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    Zu den ökonomischen Hintergründen der »Agenda 2010« - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 28.06.03 16:49:32 von
    neuester Beitrag 29.06.03 18:23:06 von
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      schrieb am 28.06.03 16:49:32
      Beitrag Nr. 1 ()
      www.jungewelt.de 27.06.03
      28.06.2003
      Rainer Roth

      Lohnabbau ohne Grenzen
      Zu den ökonomischen Hintergründen der »Agenda 2010«

      Bundesregierung, Arbeitgeberverbände und Ökonomen geben vor zu wissen, wo die wahren Ursachen der gegenwärtigen Krise und der steigenden Arbeitslosigkeit liegen. Sie liegen bei den Arbeitslosen selbst. Die Arbeitslosenunterstützung ist zu hoch. Deshalb lohne es sich nicht zu arbeiten. 100 Ökonomen um den Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsfor-schung, Klaus Zimmermann, befürworten die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, damit »es sich für die Arbeitnehmer wieder lohnt, eine Arbeit aufzunehmen.« (Financial Times Deutschland, 26.5.2003) Es geht angeblich darum, »Fehlanreize« zu beseitigen. Das Sozial-leistungssystem reizt angeblich dazu, arbeitslos zu werden bzw. zu bleiben. Da man die Ursachen an der Wurzel packen muß, setzt die »Agenda 2010« den Hebel dabei an, »Arbeitsanreize« (Gerhard Schröder) für die trägen Arbeitslosen zu schaffen.

      Die vorherrschende Theorie des Kapitals besagt, daß die Arbeitslosigkeit ihre Grundur-sache in der Höhe des Lohns hat. Arbeitslosigkeit drückt aus, daß die Löhne noch nicht auf das Niveau gefallen sind, zu dem die Käufer der Arbeitskraft bereit sind, die Ware Arbeitskraft zu kaufen. Der »Gleichgewichtslohn« wäre dann der Lohn, zu dem die letz-te Arbeitskraft verkauft wäre. Um die Löhne auf dieses angeblich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit notwendige Hungerniveau abzusenken, müssen alle Hindernisse durch sogenannte »Arbeitsmarktreformen« abgeschafft werden. Also: Je schlechter es einem geht, desto höher wird der Arbeitsanreiz und desto niedriger die Arbeitslosigkeit. Der Anreiz ist dann am höchsten, wenn man gar keine Sozialhilfe mehr bekommt. So wie in den USA. Das ist die zu Ende gedachte Logik. Dummerweise ist aber die Arbeitslosigkeit in den USA mindestens so hoch wie in Deutschland. Wie hoch müßten die Löhne sein, um angeblich Jobs zu schaffen? Prof. Hans-Werner Sinn vom Münchner ifo-Institut spricht da-von, daß die niedrigsten Löhne wie in den USA bei etwa 30 Prozent der durchschnittlichen Löhne liegen müßten. Das wären heute hierzulande etwa 870 Euro brutto für Männer und 660 Euro brutto für Frauen.

      Die Experten und Politiker verweisen auf die – offiziell – 400000 offenen Stellen, die von den – offiziell – 4,5 Millionen Arbeitslosen nicht besetzt werden. Sie schließen daraus, daß die Arbeitslosenunterstützung zu hoch ist. Tatsächlich sind offene Stellen im Durchschnitt nur einige Monate offen, bis sie besetzt werden. Und Arbeitslose sind nicht ewig arbeitslos, son-dern in Westdeutschland im Durchschnitt sieben Monate. Die Zahl der unbesetzten Stellen ergibt sich aus der Tatsache, daß Arbeitskräfte ihre Arbeitskraft auf einem Arbeitsmarkt ver-kaufen müssen. Bis hier ein Käufer eine passende Ware findet, braucht es eben seine Zeit. Das gilt für alle anderen Waren auf den Gütermärkten auch.

      Nicht der Umstand, wie eifrig die Verkäufer der Ware Arbeitskraft ihre Ware verkaufen wol-len, ist entscheidend. Vielmehr sinkt die Nachfrage nach Arbeitskraft mit steigender Pro-duktivität der Arbeitskräfte. Deshalb erzeugte das Wirtschaftssystem in den letzten 30 Jahren eine Schere zwischen arbeitssuchenden Arbeitskräften und der relativ dazu ge-ringer werdenden Zahl offener Stellen. Von 1991 bis 2000 z.B. ist die Produktivität von IndustriearbeiterInnen um 75 Prozent gestiegen. Das Kapital nutzte dies, um bei stei-gender Produktion die Zahl der IndustriearbeiterInnen um ein Viertel zu vermindern. Die Arbeitslosenquote von Arbeitern betrug im Jahr 2000 14,2 Prozent, die der Angestellten dagegen 6,4 Prozent. Arbeitslosigkeit ist in erster Linie ein Problem der ArbeiterInnen. Das Kapital braucht eben immer weniger Arbeitskräfte. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvo-lumen hat zwischen 1991 und 2000 um drei Milliarden Stunden abgenommen. Eine an sich erfreuliche Tatsache. Aber die Produktivitätsfortschritte werden nicht über Arbeits-zeitverkürzung weitergegeben. Statt dessen wird die Arbeitszeit verlängert. Menschen werden »freigesetzt«. Die Freigesetzten finden nur dann Arbeit, wenn sie wieder einen Käufer finden, der an ihnen verdienen kann. Und daran mangelt es. Man braucht einfach nicht mehr so viele Arbeitskräfte, um Profit zu machen.

      Das Problem ist also nicht die Faulheit, das »Besitzstandsdenken« und die »Anspruchs-mentalität« der Lohnarbeiter. Es ist das Wirtschaftssystem, in dem jeder Einzelbetrieb mit wachsender Produktivität die überflüssig Gewordenen dem Arbeitsamt oder sich selbst überläßt. Das wird dann »Eigenverantwortung« genannt.

      Die Arbeitslosenhilfe soll abgeschafft (auf Marketing-Deutsch: Zusammenführung von Ar-beitslosen- und Sozialhilfe) und die Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld für über 45jährige erheblich verkürzt werden. Arbeitslose sollen wesentlich schneller in die Sozialhilfe abgedrängt werden. Ausgerechnet Sozialhilfe soll den »Anreiz« zu arbeiten abgeben, obwohl die Propaganda doch immer behauptet, daß gerade die Sozialhilfe die reinste Hängematte für Faulenzer sei. Was aber bedeutet Sozialhilfebezug? Offiziell sind für einen Haushaltsvor-stand fünf Euro am Tag für Essen und Trinken sowie »Verzehr außer Haus« vorgese-hen. Ein Capuccino im Café bringt den ganzen Tagesbedarf durcheinander. In der Re-gel muß man mit weniger als fünf Euro am Tag auskommen. Alles, was das Leben ange-nehm macht, ist für SozialhilfebezieherInnen Luxus.

      Die neue Sozialhilfe für Arbeitsfähige wird beschönigend Arbeitslosengeld II genannt, ob-wohl es sich um Sozialhilfe handelt. Als wichtiger Zweck wird die Entbürokratisierung vor-geschoben (ein Amt für eine Person). Doch nur 132 000 von 1,4 Millionen Arbeitslosenhil-feempfängerInnen beziehen ergänzende Sozialhilfe. Eine merkwürdige »Entbürokratisie-rung«, die für 80 Prozent der Betroffenen erhebliche Senkungen ihres Einkommens bedeutet. Außerdem entstehen mit dem Arbeitslosengeld II zahllose neue Ansprüche auf Sozialhilfe, da es – ähnlich wie die Grundsicherung für alte Menschen – zu niedrig bemessen sein wird.

      Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist ein Mittel, um die Löhne nach unten zu drü-cken. Nach einem halben Jahr Arbeitslosigkeit ist es zumutbar, für einen Lohn in Höhe der Arbeitslosenunterstützung zu arbeiten. Die Förderung des Lohndumpings gehört zum Kern der Arbeitslosenversicherung. Je geringer die Arbeitslosenunterstützung, desto größer ist der Zwang, für weniger Lohn zu arbeiten. Die Abschaffung der Arbeitslo-senhilfe ist dabei nur ein Zug in einem Schachspiel. Nicht umsonst beklagen die Arbeitgeber-verbände den mangelnden Mut der Regierung. Sie verlangen, noch weiterzugehen. Sie reden vom ersten Schritt, dem weitere folgen müssen. Der nächste Schritt zielt dann auf die Sozi-alhilfe. Denn sie fängt die Kürzungen bei den Arbeitslosen bis zu einem gewissen Grad auf. Sie ist – im Gegensatz zu Arbeitslosenunterstützungen – in gewissen Grenzen bedarfsorien-tiert. Die Sozialhilfe wirkt wie ein Mindestlohn. »Die deutsche Sozialhilfe wirkt als Lohnuntergrenze, die die Schaffung von Jobs verhindert.« Soweit wieder Prof. Sinn. Die Sozialhilfe steht im Visier, weil sie den Fall der Löhne nach unten bremst. Deshalb ver-langt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK die 25prozentige Kürzung der Sozialhilfe. Das bedeutet 3,75 Euro am Tag für Ernährung. Der DIHK ist die Dach-organisation aller Unternehmen in Deutschland. Edmund Stoiber schließt sich an. Der Sach-verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung unter Füh-rung des SPD-Mitglieds Wolfgang Wiegard fordert die 30prozentige Kürzung der Sozi-alhilfe. Im Handelsblatt, der größten Wirtschaftszeitung Deutschlands, verlangte der Freibur-ger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen sogar die Halbierung der Sozialhilfe. (Handelsblatt, 23.08.2001) Das bedeutet 2,50 Euro am Tag für Ernährung.

      Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe bereitet die Senkung der Sozialhilfe vor. Die Be-schäftigten sollen möglichst im Dämmerschlaf überrascht werden. Deswegen wird uns die Senkung der Sozialhilfe als Kampf gegen Mißbrauch, gegen Schmarotzer, gegen Scheinarbeitslose verkauft. Mancherorts auch als Maßnahme des Kampfs gegen Bürokra-tismus, obwohl doch gerade der Bürokratismus immer mehr zunimmt. Die LohnarbeiterIn-nen müssen begreifen, daß sich Angriffe auf die Sozialhilfe und auf Arbeitslose in erster Linie gegen sie selbst richten. Sie sind gemeint, wenn die Arbeitslosen geprügelt werden! Eine Bundesregierung, die entgegen ihren Versprechungen die Arbeitslosenhilfe streicht, ist auch dazu bereit, die Sozialhilfe entgegen ihren Versprechungen zusammenzustreichen. Sie bereitet die Kürzung der Sozialhilfe vor, die Stoiber verlangt.

