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    Was macht jemanden zum "Deutschen"? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 30.07.03 12:10:33 von
    neuester Beitrag 20.07.04 20:30:11 von
    Beiträge: 106
    ID: 759.372
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      schrieb am 30.07.03 12:10:33
      Beitrag Nr. 1 ()
      Es war einmal in einem alten Posting in einem laaaangen Thread und dort fand ich folgende interessante Frage:

      Dass wir Deutsche (bzw. "Deutschstämmige" ) aus Siebenbürgen oder Kaschstan zurückholen (warum nicht aus Brasilien oder den USA?) ist eine Idiotie. Vielleicht kannst du mir ja erklären, was für einen Sinn unser Abstammungs-basiertes Staatsbürgerschaftsrecht (mit dem wir wirklich fast einzig in der Welt stehen) haben soll. Vielleicht weißt du ja, warum die CDU das mit Zähnen und Klauen verteidigt...

      In dem laaangen Thread hatte niemand auf diese Frage eine Antwort gefunden, doch da die Familie meiner Wenigkeit selbst aus einer Region kommt, die historisch und ungeteilt mal zum selben Land gehörte wie "Siebenbürgen", fand ich diese Frage so interessant, daß ich darauf gerne mit Beispielen antworten würde.
      Nehmen wir mal am Anfang eine Antwort von Gregor von Rezzori, den "österreichischen" Literaten und Verfasser von "exotischen" Schelmen-Stories wie "Maghrebinische Geschichten", in den 70er Jahren verfilmt vom ORF mit Fritz Muliar in den wesentlichsten Hauptrollen (natürlich nur, falls Euch die Namen "Fritz Muliar" und "ORF" noch irgendetwas sagen).
      ;)
      Gregor von Rezzori wurde wirklich so um 1994, als sein letztes Buch "Greisengemurmel" erschien, von einer blutjungen Kultur-Redakteurin in einem TV-Interview folgendes mit einem Super-"Fauxpas" gefragt:

      "Herr von Rezzori, Sie sind in Czernowitz in Rumänien geboren. Wie kam es dazu, daß Sie die deutsche Sprache so wundervoll beherrschen und mit ihren orientalisch anmutenden Geschichten so berühmt wurden?"

      Gregor von Rezzoris Hände verkrampften sich deutlich sichtbar in den Sessellehnen und sein Gesicht lief zuerst rot, dann zunehmend bläulich an.
      Immerhin konnte er sich gerade noch beherrschen und mit sanft-säuselnder Stimme antworten:

      "Leider sind Sie nicht völlig richtig informiert. Als ich 1914 in Czernowitz geboren wurde, war Czernowitz NICHT rumänisch und es ist auch heute, 1994, gerade NICHT rumänisch. Es war "nur" von 1920 bis 1944 rumänisch. Czernowitz war damals im Jahre 1914 die Hauptstadt eines österreichischen Herzogtums innerhalb der Vielvölker-Donaumonarchie; der am weitesten östlich gelegenen Provinz der österreichischen Reichshälfte, um genau zu sein. Damals war es eine österreichische Stadt, in der Österreicher, Deutsche und deutschsprachige Juden die Führungsschicht darstellten. Deutsch war die Sprache der gebildeten Schichten, egal, ob es sich dabei um Österreicher, Ruthenen, Ukrainer, Rumänen, Polen oder Russen handelte. Dieses österreichische Herzogtum Bukowina hatte damals ein eigenes Mehrkammernparlament mit den im Land beteiligten Minderheiten und die Sprache im Parlament war Deutsch.
      Als ich ein Kind war, blieb es noch bei Deutsch als Verkehrssprache zwischen allen Minderheiten in der Bukowina und niemand hätte sich bei meiner Geburt vorstellen können, daß Czernowitz eines Tages nicht mehr "österreichisch", sondern abwechselnd rumänisch, sowjetisch, rumänisch, sowjetisch-russisch und aktuell gerade ukrainisch werden würde.
      Es wäre schön, wenn die Westeuropäer in ihren seit zwei Jahrhunderten gefestigten Nationalgrenzen zur Kenntnis nehmen könnten, daß fast alle osteuropäischen Grenzen erst in den letzten 75 Jahren entstanden sind und alte inselhafte Siedlungsgebiete von Völkern wie Ungarn, Deutschen oder Polen erst durch die Grenzziehungen des 20. Jahrhunderts in sogenannten "homogene Nationalstaaten" eingemeindet wurden.
      Die etwa 1,7 Millionen Ungarn in Rumänien wurden erst durch den Frieden nach dem Ersten Weltkrieg zu "rumänischen" Staatsbürgern und wollten dabei doch nie etwas anderes sein als Ungarn. Die Siebenbürger Sachsen in Rumänien waren bis 1918 eine "deutsche" Minderheit in Ungarn und wollten nie etwas anderes sein als deutschsprachige Siebenbürger Sachsen. Erst mit der Ausdehnung Rumäniens 1920 nach Westen wurden sie zu "rumänischen Staatsbürgern".
      Bei mir ist das noch ganz anders, denn obwohl ich 1914 in Czernowitz geboren bin, war ich von Geburt an "Österreicher" und sprach nie eine andere Sprache so hervorragend wie Deutsch. Deshalb betrachte ich Deutsch als meine Muttersprache und mich als Weltbürger aus Czernowitz.
      Ist Ihre Frage damit vielleicht vorläufig beantwortet?"

      Persönliche Fortsetzung mit anderen Beispielen folgt (bei nächster Gelegenheit) ...
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 12:35:35
      Beitrag Nr. 2 ()
      Noch vielleicht ein kleines "Land-Kärtchen" von 1914 zur Verdeutlichung?
      Irgendwie konnte man das auch mal größer anzeigen lassen, aber ich hab`s gerade vergessen.
      Die Bukowina ist der ganz kleine Bereich in der Region nach oben rechts mit dem kleinsten "Torten-Diagramm" darin.
      Diese Karte "Österreich-Ungarn" stammt aus dem "dtv-Atlas zur Weltgeschichte", Band 2:
      http://de.f1.pg.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/vwp?.dir=/RO-Ka…
      In roter Farbe habe ich übrigens versucht, die aktuellen Grenzen nachzuzeichnen.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 12:42:33
      Beitrag Nr. 3 ()
      Hm, irgendwas hier funktioniert nicht, aber ich versuch`s nochmal. Wenn`s dann auch nicht geht, tut`s mir leid.
      http://de.f1.pg.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/vwp?.dir=/RO-Ka…
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 12:46:39
      Beitrag Nr. 4 ()
      @Auryn,
      war selbst vor 2 Jahren in der Bukowina und hab dort mit einigen "Deutschstämmigen" und auch solchen jüdischer Abstammung gesprochen.
      Unisono wußten alle Bescheid, welche Leistungen Ihnen in Deutschland zustehen würden( Sozialhilfe, Wohnung usw.)
      Ansonsten hat man uns verflucht(teils zu Recht natürlich) für die Greuel aus der NS-Zeit. Der 2. Weltkrieg ist dort noch immer ein Thema, auch bei Studenten und Jugendlichen.
      Es wird allerdings viel für Völkerverständigung getan, weniger von deutscher Seite als von den Österreichern. Wohl noch auss der Monarchie übriggeblieben, zumindest einige schöne Bauten aus der Zeit erinnern daran.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 12:50:48
      Beitrag Nr. 5 ()
      "Was macht uns zu einem Deutschen..."

      Jeder der ein Gefühl für dieses Land entwickelt, das sich ähnlich verhält als zur Mutter.

      Verantwortlichkeit, Sentimentalität aber auch die Geborgenheit die das Land bieten kann, zudem man sich hingezogen fühlt aus der Ferne, aber auch aus der Nähe.

      Ein Deutscher wird aufbegehren, wenn er sieht, daß entweder die eigene Regierung, oder auch ein Volksstamm versucht, das Land auszurauben.

      Er wird sich wehren(mit Worten)später mit Taten gegen fortwährendes Unrecht, das ausgerichtet ist, den Wohlstand und den Reichtum des Landes auszuhöhlen.

      Deutscher ist, wer in diesem und in keinem anderen Land sonst begraben sein möchte. Er leidet, wenn es in seinem Land schlecht läuft, er freut sich, wenn dieses, sein Land prosperiert und gedeiht.

