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    Die Türkei und der Nord-Irak - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.03.03 13:29:48 von
    neuester Beitrag 25.03.03 14:35:05 von
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      schrieb am 25.03.03 13:29:48
      Beitrag Nr. 1 ()
      ein äußerst interessanter artikel von dr.hibbeler



      Die Türkei und der Nord-Irak
      Die Situation wirkt recht verworren: Konnte noch bis vor einer Woche davon ausgegangen werden, dass die Türkei im Krieg gegen den Irak eine zentrale Stellung einnehmen würde, so ist spätestens seit vergangenem Dienstag, als die USA erklärten, sie benötigten nur noch die Freigabe des türkischen Luftraumes ihre Bedeutung beträchtlich gesunken. Zuvor war monatelang verhandelt worden: Bereits im Februar war vom Parlament die Vollmacht erteilt worden, Militärbasen zu errichten und bereits vorhandene Basen zu modernisieren. Es wurde davon ausgegangen, dass zeitgleich mit dem Angriff im Süden des Iraks durch einen Einmarsch von türkischem Gebiet aus eine "Nord-Front" errichtet werden sollte. Diese Pläne sind in dieser Form nicht mehr aktuell - die Schiffe mit Kriegsmaterial, die vor dem Hafen von Iskenderum warteten haben inzwischen Kurs auf den Persischen Golf genommen. Einer der Gründe dafür dürfte wohl auch im Scheitern der Stationierungsvollmacht für ausländische Truppen im Parlament vor rund zwei Wochen sein. Die Regierung hatte danach deutlich gemacht, dass sie einen zweiten Versuch unternehmen werde, die Ermächtigung vom Parlament zu erhalten, jedoch damit keine Eile habe.

      Hieß es bis zur Parlamentsabstimmung vor zwei Wochen, dass Einigkeit auf politischem, militärischem und wirtschaftlichem Gebiet erzielt worden sei - die Vertragsentwürfe sollen unterschriftsreif vorgelegen haben - ist davon seitdem nicht mehr viel zu spüren. Seitdem werden von Seiten der irakischen Kurden, den USA und den Europäern immer nachdrücklicher Forderungen laut, die Türkei solle sich heraushalten und die türkische Armee nicht im Nord-Irak eingesetzt werden.

      Tatsächlich aber ist die türkische Armee seit Anfang der 90-er Jahre beständig im Nord-Irak präsent. Mit dem Ende des vorherigen Golf-Krieges (die Nummerierung ist irreführend - vielfach wird vom 1. und 2. Golfkrieg gesprochen, dabei jedoch vergessen, dass der erste Golfkrieg der zwischen Irak und Iran ist, den man jedoch gern vergessen möchte, weil der Westen hier den Irak massiv unterstützt hat) war im Nord-Irak ein Machtvakuum entstanden. Die beiden großen kurdischen Parteien rivalisierten lange um die Macht, was dazu führte, dass auch die PKK den Nord-Irak als Rückzugsgebiet nutzen konnte. Die türkische Politik der vergangenen Jahre richtete sich darum einerseits darauf, PKK-Basen im Nord-Irak zu bekämpfen und andererseits beim Aufbau von Verwaltungsstrukturen zu helfen sowie zwischen den beiden kurdischen Parteien zu vermitteln. Bereits unter der Ecevit-Regierung wurde jedoch von türkischer Seite auch deutlich gemacht, dass die Errichtung eines kurdischen Nationalstaates im Nord-Irak als Kriegsgrund gewertet werde.

      Hinter dieser Position steht die Überzeugung, dass eine Veränderung der Grenzen im Nahen Osten, insbesondere wenn sie unter nationalen Vorzeichen erfolgt, die territoriale Einheit der Türkei gefährden würde. Tatsächlich ist kaum von der Hand zu weisen, dass der Bürgerkrieg in der Türkei weit weniger Opfer gekostet hätte, wäre nicht infolge des vorherigen Golfkrieges im Irak kein Machtvakuum entstanden.

      Bei der aktuellen Diskussion über den möglichen Einsatz der türkischen Armee im Nord-Irak stellt die Regierung demgegenüber einen anderen Aspekt in den Vordergrund: die humanitäre Hilfe für Kriegsflüchtlinge und die Sicherheit der im Irak lebenden Turkmenen.

      Während des vorherigen Golfkrieges und nach der Niederschlagung eines Aufstands irakischer Kurden im Anschluß daran waren Hunderttausende Kurden in die Türkei geflohen. Dort jedoch waren keine Vorkehrungen zur Aufnahme von Flüchtlingen getroffen worden, so dass sich ein humanitäres Drama abspielte. Bei der Vorbereitung dieses Krieges wird seit dem Herbst vergangenen Jahres ausführlich über die Vorbereitungen zur humanitären Flüchtlingshilfe berichtet. In diesem Zusammenhang soll die türkische Armee einen 20 km breiten Puffer auf irakischem Territorium errichten, in dem sichere Flüchtlingslager errichtet werden sollen.

