahl der palästinensischen Opfer ist etwa fünfmal höher als die der Israelis. Dabei sind eine hohe Anzahl von Kindern und Jugendlichen. Kinder, die z.B. von israelischen Soldaten erschossen werden, weil sie die Ausgangsbeschränkungen verletzen. Jugendliche, die einen Stein gegen Panzer werfen. Frauen, Kinder und Alte, die bei Raketenangriffen umkommen. Die Israelis stehen den Selbstmordattentäter wirklich in nichts nach. Dabei behaupten sie, einen Rechtsstaat zu besitzen. Aber das dürfte nun schon lange widerlegt sein.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 18:34:30
      Beitrag Nr. 19 ()
      Es sei auch daran erinnert, daß Israel umfangreiche Gefangenenlager unterhält, in denen Palästinenser ohne Prozess gefangen gehalten werden. Überhaupt finden praktische keine Prozesse statt, wie das in einem Rechtsstaat üblich wäre.

      ...wurde denn jemals einem einzigen Israeli von Palästinensern der Prozess gemacht?? Oder wurden sie nicht ALLE ohne Prozess ermordet, gelyncht oder sind einfach verschwunden. Und ist dieser Unterschied von Bedeutung???

      Kinder, die z.B. von israelischen Soldaten erschossen werden, weil sie die Ausgangsbeschränkungen verletzen. Jugendliche, die einen Stein gegen Panzer werfen.

      Wenn ich weiß, dass ich erschossen werden kann, wenn ich Steine gegen Panzer werfe, dann sollte ich das vielleicht besser lassen. Wenn ich weiß, dass die Ausgangssperre mit Waffengewalt durchgesetzt wird (warum besteht sie überhaupt?), dann sollte ich mich besser daran halten. Zumal man im Dunkeln nicht immer erkennen kann, ob ein Terrorist versucht, auf israelisches Gebiet vorzudringen oder ein "Kind" - wobei ja bei Palästinensern bis 16 Jahre alle Getöteten "Kinder" sind - aus irgendwelchen Gründen die Ausgangsperre verletzt.

      Und jetzt würde ich gern wissen, was ein Israli tun soll, seine Ermordung durch Palästinenser zu vermeiden: keine Pizza mehr essen, nicht mehr auf Hochzeitsfeiern gehen, nicht mehr Bus fahren, nicht mehr aus dem Haus gehen? Neulich wurden eine Mutter und ihr Kind erschossen, als die Mutter das Kind ins Bett brachte. Erst sie, weil sie sich schützend vor es stellte, dann das Kind.
      Ist es ein Unterscheid, Leute im Wohnzimmer oder auf einer privaten Feier zu ermorden oder auf der anderen Seite wegen Steinewerfens?? Und ist er von Bedeutung? Unterscheiden sich beide Seiten dann eventuell doch??
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 18:48:40
      Beitrag Nr. 20 ()
      Ist es nicht einfach albern von den Palästinensern zu fordern, den Israelis einen Prozess zu machen? Wie denn? Das würden die Israelis doch nie zulassen.

      Ein Kind zu erschiessen, weil es die Ausgangsspere überschreitet ist ganz einfach ein scheußliches Verbrechen. Genausogut wie einen jugendlichen Steinewerfer bei einer Demonstration gegen die israelische Besatzung zu erschiessen. Das wäre genauso, als würde man bei uns Steinwerfer bei Demonstrationen durch die Polizei erschiessen lassen.

      Es mag einem wie ein Unterschied vorkommen, wenn israelische Todesschwadronen Raketen aus Hubschrauber abschiessen und damit 20 Unschuldige töten. Das Schicksal dieser Unbeteiligten ähnelt doch sehr stark den Opfern von Selbstmordattentaten.

      Der Selbstmordattentäter bezahlt mit seinem Leben. Der israelische Soldat handelt mit überlegener Technik aus sicherer Distanz, ohne sich in Gefahr zu begeben. Ich glaube nicht, daß daraus ein moralische Überlegenheit resultiert.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 18:54:10
      Beitrag Nr. 21 ()
      Das Interview mit Finkelstein enthält eine sehr interessant Passage, auf die ich noch eingehen möchte.
      Finkelstein zeigt darin, daß die Aktionen der israelischen Regierung sehr wohl zu einer Ausweitung des Antisemitismus führen. Wie soll es auch anders sein? Wer dies abstreitet müßte auch leugnen, daß die gelegentlich auftretenden deutschfeindlichen Haltungen irgendetwas mit dem 2. Weltkrieg zu tun haben.


      Man müsste schon absolut betriebsblind sein, um zu glauben, Juden könnten keinen Antisemitismus erzeugen - die Zionistischen Organisationen sagen das ja immer: Juden erzeugen keinen Antisemitismus - nur die Antisemiten. Aber wenn man nicht ganz betriebsblind ist, ist es einfach Tatsache, dass derjenige Teil der Weltbevölkerung, der nicht ideologisch verblendet ist, für den Verbrechen einfach Verbrechen sind, dass dieser Teil der Weltbevölkerung negativ auf gewisse Aktionen reagiert, die von Juden begangen werden bzw. im Namen von Juden bzw. von einer Regierung, die behauptet, im Namen von Juden zu handeln. Das überrascht keineswegs. So ist während des Vietnamkriegs weltweit die antiamerikanische Stimmung eskaliert. Warum also sollte es verwundern, wenn ein Staat, der sich selbst ‘Judenstaat’ nennt u. für sich in Anspruch nimmt, im Namen der Juden zu handeln - und er genießt ja auch die überwältigende Unterstützung der amerikanischen Juden, wenn nicht gar der Juden weltweit -, wenn ein solcher Staat also Verbrechen begeht, kommt es natürlich entsprechend zu anti-jüdischen Reaktionen. Das ist ungefähr so vorhersehbar wie es vorhersehbar war, dass US-Verbrechen in Vietnam zu antiamerikanischen Reaktionen führen würden.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 18:56:02
      Beitrag Nr. 22 ()
      a) Zumindest die Lage bei den Panzern sehe ich anders. In Italien (Genua) wurde auch so ein Spinner getötet, der mit einem Feuerlöscher ein Polizeifahrzeug bewerfen wollte. Jetzt ist er halt tot. Na und?
      Selbst schuld, interessiert mich nicht. Hätt er halt besser gelassen, die Sache.

      b) grundsätzlich
      ..bei den palästinensischen Opferstatistiken werden allerdings die Selbstmordattentäter und auch all die anderen Terroristen, die mit Waffengewalt schon an der Grenze gestoppt werden, immer mitgezählt. Sie selbst sind es also, die keinen Unterschied machen zwischen den wirkliche Opfern und denen, die man an ihrem Verbrechen noch hindern konnte oder die bei ihrem Verbrechen selbst ihr Leben verloren haben.

      Wenn sie einmal eine "bereinigte" Statistik veröffentlichen würden, in der NUR reale Opfer und nicht dieses ganze Pack mit auftauchen, dann würde ich mich ev. auch um Differenzierung bemühen. Solange sie aber selbst der Meinung sind, sie müßten ihr ganzes Volk auf die Stufe primitiver Schlächter stellen, so soll man nicht von mir erwarten, dass ich einen Unterschied mache.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 19:02:00
      Beitrag Nr. 23 ()
      und zur 21: das bestreitet auch niemand.

      Es ändert aber nichts daran, dass damit der Antisemitismus immernoch das Problem und der Vorwurf ist, er sich an den Antisemiten richten muss, nicht an den Juden. Weil es das Problem des Antisemiten ist, wenn er alle Juden in einen Topf wirft und nicht des Juden, der sich falsch verhält.
      Und erstaunlicherweise sind es ja sehr viele der hier versammelten Antisemiten, die man im Sommer lesen konnte, die es absolut unangebracht finden, mit bestimmten Deutschen in einen Topf geworfen zu werden.

      Von mir aus kann man gerne ein Antisemit sein, wenn man dann auch als Deutscher bereit ist, sich als geiziger Lederhosen-Weißwurst-Volksmusikhörer im Ausland behandeln zu lassen.
      Wenn man aber Wert darauf legt, nicht mit diesem Klischee in einem Topf zu landen, dann sollte man diese auch Juden zubilligen.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 19:33:02
      Beitrag Nr. 24 ()
      Also diese Aussage in #21 wurde hier schon heftig bestritten.

      Es ist nun auch nicht so, daß die sog. Antisemiten alle Juden in einen Topf werfen. Ich denke solche Leute gibt es wenige. Die Kritik richtet sich an Israel und an das organisierte Judentum soweit es Israel unterstützt. Sie richtet sich z.B. wohl nicht gegen die jüdischen Antizionisten.

      Deswegen vertrete ich ja die Meinung, daß Antisemitismus im strengen Sinne eigentlich nicht gibt. Niemand beschuldigt alle Juden, wenn er vor allem die israelischen Politiker und seine Unterstützer überall in der Welt kritisiert. Aber genau das passiert eben: Der Zionismus verwendet den Begriff Antisemitismus als Abwehr gegen Israelkritik.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 21:32:12
      Beitrag Nr. 25 ()
      Xylo glaubst du wirklich selbst alles was du schreibst in #16,#19,#22,#23,oder bekommst du argumentationsschwierigkeiten.:laugh:
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 22:06:47
      Beitrag Nr. 26 ()
      Den Vergleich zwischen Juden im 3.Reich und Palästinenser halte ich für bei weitem nicht zutreffend (Juden hatten keinerlei Waffen, und wenn sie welche gehabt hätten, dann hätten sie sich gewehrt). Genauso wie die angebliche Bedrohung des Iraks mit Hitler zu vergleichen. Vielmehr lasse ich den Vergleich zwischem dem süafrikanischen Apartheidstaat und Israel gelten. Nicht umsonst war Israel ein enger Verbündeter Südafrikas und hat diesen Staat noch sehr dabei geholfen sein Atomwaffenprogramm voranzubringen. Tatsache ist das keine faktische Gleichheit in Israel sowie in den besetzten Gebieten herrscht. Man sollte sich doch vergegewärtigen, dass der Verhandlungsprozeß schon etliche Jahre im Gange ist, doch die Selbstmordattentate sein 1995 staatfinden. Die Palis-Extremisten haben sich nicht immer auf diese Weise gewehrt, doch scheint vielen dieses Mittel der Bekämpfung nach jahrelangen Verhandlungen gerechtfertigt. Arafat besteht schon seit langem auf einen eigenen Staat. Noch vor 3 Jahren drohte Israel ihm mit harten Konsequenzen, wenn er einen Staat Palästina ausrufen würde. Und heute? Heute sind sich auf einmal alle einig, dass es diesen Staat geben müsse. Hätte man diese 3 Jahre sich nicht sparen können, ohne Sharon und viele toten Zivilisten und KINDERN? Wieso schwenkt Israel jetzt erst um (wenn sie es wirklich tun)? Für mich nur eine falsche Politik der Hinhaltetaktik, um im Grunde Fakten zu schaffen. Man spielt sich jetzt auf und sagt: welt seht her, wir geben den Palis sogar einen eigenen Staat, was woll ihr mehr, wir sind doch großzügig. das spiel hat Barak schon mal abgezogen. bevor die Palis ihren eigenen Staat haben, sind Irak und Iran besetzt. :D :D
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 22:14:29
      Beitrag Nr. 27 ()
      #24

      stirner,

      eine altbekannte taktik der "extremen rechten" ist es doch, begriffe zu besetzen,um diese sodann neu zu definieren.

      deine vorgehensweise ist doch schon länger zu beobachten.
      anscheinend fällt dir nichts neues mehr ein.
      Avatar
      schrieb am 17.12.02 22:49:22
      Beitrag Nr. 28 ()
      Eddy,

      Dir fällt aber auch nicht viel ein.

      Vor allem Deine Behauptung oder eher Unterstellung, ich gehöre der extremen Rechten an ist ja unterste Schublade.

      Jeder der hier meine Postings liest wird feststellen, daß ich eher ein Linker bin, aber keineswegs radikal.

      Zur Frage der Begriffe: Wer macht die Definitionen? Doch am Ende jeder, der einen Begriff benutzt. Dazu gehört auch eine sinnvolle Definition. Die Zionisten weigern sich ja im Grunde, den Begriff zu definieren. Denn dann könnte ja jeder sagen, "ich falle nicht darunter".
      Avatar
      schrieb am 18.12.02 16:26:47
      Beitrag Nr. 29 ()
      ..jedenfalls ist die Behauptung absolut lächerlich, es gebe keinen Antisemitismus (in Deutschland??), niemand würde alle Juden in einen Topf werfen oder ähnliches. Man konnte im Sommer - zu Möllemanns Hochzeiten - genügend Gegenbeispiele lesen, dass es endlich mal jemand "diesen Juden" zeigt, dass "die Juden uns seit Jahren ausplündern, ein schlechtes Gewissen einreden und daraus Kapital schlagen", dass 2die Juden ja wohl selbst schuld sein müssen, wenn alle sie hassen" und so weiter...

      Und die Leute, die jüdische Einrichtungen mit Brandsätzen bewerfen, die haben sich natürlich in aller Regeln NICHT erkundigt, wie die konkrete Einrichtung zum Israel-Palästina-Konflikt steht.

      Aber da es bekanntlich keine Judenfeindlichkeit gibt, gibt es bestimmt auch keine Ausländerfeindlichkeit und keinen Antiamerikanismus in Deutschland. Auch Schwule werden nirgends diskriminiert und Behinderte sowieso nicht....
      Avatar
      schrieb am 18.12.02 17:33:03
      Beitrag Nr. 30 ()
      #29,

      hoffentlich gibt es in Deutschland massenhaft Antiamerikanismus und Antisemitismus, solange beide Gruppen ständig wie Hitler kriegführend tätig sind!

      :( mry
      Avatar
      schrieb am 18.12.02 18:48:28
      Beitrag Nr. 31 ()
      #28

      stirner,
      ok. dann bist du also ein linker,das ändert im grunde genommen nichts.

      die abstruse nazi-ideologie versuchte ja ganz im sinne der heutigen new age-philosophie gegensätze (national und sozialistisch) zu vereinen.
      so wurde die ss als eine art klassenlose gesellschaft organisiert ,bekanntlich entfiel dort z.b. die anrede
      herr,für die offiziersränge wurde kein abitur benötigt ...

      das einigende band zwischen links und rechts war der antisemitismus.
      Avatar
      schrieb am 18.12.02 20:26:25
      Beitrag Nr. 32 ()
      und okto: Du weißt doch, dass ich es immer so meine. Solange es gegen die Palästinenser geht....:laugh:
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 08:24:14
      Beitrag Nr. 33 ()
      würde die palästinensische Öffentlichkeit, oder das, was von ihr noch übrig ist, entsprechend den Aufrufen des Prof. Nusseiba ihre eigenen Mörder- und Fanatikerorganisationen ( Hamas und Co. ) endlich dazu zwingen, kein Morde mehr gegen die Israelis zu verüben, gäbe es für die meisten judischen Israelis keinen Grund mehr, ihre eigenen Fanatiker wie Scharon und Co. in die Regierung zu wählen.
      Wer vor Paar Tagen das Interview von Sandra Maischberger mit Peres gesehen hat, hat gehört, wie er sagte, dass der Wahlerfolg von Scharon und seiner Extremistenpartei damals wie heute von dem palästinensischen Terror herbeigebombt wurde. Also ist für die heutige mehr als missliche Lage der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten unter der Regierung Scharon mehrheitlich der Terror der Hamas und seine breite Unterstützung oder Duldung durch die dort lebenden Palästinenser verantwortlich.

      Da ich und meine Verwandten von diesem Konflikt mehr als nur betroffen sind, weiss ich, wovon ich spreche...
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 08:46:37
      Beitrag Nr. 34 ()
      und @stirner:
      die Selbstmordanschläge sind nicht, wie du es so "schön" formulierst, "ungeeignete Mittel des Widerstands", sondern Mord an unschuldigen Frauen und Kindern. Das müsste doch klar gesagt werden!
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 16:24:20
      Beitrag Nr. 35 ()
      @abudaud, inwiefern bist du und deine Verwandten von diesem Konflikt direkt betroffen?
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 16:27:49
      Beitrag Nr. 36 ()
      ach schon wieder abudaud, der Pali der die israelische Politik so gut nachvollziehen kann. findest du, dass nicht etwas lächerlich, stellst dich noch als betroffener dar, pfui schäm dich :D :D
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 16:28:23
      Beitrag Nr. 37 ()
      #1

      Wollen die Türken und Pakistani etwa Krieg, oder warum haben die sich in demokratischen Wahlen mehrheitlich für radikale Islamisten ausgesprochen ?
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 17:55:03
      Beitrag Nr. 38 ()
      #37
      hat die Türkei radikale Islamisten gewählt? oh, dann hat ja die EU mit einem radikalen Islamisten über Beitrittsgespräche verhandelt. hm? max, irgendetwas stimmt da doch nicht :).
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 18:29:02
      Beitrag Nr. 39 ()
      @Juvenile

      Erdogan ist doch sogar in der Türkei wegen Volksverhetzung gerichtlich verurteilt worden !
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 18:52:09
      Beitrag Nr. 40 ()
      wenn radikale Islamisten da wären, dann hätte das Militär in Türkiye schon alles platt gemacht.
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 20:01:16
      Beitrag Nr. 41 ()
      Israelische Blindheit
      von Gideon Levy
      Ha`aretz / ZNet 15.12.2002


      Ich frage mich, ist es zuviel verlangt von den Israelis, sich anzuschau’n, was gerade in ihrem Hinterhof vor sich geht - es sich nur kurz vor Augen zu halten? Sind wir überhaupt noch in der Lage, unsern hartherzigen Blick abzuwenden von den Vorwahlen oder vom Streit zwischen Tnuva und Strauss über Hüttenkäse u. uns stattdessen darauf zu konzentrieren, was in den ‘Gebieten’ passiert - u. zwar unter unserer Besatzung? Ein Ausländer, der sich zufällig in Israel aufhielte, würde seinen Augen nicht trauen. Nur noch ein paar Wochen bis zur großen Wahl, - eine Periode, in der eigentlich Standpunkte klargemacht bzw. in den Medien öffentlich gemacht werden -, aber in dieser wichtigen Zeit liegt Israel weiterhin im Dornröschenschlaf, will nichts sehen, nichts hören, nichts wissen darüber, was wir jenen 3 Millionen Menschen antun, die weniger als eine Autostunde von uns entfernt leben. Schon in ganz normalen Zeiten inakzeptabel, diese krasse Ignoranz (so nach dem Motto: was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß), aber am Vorabend von Wahlen, die von vielen (was allerdings nichts Neues ist) als kritisch eingestuft werden, ist dieses Verhalten schlicht kriminell.

      Hier zur Verdeutlichung ein paar Zahlen - bezogen ausschließlich auf die letzten paar Tage:

      Am Donnerstag starben 5 unbewaffnete Palästinenser - höchstwahrscheinlich verzweifelte Arbeiter - beim Versuch, mittels Leiter die Grenze von Gaza nach Israel zu überwinden, um sich Arbeit zu suchen. Ein Panzer nahm die Männer unter Granatbeschuss u. tötete sie. Am Montag töteten (israelische) Soldaten einen geistigbehinderten Palästinenser. Sonntag schossen (israelische) Soldaten in Rafah auf 2 Frauen u. 3 Kinder, an der Grenze zu Ägypten. Eine Frau wurde dabei getötet, ebenso ihre beiden Kinder (4 u. 15 Jahre alt), die andere Frau kam mit schweren Verletzungen davon. Die Soldaten gaben an, sie hätten die Frauen u. Kinder für Terroristen gehalten. Die Woche davor, am Freitag, starben gleich 10 Personen - darunter eine Frau sowie 2 Angestellte von UNRWA (Hilfswerk der Vereinten Nationen) - als eine Liquidierungs-Operation (der Israelis) im Al-Bureij-Flüchtlingslager / Gazastreifen fehlschlug. Erst Tage zuvor hatte ein israelischer Soldat in einem Taxi bei Ramallah eine 95jährige Greisin erschossen. Nur wenige Tage vorher zerstörten (israelische) Soldaten ein Gebäude u. verschütteten dabei einen 70jährigen. Summa summarum also mehr als 30 tote Palästinenser ( mindestens die Hälfte davon unschuldige Zivilisten) allein in den ersten 10 Dezembertagen. Früher hätte man sowas für ‘anormal’ gehalten, heute ist es schlicht Alltag. Früher hätte unsere Armee derartige Zwischenfälle untersucht, heute überprüft sie sie noch nicht mal mehr. Interessiert es überhaupt noch irgendjemanden? Unschuldige Opfer - Frauen, Kinder, alte Leute - gibt es eben nur noch auf unserer Seite. Und die meisten Medien Israels berichten über das alles nur noch kurz u. knapp - bzw. überhaupt nicht mehr; auch kein Politiker redet darüber. Zu dieser Bluternte zählen aber auch die Massenverhaftungen. Ich nehme im Folgenden Bezug auf Daten des IDF-Sprecherbüros (Israelische Armee): Allein in (israelischen) Militareinrichtungen sitzen derzeit 3094 Palästinenser ein, 932 davon sind in sogenanntem ‘Administrativgewahrsam’ (Haft ohne Prozess). Das bedeutet: Fast tausend Menschen können derzeit 6 Monate lang ohne Aussicht auf Prozess festgehalten werden. Viele von ihnen sind entweder in Ofer oder in Ketziot untergebracht - zwei Behelfsgefängnisse mit besonders problematischen Zuständen. Oder wie sonst ist es zu erklären, dass die IDF (Israelische Armee) Reportern seit Monaten den Zugang dazu verwehrt?

      Diese Art Fakten bzw. statistische Tatsachen sollten auf unsere Öffentlichkeit eigentlich extrem beunruhigend wirken - selbst wenn diese Öffentlichkeit unter permanenter Terrorbedrohung lebt. Zumindest aber für eine öffentliche Diskussion müssten die tagtäglichen Tötungen unschuldiger Zivilisten bzw. die Massenarretierungen ohne Gerichtsverfahren ausreichen. Aber daran hat in Israel anscheinend niemand Interesse; man tut so, als wären das belanglose Themen. Dabei spielt das alles doch eine entscheidende Rolle und zwar nicht nur für die Opfer (was auf der Hand liegt) sondern auch hinsichtlich unserer eigenen Sicherheit sowie hinsichtlich der Frage, was für eine Regierung, was für eine Gesellschaft wir haben werden. Aber es geht noch weiter: Über die Tötungen bzw. Verhaftungen berichten die Medien zwar - zumindest am Rande - aber die ‘Inhaftierung’ des ganzen palästinensischen Volks wird mit keinem einzigen Wort mehr erwähnt, dabei geht diese Inhaftierung doch ununterbrochen weiter. Ganze Städte - Städte, die teilweise schon in Trümmern liegen -, unterliegen fast ohne Unterbrechung der Ausgangssperre. Einer Gesamtbevölkerung wird es somit verwehrt, sich von einem Dorf zum nächsten bzw. von einer Stadt zur andern zu bewegen - nichts geht mehr ohne Genehmigung der Besatzungsarmee. Aber in der israelischen Öffentlichkeit gibt es kein Echo auf derlei Zustände. Niemand fragt, warum passiert das alles oder wie lange passiert es noch? Und warum stellt niemand die Frage, ob dieser Zustand dem Terrorismus denn nicht eher förderlich ist denn abträglich? Unsere Sicherheitsexperten jedenfalls behaupten in erschreckender Einhelligkeit, es ginge eben nicht anders - und kaum einer protestiert. Gut möglich, dass die israelische Öffentlichkeit zum großen Teil keine Ahnung davon hat (es interessiert sie auch nicht), ob die Palästinenser nun unter Ausgangssperre leben, ‘lediglich’ belagert sind oder aber umzingelt. Man ist hier einfach exklusiv auf das eigene Leid fixiert, auf unsere eigenen Probleme - und die sind selbstverständlich gravierend. Die Israelis haben ein ungutes Gefühl, wenn sie in einem öffentlichen Café sitzen; die Palästinenser können von solchen Aktivitäten aber längst nur noch träumen. Die Leute hier in Israel fürchten sich, mit dem Bus zu fahren; in den ‘Gebieten’ fahren schon längst keine Busse mehr. Angst vorm Fliegen? Die meisten Palästinenser haben noch nie ein Flugzeug von innen gesehen. Steigende Arbeitslosigkeit (in Israel)? Ein Klacks, verglichen mit der Unterernährung - fast schon Hungersnot - die in den ‘Gebieten’ herrscht. Wobei die große Mehrheit der Menschen dort keine Terroristen sind.

      Noch ein paar Wochen bis zur Wahl. Aber nirgends ein Wort von der Verantwortung Ariel Scharons, Shaul Mofazs oder Benjamin Ben-Eliezers für all diese Toten, diese Zerstörung. Arbeitspartei-Führer Amram Mitzna redet ewig nur von ‘Separierung’ bzw. von dem, was für Israels Sicherheit wichtig sei - und kein Wort über Moral, über Gerechtigkeit. Hoffentlich bleibt wenigstens die Meretz-Partei einigermaßen konsequent hinsichtlich dieses Themas - nachdem die früheren Arbeitspartei-Stützen Yossi Beilin u. Yael Dayan zu ihr übergelaufen sind. Die Arabischen Parteien, etwa Hadash, versuchen zwar, zu erläutern, was tatsächlich in den ‘Gebieten’ passiert, aber niemand hört auf sie. Ein äußerst bedrohlicher Zustand. Denn keine terroristische Bedrohung - sei sie noch so mörderisch - rechtfertigt ja die summarische Annullierung aller Werte. Und kein Selbstmordattentat rechtfertigt die Tötung unschuldiger Menschen - auf tagtäglicher Basis - oder Masseninhaftierungen ohne Prozess. Und nichts - aber auch gar nichts - kann unsere mangelnde öffentliche Diskussion rechtfertigen, ebensowenig wie unsere Ignoranz gegenüber dem, was in unserem Hinterhof vor sich geht - schon gar nicht vor landesweiten Wahlen.
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 21:15:38
      Beitrag Nr. 42 ()
      @JulesWinnfield: da ich aus der Gegend stamme, in Israel früher sogar wahlberechtigt war und meine nahen Verwandte dort immer noch leben, kann ich, denke ich, jedenfalls viel besser als du, für mich behaupten, die israelische Politik nachvollziehen zu können. Es heisst noch lange nicht, dass ich sie gut finde. Die Politik der Hamas finde ich jedoch noch viel weniger gut!
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 00:26:58
      Beitrag Nr. 43 ()
      @AbuDaud

      zwar habe ich dir die Frage gestellt, aber egal. du hast dir ja in vorigen Diskussionen mit Kuehe kräftig die Hand geschüttelt, daher erübrigt sich jeder weitere Diskussion.
      Hamas=alle Palästinenser?! :eek:
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 06:47:30
      Beitrag Nr. 44 ()
      @Juvenile:
      erstens, habe ich nie die Hand von Kuehen oder sonstigen anderen milchgebenden Tieren geschüttelt, da ich mit christlichen Endzeitfanatikern vom Schlage der "baldigen Wiederkehr Jesu" nun gar nichts am Hut habe.
      Sollten gewisse Parallelen in manchen Ansichten vertreten gewesen sein, waren diese nicht von vorne rein beabsichtigt. Ich distanziere mich jedoch deutlich von einseitigen Schuldzuweisungen an die israelische Seite, den meistens wird die Ursache des palästinensisch-israelischen Konflikts mit den Ursachen des Terrors entweder aus grober Unkenntnis der Lage oder völlig gewollt durcheinander gebracht. Wenn hier jemand behauptet, der Terror ist die direkte Folge der israelischen Besatzung, dann hat er weder Ahnung von der Geschichte der beiden Völker ( oder verschweigt sie ), noch hat er die palästinensische und die israelische Gesellschaft in den letzten 80-90 Jahren wirklich begriffen.
      Und zu deiner mehr als unverschämten Frage an mich, ob ich meine Landsleute alle für Hamasterroristen halte:
      Nein, zum Glück gibt es noch andere Stimmen, die jedoch leider immer leiser und weniger werden, da sie von den Ereignissen überrollt und von den Fanatikern der Hamas und Co. zum Schweigen gebracht werden. Und wenn eine grosse Mehrheit mehr oder weniger offen die Hamas unterstützt oder wenigstens mit ihr sympathisiert( die Gründe dafür will ich hier und jetzt nicht unbedingt näher erläutern, aber glaube mir, diese haben mit Israelis und ihrer Politik uns gegenüber nur entfernt etwas zu tun ), und die palästinensische Gesellschaft oder was heute von ihr übrig blieb sich in der Weltöffentlichkeit nur durch diese Untaten präsentiert, dann führt es zwangsläufig dazu, dass die gesamte nichtmuslimische Welt uns auch so beurteilt, nämlich als Störenfriede, Terroristen und ihre Helfer und so weiter und so fort. Von dem Selbstbedienungsladen eines
      Yasser A. will noch gar nicht mal reden, wie toll uns diese Leute vertreten. Und solange palästinensische Kinder
      in Palästina oder anderen arabischen Ländern von kleinauf mit der Gehirnwäsche gefüttert werden, der sie jetzt unterzogen sind, wird weder der Terror aufhören noch die israelische Besatzung je zu Ende gehen, schlimmer noch, die Palästinenser könnten genötigt werden, vom übriggebliebenen Rest ihres ehemaligen Landes auch noch verschwinden zu müssen. Die, die dann dafür verantwortlich sind, werden die Schuld dafür wie immer schon ihren vermeintlichen Feinden und eigentlich den heimlichen politischen und geistigen Bundesgenossen in die Schuhe schieben, auf beiden Seiten, wie uns seit dem Beginn dieser unseligen sog. "Zweiten Intifada" doch täglich demonstriert wird. Der "Spielball" kann dann bis zur völligen gegenseitigen Ausrottung beider Völker munter zwischen diesen "Brüdern im Geiste" weiterhin sich gegenseitig zugespielt werden: Likud(Stellvertr.) - Hamas(Stellvertr.) - Likud - Hamas - Likud - Hamas, bis keiner mehr übrigbleibt.
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 21:23:01
      Beitrag Nr. 45 ()
      Daud ich hab deine Postings einem palästinensichen Freund zu lesen gegeben, der Bezweifelt das du Palästinenser bist.
      Allenfalls mal da ein bisschen Urlaub gemacht hast.
      Der ist übrigens Christ aus Bethlehem und überraschenderweise nicht Fanatiker.