      Das ist ein Deutscher. Das können Kasachen sein, die geradeerst 1 Jahr im Lande sind, Italiener, die seit 30 Jahren hier arbeiten und dieses Land lieben.

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      Avatar
      schrieb am 30.07.03 12:55:47
      Beitrag Nr. 6 ()
      Schinderluder,
      dann gibts wohl weniger Deutsche als ich angenommen hab.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:00:44
      Beitrag Nr. 7 ()
      hallo AURYN,

      um gotteswillen, wie kannst du denn solche ein thema anschneiden.:) in zeiten der selbstzerfleischung und des nationalmasochismusses. viele von den lesern, leben nur in den tag hinein. bewundern solche länder wie die usa, oder frankreich und england. ersteres wegen der angeblichen freiheiten und der unbegrenzten möglichkeiten, die aber genau das gegenteil darstellen. frankreich wegen der "ausländerfreundlichkeit" und auch das ehemalige empire wegen der "internationalen" bevölkerung. kein wunder, denn beides waren kolonialmächte, mit allem was dazu gehört,(blutgetränkte bodenschätze etc.). aber diese länder stehen wenigstens zu ihrer historie, sie müssen afrikaner und inder auch im mutterland eintritt gewähren.


      deutschlands beispiel ist anders. eine faktum ist, daß es kriege gab in europa, wegen der bevölkerungszersplitterung, willkürlicher grenzziehung etc. insbesondere bei den deutschen. das sollte dann, nach dem zweiten weltkrieg durch
      die massive vertreibung der deutschen, aus ihren bis zu 800 jahre alten siedlungsgebieten passieren.
      das ist aber ein tabu-thema. siehe die haltung der tschechen zur sudetenfrage. keine entschuldigung für die unmenschliche vertreibung, aber sie werden in die eu aufgenommen. die russen haben eine hauptschuld, an dieser vertreibungsmaschinerie nach dem 2. weltkrieg. darüber spricht keiner mehr. denn indem sie den deutschen schlesien etc. wegnahmen, siedelten sie kurzerhand unschuldige polen in diesen gebieten an. die russen selbst zogen willkürlich eine künstliche grenze, durch polnisches gebiet östlich brests.

      eine unendlich geschichte.......bei dem obenangführten satz, ging es wohl darum, das in den aussiedlern aus russland, rein äußerlich keine mitteleuropäer erkennbar sind, sowie die sprache mehr der russischen als der deutschen gleicht.


      ##################################################

      gruß
      proxi
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:01:29
      Beitrag Nr. 8 ()
      "Was macht uns zu einem Deutschen..."

      Wenn "Rusisch-Mann" einen Schäferhund hat,
      hat er es schon fast geschafft!!

      Der Hund könnte ein "deutscher Schäferhund" sein!


      CU
      SexyHexy
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:03:23
      Beitrag Nr. 9 ()
      Es ist aber so,- leider. Nur solche Gefühle schweißen zusammen. Mir ist jeglicher "Nationalstolz" zuwider und suspekt, da er nur die "Oberflächlichen" bedient. Assoziale und Haie bezeichnen sich als Deutsche ohne Verantwortung für dieses Land. Das waren und sind in meinen Augen keine Deutschen, das sind "Grenzgänger ohne Liebe".

      "Familienlose umherziehende Brandschatzer"

      Es ist die Liebe, nicht der Stolz zu dem Land seiner Wahl, die einen Deutschen zum Deutschen macht.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:05:02
      Beitrag Nr. 10 ()
      Noch ein historischer "Deutscher" aus "Siebenbürgen":
      Ein Mann namens Hermann Oberth war 1894 in Mediasch in Zentral-Siebenbürgen in einer deutschsprachigen Familie geboren und hat meines Wissens später in einer weitgehend deutschsprachigen Stadt namens Hermannstadt in (Österreich-)Ungarn (noch später "Sibiu" in Rumänien) ein deutsches Gymnasium besucht und ein deutsches Abitur gemacht. Mit diesem Abitur studierte er dann später in einer "reichsdeutschen Stadt" namens Heidelberg, wo er sofort zum Studium zugelassen wurde, da er keine Sprache so vollkommen beherrschte wie Deutsch und ja aus einer "deutschen Region" in Osteuropa kam. Sein bahnbrechendes Buch "Die Rakete zu den Planetenräumen" (1923) entstand fast komplett im damals noch reichen Siebenbürgen, wurde dann von der technischen Fakultät in Heidelberg von den dortigen Professoren aber wegen seiner "unrealistischen Phantastereien" als Doktorarbeit abgelehnt.
      Andererseits fiel dieses Buch aber irgendwie einem jungen "preußisch-landadligen" Mann namens Wernher von Braun in Pommern in die Hände, der nach dessen Lektüre von der Idee besessen war, solche Raketen zu bauen. Das tat er dann auch - zuerst für die deutsche Wehrmacht und für Hitler; später für die NASA, für die er die Saturn V - Rakete entwickelte, die 1969 zur Mondlandung führte.
      Was könnte einen Mann wie Hermann Oberth wohl zum Deutschen gemacht haben, der 1914 zum Studium in Heidelberg zugelassen war?
      Heute hätte der Mann wahrscheinlich gar keine Chance mehr, noch als "Deutscher" in Heidelberg "durchzugehen", weil seine Familie vermutlich entweder schon in Deutschland leben würde oder nicht mehr zuziehen dürfte, da sein Verwandtschaftsgrad vermutlich nicht mehr für die "Familienzusammenführung" ausreichen würde.

      Übrigens erwähnt Egon Erwin Kisch (falls der Name hier jemandem irgendetwas sagt) 1923 in einer seiner Reportagen (in "Nichts ist erregender als die Wahrheit" ) aus den USA, daß die Nachricht einer guten Getreide-Ernte in den "deutschen Gebieten Siebenbürgens, Schlesiens und Pommerns" an der Rohstoffbörse in Chicago zu einem Fallen der Kurse geführt hat, was ihn - Kisch - als Sozialisten sehr geärgert hat, weil er dadurch seine Ansichten bestätigt sah, daß "Börsianer" Menschen ohne Moral seien, da eigentlich "gute Nachrichten" für sie immer "schlechte Börsen-Nachrichten" seien.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:06:47
      Beitrag Nr. 11 ()
      @Ayrun Du solltest hier nicht nur "kopieren und Zitieren" sondern mal selbst definieren.:(
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:07:34
      Beitrag Nr. 12 ()
      Danke Auryn für diese schöne Geschichte, die ich (im Gegensatz zu den Maghrebinische Geschichten) nicht kannte.

      Das Problem sehe ich der Fiktion des Nationstaates im 19. Jahrhundert, die dann ja zu der Schaffung des (klein-)deutschen Reiches durch Bismarck führte. Österreich (oder besser Kakanien) hatte als Gegenentwurf zum Nationalstaat da keinen Platz. Dies hätte sich theoretisch 1918 ändern können, als Österreich auf den deutschsprachigen Teil (oder besser gesagt, auf einen Teil davon) reduziert ein deutscher Staat geworden war. Aus gutem Grunde wurde dies aber von den Nachbarn bis 1938 verhindert. Nach dem zweiten Weltkrieg war es (aus noch besserem Grunde) so tabuisiert, dass man Österreich nicht einmal als "deutschen Staat" bezeichnen durfte. Dazu eine kleine Story aus eigener Erfahrung:

      Auf einer Tagung Mitte der 80er Jahre in Westdeutschland saß eine kleine Runde (bestehend aus ca. 4 Westdeutschen, einem Österreichen, ein paar Amis, Franzosen, Italiener und einem Teilnehmer aus der DDR) zusammen. Irgendwer brachte die Frage auf, warum es für Wissenschaftler aus der DDR so schwierig sei, an Tagungen in Westdeutschland teilzunehmen. Der DDR-Bürger erklärte dann, u.a. wegen des westdeutschen Alleinvertretungsanspruchs (man bekam ja z.B. auf Wunsch sofort einen BRD-Personalausweis), mit Österreich gebe es viel weniger Probleme. Als ich sagte, die Österreiche hätten sich ja schon lange damit abgefunden, dass es drei deutsche Staaten gebe, schauten mich die Teilnehmer aus der BRD entsetzt an: Sie glaubten, ich wollte West-Berlin zum dritten deutschen Staat erklären!