      60 Prozent aller Betriebe

      Die »Agenda 2010« greift vor allem diejenigen an, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, die sogenannten Langzeitarbeitslosen. Im Originalton der Bundeskanzler: »Wir setzen damit (mit der »Agenda 2010«) ein deutliches Signal für diejenigen Menschen in unserer Gesellschaft, die länger als zwölf Monate arbeitslos sind. Niemand ... wird es künftig ges-tattet sein, sich zu Lasten der Gemeinschaft zurückzulehnen.« (Regierungserklärung vom 14.03.2003) Zur Erinnerung: Die zunehmende Dauer der Arbeitslosigkeit ist nicht eine Folge zunehmender Faulheit, sondern der mit steigender Produktivität sinkenden Nach-frage nach Arbeitskraft. Wer sind die »Langzeitarbeitslosen«? Es sind zu 70 Prozent Ar-beitskräfte über 45 Jahre. Sie also sollen auf Trab gebracht werden. Die Älteren sind aber vor allem deshalb arbeitslos, weil die Schwächsten zuerst fliegen. Ältere gelten als Minderleister und deshalb ab 45 als schwer vermittelbar. Sie sind im Durchschnitt zu teuer, haben zu viele Fehlzeiten, sind weniger belastbar und genießen erhöhten Kündigungsschutz usw. Sie gelten deshalb als »Schwach-Performer«, wie Infineon-Chef Schumacher die »Minderleister« mo-dern umschreibt.

      Deshalb hat das Kapital mit steigender Produktivität ein verstärktes Interesse, die Älteren in die Arbeitslosigkeit oder die Frührente zu schicken. Besonders in den 90er Jahren wurden Hunderttausende in den Vorruhestand bzw. in die Rente wegen Arbeitslosigkeit ab 60 ge-schickt, oder sie fanden sich in der Arbeitslosigkeit wieder. Die Entsorgung der Älteren war eine Voraussetzung für die ungeheueren Produktivitätssteigerungen. Die Altersgrenze, ab der die Nachfrage nach Arbeitskraft abnimmt, sinkt immer tiefer, je größer der Arbeitsstreß wird, je rascher die Arbeitskräfte verschlissen werden.

      60 Prozent aller Betriebe beschäftigen heute niemanden mehr, der älter ist als 50 Jahre. Als Siemens die Entlassung von Hunderten von Spezialisten aus der Hoffmannstraße in München bekanntgab, waren überwiegend Ältere über 45 darunter, darunter viele, denen eigentlich gar nicht mehr gekündigt werden konnte. Das zeigt die Haltung des Kapitals gegenüber älteren Arbeitskräften deutlich. Sie werden ihm immer lästiger. Dieselbe Bundesregierung, die gegen die Älteren zu Felde zieht, um sie zur Arbeit anzureizen, unterstützt die Unternehmen ener-gisch dabei, ältere Arbeitskräfte immer früher loszuwerden. Das erste Hartz-Gesetz z.B. sieht für Ältere ab 50 vor, daß sie bis zur Rente ohne Grund befristet eingestellt, d.h. ohne Proble-me entlassen werden können.

      Die Bundesregierung selbst fördert die Entlassung von Älteren und macht sie dennoch für ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich. Und sie redet in diesem Zusammenhang auch noch von »sozial ausgewogen« und »gerecht«. Sie will die Sozialauswahl des Kündigungsschut-zes so ändern, daß Ältere leichter entlassen werden und die jüngeren »Leistungsträger« eher bleiben können. Denn die schlechte Vermittelbarkeit auf dem Markt für Arbeitskräfte soll kein Grund mehr sein, nicht entlassen zu werden. Die sozialdemokratisch-grüne Regie-rung konzentriert ihre ganze Energie darauf, den über 45jährigen die Schuld für ihre Arbeitslosigkeit selbst in die Schuhe zu schieben.

      Wegwerfgesellschaft

      Ältere gelten als »Problemgruppe« bzw. »Risikogruppe«. Aber ist nicht eher das Kapital eine »Problemgruppe«, die die Erfahrung des Alters dem Profit opfert, die Menschen rücksichtslos auspreßt und dann wegwirft, wie in der Wegwerfgesellschaft üblich? Im Fußball bekommen Spieler, die anderen absichtlich den Ellbogen ins Gesicht rammen, die rote Karte. Die »Agen-da 2010« ist ein schweres Foul an den älteren Arbeitskräften. Warum bekommt die Regierung nicht die rote Karte? Ganz abgesehen von der »Opposition«, der die »Agenda 2010« noch zu harmlos ist und die ein noch härteres Vorgehen gegen die älteren Arbeitskräfte verlangt.

      Auch mit Jugendlichen kann das Kapital immer weniger anfangen. Mit steigender Pro-duktivität brauchen die Unternehmen immer weniger Nachwuchs. Insbesondere nicht den Nachwuchs von Arbeiterfamilien. Nur noch ein Viertel der Betriebe bildet aus. Des-halb explodiert die Jugendarbeitslosigkeit. Die Unternehmen haben weder eine besonde-re soziale Verantwortung für die Älteren noch für die Jungen. Sie sind allein der Ver-mehrung ihres Kapitals verantwortlich.

      Wenn das Kapital mit immer weniger Menschen etwas anfangen kann und sie in Arbeitslo-sigkeit und Rente schickt, dann soll es aus den von allen erwirtschafteten Gewinnen auch für die entsprechend steigenden Kosten aufkommen. Das gilt nicht nur für die Ausbildung aller Jugendlichen, um deren Arbeitslosigkeit wenigstens zeitweise zu verhindern, sondern auch für die Bezahlung der Kosten der Arbeitslosigkeit insgesamt. Es soll die Verantwortung selber tragen und nicht auf die arbeitslos Gemachten abschieben. Wer einen Unfall verursacht, muß dafür haften. Wer Arbeitslosigkeit verursacht und damit die Energien von Millionen Men-schen bremst und verschleudert, der soll ebenfalls dafür haften und sich nicht mit Unterstüt-zung der Regierung davonstehlen dürfen.


      Unverblümt verkohlt

      »Wir bekennen uns zu unserer besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in dieser Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.« So die SPD in ihrem Regierungsprogramm 2002–2006. Nach der Wahl strebt die SPD-Spitze die Absenkung auf Sozialhilfeniveau an. Sie kennt eben auch keine »besondere Verantwor-tung gegenüber den Schwächeren«. Das Bekenntnis war ein Meineid. Schröder hat sein Wahlvolk unverblümt verkohlt. Mandanten, die von ihren Anwälten betrogen und be-kämpft werden, entziehen diesen Anwälten das Vertrauen und das Mandat. Sollte das nicht überall gelten? Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und die Kürzung der Bezugsdau-er des Arbeitslosengeldes sind uralte Forderungen der Unternehmerverbände. Der Wahlbe-trug zeigt, daß sich die Regierung ausschließlich dem Kapital gegenüber verpflichtet fühlt. Das bedeutet es, wenn der Kanzler von eins zu eins durchsetzen spricht. Eins zu eins die Interessen des Kapitals durchsetzen, ohne Kompromisse. Die Regierung kennt keine be-sondere Verantwortung für Arbeitslose. Die Arbeitslosen und alle Lohnarbeiter müssen selbst die Verantwortung für sich tragen und sie nicht in die Hände von solchen Leuten legen, die sie aus ihren Eigeninteressen heraus gar nicht wahrnehmen können.

      Fakten gegen Legenden

      Die »Agenda 2010« dient auch dem erklärten Ziel, die sogenannten Lohnnebenkosten zu sen-ken. Mit der Begrenzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengelds sollen die Beiträge zur Ar-beitslosenversicherung gesenkt, mit der Ausgliederung des Krankengelds die Beiträge zur Krankenversicherung gesenkt werden. Die Begründung ist rasch zur Hand: Die demographi-sche Entwicklung erfordere das. Die heutigen Sozialsysteme seien nicht mehr finanzierbar.

      Demographie statt Ökonomie

      Beispiel Rentenversicherung. Vor allem die Arbeiterrentenversicherung ist seit 1993 in der Krise, weil die Industrie immer weniger ArbeiterInnen einstellt und immer mehr in Rente schickt. Deswegen wurde der Rahmen der Sozialversicherung zu eng, nicht wegen der sin-kenden Geburtenrate und der Alterung der Bevölkerung. Die männlichen Arbeiter wurden seit 1993 auch gar nicht älter, sondern sie sterben früher. Die Angestellten dagegen werden älter, aber in der Angestelltenversicherung gibt es keine solche Krise wie in der Arbeiterrentenver-sicherung.

      Die Krise der Rentenversicherung ist keine Folge der demographischen Entwicklung, sondern der Tatsache, daß das Kapital immer weniger Menschen braucht und denen, die es noch braucht, die Löhne kürzt. Das erschüttert die Einnahmen der Sozialversi-cherung und erhöht ihre Ausgaben.

      Wenn die demographische Entwicklung die Ursache wäre, folgt daraus, daß die Kinderlosen schuld sind und deshalb zur Kasse gebeten werden müssen. Das ist Quatsch. Denn vor allem die Arbeiter, die Kinder in die Welt setzen, sehen ihre Kinder mehr und mehr vor verschlos-senen Werkstoren stehen. Das Kapital braucht gar nicht so viele Kinder. Sie sind ihm lästig.

      Immer weniger Arbeitende ernähren immer mehr Rentner. Ja und? Immer weniger Landwirte ernähren immer mehr Menschen. Die steigende Produktivität macht es mög-lich. Immer weniger Arbeiter ernähren immer mehr Wasserköpfe, Verwaltungen, Vor-stände, Politiker und sogenannte Dienstleister. Das geht doch auch. Daß Menschen im-mer älter werden, ist ein Fortschritt. Er kann aus dem Reichtum finanziert werden, der durch die höhere Produktivität erwirtschaftet wird. Aber auf dem sitzt das Kapital.

      Falsche Information über die Ursachen werden verbreitet, um die Bereitschaft zu erzeugen, die Kürzungen zu billigen bzw. den Hebel bei den Falschen, d.h. bei sich selbst oder den Kin-derlosen, anzusetzen. Die Krise der Rentenversicherung kann dadurch angegangen werden, daß die finanzielle Grundlage der Rentenversicherung verbreitert wird. Eine einheitliche Ren-tenversicherung für alle ist das Gebot der Stunde, nicht die wachsende Zersplitterung und Privatisierung der Sozialversicherung.

      Die Kürzung der Renten hat nicht den Zweck, die demographische Entwicklung aufzu-fangen. Sondern es geht darum: a) den Boden für private Versicherungen zu verbessern. b) vor allem die Beiträge zu senken, um Gewinne zu steigern. Jeder Prozentpunkt ge-ringerer Arbeitgeberbeiträge bringt zusätzliche Profite in Höhe von 7,5 Milliarden Eu-ro. Es ist das Kapital selbst, das die Krise der Sozialversicherung erzeugt. Das soll ver-tuscht werden.

