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    Konjunkturerholung nach dem Krieg? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 09.03.03 23:03:47 von
    neuester Beitrag 09.05.03 23:08:54 von
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      schrieb am 09.03.03 23:03:47
      Beitrag Nr. 1 ()
      Ohne Motor, ohne Treibstoff

      Aufschwung nach dem Irak-Krieg? Kaum: In Amerika, Deutschland und Japan bleibt die Wirtschaft gelähmt

      Robert von Heusinger, Christian Tenbrock, Wolfgang Uchatius



      © Michel Müller/VISUM
      Ökonomen sind Zyniker. Die halbe Welt hat Angst vor einem Krieg im Irak, Konjunkturforscher und Aktienanalysten aber hoffen auf die Kraft der Bomben. Eine kurze und erfolgreiche Schlacht am Golf, so das Kalkül, ließe die Ölpreise fallen, die Aktienkurse steigen und die Wirtschaft endlich wieder wachsen. In Deutschland nähme die Arbeitslosigkeit ab, und Finanzminister Hans Eichel hätte wieder mehr Geld in der Kasse. Die Welt wäre eine bessere, zumindest materiell gesehen.

      Ökonomen sind Menschenkenner. Seit Monaten, sagen sie, seien Anleger, Verbraucher und Unternehmer von einem Gefühl tiefer Unsicherheit erfüllt. Die Angst vor dem Krieg habe die Aktienkurse um etwa 20 Prozent gedrückt, schätzt der Vermögensverwalter Gottfried Heller. Sie sei mit schuld, dass die Deutschen derzeit so wenig einkaufen, analysiert das Marktforschungsinstitut GfK. Sie nehme manchen Unternehmen die Lust zu investieren, meint Norbert Walter, Chefökonom der Deutschen Bank in Frankfurt.

      Ein kurzer, schneller Krieg – und die Unsicherheit wäre beseitigt. Meinen jedenfalls Optimisten wie Alan Greenspan, Chef der amerikanischen Notenbank. Rund um den Globus würde die Wirtschaft wieder in Gang kommen, prognostiziert auch das Center for Strategic and International Studies in Washington. Der ersehnte Aufschwung könnte beginnen – in Amerika, in Europa, in Deutschland.

      Diese Hoffnung trügt.

      Zwar wäre eine kurze Schlacht in jeder Hinsicht besser als ein langwieriger Feldzug. „Aber es ist verfehlt zu glauben, dann würde sich ein nachhaltiger Aufschwung einstellen“, warnt Thomas Mayer, Europa-Chefvolkswirt der Deutschen Bank in London.

      Ob Krieg oder Frieden, schneller oder blutiger Sieg – auch nach dem Ende des Konflikts am Golf wird sich die Wirtschaft so schnell nicht erholen. Amerika, Deutschland und Japan stehen keineswegs vor einem neuen Boom – ihnen droht weitere Stagnation oder sogar ein erneuter Einbruch. Was mit dem Absturz der New-Economy-Aktien begann und zunächst nach einer kurzen Konjunkturflaute aussah, hat sich zur längsten Wirtschaftskrise seit 20 Jahren entwickelt. Zu einer Krise „von neuer Qualität“, sagt Gustav Horn, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW). Eine Krise, die nicht dem bekannten Muster folgt, weil sich Unternehmer, Anleger und Konsumenten auf beiden Seiten des Atlantiks anders verhalten als früher.

      Die Vorgeschichte. So wie die Amerikaner in diesen Tagen der ganzen Welt ihre militärische Potenz vorführen, so trieben sie Ende der neunziger Jahre die globale Ökonomie voran. Zwischen 1995 und 2000 erzeugten die USA 40 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums. 280 Millionen Amerikaner – fünf Prozent der Weltbevölkerung – nahmen 25 Prozent der weltweit produzierten Güter und Dienstleistungen ab. Angetrieben vom amerikanischen Boom verzeichnete auch Deutschland im Jahr 2000 ein Wirtschaftswachstum von rund drei Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen sank auf 3,7 Millionen. Amerika war der Motor der Weltwirtschaft, sein Treibstoff war der Glaube an die New Economy. Dieses Wirtschaftswunder aber, sagt Gail Fosler, Chefökonomin des Forschungsinstituts Conference Board in New York, „ist Vergangenheit“. Die Gegenwart sind überschuldete Konsumenten, nicht ausgelastete Fabriken und riesige Defizite in der Handels- und Leistungsbilanz. Der Motor der Welt ist ins Stocken geraten.

      Die Amerikaner: In der Internet-Euphorie investierten Manager aus den USA, als ob es nie wieder einen Abschwung gäbe. Weshalb jetzt, in der Krise, eines der klassischen ökonomischen Aufputschmittel nicht wirkt: billiges Geld. Ein ums andere Mal hat Zentralbankchef Alan Greenspan die Zinsen gesenkt. Doch immer noch stehen in zu vielen Unternehmen zu viele Computer und Maschinen in zu großen Büros und Fabriken. Die Kapazitäten der US-Industrie sind nur zu 75 Prozent ausgelastet. Neue Investitionen? Kein Bedarf – egal, wie günstig die Kredite sind.