      Was ich sagen will: Die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturraum hat m.E. nichts mit der Staatsangehörigkeit zu tun. Selbstverständlich kann jemand, der deutschsprachig ist, sich leichter in Deutschland (oder genauer, weil "Deutschland" immer noch einen Alleinvertretungsanspruch beinhaltet, in der Bundesrepublik Deutschland) oder in Österreich integrieren; zwischen D und Ö und der deutschsprachigen Schweiz hat es ja auch immer mehr Migration gegeben als etwa zwischen D und F.

      Dank der EU spielt dies innerhalb derselben kaum noch eine Rolle. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der nur mühsam zusammengehaltene Vielvölkerstaat GB innerhalb der EU irgendwann mal in die "Nationen" (mit eigenen Fußball-"National"-Mannschaften) England, Schottland, Wales und (Nord-)Irland zerfällt.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:14:20
      Beitrag Nr. 13 ()
      Und jetzt komme ich gleich mal zu einem geradezu blasphemisch-provokanten Vergleich zwischen Siebenbürger Sachsen und Juden, weil es tatsächlich mal folgenden "wundervollen Satz" vom "Genie der Karpaten, das selbst der Sonne trotzte", nämlich von Diktator Nicolae Ceausescu gab:

      "Rumänien ist ein glückliches und reiches Land, denn es kann der Welt Öl, Juden und Deutsche verkaufen!"
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:15:22
      Beitrag Nr. 14 ()
      Ich freue mich, dass die diskussion zu diesem heiklen thema bisher erfreulich sachlich abläuft :)

      Mit Schinderluders Interpretation des Deutschseins kann ich mich ganz gut anfreunden.;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:24:14
      Beitrag Nr. 15 ()
      Anscheinend stößt das Thema (ja, Punk, auch ich hielt es für sehr heikel) doch auf mehr Interesse, als es in dem "laaaangen Thread" schien, wo meine Frage eben nicht beantwortet wurde (sie hatte dort einen konkreten Bezug, war dort aber ansonsten "off-topic" ).

      Vieleicht noch eine kleine Anekdote:

      Vor etlichen Jahren wurde in der Presse über das mangelnde oder gestörte Nationalbewusstsein der deutschen Jugend geklagt. Ich fragte daraufhin meinen damals 18jährigen Sohn, wie er sich als Deutscher fühle. Die Antwort war überraschend: "Ich fühle mich eigentlich als Rheinländer und als Europäer".
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:27:05
      Beitrag Nr. 16 ()
      Auryn,

      mal wieder ein schöner Thread von Dir; das Thema ist ja unendlich ergiebig ;) ...

      Zwei Sätze von Schinderluder finde ich schon ganz konsensfähig und zutreffend:

      Deutscher ist

      Jeder der ein Gefühl für dieses Land entwickelt, das sich ähnlich verhält als zur Mutter.

      und

      Verantwortlichkeit, Sentimentalität aber auch die Geborgenheit die das Land bieten kann, zudem man sich hingezogen fühlt aus der Ferne, aber auch aus der Nähe.

      spürt.

      Gruß Vicco
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:32:04
      Beitrag Nr. 17 ()
      Das Thema, wer ist Deutscher, ist auch deshalb so kompliziert, weil z.B. Österreicher für sich festgestellt haben, sie seien keine Deutschen - Punkt. Das ist dann ein gewisses Problem für Deutsche aus Rumänien, die eigentlich der historischen Linie folgend eher nach Österreich ins Mutterland zurückkehrten. Warum also wollen die nach Deutschland? Weil Deutschland sie noch als Deutsche akzeptiert und Deutschland auch den nationalen Begriff noch verteidigt. Österreich hingegen hat keine Auslandsösterreicher "heimzuholen" - für die Rumänen, Ukrainer und anderen sind die Menschen, die deutsch sprechen, Deutsche - und niemals vielleicht Österreicher - ebenfalls Punkt. ;)

      Die moralische Pflicht für uns, die Auslandsdeutschen in Osteuropa heimzuholen, besteht übrigens darin, daß sie in ihrer gegenwärtigen Heimat als Deutsche einer gewissen Diskriminierung unterlagen. Wären sie assimiliert worden, stellte sich das Problem der Aussiedler ja auch nicht. Und Menschen, die wegen ihres "Deutsch-seins" Nachteile erlitten, die kann man schlecht vom kulturellen Heimatland weg verweisen, wenn sie hier wieder anklopfen. Bei unserer wechselvollen Vergangenheit und den vielen Grenzänderungen empfindet man es vielleicht erheblich stärker als in Einwanderungsnationen, daß eine Abstammungsnationalität hier für Deutsche angemessener ist, als einer Territorialitätsnationalität, wie sie in den USA, Australien und selbst Frankreich gilt. Vielleicht braucht es noch mindestens eine Generation, bis wir unsere Nationalität nach Abstammung aufgeben können und das tun, was manche schon Jahrzehnten etwas naiv fordern: wie in vielen anderen Ländern auch nur noch als Deutsche gelten zu lassen, die in Deutschland geboren wurden.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:45:57
      Beitrag Nr. 18 ()
      Das "eindeutschen" ist der größte Unsinn des Jahrhunderts!

      Ein Deutscher(der das auch sein möchte) hat in seinem Ursprungsland längst einen Deutschkurs gemacht und,- wenn er kommt, freut er sich "zuhause" angekommen zu sein. Er wird sich auch sofort aufmachen, eine Arbeit anzunehemen.

      Er wird für dieses Land buckeln und bluten und er wird mitsprechen wollen. An uns liegt es solchen Menschen den "Rücken zu stärken", sie einzuladen und Ihnen das Gefühl, aber auch die Gewißheit zu geben, mit "an der Tafel zu sitzen"!

      Die "GRÜNEN" hier werden das nie verstehen! Sie werden weiterhin auf Multikulti pochen, in der Hoffnung jegliches Nationalgefühl im Keim zu ersticken.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:47:05
      Beitrag Nr. 19 ()
      "Die moralische Pflicht für uns, die Auslandsdeutschen in Osteuropa heimzuholen, besteht übrigens darin, daß sie in ihrer gegenwärtigen Heimat als Deutsche einer gewissen Diskriminierung unterlagen."


      Im echten Leben stellt sich immer die Frage, wer trägt das Risiko?, wenn einer gehandelt hat.

      Für die Vorfahren der deutschen Minderheiten, die vor Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten in die Fremde zogen, war klar, daß sie damit das Risiko in der neuen Umgebung nicht assimiliert zu werden, eingehen.
      Kommt dann auch der Wille sich sprachlich nicht anpassen zu wollen hinzu, ist fraglich bis in welche Generation hinein ein Anspruch auf Umkehr der von den Vorfahren getroffenen Entscheidung bestehen sollte.

      Oder sind wir nicht alle ein bisschen deutsch.......? ;)


      maeusefaenger :D :D
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:48:46
      Beitrag Nr. 20 ()
      @ for4zim

      Wieso beziehst du diese "Pflicht" nur auf Deutsche aus Osteuropa und auf solche aus den USA oder Brasilien? Dort sind auch längst nicht alle assimiliert...
      Warum hat Österreich diese "Pflicht" nicht?

      Die Österreicher haben keineswegs festgestellt, sie seien keine "Deutschen". Sie wollen (und sollen) nur nicht zur "Bundesrepublik Deutschland" gehören. Dieses Problem liegt allein in der Vermengung des kulturellen Begriffs (der mindestens noch die Österreicher und Deutsch-Schweizer einschließt) mit dem staatlichen. Dieses Missverständnis wurde durch den "Alleinvertretungsanspruch" der Nachkriegs-BRD noch verschärft. Das (klein-)Deutsche Reich Bismarcks (auf das wir uns berufen) ist nicht einmal 70 Jahre alt geworden (genau hat es von 1871 bis 1938 existiert).
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:49:56
      Beitrag Nr. 21 ()
      ...zwei Pässe in der Tasche....(Du kannst nicht 2 Herren gleichzeitig dienen)
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 13:50:09
      Beitrag Nr. 22 ()
      Als einleitendes Beispiel wähle ich Jurek Becker (oder auch Leute im Kulturbetrieb wie z.B. Marcel Reich-Ranicki), die zwar nichts mit Siebenbürgen oder Rumänien zu tun haben, aber deutsche Staatsbürger sind bzw. im Falle von Jurek Becker leider "war"", obwohl sie als Juden nicht auf dem heutigen Staatsgebiet von Deutschland geboren wurden.
      Der Zusammenhang wird gleich klarer werden.

