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    Warum Massaker immer nur an den Guten anrichten?Umgangsformen hier und das Strafrecht - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 07.01.03 10:18:09 von
    neuester Beitrag 07.01.03 21:09:15 von
    Beiträge: 12
    ID: 679.857
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      schrieb am 07.01.03 10:18:09
      Beitrag Nr. 1 ()
      Mal folgender Abdruck von SPIEGEL online, der recht spannend ist bzgl. so manchem User hier.



      Wie sarkastisch darf Sarkasmus sein?

      Von Christoph Seidler

      Im schönen Münster beginnt am Mittwoch ein bemerkenswerter Strafprozess. Ein Mann steht da vor Gericht, der in einem
      Internet-Forum einen - seiner Meinung nach sarkastischen - Diskussionsbeitrag veröffentlicht hat. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft:
      Billigung von Mord.

      Es gibt Dinge, mit denen kann man nur schwer umgehen; in der eigenen Gedankenwelt, aber auch in der Diskussion mit
      anderen. Der Tod anderer Menschen gehört wohl für die meisten von uns zu genau diesen Dingen. Als Schutzmantel vor der
      Realität müssen dann oft Spott und Sarkasmus herhalten. Das ist im Gespräch unter Kollegen in der Nachrichtenredaktion
      kaum anders als am Stammtisch. Und nur selten stört sich jemand daran.

      Jetzt schon. Und zwar die Staatsanwaltschaft Münster. Sie wirft einem Mann die Billigung von Mord vor und hat deswegen
      ein Gerichtsverfahren angestrengt, das am Mittwoch beginnen soll.

      Der Fall:

      Das Internet-Magazin "Telepolis" berichtete im Sommer vergangenen Jahres unter dem Titel "Das Massaker, das nicht sein
      darf" über bis heute nicht endgültig aufgeklärte Übergriffe der Nordallianz auf Taliban-Kämpfer in der Nähe der afghanischen
      Stadt Masar-i-Scharif. Bei dem Vorfall sollen Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen den Tod gefunden haben. In einem
      Diskussionsforum hatten die Leser von "Telepolis" wie üblich Gelegenheit sich zum Artikel zu äußern. Das tat auch ein Mensch mit dem
      Phantasienamen "Engine_of_Aggression". Er schien erfreut über die Toten am Hindukusch, die er als "Abschaum" bezeichnete und formulierte:
      "Warum sollen Massaker immer nur an den Guten angerichtet werden?"

      An einer Antwort auf diese Frage versuchte sich daraufhin der Münsteraner Holger Voss. Er schrieb einen Beitrag unter dem Titel "Gratulation! Das
      Böse wurde mit der Wurzel ausgerissen", der ihm viel Ärger einhandeln sollte. Denn er lobte darin - sarkastisch, wie er später erklärte - die
      Anschläge vom 11. September 2001. Die Flugzeugentführer hätten am "wahren Abschaum" ein Massaker verübt. Und so weiter...

      Am Ende des Beitrages fand sich folgender Satz: "Wer Sarkasmus findet, der/die möge ihn bitte weiterverwenden."

      Doch die Staatsanwaltschaft in Münster fand etwas ganz anderes. Nach einer anonymen Anzeige fand sie nämlich, dass Voss mit seinem
      Diskussionsbeitrag die Morde von New York und Washington gebilligt habe. Und das ist - ein flüchtiger Blick ins Strafgesetzbuch beweist das - nun
      einmal strafbar. Grund genug, Voss ab Mittwoch im Raum 185 des Landgerichtes in Münster den Prozess zu machen, nachdem dieser einen ersten
      Strafbefehl über 1500 Euro nicht bezahlen wollte.

      Voss, der sich selbst als überzeugten Kriegsgegner bezeichnet, ist sich keiner Schuld bewusst. In einer öffentlichen Erklärung vom Wochenende
      schreibt er, es sei ihm darum gegangen, die "Verherrlichung von Gewalt gegenüber Kriegsgefangenen" sarkastisch anzugreifen und "mit vertauschten
      Rollen und ironisch überspitzt zu erwidern". Ob die Justiz dieser Argumentation folgt, wird sich zeigen - und nicht zuletzt davon abhängen, ob es
      dem Gericht gelingt, Verständnis für den manchmal rüden und ganz eigenen Ton in Netz-Diskussionsforen aufzubringen.