      Wenn ich allerdings an seiner Stelle wäre, dann wär ich der schlimmste von allen Fanatikern.

      mfg.

      Groupier

      p.s.
      Nette ID übrigens --> abu Daud = Anführer des Olympia-Attentats von München 72.
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 21:35:05
      Beitrag Nr. 46 ()
      Wir bezahlen die Kugeln

      von Joseph Sobran, USA

      Ich habe nichts gegen Araber, aber viele von ihnen scheinen mich zu hassen. Nicht mich als Individuum, sondern als Amerikaner. Ich glaube zu verstehen, warum.

      Ein 8jähriger arabischer Junge wurde gestern angeschossen. Er starb im Krankenhaus. Ich habe die Kugel, die ihn getötet hat, bezahlt.

      Dies ist in Nablus, im Westjordanland, geschehen; ein Gebiet, auf das Israel Anspruch erhebt und besetzt hält. Einige Schulkinder haben Steine auf einen Jeep geworfen, in dem israelische Soldaten sassen. Die Soldaten eröffneten daraufhin das Feuer, der Junge wurde in der Brust getroffen. Ein Zeuge sagte aus, dass der Junge nicht zu der Gruppe gehört habe, die Steine geworfen habe. Er stand etwa hundert Meter abseits. Die Israeli sagen, die Kinder hätten nicht näher identifizierte «Explosivgeschosse» geworfen. Der 8jährige wurde also in einem Akt der Selbstverteidigung getötet.

      Vielleicht war dies ein schrecklicher Unfall. Ich glaube es aber nicht mehr. Diese «Unfälle» geschehen zu oft. Die Israeli haben zu viele Kinder erschossen, als dass ich das noch glauben könnte. Es ist mittlerweile zu einer Art Gewohnheit geworden. Es schockiert nicht einmal mehr.

      Amerikaner, so wie ich einer bin, bezahlen diese Kugeln. Die Araber wissen das. Deswegen mögen einige von ihnen keine Amerikaner. Ich kann nichts weiter tun, als mein tiefstes Bedauern darüber zum Ausdruck bringen; feststellen, dass ich keine Wahl habe. Ein einfacher Steuerzahler hat einfach keine Wahl.

      Vielleicht denken manche Araber, dass auch ein Steuerzahler sein Gewissen erforschen sollte - oder doch zumindest seine Interessen. Aber nur wenige Amerikaner lassen sich von diesen Tötungen stören. Sie sehen einfach keinen Zusammenhang zwischen den Dingen. Wenn Araber an amerikanische Zielen Rache nehmen, dann fragen die Amerikaner: «Warum hassen sie uns? Es muss daran liegen, dass wir so ein freies Land sind.»

      Aber wenn wir wirklich frei wären, dann könnten wir es doch als Individuen ablehnen, diese Verbrechen auch noch zu finanzieren. Natürlich ist es auch schrecklich, wenn Araber israelische Kinder töten. Aber wenigstens werden wir nicht dazu gezwungen, diese Morde zu bezahlen. Die Morde an arabischen Kindern zu bezahlen, ist mittlerweile zu einem Bestandteil von uns Amerikanern geworden. Ich nehme an, dass Israel für seine Soldaten eine ganze Menge Kugeln von dem Teil der amerikanischen Hilfe gekauft hat, den ich bisher bezahlt habe.

      Einer dieser Soldaten hat mit seinem Gewehr auf die Brust eines kleinen Jungen gezielt und hat abgedrückt. Was für ein Mensch ist zu so etwas fähig? Ich weiss es nicht, aber Israel scheint ziemlich viele solcher Menschen hervorzubringen. Einer von ihnen ist jetzt israelischer Ministerpräsident: Ariel Sharon. Etliche seiner Amtsvorgänger waren auch von dieser Sorte.

      Vor einigen Tagen ist Abba Eban gestorben. Ich wusste nicht einmal, dass er noch am Leben war. Niemand, der seine Rede während des israelisch-arabischen Krieges 1967 vor den Vereinten Nationen gehört hat, wird seine Beredsamkeit vergessen können. Er überzeugte Millionen von uns davon, dass Israel eine kleine belagerte Insel der Zivilisation in einem primitiven Teil der Welt sei. Terrorismus bedeutete immer arabischer Terrorismus. Per definitionem.

      Das war auch 15 Jahre lang meine Überzeugung. Erst die furchtbare Bombardierung Beiruts durch Israel änderte meine Meinung. Diese Zeit war sozusagen Sharons Sternstunde. Selbst viele amerikanische Juden mussten einsehen, dass Abba Ebans Israel aufgehört hatte zu existieren, wenn es denn jemals existiert hatte.

      Ich möchte es so ausdrücken: Man kann sich wirklich nur sehr schwer vorstellen, wie Abba Eban ein kleines Kind erschiesst. Bei Sharon fällt einem diese Vorstellung gar nicht so schwer. Die einzige Frage, die man sich stellt, ist, wie oft er es schon getan hat.

      Sie könnten meinen, dass Sharon, schon allein aus Imagegründen, seine Soldaten dazu anhalten könnte, etwas vorsichtiger zu sein; oder dass die Israel-Lobby dieses Landes Sharon vorschlagen könnte, es etwas mehr mit der Methode Ebans zu versuchen.

      Aber während des Krieges 1967 haben die Israeli gelernt, dass sie sich alles erlauben können, einschliesslich des Tötens amerikanischer Seeleute. Da aber amerikanische Hilfsleistungen nicht nur fortgesetzt, sondern sogar auch noch erhöht wurden, selbst nach der Ermordung von Amerikanern, kann Sharon gelassen davon ausgehen, dass die Unterstützung nicht wegen des Tötens arabischer Kinder eingestellt wird.

      Die Araber haben das bemerkt. Und sie haben ihre Schlüsse gezogen. Nicht nur über Israel, sondern auch über uns Amerikaner. Sie müssen unsere amerikanischen Predigten über Demokratie und Menschenrechte ein wenig entnervend finden. Wie oft sagen Amerikaner über andere Völker: «Diese Leute verstehen nur eine Sprache: Gewalt.» Könnte es nicht sein, dass so mancher Nicht-Amerikaner einige Gründe hätte, dasselbe über uns Amerikaner zu sagen?

      Die Vereinigten Staaten stehen an der Schwelle eines Krieges, um angeblich sicherzustellen, dass Saddam Hussein niemals in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangt. Ariel Sharon besitzt diese Waffen bereits. Und zwar im Überfluss. Die Araber wissen auch das. Die amerikanische Politik im Nahen Osten scheint sich darauf zu verlassen, dass die Araber das Offensichtliche nicht sehen. Wenn aber die Ermordung ihrer Kinder uns nicht schockieren kann, dann sollte uns auch nicht mehr ihr Hass schockieren.

      (Übersetzung von Ionel Spanachi)
      zeitfragen
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 22:08:36
      Beitrag Nr. 47 ()
      @groupier

      diese gespielte Empörung a la Koch ist sehr amüsant. Gibt sich noch als Betroffener und hetzt mit Kuehe in dessen Threads. Er sollte sich mal Gedanken machen, wenn er gleicher Meinung ist mit sog. Endzeitfanatikern. :D :D
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 22:13:30
      Beitrag Nr. 48 ()
      @ J.Winfield

      :confused:

      Wer ist Koch ?
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 22:45:43
      Beitrag Nr. 49 ()
      ...wenn ich den ersten palästinensischen Artikel lese, der von ähnlichem (übertriebenen) "Unrechtsbewußtsein" zeugt wie der von bluemonns reinkopierte, und wenn mir dann noch jemand bestätigt, dass der Autor sich auf Palästinensergebiet frei bewegen darf und nicht Gefahr läuft, als Verräter gelyncht zu werden (oder es schon wurde) -


      genau dann wird der Zeitpunkt gekommen sein, meine Position in Fragen Israel-Palästina zu überdenken.

      Das dürfte aber noch 10 - 20 Jahre dauern, wenn ich es überhaupt jemals erlebe.


      Im übrigen bleib ich natürlich dabei, dass es nicht gerade klug ist, Steine auf israelische Militärfahrzeuge zu werfen, wenn darin doch offenbar überwiegend Monster herumfahren, die nur auf die Gelegenheit warten, kleine Kinder zu erschießen...
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 23:15:43
      Beitrag Nr. 50 ()
      @groupier, Hessens Ministerpräsident Koch
      Avatar
      schrieb am 21.12.02 06:54:48
      Beitrag Nr. 51 ()
      @Groupier:
      dein angeblicher palästinensischer "Freund" stammt eben aus Bethlehem, ich dagegen aus der Umgebung von Haifa, deswegen hat er "seine" Sicht der Dinge, und ich eben die meine...
      Aufgrund deiner von mir gelesenen früheren Postings reihst du dich durchaus bei den schlimmsten aller Fanatikern ein!
      Zum Glück bist du aber nicht an "seiner" Stelle, sondern sitzt in einer friedlichen deutschen Stube und lässt deinen üblichen judenfeindlichen Senf zu dem ohnehin schon eskalierten Verhältnis der Palästinenser und Israelis ab!

      Natte ID übrigens, Groupier - ein Betrüger und Manipulierer eben...
      Avatar
      schrieb am 21.12.02 07:08:55
      Beitrag Nr. 52 ()
      @xylophon: du wirst es nicht erleben, denn alle Palästinenser, die noch etwas Grips im Hirn haben und nicht von vorne rein blind israel- und judenfeindlich sind, bereist durch ihre eigenen weniger friedlichen Volksgenossen zum Schweigen gebracht oder eben ausgewandert sind.
      Du findest auch keinen Bericht eines Iraners oder Saudis, der sein persönliches Bedauern darüber ausdrückt, dass mit seinem Geld die Bomben bezahlt wurden, die israelische Kinder zerfetzen...
      Avatar
      schrieb am 21.12.02 18:31:38
      Beitrag Nr. 53 ()
      ...tja, dann warten wir halt weiter. Leider fürchte ich ähnliches.
      Avatar
      schrieb am 21.12.02 18:34:40
      Beitrag Nr. 54 ()
      :D
      Fast richtig Daud das was du meinst wird seit wieder Abschaffung der neuen blöden deutschen Rechtschreibung mit C wie Croupier geschrieben.
      :D
      Avatar
      schrieb am 22.12.02 19:57:19
      Beitrag Nr. 55 ()
      @ abu Daud

      Falls du mir hier untersschwelligen Rassismus vorwerfen willst " ... mein judenfeindlicher Senf ... " betrifft in allen meinen "antijüdischen Postings" genau 3 Juden und einen Palästinenser.

      Der erste ist Netanjahu den ich für einen Blödmann halte.
      Der zweite ist Sharon den ich für einen brutalen Verbrecher halte.
      Der dritte ist E. Barak den ich als politischen Schwächling betrachte.
      Der vierte ist Y. Arafat der zumindest bei der Zusammenarbeit mit E. Barak gleichermassen politisch versagt hat.

      Und gegen die ersteren konnte Arafat meiner Meinung nach nichts verkehrt machen ohne selber als politscher Versager zu enden.
      Jetzt endet er wenigstens Ehrenhaft als ein weiteres Opfer von Sharon.

      Ausserdem habe ich mich in den FPD-Threads sehr frühzeitig gegen zwei politischen Pouplisten mit Namen J. Möllemann und M. Friedmann gewandt und deren Praktiken.
      Avatar
      schrieb am 23.12.02 21:19:40
      Beitrag Nr. 56 ()
      Bericht aus Gaza
      von Kristen Ess
      ZNet 19.12.2002


      Block O ist fast leer. Die meisten Bewohner sind weg. Die Abwasserflut hinterließ an manchen Stellen knietiefe Pfützen. Ein alter Mann geht an deren schlammigem Rand entlang. Sein Haus ist überflutet. Die israelische Militärregierung errichtet hier in Rafah eine Gefängnismauer - 8 Meter hoch, 10 Meter breit. Auf diese Weise zerstört sie Rafah. Überall ragt rostbrauner Stahl vorwurfsvoll in die entstellte Landschaft - das Werk des israelischen Militärs. Die Häuser, die noch steh’n, scheinen nur aus Löchern zu besteh’n. Gegenüber, entlang der Mauer, die Heckenschützen-Türme. Grüne Türme, getarnt mit dunklen Netzen. Und noch eine Mauer - Caterpillar-Bulldozer, von Israelis gesteuert, haben sie geschaffen. Sie besteht aus den Trümmern zerstörter Häuser - aus Bettfedern, einem Plastikschaukelpferd, zerrissenen Laken u. den Trümmern von Betonmauern, die früher mal Häuser waren. Die rasende Zerstörung überfordert das ohnehin komplizierte Abwasserdrainagesystem der Gegend. Ein Freund von mir, Ingenieur im Wasserwirtschaftsamt von Rafah, erklärt: um die Flut trockenzulegen, müsste man die Mauer auseinanderbrechen, so dass das Abwasser einen direkten Abfluss hat. Die Häuser kann man (derzeit) nicht wiederaufbauen. Die Gegend steht immer noch unter Belagerung.

      “Als die Panzer u. Bulldozer kamen, gerieten die Menschen in Panik. Es war dunkel. Sie griffen nur schnell nach ihren Kindern. Man hörte das Geräusch berstenden Betons u. Menschen schreien. Sie rannten aus ihren Häusern u. direkt ins Abwasser hinein.” Der Mann, der mir das gerade erzählt, fummelt mit seinen Händen in den Hosentaschen, bietet mir schließlich eine Zigarette an: “Sie sind uns willkommen”. Wenn die israelische Armee anfängt, Häuser, Infrastruktur, Leben zu zerstören, bleibt nicht viel übrig: nichts, wohin man zurückkehren könnte, nichts mehr da. Sowas ist ‘ethnische Vertreibung’. Aber einige Leute hier sagen: “Wenn wir nur irgend jemanden auf unserer Seite hätten, nur einen einzigen Außenstehenden auf unserer Seite, wir würden trotzig in unsern Häusern ausharren. Wir würden ausharren”. Ein tauber Mann im Norden überhörte die Megaphon-Durchsage der israelischen Soldaten, die ihm befahlen, aus seinem Haus zu rennen. Er wurde verschüttet. Ebenso ein alter Mann, der seinen Nachbarn gesagt hatte, er könne es einfach nicht mehr ertragen,von Israel so gedemütigt zu werden. Die Militärregierung Israels vergreift sich an landwirtschaftlich genutztem Land. Sie greift Fabriken an, um die palästinensische Wirtschaft zu zerstören, im Grunde alles zu zerstören, was beim Überleben hilft. Das ist Teil des ethnischen-Vertreibungsprozesses - auf psychologischer, ökonomischer u. physischer Ebene. Ein Doktor hier sagt: “Sie zerstören unsere Schulen u. Krankenhäuser. Die Fabriken, von denen sie behaupten, sie produzierten Bomben, sind in Wirklichkeit eben nur Fabriken. Selbst wenn wir Käse produzieren, heißt es noch, wir würden Bomben produzieren. Sie zerstören unsere Felder, einfach alles. Sie tun es, damit wir in Zukunft ihr Gemüse kaufen müssen, alle ihre Produkte, sie wollen, dass wir keine eigene Ökonomie mehr haben”. Ein Bauer, der in einem Zelt lebt, seit das israelische Militär sein Haus u. fast sein gesamtes Land im Norden von Rafah plattmachte, sagt mir: “Sie lassen uns nichts mehr anbauen. Sie haben meine Felder einfach mit dem Bulldozer eingeebnet. Aber das hier ist mein Land. Ich gehe nicht. Wir gehen nicht. Sie können mich hier an diesem Ort töten. Und sie werden mich hier an diesem Ort töten”.

      Aufgrund der gezielten Zerstörung der Infrastruktur bzw. der fortgesetzten Belagerung beträgt die Arbeitslosigkeit hier im Gazastreifen teilweise 80 Prozent. Diese Woche brachen 5 Personen vom Flüchtlingslager Khan Younis auf - auf der Suche nach Arbeit. Sie machten den Fehler, den Gazastreifen über einen israelischen Militär-Checkpoint verlassen zu wollen, der eigentlich nur für Waren bestimmt ist. Die israelischen Soldaten schossen u. töteten alle 5. Anschließend tauchten die Toten für mehrere Tage auf der israelischen ‘Gesuchten’-Liste auf u. zwar auf Betreiben der israelischen Regierung bzw. der Konzernmedien.

      Ein junger Mann aus Mawasi hat seine Heimatgemeinde seit 2 Jahren nicht mehr geseh’n. Dabei, so erklärt er mir, liegt der Ort nur 15 Minuten von Rafah entfernt. Er sagt: “Die israelische Regierung will keine jungen Leute mehr in Mawasi. Sie wollen alle Leute von dort vertreiben.” Es gibt keine Schulen in Mawasi - abgesehen von einem fahrbaren Schulwohnwagen - “nur für Notfälle”. Im Moment bilden die ganz Kleinen den ‘Notfall’. Man will sie beschäftigen, damit ihr Leben sich etwas normalisieren kann. Die Kinder sind so gestresst durch die andauernden israelischen Angriffe, dass mittlerweile 50 Prozent Bettnässer sind. Und 61 Prozent der palästinensischen Kinder dieser Gegend sind anämisch (blutarm). Das liegt nicht am mangelnden Essen: diese Kinder können einfach nichts mehr essen, haben keinen Appetit. Ein UNRWA-Doktor: “Sie sind einfach zu nervös zur Nahrungsaufnahme. Sie leben in ständiger Angst”. Und inzwischen fährt der israelische Verteidigungsminister nach Washington u. läßt sich die $12 Millionen pro Tag, die Israel von den USA erhält, auch noch aufstocken.





      [ Übersetzt von: Andrea Noll | Orginalartikel: "Report From Gaza" ]
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      Avatar
      schrieb am 27.12.02 18:06:23
      Beitrag Nr. 57 ()
      Neue Welle der Gewalt

      Peter Schäfer 27.12.2002
      Israelische Spezialeinheiten und Soldaten im Wahlkampf

      In einer neuen Welle der Gewalt tötete die israelische Armee am Donnerstag insgesamt neun Palästinenser. Soldaten in Uniform und Zivil eröffneten das Feuer in mehreren Orten. In Ramallah wurden drei Menschen erschossen. Hanna Abu Samra, ein Augenzeuge des Angriffes im Stadtzentrum, ist froh, unverletzt davon gekommen zu sein. "Vier palästinensisch aussehende Männer eröffneten mit Maschinenpistolen das Feuer auf uns auf diese Weise", erzählt er und imitiert dabei das Führen der Waffe im Halbkreis. "Ich dachte zunächst, dass hat was mit internen Streitigkeiten zu tun, weil die ja in Zivil waren." Die Menschen flüchteten nach seinen Angaben in Panik in die umliegenden Geschäfte. Ein 19-Jähriger Passant starb im ersten Kugelhagel, mehrere wurden verletzt.






      Das Ziel der Schießerei waren allerdings die Insassen eines Autos, dessen Fahrer sofort mit mehreren Schüssen durch die Windschutzscheibe getötet wurde. Nach Armeeangaben zog er eine Waffe. Augenzeuge Abu Samra kann das nicht bestätigen. "Wie auch", sagt er, "die fuhren doch nichtsahnend die Straße lang." Der Beifahrer, ein von Israel gesuchtes Hamas-Mitglied, wurde festgenommen. Erst jetzt wurde durch das dazu gekommene Militärfahrzeug deutlich, dass es sich bei den Angreifern um israelische Soldaten handelte. Dem Festgenommenen, Iman Amar Raschid, wirft Israel die Planung mehrerer Selbstmordanschläge vor. In Ramallah beschossen Soldaten außerdem den Eingangsbereich des städtischen Krankenhauses. Dabei starb ein Wachmann. Drei weitere wurden festgenommen und in die Siedlung und Militärbasis Beit El bei Ramallah gebracht.





      Andere Orte des besetzten Westjordanlandes waren ebenfalls Schauplätze solcher "Anti-Terror-Aktionen". In Kabatia bei Dschenin umstellte die Armee das Haus von Hamsa Abu Rub, der nach Armeeangaben das Feuer eröffnete. Das Mitglied des Islamischen Dschihads wurde im Schusswechsel getötet, vier Soldaten verletzt. Abu Rub wird ebenfalls die Planung von Selbstmordattentaten vorgeworfen. In Nablus wurde ein gesuchter Palästinenser und zwei Passanten erschossen. Eine israelische Undercover-Einheit tötete in Tulkarem Dschamal Jahja vor seinem Haus. Er war nach palästinensischen Angaben Mitglied der Aqsa-Märtyrer-Brigaden, einer bewaffneten Abspaltung von Jassir Arafats Fatah-Partei. Später starb dort ein 65-jähriger Palästinenser, nachdem eine israelische Schockgranate in seiner unmittelbaren Nähe explodierte. Dutzende Palästinenser wurden im Laufe der verschiedenen Angriffe verletzt. An weiteren Orten nahmen israelische Soldaten mutmaßliche Militante fest.

      Der breite israelische Angriff kommt in einer Zeit der relativen Ruhe. Seit etwa einem Monat fanden innerhalb Israels keine Anschläge mehr statt. Palästinensische Organisationen diskutieren seit einigen Wochen ihre Haltung gegenüber den israelischen Parlamentswahlen am 28. Januar. Die Mehrheit sieht dabei einen Stopp der Anschläge auf israelische Zivilisten als Wahlhilfe für Amram Mitzna, den Kandidaten der Arbeitspartei. Der Herausforderer von Ariel Scharon (Likud), dem derzeitigen Ministerpräsidenten, gilt als politisch moderater und verhandlungsbereit. Arafats Fatah und die islamistische Hamas befinden sich im Moment in Gesprächen über eine Einstellung von Anschlägen gegen israelische Zivilisten insgesamt. Palästinensische Angriffe gegen Soldaten und para-militärische Siedler in den besetzten Gebieten gehen aber weiter.

      "Die Gewalteskalation durch Scharon zielt auf die Schaffung einer Atmosphäre, die ihm zum Wahlsieg verhilft", so der palästinensische Minister Jassir Abed Rabbo gegenüber der Presse. "Scharon provoziert Vergeltung, um so jede Möglichkeit einer Einigung palästinensischer Gruppen in Bezug auf eine Waffenruhe zu untergraben." Für die Palästinenser, die sich in Ramallah am Freitag zu einer Demonstration versammelten, besteht kein Zweifel an diesem Zusammenhang. "Die Ausführung der Aktion macht das klar", analysiert einer. "Sie kommen zur Mittagszeit auf den dicht bevölkerten Platz hier und schießen um sich. Wenn das einer von uns in Tel Aviv macht, dann bezeichnet Israel das als Terror. Die Bombardierung palästinensischer Ortschaften wäre die Folge." Fraglich ist nun, ob palästinensische Gruppen Anschläge gegen das israelische Kernland wieder aufnehmen.

      "Pufferzonen" um Siedlungen


      Weitere israelische Angriffe sind zu erwarten. Verteidigungsminister Shaul Mofas kündigte am Freitag die "Erhöhung des Drucks auf die Palästinenser" an. Gegenüber einem israelischen Radiosender sagte der Rechtsaußen, der vor kurzem noch Oberbefehlshaber der Armee war, dass die Soldaten mit "Härte gegen die Terroristen vorgehen" sollen. Noch am Donnerstagabend besetzten die Truppen wieder Bethlehem. Auf Bitte von Papst Johannes Paul II. zogen sich die Panzer über die Weihnachtsfeiertage zunächst aus dem Stadtzentrum zurück. Eine Bewohnerin sagte gegenüber Telepolis, dass die Soldaten gegen 17 Uhr in die Stadt vorgerückt seien und die Menschen mit Schüssen und Tränengas in die Häuser trieben. Die Armee verhängte eine Ausgangssperre. Panzer rollten am Donnerstagabend ebenfalls wieder in die Stadt Beitunia am Rand Ramallahs ein.

      Bereits seit einigen Tagen errichten Soldaten sogenannte Pufferzonen um die jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten. Das Gebiet einer Siedlung wird auf diese Weise um 300 Meter in jede Richtung vergrößert. Die Zonen werden eingezäunt und dienen offiziell der Abwehr von palästinensischen Angreifern. In ihnen dürfen Soldaten ohne Vorwarnung das Feuer eröffnen. Diese Regelung ist schwer erklärbar, da die Soldaten auch an anderen Orten ohne Ankündigung schießen. Sie bleiben meist ungestraft.

      In einer Stellungnahme bezeichnete der palästinensische Minister Saeb Erekat die Zonen als "Siedlungserweiterung" und als Maßnahme, mit der Israel die Friedenspläne der USA unterlaufe. Nach der "Straßenkarte" des Friedens ist für 2005 die Gründung des palästinensischen Staates vorgesehen. "Scharon will sicher stellen, dass bis dahin die Schaffung eines (lebensfähigen) Staates unmöglich ist", sagte Erekat.

      Peter Schäfer, Ramallah
      Avatar
      schrieb am 27.12.02 22:35:25
      Beitrag Nr. 58 ()
      Wo bleibt eigentlich die Stellungname eines Herrn mit dem Nickname AbuDaud ???
      Avatar
      schrieb am 28.12.02 00:22:16
      Beitrag Nr. 59 ()
      #58 AbuDaud wird vermutlich erst die offizielle Stellungnahme abwarten,sicherlich ist die Spezialeinheit einen geplanten Anschlag auf zukünftigen Israelischen Boden zuvorgekommen.
      Avatar
      schrieb am 31.12.02 16:38:26
      Beitrag Nr. 60 ()
      Terror und das Recht auf Selbstverteidigung

      Peter Schäfer 29.12.2002
      Zur Logik der Gewalteskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt

      Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten ( Neue Welle der Gewalt). Scharons Rechnung geht auf. Nur einen Tag nachdem israelische Soldaten in Uniform und Zivil in mehreren Ortschaften teilweise willkürlich neun Palästinenser erschossen, leben die Bewohner West-Jerusalems wieder mit Terroralarm. Die Armee hat nach eigenen Angaben mehrere Hinweise erhalten. Im Zentrum der Stadt explodierte bereits in der Nacht zum Samstag ein Auto. Bei dem Anschlag wurde nur der Attentäter, ein Palästinenser aus Ost-Jerusalem, verletzt.






      Das Auto mit zwei Gasflaschen war in einer populären Straße mit vielen Bars und Cafés abgestellt. Ob und welche palästinensische Organisation hinter dem unprofessionellen Anschlag steckt, ist noch nicht bekannt. Er bezeichnet jedoch eine neue Qualität der Gewalt. Anschläge gegen israelische Zivilisten fanden seit etwa einem Monat nicht mehr statt. Palästinensische Gruppen nahmen davon Abstand, um den Wahlkampf von Amram Mitzna (Arbeitspartei) nicht zu gefährden. Der als moderat angesehene Herausforderer von Ariel Scharon (Likud) gilt als verhandlungsbereit.





      Die islamistische Hamas hat sich faktisch an dieser einseitigen Waffenruhe beteiligt. Sie lehnt zwar Verhandlungen mit Israel ab und tat in der Vergangenheit alles, um Gespräche zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Gewalt zu verhindern. Vertreter der Fatah-Partei Jassir Arafats sagten in der letzten Zeit aber, "mit aller Härte gegen Gruppen, die sich nicht an unsere Anordnungen halten", vorgehen zu wollen. Im Moment ist eine Polizeiarbeit zumindest im Westjordanland aber illusorisch, da Israel das Gebiet wieder insgesamt militärisch kontrolliert und die Bewegungsfreiheit der Palästinenser drastisch einschränkt. Die Infrastruktur der Polizei ist zerstört. Hamas nimmt diese Drohungen aber offensichtlich trotzdem ernst und beugt sich dem Druck. Palästinenser analysierten die israelischen "Terroraktionen" vom Donnerstag als Versuch zur Zerstörung dieser Waffenruhe. Israelische zivile Spezialeinheiten, die sogenannten Duvdevan, feuerten dabei in Ramallah willkürlich in eine Menschenmenge.