      Jurek Becker, der von mir übrigens sehr bewunderte (Drehbuch)-Autor von "Jakob, der Lügner" und der TV-Serie "Liebling Kreuzberg", sagte mal in einem Interview auf die Frage, warum seine Familie aus Polen nach Deutschland kam (ich glaube so um 1948):

      "Natürlich habe ich meinen Vater damals in Polen gefragt: Papa, bist du denn meschugge? Warum willst Du denn jetzt aus Polen nach Deutschland auswandern? Noch vor ein paar Jahren haben die Deutschen uns Juden in Auschwitz ermordet und jetzt willst Du genau dahin, wo die herkamen? Warum denn nicht nach Frankreich oder nach Israel?
      Seine Antwort war: `Nicht alle Deutschen sind Judenhasser oder Mörder gewesen und Deutschland war mal eine Wiege der literarischen Kultur in Europa. Außerdem hat Deutschland jetzt den großen Vorteil, daß der Rassenwahn der Regierung zusammen mit ihrem Nazismus das deutsche Volk ruiniert hat.
      Der Antisemitismus in Deutschland wird lange Zeit nicht mehr so stark werden wie in anderen Ländern wie hier in Polen, wo in Kielce im Krieg Juden von Polen erschlagen wurden oder in Rußland oder vielleicht auch in Frankreich.
      Und nach Israel will ich nicht mit meinen Kindern gehen, weil ich Euch nicht vor den Nazis zu retten versucht habe, um Euch jetzt in den vermutlich kommenden Kriegen um Israel zu verlieren. Wenn Ihr nach Israel wollt, hindere ich Euch nicht, aber es wird dort vermutlich Krieg geben. In Deutschland ist er gerade vorbei.
      Hier in Polen dagegen fangen die polnischen Kommunisten jetzt gerade an, ihre eigenen Leute einzusprerren, wenn sie keine 100prozentigen Stalinisten sind oder sie sogar nach Rußland zu deportieren. Das hier wird noch lange eine Diktatur nach russischem Muster sein, während Deutschland eine Demokratie sein wird. Deshalb rate ich Euch, mir nach Deutschland zu folgen.`
      Mein Vater hatte wohl recht", sagte Jurek Becker schließlich im Interview.

      So weit, so gut. Und wo ist jetzt die Parallele zu den Siebenbürger Sachsen?
      Nun, Leute wie Jurek Becker oder Reich-Ranicki wurden insbesondere von Deutschland als Staatsbürger aufgenommen, weil sie unter der Verfolgung durch Deutsche im Zweiten Weltkrieg gelitten hatten, weil deutsche Nazis ALLE Juden verfolgten und diese Juden dennoch Hoffnung in die deutsche Zukunft setzten.
      Siebenbürger Sachsen wurden seit 1944 bis in die 60er Jahre verfolgt, entrechtet und unterdrückt, weil sie ALLE von der Roten Armee und den rumänischen Kommunisten als "Hitleristen" und Nazis verdächtigt wurden, obwohl es in Siebenbürgen kaum mehr "Nazis" gegeben haben dürfte als beispielsweise in Österreich.
      Die gesamte arbeitsfähige deutschsprachige Bevölkerung Rumäniens (ca. 80.000 Frauen und Männer zwischen 17 und 55 Jahren), die nicht flüchten konnte, wurde schon 1944 nach der Invasion der Roten Armee zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Davon kamen ca. 15 Prozent in der Sowjetunion ums Leben.
      Und die Parallele zu den Juden ist doppelter Art:
      Erstens kann Deutschland aus historischen Gründen bei beiden nicht sagen, daß wir damit absolut nichts mehr zu tun haben.
      Zweitens war die Art der Unterdrückung der Deutschen UND Juden in Rumänien nach 1945 solcherart, daß sowohl sehr viele Juden als auch noch mehr Deutsche jahrzehntelang Ausreise-Anträge nach Israel bzw. Deutschland gestellt haben ohne daß sie genehmigt wurden.
      Die Ausreisen von Deutschen und Juden aus Rumänien kamen erst in Fahrt, als Deutschland und Israel gleichermaßen "Kopfgeld" an Ceausescus Rumänien zahlten, um ihre jeweiligen "Volksangehörigen" freizukaufen. Die Idee dazu stammte angeblich von Ceausescu selbst und erklärt dann auch seinen tollen Satz:
      "Rumänien ist ein reiches und glückliches Land, denn es kann der Welt Öl, Juden und Deutsche verkaufen!"

      Tja, und weil wir mit unserer tollen deutschen Geschichte leider nicht sagen können, daß wir mit dem Leiden der Siebenbürger Sachsen nach 1945 nichts zu tun hätten, die von kommunistischen Regierungen (nicht von der Bevölkerung!) verfolgt wurden, nur weil sie als "Deutsche" angesehen wurden, darum "mußte" Deutschland die Siebenbürger Sachsen aufnehmen, wenn sie ausreisen wollten.
      Das ist meine Meinung!
      Zufrieden?
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:02:18
      Beitrag Nr. 23 ()
      @ auryn

      Das ist ein ganz anderer Punkt, der nicht viel mit dem Staatsangehörigkeitsrecht zu tun hat.
      Nach den Gräueln des allein von von Deutschland (ob Österreich sich da zu Recht unbeteiligt fühlt, lasse ich mal dahingestellt) zu verantwortenden 2. Weltkriegs ergibt sich eine moralische Verpflichtung, Verfolgte aufzunehmen - insbesondere aus Europa. Da stimme ich dir zu.
      Dies kann aber nicht als Begründung dienen für unser in der Welt einzigartiges Staatsbürgerschaftsrecht, das auf die Abstammung abzielt statt auf den Wohnort.

      Fast überall sonst ist jemand mehr oder weniger automatisch Staatsbürger des Landes in dem er geboren wird. In vielen Ländern kann er (oder die Eltern) dies nicht einmal verweigern.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:12:30
      Beitrag Nr. 24 ()
      rv, das Staatsbürgersystem Deutschlands ist nicht so einzigartig. Ein abstammungsbegründetes Staatsbürgerrecht gibt es in den Staaten der GUS z.B. Es wird dort wichtig, wo die Staatsterritorien sich ändern, wie Auryn ja an vielen Beispielen belegt. Die Deustchen in den USA oder Brasilien wandern hingegen bei mittlerweile gefestigten Grenzen und gewollt in eine andere Kultur hinein. Nach Rußland oder in verscheidene Teile des Habsburgerreiches ging man damals noch als Deutscher bei Beibehaltung seiner Kultur. Sollten Deutsche in den USA mal rein hypothetisch als Deustche diskriminiert werden, stellte sich für uns sogar die Frage, ob man denen nicht auch wieder die Option der Rückkehr in die eigene Heimat ermöglichen müßte. Zum Glück stellt sich die Frage praktisch nicht. Es geht also nur um die ehemaligen deutschen Ostgebiete, das ehemalige k.u.k.-Gebiet, deren "Altlasten" jetzt Deutschland übernommen hat, und das GUS-Gebiet, wo die deutschen Siedlungsgebiete im zweiten Weltkrieg aufgelöst wurden, alles unstrittig Fälle, wo Deutschland (oder Österreich - stört die aber weniger) Verantwortung für diese Menschen tragen. Das wird hier im Land gerne vergessen. In Österreich noch mehr, wo es ja sehr bequem war, als das erste Opfer Nazideutschlands zu gelten statt als die willigsten Lieferanten von KZ-Personal.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:19:42
      Beitrag Nr. 25 ()
      @ rv:
      Im Prinzip magst Du recht haben, aber Du hattest auch verallgemeinernd nur von "Siebenbürgen" oder "Siebenbürger Sachsen" gesprochen, die man wohl nicht automatisch als "Deutsche" hätte betrachten sollen.
      Zumindest interpretiere ich Deine frühere Aussage immer noch so.
      Wenn allerdings gerade diese "Siebenbürger Sachsen" verfolgt wurden, weil sie von Sowjets und rumänischen Kommunisten in ihrer Gesamtheit als "Deutsche & Hitleristen" betrachtet wurden, dann war dies für mich ein hinreichender Grund, sie notfalls auch "alle" als Deutsche in Deutschland aufzunehmen.
      Ich selbst habe mit alten Siebenbürger Sachsen über die deutsche Aufnahmepolitik gesprochen und von einer alten Frau mal folgendes gehört:
      "Es ist schon irgendwie komisch oder besser gesagt, es ist bitter: Als mich die Russen zur Zwangsarbeit in die Ukraine deportiert haben, reichte denen mein deutscher Name, um mich zu deportieren. Für die Ausreise nach Deutschland mußte ich erst mal den deutschen Behörden in Deutschland beweisen, daß ich 1944 Deutsche war und als Deutsche deportiert worden war."

