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    Regierungspolitik - Die Folgen falscher Anreize - Kommentar FAZ - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 06.03.03 19:32:30 von
    neuester Beitrag 07.03.03 11:42:53 von
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      schrieb am 06.03.03 19:32:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      Kommentar
      Die Folgen falscher Anreize
      Von Walter Hamm

      Ein Ende der deutschen Misere mit immer neuen Minusrekorden ist nicht abzusehen. Ein wichtiger Grund hierfür liegt darin, daß die rot-grüne Koalition wirtschafts- und sozialpolitische Rahmenbedingungen gesetzt hat, die das einzelwirtschaftliche Verhalten in gesamtwirtschaftlich nachteilige Richtung lenkt. Den Grundregeln einer marktwirtschaftlichen Ordnung wird zuwidergehandelt.

      Warum sorgen richtig konstruierte marktwirtschaftliche Institutionen, insbesondere staatliche Regeln für das einzelwirtschaftliche Handeln, für ein hohes Maß an wirtschaftlicher Dynamik? Der Grund ist darin zu sehen, daß das Vorteilsstreben privater Haushalte und Unternehmen zugleich dazu beiträgt, gesamtwirtschaftliche Ziele zu erreichen. Die Anreize müssen so konstruiert sein, daß kein Widerspruch zwischen dem Einzel- und dem Gesamtinteresse entsteht. Diese ordnungspolitische Grundregel wird von rot-grünen Pragmatikern, die Einzelziele isoliert und oft ohne Rücksicht auf unerwünschte Neben- und Fernwirkungen verfolgen, meist übersehen.

      Wirtschaftswachstum ist das Ergebnis vieler kleiner produktiver Beiträge von Selbständigen und Unselbständigen zum Wirtschaftsprozeß. Staatliche Politik, die Wachstum und Beschäftigung anregen will, muß dreierlei sicherstellen: Unternehmen und private Haushalte brauchen erstens innerhalb eines staatlich gesetzten überschaubaren und nicht infolge zahlloser Regulierungen zu eng bemessenen Rahmens einen Freiraum, in dem sie ihre Fähigkeiten entfalten können. Zweitens bedarf es staatlicher Regeln, insbesondere zur Sicherung des Wettbewerbs, die dafür sorgen, daß nur gute Leistungen zu einer finanziellen Belohnung führen. Und drittens dürfen die Leistungsanreize nicht durch konfiskatorische Abgaben verschüttet werden. Wenn Angestellte und Arbeiter, wie derzeit, rund siebzig Prozent des Mehrverdienstes an öffentliche Kassen abführen müssen, lohnt sich Mehrleistung nicht. Auch der berufliche Aufstieg, der mit zusätzlichen Anstrengungen, mit mehr Verantwortung und oft mit steigender zeitlicher Belastung verbunden ist, wird reizlos. Unternehmer wägen ab, ob Investitionen, zunehmende Risiken und wachsendes Engagement in einem noch vertretbaren Verhältnis zum möglichen finanziellen Erfolg stehen.

      Allzu viele verlegen sich wegen falscher Anreize derzeit aus verständlichen Gründen aufs Nichtstun, oder sie beuten soziale Sicherungseinrichtungen in vermeidbarer, unsolidarischer Weise aus (etwa in der Gesetzlichen Krankenversicherung), oder sie ziehen die sanft gepolsterte soziale Hängematte eigenen Leistungen vor.