      Am Freitagabend drang ein Palästinenser in die jüdische Siedlung Otni`el, südlich von Hebron im Westjordanland, ein. Er schoss um sich und warf Handgranaten. Dabei wurden zwei Soldaten und zwei Siedler getötet, neun verletzt. Der Angreifer, ein Mitglied des Islamischen Dschihad, wurde erschossen. Ein Helfer nach einer Verfolgungsjagd ebenfalls. Die israelische Armee zerstörte in der Folge zwei Häuser des Attentäters. Die Kollektivstrafe ist mittlerweile eine Standardprozedur. Die Bewohner sind nun obdachlos. Abdullah Salah, der Kopf des Islamischen Dschihad, sagte gegenüber dem Fernsehsender al-Dschasira, dass der Anschlag als Vergeltung für die neun getöteten Palästinenser vom Vortag verübt wurde.

      Anschlag auf Siedlung - Selbstverteidigung oder Terror?


      Die derzeitige israelische Regierung macht keinen Unterschied zwischen Anschlägen auf israelische Zivilisten innerhalb Israels und Angriffen auf Soldaten und Siedler in den seit 1967 besetzten Gebieten. Das internationale Recht unterscheidet aber zwischen Terror und dem Recht auf Selbstverteidigung. Mit Bezug auf Palästina und andere heißt es in der Genfer Terrorismus-Deklaration:


      "Peoples who are fighting against colonial domination and alien occupation and against racist regimes in the exercise of their right of self-determination have the right to use force to accomplish their objectives within the framework of international humanitarian law. Such lawful uses of force must not be confused with acts of international terrorism."




      Nicht nur diese Bestimmung wird von Israel auf eine den Staatsinteressen genehme Weise ausgelegt. Die Bewohner der exklusiv jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten gelten dabei als Zivilisten. Die Genfer Konvention von 1949, nach der die Ansiedlung der eigenen Bevölkerung auf besetztem Gebiet illegal ist, wird so außer Kraft gesetzt.

      Auswirkungen der Siedlungspolitik sind für jeden Palästinenser spürbar. Otni`el, das Ziel des letzten Anschlags, ist beispielsweise für die Isolierung der palästinensischen Kleinstadt Yatta verantwortlich. Die Verbindungsstraßen zur Siedlung dürfen von Palästinensern nicht benutzt werden und sind militärisch kontrolliert. Sie sperren dadurch den Ort weiträumig ab (siehe Land Grab: Israel`s Settlement Policy in the West Bank).

      Wer sich einmal die Mühe macht, eine Woche lang in der Altstadt Hebrons zu verbringen, wird mit großer Wahrscheinlichkeit Zeuge des unzivilen Charakters der dortigen Siedler. Regelmäßig überfallen sie mit Maschinenpistolen bewaffnet palästinensische Geschäfte und Wohnungen. Viele Bewohner halten den dauernden Übergriffen nicht stand und fliehen. Allein im Laufe des Jahres 2002 eroberte sich die Siedlergemeinschaft auf diese Weise den alten Markt der Stadt. Palästinenser, die Gegenmaßnahmen ergreifen, werden von der Armee festgenommen. Zur Dokumentation der Verfehlungen beider Seiten sind seit mehreren Jahren internationale Beobachter in Hebron stationiert. Sie werden selbst von Zeit zu Zeit Opfer der Siedler.

      Es liegt an der Regierung Israels, den Siedlern finanzielle Anreize zum Abzug zu liefern. Noch werden sie allerdings in hohem Maße subventioniert. Landenteignungen bei Bedarf, Zuschüsse und Steuererleichterungen lassen die illegalen Ortschaften immer weiter wachsen. Seit dem Abschluss der Friedensverträge mit den Palästinensern 1993 hat sich die Zahl ihrer Bewohner auf 400.000 verdoppelt.

      Peter Schäfer, Ramallah
      Avatar
      schrieb am 31.12.02 17:23:40
      Beitrag Nr. 61 ()
      Von Bethlehem bis Rafah
      von Kristen Ess
      ZNet 26.12.2002


      In letzter Minute, am Abend des Tags vor Heiligabend, verkündete die israelische Regierung plötzlich, die Ausgangssperre über Bethlehem sei aufgehoben. Nur ein weiterer Schachzug in diesem ganzen endlosen Propaganda- spiel der Israelis - man hatte ja schon darauf gewartet. Tausende Augen waren auf Bethlehem gerichtet, jene Stadt in der Westbank, die nun schon seit einem Monat unter Ausgangssperre steht bzw. in die sie vor einem Monat erneut einmarschiert sind. Und zum zweitenmal hintereinander verbot die israelische Regierung dieses Jahr Präsident Arafat (an Weihnachten) nach Bethlehem zu kommen - Ramallah ist ja nur 13 Meilen entfernt. Aber in der Geburtskirche hatte man einen Stuhl aufgestellt, darauf das Foto Arafats sowie eine Kafia*. Die gesamte Westbank bleibt weiterhin unter Ausgangssperre, u. auch die Invasion ist nicht beendet. Auch aus Bethlehem zog das israelische Militär keineswegs ab. Man hatte sich lediglich außerhalb Kamerareichweite zurückgezogen. Fünf hohe Gebäude im ganzen Bethlehemer Gebiet wurden vom Militär besetzt - als Wachtürme u. Heckenschützen-Positionen. Israelische Militär-Jeeps patrouillierten durch die Straßen u. um die Flüchtlingslager. Die Nacht vor Heiligabend zerrten israelische Soldaten 8 Palästinenser aus ihren Häusern u. verschleppten sie in israelische Gefängnisse, wo man sie verhörte. In der Nacht darauf waren es 7. In der Weihnachtsnacht verschleppten die israelischen Soldaten 10 Palästinenser. Mittlerweile hält die israelische Militärregierung bereits über 8 000 Palästinenser als Geiseln in ihren Gefängnissen fest.

      Heute, am Tag nach Weihnachten**, besetzte das israelische Militär erneut den Krippenplatz (in Bethlehem). Sie schossen um sich, feuerten Tränengas ab. Sie brüllten durch ihre Jeep-Lautsprecher, die Ausgangssperre sei wieder in Kraft. Einige Bewohner Bethlehems leisteten 2 Stunden lang steinewerfenden Widerstand.

      Letzte Woche hat sich im Bethlehemer Flüchtlingslager Azzeh Folgendes zugetragen: 50 israelische Soldaten stürmten das Haus einer schlafenden Familie. Diese Familie war diejenige, die mich das ganze letzte Jahr über wie eine Schwester bzw. Tochter aufgenommen hat. Einer der Söhne - man lebt auf drei Stockwerke verteilt, er wohnt im 2. Stock -, ging an die Tür u. rief nach draußen: “Ich bin unbewaffnet. Ich öffne jetzt die Tür”. Er hat mir die Sache selbst erzählt. Jeder in der Familie erzählt mir, was sich zugetragen hat. “Ich konnte nicht wissen, weißt du, genausogut hätten sie mich auf der Stelle erschießen können. Wir können niemals wissen, ob sie uns nicht alle töten werden”. Die israelischen Soldaten stürmten durch das Haus, forderten sämtliche Bewohner auf, nach draußen zu gehen. Sie drückten den Leuten ihre Gewehrläufe in den Rücken, drängten diejenigen, die in den obern Stockwerken wohnen. Selbst die Decken, in die man die Babies gewickelt hatte, wurden durchsucht. Eine der Frauen der Familie ist schwanger; ein Sohn ist geistigbehindert. Mutter u. Vater sind beide schon älter. Nichtsdestotrotz wurde die gesamte Familie gezwungen, sich im Lagerdurchgang aufzustellen, die Hände an der Zementwand. Dabei war es schon 2 Uhr nachts - u. mitten im Winter. Einer der Söhne wurde von den Israelis mitgenommen. Er trägt eine Brille, lacht laut, schreibt Gedichte, hört gern Musik, macht guten Kaffee. Er ist Student. Sie fesselten seine Hände u. verbanden ihm die Augen. Dann verfrachteten sie ihn hinten in den Jeep. Die Kinder riefen ihm “auf Wiedersehen!” nach. Mittlerweile befindet er sich in einem israelischen Gefängnis - ohne Anklage. Der Vater der Familie sowie sämtliche Söhne außer zweien sind schon mal auf diese Weise verschleppt worden. Und die ganze Zeit über weint die Mutter. Sie haben jetzt einfach genug.

      Da ist dieser Mann aus Rafah. Er bewohnte ein Haus in Rafahs ‘Block O’ (im Süden des Gazastreifens), bevor das israelische Militär kam u. es abriss, um ihre Trennmauer errichten zu können. Er erklärt mir mit sanfter Stimme: “Wissen Sie”, hier macht er eine lange Pause, “ich befürchte, jetzt sind wir alle Gesuchte”. In der Nacht vor Heiligabend hat das israelische Militär in Rafah 30 Häuser zerstört. Panzer feuerten in die Häuser, die Familien rannten ins Freie. Dann begannen die Bulldozer ihr Werk. Nicht mal eine halbe Sekunde Vorwarnzeit hat man den Leuten gelassen.

      Kristen Ess, aus dem Okkupierten Palästina, am 26. Dez. 2002

      Anmerkung d. Übersetzerin

      *’Palästinensertuch’

      **Da der Artikel vom 26. Dez. datiert ist, ist hier wohl der 2. Weihnachtsfeiertag gemeint.





      [ Übersetzt von: Andrea Noll | Orginalartikel: "Bethlehem To Rafah" ]
      Avatar
      schrieb am 31.12.02 17:26:59
      Beitrag Nr. 62 ()
      Thanksgiving Nachricht aus Palästina
      von Sami Awad
      ZNet 04.12.2002


      Diese Woche werden Millionen von Amerikanern Thanksgiving feiern. Dies wird eine Gelegenheit für Familien sein zusammen zu kommen und die gegenseitige Gesellschaft und Liebe zu genießen. Dies wird die Zeit für viele sein sich für gute Dinge in ihrem Leben zu bedanken, wie z.B. Gesundheit, Wohlstand, gute Freunde und liebende Familien. Wir können nicht das große traditionelle Fest vergessen, welches einen Teil dieses Ereignisses ausmacht.

      In Palästina, wie auch in vielen anderen Ländern auf der Welt, haben wir keinen Thanksgiving Tag. Sogar in dieser Zeit fühlte ich - als wir für 6 Tage unter Hausarrest (curfew) in Bethlehem gelebt haben, als wir die vergangenen 2 Jahre unter der fortlaufenden israelischen militärischen Aggression, Unterdrückung und Eindringungen gelitten haben, als wir die vergangenen 35 Jahre unter einer brutalen Besetzung gelebt haben - dass ich, als Palästinenser und Amerikaner, diesen Brief schreiben sollte, um auszudrücken für was wir dankbar sind während dieser Zeit.

      Am 22. November, um 4:30 am Morgen, betraten erneut israelische Militärjeeps mit Lautsprechern, begleitet von Panzern und bewaffneter Belegschaft, Bethlehem und verkündeten, dass ganz Bethlehem mit all seinen Städten, Dörfern und Zufluchtlagern nun unter curfew stünde. Ich schreibe diesen Brief von unserem Apartment, wo meine Frau, meine Tochter und Ich, wie zehntausend andere Familien, für 6 Tage festgehalten worden und nicht in der Lage sind wegzugehen.

      Für was bin ich dankbar ? Für was sind wir als Palästinenser dankbar ?

      1.) Diejenigen die es haben, sind dankbar für das wenige Essen, das sie kaufen und aufbewahren konnten, bevor die israelischen Truppen vergangene Wochen nach Bethlehem kamen.

      2.) Diejenigen die sie haben, sind dankbar für die Elektrizität, die nicht abgeschnitten wurde und für das Wasser, das nicht in ihrer Umgebung gestoppt wurde, oder nicht verloren ging, als die Wassertanks von den israelischen Soldaten, die sie leeren wollten, zerstört wurden. (Anders bei israelischen Besetzungen einige Meilen entfernt, dort bekommen Palästinenser im Durchschnitt alle 10 Tage nur einmal Wasser.)

      3.) Diejenigen die es können, sind dankbar, jeden Morgen lebendig aufwachen zu können. Dankbar, dass sie nicht von einer Kugel eines Scharfschützen oder von einer Rakete, die von einem israelische Armeepanzer auf ihr Haus gefeuert wurde, oder von einem F-16 Kampfjet getötet wurden.

      4.) Diejenigen die es können, sind dankbar, dass ihre Häuser noch nicht vernichtet wurden (nur 6 Häuser in Bethlehem diese Woche), oder dass ihre Häuser nicht von israelischen Soldaten geplündert wurden, die all ihre Möbel zerstörten, auf ihr ganzes Hab und Gut schossen und ihre Wände in die Luft jagten (über 10 Häuser in Bethlehem diese Woche).

      5.) Diejenigen die es können, sind dankbar, dass sie oder ihre Familienmitglieder nicht festgenommen wurden und and unbekannte Orte gebracht wurden, wo sie zu niemanden Kontakt haben (über 10 Palästinenser aus Bethlehem diese Woche).

      6.) Diejenigen die in der Lage sind, sind dankbar, dass niemand aus ihrer Familie krank geworden ist. Zuzeit würde es, im besten Falle, Stunden dauern um einen Krankenwagen zu holen, der ein kranke Person aufnimmt, die Stunden nicht mitgezählt, die von israelischen Truppen vergeudet werden um Krankenwagen in den Straßen aufzuhalten.

      7.) Diejenigen die es können, sind dankbar über Telefonverbindungen um ihre Familien und Geliebten zu kontaktieren. Seit einer Woche sind wir nicht in der Lage unsere Eltern zu sehen und wir leben weniger als eine Meile von ihnen entfernt. Wir sind wirklich dankbar für die Telefonverbindung.

      8.) Diejenigen die es können, sind dankbar, dass ihr Grund und Boden noch nicht eingenommen wurde für illegale Besiedlungsgebäude, welche mit schnellerem Schritt vor unseren Augen weiter wachsen und sich ausweiten, als wir in unseren Häusern eingeschlossen sitzen.

      9.) Wir sind dankbar, für die vielen Freunde von verschiedenen Teilen der Erde, die uns entweder angerufen oder uns Briefe mit Gebeten und Unterstützung geschrieben haben.

      10.)Wir sind dankbar, für die wachsende Zahl von Leuten auf dieser Welt und innerhalb Israels, die realisiert haben, dass Sicherheit für Israel nur erreicht werden kann, wenn den Palästinensern Gerechtigkeit gegeben wird.

      11.)Am meisten sind wir dankbar, für die Hoffnung die wir weiterhin haben. Die Hoffnung diese brutale Besetzung für unser Wohl und für das Wohl unsere israelischen Nachbarn enden zu sehen. Die Hoffnung einen freien und demokratisch eingerichteten Staat zu sehen, wo die Rechte aller respektiert und geehrt werden und wo jeder Palästinenser das Recht hat zu leben. Die Hoffnung zwei Völker zu sehen, die sich gegenseitig gleich behandeln, mit gleichen Rechten, gleichen Möglichkeiten, und gleicher Freiheit.

      Wenn wir keine Hoffnung hätten, dann hätten wir nicht viel, für dass wir dankbar sein würden.

      In Hoffnung, Thanksgiving, und Frieden

      Sami Awad
      Avatar
      schrieb am 31.12.02 17:33:05
      Beitrag Nr. 63 ()
      Heiligabend in Bethlehem
      von Neve Gordon
      ZNet 27.12.2002


      Neve Gordon ist Politik-Dozent an der Ben-Gurion-Universität / Israel. Ein Beitrag von ihm ist enthalten in: ‘The Other Israel: Voices of Refusal and Dissent’ (New Press 2002). Sie können ihn kontaktieren unter: ngordon@bgumail.bgu.ac.il

      Jerusalem. Es war gegen 9 Uhr morgens, als die ersten 50 Israelis den Militär-Checkpoint passierten u. über die Erd-Barrikade kletterten. Sie betraten Bethlehem, das zu ‘Gebiet A’ des palästinensischen Gebiets gehört - daher eigentlich für israelische Bürger unzugänglich. Aber diese 50 Leute waren entschlossen, ihre Partner auf palästinensischer Seite zu treffen u. dem Gesetz zu trotzen. Sie sind Mitglieder von Ta’ayush, einer arabisch-israelischen Partnerschaftsbewegung. Und sie hatten sich den Heilig- abend als passenden Tag ausgesucht, um zivilen Ungehorsam zu üben. Bereits im August hatten Leute von Ta’ayush versucht, von Jerusalem aus nach Bethlehem zu marschieren. Aber am Checkpoint wurden sie von israelischer Polizei brutal zusammengeschlagen. Wasserwerfer u. Schlagstöcke kamen zum Einsatz, um die Menge auseinanderzutreiben. Aber an diesem 24. Dezember gingen die Aktivisten etwas anders vor. Sie benutzten Schleichwege, um sicherzustellen, dass das Solidaritätstreffen diesmal stattfinden konnte. Tags zuvor war die einmonatige Ausgangssperre über Bethlehem aufgehoben worden. Dennoch herrschte in der Stadt keinerlei Festtagsstimmung. Die Kinder waren wochenlang in ihren Häusern eingesperrt, ihre Eltern hatte man nicht mehr zur Arbeit gelassen. Selbst der Zugang zu medizinischer Versorgung war nicht mehr gewährleistet. Dutzende Einwohner hatte man ins Gefängnis geworfen, Häuser waren zerstört u. viele Bethlehemer Straßen u. Gehsteige durch Panzer, Panzerfahrzeuge u. Bulldozer aufgerissen worden. Auf ihrem Weg von der Barrikade bis zum Vorplatz der Geburtskirche mussten die Aktivisten mit Schrecken feststellen, dass Bethlehem in Trümmern lag. Dabei war die Stadt ja erst vor 3 Jahren komplett hergerichtet worden. Auf dem Platz kein Weihnachtsbaum; keine Lichter, keine Fahnen, um diesen heiligen Tag zu begehen. Es war klar: hier herrschen keine frohen Festtage. Gegen Mittag traf sich eine zweite Gruppe - etwa 200 Israelis u. 50 französische Bürger - am Checkpoint 300. Wenn man aus Richtung Jerusalem kommt, ist der Checkpoint 300 der Hauptzugang nach Bethlehem. Kurz nachdem der Konvoi des Lateinischen Patriarchen den Checkpoint passiert hatte, so gegen 12.30 Uhr, marschierten die Israelis los u. forderten vom israelischen Militär, ihnen den Weg freizugeben, damit die Aktivisten nach Bethlehem konnten. Sie hatten Geschenke dabei für die palästinensischen Kinder - Spielzeug - eine symbolische Geste, um diesen Kindern die Tage ein wenig zu versüßen - Kindern, die ihre Kindheit verloren haben. Zudem hatten die Aktivisten eine ganze Lastwagenladung mit wichtigen Lebensmitteln für die Bedürftigen dabei. Schließlich war man sich bewusst, dass mehr als 60 Prozent aller palästinensischen Familien mit weniger als $2 Dollars am Tag auskommen müssen. Die Polizei griff nicht ein - höchstwahrscheinlich weil ja die Augen der Welt auf diesen Ort gerichtet waren (dutzende TV-Kamerateams filmten den Konvoi des Patriarchen). Die Ta’ayush-Mitglieder durften den Checkpoint also passieren. Die Protestierer zogen Schilder hervor: ‘Fröhliche Weihnachten? Aber ohne Unterdrückung!’ oder ‘Frieden, Sicherheit u. Freiheit für beide Völker’ oder ‘Löst die Siedlungen auf u. macht endlich Frieden’. Dann marschierten sie ‘Nieder mit der Okkupation! Nieder mit der Okkupation!’ rufend die 2 Kilometer bis zum Vorplatz der Geburtskirche. Die Parole wurde abwechselnd in Hebräisch u. Arabisch gerufen. Bewohner Bethlehems schlossen sich der marschierenden Menge an, u. so erreichte man gemeinsam den Vorplatz, wo schon die früher angekommenen Aktivisten sowie hunderte Palästinenser warteten. Ein elektrifizierender Moment. Mitten in diesem blutigen Konflikt u. nur einen Tag nach Aufhebung der brutalen Ausgangssperre versammeln sich hier also hunderte Moslems, Juden, Christen, Israelis, Palästinenser u. Internationalisten, um Seite an Seite für ein Ende der Okkupation einzutreten. Allein schon die Existenz dieses Protests straft die Behauptung der israelischen Regierung, es gäbe keine Partner für Verhandlungen, Lügen. Und er demonstriert aufs Neue, dass beide Völker durchaus gemeinsame Interessen haben. Sämtliche TV-Teams registrierten die Veranstaltung, und manche filmten auch mit. Aber während die arabischen Sender Al-Dschasira u. Abu-Dabi die Demonstration den ganzen Tag über sendeten, entschlossen sich CNN, BBC, Skynews usw., nichts über diesen kostbaren Augenblick arabisch-jüdischer Solidarität zu zeigen. Am meisten verwundert mich allerdings, dass auch die israelische Presse den Protest ignorierte. Stellt sich für mich die Frage: Wenn 250 Israelis mit hunderten Palästinensern mitten in Bethlehem in einem Akt zivilen Ungehorsams zusammenkommen, ist das etwa nicht erwähnenswert? Die Antwort ist klar: Diese Demonstration passt einfach nicht ins Bild, das die israelische Regierung u. die Medien bzgl. dieses Konflikts seit nunmehr 2 Jahren zeichnen. Hätte man über den Protest berichtet, so hätten sich die israelischen Zuschauer mit der Tatsache konfrontiert gesehen, dass die okkupierten Palästinenser keineswegs jene blutrünstigen Terroristen sind, als die man sie laufend hinstellt - dass sie im Grunde nichts anderes wollen als ein Ende der Besatzung. Auch dass Palästinenser u. Israelis zur Erreichung dieses Ziels durchaus zusammenarbeiten können, wäre ihnen dann bewusst geworden. Eins ist sicher: Ein derartiges Bild der Dinge hätte zu Dissonanzen in Israel geführt. Schließlich sind die Israelis laufend der Propaganda ausgesetzt u. werden gegen die Palästinenser aufgehetzt. Aber genau diese Art Dissonanz haben wir in Israel nötig, um aus der jetzigen blutigen Sackgasse rauszukommen: Wir müssen der Öffentlichkeit beweisen: eine andere Marschroute ist möglich, es gibt einen wirklichen Weg zu mehr Menschlichkeit, einen Weg zum Frieden.

      Nach Beendigung der religiösen Feiern setzte die israelische Regierung die Ausgangssperre sofort wieder in Kraft. Die TV-Teams hatten die Stadt (Bethlehem) ja verlassen, also würde niemand die Rückkehr des Unterdrücker- Regimes dokumentieren. In unserer zynischen Welt hält man 2 Tage der Freiheit anscheinend für ausreichend.
      Avatar
      schrieb am 31.12.02 18:59:51
      Beitrag Nr. 64 ()
      Ich werd mal demnächst in meiner Highblech SAT-Schüssel-Anlage die Araber-Kamäle wieder scharf machen.
      Wenns mir gar zu gut ging früher, hab ich da mal ab und zu Vorbeigschaut.

      Wenns da im Irak rummst und Sharon weiter so lieb zu seinen Nachbarn ist, dann kanns nur ein geiles Programm sein.
      Da wird die Berichterstattung von FOX, CNN, Skychannel etc. so brutal aussehen wie unser altes Sandmännchen um 18 Uhr.

      mfg.

      Groupier
      Avatar
      schrieb am 03.01.03 18:25:23
      Beitrag Nr. 65 ()
      Langsame ‘ethnische Vertreibung’
      von Jaggi Singh
      ZNet 19.12.2002


      JERUSALEM, 19. Dez. 2002: Heute wird im Bezirksgericht von Tel Aviv der Fall des palästinensischen Arbeiters Jihad Abu Id verhandelt. Abu Id fordert seine Freilassung aus israelischer Haft. Er ist seit nunmehr 6 Monaten inhaftiert - seit man ihn in Israel wegen Schwarzarbeit verhaftet hat. Abu Id stammt aus dem Dorf Bidu bei Ramallah - in der von Israel okkupierten Westbank. Normalerweise werden “illegale” palästinensische Arbeiter in Israel höchstens einen Tag festgehalten u. dann in ihre Heimatgemeinden in den besetzten Gebieten abgeschoben. Der Fall Abu Id liegt anders. Das israelische Innenministerium versucht den Mann nach Jordanien zu deportieren. Begründung / Ausrede: Abu Id sei mit einer Jordanierin verheiratet. Laut Scharon Bavli, Rechtsvertreter des israelischen Innenministeriums (das versucht, die Abschiebung durchzusetzen), habe Abu Id nämlich durch die Ehe mit dieser Jordanierin seine Aufenthaltsberechtigung in Palästina verwirkt. Seit 6 Monaten sitzt Abu Id nun schon im israelischen Maasiyahu-Gefängnis, einem speziellen Abschiebeknast. Dort existiert, laut israelischem Menschenrechtsanwalt Shamai Leibowitz, eine ganze Abteilung für Palästinenser - Leute mit vergleichbaren Problemen wie Abu Id.

      Abu Id kämpft gegen seine Deportation. Heute wird seine Petition vor dem Tel Aviver Bezirksgericht verhandelt, in den nächsten Wochen geht die Sache vor den Obersten Gerichtshof Israels. Dort wird Abu Id in einem Verfahren darum kämpfen, seinen Status als ‘Palästinenser’ wiederzuerlangen. Bei der heutigen Anhörung in Tel Aviv wird seine Anwältin, Leah Tsemel, lediglich seine Freilassung auf Kaution beantragen können. Die heutige Entscheidung (in Tel Aviv) sei aber dennoch wichtig, so Leibowitz. Kommt Abu Id nämlich frei u. kann in sein Westbank-Dorf Bidu zurückkehren, so dürfte es den israelischen Behörden äußerst schwerfallen, ihn dort wieder rauszuholen. Die Sache würde einfach zuviel Aufsehen erregen - im Dorf, aber vermutlich auch außerhalb. Leibowitz: “Es geht darum, die palästinensische Bevölkerung auszudünnen, ohne dass die Medien etwas davon mitkriegen”. Daher wäre eine Fortdauer der Haft für die israelischen Regierung wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, Abu Id ohne viel Aufhebens nach Jordanien abzuschieben. Die Familiengeschichte der Ids spricht Bände über die Art dieses Enteignungsprozesses bzw. über den langen, stillen Kampf, den viele Palästinenser um ihre (palästinensische) Identität führen bzw. um ihr fundamentales Recht, im eigenen Dorf, in der eigenen Heimatstadt leben zu dürfen. Abu Ids Vater wurde 1970 illegal von Bidu nach Jordanien deportiert. Schuld war ein israelischer Militärkommandant, der Deportationsverfügungen für die seit dem ‘Sechstagekrieg’ 1967 illegal okkupierten Gebiete ausstellte. Aber irgendwann wurde (offiziell) bestätigt, die Deportation sei illegal gewesen, die Familie konnte wieder nach Bidu zurückkehren - 1994, also mehr als 2 Dekaden später. Abu Id hat hier die letzten 8 Jahre seines Lebens verbracht.

      Shamai Leibowitz sagt, er hätte Regierungsdokumente eingesehen, in denen das Büro der israelischen Generalbundesanwaltschaft die Einschätzung von sich gab, 50 000 bis 60 000 Palästinenser wären eventuell noch aus den besetzten Gebieten deportierbar - aus vergleichbaren Gründen wie im Fall Abu Id. Eine Massenhetzjagd mit anschließender Vertreibung tausender Menschen - sogenannter “illegaler” Palästinenser - wäre aber natürlich nicht durchführbar, weder logistisch noch im Hinblick auf die Öffentlichkeit (was nicht heißen soll, dass es in der israelischen Rechten nicht einige gibt (und die israelische Rechte wird ja immer mehr zum Mainstream), die einen gewaltsamen “Transfer” aller Palästinenser schon morgen durchführen würden, ließe man sie denn). Aber noch finden die Deportationen in aller Stille statt - tröpfchenweise sozusagen, Abu Id ist ein gutes Beispiel. Leibowitz zögert keine Minute, die Praxis als “langsamen Prozess der ethnischen Säuberung” zu bezeichnen. Und ebensowenig hat er Bedenken, die israelischen Gerichte zu Komplizen bei der Vertreibungspolitik der israelischen Regierung zu erklären. Für ihn ist die Justiz “nichts anderes als der verlängerte Arm der Politik...die kollaborieren doch alle zusammen”. Die Entscheidung über Abu Ids Freilassung soll heute in Tel Aviv fallen.