      Die Senkung der Lohn»neben«kosten bedeutet die Senkung von Renten, Gesundheitsleistun-gen und Arbeitslosenunterstützungen. Wenn von einer Senkung der Lohnnebenkosten die Rede ist, wie auch beim DGB, ist immer zu fragen, wer dann für die entsprechenden Leistun-gen aufkommt. Wenn die »versicherungsfremden Leistungen« – z.B. die Familienversiche-rung in der Krankenversicherung – aus der Sozialversicherung herausgenommen und vom Staat bezahlt werden, dann ist die Frage, woher sich der Staat das Geld für diese Ausgaben holt. Bei allen staatlichen Sozialleistungen, wie Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, hören wir doch seit Jahren, daß die Finanzen des Staates überfordert werden.

      810 000 Euro

      Die Krise der Staatsfinanzen zwingt zu Einsparungen. Die Streichung der Arbeitslosenhilfe bringt sechs Milliarden Euro. Das soll Wachstumskräfte freisetzen. Schauen wir uns die Staatsfinanzen näher an. Die Gewinnsteuern (Körperschaftsteuer, veranlagte Einkom-mensteuer und Gewerbesteuer) fielen vor allem aufgrund der Steuerreform von 2000 auf 2001 um über 30 Milliarden Euro. Das riß gewaltige Löcher in die Haushalte. Die Steuerreform wurde jedoch als der »erste Schritt« zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bezeichnet (Schröder in seiner Regierungserklärung 1998). Jahre später, obwohl die Steuerreform keine Steigerung der Investitionen gebracht hat, hören wir das gleiche vom Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt: »Das beste Investitionsförderprogramm sind Steuersenkungen auf breiter Basis.« Und weil die Herren aus »der Wirtschaft« ja Be-scheid wissen, schwatzt es auch ein Außenminister nach: »Wir haben an erster Stelle in die-sem Land ein Investitionsproblem. Dem muß die Steuerpolitik gerecht werden.« (Frankfurter Rundschau, 7.5.2003) Die Gewinnsteuern zu senken, um Investitionen zu fördern – das ist Propaganda vom gleichen Kaliber wie die Lüge, daß die USA in den Irak einmarschieren mußten, um Massenvernichtungswaffen zu zerstören. Letztere waren genauso wenig da, wie die Investitionen gekommen sind. Hundt verlangt die Subventionierung der Profite auf Kosten der ganzen Gesellschaft. Alle sollen zahlen, damit sich die Taschen von wenigen füllen.

      Das Kapital hat Dutzende Milliarden Euro bekommen, angeblich, damit es mehr inves-tiert und Arbeitsplätze schafft. Nichts davon ist geschehen. Mit Beginn der Steuerre-form 2001 halbierten die Kapitalgesellschaften ihre Investitionen. 2001 gab es offiziell gerade mal 37000 Arbeitslose weniger als 2000. 37000 Arbeitslose weniger für 30 Milli-arden Euro Gewinnsteuererlaß! Für schlappe 810000 Euro gab es jeweils einen Arbeits-losen weniger! Man sieht, wieviel die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit der Regierung und dem Kapital wert ist.

      2002 stieg trotz der Milliardensubventionen die Zahl der Arbeitslosen, und die Zahl der Ar-beitsplätze sank. Die Investitionen fielen weiter. Am Ende wurden 50 bis 60 Milliarden Euro den Unternehmen als Steuergeschenk, gegeben, und als »Gegenleistung« gab es 400000 Arbeitslose mehr und 900000 Erwerbstätige weniger. Die Steuerreform war kein »erster Schritt« zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sie war überhaupt kein Schritt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Sie diente ausschließlich der Sanierung der Un-ternehmensbilanzen. Sozialhilfebezieher, die ein paar tausend Euro im Jahr bekommen, »ohne etwas dafür leisten zu wollen«, werden als Schmarotzer bezeichnet. Wie bezeich-net man das Kapital, das Milliarden Euro abgreift, ohne etwas dafür »leisten« zu wol-len?

      Die Bundesregierung plant schon weitere Steuersenkungen. Sie will den Spitzensteuer-satz der Einkommensteuer senken. Das allein bringt den Reichen sechs Milliarden Euro aufs Konto. Die Arbeitslosenhilfebezieher sollen sie aufbringen, damit z.B. die Vorstän-de der Aktiengesellschaften endlich in die Nähe des »gerechten« Einkommens kommen, das sie – verglichen mit den USA – eigentlich »verdienten«. Deshalb hält es SPD-Generalsekretär Olaf Scholz auch für »absurd«, die Vermögensteuer für die Reichen wiedereinzuführen. Obwohl hier 14,9 Milliarden Euro zu holen wären (bei einem Steu-ersatz von nur einem Prozent) Er hält es jedoch nicht für absurd, das Vermögen der Arbeitslosenhilfebezieher »anzurechnen«. Und zwar nicht mit einem Prozent sondern mit 50 Prozent und mehr. Das ist nicht absurd. Denn es wäre ja wirklich ungerecht, den Reichen etwas zu nehmen, wo sie doch andere so hart für ihren Reichtum haben arbei-ten lassen. Leistung – in diesem Sinne – muß sich doch lohnen.


      Zweck von Investitionen

      Wenn Arbeitslose Geld bekommen, wird ständig gefragt, wie hoch die Wiedereingliede-rungsquote in den ersten Arbeitsmarkt ist. Ist sie zu gering, werden Gelder gestrichen. Ar-beitslose werden nach dem Prinzip behandelt. »Keine Leistung ohne Gegenleistung«. Für sich selbst erkennt das Kapital das nicht an. Es bezieht Milliarden an Leistungen ohne eine einzige Gegenleistung. Und niemand fragt nach, wo die Milliarden geblieben sind, die das Kapital abkassiert hat. Es gibt keine Evaluation und kein Controlling. Die Milliarden wurden verwandt, um sie an Aktionäre auszuschütten, um Finanzanlagen im Aus-land zu kaufen und andere Firmen zu übernehmen und damit noch mehr Arbeitsplätze wegzu-rationalisieren. Neueinstellungen? Von 1970 bis 2000 wurden von den Unternehmen in produzierendem Gewerbe, Handel und Verkehr in Westdeutschland fast 5000 Milliar-den DM investiert. Bevor diese 5000 Milliarden investiert wurden, gab es fast keine Ar-beitslosen. Danach aber betrug ihre Zahl 2,5 Millionen. Arbeitslosigkeit ist unter der Regie des Kapitals das Produkt von Investitionen. Sie machen es möglich, daß immer weniger Arbeiter immer mehr Waren herstellen und von daher die Nachfrage nach Ar-beitskraft sinkt.

      Es gibt keinen Kapitalmangel. Und es gibt für das Kapital keinen Mangel an Investitionen, sondern gewaltige Überkapazitäten, die durch die bisherigen Investitionen aufgetürmt wur-den. Die Senkung der Investitionen ist gerade ein Mittel, um gesunkene Renditen wieder an-zuheben. Die Investitionsquote nimmt seit den 70er Jahren ab. Der Reichtum, der erzeugt wurde, fließt relativ immer weniger in produktive Investitionen und immer mehr in Finanzan-lagen. Von 1991 bis 2000 wuchs das Kapital in Finanzanlagen von 7821 Milliarden DM auf 20880 Milliarden DM (Nebensache Mensch, Seite 242) oder um 12000 Milliarden DM. Das Sachanlagevermögen (ohne Wohnungsbau) wuchs nur um 1800 Milliarden DM auf 4500 Milliarden DM.

      Der Kapitalüberschuß fließt überwiegend in Kredite, den Kauf von Wertpapieren oder in Ak-tien, d.h. in Firmenübernahmen, Käufe von Beteiligungen oder Spekulation sowie in Luxus-konsum. Der Kapitalüberschuß war die Grundlage der Aktienhysterie und des Börsencrash’, der folgte. Er ist die Grundlage der ungeheuer gestiegenen Verschuldung des Staates, der Un-ternehmen und der Konsumenten. Er lähmt immer mehr die produktiven Investitionen, statt sie zu fördern. Das Kapital selbst ist die Schranke der Investitionen, nicht ein angeblich durch LohnarbeiterInnen, d.h. durch Sozialausgaben und überhöhte Löhne, verursach-ter Kapitalmangel. Es ist gerade die steigende Produktivität und der gestiegene Reich-tum, die unter der Regie des Kapitals zur Bedrohung werden. Und je widersinniger die Folgen dieser Logik sind, desto aggressiver müssen die Beschäftigten dafür verantwort-lich gemacht werden. Denn nur auf ihre Kosten können die Profitraten wieder angeho-ben werden, die den einzigen Lebenszweck des Kapitals darstellen.


      Ein Angriff auf Menschen

      Die »Agenda 2010« wird massiv kritisiert. Sie sei ein Angriff auf den Sozialstaat. Diese Kri-tik bleibt aber an der Oberfläche. Die »Agenda 2010« ist in erster Linie ein Angriff auf die Arbeiter, also auf Menschen, nicht auf den Staat. Sie ist auch kein Angriff auf die deut-sche Wirtschaft. Zweifellos senkt die Kürzung von Arbeitslosenunterstützung die Bin-nennachfrage. Insoweit erzeugt das mehr Arbeitslose. Aber die Unternehmen haben kein Interesse daran, daß der Staat Arbeitslosen Geld gibt, damit diese Waren kaufen können und den Umsatz der Unternehmen erhöhen. Die Ursache der gegenwärtigen Krise ist nicht zu geringe Nachfrage, auch wenn sich der »SPD-Rebell« Ottmar Schreiner damit als besserer Sachwalter für das Kapital empfiehlt: »Ursache für die ökonomischen Probleme ist zuallererst die schwache Nachfrage auf dem Binnenmarkt.« (metall 5/ 2003, 9) Die Krisen entspringen dem Rhythmus der Kapitalverwertung. Immer wieder wird auf der Jagd nach Renditen über die zahlungsfähige Nachfrage hinaus produziert. Und zwar unab-hängig davon, wie hoch die Nachfrage ist. Die Profitwirtschaft produziert gesetzmäßig Kri-sen, in denen die Überkapazitäten vernichtet werden, ebenso wie überschüssiges Kapital ver-nichtet wird und überschüssige Arbeitskraft stillgelegt wird. Das Kapital hat die Produktivität nicht im Griff. Es reißt ein, was aufgebaut wurde. Die Krisen zeigen eine ungeheuere Ineffi-zienz, die merkwürdigerweise die Folge einer ungeheueren Effizienz ist. Das Kapital ist nicht der Nachfrage wegen der heimliche Verbündete der Arbeitslosen. Es ist im Gegenteil das In-teresse des Kapitals an höheren Profiten, das in seinen Augen die Senkung der Arbeitslosen-unterstützung notwendig macht.