      Zum Vergleich: Israel beispielsweise nahm ohne größere Probleme fast alle Juden aus Rumänien auf, die in den jeweiligen Orten als Juden gemeldet waren und bezahlte unter Ceausescu ebenfalls wie Deutschland Kopfgeld für "seine" Ausreisewilligen.

      Im Falle der "Deutschen und Juden" aus Rußland haben übrigens Israel und Deutschland im Moment ähnliche Probleme mit Mißbrauchsversuchen durch russische Kriminelle, die sich durch ihre Ausreiseanträge der Justizverfolgung in Rußland entziehen wollen.
      In Israel ist dafür sogar eine Sonderpolizei gegründet worden, die Lebenslauf-Fälschungen bei angeblichen russischen "Juden" überprüfen soll.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:33:55
      Beitrag Nr. 26 ()
      Bezüglich Posting # 24 von "for4zim" noch eine Anmerkung:
      Genau das mit dem Selbstverständnis ist ein sehr wichtiger Punkt der "Deutschen in Osteuropa".
      Diese wurden von ihren frühen Gastländern ausdrücklich als "Deutsche" angeworben und ihnen wurden in ihrer Gesamtheit bei ihrer Ansiedlung "ewige Privilegien" durch die jeweiligen Herrscher verliehen, z.B. im ausgehenden Mittelalter durch die ungarischen Könige, die die "Saxones" (nur wg. des Ottonischen Herrschergeschlechts aus Sachsen so genannt, ansonsten eher von Moselfranken und Schwaben stammend) als Facharbeiter und Wehrbauern ansiedelten.
      Warum sollte sich durch die Jahrhunderte jemand, dem wegen seines deutschen Ursprungs Privilegien und Sonderrechte verliehen wurden, jemals als etwas anderes fühlen denn als "Deutscher"? Viele dieser Privilegien waren mit Unterbrechungen tatsächlich über 500 Jahre gültig.
      Du warst über Jahrhunderte hinweg als "Siebenbürger Sachse" ganz automatisch ein privilegierter deutschsprachiger Mensch in der ständischen Vielvölker-Gesellschaft Österreich-Ungarns.
      Jede Hochzeit mit Ungarn oder Rumänen konnte in Siebenbürgen von den "Sachsen" schon als sozialer Abstieg betrachtet werden.
      Warum sollten sich also "Siebenbürger Sachsen" auch nach 700 Jahren nicht mehr als "zur deutschen Kultur" gehörig betrachten?
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:47:39
      Beitrag Nr. 27 ()
      Und dann habe ich übrigens noch irgendwo mal eine Statistik gesehen, wonach sich keine "deutsche Volksgruppe" aus Osteuropa so vollkommen in Deutschland zu integrieren vermag wie gerade die "Siebenbürger Sachsen". Sie kommen zumeist noch aus intakten und relativ kleinen Familien, in denen Deutsch die Muttersprache und die Unterrichtssprache in den eigenen Schulen war. Die Kriminalität unter siebenbürgischen Aussiedler-Familien konvergiert gegen Null und befindet sich damit im krassen Gegensatz zu Aussiedler-Familien aus anderen Ländern Osteuropas wie insbesondere Rußland, wo die meisten Familienbande bereits durch Alkoholismus und ähnliches mehr "angekränkelt" wurden.
      Übrigens hört man gerade von "nationalbewußten" Rumänen, daß jede Kriminalität in Deutschland, die auf "rumänische Staatsbürger" zurückgeht, grundsätzlich nur auf "Zigeuner" zurückgehen kann, denn Deutsche und Rumänen "tun so etwas grundsätzlich nicht", wie allen Rumänen ja bekannt ist.
      ;)

      Und ich muß persönlicherseits noch sagen und sozusagen noch einen "draufsetzen", indem ich sagen kann, daß niemand in meiner "bukowinisch-deutschen Aussprache" jemals eine Herkunft meiner Familie aus Rumänien vermutet hätte. Man bescheinigte mir allerdings mehrmals einen "ganz leichten" österreichischen Akzent.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:56:26
      Beitrag Nr. 28 ()
      @ Auryn

      Es tut mir leid, dass ich die Dinge in meinem Posting (aus dem laaaangen Thread) etwas grob verallgemeinert habe. Allerdings halte ich mir zu Gute, dass man auch dieses Posting im Kontext betrachten muss. den habe ich noch einmal nachgeschaut. Da wollte jemand seine Lehre von der spezifisch deutschen Gefühligkeit untermauern, die er mit Hakenkreuz- Pazifismus bezeichnet. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich diesen Zusammenhang hier noch mal zur Verdeutlichung wiederhole:

      -------------------------------------------------------------
      von rv
      Wir können uns gerne darauf einigen, dass es Unterschiede zwischen den Menschen und zwischen den Völkern gibt. Meinetwegen auch darauf, dass diese Unterschiede teils genetisch, zum größeren Teil aber kulturhistorisch bedingt sind. Ich sehe aber nicht, dass dies jemand bestritten hätte.

      Jetzt erklär mir aber bitte mal, welches besondere Merkmal der Deutschen es rechtfertigt, deren Haltung zum Irakkrieg (die nicht anders ist als die anderer Nationen) als Hakenkreuzpazifismus zu bezeichnen. Dies war doch unser Ausgangspunkt. Und dies hab ich immer noch nicht verstanden. (Verzeih mir, aber ich bin manchmal was begriffsstutzig.)
      -----------------------------------------------------------

      von xxxx

      Komm, rv, Du bist nicht begriffsstutzig. Es gibt halt Dinge, da läßt du Dich zum Jagen tragen.

      Immerhin, wir sind uns einig, es gibt Unterschiede. Genetisch, (wie Goldhagen mal meinte, ich weiß aber nicht, ob der dies nicht als Gag verbraten hatte, um sich Publizität und eine Proffessur zu verschaffen. Immerhin, Augstein höchstpersönlich interviewte ihn dazu in einem längeren Spiegel- Interview. Und ich bin daraus nicht schlau geworden) Also: genetisch. Und durch die Umgebung geprägt. Meinetwegen kommts aus dem Trinkwasser, es ist egal: es ist da.

      Jetzt geht es also darum, "was" dort "da" ist.

      Was bezeichnen die ausgewanderten Deutschen in Neu- Seeland, in Südafrike, in Kanada, in Argentinien als "typisch deutsch", was macht sie zu solch gesuchten Kontrakt- Partnern, selbst Generationen nach der Abwanderung ? Ist es der Schuhplattler ? Eher nicht, obwohl die Kulturpflege betreiben.

      Bier ? Gut, laß ich gelten.

      Was ist es, daß wir deutschstämmige aus Siebenbürgen, aus Kasachstan zurückholen, die dort sich eng verbunden fühlten mit dem Deutschtum, und die, so jedenfalls war es in Siebenbürgen, niemals nicht weggegangen wären, hätten sie dort ein Chance gehabt (unter Caucescu) überleben zu können.

      Gibt es Unterschiede ?

      Wenn ja, gibt es darunter Eigenheiten, die den Deutschen zugeordnet werden müssen, und die man mißbrauchen kann ?
      ---------------------------------------------------------

      von rv
      Dass wir Deutsche (bzw. "Deutschstämmige" ) aus Siebenbürgen oder Kaschstan zurückholen (warum nicht aus Brasilien oder den USA?) ist eine Idiotie. Vielleicht kannst du mir ja erklären, was für einen Sinn unser Abstammungs-basiertes Staatsbürgerschaftsrecht (mit dem wir wirklich fast einzig in der Welt stehen) haben soll. Vielleicht weißt du ja, warum die CDU das mit Zähnen und Klauen verteidigt...

      Ich verstehe aber immer noch nicht, was das mit der Haltung zum Irak-Krieg und den von dir gesichteten (oder erfundenen) Hakenkreuz-Pazifisten zu tun hat.