      Anmerkung

      Wenn Sie mehr über den Fall Jihad Abu Id bzw. andere palästinensische Abschiebehäftlinge erfahren wollen, kontaktieren Sie Shamai Leibowitz in Tel Aviv unter +97236704170. Jaggi Singh ist Mitglied der ISM (Internationale Solidaritätsbewegung). Sie erreichen ihn über seine E-Mail-Adresse jaggi@tao.ca oder über die ISM: www.palsolidarity.org Singh ist Autor u. Aktivist der Soziale-Gerechtigkeits- Bewegung in Montreal. Zudem beteiligt er sich an der ‘No One is Illegal’ Kampagne (Kein Mensch ist illegal), die sich für die Rechte der Immigranten u. Flüchtlingen in Kanada einsetzt: nooneisillegal@tao.ca
      Avatar
      schrieb am 03.01.03 21:04:04
      Beitrag Nr. 66 ()
      Man das kommt mir bald so vor wie: ... nur ein toter Pali is´n guter Pali.

      Oder wie sagte mal ein Ami-General in Vietnam so treffend: ...wir mussten sie töten um sie vor den Kommunisten zu retten.
      Avatar
      schrieb am 03.01.03 21:13:42
      Beitrag Nr. 67 ()
      Avatar
      schrieb am 05.01.03 23:56:34
      Beitrag Nr. 68 ()
      Das MUSS Jeder bis zum Ende durchgelesen haben:




      5. Januar 2003, 22:12, Neue Zürcher Zeitung, Schweiz


      Das Palästinenserproblem in Kern-Israel
      Die Diskriminierung arabischer Bürger im jüdischen Staat
      Gleichzeitig mit der zweiten Intifada in den besetzten Gebieten hat im Innern Israels die Auseinandersetzung um den Status und die Rechte der palästinensischen Bürger an Schärfe gewonnen. Der Kampf der israelischen Araber gegen ihre Diskriminierung rüttelt am demokratischen Selbstverständnis des jüdischen Staates.


      jbi. Der Ausbruch der zweiten Intifada im Jahr 2000 hat gezeigt, dass nicht nur der Konflikt Israels mit den Palästinensern ausserhalb seiner Grenzen, sondern auch jener im Innern des Landes noch keineswegs gelöst ist. In den ersten Oktobertagen jenes Jahres, gleichzeitig mit den wachsenden Unruhen im Westjordanland und im Gazastreifen, brachen in zahlreichen palästinensischen Ortschaften Israels heftige Protestdemonstrationen aus, die von den Sicherheitskräften mit Waffengewalt niedergeschlagen wurden. 13 Palästinenser israelischer Nationalität starben damals in den Kugeln der Polizei.

      Freund oder Feind?
      Die Ereignisse riefen in der jüdischen Öffentlichkeit einen Schock und zwei gegensätzliche Reaktionen hervor: Die einen sahen in den Unruhen eine Reaktion auf die soziale und wirtschaftliche Benachteiligung der arabischen Bürger und verlangten wirksame Massnahmen zur Beendigung der Diskriminierung. Die anderen erkannten einen Schulterschluss der palästinensischen Bürger Israels mit dem Feind und riefen deshalb nach verstärkter Ausgrenzung und Kontrolle. Ja in rechten Kreisen wurde immer offener über die Wünschbarkeit gesprochen, die 1,2 Millionen Araber aus Israel auszuschaffen, um damit das von ihnen verursachte «Sicherheitsrisiko» und die «demographische Bombe», also die Gefahr eines massiven arabischen Bevölkerungszuwachses im jüdischen Staat, auszuschalten.



      Der aus Nazareth stammende und an der Universität Haifa lehrende palästinensische Sozialpsychologe Ramzi Suleiman hat Identität und Selbstverständnis der in Israel lebenden Palästinenser erforscht. Er bestätigt, dass der Protest der israelischen Palästinenser im Oktober 2000 sowohl Solidarität mit ihren Landsleuten im Westjordanland und im Gazastreifen wie auch die Forderung nach Gleichberechtigung und Gleichbehandlung innerhalb Israels zum Ausdruck brachte. Er unterstreicht aber, dass die nationale Bewegung der Palästinenser innerhalb Israels andere Ziele hat als jene in den 1967 besetzten Gebieten. «Die Palästinenser im Innern Israels sehen ja, dass ihre Situation anders ist; sie haben viel mehr Rechte als die Bewohner der besetzten Gebiete. Was sie wollen, ist in einem Staat leben, der alle seine Bürger gleich behandelt und mit dem sich deshalb alle identifizieren können.»

      Jüdisches gegen demokratisches Prinzip
      Dass dies heute nicht möglich ist, führt Suleiman zurück auf die Spannung zwischen dem jüdischen Prinzip und dem demokratischen Prinzip, die dem Staat Israel zugrunde liegen. In den israelischen Grundgesetzen (eine eigentliche Verfassung existiert in Israel nicht) gibt es keine Bestimmung, welche die Gleichheit der Bürger garantiert. Dass Juden und Nichtjuden ungleich behandelt werden, zeigt sich zum Beispiel am Recht auf Einwanderung, das für Juden aus aller Welt gilt, nicht jedoch für Palästinenser, die bei der Staatsgründung Israels aus dem Land vertrieben wurden oder geflohen sind. Das Parteiengesetz erlaubt es, Kandidaten, die Israels Daseinsberechtigung als Staat des jüdischen Volkes verneinen, von Wahlen auszuschliessen. «Palästinenser dürfen am demokratischen Spiel teilnehmen, solange der jüdische Charakter des Staates nicht in Frage gestellt ist», stellt Suleiman fest. «Wenn aber zwischen dem jüdischen und dem demokratischen Prinzip ein Konflikt entsteht, überwiegt das jüdische.»

      Dass Israel eben nicht ihr Staat, sondern nur jener ihrer jüdischen Mitbürger ist, erfahren die Palästinenser Israels vor allem im Zugang zu den Ressourcen, die vom Staat kontrolliert werden. Der Boden, zum grössten Teil nach der israelischen Staatsgründung von arabischen Eigentümern oder Nutzniessern konfiszierter Besitz, gehört heute zu 92 Prozent dem Staat. Er wird von parastaatlichen zionistischen Organisationen nach Kriterien verwaltet, die dem arabischen Bevölkerungsteil praktisch den Zugang verwehren. Das heisst, dass Palästinenser kaum eine Chance haben, auf staatlichem Land Landwirtschaft zu betreiben, ein Haus zu bauen oder ein Geschäft zu eröffnen. Das höchste israelische Gericht hat in einem Aufsehen erregenden Urteil im Jahr 2000 diese Praxis für illegal erklärt und einer palästinensischen Familie das Recht zugesprochen, ein Haus auf staatlichem Grund zu erwerben. Das Urteil konnte jedoch bis heute nicht durchgesetzt werden, denn die betroffene Gemeinde weigert sich beharrlich, die Palästinenser aufzunehmen.


      Die Palästinenser leben unter sich in jenen Städten, Dörfern und Vierteln, aus denen sie sich bei der Staatsgründung 1948 nicht vertreiben liessen - «Ghettos», sagt Suleiman, «die durch die rassistische Haltung der jüdischen Bevölkerung am Leben erhalten werden». Die alten, von Palästinensern bewohnten Viertel in Städten wie Lydda (Lod) oder Akko seien zudem vom Verfall bedroht, weil die Besitzer unter bürokratischen Vorwänden daran gehindert würden, ihre Häuser zu renovieren.

      Kein Geld für arabische Gemeinden
      Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Organisation Sikkuy, die sich seit zehn Jahren für die Gleichstellung zwischen jüdischen und palästinensischen Bürgern Israels einsetzt, illustriert die Diskriminierung der Palästinenser am Beispiel der staatlichen Finanzierung von Entwicklungs-, Infrastruktur- und Bildungsvorhaben. Obwohl die Palästinenser 18,5 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, erhalten palästinensische Gemeinden im Jahr 2002 bloss 2,6 Prozent der staatlichen Zuschüsse im Wohnungsbau, 0,7 Prozent des Kulturbudgets, 3,5 Prozent der zur Schaffung von Industriezonen bestimmten Gelder oder 1,6 Prozent des Budgets zur Tourismusförderung.


      Die Raumplanung ist der einzige Posten, in dem Palästinensern ein höherer prozentualer Anteil am Budget zugesprochen wird, als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist (21 Prozent); in den letzten drei Jahren sind zudem ansehnliche Summen in die Einrichtung von Polizeiposten in den palästinensischen Ortschaften geflossen. Gar kein Geld erhalten aber die «nicht anerkannten» Weiler und Dörfer, in denen laut palästinensischen Menschenrechtsorganisationen gegen 70 000 Menschen leben. Häuser in diesen Dörfern sind nach dem Gesetz illegal; die meisten haben weder Wasser noch Strom, sie dürfen nicht um- oder ausgebaut werden und können auf Grund einer simplen administrativen Entscheidung abgerissen werden. Diese Bestimmung gilt im Prinzip für Häuser in jüdischem wie in arabischem Besitz, wird praktisch aber nur gegen Palästinenser angewandt: Obwohl nur 57 Prozent aller illegalen Häuser in Israel Palästinensern gehören, waren 94 Prozent der zwischen 1993 und 1996 abgerissenen Häuser in palästinensischem Besitz, wie die in Israel ansässige Arabische Vereinigung für Menschenrechte ausgerechnet hat.

      Der Ruf nach kultureller Autonomie
      Nach der klassischen Regel des Teilens und Herrschens hat Israel einzelnen Gruppen innerhalb der arabischen Bevölkerung auch eine unterschiedliche Behandlung zukommen lassen. So können Drusen und Beduinen Militärdienst leisten, was ihnen gegenüber den anderen Palästinensern gewisse Privilegien verschafft - zum Beispiel bei der Zuteilung staatlicher Kinderzulagen oder der Suche nach einer Arbeitsstelle. Die Zerstörung angeblich illegaler Häuser und Äcker der Beduinen und ihre soziale und wirtschaftliche Vernachlässigung haben in den letzten Jahren jedoch auch diese Bevölkerungsgruppe dem Staat entfremdet. Der ehemalige israelische Verteidigungsminister Moshe Arens hat in einem kürzlich in der Zeitung «Haaretz» veröffentlichten Artikel auf den Beitrag der Beduinen zur Verteidigung Israels hingewiesen und davor gewarnt, dass das staatliche Verhalten bei ihnen ein Gefühl der Vernachlässigung und Diskriminierung erzeuge und einen fruchtbaren Nährboden für die politische Agitation der Islamisten darstelle.

      Einen weiteren Kampf führen die Palästinenser Israels für die Anerkennung ihrer Sprache, indem sie zum Beispiel Verkehrs- und Strassenschilder auf Arabisch oder die Zulassung des Arabischen im Umgang mit den Behörden fordern. Unter den Palästinensern wird die Forderung auch immer lauter, als nationale Minderheit anerkannt zu werden, die ihre Erziehungs- und Kulturpolitik autonom bestimmt. Gerade die Forderung nach kollektiven Rechten, die von palästinensischen Vertretern im israelischen Parlament vertreten wird, stösst bei der jüdischen Bevölkerung meist auf Ablehnung, weil die Forderung nach Anerkennung eines nichtjüdischen Bestandteils im Staat als Bedrohung aufgefasst wird.

      Die zionistische Rechte, welche heute die israelische Politik bestimmt, bleibt dem Ziel einer weitestmöglichen Zurückdrängung der Araber zugunsten der Juden in Israel verpflichtet, wie ein politischer Wirbel in diesem Sommer zeigte. Am 8. Juli billigte die Regierung Sharon (ohne die Stimmen der Arbeitspartei) einen Gesetzesentwurf, gemäss dem staatliches Land ausschliesslich Juden vorbehalten sein soll. Damit sollte das erwähnte Urteil, das eine Diskriminierung arabischer Bürger beim Kauf von Häusern als ungesetzlich erklärte, überholt werden. Der Beschluss, der füglich als rassistisch bezeichnet werden kann, löste eine heftige Kontroverse in Israel und politischen Druck aus Washington aus, welche die Regierung dazu zwangen, ihn zwei Wochen später wieder rückgängig zu machen.

      Kampf in kleinen Portionen
      Vorderhand müssen sich die Palästinenser mit zahllosen Einzelaktionen, Eingaben an die Behörden, Klagen vor Gericht und Aufrufen an die Öffentlichkeit gegen diskriminierende Massnahmen und rassistische Übergriffe wehren. Die zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, die diesen Kampf zur Hauptsache führen, haben dabei einige Erfolge errungen, die jedoch meist nur einen Einzelfall betrafen und oft durch administrative Gegenmassnahmen untergraben wurden. Eine Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts und die Schaffung eines palästinensischen Staates würden auch die Palästinenser in Israel ihren Zielen näherbringen, meint Ramzi Suleiman: «Die Israeli würden sich entspannen und uns nicht mehr als Feinde sehen.»
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 19:16:35
      Beitrag Nr. 69 ()
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 19:25:32
      Beitrag Nr. 70 ()
      Mauern gegen den Frieden

      ISRAEL ZIEHT NEUE GRENZEN

      UM ihre eigenen Irakpläne vorantreiben zu können, haben die Amerikaner den Friedensplan des "Quartetts" (UNO, USA, Russland, EU), der für 2005 einen palästinensischen Staat vorsieht, wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Doch Israels Ministerpräsident Scharon hat den Vorschlag der internationalen Gemeinschaft strikt abgelehnt, insbesondere jeglichen Rückzug aus den besetzten Gebieten. So gewinnt er Zeit, seinen Mauerbau voranzutreiben und damit das Territorium Israels gewissermaßen aufzurunden. Vor allem die geplante Doppelmauer um Jerusalem schafft territoriale Fakten, die kaum reversibel sind und die den palästinensischen Anspruch auf die Stadt völlig übergehen.

      Von MATTHEW BRUBACHER *

      * Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Orient House in Ostjerusalem (das von der israelischen Regierung am 10. August 2001 geschlossen wurde) und Berater der palästinensischen Autonomiebehörde zur Jerusalemfrage.

      Zwischen Israel und dem Westjordanland entsteht derzeit eine 360 Kilometer lange Sicherheitsmauer, die dreimal länger und doppelt so hoch ist wie die Berliner Mauer. Damit wird ein erheblicher Teil des Westjordanlandes annektiert; die militärischen Pufferzonen um die palästinensischen Bevölkerungszentren werden ausgedehnt und die Bewohner dieser Zonen praktisch in ein offenes Gefängnis gesperrt.

      Die erste "Mauer", die Israel gebaut hat, war der lückenlose Elektrozaun, mit dem Gaza während der ersten Intifada (1987-1993) hermetisch abgeriegelt wurde. Dank dieses Zaunes konnte Israel damals nicht nur die Oberhoheit über seine 16 Siedlungen sichern, sondern auch die Bewegungen der Palästinenser kontrollieren. Heute hält Israel immer noch 20 Prozent des Territoriums von Gaza besetzt, während sich die 1,2 Millionen Palästinenser auf einer in drei Kantone untergliederten ursprünglich ländlichen Fläche drängen.

      Der Bau einer Mauer um das Westjordanland bedeutet, dass den dort lebenden Palästinensern ein ähnliches Schicksal bevorsteht wie ihren Landsleuten in Gaza. Der erste Abschnitt der Mauer wird zwischen Israel und dem größten Teil des nördlichen Westjordanlands verlaufen. Diese Mauer, die innerhalb der 1967 besetzten Gebiete entsteht und entlang der Waffenstillstandslinie verläuft, wird jedoch zahlreiche jüdische Siedlungen Israel anschließen, mehrere wichtige palästinensische Ortschaften einmauern und andere palästinensische Siedlungen auseinander reißen. Die Ortschaft Qaffin etwa verliert 60 Prozent ihrer landwirtschaftlichen Fläche, andere Regionen wie die von Kalkilya büßen nicht nur Land ein, sondern werden auch noch vom Westjordanland wie von Israel abgeschnitten. Die Mauer in dieser Gegend wird Israel weit über eine Million Dollar pro Kilometer kosten. Sie wird aus einer acht Meter hohen Betonmauer, einem zwei Meter tiefen Graben, einem Stacheldraht und einer Straße für Sicherheitspatrouillen bestehen und alle dreihundert Meter mit einem Wachturm bestückt sein.

      Der erste, 95 Kilometer lange Abschnitt dieser nördlichen Mauer verläuft von Salem bis Kfar Kassem. Mit ihr annektiert Israel de facto ein Territorium, das 1,6 Prozent des Westjordanlands ausmacht, auf dem 11 illegale israelische Siedlungen stehen und 10 000 Palästinenser leben. Israel will sich dieses Gebiet so komplett einverleiben, dass dieser Schritt bei den Verhandlungen über den endgültigen Status von Israel/Palästina schon wegen der hohen Kosten nicht mehr rückgängig zu machen ist. So gesehen lässt sich die Mauer auch als Strategie verstehen, die "Grüne Linie" - die Waffenstillstandslinie vom Ende des 6-Tage-Krieges von 1967 - zugunsten Israels zu verschieben.

      Der Bau der Mauer rund um Ostjerusalem bedeutet auch das Ende aller Bestrebungen der Palästinenser, ihren Staat auf die Region Jerusalem auszudehnen. Während die Mauer im Norden an keinem Punkt mehr als acht Kilometer tief in das Westjordanland vordringt, wird sie bei Jerusalem viel weiter in palästinensisches Gebiet hineinreichen. Die Mauer im Norden und die Mauer um Jerusalem folgen also offensichtlich nicht derselben Logik.

      Laut den israelischen Minimalforderungen, die den von der Regierung Barak bei den Friedensverhandlungen in Camp David und Taba gemachten Vorschlägen entsprechen, will man im Norden auch die stadtähnlichen Siedlungen innerhalb des Westjordanlandes für Israel erhalten. Die Mauer im Norden wird also keine politische Grenze darstellen, wie es Ministerpräsident Ariel Scharon und sein ehemaliger Verteidigungsminister Ben Eliezer auch mehrfach betont haben. Dagegen spiegelt die Mauer, die um Jerusalem herum geplant ist, sehr wohl die territorialen Interessen und wird also tatsächlich auch eine politische Grenze sein.

      Um die Herrschaft der Israelis über "Greater Jerusalem"(1) zu sichern, konzentriert die Regierung ihre Aktionen auf diese Gegend. Nach dem Plan mit dem Titel "Jerusalem einbetten", den Scharon Anfang dieses Jahres autorisiert hat, wird der erste Bauabschnitt der Mauer sowohl das ganze Stadtgebiet von Jerusalem (so wie es durch Israel nach 1967 definiert wurde) als auch die weiter außerhalb gelegenen Siedlungsstädte Givon (im Norden) und Maale Adumin (im Osten) einschließen.

      Diese Einverleibung von "Greater Jerusalem" in das israelische Staatsgebiet bringt beträchtliche Probleme mit sich - denn damit werden auch sehr viele Palästinenser "einverleibt". Daran wird deutlich, dass Sicherheitsinteressen und demografische Interessen nicht in Einklang zu bringen sind. Um dieses Problem zu lösen, versucht Israel, zwei Mauern um Jerusalem herum zu bauen. Da ist zunächst eine innere Mauer, die das Gebiet innerhalb der israelisch definierten Stadtgrenzen abtrennt. Doch darüber hinaus ist eine zweite, äußere Mauer vorgesehen, die auch die Siedlungsblöcke umfasst.

      Der Unterschied zu mittelalterlichen Festungsmauern besteht darin, dass die neuen Mauern um Jerusalem vor allem aus einem Elektrozaun und einer Patrouillenstraße bestehen werden; stellenweise sollen sie auch mit Gräben und Betonmauern verstärkt und mit Überwachungskameras ausgestattet werden. Beide Mauern muss man sich als eine Art Kettenring vorstellen, welcher die bereits bestehenden israelischen Siedlungen und die Militärposten, die schon heute von einzelnen Sicherheitskordons umgeben sind, systematisch miteinander verbindet. So wird die israelische Herrschaft auch über das Gebiet zwischen den Siedlungen lückenlos gesichert.

      Nach dem heutigen Stand der Dinge sind die Mauern im Raum Jerusalem vor allem dazu gedacht, die israelischen Gebiete von den palästinensischen Bevölkerungszentren zu trennen. Im Norden der Stadt haben die Israelis schon eine Mauer quer über den Flughafen von Kalandiyahy gebaut, die als Grenze zwischen Jerusalem und Ramallah fungiert. Im Osten verläuft eine Betonmauer entlang dem Ölberg, die sich zwischen die palästinensischen Gemeinden Abu Dis und Asaria und Jerusalem schiebt. Im Süden wurde eine Mauer mit vorgelagertem Graben gebaut, die nicht nur Bethlehem von Jerusalem scheidet, sondern auch ein beträchtliches Stück des Gemeindelandes abzwackt, das Bethlehem nach 1967 noch verblieben ist. Damit haben die Israelis nebenbei auch noch Rachels Grab annektiert, eine für Juden wie für Muslime heilige Stätte, die eigentlich tief innerhalb der Gemarkung von Bethlehem zwischen zwei palästinensischen Flüchtlingslagern gelegen ist.

      Da es gegen dieses israelische Vorgehen keinerlei internationalen Proteste gibt, plant Jerusalems Bürgermeister Ehud Olmert eine weitere Mauer um Kufr Aqab und das Flüchtlingslager Qalandia. Die palästinensischen Bewohner dieser Gegend, die im äußersten Norden des israelischen Jerusalem liegt, haben Jerusalemer Personalausweise und zahlen israelische Steuern, ohne die entsprechenden kommunalen Dienstleistungen zu erhalten. Im Gegenteil: der Checkpoint von Kalandiyahy versperrt ihnen den freien Zutritt nach Jerusalem. Und überdies plant Olmert nun noch eine Mauer, die das Gebiet auch noch vom Westjordanland abschneidet. Damit werden die Bewohner praktisch in einem virtuellen Gefängnis leben.

      Wenn die Mauer vom Norden des Westjordanlands bis nach Jerusalem fertig gestellt sein wird, wird Israel über 7 Prozent dieses Gebietes annektiert haben, was 39 Siedlungen mit etwa 270 000 Bewohnern einschließt - aber auch 290 000 Palästinenser, von denen 70 000 keine israelischen Bürger sind. Diese haben also kein Recht auf Bewegungsfreiheit oder auf Sozialleistungen - obwohl der Staat sie von ihrer Lebensbasis im Westjordanland abschneiden wird. Diese 70 000 Menschen werden also unter höchst prekären Bedingungen leben und einem ständig zunehmenden Emigrationsdruck ausgesetzt sein. Und die Fortsetzung der Mauer im Süden in Richtung Hebron wird die Annexion von noch einmal etwa 3 Prozent des Westjordanlandes mit sich bringen.

      Mit dem Bau der Mauer und der weiteren Expansion der Siedlungen folgen die Israelis der bekannten Logik: "Was wir heute bauen, wird uns morgen gehören." Ihre Handlungen verstoßen zwar gegen das Völkerrecht und gegen dutzende von UN-Resolutionen, aber es gibt keine politischen Instrumente, um sie zu stoppen. Je stärker bewehrt und befestigt die Siedlungen sind, desto schwieriger und teurer wird es, sie zu beseitigen. Damit gewinnt das Kriterium, das der frühere US-Präsidenten Bill Clinton im Dezember 2000 in Camp David für einen künftigen Jerusalem-Kompromiss eingeführt hat, einen ganz anderen dynamischen Sinn. Die Formel "Was jüdisch ist, wird israelisch, was arabisch ist, ist palästinensisch" scheint jede israelische Expansion zu legitimieren, die bis zum Beginn künftiger Verhandlungen stattgefunden haben wird.

      Die internationale Gemeinschaft steht heute offensichtlich hinter dem Nahostplan des "Quartetts" (USA, EU, Russland, UN), der den Neubeginn von Verhandlungen über eine endgültige Friedensregelung innerhalb von drei bis fünf Jahren vorsieht. Aber sie macht sich kaum Gedanken über die Frage, welche Art von Palästinenserstaat dann überhaupt noch zur Debatte stehen wird. Da allein schon die Mauer den Palästinensern 10 Prozent ihres Territoriums im Westjordanland wegnehmen wird und da die israelischen Siedlungen sich in allen besetzten Gebiete weiter ausbreiten, ist die Verhandlungsposition der Palästinenser massiv unterminiert

      Wenn es also eine Chance für die Wiederaufnahme von Verhandlungen im Rahmen einer Zweistaatenlösung geben soll, muss die internationale Gemeinschaft heute durchsetzen, dass der Siedlungsbau eingefroren und die Rückführung von Siedlern aus den besetzten Gebieten nach Israel gefördert wird. Eine solche politische Initiative kann nicht so lange aufgeschoben werden, bis alle möglichen Vorbedingungen erfüllt sind oder gar ein Waffenstillstand zustande kommt.

      Künftige Friedensverhandlungen werden sich mit sehr viele Aspekten befassen müssen, aber die Siedlungen und der Bau der Mauer sind vordringliche Themen, da eine reale und akute Bedrohung nicht nur für den Frieden in der gesamten Region darstellen. Sie gefährden auch den Gesamtrahmen einer Friedensregelung und die Perspektive einer künftigen Koexistenz zwischen zwei unabhängigen und lebensfähigen Staaten.

      aus dem Engl. von Niels Kadritzke

      Le monde Diplomatique: Mauern gegen den Frieden
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      schrieb am 07.01.03 19:31:30
      Beitrag Nr. 71 ()
      Die Verhinderung von Politik

      Taz vom 9.12.2002

      Israels Regierung stellt ihre Palästinapolitik als Teil des Kampfes gegen den Terror dar. Tatsächlich will sie die Ergebnisse des Nahost-Friedensprozesses radikal umkehren "Wenn ich Palästinenser wäre, würde ich heute in den Reihen der Hamas kämpfen", sagte Ehud Barak im Jahre 1998. Der markige Satz brachte ihm vor seiner Wahl zum Ministerpräsidenten in Israel natürlich eine gehörige öffentliche Schelte ein. Bei den heutigen palästinensischen Schülern scheinen Baraks Worte dagegen auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Ein Filmbericht aus einer Schule in einem Flüchtlingslager bei Ramallah, der unlängst im deutschen Fernsehen lief, zeigte Schüler im Alter von 8 bis 12 Jahren, deren martialische Zeichnungen von "Märtyrern" nur eines verkündeten: uneingeschränkte Sympathie für die islamistischen Gruppierungen Hamas und Islamischer Dschihad. Von Arafats PLO war keine Rede. Derselbe Film präsentierte auch Schüler einer jüdischen Siedlung bei Ramallah, die - beim Auftauchen der Kamera - spontan den Slogan "Tod den Arabern" skandierten. Momentaufnahmen einer hundertjährigen Tragödie.

      Vor knapp zwei Jahren ist Ariel Scharon angetreten, um die "Infrastruktur des Terrors" auszumerzen. Tausende hat er inhaftieren, hunderte exekutieren lassen. Die israelische Besatzungsarmee hat unzählige Strafexpeditionen unternommen - zuletzt sinnigerwiese am heiligen islamischen Fest Eid al-Fitr am Ende des Ramadan -, dutzende von Häusern gesprengt, Flüchtlingslager mit Bulldozern eingeebnet, das Hauptquartier von Autonomiepräsident Jassir Arafat plattgemacht, palästinensische Ministerien, Schulen, Rundfunkgebäude und andere öffentliche Einrichtungen in Schutt und Asche gelegt, Städte und Dörfer durchkämmt und abgeriegelt, Industrieanlagen bombardiert und die Mehrheit der Palästinenser in Existenznot und Armut gestürzt.

      Das Ergebnis dieser Politik kann selbst aus israelischer Sicht nur als niederschmetternd bezeichnet werden. Erst im vergangenen Monat gelang es drei Attentätern der Organisation Islamischer Dschihad in Hebron, neun Soldaten und drei Sicherheitskräfte zu töten - ein Debakel für Israels Armee. Nur Tage später erschossen palästinensische Selbstmordattentäter sechs Israelis vor einem Wahlbüro der Likud-Partei von Ariel Scharon. Der Anschlag im Ferienort Mombasa legt überdies die Vermutung nahe, dass sich nun auch al-Qaida des symbolträchtigen Kampfes gegen Israel angenommen hat. Was Scharon immer wieder von Arafat gefordert hat, hat er selbst nicht zustande gebracht: die Zerschlagung der islamistischen Untergrundgruppen sowie die Beendigung des militärischen Kampfes und der Selbstmordanschläge auf israelischem Gebiet. Mit der Zerstörung der Autonomiebehörde und der Delegitimierung Arafats hat sich Scharon seines palästinensischen Verhandlungspartners beraubt. Das muss er auch, wenn er seinen "Friedensplan" durchsetzen will. 42 Prozent des Westjordanlandes und 75 Prozent des Gaza-Streifens hat er für einen "palästinensischen Staat" reserviert. Ein "palästinensisches Bantustan" auf gerade einmal zehn Prozent des historischen Staatsgebiets Palästinas dürfte nicht einmal Scharon als "gerechte Lösung" des Palästinakonflikts verkaufen können.