      Für Datenschützer bietet der Fall Voss indes noch eine andere Pikanterie. Die Identifikation des Angeklagten wurde nämlich nur möglich, weil die
      Staatsanwaltschaft Hannover den Heise-Verlag, Betreiber des "Telepolis"-Diskussionsforums dazu zwang, die IP-Adresse des Beklagten
      herauszugeben. Diese führte zu T-Online. Und beim rosaroten Onlinedienst hatte man praktischerweise noch die Verbindungsdaten des Kunden Voss
      gespeichert, aus denen sich die Netz-Nutzung rekonstruieren ließ.

      Doch ob diese Daten bei T-Online überhaupt vorliegen durften, ist höchst umstritten. Schließlich erlaubt das Teledienstedatenschutzgesetz die
      Speicherung der Verbindungsinformationen nur zum Zwecke der Abrechnung. Weil Voss aber DSL-Flatrate-Kunde ist, ist bei ihm gar keine genaue
      Abrechnung nötig - schließlich zahlt der Mann pauschal und kann surfen, so viel er will.

      Wegen der Datensammelwut von T-Online schlagen in diversen Diskussionsforen die Wellen der Empörung inzwischen hoch. Doch Michael
      Schlechtriem, Sprecher von T-Online, kann das im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE nicht verstehen: Die Nutzung der Daten erfolge "in Anlehnung" an
      das Bundesdatenschutzgesetz und andere Vorschriften, sagt er. So sei es für T-Online eben doch wichtig, auch die Verbindungsdaten der
      DSL-Flatrate-Nutzer detailliert zu speichern. Schließlich gebe es Services wie den Online-Zugang über ISDN, der auch für diese Kunden nicht
      pauschal abgerechnet werde.








      Ich stelle nur mal fest, dass hier bereits einer angeklagt wird, dessen sarkastische Bemerkung als solche gut erkennbar ist (@Staatsanwaltschaft Münster: deutsche Sprache schwere Sprache!) - es fragt sich, was herauskommen würde, wenn sich die Leute hier mit ernsthaft mit den Usern dieses Formus beschäftigen würde, die man gut und gern zur Affenhorde rechnen darf und deren bemerkung gut erkennbar weit weg von Ironie oder Sarkasmus sind. Was da alles gepostet wurde und wird :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 10:23:13
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ist mir neu dass die Billigung von Mord strafbar ist.

      §§ ???
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 11:17:38
      Beitrag Nr. 3 ()
      §111 StGB untersagt die öffentliche Aufforderung zu Straftaten, welche nicht erfolgreich sein muss.
      Sonst wäre es Anstiftung zu Straftaten.

      Zu Zeiten der RAF-Hysterie wurde der 111er verschärft und bereits die Billigung von Straftaten war kriminalisiert.
      Diese Verschärfung wurde später wieder zurückgenommen.
      Es gibt aber Richter und Staatsanwälte, die den Begriff Aufforderung sehr weit auslegen.
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 11:26:47
      Beitrag Nr. 4 ()
      #1
      Das paßt so richtig in das Bild, welches ich derzeit von diesem Land habe.
      In der Regierung sitzen Personen, die früher Steine auf Polizisten geworfen haben, die ungenehmigte Demos angezettelt haben, bei denen dann Polizisten zu lebenden Fackeln wurden und die heute Angriffskriege führen und dt. Soldaten in die Welt hinaus schicken.
      Aber wenn einer erkennbar sarkastisch ist und er seinen Unmut über bestimmt Dinge ausdrücken will, dann kommt er auf die Anklagebank.

      Hätte da eine Ex-Ministerin, die Bush mit "Adolf-Nazi" (oder so ähnlich) verglich und die meinte Bush wolle mit seinen Kriegsplänen von innenpolitischen Problemen ablenken nicht viel eher auf die Anklagebank gehört? :mad:

      Hoffentlich kommt jetzt nicht die geheimeStaatspolizei zu mir, weil ich erkennbar empört über die Staatsanwaltschaft Münster bin! :( Vielleicht wirft man mir jetzt vor ich sei gegen Gesetz und Ordnung. Wobei ich mich frage, wo hier die Ordnung bleibt. Unter Ordnung verstehe ich nämlich auch, dass man dann auch andere gleichwertige (oder schlimmere) Dinge vor Gericht bringt, auch dann, wenn Sie von Regierungsmitgliedern oder anderen Persönlichkeiten begangen wurden.:mad:
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 11:53:05
      Beitrag Nr. 5 ()
      Interessant wäre, ob die Staatsanwaltschaft Münster mit ebenso entschiedener Verve die Herkunft von Hompepages im Internet verfolgt, die sich mit Bauanleitungen von Molotow-Cocktails oder weiteren Sprengsätzen beschäftigen oder wo man wunderbar lernen kann, wie man die Oberleitung von Bahnstrecken beschädigt...