      Die amerikanischen Verbraucher dagegen haben sich bisher von niedrigen Aktienkursen und schwachen Wachstumsraten kaum schrecken lassen. Anders als in bisherigen Wirtschaftskrisen sind sie weiter einkaufen gegangen und verhinderten so das Abrutschen in eine tiefe Rezession. Aber wie lange noch? Seit Anfang 2001 gingen in Amerika 2,2 Millionen Jobs verloren. Das Verbrauchervertrauen ist auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren gefallen. Statt zu steigen und einen neuen Aufschwung zu generieren, dürfte der private Konsum in den kommenden Monaten eher sinken – und die Krise weiter verschlimmern.

      Der Dollar. Einen Großteil ihres Konsum- und Investitionsbooms finanzierten die USA mit Krediten. So wuchs das Leistungsbilanzdefizit, das entsteht, wenn ein Land mehr Geld ausgibt, als es erwirtschaftet. Im Jahr 2002 lag es bei 500 Milliarden Dollar, so hoch wie nie zuvor. In der Hoffnung auf dicke Renditen haben deutsche Konzerne, japanische Banken oder englische Investmentfonds dieses Defizit jahrelang finanziert. Aber schon jetzt schicken ausländische Anleger weniger Geld nach Amerika. Der Trend könnte sich verstärken, wenn Amerikas Börse und Wirtschaft weiter schwächeln.

      Den Zahlen nach ist die amerikanische Ökonomie auch 2002 stärker gewachsen als die Wirtschaft in Euroland – aber nur, weil George Bushs Regierung sich mächtig verschuldet und den Bürgern durch Steuersenkungen zusätzliches Geld vermacht habe, sagt Martin Hüfner, Chefökonom der HypoVereinsbank. Rechne man diesen Effekt heraus, sei das Wachstum in Amerika schwächer gewesen als in Europa.

      Mit Bushs Schuldenpolitik nähert sich das jährliche Haushaltsminus der USA schon jetzt der Marke von 300 Milliarden Dollar – ohne die Kosten eines Irak-Krieges. Die Defizite in Amerikas interner und externer Bilanz aber könnten internationalen Anlegern endgültig den Spaß an Wertpapieren aus den USA verderben – „und eine weitere Abwertung des Dollar in Gang setzen“, fürchtet Laura D’Andrea Tyson, Leiterin der London Business School. Nicht langsam wie bisher, sondern schnell und nachhaltig.

      Ein abrupter Verfall des Dollar-Kurses und die damit verbundene Aufwertung anderer Währungen hätte gravierende Folgen für Börsen und Volkswirtschaften rund um die Erde. Sie würde die globale Ökonomie zudem „in einer Phase treffen, in der keine Region zum Wachstumsmotor taugt“, sagt Robert Hormats, Vizepräsident der New Yorker Investmentbank Goldman Sachs. Das unterscheidet die Situation heute von der Zeit vor dem Golfkrieg 1991, als alle großen Volkswirtschaften auf Hochtouren liefen. Heute steckt Japan in der Dauerkrise, Europa kämpft mit einer tiefen Wachstumsschwäche, Lateinamerika und Asien leben von ihren Exporten nach Amerika. Noch.

      Die Deutschen. Während die Amerikaner in den Neunzigern weltweit einkaufen gingen, spielten die Deutschen ihre traditionelle Rolle des globalen Lieferanten. 2002 stiegen die deutschen Exporte fast viermal so stark wie der EU-Durchschnitt. Doch anders als in früheren Krisen brachte der starke Export die hiesige Wirtschaft nicht in Schwung. Der Grund, so Hypovereinsbank-Ökonom Hüfner: „Die Binnennachfrage ist tot wie ein Hund.“

      Die deutschen Firmen investieren nicht. Der Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer fand heraus, dass weit über die Hälfte aller Maschinenbauunternehmen in den nächsten drei Jahren ihre Investitionen kürzen wollen – egal, wie der Krieg im Irak verläuft. Ähnlich negativ ist das Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages unter 25000 Mitgliedsfirmen. Und die deutschen Verbraucher konsumieren nicht. 2002 ist der private Verbrauch zum ersten Mal seit 20 Jahren gesunken. „Das unterscheidet uns von anderen Ländern“, sagt DIW-Forscher Gustav Horn.

      Vor allem unterscheidet es die jetzige von früheren Krisen. Die Rezessionen der Sechziger, Siebziger und Neunziger folgten alle einem ähnlichen Muster: Die Wirtschaft brach ein, die Wachstumszahlen rutschten kurz ins Minus, aber der Verbrauch stieg weiter. Nicht gewaltig, denn die Deutschen waren immer sparsam, aber stark genug, dass wenig später ein neuer Aufschwung begann.