      Israel führt heute einen territorialen Siedlerkrieg, der dem französischen Kolonialkrieg in Algerien in den Jahren 1958-62 auf fatale Weise ähnelt. Der exzessiven Gewaltanwendung der Kolonialmacht steht ein ebenso barbarischer Krieg der Befreiungsbewegung gegenüber. Dennoch existiert heute im Vergleich von Israel mit Frankreich ein wesentlicher Unterschied: Frankreich hatte nie die Option, Millionen von Algeriern zu vertreiben. In Israel wird dies zumindest diskutiert. Die israelische Rechte fordert Vertreibungen analog zur "Lösung des Palästinaproblems" im Jahre 1948 und dem Sechstagekrieg von 1967. Damals wurden mehr als eine Million Palästinenser ihrer Heimat beraubt. Ein US-geführter Krieg gegen den Irak könnte nun - zumal bei einem irakischen Angriff auf Israel - den gewünschten Vorwand für einen weiteren "Transfer" von Palästinensern liefern. Führer der israelischen Siedler spekulieren offen über den "großen Krieg", in dem "die Araber abhauen".

      Der israelischen Regierung ist es - zumindest gegenüber den Regierenden in den USA und Deutschland - propagandistisch gelungen, ihren Eroberungs- und Rachefeldzug gegen die Palästinenser als Teil des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus auszugeben. Dabei ist dieser Vergleich ebenso vordergründig wie irreführend. Das Ziel aller Befreiungsbewegungen ist historisch die nationale Souveränität - nicht etwa die Weltherrschaft oder die Zerstörung einer Weltmacht. Und jede nationale Bewegung - die zionistische im Besonderen - bediente sich im Laufe ihrer Geschichte terroristischer Methoden. Eine Besatzungsmacht, die sich der Mittel wie Bombardierungen und Exekutionen, Landnahme und willkürlichen Enteignung, Zerstörung von Häusern und Vernichtung von Ernten bedient, kann schwerlich eine zivile Form des Widerstands erwarten.

      Es ist eben kein Zufall, dass die Selbstmordattentate der Hamas erst einsetzten, nachdem der israelische Arzt und Siedler Baruch Goldstein im Jahre 1994 29 Muslime in der Abraham-Moschee ermordete und die israelische Armee im Verlauf der folgenden Proteste noch einmal mehr als 20 Palästinenser tötete. Auch die zweite Intifada brach erst aus, nachdem israelische Polizei und Armee am zweiten Tag nach Scharons Besuch auf dem Tempelberg unter exzessivem Schusswaffengebrauch 20 Palästinenser tötete. Es sind nicht die Palästinenser, die aus Israel abziehen müssen, um einen Frieden zu ermöglichen. Es sind auch nicht die Palästinenser, die Siedlungen auflösen müssten, um illegale Eroberungen und Landnahmen rückgängig zu machen. Und schließlich sind es auch nicht die Palästinenser, die willentlich und fortdauernd Resolutionen des UN-Sicherheitsrates ignorieren und die internationale Gemeinschaft düpieren.

      Nicht nur orthodoxe, ultranationalistische und rechtsradikale israelische Parteien - auch Ariel Scharon, Benjamin Netanjahu und Mosche Mofaz hatten nie etwas anderes im Sinn, als die Verträge von Camp David zu Fall zu bringen. Regierungskrisen und Neuwahlen waren dabei noch stets ein probates Mittel der israelischen Politik, um sich aus der politischen Verantwortung zu stehlen. Netanjahu nutzte es, als er das Wye-River-Abkommen von 1998 über einen vertraglich zugesagten Teilrückzug der Armee in seiner Koalition nicht durchsetzen konnte. Barak nutzte es, als er die Einigung von Taba im Herbst 2000 nach dem gescheiterten Gipfel von Camp David seiner Koalition nicht erklären konnte oder wollte. Und Scharon nutzt dieses Mittel jetzt, um die Pläne der internationalen Gemeinschaft zur Gründung eines palästinensischen Staates, wie ihn das Nahost-Quartett aus USA, EU, Russland und UNO vorgeschlagen hat, zu Fall zu bringen. Israels Machtelite wartet heute auf eine Chance, die Ergebnisse des Nahost-Friedensprozesses endgültig zunichte zu machen. Dabei könnte sich ein Krieg der Vereinigten Staaten gegen den Irak als durchaus hilfreich erweisen.

      GEORG BALTISSEN

      taz Nr. 6925 vom 9.12.2002
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      schrieb am 08.01.03 15:32:37
      Beitrag Nr. 72 ()
      Blair sagt nach Zerwürfnis mit Israel Nahost-Konferenz in London ab
      von Thomas Kielinger

      London - Die britischen Bemühungen, dem Dialog über die Zukunft der palästinensischen Frage neuen Impetus zu verleihen, haben einen schweren Rückschlag erlitten. Das Debakel wurde verursacht durch die Entscheidung des israelischen Außenministeriums, keine palästinensischen Repräsentanten zu der für den 14. Januar in London anberaumten Nahost-Konferenz ausreisen zu lassen. Auf ihr sollte die weithin gewünschte Strukturreform der palästinensischen autonomen Verwaltung besprochen werden. Ohne Teilnahme jener Politiker aber, für die das Londoner Treffen überhaupt einberufen worden war, verliert das ganze Unternehmen seinen Sinn. Infolgedessen hat sich die Blair-Regierung jetzt gezwungen gesehen, die Konferenz kurzfristig abzusagen und auf einen unbestimmten späteren Zeitpunkt zu verschieben.


      Eingeladen zu dem runden Tisch, bei dem Außenminister Jack Straw persönlich den Vorsitz führen wollte, waren Teilnehmer aus den USA, der UNO, der Europäischen Union, Russlands, Ägyptens, Jordaniens und Saudi-Arabiens. Vergeblich hatte Straw bei seinem Amtskollegen Benjamin Netanjahu interveniert, das Nein Jerusalems zur Ausreise der Palästinenser noch einmal zu überdenken. Netanjahu blieb eisern in seiner Ablehnung. Sie ist Teil von Israels Reaktionen auf den jüngsten Doppelselbstmordanschlag in Tel Aviv.


      „Leuten, die solchen Horror zu verantworten haben, auch noch die Gelegenheit zu geben, nach London zu reisen und dort über Scheinreformen zu reden, würde dieser ganzen Täuschung nur zu weiterer Verbreitung verhelfen“, begründete Außenminister Netanjahu die israelische Haltung. Schärfer noch war der telefonische Wortwechsel zwischen den beiden beteiligten Ministern ausgefallen, den die israelische Botschaft in London in einem erstaunlichen Fall von offizieller Indiskretion als Transkript bekannt gab. Demnach empörte sich Netanjahu, es könne angesichts der Anschläge vom Wochenende kein „business as usual“ mit
      den Palästinensern geben: Führungsgruppen, die durch Terror kompromittiert sind, könnten „keine Partner für den Frieden“ sein. „Ihr in Großbritannien“, so fügte der israelische Politiker verbittert hinzu, „macht genau das Gegenteil“.


      Das Argument verbat sich Straw seinerseits, mit der Replik: „Nein, es ist Israel, das vom Gegenteil befangen ist. Statt sich darauf zu konzentrieren, dem Terror beizukommen, schlägt es gegen palästinensische Delegierte zurück.“
      Auch Amerikas Außenminister Colin Powell hat inzwischen die israelische Weigerung bedauert, die vorgesehenen palästinensischen Teilnehmer an der Londoner Konferenz reisen zu lassen. Den Angaben zufolge forderte Powell Israel aber nicht auf, das Reiseverbot aufzuheben.


      Das Zerwürfnis zwischen London und Jerusalem dürfte sich weiter vertiefen, wenn morgen Tony Blair Amram Mitzna, den neuen Anführer der oppositionellen Labour-Partei Israels, in der Downing Street empfängt. Einem solchen Treffen mit Außenminister Netanjahu bei dessen Besuch in London im Dezember war Blair gezielt aus dem Weg gegangen.


      Artikel aus "Die Welt" erschienen am 8. Jan 2003
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      schrieb am 08.01.03 15:40:56
      Beitrag Nr. 73 ()
      Die Suche nach einer Alternative zu Scharon
      Die Anschläge verhindern jeden Fortschritt in Nahost


      von Avi Primor (kein Geringerer als der ehemalige langjährige Botschafter Israels in Deutschland)



      Tel Aviv - Der Wahlkampf in Israel spitzt sich zu. Zwar geht man davon aus, dass der amtierende Ministerpräsident Ariel Scharon wieder gewählt und seine Partei sogar zulegen wird, aber am Wahlkampf herrscht dennoch reges Interesse.


      Die meisten Israelis sind prinzipiell zu Zugeständnissen an die Palästinenser bereit. Sie werden dennoch eine Regierung wieder wählen, die eine Fortsetzung der Politik der letzten zwei Jahre bedeuten wird, wenn nicht sogar deren Verschärfung. Sollte das regierende rechte Lager unter Führung des Likud dennoch eine große Koalition mit der Arbeitspartei bilden, würde die Arbeitspartei wohl noch weniger Gewicht und Einfluss in der Koalition haben als in den letzten beiden Jahren – und da war ihr Einfluss auch schon nicht sehr beeindruckend.


      Die Israelis gehen davon aus, dass es keine echte Alternative zu Scharons Politik geben kann. Anders als Scharon und die Spitzenpolitiker des rechten Lagers meint die Mehrheit der Bevölkerung und selbst die Mehrheit der Likud-Wähler, dass die Lösung der Nahost-Krise nur eine politische sein kann, die umfangreiche Zugeständnisse umfasst. Die Mehrheit glaubt aber auch, dass es keinen Gesprächspartner auf der Seite der Palästinenser gibt.


      Die Arbeitspartei will sich dennoch als Alternative präsentieren und wählte zunächst einen neuen Vorsitzenden: Amram Mitzna, den gemäßigten und äußerst erfolgreichen Oberbürgermeister der Industrie- und Hafenstadt Haifa. Bekannt wurde Mitzna 1982, als der damalige Berufsoffizier in aller Öffentlichkeit das Vorgehen des Verteidigungsministers (damals Scharon) im Libanon-Krieg kritisierte. Prompt wurde er von Scharon entlassen.


      Mitzna propagiert einen anderen Weg aus der Krise als den militärischen. Er schlägt nicht nur Verhandlungen mit den Palästinensern vor – während aber auch er mit allen Mitteln und mit aller Härte den Terror weiter bekämpfen will –, er geht einen Schritt weiter und verspricht im Falle seiner Wahl zum Premier, sollten die Verhandlungen nicht innerhalb sehr kurzer Zeit von Erfolg gekrönt sein, einseitig den Gazastreifen inklusive aller dort befindlichen jüdischen Siedlungen zu räumen. Mitzna stellt sich dann eine Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen vor, die für die Palästinenser nicht zu passieren wäre. Wenn mit den Palästinensern kein Frieden möglich ist, so sagte Mitzna, müssten sich die Israelis einseitig von ihnen trennen und sich auf ihrem Boden gegen terroristische Infiltrationen verteidigen – genau so, wie es zum Beispiel mit den Syrern bereits der Fall ist.



      Mit Syrien lebt Israel im Kriegszustand, Syrien ist der derzeit mächtigste und gefährlichste Feind in Israels unmittelbarer Nachbarschaft. Dennoch sei die Grenze zwischen Israel und Syrien vollkommen ruhig. Die einseitige Räumung des Gazastreifens sollte unter solchen Umständen innerhalb von einem Jahr vollendet werden, verspricht Mitzna. Diese einseitige Räumung soll dann als Vorbild für das Westjordanland dienen. Die Palästinenser würden dann feststellen können, dass er, Mitzna, imstande sei, Gebiete und Siedlungen zu räumen. Das habe keiner seiner Vorgänger seit den Anfängen des Osloer Vertrages getan, nicht einmal Jizchak Rabin oder Schimon Peres. Und das, so hofft Mitzna, werde die Palästinenser hoffentlich motivieren, ernsthaft zu verhandeln und Zugeständnisse zu machen.

      Quelle: Die Welt, 8.1.2003
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 13:51:20
      Beitrag Nr. 74 ()
      .


      Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen:

      http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/13954/1.html


      .
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 14:13:32
      Beitrag Nr. 75 ()
      ...wo ist denn bitte da das Problem. Hier wird auf friedliche Weise - also nicht mit Hackerattacken o.ä. - versucht, die Provider zu überzeugen. Wenn sie sich nicht überzeugen lassen, dann bleibt alles beim alten.

      Und der Rest des Artikels ist sehr einfach gestrickt: immer nach dem Motto: in diesem Fall mag es ja richtig sein, weil es ja wirklich Terroristen waren, die unter falscher Adresse aktiv wurde, aber es könnte ja beim nächsten Mal auch das Rote Kreuz sein.
      Fragt sich nur, ob besagte Organisation dies dann "verpetzen" würde und ob der Provider sich dann überzeugen ließe.

      Mit anderen Worten. Weil es pro-israelisch und anti-islamisch ist, ist es automatisch schlecht und man muss das Haar in der Suppe finden. Wäre schön, wenn sich die Gegenseite auch mit derart zivilen Formen des Protestes begnügen würde.
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 14:59:24
      Beitrag Nr. 76 ()
      @DT, ich habe es mir auf der Zunge zergehen lassen.

      Viviel Arbeit, was die sich da vorgenommen haben.

      Muß denn jeder auf dieser Welt Anti- Amerikanisch geworden sein, oder antisemitisch, bis Du zufrieden sein wirst ?

      Was genau gefällt Dir daran nicht ?

      Fällt Dir nicht auf, daß fast die gesamte Bevölkerung dieses Landes im Schulterschluß steht mit Regierung, mit den Zeitungen ( Der Spiegel heute: Blut für Öl), mit den Kirchen. Gewerkschaften. Sogar die Kabarettisten hauen in dieselbe Kerbe der schieren Antiamerikanismus. So einen Schulterschluß hat es noch nie gegeben.

      Hast Du schon mal davon gehört, daß die Mehrheit immer Recht hat ? Besonders an der Börse soll das ja so sein.

      Ich würde an Deiner Stelle mal mit dem Nachdenken beginnen, was hier nicht stimmen kann.

      Dann kommst Du vielleicht darauf, was nicht stimmen kann, wenn Heise solche Berichte reinstellt, und bei Dir, bei dem sonst alle Lampen angehen, lediglich ein Reflex ausgelöst wird, sich in die Mitte des Stromes zu begeben.

      Das ist natürlich ein Aufruf auch an andere. Es ist kein Aufruf zu weiteren Diskussionen, die haben wir ja ohnehin. Jeder für sich: Die Gefahr der wohligen Wärme sich in einer möglichst großen Mehrheit zu befinden. Und die Chancen, am Ende daraus ohne Kater aufwachen zu können.

      Differenzierungen, meine Herren ! Jeder für sich !

      SEP
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 16:20:53
      Beitrag Nr. 77 ()
      Muß denn jeder auf dieser Welt Anti- Amerikanisch geworden sein, oder antisemitisch, bis Du zufrieden sein wirst? :confused:

      Und das von einem der jede Woche mindestens einen W : O User zum Antisemiten macht. :cry:
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 16:54:31
      Beitrag Nr. 78 ()
      ..dennoch ist die Frage von uns beiden "Antisemitenmachern" ja wohl berechtigt, was an dem Artikel bzw. den dort geschilderten Zuständen denn bitte so schlimm sein soll....
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 17:47:18
      Beitrag Nr. 79 ()
      Sep`s Tendenz, jeden und alles sofort als Antisemit
      abzustempeln erfüllt den Zweck des "Antisemitenmachers"
      besser als jedes rechte Geschreibe. Was er,nicht nur er,
      hier betreibt ist für mich eine dreiste Ausbeutung des
      Leids der Juden die in deutschen Lagern gestorben sind.
      Und übrigens, es nicht nur Juden gestorben.

      Zum Artikel will ich mich jetzt nicht äussern da die Problematik der Internetkontrolle um einiges viel-
      schichtiger ist, die nicht "einfach mal" so abgehandelt werden kann.
      Avatar
      schrieb am 18.01.03 00:00:25
      Beitrag Nr. 80 ()
      Terror als Naturereignis
      von Amira Hass
      Ha’aretz / ZNet 15.01.2003


      Ein hochrangiger (israelischer) Offizier wurde letzte Woche gefragt, ob er glaube, die IDF (Israelische Armee) sei gerüstet gegen Provokationen von Anhängern der “Transfer”-Idee aus Kreisen der Armee respektive aus Kreisen der Westbank-Siedler. Ob die Armee gegebenenfalls in der Lage sei, alle Versuche einer Massenvertreibung von Palästinensern abzuwehren. Der Offizier gab folgende Antwort: Wenn ein Mega-Anschlag passiere, ein Anschlag, den die Sicherheitskräfte nicht verhindern könnten, wie beispielsweise eine Autobombe mitten in einer belebten israelischen Großstadt oder in einem Gebäude, bei dem es zu dutzenden oder gar hunderten Toten käme, in dem Fall sei es durchaus möglich, dass einen Tag später extremistische Israelis eine “angemessene Antwort” fänden - zum Beispiel die Vertreibung sämtlicher Bewohner der Heimatgemeinde der Planer dieses Terroranschlags. Der Offizier gab zu, wenn so etwas einträte, wäre es zweifelhaft, ob die Armee eine derartige Vertreibung verhindern könnte oder auch nur wollte. “Die Armee hat versagt, als es darum ging, die Siedler davon abzuhalten, die palästinensische Olivenernte in der Westbank zu sabotieren bzw. Oliven zu stehlen. Auch der Staat hat versagt, denn soweit ich weiß, wurden diejenigen Siedler, die die Olivenernte sabotierten, in keinster Weise belangt, obgleich ihre Identität den Behörden bekannt ist”, so der Offizier. Er hielt auch nicht hinterm Berg mit seinem Gefühl, dass wir uns auf endlose weitere Eskalationen gefasst machen müssten. Aber unser Verteidigungsminister Shaul Mofaz, bis vor kurzem Generalstabschef, sagt: “Wir sind auf dem Höhepunkt der Terrorwelle angelangt”.

      Tag für Tag werden in den Territorien zwischen 5 u. 20 Palästinenser verhaftet. Und alle paar Tage geht die IDF irgendwo rein, um irgendwas zu zerstören. Und an jedem zweiten Tag werden palästinensische Zivilisten, darunter Kinder u. alte Leute, (irrtümlich) getötet - zusätzlich zu bewaffneten Palästinensern respektive Terrorattacken Planenden, die getötet werden. Eines jener zufälligen Opfer war ein behindertes Kind, das am Sonntag in Khan Yunis starb, als die IDF Raketen auf zwei Hamas-Aktivisten abfeuerte, die Raketen verfehlten ihr Ziel jedoch. Und daneben finden in aller Stille ganz routinemäßige Aktionen statt, von denen die Israelis überhaupt nichts erfahren - im Grunde interessiert es sie auch nicht. Da sind zum Beispiel die Checkpoints, an denen (israelische) Soldaten stehen, die alte Menschen beschimpfen, junge Menschen beschimpfen u. die Leute grundlos u. mit Absicht warten lassen. Da sind die Reisebeschränkungen. Da sind die Eisentore, die die Dörfer u. Städte in Gefängnisse verwandeln. Da sind die Vorladungen zum Geheimdienstverhör (Shin Bet), denn der Geheimdienst versucht ja, neue Kollaborateure anzuwerben u. die Leute über ihre Nachbarn u. Verwandten auszuhorchen. Da sind die Ausgangssperren u. die zu Hause eingesperrten Kinder. Da sind die von IDF-Bulldozern aufgerissenen, zerstörten Straßen. Da sind die Häuser, die man abreißt, nur weil darin ein Terrorist gewohnt hat. Da sind die Eisenwarenläden u. Färbereien, die man zerstört. Da sind die Wasser- u. Stromnetze, die während der Razzien beschädigt werden. Und währenddessen werden neue Straßen fertiggestellt, auf denen ausschließlich Juden fahren dürfen. Da sind Tränengasgranaten auf “Unruhestifter”, u. da ist Bauernland, das immer mehr unter die Ketten der Panzer gerät. All diese Dinge geschehen parallel zu immer neuen ‘glorreichen’ IDF-Operationen - u. da heißt es, wir seien schon am Scheitelpunkt der Terror-Kampagne angelangt!

      Der offensichtlich massive Zulauf für den rechten Block, im Hinblick auf die Wahl am 28. Januar, zeigt, dass eine Mehrheit der Israelis nach wie vor überzeugt ist, alles, was die IDF tut - im Auftrag der Politik tut - sei richtig, sei effektiv, nur eben noch nicht massiv genug. Die Eskalation wird wie ein Wintersturm betrachtet oder wie ein ‘Sharav’ - als Naturereignis, (als höhere Gewalt) eben. Man kann den Schaden begrenzen, verhindern jedoch kann man ihn nicht. Die Israelis ziehen höchstens den Schluss, die Erfolglosigkeit sämtlicher IDF-Operationen im letzten Jahr - zur Bekämpfung der palästinensischen Terrorwellen - beweise, wie mörderisch u. verschlagen manche Palästinenser eben sind, wieviel Terror in ihrem Blut fließe. Folglich sehen die meisten Israelis die Lösung auch in einer verstärkten Fortsetzung derselben Methoden - noch massivere Gewalt in noch kürzeren Abständen u. in noch schmerzhafterer Härte.

      Israel ist eine Demokratie. Wichtige Informationen kann man vor der israelischen Öffentlichkeit nicht geheimhalten. Israelische Bürger mit abweichender Meinung sind nicht von Jobverlust oder von Haft bedroht. Die enorme Unterstützung für die Rechten - inklusive Shinui - beweist daher, ein Großteil der jüdischen Öffentlichkeit (in Israel) ist keineswegs an der Beantwortung der Frage interessiert, ob die israelische Militärpolitik denn nicht eigentlich alogisch ist bzw. die israelische Politik gegenüber Zivilisten. Zudem scheint dieser Mehrheit egal zu sein, dass es einen eindeutigen Zusammenhang gibt zwischen der eigenen ökonomischen Situation, die sich ja immer mehr verschlechtert u. jenen Strategien, die eine politische Lösung ausschließen. Die Mehrheit in Israel scheint einfach noch nicht bereit, auf diejenigen zu hören, die sagen, vielleicht verhindert diese Militärpolitik kurzfristig tatsächlich ein paar Anschläge bzw. zerstört die Infrastruktur des Terrors, aber langfristig gesehen erzeugt sie hunderte neuer Freiwilliger für die palästinensischen Schattenarmeen u. vergrößert so die Terrorgefahr weiter. Stattdessen hört die überwiegende Mehrheit lieber auf diejenigen, die schildern, wie teuflisch, lächerlich u. korrupt es auf der palästinensischen Seite zugehe. Die meisten wollen zudem auch nichts hören von einem Zusammenhang zwischen dem kontinuierlichen Terror u. der Fortsetzung des extremen militärischen u. ökonomischen Drucks, der auf die gesamte palästinensiche Bevölkerung ausgeübt wird. Und die Mehrheit der Israelis will auch nicht sehen, dass es einen Zusammenhang gab zwischen dem Neuaufflammen des Konflikts im September 2000 u. der nichtmilitärischen Konsolidierung israelischer Kontrolle über die ‘Gebiete’ (u. das während der gesamten Osloer Jahre). Die meisten Israelis stehen vielmehr weiterhin hartnäckig hinter Premierminister Scharon, wenn dieser erklärt: “zuerst müssen die den Terror stoppen, dann fangen wir an zu verhandeln”. Also wappnen wir uns besser für die nächste Rekord-Welle des Terrors.
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 15:39:35
      Beitrag Nr. 81 ()
      Irgendwann einmal werden nachfolgende generationen in Israel die Alten bohrend fragen, weshalb sie so etwas zuließen, weshalb sie geschwiege haben zu so eindeutigem Recht.

      Und dann werden die Alten einen schlimmen Satz sagen, wie er in Fällen des Wegsehens und des jahrelangen Leugnens immer kommt:

      "Wir haben doch damals nichts davon gewußt!! "

      Und die junge Generation wird den Alten genausowenig glauben wie in anderen Ländern zuvor. Zu recht.

      Dann wird eine Identitätskrise kommen und danach wird man etwas demütiger sein, wenn man sich zum Herrscher über andere Lebensentwürfe macht...
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 15:43:01
      Beitrag Nr. 82 ()
      81...noch billiger geht es doch wohl nicht mehr, oder???...(Möllemann II)

      Den Riesenunterschied zwischen dem "III. Reich", auf das hier angespielt wird und der Situation in Israel sollte ja wohl auch dem Dümmsten klar sein. Und der Verdacht drängt sich auf, dass es eben doch um eine Relativierung der dt. Geschichte nach dem Motto geht: "Seht ihr, die sich ja auch nicht besser...."
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 16:10:32
      Beitrag Nr. 83 ()
      die sau -juden wollen doch gar keinen frieden ,sonst hätten sie den schlächter
      sharon schon längst über den jordan befördert.
      israel=amerika
      amerika=israel
      dann ist jawohl alles klar.
      leute wie möllemann sagen wenigstens wie es ist und vertuschen nichts über die greueltaten
      der feinseligen juden
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 16:18:42
      Beitrag Nr. 84 ()
      #83 hdw42 Solltest du deinen Ausdruck nicht umformulieren , werde ich eine Sperrung von Dir veranlassen.Ich bin ein gegner von Sperren und selbst nicht zimperlich,aber hier handelt es sich um Rassismus in übelster form.:mad:
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 16:25:19
      Beitrag Nr. 85 ()
      also ich meine natürlich nicht alle juden,sondern die hardliner
      und da gehört sharon dazu
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 17:02:06
      Beitrag Nr. 86 ()
      xylophon - primitive Unterstellungen, wie immer... :rolleyes:

      Lies´den Artikel mal zwischen den Zeilen.

      Mann, versuche, deine Hass mir gegenüber wenigstens gelegentlich einmal in den Griff zu bekommen.. ist ja nur noch peinlich...


      Versuch´doch einmal, den sogenannten sep-Reflex auf Rückenmarksebene in den Griff zu bekommen.

      Kritik an Israel, deren Politik sogar von Friedens- /Literaturnobelpreisträgern zu recht als rasistisch und "Apartheid" bezeichnet werden, sind deswegen keine Antisemiten!

      Terror als Naturereignis
      von Amira Hass
      Ha’aretz / ZNet 15.01.2003

      Ein hochrangiger (israelischer) Offizier wurde letzte Woche gefragt....
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 17:04:51
      Beitrag Nr. 87 ()
      :laugh: :laugh: :laugh: dieser ganze "wir haben ja nichts davon gewußt" - Quatsch war also keine Anspielung???

      Das kannste irgendwelchen Volltrotteln erzählen, jeder andere weiß so etwas einzuordnen.
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 20:25:59
      Beitrag Nr. 88 ()
      na gut,

      dann bist Du wohl unfähig, zu abstrahieren.

      gemeint war - und wenn Du das jetzt nicht verstehst, dann WILLST Du nicht verstehen - die typische "Weg-Seh-Nummer" aller menschen, die MITLÄUFER sind und dadurch System-Fehler stabilisieren.

      Unrecht geschieht an vielen Orten auf dieser Welt.

      Und an ebendiesen Orten gibt es massenhaft Mitläufer.
      Diese machen es sich im system bequem, arrangieren sich und wenn das System zusammenbricht, so werden sie plötzlich zu Ex-Untergrundkämpfern, Ex-DDR-Regimekritikern, Ex-Apartheid-Gegnern, .....

      HAben wir Deutsche 2 mal gesehen(Nazi-Deutschland und DDR) , es gab plötzlich nur noch angebliche Widerstandskämpfer. Andere NAtionen haben soclhes auch schon mitgemacht.
      (z.B. gab es nach der Frz. Revolution plötzlich keinerlei Hofschranzen mehr, nur noch "Heimliche Revolutionäre" und "Stille Sympathisanten , in der Entstalinisierngsphase der UDSSR gab es plötzlich auch keine Knechte des Stalinismus mehr)

      Diese Liste könnte man für fast alle Nationen weiterführen.

      Ich will also auf das "Wegsehen" hinaus.

      Und es gibt immer mehr Israelis (Gottseidank) die das derzeitige Vorgehen der Regierung NICHT BILLIGEN, sondern VERURTEILEN.
      Und genau das mache ich auch: ich billige es nicht, ich verurteile das Vorgehen, weil es gegen viele UN-Resolutionen und gegen die Menschenrechte verstößt.

      Leider ist Israel in der Situation, daß die vielen "Wegseher" und Verdränger - wie im Artikel beschrieben - das System stabilisieren.