      --------------------------------------------------------

      Dies war der Kontext - und in diesem Kontext war mein Posting doch wohl auch verständlich.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:57:29
      Beitrag Nr. 29 ()


      :D
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 14:59:40
      Beitrag Nr. 30 ()
      Interessant wäre da noch die Frage: Wie wird man Bayer oder wie erwirbt man die bayerische Staatsbürgerschaft?
      Ich besitze sie übrigens.

      ;)
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:00:30
      Beitrag Nr. 31 ()
      Deutsch ist, wer deutsch sein will.

      Leider will dieses Land nichtmal deutsch sein.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:02:17
      Beitrag Nr. 32 ()
      Ursprungsland:

      Deutschland


      Erscheinungsbild:

      Zu Recht wird dieser ... öfters auch ... genannt. Dieser mittelgrosse ... ist wohl die weit verbreitetste Rasse, zumindest aber im europäischen Raum. Der deutsche ... ist etwas länger als hoch, kraftvoll und gut bemuskelt mit trockenem Knochenbau. Sein Fell schützt ihn auch bei recht kalter Witterung. Er vermittelt ein Bild von Kraft, Intelligenz und Gewandtheit und zeigt harmonische Proportionen.




      Wesen:

      Die Gedanken an Rotkäppchen und den bösen Wolf treffen hier nicht zu. Der ... wird unschuldig geboren und ist von seiner Natur her sehr gutmütig, hilfsbereit, arbeitsfreudig und aufmerksam. Durch seine ausserordentliche Lernfähigkeit fällt es aber oftmals nicht schwer, von seinem Verhalten und Auftreten auch Charakterzüge seines Herrn zu erkennen.:D
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:03:41
      Beitrag Nr. 33 ()
      @stirner:

      seit wann wird die bayerische Staatsbürgerschaft in Ramallah vergeben? :laugh:
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:08:53
      Beitrag Nr. 34 ()
      @ rv:
      O.K., ich hab`s gelesen, aber ich bin bei Deinem letzten Zitat mit der "Idiotie" immer noch nicht Deiner Meinung, weil`s nach meiner Auffassung immer noch den Unterschied zwischen Deutschen gibt, die ausgewandert sind, weil sie sich - oft individuell - eine ganz andere Existenz aufbauen wollten, die nicht unbedingt "deutschen Charakter" haben mußte, wie z.B. Deutsche in Kanada oder den USA -
      und dann den Deutschen im osteuropäischen Ausland, die ausdrücklich als "Deutsche" vor langer Zeit angeworben und mit Privilegien ausgestattet wurden, dieses "privilegierte Deutschtum" absichtlich bewahrt haben, dann aber wegen historischer "deutsch-nationaler" Verbrechen ihrer "deutschen Ur-Heimat" genau wegen ihres "konservierten Deutschtums" in Rumänien mehr leiden mußten als andere Deutsche "daheim im Reich" oder in Kanada.
      Ich finde immer noch, daß dies ein ganz erheblicher Unterschied ist.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:18:08
      Beitrag Nr. 35 ()
      Zur Verdeutlichung meiner Position zitiere ich mal aus einem Geschichtsbuch und einer Veröffentlichung der Bundeszentrale für politische Bildung, aus der vielleicht der in meinem Posting #34 beschriebene Unterschied deutlicher wird:

      In Osteuropa kam es allein in Ungarn und Rumänien NICHT zu brutalen Haßausbrüchen gegen die Deutschen. Für die in Ungarn lebenden Volksdeutschen wurde eine Umsiedlung erst von den Alliierten im Potsdamer Abkommen angeordnet. Sie vollzog sich ohne Ausschreitungen und wurde auch nur etwa zur Hälfte durchgeführt, während die übrigen Deutschen in Ungarn bleiben konnten. In Rumänien wurden im Gegensatz zu anderen osteuropäischen Ländern überhaupt keine Vertreibungen durchgeführt. Die rund 380.000 Deutschen, die nach der von Hitler veranlaßten Umsiedlung, nach Evakuierung, Flucht und sowjetischen Deportationen noch im Land waren, durften bleiben. Doch auch sie wurden enteignet und in eine diskriminierte Stellung herabgedrückt.
      Zitiert aus dem von der Bundeszentrale für politische Bildung empfohlenen Geschichtswerk von Jürgen Mirow: Die Geschichte des deutschen Volkes, S. 959-961.

      Eine geschlossene und rechtzeitig vorbereitete Evakuierung war nur in Nordsiebenbürger, das damals zu Ungarn gehörte, in der Zeit vom 10.-19. September 1944 möglich; die letzten Trecks erreichten im November bei Schneetreiben ihre Bestimmungsorte in Nieder- und Oberösterreich. Dem Evakuierungsbefehl leistete hingegen nur der kleinere Teil der Sathmarer Schwaben Folge. Abgesehen von den 215 000 Umgesiedelten und den etwa 60.000 in deutschen Einheiten dienenden Männern dürften im Herbst 1944 mindestens 100.000 Rumäniendeutsche aus dem derzeitigen Staatsgebiet geflüchtet sein, von denen allerdings ein guter Teil nach Kriegsende im Jahre 1945 von den Sowjets wieder zurückgeführt wurde.
      Darunter befanden sich auch die Familien meiner Eltern, die in Schlesien als rumänische Staatsbürger mit deutscher Nationalität zurück nach Rumänien deportiert wurden.
      Für die zurückgebliebenen Deutschen änderte sich zunächst auch nach Durchzug der sowjetischen Truppen nicht viel: Telefone und Rundfunkgeräte wurden zwar sehr bald beschlagnahmt, und die Deutschen erhielten Sonderausweise. Auch der Kreis der Internierten wurde immer stärker ausgeweitet. Die meisten konfessionellen Schulen mit deutscher Unterrichtssprache konnten aber nach einer gewissen Unterbrechung den Schulunterricht wieder aufnehmen. Mit Beginn des Jahres 1945 änderte sich das grundlegend:
      In der Zeit vom 9.-15. Januar 1945 wurden schlagartig etwa 80.000 17-45jährige Männer und 18-35jährige Frauen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Ausgenommen waren nur Hochschwangere und Mütter mit Kindern unter einem Jahr. Wenn die Sollzahl nicht erreicht wurde, griffen sich die sowjetischen Soldaten willkürlich Ersatzpersonen unter der rumänischen oder ungarischen Bevölkerung. Die noch königstreuen rumänischen Verwaltungen versuchten vielerorts, die Deportationen zu verhindern, doch auch ihnen wurde bei Warnung der Deutschen oder Sabotage der sowjetischen Zwangsmaßnahmen mit der Deportation gedroht. - Viele Kinder blieben elternlos zurück. Manche wurden von rumänischen Nachbarn wie ihre eigenen Kinder aufgezogen bis die Eltern zurückkamen, was aber häufig nicht der Fall war.
      Soweit keine Großeltern oder Nachbarn vorhanden waren, schalteten sich die Kirchen ein, und es bewährte sich die Solidarität der Nachbarschaften und Dorfgemeinschaften; so daß keine Kinder in staatliche rumänische Waisenhäuser eingewiesen werden mußten. - Die ersten kranken Deportierten wurden von` den Sowjets nicht nach Rumänien; sondern nach Frankfurt/Oder verbracht, von wo, sich viele zu ihren vorher geflüchteten Ehemännern oder Bekannten im Westen absetzten. Die letzten- Deportierten kehrten nach zehn Jahren zurück; bei gescheiterten Fluchtversuchen auch später. Infolge von Hunger und Krankheiten war die Todesrate hoch.
      Insgesamt kamen wohl über zehn Prozent der deportierten Angehörigen der deutschen Minderheit in der Sowjetunion ums Leben.

      - Die Rumäniendeutschen verloren alle politischen Rechte, das Minderheitenstatut vom 7. Februar 1945 galt für sie nicht: Erst durch Gesetz vom 7. September 1950 wurde ihnen wieder das Wahlrecht zuerkannt.
      - Durch das zweite Agrarreformgesetz vom 23. März 1945 verloren alle Personen deutscher Nationalität mit Ausnahme der `wenigen, die aktiv als Soldaten `gegen` Hitlerdeutschland kämpften., entschädigungslos ihren gesamten landwirtschaftlichen Grundbesitz mit Hofstelle sowie lebendem und totem Inventar. In` die Bauernhäuser zogen fremde Kolonisten ein, von deren Gutmütigkeit, es abhing, ob die bisherige Bauernfamilie noch ein Zimmer behalten durfte oder nicht.