      Die Regierung Diesmal ist alles anders. "Deutschland befindet sich in einer stagnativen Phase", sagt udo Ludwig, Konjunkturexperte vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle. Soll heißen: Die Ökonomie schrumpft zwar nicht, aber sie kommt auch nicht in Gang. Erklärungen für die Lähmung gibt es viele: die Schwäche des deutschen Ostens, die hohe Arbeitslosigkeit, eine Bankenkrise, die die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen bremst, und eine Regierung, die ihre Bürger darüber im Unklaren lässt, ob und wie viel Geld sie für Alter und Krankheit beiseite legen müssen. Die quälende und bislang ergebnislose Reformdebatte belastet Verbraucher wie Unternehmen offenbar ungleich mehr als ein möglicher Krieg: Konsum und Investitionen waren schon schwach, bevor die amerikanischen Soldaten ihre Kasernen verließen.

      Auf fast 50 Prozent beziffert Konjunkturforscher Ludwig inzwischen die Möglichkeit, dass es der noch immer drittstärksten Ökonomie der Welt, Deutschland, so ergeht wie der noch immer zweitstärksten: Japan. Dort stagniert die Wirtschaft seit mehr als zehn Jahren. Die Aktienkurse bewegen sich zur Seite, die Arbeitslosigkeit steigt, die Verbraucher kaufen wenig ein. Alles wie in Deutschland. Trotzdem hält Rot-Grün an dem alten Verständnis von Wirtschaftskrisen fest, wonach jedem Abschwung ein Aufschwung folgt. „Die Dauer der Krise wird völlig unterschätzt“, so Ullrich Heilemann, Vizepräsident des Rheinisch-Westfälischen-Instituts für Wirtschaftsforschung. Das wird sich erneut wohl am 14. März zeigen, wenn Gerhard Schröder per Regierungserklärung seinen reformpolitischen Kurs bekannt gibt. Er wird über den Arbeitsmarkt und die Sozialversicherungen sprechen. Doch die meisten Experten sind sich einig: Solche Reformen wirken nur langfristig. Kurzfristig könnte eher ein staatlich finanziertes Konjunkturprogram die Binnennachfrage zum Leben erwecken. Dass die Bundesrepublik damit über die im europäischen Stabilitätspakt festgezurrte Defizitgrenze von drei Prozent rutschen würde, halten immer mehr Ökonomen für eine lässliche Sünde: „Gingen strukturelle Reformen und ein Investitionsprogramm Hand in Hand, darf man gegen die Verletzung der Maastricht-Kriterien keine religiösen Kriege führen“, sagt Deutsche Bank-Volkswirt Norbert Walter.


      Die Unsicherheit. Der Abschwung begann um die Jahrtausendwende in Amerika und verbreitete sich rund um den Globus. Weil die Weltwirtschaft vernetzter ist als je zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg, erfasste die Krise schließlich alle wichtigen Wirtschaftsnationen. Für einen neuen Aufschwung wäre deshalb auch ein koordiniertes Vorgehen in der Finanz- und Geldpolitik der großen Wirtschaftsblöcke notwendig. Davon aber war wenig die Rede, als sich kürzlich die Finanzminister der größten sieben Volkswirtschaften des Westens trafen. Vertrauen schaffen sie auf diese Weise nicht. Genau das bräuchte die Welt – selbst nach einem kurzen und erfolgreichen Krieg im Irak. „Die globalen Risiken bleiben auch dann bestehen, in der Wirtschaft und anderswo“, sagt Goldman Sachs-Vize Robert Hormats. Auch nach einem Sturz Saddam Husseins besitzt Nordkorea Massenvernichtungswaffen. Auch dann können Terroristen zuschlagen. Überall und immer.
      Avatar
      schrieb am 09.03.03 23:17:26
      Beitrag Nr. 2 ()
      Man sieht die Symptome, rätselt aber über die Ursachen.



      Das wollen Wissenschaftler sein?
      Avatar
      schrieb am 09.03.03 23:26:06
      Beitrag Nr. 3 ()
      Die fetten Jahre sind vorbei: sukzessive Dekompensation
      Offensichtlich bekommt unsere Gesellschaft seit einiger Zeit Probleme mit dem zinsbedingten Umverteilungsmechanismus. Wie geht es nun weiter? Neben eher psychologischen Verabsolutierungen gibt es noch einige systematische Abläufe, mit denen sich die Zinswirtschaft - vorerst - stabilisiert.
      Zuallererst ist da natürlich das Wirtschaftswachstum, hervorgerufen durch die Zusatzinvestitionen, mit denen die "gesparten" Zinseinkünfte in die Wirtschaft zurückgeführt werden können (bzw. müssen). Außerdem gestattet das Wachstum die Zahlung der gestiegenen Zinslasten ohne daß es zu Einkommensverluste bei den Arbeitenden kommt (vorausgesetzt, das Wachstum war groß genug, was aber immer seltener der Fall ist).