      Und diese Leute WISSEN und SPÜREN, daß mit dem Vorgehen der israelischen Regierung etwas nicht in Ordnung ist.

      Aber sie sind halt feige, ignorant, haben andere Gründe, es zu verdrängen.

      Die zeichen und tgl. Informationen sind jedoch so deutlich, daß sich andere, die mit dem Abstand des "Spätergeborenen" kopfschüttelnd fragen werden, wie man so etwas durch NICHTSTUN und KONSEQUENTES IGNORIEREN gutheissen kann.

      ES geht - um das NOCH EINMAL zu sagen - nicht um den Vergleich eines historischen Unrechts (millionenfacher Genozid im Dritten Reich) mit einem anderen Unrecht (Unterdrückung , Demütigung, Liquidieren von PAlästinensern) sondern darum, daß das Unrecht, welches Israel den PAlästinensern antut, so deutlich ist, daß nachfolgende generationen dies den vorangegangenen vorwerfen werden.

      Fazit: Ich habe PArallelen bei der Toleranz (im Sinne von wider die eigene Moral hinnehmen) von Himmelschreiendem Unrecht gegenüber anderen Menschengruppen durch z.B. Staaten gesehen und hoffe, daß nachfolgende Generationen dies nicht mehr hinnehmen, sondern das Ruder herumreißen.

      Und wenn ich jetzt schreibe, daß ich nicht verstehe, wie ein so gequältes, gedemütigtes Volk wie die Juden in Israel sich gegenüber den 99,9 friedlichen Prozent der Palästinensern derart benimmt, wie in diesem und anderen Artikeln beschrieben, dann ist NICHT der untaugliche Versuch, unvergleichbares zu vergleichen, sondern die fassungslose Frage:

      "Wenn man eine so schreckliche jüngere Geschichte hat wie die Juden - warum ziehen sie neben dem nachvollziehbaren Willen, nie wieder einem genozid zum Opfer fallen zu wollen, nicht ebenfalls den Schluss: Auch wir wollen nicht andere Völker knechten, unterdrücken, demütigen - weil WIR (also die Juden) wissen, wie unrecht dieses ist? Weil unsere Eltern es am eigenen Leib im NAZI-Deutschland erfahren mussten? "

      Und diese nachvollziehbare Frage hat nichts antisemitisches oder den Holocaust verniedlichendes, sie ist eine logische Frage eines Deutschen, der aus seiner geschichte gelernt hat und diese auf aktuelles Unrecht (völlig anderer Dimension) auf der Welt überträgt.


      Ich habe ausführlich geantwortet, damit diese meine Einstellung ein für alle mal klar ist.

      Und ich bitte Dich höflich, mich nicht mehr wider besseres Wissen in die NAzi-Ecke zu stellen.
      Wenn Du mich näher kennen würdest, so wüßtest Du, daß das gegenteil der Fall ist.

      Ich würde mich freuen, wenn Du über deinen Schatten springen würdest und diese Unterstellung zurücknehmen würdest.
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 22:01:04
      Beitrag Nr. 89 ()
      ...ich werden "über meinen Schatten springen", denn mir ist klar, dass Du wirklich nicht in die "Nazi-Ecke" gehörst und ich habe mich über den Vergleich auch gewundert.

      Vielleicht hätte ich bei meinem ersten Posting schon dazu schreiben sollen, dass es eigentlich nicht in diesem Sinne gemeint war, wie ich es erst vor hatte. Allerdings hatte ich geglaubt, dass es ohnehin jedem klar ist, dass Du in diese Ecke nun wirklich nicht unbedingt passt und dass ich das wohl auch weiß.


      Ansonsten ist in 88 für mich zwar verständlich, was Du meinst, allerdings glaube ich nicht, dass viele Israelis "wegsehen", sondern sie werten die Dinge eben anders, nämlich nicht als Unrecht, sondern als notwendiges Übel zur Verteidigung.
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 22:47:34
      Beitrag Nr. 90 ()
      ..das gilt allerdings nur für Dich persönlich.

      Dass es dagegen keine Deutschen gibt, die sich mit solcher Argumentation "reinwaschen" wollen, zum Teil für etwas, für das sie wegen ihres Alters nicht einmal verantwortlich sind, aber einen Komplex haben sie trotzedem, soll damit nicht gesagt sein.
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 23:53:34
      Beitrag Nr. 91 ()
      #89;) :D
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 04:17:39
      Beitrag Nr. 92 ()
      Na, das war doch mal zur Abwechslung etwas deeskalierendes... :)

      Das tut ja auch mal gut...
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 04:38:45
      Beitrag Nr. 93 ()
      Ein Mann mit langem Atem

      aus Haifa SUSANNE KNAUL
      Amram Mitzna, Spitzenkandidat der Arbeitspartei bei den kommende Woche angesetzten Parlamentswahlen in Israel, hat es schwer. Er hat es schwer trotz des Korruptionsskandals beim rechten Konkurrenten, dem regierenden Likud, der Wasser auf den Mühlen des sozialistischen Wahlkampfs hatte sein müssen. Und er hat es schwer wegen seiner eigenen Entscheidung, "unter keinen Umständen" einer Regierung unter Ariel Scharon, dem derzeitigen Premierminister, beizutreten. Der Beschluss wird als Fehlentscheidung gewertet in allen politischen Lagern, auch dem eigenen. Laut jüngsten Umfragen kommt die Partei kaum über 20 (von insgesamt 120) Mandate hinaus.

      Dabei war sein Schritt nur konsequent, hatte er doch die parteiinterne Wahl gegen Benjamin Ben-Eliesar gewonnen, der für die große Koalition stand. "Scharon führte das Land in eine Katastrophe", sagt Mitzna und resümiert in einem Satz die Sicherheitslage, den "Fast-Kollaps" der Wirtschaft und die sozialen Folgen.

      "Ich bin zum Chef der Arbeitspartei gewählt worden, um diese Regierung abzulösen." Mit diesen Worten tritt er nach seinem parteiinternen Sieg vor die Auslandspresse, freundlich und gleichzeitig unnahbar, dezent elegant in graues Tuch gekleidet, die Gesichtsbräune von einem ergrauenden Bart unterstrichen. Er habe ein Gelübde abgelegt, sich bis zum Frieden nicht mehr zu rasieren, besagt ein Gerücht. Falsch. Mitzna hatte sich während des Sechs-Tage-Krieges eine Splitterverletzung zugezogen. "Er wollte ganz einfach die Narbe verdecken", berichtet ein langjähriger Freund.

      Der sozialistische Anwärter auf das höchste Regierungsamt bietet den Wählern nach vielen Jahren wieder eine konkrete Alternative zum Likud. Von "neuer Hoffnung" spricht Mitzna, plädiert für die Trennung zwischen den Völkern und von einem "sofortigen einseitigen Abzug aus dem Gaza-Streifen". Verhandlungen sollten nicht an Vorbedingungen geknüpft sein. "Wir machen Frieden mit unseren Feinden", antwortet er auf die Frage, ob auch Palästinenserchef Jassir Arafat ein möglicher Partner für ihn sei, "und die suchen wir uns nicht aus". Mit den Worten des 1995 ermordeten Premierministers Jitzhak Rabin will er "Verhandlungen führen, als gäbe es keinen Terror, und den Terror bekämpfen, als gäbe es keine Verhandlungen". Mitzna will einen großen Sprung nach vorn machen. Er kündigt die Auflösung von isolierten israelischen Siedlungen in Palästinensergebieten an, "auch wenn es keinen Fortschritt bei Verhandlungen gibt". Und wenn alles nichts nützt und der Terror fortgesetzt wird? Dann "werden wir es ihnen zeigen", lässt er sich doch einmal vor Parteigenossen hinreißen. Es ist ein untypischer Satz für den sonst so bedachten, selbstbeherrschten Kandidaten.

      Dass der hoch dekorierte Brigadegeneral, der in zwei Kriegen mehrmals schwer verletzt wurde, nicht nur sanft mit den Palästinensern umgeht, das belegen allerdings seine Jahre als Kommandant des Zentralsektors zu Beginn der ersten Intifada, Ende der 80er-Jahre. Unter dem damaligen Verteidigungsminister Rabin, der den Aufstand auch durch das "Brechen von Armen und Beinen" niederzuschlagen hoffte, befahl Mitzna Razzien, Häuserabrisse, Deportationen und militärisches Vorgehen gegen die jugendlichen Steinewerfer. Knapp zehn Jahre zuvor hatte er nicht unter dem seinerzeit amtierenden Verteidigungsminister Ariel Scharon dienen wollen, nachdem das Massaker in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatilla bekannt geworden war. Er schrieb einen offenen Protestbrief an Premier Menachem Begin. Der rief ihn umgehend zu sich und bewegte ihn schließlich zu einer Rückkehr zu seiner im Libanon stationierten Brigade.

      Als Mitzna 1993 endgültig seine Uniform ablegte, rief ihn Rabin, inzwischen Premierminister, nach Jerusalem. "Er hätte fast jeden Job haben können", vermutet Chaim Kaminer, der Mitzna vor 25 Jahren kennen lernte, als beide jung verheiratet nebeneinander in dem Haifaer Vorort Kirjat Chaim wohnten. "Rami", wie er seinen Freund nennt, habe sich für das Bürgermeisteramt der Stadt entschieden, um "unabhängig" Politik machen zu können. Als Chef im Rathaus sei er "allein der Bevölkerung verpflichtet". Und rund zehn Prozent dieser Bevölkerung sind Araber.

      Mitzna wurde gewählt und gut vier Jahre später mit 65 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Die arabischen Wähler in der Stadt "gaben ihm weit über 90 Prozent", schätzt Dr. Motti Pery, Direktor des arabisch-jüdischen Begegnungszentrums "Beith Hagefen" in der Stadt.
      Jedes Jahr um die Weihnachtszeit veranstaltet das Zentrum das "Fest der Feste". Bis 1993 war es ein jüdisch-christliches Festival. Mitzna, gerade einen Monat im Amt, sorgte dafür, dass nicht nur Weihnachten und das jüdische Lichterfest Chanukka gefeiert wird, sondern auch der muslimische Fastenmonat Ramadan.

      Er investierte in den Wohnungsbau und in die Schulen der arabischen Wohnviertel. Doch ausschlaggebend für die Sympathie, die er unter den Arabern genießt, ist vermutlich vor allem sein Verhalten zu Beginn der zweiten Intifada, Anfang Oktober 2000. Der erneute Volksaufstand und das scharfe israelische Vorgehen gegen die palästinensischen Demonstranten im Westjordanland führte zu heftigen arabischen Solidaritätskundgebungen in Galiläa. ( ... )In Haifa stellte sich der Bürgermeister schon bei der ersten Demonstration zwischen die aufgebrachte Bevölkerung, und die Polizei und verhinderte damit Eskalationen. "Er schütze die arabischen Demonstranten mit seinem eigenen Körper", schrieb die al-Sinara, ein Magazin in arabischer Sprache.

      Bürgernah für die gesamte Bevölkerung wollte er sein. "Scheschi - ischi" (Freitags - persönlich) heißt die Radiosendung, in der Mitzna bis zur Parteivorstandswahl einmal wöchentlich je zwei Stunden den Bürgern Frage und Antwort stand. "Man hatte den Eindruck, dass er jede Ecke, jeden Baum in der Stadt kennt. Was er einmal im Kopf hat, vergisst er nicht mehr", meint Kaminer. Dabei habe er immer nur Lösungen für die Probleme versprochen, die machbar waren. "Was Mitzna sagt, wird auch gemacht." Tatsächlich genießt er den Ruf des unbedingt zuverlässigen, aufrechten, integren und zielgerichteten Mannes. Werte, die er "ohne Zweifel aus seinem Elternhaus mitgebracht hat", glaubt Kaminer. Vater und Mutter Mitznas stammen aus Deutschland.

      Dass ihm sein guter Ruf aus Haifa schon jetzt den Weg ins höchste Regierungsamt ebnet, scheint Mitzna, der auf Wahlkampfveranstaltungen unverändert Selbstbewusstsein demonstriert, selbst nicht mehr wirklich zu glauben. "Ich bin ein Marathonläufer, kein Sprinter", sagt er vor deutschen Journalisten in seinem Büro. Im Moment sieht es so aus, dass auch seine Partei die notwendige Geduld aufbringt, um ihm eine zweite Chance einzuräumen.

      taz Nr. 6958 vom 20.1.2003, Seite 4, 255 TAZ-Bericht SUSANNE KNAUL
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 05:04:08
      Beitrag Nr. 94 ()
      Botschafter für Israel-Boykott
      STOCKHOLM dpa Schwedens Botschafter in Deutschland, Carl Tham, hat am Samstag einen Aufruf zum Boykott israelischer Produkte mitveröffentlicht und sich dadurch Kritik führender Politiker eingehandelt. Wie die Nachrichtenagentur TT gestern berichtete, verlangten drei bürgerliche Oppositionsparteien Thams Abberufung wegen grober Verletzung diplomatischer Verpflichtungen. Außenministerin Anna Lindh distanzierte sich von dem in der Zeitung Dagens Nyheter veröffentlichten Aufruf und nannte Boykotte "ungeeignet" im Verhältnis zu Israel. Trotzdem hätten Botschafter in "gewissen Grenzen" ein Recht auf öffentliche Äußerung privater außenpolitischer Ansichten. Zum konkreten Verhalten Thams wollte sie nichts sagen. Den Aufruf veröffentlichten 73 prominente Schweden aus Politik, Kultur, Medien und Kirchen.

      taz Nr. 6958 vom 20.1.2003, Seite 11, 29 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 08:26:27
      Beitrag Nr. 95 ()
      ..wenn das "gut tut", dann vielleicht noch ein kurzer Hinweis bzgl. eines früheren Postings: ich hasse auch niemanden hier am Board.
      Ich habe allerdings Probleme mit bestimmten Umgangsformen und natürlich plädiere ich nicht nur bzgl. Israels oder der USA oder ggü Kriminellen dagegen, "die andere Wange hinzuhalten", wenn man angegriffen wird. Ich halte es auch selbst so. Mit mir kann man eigentlich gut auskommen, die meisten tun das auch. Wenn das für manche nicht gilt, liegt die Schuld mit Sicherheit nicht allein bei mir...
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 17:00:22
      Beitrag Nr. 96 ()
      habe ich im Netz gefunden (übrigens nicht in der nationalzeitung, sondern in einer Lerneinheit-Beschreibung in Politischer Bildung der Oberstufe) :

      siehe auch: http://www.fwu.de/fwu-db/presto-image/42/027/4202791.pdf

      Zitat:

      Historische Hintergrundinformation

      Als der britische Außenminister Lord Balfouram 2.11.1917 seine bekannte, prozionistischeDeklaration erließ, in der Großbritannien dieJuden bei der Errichtung einer Heimstättein Palästina" zu unterstützen versprach, warkaum vorauszusehen, welche Folgen dieseErklärung bis zum heutigen Tag für Palästinaund den gesamten Nahen Osten haben würde. Dass es sich dabei nicht nur um einehumanitäre Geste Großbritanniens an dieJuden und den Zionismus handelte, ist heuteübereinstimmende Meinung der historischenForschung. Der Akt bildete vielmehr denEndpunkt der Entwicklung der europäischenKolonialinteressen im Vorderen Orient undin Ägypten nach dem Sieg über Deutschland,das bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegsin der Palästinapolitik als Nachfolger desprotestantischen preußischen Staates meistauf Seiten Großbritanniens gestanden hatte.Für die Beurteilung der Palästinafrage biszum Ersten Weltkrieg ist es wesentlich, dieProblematik als Teil der Auseinandersetzung um die Macht in Jerusalem zwischen demSultan von Konstantinopel und dem eben-falls muslimischen Herrscher Ägyptens aufder einen Seite und den Interessen der eu-ropäisch orientierten christlichen Kirchenund Konfessionen andererseits zu sehen. So unterstützte Frankreich die Latiner, also die römisch-katholische Kirche, Russland die orthodoxen Katholiken und England zusam-men mit Preußen die reformierten prote-stantischen Kirchen, die in den vierhundertJahren ihres Bestehens bisher keinen Ein-fluss in Jerusalem gewonnen hatten. Diesänderte sich durch die Gründung eines pro-testantischen Bistums in Jerusalem im Jah-re 1841. Der europäisch-protestantische Ein-fluss im Heiligen Land war damit etabliert.Die Juden hatten bis zu diesem Zeitpunkt inden Auseinandersetzungen um Palästina keine Rolle gespielt. Erst die im Laufe des 19. Jahrhunderts gegründeten beiden jüdi-schen Einwanderungsbewegungen nachPalästina, die Restoration of the Jews und ....
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      Page 3
      der Zionismus, die mehr und mehr eine Ein-heit im Vorgehen bildeten, initiierten vorallem in Großbritannien eine Auswanderungnach Palästina. 1917 standen jedenfalls dieZeichen für eine Rückkehr der Juden in ihrangestammtes" Land günstig, zumal sichauch die katholischen Staaten für einenfriedlichen Kreuzzug" nach Jerusalemunter Einschluss der Juden einsetzten.Ohne Zweifel steht die Entwicklung des Pa-lästinaproblems in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht zuletzt aber auch inengem Zusammenhang mit der Wandlungdes europäischen Kolonialismus zum Impe-rialismus und schließlich zum übersteiger-ten Nationalismus. Jüdische Intellektuellemachten sich nun Gedanken über die Grün-dung eines kolonialen Nationalstaates aufdem biblischen Boden Palästinas. Bereits1882 kam es zu ersten gewaltsamen Ausein-andersetzungen. Um zu überleben, schlugendie Siedler die palästinensischen Angriffezurück. Der israelisch-palästinensische Kon-flikt war geboren.1Einen besonderen Höhe-punkt erlebte der Zionismus, der zunächstkeineswegs mit dem jüdischen Nationalis-mus identisch war, durch das Erscheinen vonTheodor Herzls Judenstaat" im Jahre 1896und den 1. Zionistenkongress 1897 in Baselmit dem sogenannten Baseler Programm",das den Begriff der Heimstätte" prägte unddamit zum Vorläufer der nationalen Heim-stätte" der Balfour-Erklärung wurde. DerUmorientierung der europäischen Kolonial-mächte England und Frankreich vor dem Er-sten Weltkrieg, die lange Zeit als Konkurren-ten auftraten, folgte auch eine neue Front-stellung im Nahen Osten, als sich der Führerder panarabischen Bewegung, Sherif Hus-sein Ibn Ali, bereit erklärte, gegen seinemuslimischen Brüder, die Türken, die aufSeiten der Mittelmächte standen, zu kämp-fen. Dafür erhielt er vom britischen Hoch-kommissar McMahon die folgenreiche Zu-sicherung, in Syrien und auf der arabischenHalbinsel die Gründung eines eigenständi-gen Nationalstaates zu unterstützen.Die Zeit zwischen den Weltkriegen wurdebestimmt durch die gegensätzlichen Auffas-sungen über Staatsgründung und Nationalis-mus der Juden. Dabei darf allerdings nichtübersehen werden, dass zwischen dem im-perialistischen Nationalismus der europäi-schen Großmächte oder auch der USA unddem jüdischen Nationalismus ein tiefgreifen-der Unterschied bestand. Die Juden besaßenzwar eine einheitliche Sprache ­ das Hebräi-sche war immer stärker gefördert worden ­,aber sie waren in der Welt verstreut und hat-ten insofern nur bedingt ein Volk, und derOrt, Jerusalem oder Zion, auf den sich ihrStreben richtete, war in der Hand anderer.Trotz mehrerer heftiger Auseinandersetzun-gen zwischen Arabern und Juden, die 1921einen ersten Höhepunkt erreichten, gab esnicht wenige Theoretiker des Zionimus, diesich einen bi-nationalen Staat vorstellten, in dem Juden und Araber wie zum BeispielFranzösisch- und Deutschstämmige in derSchweiz friedlich zusammenleben könnten.Erst die zunehmende Zahl von jüdischen Ein-wanderern nach 1933, die jährlich bis auf60.000 stieg und die Araber zu majorisierendrohte, ließ die Frage einer jüdischen Staats-gründung, die bis dahin mehr theoretischerörtert worden war, zu einer faktischenEntscheidungsfrage werden, da die Arabersich inzwischen als Vertriebene sahen undab 1936 bis zum Beginn des Zweiten Welt-kriegs heftigen Widerstand leisteten. Daherwurde eine Untersuchungskommission ge-bildet, die die grundsätzliche Frage.... nach31Vgl., Wolffsohn, 14 ff.
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      einem Stopp der Einwanderungserlaubnisdurch die britische Mandatsmacht und dieMöglichkeit zur Gründung eines Judenstaa-tes erörtern sollte. Ein britisches Weißbuch,das die Einwanderung auf 75 000 begrenzenwollte, wurde von den Juden abgelehnt.Selbst Minimalisten wie der Sozialistenfüh-rer David Ben Gurion waren nicht zuletzt in-folge der Judenverfolgung durch die Natio-nalsozialisten davon überzeugt, dass nundie Gründung eines jüdischen Staates un-bedingt notwendig sei. Im Jahre 1942 trafensich im Biltmore-Hotel in New York amerika-nische Zionisten, die eine Resolution zurGründung eines eigenen Staates in Palästinaverfassten. Diese Erklärung wurde von allenRichtungen der zionistischen Bewegung mit-getragen.2Besonders verhängnisvoll für dieWeiterentwicklung des Palästinakonflikteswar dabei die Tatsache, dass man der Ara-berproblematik überhaupt keine Aufmerk-samkeit mehr schenkte. Nur einige kleinelinksorientierte Gruppen und Bi-Nationali-sten wandten sich gegen die Biltmore-Pläne.Dazu gehörten auch deutsche Einwanderer,die zwar auch die Judenfrage nur in Palästi-na für lösbar hielten, die Biltmore-Erklärungjedoch als kontraproduktiv ansahen.In der Tat erfolgte eine heftige Gegenreakti-on der britischen Mandatsmacht, die sichselbstverständlich weiterhin für die arabi-sche Bevölkerung mit verantwortlich fühlte.Damit begann ein neuer Konflikt, die Ausein-andersetzung Großbritanniens mit den Zio-nisten, die für die Mandatsmacht nun zu Terroristen wurden.

      Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eska-lierte der neue Konflikt auf Grund neuer Fak-ten. Die Folgen der NS-Judenpolitik in Euro-pa ließen immer mehr Juden, die den Holo-caust überlebt hatten, eine endgültige Lö-sung ihrer Probleme in Palästina suchen. Da der Anteil der jüdischen Bevölkerung vomEnde des Ersten zum Ende des Zweiten Welt-kriegs von 10 auf 32 Prozent gestiegen war,fühlten sich die Neusiedler nicht mehr allein,sondern fanden Unterstützung durch die be-reits Ansässigen und hofften auf ein Lebenin Frieden ohne Antisemitismus. So nahmdie Zahl der Antragsteller für eine legitimeEinwanderung nach Kriegsende nicht ab,sondern noch zu. Die Mandatsmacht gerietimmer mehr in Bedrängnis, denn die jüdi-schen Siedler wurden von Tag zu Tag mili-tanter. Nach den Erfahrungen des Holocaustwollten sich die Juden nicht noch einmalkampflos in ihr Schicksal fügen. Als am 22. Juni 1946 von jüdischen Kräften ein An-schlag auf das King David Hotel in Jerusa-lem verübt wurde und der Terror weiterzunahm, sahen sich die Briten allein außer-stande, das Mandatsgebiet entsprechend zukontrollieren. Im Februar 1947gab Großbritannien die Verantwortung andie Vereinten Nationen als Nachfolgeorga-nisation des Völkerbundes ab.

      So kam esschließlich unter Vermittlung der UNO zurTeilung des Landes und am 14. Mai 1948 zurGründung des Staates Israel durch den Füh-rer des sozialistischen Zionismus, David BenGurion. [

      Der Anschlag auf den britischen Offizier-sclub in Jerusalem mit 13 Opfern und dieHinrichtung von zwei britischen Sergeanten,die als Geiseln festgenommen worden wa-ren, ist nicht zu akzeptieren.Die Bezeichnung der jüdischen Attentäterals Terroristen, Gangster und Mörder istverständlich.


      Die Sicht der PalästinenserPalästina als blühendes LandSami Hadawi wurde in Jerusalem geboren. 1955 bis 1965 war er als UN-Berater in den USA,danach als Dozent in Beirut tätig.Man hat die öffentliche Meinung glauben gemacht, Palästina sei ein wüstes, verlassenes Land ohneVolk gewesen, das ein Volk ohne Land brauchte, und aller dort erreichter Fortschritt sei allein dasVerdienst der Tatkraft und der Fähigkeiten der Zionisten. Das ist nicht wahr.Das Heilige Land war bereits seit den Kreuzzügen für seine Olivenhaine und Olivenöl-Herstellungberühmt; und lange bevor 1920 die zionistische Einwanderung begann, war Palästina als Exportlandfür Zitrusfrüchte bekannt und nicht zuletzt für die Jaffa-Orange berühmt. Es ist nicht genau fest-stellbar, wann man mit dem Anbau von Zitrusfrüchten in Palästina begann, aber es ist belegt, dassschon bis 1912/13 die Araber 1 608 570 Kisten Orangen im Wert von 297 700 Pfund Sterling oder 1 488 500 Dollar nach Europa exportierten.In der Hügelregion ist das Land mit Olivengärten, Weinbergen und Obstbäumen bedeckt; währendman im Süden Getreide anbaute, erntete man im Jordantal Obst und Gemüse. Jeder Meter frucht-baren Bodens wurde voll ausgenutzt; immer mehr kleine Flächen in den felsigen Gebieten wurdenfür den Obstanbau erschlossen. Besucht man heute beispielsweise das Dorf Qalqilya in Jordanien,das 1948 alle seine Zitrushaine an die Israelis verlor, so wird man überrascht sein, wie hier ehedemunfruchtbares Land erschlossen und in Zitrushaine und andere Pflanzungen verwandelt wurde ­und dies ohne jede äußere finanzielle Unterstützung, allein aufgrund der Ausdauer und Geschick-lichkeit der arabischen Bauern.Sami Hadawi, Bittere Ernte. Palästina 1914-1967. Rastatt: Verlag für Zeitgeschichtliche Dokumentatio-nen 1977, S.27 f. zit. nach Walter Gagel (Hrsg.), Positionen im Nahost-Konflikt. Sozialwissenschaft-liche Materialien für die Sek.2, Heft 1. Stuttgart:Klett 19888LiteraturFWU-Magazin ­ Themenheft Der geschichtlicheUnterrichtsfilm", Nr. 5, 1993.Gagel, Walter: Der Nahostkonflikt als Aufgabekontroversen Denkens. Didaktische Überlegun-gen und Vorschläge zur Planung des Unter-richts in der Sekundarstufe II, in: PolitischeBildung 21, 1988, H. 1, 76-95.Geschichte lernen ­;) :laugh:
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      schrieb am 21.01.03 20:15:53
      Beitrag Nr. 97 ()
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 22:09:27
      Beitrag Nr. 98 ()
      Israels Interesse an einem US-Krieg gegen Irak

      Zur Rolle der Pro-Israel-Lobby und der US-Rüstungsindustrie im Irakkrieg und in der "Anti-Terror-Kampagne"



      von: Shraga Elam (israelischer Recherchierjournalist, Buchautor und Friedensaktivist in Zürich)


      Es ist unschwer zu übersehen, dass die Gründe für den Irak-Krieg eher in Washington als in Bagdad zu suchen sind. Diese Erkenntnis ist so offensichtlich, dass sie auch die Mainstream-Medien überall thematisieren. Viel weniger indes wird über die Rolle Israels und der pro-israelischen US-Lobby bei der Kriegshetze und Kriegstreiberei diskutiert. Dabei muss dieses Thema - nicht zuletzt aus der Sicht der deutschen Anti-Kriegsbewegungen - ernsthaft in Betracht gezogen werden. Denn schon vor zwölf Jahren, also während des Zweiten Golfkriegs, als es in Deutschland die stärkste Antikriegsbewegung der Welt gab, wurde diese - durch die Mängel in der Vergangenheitsaufarbeitung - wegen der Israel-Diskussion erheblich geschwächt. Die irakischen Scud-Raketen-Angriffe auf Israel mit einem Potential des Einsatzes von chemischen Waffen verleiteten in Deutschland zu einfältigen, schrecklich vereinfachenden und a-historischen Schlussfolgerungen und Assoziationen: Juden + Gas = Auschwitz. Diese Konklusion wurde durch die Reaktion der israelischen Bevölkerung noch verstärkt. Denn Israel wurde während dieses Kriegs von den USA zu einer passiven Rolle gezwungen, und im Lande brach, in Folge der irakischen Attacken, eine unverhältnismässige Massenhysterie aus.(1)

      Israel-Diskussion während des Golfkriegs 1991

      Der Vergleich mit dem Nazi-Judeozid, welcher ansonsten so verpönt ist, wurde hier manipulativ eingesetzt. Dieser lag ganz offensichtlich jenseits der realen Verhältnisse. Als der damalige grüne Fraktionschef, Hans-Christian Ströbele, die Scud-Angriffe in den Zusammenhang mit der unmenschlichen israelischen Politik gegenüber den PalästinenserInnen brachte, entflammte eine heftige Diskussion in Deutschland. Bekannte Zionisten wie Henryk M. Broder, Dan Diner und Micha Brumlik bezeichneten diese Äusserung als anti-jüdisch.(2) Sie machten klar, dass Ströbeles (nicht so abwegige) Feststellung suggeriere, dass die jüdischen Menschen auch an Auschwitz selber schuld gewesen wären. Diese hirnrissige Behauptung seitens der pro-Israel-PropgandistInnen spaltete und schwächte die deutschen Anti-Kriegsbewegungen, die nun viel Energie in diese sinnlose Debatte investierten anstatt in Protestaktionen. Die Vorläufer der "Anti-Deutschen" profilierten sich in Konkret und in der taz. Man kann mit grosser Sicherheit vermuten, dass der Widerstand ohne Ströbele-Affäre in der BRD viel grösser gewesen wäre, als die Republik zur Kasse gebeten wurde und mit dem sogenannten Solidaritätsbeitrag von 18 Mrd. DM den Golfkrieg mitfinanzierte. Diese Gelder, zusammen mit dem gigantischen Kapitaltransfer der Petro-Dollar aus Deutschland Richtung USA, gehören zu den zentralen Gründen für die seither anhaltende Wirtschaftskrise, vor allem in den neuen Bundesländern.