      Deshalb ist die »Agenda« schon überholt, wenn sie beschlossen wird. Es gibt keinen Stillstand. Eine nachhaltige Konsolidierung ist möglich, weil das Kapital mit steigender Produktivität die Basis des Lebensstandards der breiten Masse immer mehr untergräbt. Das stürzt die Sozialversicherung und die Staatsfinanzen immer tiefer in die Krise. Alle Therapien zur Senkung von Sozialleistungen und Löhnen, die bisher von den Doktoren des Kapitals und der Bundesregierung angewandt wurden, haben nichts genutzt. Sie hatten ja auch nur den Zweck, die Profite zu erhöhen und dem Fall der Profitraten ent-gegenzuwirken. Und genau das Ziel der Profitvermehrung als Selbstzweck ist die Ursa-che der Arbeitslosigkeit. Alle Mittel, die Profite anzuheben, vergrößern die Arbeitslosig-keit tendenziell. Es handelt sich nicht um eine falsche Politik, sondern um die den Inte-ressen des Kapitals entsprechende Politik, also die für das Kapital richtige Politik. Und Lohnsenkungen sind Folge der wachsenden Arbeitslosigkeit, nicht der Weg zu ihrer Verminderung.


      Aktuelle Herausforderungen

      Schröder sagte am 1. Mai: »Wer glaubt, festzuhalten an dem, was althergebracht ist, der verkennt die Herausforderungen.« Genau: Althergebracht ist zu glauben, daß die Probleme dieser Gesellschaft gelöst werden können, wenn man nur den Moloch der Pri-vatinteressen des Kapitals und der Reichen befriedigt. Die Hoffnungen, die sich darauf richten, sind realitätsferne Träumereien. Wir brauchen radikale Reformen:

      – Die Sozialversicherung muß komplett umgebaut werden, nicht zugunsten der Allianz, sondern gegen sie.

      – Die Steuerreform muß rückgängig gemacht werden. Dann wäre wieder Geld in den Staatskassen, um die vom Kapital arbeitslos gemachten LohnarbeiterInnen zu unter-stützen, um die Löcher in den Sozialversicherungen zu stopfen, die die vom Kapital er-zeugte Arbeitslosigkeit aufreißt oder notwendige öffentliche Investitionen zu tätigen. Nicht die Arbeitslosen sollen für die Vermehrung des Reichtums einiger weniger auf-kommen. Sondern die, die ihren Reichtum dadurch erwirtschaften, daß sie Arbeitskräf-te arbeitslos machen, sollen für die Arbeitslosen aufkommen. Besitzstände müssen ange-griffen werden, vor allem die Besitzstände derer, die lieber Milliarden auf den Finanz-märkten verspekulieren, als dazu beizutragen, daß es überall Ganztagsschulen gibt, daß Kindergärten gebührenfrei sind, daß es genügend billigen Wohnraum gibt.

      – Diejenigen, die alle Reichtümer erzeugen, sollen auch ordentlich leben können. Wir brau-chen Mindestlöhne oberhalb der Sozialhilfe, keine Billiglöhne, von denen man seine Miete nicht mehr zahlen kann. Wir brauchen das nicht in erster Linie aus volkswirtschaftlichen Gründen, nicht wegen der Kaufkraft, sondern um der Tendenz entgegenzutreten, daß das Ka-pital die Löhne immer weiter unter das Existenzminimum senkt.

      – Die Produktivität muß den Arbeitern in Form von Arbeitszeitverkürzung zugute kommen. Die Produktivitätssteigerung der letzten Jahre macht eine drastische Arbeits-zeitverkürzung auf 30 Stunden möglich. Dadurch könnte die Arbeitslosigkeit erheblich abgemildert werden.

      Wir brauchen eine bundesweite große Demonstration von Hunderttausenden, um dagegenzu-halten, nicht nur ein paar kalkulierte Kleckerproteste. In anderen Ländern gibt es General-streiks. Der DGB-Bundesvorstand fällt den Arbeitslosen und damit allen Arbeitern in den Rücken, aus Solidarität mit der Regierung, die von den Parteifreunden gestellt wird, und in sozialpartnerschaftlicher Verbundenheit mit dem Kapital. Ist der DGB ü-berhaupt noch wettbewerbsfähig?

      Das Kapital und seine Vertreter können nicht umdenken und ihre Politik wechseln. Sie können nur Reformen vorschlagen, die der Kapitalverwertung nutzen, sonst keine. Was sie daran hindern kann, ist nur die energische Mobilisierung der Arbeiter und der Ar-beitslosen. Je mehr die ihre eigenen Interessen selbst in die Hand nehmen, die Verantwortung für sich selbst übernehmen, desto eher können sie dem Kapital etwas entgegensetzen. Wer sich der Logik dieses Systems unterwirft, kämpft letztlich gegen sich selbst. Wenn man damit Schluß machen will, daß Arbeitslose zum Sündenbock gemacht werden, dann muß man sich damit beschäftigen, wie dieses Wirtschaftssystem, wie die Kapitalverwertung die Probleme erzeugt, die sie ihren Opfern anlastet. Nur dann kann man sich letztlich offensiv verteidigen. Andererseits stellt sich aber auch die Frage, was ein System taugt, in dem die steigende Produktivität, in dem der technische Fortschritt dazu führt, daß sich der Lebensstan-dard der breiten Mehrheit verringert und ihre Existenzunsicherheit erhöht.

      (Vortrag bei ATTAC Aschaffenburg, 28.05.2003)

      * Literatur: Rainer Roth, Nebensache Mensch. Arbeitslosigkeit in Deutschland. Frank-furt/Main 2003, 608 S., 15 Euro
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 17:14:53
      Beitrag Nr. 2 ()
      qooler Artikel :)
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 17:22:51
      Beitrag Nr. 3 ()
      Leute geht nach Kuba oder Nordkorea da herrschen traumhafte Zustände ...
      oder noch besser...
      macht euch selbständig :eek:
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 17:51:11
      Beitrag Nr. 4 ()
      >Andererseits stellt sich aber auch die Frage, was ein System taugt, in dem die steigende Produktivität, in dem der technische Fortschritt dazu führt, daß sich der Lebensstan-dard der breiten Mehrheit verringert und ihre Existenzunsicherheit erhöht. <

      Mir tun ja die armen Werktätigen so leid, die durch das Kapital und sein System gezwungen werden Opel, Daimler oder BMW zu fahren, ihre Spiegelreflex gegen eine popelige 4-MB-Digicam zu tauschen und selbst in ihrem Urlaub von zuhause auf so unwirtliche Inseln wie Kanaren oder gar Malediven vertrieben werden :D
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 17:51:53
      Beitrag Nr. 5 ()
      Da stimmt vieles.

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      schrieb am 28.06.03 17:54:18
      Beitrag Nr. 6 ()
      ToraToraTora, etwa auch das Zitat ?
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:03:06
      Beitrag Nr. 7 ()
      Ist schon erstaunlich, wie dumm man sein kann:O

      Dachte immer, wir hätten etwas gelernt in der Schule, manche anscheinend nicht.

      Das Kapital ist also der Böse?

      – Die Sozialversicherung muß komplett umgebaut werden, nicht zugunsten der Allianz, sondern gegen sie.??

      – Die Steuerreform muß rückgängig gemacht werden. Dann wäre wieder Geld in den Staatskassen, um die vom Kapital arbeitslos gemachten LohnarbeiterInnen zu unter-stützen, um die Löcher in den Sozialversicherungen zu stopfen, die die vom Kapital er-zeugte Arbeitslosigkeit aufreißt oder notwendige öffentliche Investitionen zu tätigen. Nicht die Arbeitslosen sollen für die Vermehrung des Reichtums einiger weniger auf-kommen. Sondern die, die ihren Reichtum dadurch erwirtschaften, daß sie Arbeitskräf-te arbeitslos machen, sollen für die Arbeitslosen aufkommen. Besitzstände müssen ange-griffen werden, vor allem die Besitzstände derer, die lieber Milliarden auf den Finanz-märkten verspekulieren, als dazu beizutragen, daß es überall Ganztagsschulen gibt, daß Kindergärten gebührenfrei sind, daß es genügend billigen Wohnraum gibt.


      Wenn da bis jetzt kein Geld rein kam, wie denn dann bitte durch Beibehaltung dieses Systems?

      Das Kapital macht also Arbeitslose??? Hallloooo, wer ist Kapital???? Man oh man.

      Kapital bildet sich durch kaufmännisches Verhalten in Form von Arbeit und Handel.
      Es kann niemanden entlassen.

      Entlassen wird, wenn es sich nicht mehr rechnet, halt nix rumm kommt.

      Es kann daher keine Diskusion über virtuelle Zustände geben, sondern nur die arbeitsmarktlichen Zusammenhänge.


      Wo ich dem Schreiberling recht gebe, ist, das die Mindestlöhne über den Sozialleistungen liegen müssen(netto).

      Das könnten wir z.B. mit dem amerikanischen System hin kriegen, heißt: Gegebenenfalls zahlt das Arbeitsamt zum Mindestlohn auf. Immer noch besser, als arbeitslos zu sein und auch billiger, als Arbeitslose komplett zu bezahlen.

      Das ältere Menschen schwer Arbeit finden ist nicht neu. Mit Diktaten und Wunschdenken aber kriegen wir ganz sicher keine Besserung hin.(Immer mal zwischendurch sich in die Denkweise der anderen Seite, der Arbeitgeber, versetzen)
      Da geht es immer um Kosten, logisch. Wer hindert denn den Staat, mit intelligenten Mitteln hier zu lancieren? Z. B. könnte man die Lohnkostengestaltung auch etwas altersabhängig machen, um es den Betrieben schmackhaft zu machen, ältere Mitarbeiter zu halten/ein zu stellen")

      Man könnte natürlich noch etwas übers Kapital stänkern,bis es denn irgendwann mal endlich dämmert.

      Ganz nebenbei, ohne Kapital gäbe es keine AGs, entsprechend noch weniger Arbeitsplätze.

      Fazit:

      Genau umgekehrt muß es laufen, dem Kapital das Investieren hier schmackhaft machen, sonst tun es eben andere im Ausland

      Wo
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:11:05
      Beitrag Nr. 8 ()
      Ich bleib dabei: Da stimmt vieles (nicht alles).
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:14:31
      Beitrag Nr. 9 ()
      Nr 7 hat eigentlich alles gesagt.

      Wenn man ein Pferd vom Schwanz aufzäumt, kann auch einiges stimmen, aber insgesamt ist es eben einfach falsch. Und es wird nicht richtig werden, bevor man das Zaumzeug wieder abmacht und an der richtigen Stelle neu ansetzt.

      Arbeitsplätze und Sozialleistungen sind kein vorhandenes Gut, das nur verteilt werden muss. Sie müssen immer wieder neu geschaffen und bewahrt werden von Leuten, die sich davon was versprechen, die Gewinne erzielen und davon Steuern zahlen.

      Wer das verkennt, der kann gleich aufhören, nach Lösungen zu suchen.
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:24:57
      Beitrag Nr. 10 ()
      Herausgeberin:
      Linke Presse Verlags- Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt e.G.

      junge Welt erscheint in der Verlag 8. Mai GmbH.