      Mit dem Wirtschaftswachstum wird aber auch die marktwirtschaftliche Seite unseres markt- /zinswirtschaftlichen Zwitters aktiv. Die Wirtschaft tendiert zur Bedarfsdeckung, und die Renditen des Sachkapitals sinken. Wenn sie unter das Zinsniveau sinken, ist das Sachkapital (teilweise) nicht mehr rentabel, wodurch es zu einer Rezession kommt. Irgendwann sinkt die Rendite zwangsläufig unter den Zins, da der Zins eine untere Grenze nie unterschreiten kann.

      Mit jeder Rezession geht eine Vernichtung von Sachkapital (Konkurse, Liquidierung von Betrieben, Unterlassung von Investitionen) und eine Vernichtung von Arbeitsplätzen einher. Die Renditen steigen wieder etwas, Investitionen werden wieder rentabel, die Produktion wird kapitalintensiver, und die Verschuldung des Sachkapitals nimmt zu. Auf der Strecke bleibt dabei allerdings die Beschäftigung, die bei jeder Rezession abgebaut und beim folgenden Aufschwung durch kapitalintensivere Produktionsmethoden substituiert wird. Die Rezessionen sind also nicht als Verfallserscheinung des Kapitalismus zu betrachten, sondern - im Gegenteil - als ein Stabilisator der notwendigen (relativen) Knappheit, ohne die Zinsen und Renditen nicht dauerhaft möglich wären.

      Dem Sozialsystem obliegt die Aufgabe, die zunehmenden sozialen Disparitäten durch "Zurückverteilung" auszugleichen, allerdings auch wieder auf Kosten der verbleibenden Arbeitenden59. Es wird von unten nach ganz unten zurück verteilt, um die systemimmanente Konzentration nach oben halbwegs erträglich zu gestalten.

      Eine andere, im finanziellen Bereich angesiedelte auffällige Erscheinung ist die Aktien- und Devisenspekulation60. Darüber ist es möglich, die Vorteile der Liquidität direkt in Erträge umzuwandeln, solange die Kurse (beim Aktienmarkt) tendenziell steigen. Diese steigen aber nur zum Teil aufgrund einer realen Wertsteigerung der Firmen, die die Aktien emittiert haben. Der mittlerweile größere Anteil der Kursgewinne stammt schlicht aus der Tatsache, daß immer mehr Geld in den spekulativen Bereich einfließt und die gestiegene Nachfrage die Kurse anheizt. Der Aktienboom der letzten Jahre kann daher teilweise als inflationärer Prozeß gedeutet werden, als eine Art Schneeballsystem, mit dem sich das Geld selbsttätig Seifenblasen-Renditen produziert, solange die Zinsen niedrig sind. Das Problem liegt allerdings nicht darin, daß mehr Leute in Aktien investieren, sondern darin, daß zur Spekulation große Geldbestände liquide gehalten werden müssen und dadurch der Realwirtschaft entzogen werden.

      "Einerseits müssen die Kursgewinne im Durchschnitt mehr einbringen als der Zins als Vergleichsgröße, andererseits entzieht die bei steigenden Kursgewinnen zunehmende Spekulation dem Kreditgeschäft Geld. So stützen sich Zins und Kursgewinne gegenseitig. Auf der Strecke bleiben die nicht mehr genügend gewinnbringend einsetzbaren Erwerbstätigen, denen unter dem Vorwand der schärferen Konkurrenz das Geld auf zweifache Weise vorenthalten wird: Erstens in Form von zu hohen Zinsen, zweitens in Form von Lohnreduktionen und Arbeitsplatzabbau, um die Kursgewinne weiter zu stützen. Der spekulative Kreislauf wird mit seinen Gewinnmöglichkeiten zu einem Konkurrenten für die Realwirtschaft und damit für die Erwerbstätigen. Sobald die Gewinnaussichten in der Realwirtschaft abnehmen, fließen die Ersparnisse in die Finanzwirtschaft."61

      Anstatt die Probleme selbst auszubaden, kann man sie auch in gewissem Maße exportieren. Die Kreditgewährung an Staaten der "Dritten Welt" hat vor allem zur Folge, daß die Exportindustrien (insbesondere die Rüstungsindustrien62) der kreditgewährenden Länder neue Aufträge bekommen. Sofern die Gelder in Rüstungsgüter und Großprojekte investiert werden, fließen sie meistens umgehend in die Industrienationen zurück. Die Verschuldung der "Dritten Welt" verbleibt jedoch als Hinterlassenschaft und zementiert die Umverteilung von Arm zu Reich auf globaler Ebene, denn der Transfer der Zinsen führt zu einem dauerhaften Kapitalabfluß aus den ärmeren Ländern, denen fortan gar keine andere Wahl mehr bleibt, als ihre Ressourcen zu verschleudern.