      Das zweite Argument der Türkei ist die Lage der irakischen Turkmenen. Ihre Zahl wird auf 3 Millionen geschätzt, verläßliche statistische Angaben liegen jedoch nicht vor. Die Turkmenen, die auch unter dem Saddam-Regime keine kulturelle Eigenständigkeit beanspruchen konnten, befürchten nun, dass bei der Gründung eines irakischen Bundesstaates als ein Modell für die Nachkriegsordnung, ihre Interessen nicht berücksichtigt würden. Demgegenüber war bei den Verfassungsberatungen im Nord-Irak von kurdischer Seite Kerküt als Hauptstadt eines Bundeslandes "Kurdistan" beansprucht worden. Die Türkei macht geltend, dass diese Pläne mit einer "ethnischen Säuberung" verbunden sein könnten und eine bedeutende turkmenische Minderheit in Kerküt unterdrückt bzw. vertrieben werden könnte. Das zweite Argument gegen die Überlassung Kerküts an die irakischen Kurden besteht in der Kontrolle der nordirakischen Ölförderung. Die Türkei besteht darauf, dass die Nutzung der irakischen Bodenschätze in der Verantwortung der irakischen Zentralregierung liegen müsse. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass ein kurdisches Bundesland aufgrund der Öleinnahmen übermächtig werden könnte.

      Die irakischen Kurden wehren sich gegen den türkischen Einfluß zum einen mit dem Vorwurf, dass die Türkei anstrebe, den Nord-Irak zu annektieren und verweisen dabei u.a. auf Äußerungen des früheren MHP-Verteidungsministers Çakmakoglu. Grundsätzlich wird von Beobachtern eingeschätzt, dass jedoch weniger die unmittelbare Gefahr einer dauerhaften türkischen Besetzung im Vordergrund steht, sondern die Befürchtung, dass die in den vergangenen Jahren erworbene Autonomie unter türkischem Einfluß beschnitten werden könnte.

      Bis zum Scheitern der Stationierungsvollmacht vor zwei Wochen haben die USA keine grundsätzlichen Einwände gegen den Einsatz der türkischen Armee im Nord-Irak geltend gemacht. Bei den Verhandlungen ging es, soweit gemeldet wurde, um die Frage, ob die türkischen Truppen unter amerikanischem Oberbefehl stehen sollten oder nicht. Seitdem jedoch wird dieser Einsatz abgelehnt, der amerikanische Verteidigungsminister warnte inzwischen davor, dass es zu Gefechten zwischen amerikanischen und türkischen Truppen kommen könne, sollte die Türkei eigenmächtig in den Nord-Irak einmarschieren.

      Bei einer türkisch-irakischen Konferenz in Ankara in der vergangenen Woche wurde zudem eine grundsätzliche Übereinkunft erzielt, in der die kurdischen Parteien erklären, dass sie keine nationale Unabhängigkeit anstreben und die Türkei im Gegenzug sich auf humanitäre Hilfe beschränke. Auch die USA haben mehrfach unterstrichen, sie werden eine Auflösung des Iraks nicht zulassen.

      Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen allen Beteiligten deutlich gestört ist - trotz aller gegenseitigen Erklärung und Absprachen reißen die Diskussionen nicht ab. Gleichwohl hat die Türkei bis auf weiteres davon abgesehen, türkische Truppe im Nord-Irak einzusetzen, auch wenn sie sich das Recht dazu vorbehält.
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      schrieb am 25.03.03 13:44:22
      Beitrag Nr. 2 ()
      Die USA werden der Türkei früher oder später die erlaubnis geben,wer soll sie gegen dem Irakischen Widerstand besser schützen.Die Türkei kann in ruhe abwarten bis sie in dem Irak zur "Terrorismus-abwehr" gerufen wird,würde zur Zeit einen schlechtem Eindruck machen.
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      schrieb am 25.03.03 14:35:05
      Beitrag Nr. 3 ()
      Je größer der Widerstand der irakischen Armee an der Südfront wir und die Verluste der Alliierten auch den Befehlshabern unangenehm auffalen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Washington in Ankara doch um Hilfe bittet. Der gute Bush hat den harten Widerstand der Irake etwas unterschätzt. Und der Widerstand ist jetzt noch gebündelt im Süden, die Amis können nur in eine Richtung marschieren und keine Kriegstaktik ala Rambo (Sollen wir sie umzingeln) ausspielen.


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