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      Leserpost: Brigitte Topfstädt (-17).


      Vielleicht sollten wir mal de Putzfrau fragen?
      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:27:45
      Beitrag Nr. 11 ()
      @Rhum und @Xylo

      Attac ist gegen die sog. Globalisierung.

      Ihr beide habt sie (die Globalisierung) als Schicksal offenbar schon mehr oder weniger stillschweigend hingenommen und befürwortet das Ganze.

      An die sozialen Konsequenzen (Verteilungskriege) wird wenig gedacht. Es wird gnadenlos winner und loser geben, gibt es jetzt schon.
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:44:24
      Beitrag Nr. 12 ()
      @Tora

      So ist es.

      Zu den Winnern kommt man mit Sicherheit eher, wenn man den Tatsachen ins Auge sieht.

      Das soziale deutsche Gejammere interessiert nämlich den kleinen Chinesen nicht.

      Und wir müssen unsere Sozialmütze nicht weg werfen, aber wohl mal wieder etwas hoch ziehen, damit der Blick fürs Reale wieder frei wird.

      Eines gehört besonders dazu:

      Der Wille, mal wieder rein zu klotzen, damit die Einnahmen wiedert stimmen.

      Ganz sicher nicht dazu gehört der ewige Song vom Verteilen der Arbeit durch außenstehende Gewerkschafter/Regierung


      Es gibt ne Menge intelligente Möglichkeiten, etwas zu bewegen. Mit dieser Agenda 2010 ist gerade mal die erste Umdrehung des Schloss zur Öffnung der Tür mit den dahinter liegenden Maßnahmen gemacht worden.

      Der Ansatz ist größtenteils in Ordnung, es reicht nur nicht.
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:45:39
      Beitrag Nr. 13 ()
      ...sie lässt sich nicht aufhalten, im Zeitalter des Internet, des Flugverkehrs usw.
      Sie ist so selbstverständlich wie die Tatsache, dass Wasser den Berg hinabfließt und nicht hinauf.

      Und alle machen mit, wo es ihnen das Leben erleichtert. Auch die vielen attac-Jünger, von denen ich einige kenne. Die kaufen im Gegensatz zu mir bei "Dumping"-Aldi.
      Die bestellen - wie ich - im Internet bei Amazon und Co.
      Gerade habe ich gelesen, dass T-online etwas sehr großartiges anbietet: man muss sich PC-spiele nicht mehr kaufen, sondern spielt einfach das Spiel zur Miete über das Internet, solange man will. Und bezahlt dann dafür.
      Ob T-Online das jetzt in Deutschland von hier anbietet oder aus Frankreich oder aus Polen...wenn die Leute die Idee gut finden, machen sie es und der kleine Händler vor Ort verkauft weniger.
      Und so weiter. Weil der Mensch eben so ist.
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 18:57:01
      Beitrag Nr. 14 ()
      Eat the rich! :lick:
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 19:27:06
      Beitrag Nr. 15 ()
      Ein Systemfehler unseres Geldsystems


      In allen Preisen in Deutschland steckt heute durchschnittlich ein Zinsanteil von 30%



      Zu Regierung ohne Konzept (FR S. 3 vom 12. Mai)

      "Die Regierung kann auf die Einnahmeausfälle mit radikalen Kürzungen reagieren, die Steuern erhöhen, eine höhere Neuverschuldung hinnehmen oder die Kreditlinie zusätzlich ausweiten." Es scheint mir evident, dass alle diese angeblich einzig möglichen Lösungen nur vom Regen in die Traufe führen können. Unsere Staatsschulden nehmen ohnehin gegenwärtig pro Sekunde um 1332 Euro zu.
      Die Abhilfe muss an anderer Stelle liegen. Unser heutiges Geldsystem ist so konstruiert, dass der Zinsanteil am BSP dann von selber zu Lasten aller anderen Anteile zunimmt, sobald die Wirtschaftsleistung nicht mehr stetig um wenigstens 2,5 Prozent jährlich wächst, sich also innerhalb von 28 Jahren verdoppelt. Es verhält sich wie mit einem Flugzeugmotor, der nur wenn man ständig mehr Gas gibt, nicht zu stottern anfängt. Er wird natürlich irgendwann auseinanderfliegen. Durchschnittlich steckt heute in allen Preisen einschließlich der Mieten, die in der Bundesrepublik bezahlt werden, ein Zinsanteil von ca. 30 Prozent.


      Wenn man alle Haushalte Deutschlands in zehn gleich große Gruppen mit steigendem Einkommen aufteilt, haben die acht unteren Gruppen einen negativen Zinssaldo. Selbst wenn sie selber ein paar Bankzinsen bekommen, müssen sie, ohne es zu ahnen, ungleich mehr in den Preisen für die Zinsen fremder Schuldner ausgeben. Die neunte Gruppe hat einen ausgeglichenen Zinssaldo. Der positive Zinssaldo der obersten Gruppe dagegen dürfte täglich bei ungefähr 200 bis 300 Millionen Euro liegen.


      Es wäre sinnlos, Zinsen verbieten zu wollen. Sie sind der durchaus gerechte Marktpreis für den Liquiditätsvorteil des Geldes. Letzterer besteht darin, dass Geld gegenüber Waren und Leistungen, für die man Reklame-, Transport- und Durchhaltekosten hat, auf dem Markt immer privilegiert ist. Nur kommt dieser Liquiditätsvorteil nicht durch die Leistung des Geldbesitzers zustande, sondern durch die öffentliche Leistung aller derer, die Geld annehmen und weitergeben. Gegenwärtig verhindern die Zinsen zumindest, dass man das Geld als Wertaufbewahrungsmittel zu Hause hortet und es so überhaupt dem Umlauf entzieht. Damit würde ja die Wirtschaft erst recht abgedrosselt.
      Aber dasselbe Ziel einer Umlaufsicherung könnte viel eleganter dadurch erreicht werden, dass für liquides Geld eine Bereitstellungsgebühr eingerichtet würde (John Maynard Keynes schrieb von Geldhaltekosten, "Carrying costs". Dadurch würde die Privilegierung des Geldes gegenüber Waren und Leistungen aufgehoben und es würde zum neutralen Tauschmittel. Wer Kasse halten will, hätte dann für den Genuss des Liquiditätsvorteils des Geldes Kosten zu tragen; wer Geld verliehe, würde diesen Kosten entgehen, aber das verliehene Geld würde nicht von alleine auf Kosten der übrigen Wirtschaft wachsen.


      Das gegenwärtige Zinssystem sorgt übrigens auch dafür, dass alle Unternehmen, die nicht die Rentabilität des Geldes erreichen, von vornherein unterbleiben. Dadurch ist die Arbeitslosigkeit im Geldsystem selbst vorprogrammiert. Könnte eine Regierung sich nicht (vielleicht zusammen mit anderen Regierungen) auch einmal mit diesen Zusammenhängen befassen, auf die bereits vor Jahren der ehemalige bayerische Verfassungsrechtler Prof. Dieter Suhr hingewiesen hat?

      Prof. Dr. Peter Knauer SJ, Frankfurt a.M.



      Wirtschaftskrisen, Rezession und Währungs-chrashes
      sind nicht unabwendbar wie Jahreszeiten oder Naturkatastrophen,
      sondern auf Denkfehler der Politiker und Währungshüter zurückzuführen.
      Unsere Regierenden wissen zu wenig über Geldwirtschaft oder sie wissen das Falsche!!
      Davon gehe ich mal aus. Denn wenn die Herren wüßten, was sie da für eine Geldwirtschaft betreiben, dann müßte man ihnen ja kriminelle Absichten aus niedrigen Beweggründen unterstellen. Da ich aber gerne an den guten Kern von Politikern und Währungshütern glaube, gehe ich davon aus, daß sie einfach bloß keine Ahnung von Geldwirtschaft haben.

      Hier die Probleme:
      www.staatsverschuldung.de
      www.staatsverschuldung-online.de

      Und hier die Lösung:

      www.systemfehler.de
      www.Geldreform.de
      www.medienberufe.com/Politik.htm
      www.geldcrash.de
      www.23x.de
      www.subventionsberater.de/creutz/index.html
      www.goldseiten.de/ansichten/saiger-02.htm
      www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonomie/LeseProben/Page12177/page12177.html#cr128_kap1




      Alles für 0 € ..









      ;) ;) ;)
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 19:31:46
      Beitrag Nr. 16 ()
      Mein kapital investier ich dort, wo es (voraussichtlich) die höchste rendite einfährt. Ob und für wen das arbeitsplätze schafft geht mir sonstwo vorbei. Kapitalerhalt und -vermehrung für meine familie und erben ist die einzige verantwortung, die ich habe.
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 19:43:50
      Beitrag Nr. 17 ()
      #16

      Die meisten verlieren schon heute ständig Geld

      Wenn Sie an Ihr Vermögen denken, hört sich der Zinseszinseffekt noch sehr angenehm an, Sie gewinnen Geld, ohne dafür Leistung erbringen zu müssen, man läßt sein “Geld arbeiten”. Was häufig vergessen wird ist die andere Seite, die Verschuldung: Jede Mark, welche jemand als Zinsgewinn verbuchen kann, muß ein anderer als Verschuldung registrieren. Dabei wachsen die Vermögen und die Schulden jeweils um den gleichen Betrag. Wenn jemand viel Geld besitzt, hat er hohe Zinsgewinne und kann entsprechend mehr Geld anlegen, womit sein Zinsertrag im nächsten Jahr noch größer ausfällt. Auf der anderen Seite steigt die Verschuldung der breiten Bevölkerung, welche für die Zinslasten von Staat, Wirtschaft und privaten Krediten aufkommen muß.

      Es entsteht ein Umverteilungseffekt von der Bevölkerung zu wenigen Superreichen. Wenn Sie nicht gerade Multimillionär oder Milliardar sind, haben Sie durch das Zinssystem erhebliche finanzielle Nachteile zu erleiden.

      So müssen Sie zur Zeit im Jahr fast 18.000 Euro nur für die Verzinsung des Kapitals abtreten. Nur wenn Sie höhere Zinseinnahmen als 18.000 Euro im Jahr haben, gewinnen Sie beim heutigen System überhaupt. Sogar als Spitzenverdiener haben Sie durch unser System nur Nachteile, vor allem wenn Sie Ihr Vermögen im Zusammenbruch verlieren. Auch Ihr laufendes Einkommen wird zunehmend durch die Zinslasten reduziert. Man kann bei diesem System sogar von einem richtigen “Enteignungsprogramm” sprechen, bei dem Sie am Ende unter Umständen völlig mittellos dastehen werden.

      Quelle:
      www.systemfehler.de
      www.Geldreform.de
      www.medienberufe.com/Politik.htm
      www.geldcrash.de
      www.23x.de
      www.subventionsberater.de/creutz/index.html
      www.goldseiten.de/ansichten/saiger-02.htm
      www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonomie/LeseProben/Page12177/page12177.html#cr128_kap1

      ;) ;) ;)
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 20:00:25
      Beitrag Nr. 18 ()
      #16

      "Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten!" - so locken die Banken deine hart erarbeiteten Moneten in ihren Tempel.