      Eine weitere Stabilisierungsmöglichkeit ist noch der absolute Einkommensrückgang der Arbeitenden zugunsten der Zinsbezieher sowie der Abbau von Sozialleistungen. Damit stehen wir erst am Anfang, aber es wird in Zukunft häufiger Gebrauch davon gemacht werden müssen, unabhängig davon, welche Regierung gerade an der Macht ist. Ältere Volkswirtschaften, wie die in den USA oder in Großbritannien bezeugen, daß da noch einiger Spielraum drin liegt und über die Entstehung einer working poor sogar die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann (wenn das Lohnniveau nur niedrig genug ist).

      Die hier beschriebenen "Stabilisierungen" sind selbstverständlich nur Pyrrhussiege des Zinssystems. Sie bewirken, wenn überhaupt, so nur ein Abfedern der zunehmenden Labilität. Dennoch wird das System labiler, denn auf Dauer kann dem exponentiellen Wachstum nichts entkommen. Und dann?

      15 Der Ballon platzt: Kapitalvernichtung63
      Je höher der Aufstieg, desto tiefer der Fall. Trotz aller kurzfristigen "Stabilisierungen" wird es einen Punkt geben, an dem die Verzinsung nicht mehr durchführbar ist. "Es ist halt ab einer gewissen Größe schlicht unmöglich, nochmals zu verdoppeln"64. Dann gibt es nur noch eins: das Kapital muß weg. Der Ablauf gleicht in groben Zügen dem der oben beschriebenen Rezessionen ("Marktbereinigungen"), nur daß eben die Gesamtwirtschaft "bereinigt" wird65.
      Die notwendige Kapitalvernichtung betrifft dann allerdings vor allem das Geldkapital, weil von dort der Verzinsungsdruck ausgeht. Dennoch ist klar, daß trotz aller Abkopplung des finanziellen Sektors ein Zusammenbruch desselben sehr wohl Auswirkungen auf die Realwirtschaft zeitigt66.

      Die damit einher gehende Vernichtung von Realkapital ist für die Zinswirtschaft auch insofern "sinnvoll", als dadurch neue Wachstumspotentiale geschaffen werden. Das ist dann ein Abwasch.

      Eine Prognose über den konkreten Ablauf und Zeitpunkt einer großen Krise ist jedoch nicht möglich. Die Crux ist ja gerade, daß die Prognostizierbarkeit immer weiter abnimmt (wobei aber diese Abnahme mit tödlicher Sicherheit prognostiziert werden kann). Das System wird immer labiler, die kollektive Unsicherheit nimmt immer weiter zu. Will sagen: die sozialen Unterschiede und die Arbeitslosigkeit nehmen zu, die Verschuldung (und damit die Anfälligkeit gegenüber Krisen) der Wirtschaft und des Staates steigt bis ins Unglaubwürdige, immer mehr Liquidität fließt in den spekulativen Bereich, saugt einerseits Liquidität aus der Realwirtschaft ab, kann andererseits aber auch unverhofft in diese zurückkehren (etwa bei Kursstürzen). So sind auch unterschiedliche Krisenbefürchtungen zu verstehen, die sich vordergründig widersprechen67. Der konkrete Auslöser braucht mit der hier beschriebenen Problematik nicht viel zu tun zu haben, bezeichnend ist vielmehr, daß eine Kettenreaktion ausgelöst wird, die nach und nach alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche erfaßt68 (ähnlich eines Aidskranken, der letztlich an z.B. einer Erkältung stirbt).

      Es wird daher auch nicht zu einer genauen Wiederholung der letzten großen Krisen kommen, denn die Organisatoren des Zinsdeals sind schließlich auch lernfähig. Die heutige Bundesbank ist nicht mehr die Reichsbank von 1930, der Golddeckungsstandard ist abgeschafft, die Geschäftsbanken werden peinlichst auf ausreichende Barreserven achten, der bargeldlose Zahlungsverkehr erhöht die Elastizität der Geldversorgung usw. usf.. Wir sind auf der Leiter, die nirgends angelehnt ist, schon ein ganzes Stück weit geklettert und, wer weiß, vielleicht klettern wir auch noch viel höher.



      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/probst/
      Avatar
      schrieb am 09.05.03 23:08:54
      Beitrag Nr. 4 ()
      Daniel A. Bernecker

      Das Ende des Irakkrieges war Ende der Baisse

      Die Diskussionen, ob die dreijährige Baisse nun beendet sei oder nicht, laufen auf vollen Touren. Die Bullen sehen die endgültige Wende, während die Bären süffisant von der Bärmarkt-Rally reden, bevor die „fünfte der fünf Elliot Wave Wellen“ uns zu neuen Tiefstkursen führt. Diese Diskussion kann ich kaum nachvollziehen und halte sie auch weitgehend für überflüssig. Der Anleger, ganz gleich welcher Größe, muss sich fragen, ob er es sich leisten kann, auf die offizielle Entwarnung zu warten, wenn dies bedeutet, dass er erst ab DAX-Ständen jenseits von 3900 kaufen kann. Natürlich kann man so lange warten, nur ist dann der Großteil der Rally schon vorbei. Halten Sie sich also nicht mit dieser Diskussion auf, sondern schauen Sie auf die Märkte und denken Sie dabei bitte auch etwas großräumiger, denn:

      Die Art und Weise wie Märkte die Konjunkturentwicklung für 2004 und darüber hinaus vorwegnehmen, ist für die mittelfristige Tendenz der Börsen entscheidend. Es handelt sich beim Markt also nicht nur um eine technische Reaktion, die die kurze Tendenz bestimmt, sondern um die Vorwegnahme der künftigen konjunkturellen Entwicklung. In den letzten 20 Börsentagen legte der DAX um fast 40 % zu, und selbst der Dow Jones brachte es auf + 20. Um das richtig einzuordnen, liefern wir Ihnen die untenstehende Grafik des S&P 500 zum Verlauf des zweiten Weltkrieges 1942/43. Den Tiefstpunkt erreichte der S&P mit dem Eintritt der Amerikaner in den Krieg, ab dort begann die Rally. Übertragen auf Heute bedeutet das, dass nach dem Ende des Irakkrieges eben nicht nur eine technische Erholung beginnt, sondern a) der Bärmarkt am 12. März beendet war und b) eine längerfristige Tendenz beginnt.



      Jedem Krieg folgt stets eine deutliche Erholung der Märkte, der Konjunktur und vielfach auch der Währung der Länder, die von dem positiven Ergebnis des Krieges profitieren. Natürlich verläuft nicht jeder Krieg gleich. Aber das Grundprinzip ist immer dasselbe. Ökonomisch wird dies mit dem sog. Phoenix-Effekt beschrieben der darauf setzt, dass jeder Kriegsverlierer anschließend der wirtschaftliche Gewinner ist, insofern sich stabile politische Verhältnisse mit einem Bekenntnis zur Marktwirtschaft etablieren. Darin liegt die Perspektive für den Irak und indirekt auch für die USA. Während die Presse sich damit auseinandersetzt, wie die ersten Tage nach Kriegsende im Irak vor Ort laufen, müssen Sie etwas weiträumiger denken. Dabei stelle ich folgendes fest.

      Der Irak hat die Perspektive zum Wachstumsmotor für den gesamten Nahen Osten zu werden. Die Ausstrahleffekte auf die umliegenden Regionen sind dabei nicht zu ignorieren. Darin liegt auch die Chance für einen dauerhaften Frieden in der Region, den Washington anpeilt, der aber von fast sämtlichen westlichen Kommentatoren zynisch als unmöglich bezeichnet wird. Für die Kriegsgegner klingt diese Argumentation wie Hohn, weil sie in erster Linie den Amerikanern eigene Interessen unterstellen und bis dato immer noch grundlegend mißtrauen. Ökonomen sehen das neutraler und gehen von dem sog. Solowschen Wachstumsmodell aus (benannt nach Robert Solow), wonach jeder Krieg unter Voraussetzung von marktwirtschaftlichen Bedingungen zu einem erneuten Wachstumsschub in der betroffenen Region führt. Grundlage dieser Überlegung ist, dass verbleibendes Kapital knapper wird, deswegen aber effizienter eingesetzt wird, und somit zu einer höheren Wachstumsrate führt. Deutschland und Japan haben diesen Effekt nach dem Ende des zweiten Weltkrieges vorgeführt und erreichten damit überdurchschnittliche Wachstumsgrößen, die hinlänglich bekannt sind. Interessant ist, dass es lediglich 15 Jahre dauerte, bis Deutschland und Japan fast alle der ehemaligen Siegermächte in ihrer wirtschaftlichen Leistung einholten.

      Treffender als der Vergleich mit Deutschland und Japan ist für den Irak der Vergleich mit Südkorea. Nachdem die Voraussetzung der Demokratisierung und Schaffung eines Rechtsstaates erfüllt war, entwickelte sich Südkorea zu einem Wachstumsmotor der Region, der zwangsläufig durch das wirtschaftliche Gewicht, dass er gewann, auch erheblichen politischen Einfluß ausüben konnte. Ich würde sogar so weit gehen, dass das Verhalten Nordkoreas heute in direkter Form eine Reaktion auf die Erfolgsstory der Südkoreaner darstellt. Hier funktioniert dasselbe Prinzip, dass auch den kalten Krieg letztendlich beendete, indem damals die Sowjetunion schlichtweg nicht mehr in der Lage war, gegen die wirtschaftliche Leistung des Westens zu konkurrieren und unter dieser Erkenntnis politisch implodierte. Ich vermute, dass es im Falle Nordkoreas nicht anders sein wird. Das ist aber im Moment nicht entscheidend. Zurück zum Vergleich mit dem Irak.