      Im sozialistischen Rumänien
      Am 30. Dezember 1947 verzichtete König Michael unter Todesandrohung der Kommunistischen Partei auf den Thron, und es wurde die Volksrepublik Rumänien -ausgerufen. Die Sozialisierungsgesetze vom Sommer 1948 hatten zur Folge, daß außer der Industrie, den Banken, Versicherungen und Genossenschaften auch Hauseigentum und das deutsche konfessionelle Schulwesen verstaatlicht und die zahlreichen deutschen Vereine aufgelöst wurden. Die selbständigen Handwerker waren schon vorher durch Druck veranlaßt worden, Genossenschaften zu bilden und ihre Selbständigkeit aufzugeben. Im März 1949 begann auch die Sozialisierung der rumänischen Landwirtschaft nach sowjetischem Muster.
      Neben dieser Zerstörung der wirtschaftlichen Basis wirkten sich folgende Maßnahmen auf die Rumäniendeutschen besonders aus
      - die Deportation von Banatern, die, in der Nähe der jugoslawischen Grenze wohnten, zusammen mit nicht-vertrauenswürdigen Rumänen und Ungarn in die Baragansteppe;
      - die Zwangsumsiedlung nicht erwerbstätiger Städter auf Dörfer;
      - Schauprozesse wegen ?nationalistischer Umtriebe" und
      - eine Vielzahl von Übergriffen und Benachteiligungen auf örtlicher Ebene. .
      Etwa zehn Jahre nach Kriegsende nahmen Staat und Partei allmählich eine liberalere Haltung gegenüber den Rumäniendeutschen ein. Im Jahre 1956 erhielten die ehemaligen Bauern, aber auch Nichtlandwirte, ihre Höfe und Familienhäuser auf Antrag zurück, allerdings ohne die dazugehörigen landwirtschaftlichen Grundstücke. Diese liberale Phase erreichte ihren Höhepunkt, als der neugewählte Generalsekretär Ceausescu im Jahre 1968 nach einem Gespräch mit rumäniendeutschen Intellektuellen offiziell Fehler in der Behandlung der Rumäniendeutschen eingestand und der Gründung eines Rates der Werktätigen deutscher Nationalität zustimmte.
      Mit der weltweiten Ölkrise, also vom Jahre 1974 an, setzte jedoch wieder ein härterer innenpolitischer Kurs ein. Seit 1982 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Rumänien so stark stark, daß es zu einer schweren Ernährungs- und Energiekrise kam, die bis zum Sturz Ceausescus anhielt. Nicht zuletzt um davon abzulenken, wurden immer nationalistischere Töne angeschlagen, die nicht offiziell, aber in Wirklichkeit Minderheitenfeindlichkeit zur Folge hatten und haben.
      (Zitiert aus dem Themenheft der Bundeszentrale für politische Bildung: Informationen zur politischen Bildung, Aussiedler, Heft 222, S. 41.)
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:26:06
      Beitrag Nr. 36 ()
      Auryn, ich hatte "zurückholen" geschrieben. Dies spielte hier zu Zeiten des kalten Krieges (als es noch nicht viele waren) eine große Rolle. Und dies halte ich immer noch für eine Idiotie.

      Der privilegierte Status mag über Jahrhunderte eine Assimilation verhindert haben. Manchmal wird diese auch durch eine Diskriminierung verhindert, wie bei den Juden oder den Sinti/Roma.

      Den Briten, die nach Südafrika ausgewandert waren, wurde dort auch ein privilegierter Status garantiert. Werden die jetzt nach Großbrittannien zurückgeholt? Oder spielt das keine Rolle, weil GB kein Nationalstaat ist?

      Nein: Ich glaube nicht, dass man sich auf 500 Jahre alte Zusagen berufen sollte.

      Es gibt zwei Gründe, weshalb wir deutschstämmige Einwanderer(!) bevorzugen sollten:
      - Sofern(!) sie Deutsch können und in der deutschen Kultur verwurzelt sind, erleichtert das die Integration
      - Als Folge der Nazi-Gräuel und der pauschalen Verfolgung der deutschen Minderheiten im Osten sehe ich da auch eine moralische Verantwortung.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:34:10
      Beitrag Nr. 37 ()
      #26 Habe da so meine schwierigkeiten wie sich jemand nach Jahrhunderten durch Deutsche Vorfahren z.B. aus Rußland,Rumänien etc. noch als Deutsch bezeichnen kann.Die ewigen Privilegien wären alleine durch ihr verhalten im Krieg zu Recht gekündigt worden,da sie als Deutsche nur vorübergehende Gäste gewesen wären,die sich nach Jahrhunderten noch nicht integrieren wollten.Bin gespannt ob ähnliche begründungen auch den Türken und anderen hier einfallen,die Deutsche sprache ablehnen, und sich auf die neuen Siedlungsgebiete berufen werden,vom sozialen abstieg bei Heirat mit Deutschen gar nicht zu Sprechen. :confused:
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 15:50:14
      Beitrag Nr. 38 ()
      @ rv (# 36):
      Ach, die Sache mit der Semantik des "holens" war mir zwar nicht aufgefallen, aber auch das ist meines Erachtens zweitrangig, denn es gab ja auch diese absurde Sache mit der NS-gesteuerten "EinwanderungsZentrale - EWZ", zu der ich auch eine "lustige" Geschichte aus dem "ungarischen" Teil meiner Familie beisteuern kann. Dieser Teil lebte in der Bukowina, sprach aber von der deutschen Mutter her deutsch und war trotz des ungarischen, nach "Piroschka" klingenden Familien-Namens im Jahre 1940 überwiegend blond. Als 1940 in Czernowitz die zu diesem Zeitpunkt noch verbündeten deutschen und sowjetischen Beamten gemeinsam die Umsiedlung der "Deutschen" durchführten, bewarben sich "witzigerweise" auch deutschsprachige Juden, Polen, Ungarn und Ukrainer (die von Auschwitz alle noch nichts gehört hatten und nicht unter die neue sowjetische Verwaltung in Czernowitz kommen wollten) um die deutsche Staatsbürgerschaft vor einer deutsch-sowjetischen Kommission und wurden zu diesem Zweck von einer SS-Ärzte-Einheit untersucht. Juden wurden grundsätzlich abgelehnt, aber "meine ungarische Familienhälfte" wurde von den SS-Ärzten als "arisch" und würdig genug befunden, als "Deutsche" nach Schlesien umgesiedelt zu werden, wo man gerade die Polen vertrieben hatte und dringend "arisch-eindeutschuingsfähige" Siedler brauchte.
      Sie wurden also "heim ins Reich geholt".
      Nachdem die Rote Armee diese Gegend in Schlesien überrollt hatte, wurde dieser deutschsprachige, aber eigentlich "ungarische Familienteil" von den Sowjets "heim nach Rumänien" deportiert - als jetzt rumänische Staatsangehörige "deutscher Nationalität".
      Und in den 60er Jahren war dieser ungarische Teil mit dem "rein deutsch-österreichischen" in einer Familie zusammengewachsen und konnte auf Ausreiseantrag "heim nach Deutschland" aussiedeln.
      Wann sind - Deiner Meinung nach -die aus dem ungarischen Teil meiner Familie jemals von Deutschland heim"geholt" worden?
      Ich finde es von dieser Story her ziemlich nutzlos, über das
      "holen" zu diskutieren. Der deutsch-ungarische Familienteil, um den es ging, nannte die "EWZ" dann nur noch die Abkürzung für "Ewig Wandernder Zigeuner", zu dem er diese Familie - auch noch auf eigenen Wunsch - gemacht hatte.

      Und dann gab es auch noch siebenbürgische Wehrmachtsangehörige, die nach dem Krieg aus ostdeutschen Gefangenenlagern von der Roten Armee nach Rumänien "heimgeholt" wurden, dann aber später um 1965 von westdeutschen Familienangehörigen nach West-Deutschland "heimgeholt" wurden, weil die schon seit den 20er Jahren im Ruhrgebiet arbeiteten. So einen Fall habe ich auch noch in der Familie.
      Wessen "Heimholung" hättest Du da am ehesten befürwortet, rv?
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 16:03:45
      Beitrag Nr. 39 ()
      .
      Kaum etwas zeigt doch die Absurdität dieses Abstammungs- und Rasse-Denkens deutlicher als die Geschichte deiner Familie.
      Ich halte überhaupt nichts von einem Automatismus bei der Erteilung der deutschen Staatsbürgerschaft, der sich nur auf Abstammung gründet.