      Eine schrumpfende Bevölkerung ist darauf angewiesen, daß die Arbeitsproduktivität auch durch wachsenden Kapitaleinsatz fühlbar und nachhaltig steigt. Dem privaten Sparen kommt daher eine wichtige Rolle zu. Die Anreize, Sparkapital zu bilden, werden jedoch durch immer neue Belastungen und finanzielle Strafen systematisch beseitigt. Der Freibetrag für Kapitaleinkünfte ist halbiert worden. Die geplante Wertzuwachssteuer mit unbegrenzter zeitlicher Rückwirkung - offenbar werden selbst Briefmarken- und Münzsammlungen einbezogen - verunsichert auch viele kleine Leute. Die ebenfalls erwogene Einrechnung von Kapitaleinkünften in die Bemessungsgrundlage der Sozialversicherungsbeiträge bestraft die Sparer. Auch in der Rentenversicherung werden diejenigen belohnt, die nicht eigenverantwortlich vorsorgen. Der Widerspruch zwischen staatlicher Förderung der Altersvorsorge und den Nachteilen für die Sparer ist rot-grünen Politikern offensichtlich nicht einmal bewußt.

      Falsch gesetzte Anreize verhindern ferner die Einstellung neuer Mitarbeiter. Der Gesetzgeber kümmert sich vor allem um diejenigen, die (noch) einen Arbeitsplatz haben. Ein rigoroser Kündigungsschutz und hohe Abfindungen für ausscheidende Mitarbeiter, wachsende Arbeitskosten als Folge erweiterter Mitbestimmungsrechte und sprunghaft ansteigende Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung machen Neueinstellungen weithin zu einem schwer beherrschbaren Risiko. Die rot-grüne Bundesregierung weiß genau, wo die Unternehmer der Schuh drückt. Das zeigen die geplanten Vereinfachungen des Steuerrechts für Existenzgründer, die für diesen Personenkreis vorgesehene Steuersenkung, der Abbau bürokratischer Fesseln und die Subventionen für die Einstellung von Mitarbeitern. Aber ihr fehlt offensichtlich die Kraft, falsche Anreize für sämtliche Unternehmen zu korrigieren. Mit Sonderregelungen nur für einige Existenzgründer lassen sich die gesamtwirtschaftlichen Schäden rot-grüner Vorschriften nicht beseitigen.

      Die Koalition schafft Anreize zum Export von Arbeitsplätzen und zur Auswanderung leistungsstarker Arbeitskräfte. Als die Ökosteuer eingeführt wurde, haben SPD und Grüne die Vergünstigungen für energieintensiv produzierende Betriebe damit begründet, daß anderenfalls die Abwanderung ganzer Produktionsbereiche ins Ausland drohe. Seit Anfang 2003 ist diese Vorzugsbehandlung drastisch eingeschränkt worden, ohne daß sich die Verhältnisse geändert hätten. Die jetzt entstehenden Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischen Konkurrenten werden Arbeitsplätze in Deutschland kosten. Die drastisch ausgeweitete Umverteilung in der Sozialversicherung durch die enorme Anhebung der Versicherungspflichtgrenze beutet die leistungsstarken, gutverdienenden Arbeitskräfte aus und wird zu Ausweichreaktionen führen.

      Die Liste der falsch gesetzten Anreize mit nachteiligen gesamtwirtschaftlichen Folgen ließe sich beträchtlich verlängern. Hinzuweisen wäre etwa auf strukturkonservierende Subventionen für den Steinkohlebergbau und die davon ausgehenden Umweltschäden. Daß eine Regierung so wenig Gespür für die von ihr verursachten gesamtwirtschaftlichen Schäden entwickelt, ist entmutigend. Einsicht in begangene Fehler wäre der erste Schritt zu deren überfälliger Korrektur.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.03.2003, Nr. 56 / Seite 11

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      Traurig, aber wahr. Der Auffassung von Herrn Hamm ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. Doch: Auf die Barrikaden, Bürger! Siehe Thread: Auf die Barrikaden, Bürger! FAZ 19. November 2002
      Avatar
      schrieb am 06.03.03 22:02:22
      Beitrag Nr. 2 ()
      wann kauft die SPD die FAZ auf?
      Avatar
      schrieb am 07.03.03 11:42:53
      Beitrag Nr. 3 ()
      @realisti
      Dann wäre in Deutschland die Pressefreiheit endlich abgeschafft, da für den Fall ausschließlich noch Politgazetten existierten. ;)


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