      Der Irak ist mit 23 Mio Einwohnern relativ klein, besitzt aber viel Öl. Ob es nun die zweit- oder drittgrößten Ölvorkommen der Welt sind ist unerheblich. Entscheidend ist, dass die irakische Wirtschaft in der Lage ist, sich über den Export eines „eigenen Produktes“ völlig selbständig zu finanzieren. Diesen Vorteil haben 95 % sämtlicher Entwicklungsstaaten nicht. Mithin ist der Irak nur bedingt in der Anfangsphase auf Subventionen angewiesen. Mittelfristig finanziert er sich über diese Einnahmen, wobei er auch relativ schnell Zugang zu den Kapitalmärkten finden wird. Diesen Dynamisierungseffekt darf man nicht unterschätzen, auch wenn die Kriegsgegner permanent darauf verweisen, dass die Amerikaner angeblich nur am Öl interessiert seien, wobei sie wohl unterstellen, dass die Amerikaner das Öl „klauen“ möchten, ohne das es dem dortigen Land zugute kommt. Diese Argumentation liegt irgendwo zwischen lächerlich und naiv. Mit Sicherheit geht es genau in die andere Richtung. Jeder, der sich in der Ölindustrie auskennt, weiß die Erschließung neuer Fördergebiete oder Erweiterung bestehender meist durch Konsortien von Ölgesellschaften erfolgt, um die hohen Investitionen zu verteilen. Wahrscheinlich wird die neue irakische Regierung zu diesem Zweck einen staatlichen Ölkonzern gründen, dem die Förderrechte und somit auch die Erträge der Ölfelder zugute kommen. Diese Gesellschaft wird dann mit internationalen Konzernen in Form von Joint Ventures die Erschließung der gesamten irakischen Ölquellen darstellen.

      Man muss sich heute fragen, welche Konsequenzen es für die umliegenden Regionen wie Ägypten, Iran und Syrien haben wird, wenn plötzlich ein wirtschaftlich hocherfolgreicher Staat Irak in Ihrer Mitte sitzt. Die wirtschaftliche Dynamik wird mit Sicherheit nicht an den Grenzen des Irak halt machen. Das hat man sogar bedingt in den letzten 20 Jahren im Falle Saudi-Arabiens und Kuwait gesehen. Es mag für den ein oder anderen zynisch klingen, aber es ist eine ökonomische Erkenntnis, dass Wirtschaft Geld und Geld Frieden schafft. Folglich ziehe ich aus dem kurzen Irakkrieg eine völlig andere Konsequenz als die Mehrheit der Analysten, die sich derzeit dazu äußert. Entscheidend ist, dass die Amerikaner verhindern, dass es zu irgendeiner Form von bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt. Deswegen sind sie vor Ort, auch wenn dies von vielen als „Besatzung“ deklariert wird. Was bedeutet das für die westlichen Kapitalmärkte?

      Die amerikanische Konjunktur läuft mit oder ohne Irak. Den Double-Dip der Rezession hat es nicht gegeben und ich schließe ihn auch weiterhin aus. Nach 2,4 % Wachstum des BIP’s 2002 werden wir im laufenden Jahr um die 3 % liegen. Die Arbeitslosenquote wird im selben Zeitraum auf unter 5,5 % fallen, sowie die Investitionen anziehen. Das steht kurz bevor. In Folge dessen wird auch die Kapazitätsauslastung von derzeit 75/77 % deutlich steigen. Die Börsen werden diese Entwicklung nun vorwegnehmen. Entscheidend sind dabei die Perspektiven der Unternehmen, die nach 3 Jahren Baisse nun mit folgender Überlegung operieren:

      Wer nur auf Wachstum setzt, verliert per saldo an Qualität. Wer grundsätzlich auf bessere Ertragsqualität setzt, gewinnt nachhaltig. Das ist die grundsätzliche Einstellung der amerikanischen Unternehmen heute und ergibt sich aus den Erfahrungen der Baisse inkl. sämtlicher Abschreibungen und Skandale der letzten 36 Monate. Daraus werden drei Schlüsse gezogen: Erstens ist es zu teuer, Umsatz zu kaufen, um zu wachsen. Wer mit spekulativen Übernahmen wachsen möchte, wird anschließend von den Kapitalmärkten im Kurs bestraft. Dabei ist es unerheblich, wie kreativ sich die zugrundeliegende Strategie der Übernahme anhört. Die Märkte sind nicht bereit, externes Wachstum um jeden Preis zu honorieren. Natürlich wird es noch Fusionen und Übernahmen geben, aber in wesentlich geringerem Umfeld. Im selben Zug wird das innere Wachstum des Kerngeschäftes wieder wichtiger. Das bedingt höhere Investitionen und setzt ganz zwangsläufig mehr Forschung und Entwicklung voraus. Eine sehr positive Entwicklung, wie ich finde. Wer also künftig mit großen Übernahmen auffällt, wird mit Sicherheit das uninteressantere Investment. Daraus ergibt sich:

      Zweitens werden gesteigerte Produktivität und Entschuldung höher honoriert. Das eine steigert den Cashflow, dass andere setzt ihn ein. Wer also seine Nettoverschuldung in dieser Form aus eigener Kraft reduziert, verbessert die Ausgangslage des Unternehmens erheblich, was auch von den Märkten hoch angesehen wird. Das ist die nächste „Story“ der Märkte, die sich übrigens dadurch kennzeichnen wird, dass Umsatzwachstum sekundär und Gewinnwachstum primär ist. Vor drei Jahren war es noch genau anders herum. Diese Entwicklung geht eindeutig zugunsten des Aktionärs bzw. des Anlegers, da dieser Trend zu einer erheblichen Substanzverbesserung der Gesellschaft führt. Drittens gibt es schon die ersten Zielgrößen für Unternehmen, die die o.g. Punkte berücksichtigen. Der Gewinn wird zwischen 15 und 20 % stärker wachsen müssen als der Umsatz um glaubhaft darzustellen, dass Produktivitätszuwächse vorhanden sind. Damit sind die Unternehmen gezwungen, permanent auf ihre Kosten zu achten und eine Ausweitung der Kosten nicht durch eine Ausweitung des Umsatzes zu kaschieren. Schlichtweg muss die Marge pro Jahr steigen. Wer dies erfüllt, kriegt die höchste Bewertung.

      Mit dieser Grundeinstellung beginnen die Unternehmen in den USA nun ihre neue Tendenz. Gehen Sie davon aus, dass die Europäer der in den nächsten 12 Monaten folgen werden, wobei viele schon jetzt in diese Richtung tendieren. Was bedeutet dies für den Anleger?

      Trotz dieser Tendenz der Unternehmen zu nachhaltigem Gewinnwachstum bleibt die Volatilität der Märkte hoch. Daran wird sich m.E. nichts mehr ändern. Der eine mag das kritisieren, weil es die Einschätzbarkeit der Märkte erschwert, andererseits ergibt sich aus der Volaitlität viel Dynamik, die sich auch positiv nutzen lassen wird. Deswegen bin ich sehr skeptisch, was die Beschreibung neuer Trendwerte angeht, wie man sie in den 90 er Jahren kannte. Denn:

      Kaufen und liegen lassen geht heute nicht mehr. Kostolany hat also ausgedient. Theoretisch ist es sicherlich möglich, aber ob das einem Anleger zumutbar ist, möchte ich stark bezweifeln. Dazu ist die Anfälligkeit von Aktien gegenüber Hoch- und Herunterstufungen von Analysten oder Rating-Agenturen einfach zu hoch. Die Börse wird heute nun einmal durch eine nie da gewesene Verbreitung von Informationen beeinflusst, die vielleicht weniger rational als emotional sind, aber sich nun mal in den Kursen widerspiegeln. Manche Euphorie oder Schreckensszenario wird dann zwar vielleicht nach wenigen Wochen als heiße Luft enttarnt, bewegt aber die Kurse. Das „rein und raus“ wird also für den Anleger unumgänglich sein.

      Desweiteren hat sich die Struktur der Marktteilnehmer verändert. Meine Prognose lautet, wir kriegen weniger traditionelle Fonds, dafür aber mehr Hedgefonds. Das ist nicht unbedingt schlecht. Wichtig dabei sind zwei Aspekte. Erstens schichten Hedge Fonds ihre Portfolios stets schneller um, da sie laut ihrer Statuten beweglicher sind, zweitens verbessern sie dadurch die Liquidität der Märkte ungemein. Problematisch wird dies erst dann, wenn die Meinungsvielfalt an den Märkten trotz steigender Information abnimmt bzw. alle in dieselbe Richtung rennen. Was dann passiert, konnten Sie in den letzten 12 Monaten sehen.

      Der Privatanleger muss sich vor dieser Entwicklung nicht fürchten. Im Gegenteil, es bilden sich deutlich mehr Vor- als Nachteile. Mit Sicherheit wird die Rolle der Markttechnik in diesem Umfeld wesentlich wichtiger, als es in der Vergangenheit war. Der ein oder andere Anleger mag sich damit schwer tun, kommt aber gleichwohl nicht umhin, sich mit der Markttechnik zu beschäftigen.

      Die Ausgangslage heute stellt sich also wie folgt dar: Das Ende des Irakkrieges war Ende der Baisse und psychologischer Start einer neuen Tendenz zugleich. Sie setzt sich nun mit der Entwicklung der realen Wirtschaft fort, wobei ich äußert spannend finde, dass die europäische und amerikanische Konjunktur von einem niedrigen Niveau aus startet. Selbst die deutsche Konjunktur sehe ich vor diesem Hintergrund wesentlich positiver als die jetzigen Prognosen vermuten lassen. Natürlich entfaltet sich so etwas nicht über drei Monate, wohl aber über 12 und mehr. Es ist also nicht so sehr das schnelle Ende des Irakkrieges, dass die jetzige Hausse entfacht, als vielmehr die Vorwegnahme einer deutlichen Konjunkturerholung in Europa und vor allem den USA, die nun die Kurse treibt. Darauf gilt es zu spekulieren.

      Mit freundlichen Grüßen
      Daniel A. Bernecker


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