      Wenn du zu denen gehörst, die Geld niemals arbeiten sahen, könnte dieser Text für dich interessant sein.

      Wenn du Geld schonmal hast arbeiten sehen: Uns würde ein Foto davon interessieren...


      Weiter:

      http://www.killerzins.de/


      ;) ;) ;)
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 11:28:30
      Beitrag Nr. 19 ()
      Rhum, so wie du schreiben nur Egoisten!Der beitrag von Anleger 16a ist lesenswert und zu durchdenken! So oberflächlich wie du es abtust, ist er nicht. Er betrachtet die probleme unserer Zeit! Die Vorschläge und Handlungen von Regierung und Wirtschaft der letzten 13 Jahre in D. haben doch zu keiner Verbesserung geführt! Und alles was als Lösungsschritte vorgeschlagen wird, verschlechtert unsere Situation!:confused:
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 12:35:34
      Beitrag Nr. 20 ()
      #1

      Ich kann dem Artikel in vielem zustimmen. Ich hoffe, mit Kapital meinst Du hauptsächlich die großen Firmen. Ich habe auf einem Vortrag eines Bankers (kleine Privatbank) gehört, daß die 30 DAX-Unternehmen praktisch keine Steuern zahlen. Mit einem kleinen Unternehmer würden wahrscheinlich sogar viele Arbeitslose nicht tauschen wollen.

      Zum Thema ältere Arbeitnehmer. Ich denke, es ist gerade für die Schwachen (Ältere, Behinderte) vielleicht sogar negativ, wenn sie zu sehr geschützt werden. Daher will sie keiner mehr einstellen, weil er ja befürchten muß, daß sie weniger leisten aber mehr Kosten verursachen und schlechter zu entlassen sind. Abgesehen davon, warum brauchen ältere Arbeitnehmer mehr Urlaub und mehr Gehalt als junge? Ich bin jetzt 36, habe kleine Kinder. Wenn ich mal fünfzig bin und die Kinder aus dem Haus, brauche ich weniger Geld und habe mehr Freizeit als jetzt.
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 12:41:53
      Beitrag Nr. 21 ()
      @Schachy

      Natürlich könnte ich das auch weiter ausführen und begründen.
      Ich tat es bereits des öfteren hier im Board, habe daher keine Lust mich immer zu wiederholen.

      Auch für #1 gilt, das es in unserem Sprachschatz keine Redewendung gibt, die falsches richtig macht. Will sagen, Wunschdenken at akta, Realitätserkennung her.

      und dann aber umsetzen, je länger wir damit warten, desto größer der Scherbenhaufen.

      Die Vorschläge der letzten 13 Jahre, ja da waren kaum richtige, darum mußte Kohl gehen, leider bekam Schröder den Persilschein, leider gibt die Opposition aktuell auch ein jämmerliches Bild ab.:O

      Ist schon schlimm, was hier aktuell abgeht.

      Das einzige, was mir einen Strohhalm gibt, das doch noch etwas wirtschaftliches denken vorhanden ist, ist das vorziehen der Steuerreform. Es hat den Anschein, das jetzt endlich in Berlin angekommen ist, das wir in Deutschland ein riesiges Problem haben.
      Ist aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, es lauern schon die nächsten Gefahren, diesesmal aus dem Ausland, der Export erlahmt und Fernost rüstet sich wirtschaftlich dermaßen auf, mit riesen Schritten, das es demnächst nur noch so quillt von Billigprodukten.Unser Wirtschafts Know how Vorsprung schwindet dahin, wir versperren uns zu sehr neuen Gebieten, die Asiaten haben uns teilweise schon überholt.

      Zeitgleich wird dann hier immer noch hin und her lammentiert, das ist unser deutsches Problem.

      Und wenn wir nicht zügig einen gewaltigen Schritt tätigen, wird das Problem immer größer, wir werden weiter abgehängt.:O

      Es geht kein Weg daran vorbei, das die Staatsqoute mindestens unter 40% gedrückt werden muß und gleichzeitig der Wirtschaft mehr Freiheiten eingeräumt werden müssen, Belastungen abbauen.
      Das muß nicht unbedingt zu Lasten der Arbeitnehmereinkommen gehen, im Gegenteil, die sollten einen Mindeststandard haben.

      so long
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 12:51:59
      Beitrag Nr. 22 ()
      #20 von Bäcker

      Auch mal ein Denkansatz für die älteren AN, wobei ich aber schon glaube, das niemand sich mit Einkommensrückgängen einverstanden gäbe.
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 13:02:40
      Beitrag Nr. 23 ()
      Im Wirtschaftszyklus von 1991 bis 2000 nahm die Produktivität von IndustriearbeiterInnen in Deutschland um 73,1% zu. Anders ausgedrückt: waren 1991 für die Produktion von inflationsbereinigten Werten in Höhe von z.B. 100 Mio. DM noch 500 ArbeiterInnen notwendig, so waren es 2000 nur noch 290 ArbeiterInnen. Nie zuvor in Nachkriegsdeutschland stieg die industrielle Produktivität so schnell wie in den 90er Jahren.

      In jedem Betrieb sieht man diese ungeheueren Ersparnisse an Produktions- und Entwicklungszeiten, die ungeheure Freisetzung von Arbeitskräften. In einer Station bei Opel Bochum z.B., in der der Unterboden mit den beiden Seitenteilen zusammengeheftet wird, arbeitet nach der Einführung neuer Roboter heute nur eine Arbeitskraft statt 50-60 Arbeitskräften wie noch vor sieben Jahren. Die Belegschaft ging insgesamt von 19.800 auf 10.800 zurück.

      In der westdeutschen Industrie sank die Zahl der Beschäftigten von 1991 bis 2000 um ein Viertel oder um 1,7 Millionen Arbeitskräfte. 1,4 Millionen davon waren ArbeiterInnen.

      Auch wenn ArbeiterInnen auf 20% ihres Lohns verzichtet hätten, wäre ein bedeutender Teil von ihnen überflüssig geworden. Der technische Fortschritt ist nicht in erster Linie eine Abwehrreaktion auf zu hohe Löhne. Er ist das wichtigste Angriffsmittel des Kapitals, um sich in Konkurrenz zu behaupten und seine Profitraten zu steigern.

      Da die moderne Technik vor allem unter Arbeiterinnen und Arbeitern aufräumt, sind rd. zwei Drittel der Arbeitslosen ArbeiterInnen. Arbeitslosigkeit ist vor allem ein Problem der ArbeiterInnen. Die registrierte Arbeitslosigkeit von ArbeiterInnen war im Jahr 2000 14,2%. (eigene Berechnung: beschäftigte Arbeiter offiziell 9,19 Mio. in Westdeutschland - Arbeitsmarkt 2001 a.a.O., 142; arbeitslose ArbeiterInnen 1,52 Mio. oder 62,8 % der Arbeitslosen insgesamt - ebda. S. 192). Bei den Angestellten ist die Arbeitslosenquote 6,4%. ArbeiterInnen scheinen erheblich fauler zu sein als Angestellte?

      Mit der technischen Revolution sank die gesamtwirtschaftlich aufgewandte Arbeitszeit zwischen 1991 und 2000 um fast 3 Milliarden Stunden. Die Möglichkeiten einer starken Arbeitszeitverkürzung für alle haben also erheblich zugenommen.

      Aber unter der Regie des Kapitals drückt sich der geringere Aufwand an notwendiger Arbeitszeit statt in kollektiver Arbeitszeitverkürzung in wachsender Arbeitslosigkeit aus.

      Das Kapital macht Arbeitskräfte überflüssig, weil es sie nicht mehr braucht bzw. an ihnen nicht genug verdient. Vor allem die über 50-Jährigen werden tendenziell ausgesondert und relativ immer weniger Jugendliche können dauerhaft ins Arbeitsleben eingegliedert werden. Die Eigenschaft der Ware Arbeitskraft, Kapital zu sein und Kapital vermehren zu müssen, steht der nützlichen Betätigung von Menschen mehr und mehr im Wege.

      In den 70er und 80er Jahren wurde die Arbeitszeit noch verkürzt, obwohl die Produktivität nicht so schnell stieg wie in den 90ern. In den neunziger Jahren ist es umgekehrt. Die Produktivität explodiert und die Arbeitszeit wird verlängert.

      Die durchschnittliche tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit männlicher Arbeiter ist von 1991 bis 2000 gestiegen. (Statistisches Taschenbuch 2002, 4.8) Nur die von Arbeiterinnen ist gefallen, vor allem wegen zunehmender Teilzeitarbeit. Bei beiden Angaben wird nur die Stundenzahl der vorwiegenden Erwerbstätigkeit gerechnet, nicht die Gesamtzahl der Arbeitssstunden.

      Die tatsächliche Jahresarbeitszeit einer Vollzeitkraft ist nach Angaben der IG Metall von 1991 bis 2000 von 1.604 auf 1.640 Stunden gestiegen.

      Das Kapital strebt die Wiedereinführung der 40 Stunden-Woche an, wie sie vor 20-30 Jahren üblich war. Natürlich ohne Lohnausgleich. Da das Kapital die Arbeitszeit trotz revolutionärer Produktivitätsfortschritte verlängert, lag die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf dem Höhepunkt des Aufschwungs (im Jahr 2000) zum ersten Mal in Nachkriegsdeutschland höher als im Tiefpunkt der letzten Krise (1993).

      Was für ein Blödsinn. Während die Möglichkeiten für ein leichteres Leben, für eine drastische Arbeitszeitverkürzung für alle steigen, verwendet das Kapital die Produktivität, um mehr Menschen für überflüssig zu erklären als je zuvor und dem verbleibenden Rest längere Arbeitszeiten und einen höheren Arbeitsstress aufzuzwingen. Der Druck der Arbeitslosigkeit wird vom Kapital genutzt, um die noch arbeitenden Arbeitskräfte immer mehr auszupowern.

      Dieses Problem ist für LohnarbeiterInnen eines der wichtigsten Probleme, die gelöst werden müssen. Es ist kein unabänderliches Schicksal, sondern kann von uns beeinflußt werden.

      Die Gewerkschaftsspitzen haben in den 90er Jahren den Kampf für kollektive Arbeitszeitverkürzung aufgegeben. Sie haben damit die Massenarbeitslosigkeit gefördert. Wir brauchen eine neue Offensive, die Arbeitszeit kollektiv zu verkürzen. Das muss eines unserer wichtigsten Themen sein. Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit fängt im Betrieb an.