      Deutschland ist auch heute durch die "Auschwitz-Keule"(3) erpressbar. Es ist fast vorhersehbar, dass, falls Israel vom Irak angegriffen würde, der Druck auf die Bundesrepublik enorm wachsen würde, den Widerstand gegen den neuen Irak-Krieg aufzuheben. Ein klares Signal in diese Richtung gab es schon mit der deutschen Bereitschaft, Patriot-Abwehrraketen an Israel zu liefern. Dies war eine Wiederholung der gleichen Logik wie vor zwölf Jahren. Die deutsche Regierung "übersah" gerne, dass auch ein sogenanntes Abwehrsystem einer Aggression dienlich sein kann. Vor allem stellten sich die Sozialdemokraten und die Grünen blind gegenüber der deutlichen politischen Botschaft des israelischen Gesuches. Rein militärisch braucht Israel diese Waffen gar nicht, und laut einem israelischen Fernsehbericht reichte Jerusalem diese Bitte an Berlin auf Veranlassung Washingtons ein. (4) Denn der Bush-Administration liegt viel daran, den deutschen Widerstand gegen den Krieg zu brechen. Dabei bildet die NS-Vergangenheit eine deutsche Schwachstelle, die ausgenutzt werden soll. Israel schafft es immer wieder, in Deutschland seine Aggressorrolle in eine Opferpose umzuwandeln.(5)

      Die deutsche Regierung signalisierte mit der Patriot-Lieferung eindeutig, dass ein eventueller irakischer Angriff gegen Israel die notwendige Ausrede liefern könnte, ihr Wahlversprechen nicht einzuhalten, von einer Unterstützung der US-Aggression gegen den Irak abzusehen.


      Israels Rolle als Regional-Supermacht und Waffenproduzent

      Bei der Irak-Kriegs-Vorbereitung und -Führung sowie bei der sog. Anti-Terror-Kampagne spielt Israel noch eine viel gewichtigere Rolle, als nur Deutschland zu beeinflussen. Seit dem militärischen Sieg von 1967 gewann Israel als Regional-Supermacht an strategischer Bedeutung für den US-Imperialismus, und zwar nicht nur im Nahen Osten, sondern weltweit. Die Zusammenarbeit zwischen dem US-amerikanischen und israelischen Militär-Industrie-Komplex (MIK) gewann an Bedeutung und in deren Folge boomte die israelische Wirtschaft. Israelische Waffenproduzenten und Waffenhändler belieferten im Auftrag Washingtons weltweit problematische Regime, um damit gesetzliche Bestimmungen in den USA zu umgehen.(6)

      Nach dem Ende des Kalten Krieges verlor dieses israelische Tätigkeitsfeld etwas an Bedeutung, und zum Teil entstanden sogar gegensätzliche Interessen zwischen den US und israelischen Waffenindustrien. So spezialisierte sich der grösste israelische Waffenhersteller, Israel Aircraft Industries (IAI), beispielsweise auf das Upgrading alter Kampfflugzeuge. Diese Möglichkeit stellt eine günstigere Variante als der Kauf einer neuen Maschine dar, und selbstverständlich haben die US-Produzenten keine Freude daran. So deutet Einiges darauf hin, dass US-Geheimdienste 1996 ein israelisch-ukrainsches Upgrading von äthiopischen MIG-21-Kampfjets sabotierte und hinter einer spektakulären Entführung eines äthiopischen Passagier-Flugzeugs steckte. An Bord dieser Maschine waren hochrangige IAI-Manager und ukrainische Offiziere. Die Israelis kamen dabei um, und später gab die äthiopische Regierung zu, dass der Deal wegen dieser Entführung annulliert worden sei.(7)

      Ein noch interessanteres Beispiel ist der riesige israelische Markt selbst. Da ein wesentlicher Teil der US militärischen Unterstützung für Israel seit Jahren in amerikanischen Waffensystemen und nicht in Geld erfolgt, bedeutet dies einerseits eine Subventionierung der US-Firmen durch die eigene Regierung, anderseits haben deshalb sogar qualitativ überlegene israelische Produkte keine Chance bei der eigenen Armee, weil sie, im Vergleich mit den US-Erzeugnissen, die sozusagen umsonst entstehen, zu teuer sind. Der israelischen Regierung hingegen bringt das selbstverständlich grosse Vorteile, denn dadurch gewinnt Israel die Unterstützung der mächtigen Rüstungslobby, die wiederum vom Einfluss der pro-Israel-Lobby zu profitieren weiss. Die israelische Militärindustrie versucht jeweils, diesen Nachteil durch eine Kooperation mit US-Firmen zu überwinden, was unter Umständen wiederum auch zu inter-amerikanischen Auseinandersetzungen führt. So strebt IAI bei der Produktion des Raketenabwehrsystems Arrow seit Jahren ein Joint Venture mit Boeing an. Dadurch sollte es für die israelische Flugwaffe möglich sein, die Anschaffung dieses Systems mit US-Geldern finanzieren zu lassen und IAI leichter die US-Bewilligung für den Arrow-Export bekommen. Diese Genehmigung ist nötig, weil die Arrow-Raketen US Komponenten beinhalten. Die IAI-Absicht stösst jedoch auf den heftigen Widerstand der US-Konkurrenten Raytheon und Lockheed Martin, die um ihre eigenen Produkte fürchten. Das Arrow-Projekt entstand nach dem Versagen 1991 der von Raytheon hergestellten Patriot- gegen die irakischen Scud-Raketen. Die Vereinigten Staaten unterstützten die Entwicklung des Arrow bis jetzt mit 2 Milliarden US-Dollar. Die IAI rechnet mit Auslandverkäufen im Wert von 600 bis 900 Mio. USD über die nächsten zehn Jahre. Abgesehen davon haben die Israelis offensichtlich auch den US-Markt im Visier, denn die Bush-Administration konnte als Folge des 11. Septembers mindesten 65 Mrd. Dollar für neue nationale Raketenabwehrsysteme locker machen. Im Kampf um diese riesigen Aufträge hat Arrow gewisse technische Vorteile, und der kommende Irak-Krieg sollte einen Wettkampf zwischen den Systemen in realen Verhältnissen ermöglichen. Es ist insofern nicht verwunderlich, dass Boeing und IAI ein besonderes Interesse an einem baldigen Kriegseinsatz des Arrow zeigen. Bei einer Vorrunde am 5. Januar 2003 verbuchte Arrow bei einer Demonstration vor US-Vertretern in Israel einen Erfolg. Nun sind bald die Patriot-Raketen an der Reihe. Raytheon versucht entsprechend, den Boeing-IAI-Schulterschluss zu verhindern. Am 10.6.2002 schickte der Raytheon-Lobbyist Andrew Schnabel einen Rundbrief an Dutzende von parlamentarischen Beratern. Darin schrieb er, er sei zwar voller Verständnis, dass die USA Israel bei der Entwicklung des Arrow helfe. Stossend für Schnabel sei jedoch, dass mit US-Steuerngeldern Konkurrenz für amerikanische Unternehmen durch eine ausländische Firma geschaffen würde.(8)


      Der Aufstieg Saddams mit US-Hilfe

      Der Interessenkonflikt um das Arrow-Projekt zwischen IAI/Boeing und den anderen zwei Riesen der US-Waffenindustrie ist zwar kein Einzelfall, er darf aber nicht überbewertet werden. Denn in anderen Angelegenheiten verlaufen die Fronten immer wieder anders. Bei den Anti-Terror- und Anti-Irak-Kampagnen machen ohnehin die US-Rüstungslobby, Israel und dessen Lobby, die Neo-Konservativen und die christlichen Fundamentalisten gemeinsame Sache.

      Die Ursprünge dieser Kampagnen liegen in der Mitte der 80er Jahre, als sich das Ende des Kalten Krieges abzeichnete. Das für die Waffenindustrie so wichtig Feindbild wurde dann in der arabischen bzw. islamischen Welt aufgebaut und gepflegt. In diesem Rahmen wurde Saddam Hussein finanziell und militärisch von US-Kreisen aufgebaut. An deren Spitze standen - wie die Akten der "Iraqgate"-Affäre zeigen - u.a. Henry Kissinger und Lawrence Eagleburger. Über die italienische Banca Nazionale del Lavoro (BNL) wurden die vom US-Kongress bewilligten landwirtschaftlichen Kredite im Wert von 5 Mrd. USD vom damaligen Präsidenten George Bush zur Finanzierung der militärischen Wiederaufrüstung des Iraks heimlich verwendet.(9) Bei den erfolgten Waffenlieferungen an den Irak beteiligten sich US, britische und deutsche Firmen. Es gibt auch einige Hinweise, dass israelische Geheimdienste in diese Geschäfte verwickelt gewesen seien.(10)

      Mehrere Publikationen zeigen, wie der irakische Diktator zur Invasion Kuwaits (1990) gelockt und wie eine friedliche Beilegung dieser Krise durch die USA verhindert wurde.(11) Vom nachfolgenden Zweiten Golfkrieg (1991) profitierten nicht nur die Waffenproduzenten, sondern die Gesamt US-Wirtschaft. Durch die Bedrohung für die nahöstliche Erdöl-Versorgung konnten die USA die wirtschaftlichen Rivalen in Europa und Japan dazu zwingen, die Kriegskosten weitgehend zu übernehmen. Ihr ganz grosser Fischzug aber war der gigantische Transfer der Petrodollar im Wert von über 600 Mrd. USD aus Europa in die USA.

      Durch die Ausnützung ihrer militärischen Überlegenheit wandten die Vereinigten Staaten die pessimistische Prognose des Historikers Paul Kennedy über ihren bevorstehenden Niedergang ab,(12) und es wurde damit die Phase des wirtschaftlichten Booms eingeleitet. Fast wie eine tragische Figur wirkt dabei der damalige Präsident George Bush, der nicht von seinem grossen Erfolg profitieren konnte. Es sieht so aus, als hätte er die Wahlen 1992 verloren, weil die Enthüllungen über seine Rolle in der "Iraqgate"-Affäre zu bedrohlich geworden seien. Clinton, der während der damaligen Wahlkampagne die Aufklärung dieses Skandals angekündigt hatte, bemühte sich nach seiner Wahl nicht um die Erfüllung seines Versprechens.

      Augenfällig ist, dass bei den Bemühungen um die Aufklärung von "Iraqgate" sich eine zeitlang drei Journalisten profilierten: Alan Friedman, William Safire und Kenneth Timmerman, die zum rechten Flügel der Israel-Lobby gehören. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass es sich dabei um eine Racheaktion gegen Bush handelte, weil der damalige US-Präsident die Ausgabe der Golfkriegsdividende an Israel - in Form von Kreditgarantien im Wert von 10 Mrd. Dollar - mit dem Baustopp der Siedlungen in den seit 1967 von Israel besetzten Gebieten verknüpft hatte. Dies aber lehnte der israelische Premier Yitzhak Shamir völlig ab. Erst ihre Nachfolger, Bill Clinton und Yitzchak Rabin, fanden einen gangbaren Weg, wie die von Bush gestellte Bedingung zu erfüllen wäre, ohne dies jedoch richtig zu tun.

      Diese US-Kreditgarantie ermöglichte Israel die wirtschaftliche Krise der 80er Jahre zu überwinden und leitete einen noch nie dagewesenen Wirtschaftsaufschwung ein. Für Israel spielten dabei auch einige glückliche Umstände mit: Es konnte mit diesen Geldern u.a. den High-Tech-Boom ausnützen. Ein anderer wichtiger Faktor war das Abkommen mit PLO-Chef Yassir Arafat welches 1993 in Oslo erreicht wurde. In der Folge des Golfkriegs stand Arafat vor dem finanziellen und politischen Bankrott und war deshalb für weitgehende Konzessionen bereit.

      Weite Teile der israelischen Wirtschaft unterstützten das Oslo-Abkommen, weil sie dadurch und durch das nachfolgende Abkommen mit Jordanien, grosse Expansionsmöglichkeiten im arabischen Raum sahen. Diese Erwartungen haben sich zwar nicht ganz erfüllt, aber es eröffneten sich durch die Illusion eines israelisch-palästinensischen Friedens neue Märkte für israelische Produkte, und der Judenstaat wurde auch für ausländische Investoren sehr attraktiv. Von diesem Aufschwung profitierten aber nur einige bestimmte Schichten im Land. Die berühmte Einkommensschere öffnete sich ständig weiter, und immer mehr Menschen, die vom High-Tech-Boom nicht profitieren konnten oder die wegen der Produktionsverlagerung in arabische Staaten ihre Arbeitsstellen verloren, rutschten unter die Armutsgrenze. Durch den sehr dominanten Neo-Liberalismus wurde noch dazu massiv privatisiert und sehr viele soziale Einrichtungen geschwächt oder gar abgeschafft.


      Sabotage des Oslo-Prozesses

      Eine Gegnerschaft des Oslo-Prozesses entwickelte sich in Israel nicht nur in den Siedlerbewegungen, sondern auch in der Armee und bei einigen ihrer Lieferanten, welche sich, wegen der politischen Entspannung, u.a. von massiven Budgetkürzungen bedroht fühlten. Diese Kreise fanden Verbündete beim US- Militär-Industrie-Komplex, welcher sich ebenfalls durch die Militärbudgetkürzungen gefährdet sah. Denn während der Clinton-Ära sanken die Militärausgaben auf das tiefste Niveau seit den 30er Jahren.

      Mit gemeinsamen Kräften wollten diese US-Amerikaner und Israelis die Bemühungen um die Entschärfung des militärischen Konflikts im Nahen Osten sabotieren und das Muster vom Feindbild in der arabischen bzw. islamischen Welt reaktivieren.

      Diese US-Israelische Kooperation wurde erheblich dadurch begünstigt, dass immer mehr jüdische Hardliner in den USA wichtige Positionen inne haben. Obwohl häufig gegenüber jüdischen Beamten und Politikern der Vorwurf der Doppelloyalität erhoben wird, sehen vor allem die Scharfmacher unter ihnen keinen echten Widerspruch zwischen den israelischen und US Interessen. Einer dieser einflussreichen Juden ist Richard Perle, ein ehemaliger Pentagon-Mitarbeiter, heutiger Vorsitzender der bedeutenden Organisation Defense Policy Board und Mitglied anderer ähnlich gewichtiger Gremien. 1996 war Perle die treibende Kraft hinter einem Report,(13) der die folgenden Hauptempfehlungen für die israelische Politik machte: erstens den Oslo-Prozess zu stoppen und - zweitens - die neue Auflage des "Kriegs der Sterne" - des kostspieligen US-Projekts für Raketenabwehr-Systeme - zu unterstützen.

      Perle und die Koautoren dieses Berichts argumentierten, dass die von der israelischen Arbeiterpartei propagierte Vision des "Neuen Nahostens" die Legitimität der jüdischen Nation untergrabe und Israel in eine gefährliche strategische Lähmung führe.

      Die Zerstörung des Entspannungsprozesses im westlichen Asien sollte dem US-Raketenabwehr-Projekt auf zwei Weisen nützlich sein:
      Eine Gefahr, welche das Projekt rechtfertigen soll, wird durch Israel geschaffen und aufgebaut.
      Israel wird die gesamte zionistische Lobby für die Raketenabwehr mobilisieren können.
      Israel sollte durch das Projekt grössere Sicherheit verliehen und umfangreiche Unterstützung der US-Rüstungslobby gewährt werden. Die Argumentation Perles überzeugte zumindest den damaligen Chef des israelischen Militärgeheimdiensts und heutigen Generalstabschef, Moshe Ya`alon, der kurz darauf einen Plan zur Zerstörung des Oslo-Prozesses entwarf. Der Massnahmenkatalog dieses Plans, bekannt unter dem Namen "Operation Dornenfeld", beschreibt in groben Zügen, was die israelische Armee gegenüber den Palästinensern seit September 2000 ausübt. Offen bleibt noch die darin erwähnte totale Beseitigung der palästinensischen Behörden und die Vertreibung der Palästinenser.(14)

      In einer zweiteiligen Serie in der israelischen Zeitung Ma`ariv beschrieb der Journalist Ben Kaspit wie die israelische Armeeführung mit Hilfe von Kreisen der Polizei den jetzigen palästinensischen Aufstand auslöste. Israel ist eine Armee, die einen Staat besitzt, untertitelte Kaspit den ersten Teil der Serie.(15) Wer die Geschehnisse in diesem Land nah genug verfolgt, bekommt in der Tat schnell den Eindruck, dass die Militärführung die Politik gegenüber den Palästinensern diktiert. Sie kann zwar nicht beliebig die Massnahmen verschärfen, benutzt aber jede Möglichkeit, dies zu tun. Liefern die Palästinenser durch ihre verzweifelten, verwerflichen und kriminellen Selbstmordattentate nicht weiterhin die notwendigen Ausreden für eine israelische Eskalation, und zeichnen sich sogar gewisse gewaltlose Auswege ab, so sabotiert die israelische Armee die politischen Bemühungen.


      Interessen der Hardliner in den USA

      Der Sieg George W. Bushs in den Wahlen von 2000 stärkte Hardliner wie Richard Perle. Kurz vor diesen Wahlen formulierte der neo-konservative Think-Tank, "Project for the New American Century" (PNAC), zu deren Mitgliedern auch Perle gehört, was als heutige US-Aussen- und Militärpolitk betrachtet werden kann. In einem Papier legten die Verfasser die Hauptziele fest: Der Ausbau der US-Weltherrschaft durch Stationierung von Truppen in mehreren Regionen und die Beschaffung verschiedener moderner Waffensysteme. Dazu müsse eine sofortige massive Militärbudgeterhöhung erzielt werden, ansonsten drohe den USA der Untergang.(16)

      Die Verfolgung solcher Ziele ist nicht nur im Sinn der "Star-War-", sondern der ganzen Rüstungslobby und hat Bedeutung für die Gesamtwirtschaft. Für eine Firma wie Boeing beispielsweise bringen solche Entwicklungen grosse Vorteile - auch in zivilen Bereichen. Denn im Rahmen der Globalisierungsregeln dürfen die Regierungen Unternehmen nicht subventionieren. Ausnahme bilden die Militärausgaben, und so kann die US-Regierung diese WTO-Bestimmungen umgehen, wenn sie Boeing in ihrem Konkurrenzkampf gegen die europäische Airbus Vorteile verschafft.

      Infolge des 11. September wurde die Durchsetzung des PNAC-Plans, welcher auch einen Angriff gegen den Irak vorsieht, viel leichter gemacht. Auch die strategische Zusammenarbeit zwischen den USA und Israel wurde intensiviert.

      Bei der Terrorbekämpfung besitzen die Israelis viel Erfahrung, Know how und auch technische Ausrüstung. Für die US-Aggression in Afghanistan spielte die Kooperation mit Israel nur eine marginale Rolle. Laut verschiedenen Quellen sollten die israelischen Erfahrungen, wie z.B. im Flüchtlingslager von Jenin (April 2002) als Übung für den Militäreinsatz in dicht besiedelten Gebieten gegen Islamisten der US-Armee in Afghanistan dienen.


      Das israelische Interesse am Irak-Krieg

      Beim Irak-Krieg ist die Situation, schon rein aus geo-politischen Gründen, sehr anders. Denn der Irak soll nicht nur ein Testfeld für Raketenabwehr-Systeme werden; die Bush-Administration strebt gewaltige Umwälzungen in der ganzen Region an. In Israel zeigen weite Teile der politischen Klasse grosses Interesse an diesem Krieg, dies, obwohl alle intelligenten Leute wissen, dass auch wenn Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitzt, diese keine Bedrohung für Israel darstellen. - Es sei denn, der Diktator wird an die Wand gedrückt.

      Die breite israelische Befürwortung des Irak-Krieges beruht nicht zuletzt auf der dringenden Notwendigkeit einer grossen Finanzspritze für die israelische Wirtschaft. Denn nach zwei Jahren Intifada und der grossen Krise in der High-Tech-Industrie steht Israel vor dem ökonomischen Zusammenbruch. Die Aussichten, sehr rasch 12 Mrd. Dollar von den USA als Finanzhilfe zu bekommen, stehen offensichtlich im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg. Wird dieser Krieg verzögert oder sogar abgesagt, so reduzieren sich die israelischen Aussichten erheblich, diese bitter nötige ökonomische Unterstützung innerhalb nützlicher Frist zu erhalten. Diese Dringlichkeit ist vor allem für Ariel Sharon sehr akut, denn erhält er diese finanzielle Hilfe noch vor den Wahlen, erhöhen sich seine Gewinnchancen.

      Obwohl den Israelis viele der grossen Gefahren, welche ein Irak-Krieg mit sich bringen kann, bewusst sind, gibt es erstaunlich wenig Widerstand dagegen. Szenarien wie der Einsatz von chemischen bzw. biologischen Waffen gegen die israelische Bevölkerung werden von Sharon-Gegnern lediglich als Panikmacherei betrachtet, um von den Korruptionsproblemen in seiner Partei abzulenken. Dabei muss realisiert werden, dass dieses Horrorszenario nicht so abwegig ist. Denn solche Angriffe mit Massenvernichtungssubstanzen müssen ja nicht unbedingt aus dem Irak kommen bzw. nicht mit Raketen transportiert werden. Wenn Israel, wie schon mehrmals beschrieben wurde, versuchen wird, den Irak-Krieg zu benutzen, um eine Massenvertreibung der Palästinenser zu vollziehen,(17) sind die Chancen sehr hoch, dass die palästinensischen Selbstmordattentäter versuchen könnten, chemische und biologische Waffen zu benutzen.

      Die israelischen Machteliten - von den Rechtsradikalen bis hin zur Meretzpartei (im Friedenslager) - sind bereit, solche Risiken in Kauf zu nehmen und gefährden damit die eigene Bevölkerung. Es ist offensichtlich, dass ein starker israelischer Widerstand gegen den Irak-Krieg die US-Absichten stark beeinträchtigt hätte. Entsprechend wichtig ist es, die kleinen und konsequenten israelischen Friedensbewegungen in ihren Anti-Irak-Krieg-Bemühungen zu fördern und zu unterstützen!




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      Fußnoten

      (1) In Israel sind grössere Teile der Bevölkerung kriegserprobt, und bombardiert zu werden, gehört zur Kriegssituation. Aus militärischer Sicht wäre der Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen Israel durch Saddam Hussein mit einem Selbstmord gleichzusetzen. Für den irakischen Diktator galt, damals wie heute, biologische bzw. chemische Waffen nur als allerletzte Möglichkeit, wenn er nichts mehr zu verlieren hätte, zu verwenden. So weit kam es aber bekanntlicherweise gar nicht. Experten sind bis heute nicht davon überzeugt, dass die irakischen Raketen überhaupt eine solch vernichtende Nutzlast hätten transportieren können.

      (2) Interview mit Henryk M. Broder in der Süddeutschen Zeitung und Jerusalem Post vom 19. Februar 1991. S.a. Thomas Rothschild, Cui Bono ?, SEMITTIMES Oktober/November 1991.

      (3) Dieser Begriff wurde vom jüdischen Historiker Michael Wolffsohn im Rahmen der 1991-Diskussion geprägt.

      (4) Berliner Zeitung 28.11.2002

      (5) Der ehemalige israelische Premier Levi Eshkol nannte diese israelische Masche auf jiddisch "Schimschen, der Nebichdiker" (Samson, der übernatürlich starke biblische Held, posiert sich als Schwächling, als Nebich).

      (6) S. zum Beispiel Beniamin Beit-Hallahmi, Schmutzige Allianzen. Die geheimen Geschäfte Israels. München 1988

      (7) Diese Aussage der äthiopischen Regierung ist in der Ha`aretz vom 27.6.1997 zu finden.
      Der israelische Internet-Infodienst DEBKAfile wies am 30. November 2002 auf eine Al-Qaeda- Täterschaft hin.

      (8) Global Security Newswire, July 10, 2002

      (9) Shraga Elam, Architektur der Spinnen - Drei Jahre nach Ausbruch des Golfkriegs: Wie es dazu kam, Die Wochenzeitung (WoZ); 14. Januar 1994

      (10) Saddam Hussein behauptete z.B. in einer Rede am 1. April 1990: Sowohl der britische und der amerikanische als auch der israelische Geheimdienst hätten im Verlaufe der letzten fünf bis sechs Jahre laufend versucht, dem Irak angereichertes Uran für den Bau einer Atombombe anzudrehen (BBC Summary of World Broadcasts, 4.4.1990).

      (11) S. z.B. Pierre Salinger und Eric Laurent, Krieg am Golf. Das Geheimdossier, Hanser, München 1991

      (12) Paul Kennedy, The Rise and Fall of the Great Powers: Economic Change and Military Conflict, Random House, New York ,1987

      (13) A Clean Break: A New Strategy for Securing the Realm, The Institute for Advanced Strategic and Political Studies` and "Study Group on a New Israeli Strategy Toward 2000", July 8, 1996.

      (14) Shraga Elam, Entweder "Frieden" mit Gewalt oder Zwangsumsiedlung, INPREKOR Januar 2001

      (15) Ben Kaspit, When the Intifada Erupted, it was finally clear to all: Israel is Not a State with an Army but an Army with a State, Ma`ariv 6. + 13. September 2002

      (16) REBUILDING AMERICA`S DEFENSES - Strategy, Forces and Resources For a New Century, A Report of The Project for the New American Century. September 2000.

      (17) Solche Szenarien schildert etwa der israelische Militärexperte Martin van Creveld in der Zeitung Die Welt vom 26. April 2002. Die sehr blutige Massenvertreibung könnte, nach van Creveld, auch im Rahmen des Kriegs gegen den Irak passieren. Über den Deportationshergang schreibt van Creveld: "Für die Vertreibung der Palästinenser braucht man nur einige Brigaden. Sie werden die Menschen nicht einzeln aus ihren Häusern schleppen, sondern schwere Artillerie einsetzen, damit sie von selbst weglaufen. Dschenin wird im Vergleich zu dieser Zerstörung wie ein Nadelstich aussehen." Laut der israelischen Wochenzeitung Makor Rishon vom 20.September 2002 werden solche Pläne auch von der Bush-Administration unterstützt.

      Quelle: Friedenspolitischer Ratschlag
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 22:12:19
      Beitrag Nr. 99 ()
      Wir vernichten uns selbst«

      Ein Professor an der hebräischen Universität in Jerusalem hält israelische Atomsprengkörper auf Rom und die europäischen Hauptstädte für denkbar


      Das bekannte niederländische Magazin »ELSEVIER« veröffentlichte ein Gespräch mit dem israelisch-niederländischen Militärhistoriker Martin van Creveld, der in naher Zukunft das für möglich hält, was in der Bibel als »Armageddon« (Offenbarung Johannes, 16,16) angekündigt wurde.


      Hier die Übersetzung aus dem Niederländischen. Wer sich vergewissern und vergleichen möchte, kann eine Kopie aus dem Magazin »Elsevier« anfordern (UN-Archiv 1033):



      »Wir vernichten uns selbst«

      »In Israel zeichnet sich ein fluchbeladenes Szenario ab.

      Gespräch mit dem geschmähten israelisch-niederländischen Militärhistoriker Martin van Creveld.

      Professor Martin van Creveld, international bekannter und umstrittener Professor der Militärgeschichte an der hebräischen Universität in Jerusalem, sieht für die weitere Zukunft nur extreme Entwicklungen voraus. Die Art und Weise, wie Israel momentan gegen die Intifada kämpft, sei zum Scheitern verurteilt. Die Möglichkeiten eines Friedensprozesses und der Gründung eines palästinensischen Staates nehmen zusehends ab.