      Bevor hier jemand antwortet, ja ja, ich weiß, wie schwer das Verfolgen von Ursprüngen im Internet ist.

      Tatsache ist aber ganz offenbar, dass wir momentan eine Regierung haben, die ganz ganz laut über den großen Lauschangriff nachdenkt, nachdem die gleichen Beteiligten in der Opposition sich immer als höchste Schützer des Datenschutzes geoutet haben. Interessant insbesondere, da einige der jetzigen Regierenden sich früher doch in einer rechtlichen Grauzone betätigten oder sich dort für Leute aus dieser Grauzone engagierten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

      Und bevor auch hier noch jemand etwas anmerkt: Ja ja, ich weiß, dass Richter in Deutschland unabhängig sind und nichts, aber auch gar nichts mit den Strömungen der Regierung zu tun haben (oder zumindest unabhängig sein sollten).

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      Avatar
      schrieb am 07.01.03 12:08:24
      Beitrag Nr. 6 ()
      Ohne mich mit der Aussage oder der (mir im übrigen gelichgültigen) Intention des Verfassers in irgendeinenem zustimmenden oder sonstigen Zusammenhang zu bringen, finde ich unser Strafrecht, das eine solche Strafverfolgung erlaubt, höchst revisionsbedürftigt.

      Im Originalbeitrag, s. http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=1916234&…" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">
      http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=1916234&…

      erkenne ich keine öffentliche Aufforderung zu Straftaten, gem. § 111 StGB, sondern eine wie auch immer zu wertende rückblickende Betrachtung eines bereits seit Monaten zurückliegenden Terror-Anschlags, in welchem die betroffene Nation eine "Kriegshandlung" sah. Wo ist in diesem Text eine Aufforderung enthalten, es den Terroristen gleich zu tun o. ä.?

      Müssen wir jetzt schon befürchten, ebenfalls Briefe vom Staatsanwalt zu bekommen, wenn Forums-Teilnhmer weitere historische Ereignisse, in denen Gewalttaten eine Rolle spielten, nicht gemäß einer politisch gewünschten Darstellung betrachten, bzw. versuchen, sie differenziert zu betrachten. Beispiele hierfür gibt es genug. Ist es evtl. schon strafbar, wenn man in Zusammenhang von strafbaren Kriegshandlungen, einen positiven Spruch z. B. "Der Krieg ist der Vater aller Dinge" zitiert?

      Mit bleibt nur zu wünschen, daß der Justitiar des Heise Verlags, der in den besagten Zitaten keine strafbare Handlung sieht, Recht behält. Aber allein die Tatsache, daß der Staatsanwalt per Strafbefehl (=keine Lapalie) in unserem so freiheitlichen Land aktiv wurde, sollte uns alle zu denken geben.
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 12:12:19
      Beitrag Nr. 7 ()
      Was im übrigen auch verwundert ist, daß Heise, diese angebliche "Aufforderung zur Straftat" immer noch veröffentlicht.
      Müßte der Verlag nicht wenigstens wegen Beihilfe ebenfalls belangt werden?
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 15:36:33
      Beitrag Nr. 8 ()
      engine of aggression ist ja scheinbar nicht angeklagt worden. Ach so, da gings ja nur um Afghanen, nicht um Amis...:mad:
      P.S:Liebe Staatsanwaltschaft, ich möchte betonen, daß das sarkastisch gemeint war.:D
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 16:33:21
      Beitrag Nr. 9 ()


      Da haben wohl einige zu lange im Kino gesessen!:D
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 21:04:17
      Beitrag Nr. 10 ()
      Dich kriegen die auch noch TDAX!;)
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 21:08:29
      Beitrag Nr. 11 ()
      Ich bin nicht Stormy. Stormy ist eine Romanfigur!:laugh:
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 21:09:15
      Beitrag Nr. 12 ()
      boyle, doch, er wurde auch angezeigt.

      Die StA konnte ihn nur nicht ausfindig machen, weil er anonym (vermutlich über Proxy) surfte. (Quelle: HV auf heise.de.)

      Er wusste wohl schon, warum.


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