      Das Interesse des Kapitals und seiner Hartz-Kommission dagegen ist anders. Die Arbeitslosen sollen benutzt werden, um die Stammbelegschaften mit Leiharbeit, Einstiegstarifen, befristeter Beschäftigung, Ich-Ag`s, Mini-Jobs usw. noch mehr in die Enge zu treiben. Die Mini-Jobs sollen jetzt überall möglich sein, nicht nur in privaten Haushalten. Superminister Clement will die Zahl der Leiharbeiter "mindestens verzehnfachen" (FTD 28.11.2002) D.h. statt 360.000 will er 3,6 Millionen. Das wären mehr als 10% aller LohnarbeiterInnen. Er glaubt auch zu wissen, dass die Gewerkschaften bereit sind, Tarife deutlich unterhalb des gleichen Lohns abzuschließen. Und dafür wird er gute Gründe haben. Gewerkschaften, die wie ausgelagerte, von uns bezahlte Personalabteilungen der Unternehmen handeln, haben ihren Zweck verfehlt. Es ist dringend notwendig, sich unabhängig von den Gewerkschaftsspitzen zusammenzuschließen, um dem Kapital gegen uns gerichtete Geschäfte zu erschweren statt zu erleichtern.

      Zum Thema Sozialversicherung
      Die steigende Produktivität untergräbt unter der Regie des Kapitals auch die Grundlagen der Sozialversicherungen.

      Nehmen wir die Rentenversicherung als Beispiel:

      Die Krise der Rentenversicherung ist in erster Linie eine Krise der Arbeiterrentenversicherung.

      Die Einnahmen aus den Sozialversicherungsbeiträgen zur Arbeiterrentenversicherung sind in Deutschland von 1991 bis 2000 um nicht einmal 18 Mrd. DM gestiegen. Die Ausgaben für die Arbeiterrenten aber sind im selben Zeitraum um 81 Mrd. DM gestiegen.

      Ursache: Die Industrie hat in Deutschland von 1991 bis 2000 zwei Millionen ArbeiterInnen abgebaut bzw. ein Drittel aller ArbeiterInnen. Die Zahl der Pflichtversicherten sank ebenfalls um zwei Millionen.

      Gleichzeitig stieg in der Arbeiterrentenversicherung der Rentenbestand wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Alter um 3,3 Mio.. (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Rentenversicherung in Zeitreihen, Frankfurt 2000, 143)

      Das Kapital hat als Folge gestiegener Produktivität Hunderttausende von ArbeiterInnen entlassen bzw. in die Frührente abgedrängt. Es hat sie in West- und vor allem in Ostdeutschland wie Kirschkerne (Norbert Blüm) ausgespuckt.

      Der Bund ist verpflichtet, die Löcher in den Haushalten der Rentenversicherung und auch der anderen Sozialversicherungssysteme zu stopfen. Der Staat ist der Puffer, der die von der Kapitalverwertung verursachte Krise der Sozialversicherung abfedert und mit Schulden und Kürzungen an anderer Stelle ausgleicht.

      Im Jahre 2000 mussten schon rd. 38% der Ausgaben für Renten der Arbeiterrentenversicherung vom Staat gedeckt werden. Die Summe belief sich auf sagenhafte 83 Mrd. DM.

      Auf dem Höhepunkt des letzten Aufschwungs 1991 waren es erst 24% oder 34 Mrd. DM. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Materialband Sozialbudget 2001, Bonn 2002, 59 und 71) Durch die Krise der Arbeiterrentenversicherung geraten die Staatsfinanzen selber immer mehr in die Krise.

      Das Kapital ist wie immer überzeugt davon, dass es damit nichts zu tun hat. Es sei die demographische Entwicklung, so BDI-Chef Rogowski, so der Renten-Hartz namens Rürup und so auch die Bundesregierung. "Wenn ... immer weniger Menschen in die Rentenversicherung einzahlen, weil immer weniger Kinder geboren werden, dann stellt sich die Frage: Wer soll ... die Renten der Älteren bezahlen?" (Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Die neue Rente: Solidarität mit Gewinn, Oktober 2000, 4)

      Die Arbeiterfamilien sind an der Rentenkrise selber schuld, weil sie zu wenig Kinder in die Welt setzen. Das sagen die, die immer mehr Kinder von Arbeiterfamilien gar nicht erst in die Betriebe reinlassen, die sie also daran hindern, BeitragszahlerInnen zu werden. Das sagen die, die immer mehr ArbeiterInnen daran hindern, Beitragszahler zu sein, weil sie sie in die Arbeitslosigkeit abdrängen oder in Vorruhestand, Altersteilzeit oder Rente.

      Nicht die Arbeiter verursachen die Krise der Arbeiterrentenversicherung, sondern das Kapital, das die Produktivität von immer mehr Menschen nicht mehr nutzen kann und das den Reichtum, den diese Produktivität erzeugt, nur für sich selbst und nicht für die LohnarbeiterInnen nutzen will.

      Die Studierten wollen den LohnarbeiterInnen einen Riesenbären auf die Nase binden. Der andere Bär wird vom obersten Rentenexperten Rürup im Übereinstimmung mit den Arbeitgeberverbänden präpariert. Es ist die immer längere Lebenserwartung als Ursache der Milliardenlöcher. Bloß:

      Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer von ArbeiterInnen ist von 1991 bis 2000 gerade mal um 2-3 Monate gestiegen. (VDR, ebda. 132) Und das, obwohl Hunderttausende vorzeitig in die Rente wegen Arbeitslosigkeit entlassen worden sind. Grund ist der, dass das sogenannte "Wegfallalter", also das Alter, in dem sie einfach wegfallen oder umfallen, bei männlichen Arbeitern seit 1992 fällt, besonders im Osten. Die Wiedervereinigung hat dort die Lebenszeit von männlichen Arbeitern um 2 Jahre verkürzt. (VDR 2000, 128)

      Die Angestelltenversicherung dagegen hat erheblich weniger finanzielle Probleme, obwohl die Lebenserwartung der Angestellten gestiegen ist.

      Um den Bildungsstand der herrschenden Märchenerzähler zu messen, sollte mal eine andere Art von PISA - Studie gemacht werden. Nicht die Grundrechenarten oder Lese- und Schreibfähigkeiten sollten dabei erfasst werden, sondern die Realitätsblindheit der herrschenden Klasse, die aus der Verfolgung von Profitinteressen stammt.
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 14:17:21
      Beitrag Nr. 24 ()
      Arbeitslosen-Dumping durch zwangsweise *Zeitarbeit*
      von Financial Times Deutschland am 26. Juni 2003 08:19:34:

      Arbeitslosendumping durch Zeitarbeit
      Von Matthias Lambrecht, Hamburg

      „850 Personal-Service-Agenturen drängen bis zum Jahresende mit 50.000 Arbeitskräften auf den Markt. Zeitarbeitsunternehmen fürchten einen Dumping-Wettbewerb mit der vom Arbeitsamt subventionierten Konkurrenz.
      Das Schreckgespenst der deutschen Zeitarbeitsunternehmen heißt Nadine K.: Die Arbeitskraft der 23-jährigen Bürokauffrau wurde kürzlich von einer Berliner PersonalService-Agentur zu einem Preis angeboten, der die Branche gruseln lässt: Ganze 3,26 Euro pro Stunde verlangte die Agentur, die sich ihren Kunden als "neuartiges Projekt in Kooperation mit dem Arbeitsamt" vorstellte - üblicherweise stellen Leiharbeitsfirmen für eine derartige Kraft um die 18 Euro in Rechnung.
      Noch ist Nadine K. ein Einzelfall, doch bei den Zeitarbeitsunternehmen wächst die Sorge, dass das Angebot aus Berlin bald Nachahmer finden könnte. Denn bis zum Jahresende werden 850 Personal-Service-Agenturen mit 50.000 Leiharbeitskräften auf den Markt drängen, der schon jetzt unter der schwachen Konjunktur zu leiden hat. Und die neuen Wettbewerber können mit satten Subventionen vom Arbeitsamt rechnen.

      Neue Wunderwaffe der Bundesanstalt für Arbeit
      Allein im laufenden Jahr will die Bundesanstalt für Arbeit dafür 600 Mio. Euro aufwenden - staatliche Hilfe, die den konventionellen Zeitarbeitsfirmen bei ihrer Preiskalkulation fehlt. "Wir befürchten massive Konkurrenz durch Dumping", sagt Holger Grape, von der deutschen Niederlassung des international operierenden Zeitarbeitskonzerns Randstad. Bei mittelständischen Zeitarbeitsunternehmen wie der Berliner Intertemp rechnet man schon mit dem Schlimmsten - spätestens im Winter, wenn die Nachfrage nach Leiharbeitskräften stockt und der Wettbewerb sich verschärft: "Die kleinen Zeitarbeitsunternehmen werden dann reihenweise Pleite gehen", prophezeit Intertemp-Geschäftsführer Michael Hollstein.
      Es ist die neue Wunderwaffe der Bundesanstalt für Arbeit, die die Zeitarbeitsunternehmen um ihr Geschäft bangen lässt, ersonnen vom Kanzlerberater und VW-Personalvorstand Peter Hartz. Der wollte mit Hilfe der Personal-Service-Agenturen - kurz PSA - neue Jobs für schwer vermittelbare Arbeitslose schaffen.

      Zuschlag für rund 400 PSA-Betreiber
      Seit dem Frühjahr laufen die Ausschreibungen. Zu den Bewerbern zählen neben Bildungsträgern auch Zeitarbeitsunternehmen selbst, die die neue Konkurrenz wenigstens im eigenen Haus behalten wollen. Rund 400 PSA-Betreiber haben bereits den Zuschlag bekommen. Sie sollen in den kommenden Wochen 20.000 Arbeitslose übernehmen, diese als Leiharbeiter unterbringen und - wo immer möglich - in ein festes Arbeitsverhältnis vermitteln.
      Zwischen 800 und 1200 Euro liegt das Gros der so genannten Grundbeträge, die das Arbeitsamt den PSA-Trägern pro übernommenen Arbeitslosen zukommen lässt. Die genaue Höhe der Förderung hängt von dem Gebot ab, das die Interessenten für von den örtlichen Arbeitsämtern zusammengestellte Lose abgegeben haben, in denen unterschiedliche Jobprofile zusammengefasst sind.
      In den ersten drei Monaten nach der Anstellung eines Arbeitslosen bei der PSA werden die Grundbeträge an die Agentur voll ausgezahlt, im vierten bis sechsten Monat 75 Prozent, vom siebten bis einschließlich neunten Monat die Hälfte des Betrages. Gelingt der angestrebte Übergang von der Leiharbeit in ein festes Arbeitsverhältnis, werden weitere Zuschüsse gezahlt.