      Ein Gespräch mit einem Pessimisten, der, wie er sagt, im eigenen Land geschmäht wird:

      Ihre Spezialität ist Krieg. Ist hier überhaupt von Krieg die Rede?

      Ja doch, obwohl es bei den Palästinensern keine Regierung, keine Armee und kein Volk gibt. Es geht alles durcheinander. Deshalb auch werden wir den Krieg nicht gewinnen. Wenn wir jeden Terroristen identifizieren und eliminieren könnten, würden wir diesen Konflikt innerhalb von 48 Stunden gewinnen. Die palästinensische Verwaltung hat dieselben Schwierigkeiten. Selbst wenn Arafat sich in Anbetracht unserer Bedingungen morgen entschließen würde zu kapitulieren, würde nahezu sicher die Intifada weitergehen.

      Gibt es auf der israelischen Seite auch etwas Ähnliches?

      Wenn die Auseinandersetzung sehr lange dauert, wird die israelische Regierung die Kontrolle über das Volk verlieren. Denn die Leute werden dann sagen: „Diese Regierung kann uns nicht schützen, was kann sie dann überhaupt noch für uns tun? Wenn die Regierung nicht gewährleisten kann, daß wir morgen noch leben, was bringt uns das noch? Wir werden uns selbst verteidigen.”

      Also Israel hat im voraus schon verloren?

      Ich will dazu Kissinger zitieren: »In Feldzügen wie diesen verlieren die Antiterror-Brigaden, weil sie nicht gewinnen, und die Rebellen gewinnen dadurch, daß sie nicht verlieren.«

      Das trifft hier sicher zu. Ich betrachte eine totale israelische Niederlage als unabwendbar. Das bedeutet den Zerfall der israelischen Gesellschaft und des Staates. Wir werden uns selbst vernichten.

      Hat die neuerliche israelische Militäroffensive überhaupt noch einen Sinn?

      Die Militäroffensive ist total nutzlos, die Palästinenser werden dadurch nur noch zorniger werden. Möglicherweise kehrt für eine kurze Zeit Ruhe ein, aber letzten Endes wird es doch noch mehr Selbstmordanschläge geben.

      Ist da noch Hoffnung?

      Wenn ich Arafat wäre, würde ich auch nicht damit aufhören. Ich würde nur aufhören im Tausch für ein sehr weitreichendes politisches Abkommen. Und es sieht so aus, daß wir eine Art Regierung haben, die Arafat ein solches nicht anbieten wird. Wenn es heute Wahlen gäbe, würden die Linken völlig weggewischt werden.

      Manche behaupten, daß der Feind von auswärts Israel gerade zusammenhält.

      Das ist richtig. Ich wünschte mir, daß es auswärtige Feinde wären, aber das ist nicht der Fall. Wir haben so viele Jahre gegen unsere äußeren Feinde gekämpft. Jedes Mal, wenn es Krieg gab, haben wir einen ganz großen Hammer genommen, um unsere Feinde damit zu treffen, und nachdem sie einige Male eine Niederlage erlitten haben, ließen sie uns in Ruhe.

      Das Problem mit dem palästinensischen Aufstand ist, daß er nicht von außen kommt, sondern von innen. Deswegen können wir den Hammer nicht benutzen.

      Also ist die Lösung, die Palästinenser außerhalb der Grenze zu halten?

      Genau, und darüber gibt es momentan eine fast hundertprozentige Übereinstimmung. Wir müßten eine Mauer bauen, die „so hoch ist, daß kein Vogel darüber hinweg fliegen kann”.

      Das einzige Problem ist, wo wird die Grenze gezogen? Weil wir uns nicht entscheiden können, ob die in 1967 eroberten Gebiete dazugehören oder nicht, improvisieren wir vorläufig nur ein bißchen. Wir bauen eine Serie von kleinen Mauern, die viel schwieriger zu schützen sind. Das ist aus militärischer Sicht sehr dumm. Jeder Supermarkt hat allmählich seine eigene lebende Mauer von Wachmannschaften. Die eine Hälfte der israelischen Bevölkerung schützt die andere Hälfte, unglaublich. Das bedeutet eine entsetzliche Verschwendung und ist fast vollkommen nutzlos.

      Das bedeutet, daß die Palästinenser also innerhalb der Grenzen bleiben?

      Nein, das bedeutet, daß sie alle deportiert werden. Die Leute, die dies anstreben, warten nur auf den richtigen Führer und die geeignete Stunde. Vor zwei Jahren waren nur 7 oder 8 Prozent der israelischen Bevölkerung der Meinung, daß dies die beste Lösung wäre, vor zwei Monaten waren es schon 33 Prozent und jetzt sind es nach einer Gallup-Umfrage 44 Prozent.

      Wird das denn jemals stattfinden können?

      Sicher, denn verzweifelte Zeiten haben verzweifelte Maßnahmen zur Folge. Momentan steht es 50:50, wo die Grenze gezogen wird. Vor zwei Jahren wollten 90 Prozent die Mauer entlang der alten Grenze bauen. Das hat sich jetzt völlig geändert, und wenn es so weiter geht, wenn der Terror nicht aufhört, wollen in zwei Jahren vielleicht 90 Prozent die Mauer entlang des Jordan bauen.

      Die Palästinenser sprechen von „Summutt”, das bedeutet durchhalten und sich an Grund und Boden festklammern. Ich habe enorme Achtung vor den Palästinensern, sie kämpfen heldenmütig. Aber wenn wir tatsächlich über den Jordan stoßen wollen, würden wir dazu nur einige Brigaden benötigen. Wenn die Syrier oder Ägypter das zu verhindern versuchen würden, würden wir sie ausradieren. Der Führer ist Ariel Sharon. Er hat immer einen Plan, er improvisiert nicht.

      Den Plan, die Palästinenser zu deportieren?

      Ich denke, daß es sehr gut möglich ist, daß er das anstrebt. Er will den Konflikt eskalieren lassen. Er weiß, daß alles, was wir sonst machen, keinen Erfolg haben wird.

      Denken Sie, daß die Welt eine derartige ethnische Säuberung zulassen wird?

      Das liegt daran, wer es macht und wie schnell es geht. Wir haben einige Hundert von Atomsprengkörpern und Raketen und können sie auf Ziele überall werfen, vielleicht selbst auf Rom. Mit Flugzeugen sind die meisten europäischen Hauptstädte ein Ziel. (!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!)

      Dann wird Israel ein Schurkenstaat sein?

      Prof. van Creveld zu den Plänen, die Palästinenser zu deportieren und zur Frage, ob die Weltgemeinschaft eine solche ethnische Säuberung zulassen würde:

      »Das liegt daran, wer es macht und wie schnell es geht. Wir haben einige Hundert von Atomsprengkörpern und Raketen und können sie auf Ziele überall werfen, vielleicht selbst auf Rom. Mit Flugzeugen sind die meisten europäischen Hauptstädte ein Ziel.«


      Ich will dazu General Moshe Dayan zitieren: „Israel muß wie ein toller Hund sein, zu gefährlich, um ihn zu berühren”.

      Ich halte alles dies jetzt für eine hoffnungslose Situation. Wir werden versuchen müssen zu vermeiden, daß es so weit kommt, wenn nur irgendwie möglich.

      Aber unsere Armee ist von der Stärke her nicht die Nummer 30 in der Welt, sondern die Nummer 2 oder 3. Wir haben die Möglichkeit, die Welt mit uns zusammen untergehen zu lassen. Und ich kann Ihnen versprechen, daß dies auch geschieht, bevor Israel untergeht.

      Dies ist aber nicht Ihre eigene Vorstellung?

      Natürlich nicht. Sie fragten mich, was geschehen könnte und ich habe das beschrieben. Es ist nur die Frage, ob es nicht schon zu spät ist für die andere Lösung, die ich befürworte, und ob die israelische öffentliche Meinung davon noch überzeugt werden kann. Ich denke, daß es zu spät ist. Mit jedem Tag, der vorübergeht, wird die Vertreibung der Palästinenser wahrscheinlicher. Die Alternative wäre die totale Vernichtung und Desintegration Israels. Was also erwarten Sie von uns?

      Das Gespräch führte Ferry Biedermann in Jerusalem«
      http://www.un-nachrichten.de/
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 12:06:33
      Beitrag Nr. 100 ()
      Die Israelis wollen wie es scheint keinen Frieden :(.
      Schlichter abgestraft und Schlächter wiedergewählt!
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 01:34:57
      Beitrag Nr. 101 ()
      Lotterie der besonderen Art

      “Israels” Besatzungstruppen lassen Palästinenser per Los Art der Mißhandlung wählen



      Es braucht nicht viel dafür: Einige israelische Soldaten, einige Palästinenser, ein paar Stückchen Papier – fertig ist die »palästinensische Lotterie«. Ein Tombola-Trend der besonderen Art hat in kürzester Zeit die Westbank erfaßt. Von der israelischen Armee aufgegriffene Palästinenser werden gezwungen, ein »Los« zu ziehen, auf dem das Körperteil vermerkt ist, das danach gebrochen wird. Die ersten Fälle wurden Ende vergangenen Jahres in Hebron bekannt.

      Die israelische Zeitung Yedioth Ahronot hatte am 22. Dezember erstmals über die zynische Mißhandlung berichtet. Die Washington Post brachte am 10. Januar den Fall des Ende Dezember zu Tode geprügelten jugendlichen Amran Abu Hamediye unter dem Titel »Brutal Routine« mit der »Lotterie« in Verbindung. Die US-Zeitung berichtete, der junge Palästinenser sei kurzzeitig festgenommen worden. Später sei seine Leiche auf einer Straße in Hebron voller Anzeichen schwerer Mißhandlungen gefunden worden.

      Laut Hussein Al Schuchi, einem Rechtsanwalt aus Hebron, begannen Mißhandlungen dieser Art im November – und sie dauern bis heute an. Er selbst habe mit mindestens 50 Palästinensern aus Hebron gesprochen, die geschlagen worden seien, nachdem sie ein »Los« gezogen hatten. Der palästinensische Jurist nennt den Fall von Wassim Radschaih: Der 14jährige sei »an einem ganz normalen Tag im Dezember« während der Ausgangssperre aus der Wohnung gegangen, da er gehofft habe, den Lebensmittelladen erreichen und etwas einkaufen zu können. Auf dem Weg habe neben ihm ein Jeep mit fünf israelischen Grenzpolizisten gehalten, die ihn gefragt hätten, wo er denn hin wolle. Dann hätten sie zu ihm gesagt, daß es verboten sei, auf die Straße zu gehen, und daß sie ihm eine Lektion erteilen würden. Die Soldaten haben Rechtsanwalt Al Schuchi zufolge Wassim Radschaih mehrere Zettel gezeigt, von denen er einen wählen sollte. Auf dem auseinandergefalteten Papier habe gestanden: »Wir werden dir deine Hand brechen.« Danach hätten die Polizisten seine Hand ergriffen und ihm einen Finger gebrochen.

      Ein weiterer Bericht handelt von Ibrahim Jabare. Er habe gerade mit seinem Cousin zusammengesessen, als ein Jeep vor dem Haus gehalten habe. Mehrere israelische Polizisten seien aus dem Fahrzeug gesprungen und hätten die beiden Palästinenser aufgefordert, herauszukommen. Erst seien sie geschlagen worden, aber dann hätten die Polizisten plötzlich gesagt: »Du mußt wählen, wie wir dich weiter verprügeln.« Er habe einen Zettel ziehen müssen, auf dem gestanden habe: »linkes Bein und linke Hand« Bewußtlos sei er später mit gebrochenem Bein und gebrochener Hand ins Krankenhaus eingeliefert worden.

      Auch aus anderen Städten der Westbank wurden solche Fälle bekannt. So berichtet »Palestine Monitor«, das Informationsorgan der palästinensischen Nichtregierungsorganisationen, daß am 12. Januar der 23jährige Firas Al Sarfandi ins Sheikh Zayed Krankenhaus in Ramallah eingeliefert worden sei, nachdem man ihn bewußtlos und blutüberströmt auf der Straße gefunden hatte. Augenzeugen berichteten, Firas sei gegen 17 Uhr von Soldaten aufgehalten worden, die ihm mehrere Zettel entgegengehalten hätten. Sie hätten ihn gezwungen, einen auszuwählen und ihn dann fast eine halbe Stunde lang verprügelt.

      Die israelische Menschenrechtsorganisation PCATI (Public Committee Against Torture in Israel) bestätigte gegenüber junge Welt, auch sie habe Informationen, wonach mehrere Soldaten und Grenzpolizisten Palästinenser gezwungen hätten, an der »Lotterie« teilzunehmen. PCATI hat inzwischen einen Beschwerdebrief im Fall des zu Tode geprügelten Palästinensers Amran Abu Hamediye an die zuständigen Behörden geschickt, mit der Aufforderung, eine Untersuchung einzuleiten.


      Quelle: Junge Welt
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 01:42:26
      Beitrag Nr. 102 ()
      :rolleyes:

      bluecopy, deepcopy und andere nächtliche reflexhandlungen.

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 15:32:46
      Beitrag Nr. 103 ()
      Keine Gasmasken für Palästinenser


      I srael weigert sich, die drei Millionen Menschen in den besetzten Gebieten mit Gasmasken für einen irakischen Raketenangriff auszustatten. Die Tageszeitung „Jediot Achronot“ berichtete am Dienstag, in den vergangenen Monaten hätten Gespräche zwischen dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und Regierungsvertretern stattgefunden, die jedoch zu keinem Ergebnis geführt hätten.

      In Israel werden alle Einwohner, auch Ausländer, wegen der möglichen Bedrohung durch Bagdad derzeit mit Gasmasken ausgerüstet.

      Das IKRK ist der Ansicht, dass Israel als Besatzungsmacht in den Palästinensischen Autonomiegebieten nach der vierten Genfer Konvention für die Sicherheit der unter ihrer Besatzung stehenden Bevölkerung sorgen muss. Israel wiederum vertritt die Auffassung, dass die dicht bevölkerten Palästinensergebiete nach internationalem Recht nicht besetzt sind.

      04.02.03, 14:15 Uhr
      Avatar
      schrieb am 07.02.03 22:17:08
      Beitrag Nr. 104 ()
      Israel nach den Wahlen 2003
      Analysen und Hintergründe


      rw./thk. Wie zu erwarten war, hat in den israelischen Wahlen die Likud-Partei mit Ariel Sharon einen hohen Sieg errungen. Von bisher 19 Mandaten in der Knesset (Parlament) ist der Likud nun auf 37 Sitze gekommen, auf Kosten der Arbeitspartei (Labor) mit Amram Mitzna. Diese erlitt einen Verlust von 6 Sitzen und ist nun mit 19 Mandaten in der Knesset vertreten. Auch die linke Meretz-Partei, die zur Friedensbewegung gehört, hat substantiell verloren. Die Wahlbeteiligung betrug um die 68 Prozent. Dieses Resultat bedeutet keine Hoffnung für den Frieden. Israel wird im Sinne Sharons - Sabra und Shatila! - weiterhin eine Politik der Macht, der unerbittlichen Stärke, des Krieges und der Unterdrückung verfolgen.

      Trauertag der israelischen Demokratie
      Prof. David Nachmiias, Politologe am Institut für Demokratie, sprach von einem «Trauertag der israelischen Demokratie». Die Gleichgültigkeit und Resignation der Bevölkerung, die sich in immer geringerer Beteiligung an der politischen Diskussion ausdrücke, sei bedenklich. Im Falle Israels heute, in Anbetracht der ungeheuren Probleme des Staates und der Gesellschaft, müsse man dies bereits als katastrophal bezeichnen. Der Staat befinde sich in der schlimmsten Lage seit seiner Gründung. Die Sicherheitslage sei mörderisch, ein Krieg drohe aus dem Norden, die Wirtschaft breche zusammen, immer weitere Teile der Bevölkerung verelendeten. Die aussenpolitischen Beziehungen trieben unaufhaltsam der Isolation zu. Kein einziges dieser Themen sei im Wahlkampf behandelt worden. Der Wahlkampf war in amerikanischer Manier rein personenbezogen. «Eine Demokratie kann so nicht funktionieren», meint Nachmiias. Es sei die Okkupation, die die Politik, die gesamte Gesellschaft korrumpiere. (hagalil.com, 28.1.03)

      Wie kam es dazu, dass die israelischen Wähler Sharons Machtpolitik, die mit Gewalt und Krieg vorgeht, einer Friedenspolitik vorgezogen haben? Denn zwei Drittel der Israeli sind offenbar dafür, die meisten Siedlungen zu räumen und den Palästinensern einen eigenen Staat zu gewähren. Die Analysten sind sich darüber einig: Weil es in Israel keine Partei gibt, die eine wirkliche Alternative anzubieten hat. Die Arbeitspartei, die jahrzehntelang einen Gegenpol zu Sharons Likud bildete, «hat sich überlebt», erklärt der israelische Historiker Moshe Zuckermann. Durch die Koalition mit dem Likud «hat sie sich mehr oder minder selbst entsorgt». Die israelische Linke sei völlig zertrümmert und befinde sich in der erbärmlichsten Periode ihrer Geschichte. (Der Spiegel vom 30.1.03) Sie müsse sich völlig neu konstituieren, dies auch die Meinung von Yael Dajan von der Meretz-Partei. Die israelische Zeitung Haaretz schreibt, dass die linke Partei Meretz zwar vom Friedensangebot und von sofortigen Verhandlungen mit den Palästinensern spreche, aber den falschen Weg einschlagen wolle. Israel als Besatzungsmacht müsse zuerst die Siedlungen in den besetzten Gebieten räumen, bevor man sich an den Verhandlungstisch setzen könne. (Haaretz vom 31.1.03) Sharon hat eine Wahlkampagne mit der Angst vor Selbstmordanschlägen geführt. Yael Dajan: «Die Angst hat den Ausschlag gegeben. Sharon ist es gelungen, und das ohne jede Grundlage, beim Wähler das Gefühl zu erzeugen, dass ihm in dieser Hinsicht mehr zu vertrauen sei als anderen.» (taz vom 30.1.03). Analog zu den USA heisst es, Israel müsse einen «Kampf gegen den Terrorismus» führen. Auf den Wahlplakaten las man: «Sharon - der Führer mit Erfahrung». Der Bevölkerung wird mit Hilfe gleichgeschalteter Medien und emotionalisierender Fernsehbilder weisgemacht, die Palästinenser seien Mörder und die Existenz Israels sei bedroht. Nur die «eiserne Faust», wie sie Sharon anwendet, könne Sicherheit bringen. Dies, obwohl die vorangegangenen zwei Jahre Sharon-Regierung nur eine Eskalation der Gewalt mit sich brachten. Sharon wird in Israel auch «der Bulldozer» genannt.

      Problematische wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation
      Ein Thema wurde, wie oben erwähnt, im Wahlkampf wohl bewusst vermieden: Die desolate wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation, in der sich der israelische Staat befindet. Die Wirtschaft liegt am Boden. Rund 10 Milliarden Euro hat der Kampf gegen die Intifada gekostet. Eine wichtige Einkommensquelle, der Tourismus, hat spürbar abgenommen. Und der hoffnungsvolle jüngere Sektor der Hightech-Industrie konnte sich, auch im Zusammenhang mit der Globalisierung, nicht halten. Massenweise schliessen Restaurants, Bars und Clubs, weil die Israeli aus Angst vor Anschlägen die öffentlichen Plätze eher meiden. Gemäss israelischen Schiffahrtsgesellschaften verlassen wegen der Kriegspolitik täglich Dutzende von israelischen Familien das Land. Meinungsumfragen zeigen zunehmende politische Spaltungen und Hoffnungslosigkeit, gerade unter jüngeren Israeli. Sie hatten ihre Karrieren in den 90er Jahren begonnen, als der Oslo-Friedensprozess relative Ruhe einbrachte und Israel eine wirtschaftliche Bedeutung im Globalisierungsprozess einzunehmen begann. Die Arbeitslosigkeit in Israel beträgt heute rund 10 Prozent. Viele Menschen in Israel leiden unter Armut, besonders die israelischen Araber und andere Bevölkerungsschichten (Sephardim), die nicht zur wohlhabenden westeuropäischen Elite (Ashkenasim) gehören. Dazu kommen wachsende Risse und Spaltungen innerhalb der Bevölkerung durch die erwähnten Einkommensunterschiede zwischen den verschiedenen Kulturen, durch gesellschaftliche Diskrimination, aber auch durch kulturelle Kluften. Religiöse und nicht religiöse Juden zum Beispiel haben ein sehr unterschiedliches Verständnis vom israelischen Staat, von der Palästinenserfrage oder der Erziehung. Auch die Frage des israelischen Selbstverständnisses als eines rein jüdischen Staates wird aufgeworfen und führt zu heftigen Diskussionen. Man spricht von der «demographischen Frage» und meint damit den Anteil von Juden im Verhältnis zu den Arabern. Mit der höheren Geburtenrate beim arabischen Bevölkerungsteil hält das Bevölkerungswachstum der Juden nicht Schritt. Viele befürchten, dass die Juden (in einem jüdischen Staat) bald in der Minderheit sein könnten. (vgl. Boas Evron, Jewish State or Israeli Nation?)

      Dieses enorme Konfliktpotential in der eigenen Gesellschaft kann - nach altem Rezept - mit dem Kampf gegen einen äusseren gemeinsamen «Feind» unter Kontrolle gehalten werden. Fällt dieser dahin, würden die hausgemachten Probleme so dringend werden, dass alle Kräfte auf ihre Lösung hin zusammenarbeiten müssten. Hierbei würde die Machtpolitik versagen. Man müsste das wahre Meinungsspektrum offen zum Zuge kommen lassen und eine demokratische Diskussionskultur aufbauen. Es gibt Stimmen, die voraussagen, der Likud werde sich in dieser Regierungsperiode mit den innenpolitischen Problemen befassen müssen und eventuell daran scheitern.

      Position der Likud-Partei
      Welche Position vertritt nun die siegreiche Likud-Partei? Der Likud hat schon immer eine militaristische Machtpolitik der harten Hand verfolgt. Einer seiner ideologischen Vordenker, Wladimir «Zeev» Jabotinsky, begründete in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Politik des «eisernen Walls» gegenüber der arabischen Bevölkerung Palästinas. Die Juden müssten zwischen sich und den Arabern einen «eisernen Wall» errichten, den diese nicht durchbrechen könnten; das heisst, Israel müsse militärisch unschlagbar werden. Nur eine unschlagbare jüdische Militärmacht würde die Araber zum Aufgeben zwingen. Der Likud - Begin, Shamir, Netanyahu und Sharon - steht in dieser ideologischen Linie. Für den Likud war es immer selbstverständlich, dass der israelische Staat ein Gross-Israel im biblischen Sinne («vom Nil bis zum Euphrat») werden müsse. Das Partei-Manifest des Likud verkündet: «Das Recht des jüdischen Volkes auf Erez Israel ist ewig und mit unserem Recht auf Sicherheit und Frieden verbunden. Der Staat Israel hat das Recht und den Anspruch auf Souveränität über Judäa, Samaria und den Gaza-Streifen. Zu gegebener Zeit wird Israel diesen Anspruch einlösen und danach streben, ihn zu realisieren.»

      Premierminister Yitzchak Shamir vom Likud sagte 1991: «Wir denken, dass Judäa, Samaria und Gaza ein untrennbarer Teil von Erez Israel sind, und wir werden kämpfen, um diesen Gedanken in die Praxis umzusetzen.» Der Likud hat nie eine legale Annektion der Westbank und Gazas angestrebt. Er verfolgte die Taktik einer schleichenden De-facto-Integration, die es ermöglichte, jüdische Siedlungen anzulegen und die Palästinenser in Bantustans zusammenzupferchen. (vgl. Nur Masalha, Imperial Israel and the Palestinians) Manchmal wurden die Ziele offen benannt, manchmal wurden entsprechende Strategien eingeschlagen, ohne die wirkliche Absicht kundzutun. Nach dem Eroberungskrieg von 1967 wurde der Bau von jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, die militärisch schwer bewacht werden und über eigene Durchgangsstrassen verfügen, stetig vorangetrieben. Dadurch wurde das palästinensische Land immer mehr zerstückelt und seine Einwohner isoliert. Die Arbeitspartei hat hierzu nie wirklich eine Alternative vorgelegt, im Gegenteil hat sie sich immer nahe beim Standpunkt des Likud bewegt. Schon David Ben-Gurion, der erste Premierminister Israels und Führer der Labor-Partei, äusserte sich sehr ähnlich wie Jabotinsky. Der Zionismus müsse sich mit Gewalt durchsetzen, denn natürlich würden sich die Araber gegen eine Übernahme ihres Landes wehren.

      Was früher Deportation hiess, wird heute «Transfer» genannt
      Vor diesem geschichtlichen Hintergrund ist zu vermuten, dass hinter Sharons schlauer öffentlicher Propagierung eines palästinensischen Staats sich «die Räder der Geschichte in Richtung von Jabotinskys ÐIron Wallð und dem ÐTransferð (der Palästinenser) nach Jordanien drehen». (Mid-East Realities vom 31.12.2002) Dazu muss man wissen, dass der Likud schon immer Jordanien als den Staat der Palästinenser angesehen hat. Eine Vertreibung der Palästinenser aus Palästina stellt somit für Sharon und seine Parteikollegen kein Problem dar, da die «Palästinenser» keine eigene Nation seien und sie zudem ein arabisches Heimatland - Jordanien - hätten. Sie würden also nur nach Hause geschickt. Palästinenser und human gesinnte Israeli nennen dieses brutale Vorgehen «ethnische Säuberung». Sharon war 1977 Agrikulturminister, aber auch Vorsitzender des Ministerkomitees für das Siedlungswesen. In dieser Funktion kündigte er den Plan an, innerhalb von zwanzig Jahren mehr als eine Million Juden in der West-Bank anzusiedeln. Die Idee des jordanischen Heimatlandes der Palästinenser verkündete er, als er in der zweiten Begin-Regierung Verteidigungsminister war. Golda Meir, Premierministerin der Labor-Partei, hatte dies schon früher vorgeschlagen, obwohl für sie ein palästinensisches Volk eigentlich nicht existierte. Aussenminister Shamir vom Likud stritt ab, dass sich der Konflikt zwischen Israel und einem staatenlosen Volk abspielte. Im öffentlichen Sprachgebrauch beider Parteien in den 80er Jahren war die Rede vom «jordanisch-palästinensisch-arabischen Staat». Die israelische Professorin Tanya Reinhart weist auf die bisherigen «Alternativen» zwischen Labor und Likud hin: «Ewige Verhandlungen, während derer Israel die Besetzung aufrechterhält und neue Siedlungen baut - das Oslo-Modell der Arbeitspartei - oder eine langsame Eliminierung des palästinensischen Volkes - Sharons Modell.» (Mid-East Realities vom 31.12.02)

      Zuckermann meint im Spiegel-Interview, dass es passieren könnte, dass Sharon den Irak-Krieg dazu nützt, in dessen Schatten die Vertreibung der Palästinenser voranzutreiben. Tue er das, könnte sich der Fundamentalismus in den Nachbarländern so sehr regen, dass es beim schlimmsten Szenario sogar zu einem weiteren regionalen Krieg kommen könnte. Die Frage ist, abgesehen vom Fundamentalismus, aber auch, wieviel sich die arabischen Länder gefallen lassen werden.

      Israel soll, wenn es nach den Plänen der Sharon-Regierung ginge, die einzige militärisch hochgerüstete Grossmacht im Nahen Osten sein. Hand in Hand mit Sharons US-Freund, dem Kriegsfanatiker Bush, würde es die ganze Region unterwerfen und eine neue Weltordnung errichten.

      Eine Friedensalternative
      Was ist die Alternative, die den Weg zu einem Frieden im Nahen Osten eröffnet? Einige grundlegende Voraussetzungen wären die folgenden: der Verzicht auf jegliche Gewalt und Machtpolitik auf beiden Seiten des Konfliktes. Gleichzeitig muss sich Israel als Besatzungsmacht aus den besetzten Gebieten zurückziehen und die militärische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Unterdrückung der Palästinenser aufgeben. Die Intervention von Staaten, die Partei ergreifen und ihre eigenen finanziellen, wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen verfolgen, darf nicht mehr gestattet werden. Es bedeutet auch, sich nicht auf korrumpierbare Machtpolitiker zu verlassen. So könnte sich der Weg für Verhandlungen auf einer gerechten Basis eröffnen. Nur eine ehrliche, demokratische Gesprächskultur, die vom Willen der beiden Bevölkerungen, Israeli und Palästinenser, ausgeht, wird zum Frieden führen.

      Man darf gespannt sein, ob sich in Israel in der nächsten Zeit Parteien oder Initiativen von Bürgern bilden werden, die sich der Frage des Gewaltverzichts und des Weges zu einem gerechten Frieden annehmen.

      Artikel 11: Zeit-Fragen Nr.4 vom 3. 2. 2003, letzte Änderung am 4. 2. 2003


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