      Anreiz für Preiskampf
      Dabei gilt für die PSA, ebenso wie für herkömmliche Zeitarbeitsunternehmen: Die Arbeitslosen müssen angestellt und bezahlt werden, Erlöse fließen erst bei erfolgreicher Vermittlung an ein Entleihunternehmen. Da ist der Anreiz groß, mit Hilfe der Subventionen einen Preiskampf anzuzetteln, bei dem nicht geförderte Konkurrenten nicht lange mithalten können. Denn diese müssen die Kosten der Vermittlung und das Risiko beschäftigungsfreier Zeiten verdienen und stellen ihren Kunden daher mehr als das doppelte des Bruttoverdiensts ihres Zeitarbeiters in Rechnung. Eine PSA, die für einen vergleichbaren Beschäftigten den Zuschuss des Arbeitsamtes kassiert, macht dagegen schon bei einem Bruchteil des Preises ihren Schnitt.
      Fließen sollen die Fördermillionen vom Arbeitsamt, damit zehntausende Menschen, die bislang ohne Chancen am Arbeitsmarkt sind, einen Job bekommen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: In den PSA landen überwiegend Arbeitskräfte, die auch ohne Förderung zur Klientel der Zeitarbeitsfirmen gehören würden. Mit den Subventionen wird ein Verdrängungswettbewerb zu Lasten der Beschäftigten gestartet, die ohne Zuschüsse auskommen müssen. "Das ist am Ende ein teures Nullsummenspiel", urteilt Arbeitsmarktexperte Alexander Spermann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.

      Erheblicher Aufwand
      Harald Hundeshagen ist seit Anfang Mai als Betreiber einer PSA im Geschäft. Der Zeitarbeitsunternehmer hat bei der Ausschreibung des Hamburger Arbeitsamtes mitgeboten und den Zuschlag für ein Los mit 40 Arbeitslosen bekommen. "PSA Hundeshagen" steht nun auf einem Schild im Flur der Büroetage in Hamburg-Wandsbek. 20 Ungelernte, zehn Elektriker, fünf Kfz-Schlosser und fünf Gas-Wasser-Installateure muss Hundeshagen in den kommenden Wochen anstellen. Um geeignete Mitarbeiter zu finden, sichtet er die Bewerbungen, die ihm vom Arbeitsamt vermittelt werden. "Der Aufwand, um auf 40 geeignete Bewerber zu kommen, ist erheblich. Dazu muss ich mir mindestens 80 Leute anschauen."
      Hundeshagen ist als vorsichtiger Kaufmann an einer möglichst sorgfältigen Auswahl interessiert - für den Arbeitsmarkt ist damit allerdings nicht viel gewonnen. "Die Unternehmen, die sich auf die Einrichtung einer PSA eingelassen haben, müssen betriebswirtschaftlich rechnen, wenn sie am Markt bestehen wollen", erklärt Arbeitsmarktexperte Spermann. "Deshalb picken sie sich nur die Rosinen heraus." Volkswirtschaftlich sinnvoll wäre es, eine negative Auswahl durchzusetzen - also jene in die PSA zu schicken, die das höchste Risiko haben, arbeitslos zu bleiben.

      Billigangebote machen in Berlin die Runde
      Intertemp-Geschäftsführer Hollstein hat den Zuschlag für die Vermittlung von 50 jugendlichen Arbeitslosen bekommen. Die Zuschüsse vom Arbeitsamt will er bislang vor allem für die Qualifikation seiner neuen PSA-Mitarbeiter verwenden. Doch der beginnende Preiskampf könnte ihm dazu nur wenig Raum lassen: "Bei knapp 9 Euro für eine ungelernte Hilfskraft kann ich nur den Kopf schütteln", sagt er - normalerweise würden dafür mindestens 12 Euro berechnet. Weil aber Billigangebote bereits in Berlin die Runde machen, fürchtet Hollstein, dass er sich dem Druck auf Dauer nicht entziehen kann. "Wenn gar nichts mehr geht, verkaufe auch ich über den Preis", sagt der Zeitarbeitsunternehmer. "Doch dann werden wir aus diesen Bereichen unsere regulären Beschäftigten herausnehmen müssen."
      Ein gefährliches Spiel, denn die Entleiher der Arbeitskräfte dürften sich schnell an die neuen Zeitarbeitsrabatte gewöhnen. "Wenn Sie erstmal zu Dumpingpreisen anbieten, haben Sie keine Chance mehr, zu normalen Tarifen zurückzukehren", warnt Jürgen Uhlemann, Geschäftsführer der Hamburg Zeitarbeitsfirma Jobs in Time. Für den Verhandlungsführer des Bundesverbands Zeitarbeit in den kürzlich abgeschlossenen Tarifverhandlungen ist klar: "Diese PSA werden ein Flop. Da wird ohne Not ein neues Subventionsfass geöffnet. Für die Klientel, die jetzt in den PSA ist, bräuchten wir die Zuschüsse nicht."

      Zuversicht des Experten
      SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner lässt die Kritik nicht gelten: Für ihn sind die Millionen gut angelegt, wenn man in Rechnung stellt, "was sonst für die Arbeitslosen aufgewendet würde". Und dass die PSA mit gut vermittelbaren Arbeitslosen aufgewertet würden, sei durchaus sinnvoll: "Wir brauchen den Mix verschiedener Qualifikationen", sagt Brandner, "damit die Leistung der PSA von den Unternehmen, die Leiharbeitskräfte suchen, positiv eingeschätzt wird."
      Intertemp-Geschäftsführer Hollstein kann die Zuversicht des Politikers nicht teilen. Für ihn sind Einstellungszuschüsse aller Art schlicht "Blödsinn": "Da kommt es zu 90 Prozent zu Mitnahmeeffekten", weiß der Zeitarbeitsunternehmer. "Denn man stellt eben nur ein, wenn man eine Arbeitskraft braucht." Entsprechend kurzfristig ist Hollsteins Perspektive für seine neue PSA: "Wir gehen davon aus, dass das keine lange Geschichte wird", sagt er. "In spätestens zwei Jahren ist das Ding tot."

      Mit Zuschlag
      Profil Das Arbeitsamt stellt eine Gruppe von Jobprofilen zusammen und überträgt sie der Personal-Service-Agentur (PSA).
      Auswahl Die PSA sucht aus allen Jobsuchenden des Arbeitsamtsbezirks Kräfte, die dem Qualifikationsprofil entsprechen und stellt sie ein.
      Vergütung Für die Beschäftigung oder die Vermittlung an einen festen Arbeitgeber kassiert die PSA einen Zuschuss vom Arbeitsamt.“
      Aus der FTD vom 26.6.2003
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 14:50:30
      Beitrag Nr. 25 ()
      @gjauch

      Und was folgerst Du nun daraus???:eek:

      Übrigens das Beispiel da mit Opel hinkt:

      In einer Station bei Opel Bochum z.B., in der der Unterboden mit den beiden Seitenteilen zusammengeheftet wird, arbeitet nach der Einführung neuer Roboter heute nur eine Arbeitskraft statt 50-60 Arbeitskräften wie noch vor sieben Jahren. Die Belegschaft ging insgesamt von 19.800 auf 10.800 zurück.

      Im gleichen Zeitraum nahm Opel ca 45% ab im Marktanteil, ehemals 19%, jetzt 11%. Da ist eine Personaleinsparung auch aus diesem Grund angesagt.

      Was will denn der Schreiber damit sagen? Will er das Rad der Automatisierung zurück drehen? Oder ist es einfach bla bla? Herrschende Klasse?:O

      Das die Hartz"Kiste" nicht den gewünschten Erfolg bringt, haben wir auch gleich danach gesagt. Für mich ist dieses Papier nicht zuende gedacht, eigentlich nicht nachvollziehbar von so einem Manager. Aber wer weiss denn, wie der Auftrag genau lautete? Vielleicht bekam Hartz ja Themenvorgaben, wo eben die unangenehmen ausgespart wurden?

      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 17:30:00
      Beitrag Nr. 26 ()
      @25 nun...was willst Du hören von mir ????


      Aufgrund der Automatisierung und des Abbaus der Arbeitskräfte haben wir doch die Ausfälle in der Sozialversicherung und Lohnsteuer. Was wäre, wenn Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr an die Einkommen gekoppelt werden würde, sondern an die Umsätze oder Gewinne oder wie auch immer, eben an die Profitabilität. Oder was wäre, wenn wegen DEr Automatisierung, anstatt Abschreibung auf Maschinen, diese entfallen würden oder sogar mit einer Maschinensteuer belegt werden würde, als Ausgleich für entgangene Sozialabgaben.
      Wieviele Arbeitsplätze werden gerade im Bankenbereich freigesetzt durch die Automaten...? Dass ist doch das Problem, die Automatisierung, so schön sie auch ist. Aber gerade diese macht es möglich, mit immer weniger menschlicher Arbeitskraft etwas zu erzeugen. Schon mal was von der 20:80 Gesellschaft gehört ???


      gjaauch
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 18:23:06
      Beitrag Nr. 27 ()
      #26 von gjauch

      Sozialbeiträge an Umsätze binden, revolutionär, müßte man mal durch spielen.

      Maschinensteuer/Abschreibungseinschnitte total falsch. Wir können die Globalisierung nicht aufhalten, wir sollten uns ihr stellen, der einzige Weg, zukünftig ein Wohlstandslevel zu halten, was ja wohl jeder will.

      Wie sagte Bill Gates? Jede neue Technik birgt auch neue Chancen. Hat er recht.

      Man sollte nicht alles so negativ sehen, die banken z.B. haben viele hausgemachte Probleme in den vergangenen Jahren geschaffen, deren Auswirkungen nun brutalst zu Tage kommen. Sie haben in allen dicken Pleiten die Finger drin, z.B. in USA. Warum aber wollten sie nur noch zig-Millionengeschäfte, schmissen den kleinen Mann und den Mittelstand geradezu raus??

      Jetzt liegt das Kind im Brunnen, die Großbanken machen, wie unsere Regierung, einen Zick-Zack Kurs in ihrer Umstrukturierungspolitik, werden wir sicher ganz bald sehen, wie sie sich wieder wenden wollen. Die kleineren Banken, z.B. die Genossenschaftsbanken haben erheblich weniger Probleme, hatten eben auch nicht die Großmannssucht der Großbanken und den neu geschaffenen Absatzfinanzierungsbanken geht es so gut, das sie 1/3tel des Konzerngewinns, z.B. eine VW-Bank, stellen.

      Das werden die Absatzbanken sich nicht mehr nehmen lassen, dumm gelaufen, oder "Hochmut kommt vor dem Fall"

      Wie sagte doch der Fahrholz bei der Christiansen:
      "Wir müssen das Eigenkapital des Mittelstandes stärken"..

      Gemeint war, was er aber nicht sagte und wo auch keiner der Anwesenden nach hakte: Durch Beschneidung/Kürzung der Kreditlinien wird der Anteil des Eigenkapitals prozentual größer. Einfach gedacht, katastrophal aber dazu die Auswirkungen.


      Nun hat der Mann ja seine Fähigkeit gezeigt, die Dresdner fast vor die Wand gefahren, jetzt fliegt er und bei der West-LB will ihn keiner. Oh welch ein Wunder?:eek:

      so long


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