      Übrigens, ich glaube ich hab es eben vergessen, wir haben moralische Verpflichtungen nicht nur gegenüber denen, die wegen ihrer deutschen Abstammung (z.B.) von den Russen verfolgt wurden, sondern auch und noch viel mehr gegenüber denen, die von den Nazis verfolgt wurden. Die deutschen Juden im Osten gehörten oft genug zu beiden Gruppen.

      Was hältst du denn davon, dass sich diese Probleme in einem geeinten Europa in Luft auflösen (na, nicht ganz, die GUS-Staaten gehören ja wohl nicht zu den Beitrittsländern).
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 16:04:11
      Beitrag Nr. 40 ()
      @ oktopodius (Posting # 37):
      Wenn Du Geschichtsbücher über die kaiserlich-österreichische Siedlungspolitik der letzten 200 Jahre vor dem Untergang der Donaumonarchie liest, wirst Du bemerken, daß dieses "deutsche Selbstverständnis" in Osteuropa auch aus machtpolitischen Gründen ständig von österreichischer Seite durch gezielte weitere Siedlungsmaßnahmen und "frische deutsch-österreichische Siedler" gefördert wurde.
      Die österreichische Besiedlung Schlesiens, Polnisch-Galiziens, der Bukowina und des Banats ab 1740 durch deutschsprachige Minderheiten und weitere Siedler aus Österreich hatte in erster Linie das imperiale Ziel, Preußen einzudämmen und die ungarischen und slawischen Gebiete, die zu Aufständen neigten, in einer langdauernden und geplanten "Zangenbewegung" mit deutschsprachigen Siedlungsbrücken von Norden und Süden her zu umschließen.
      Die Siebenbürger mochten die Banater Schwaben übrigens nicht, weil sie soviel "Katholisch-Deutsch" und zuviel "neue Weltoffenheit" nach Siebenbürgen brachten. Die Siebenbürger Sachsen wären vor 200 Jahren lieber "autark-abgeschottet" als "österreichisch unterwandert" geblieben.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 16:18:39
      Beitrag Nr. 41 ()
      @ rv (Posting # 39):
      Also ich würde immer noch "ganz automatisch" jeden Siebenbürger Sachsen ohne Ansehen der Person nach Deutschland einreisen lassen und zum "Deutschen" erklären, der mir glaubwürdig erzählen kann, daß sie/er selbst oder seine Eltern wegen ihres deutschen Namens zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert worden waren oder seit mehr als 25 Jahren schon kommen wollten. Meine Eltern haben von 1945 bis 1962 jedes Jahr in Rumänien Ausreise-Anträge gestellt und eigentlich immer von den kommunistischen Beamten zu hören bekommen: "Da sind ja schon wieder diese hitleristischen Deutschen! Geben die denn nie auf?"
      Witzigerweise soll dann 1962 die jüdische Ex-Außenministerin
      Rumäniens, Ana Pauker, von den rumänisch-nationalen Kommunisten kaltgestellt worden sein und aus Rache in letzter Amtshandlung besonders vielen Deutschen und Juden die Ausreise erlaubt haben. Das kann aber auch ein Gerücht sein.

      Mit der Aufnahme von osteuropäischen Juden wie Jurek Becker oder Marcel Reich-Ranicki in Deutschland habe ich nicht die geringsten Probleme, wie Du vielleicht schon weiter unten bemerkt hast. Wir haben meiner Meinung nach sowieso immer noch zuwenig Intellektuelle in Deutschland und die meisten Juden, die aus Rußland nach Deutschland kommen "wollen würden", sprechen ziemlich gut deutsch und sind meist Hochschulabsolventen aus St. Petersburg, Moskau oder sogar aus Birobidschan.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 16:31:13
      Beitrag Nr. 42 ()
      O.K., Leute,
      das war`s für heute. Ich hoffe, Ihr fandet`s interessant.
      Ich muß mal wieder weg.
      La revedere (wie der Rumäne sagt) ;),
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 16:32:08
      Beitrag Nr. 43 ()
      Auryn ich finde, wir haben keinerlei Recht an Dogmen zu rühren. Nicht wir können bestimmen "Du bist Deutscher, Du bist kein Deutscher"- nein,- das muß diese betreffende Person bestimmen.

      Wir haben es verlernt, mit Selbstvertändlichkeiten zu leben.

      Ein Gesetz das über Jahrmillionen währt wird hin und hergeschoben, verbogen und wieder zurückgerückt.

      Wir, die Deutschen haben die Pflicht, einen sich zugehörig fühlenden anzunehmen. Warum das so ist, zeigt uns die Tierwelt.

      Es sind ganz alte Naturgesetze. Der Doppelpaß ist absoluter Blödsinn(zeitweilig gültig, jedoch völlig daneben).

      Es gelten auch die uralten Regularien, was soviel zu bedeuten hat, als daß diese betreffende Person selbstverständlich die Sprache als Kommunikationsmittel schnellsten zu erlernen hat, damit er sich unmißverständlich in Kommunikation(Feinabstimmung) mit seinem "Rudel" verständigen kann.
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 16:40:00
      Beitrag Nr. 44 ()
      Ein etwas anderer Reich-Ranicki





      Landsmannschaft Ostpreußen e.V.


      Schatten der Vergangenheit: Marcel < Reich > - < Ranicki > in Erklärungsnot

      Den Literaturkritiker holt seine Karriere als polnischer Stasi-Hauptmann ein

      von Jochen Arp


      Der Literaturkritiker Marcel < Reich > - < Ranicki > war nach dem Zweiten Weltkrieg im kommunistischen Regime in Polen eine wichtigere Figur als bislang bekannt.“ So beginnt ein fast zweiseitiger Bericht der Tageszeitung Welt vom vergangenen Montag über das Leben des Mannes, der über mehrere Jahre einer der einflußreichsten Kulturredakteure Deutschlands war, zunächst als Chef des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dann als Moderator einer literarischen Fernseh-Show, die er weniger moderierte, als vielmehr höchst unmoderat in ihr das letzte Urteil zu sprechen pflegte über Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt. Er entschied über das Schicksal nicht weniger Bücher, er bestimmte, welcher Autor als ein Stern am literarischen Firmament zu gelten und welcher als Versager der Mißachtung anheimzu-fallen habe.


      Die Welt konnte Einblick nehmen in seine jetzt der Öffentlichkeit zugängliche Personalakte des früheren kommunistischen Ministeriums für öffentliche Sicher- heit, des Stasi Polens. < Reich > - < Ranicki > , der sich damals Marceli Reich nannte, war dessen Mitarbeiter von Ende 1944 bis zunächst 1950. Da wurde er ausgeschlossen, hatte aber endlich 1957 Erfolg mit seinen häufigen Gesuchen, ihn wieder aufzunehmen.


      Nach den Auszügen in der Welt war < Reich > - < Ranicki > , der als Jude mit seinen Eltern in Deutschland verfolgt wurde und während des Krieges im Warschauer Ghetto lebte, wo er nach einer Bemerkung in seiner Personalakte in der Ghetto-Verwaltung eine „unklare Rolle“ gespielt haben soll, ein im kommunistischen Geheimdienst ungewöhnlich eifriger Mitarbeiter. Mit Intelligenz und Eifer sei er „vernarrt in den Geheimdienst“ gewesen, er war der Volksrepublik „ergeben“ und wurde von den Kommunisten als „politisch zuverlässig“ gelobt.


      Am 25. Oktober 1944 richtete < Reich > (- < Ranicki > ) ein Aufnahmegesuch an den Geheimdienst, verpflichtete sich zum Schweigen und wurde offenbar sehr rasch aktiv. In kurzer Zeit brachte er es bis zum Hauptmann, erhielt mehrere Auszeichnungen, so zum Beispiel „für herausragende Verdienste, für Tapferkeit im Kampf mit Diversionsbanden und musterhaften Dienst“. In einer jetzt bekannt gewordenen Aufstellung zählte er zu den 1.100 wichtigsten Mitarbeitern des kommunistischen Geheimdienstes.


      Ein besonders dubioser Lebensabschnitt war sein Einsatz im oberschlesischen Kattowitz. Dort war er zu Beginn des Jahres 1945, der Krieg war also noch nicht zu Ende, fast zwei Monate lang Leiter einer Operationsgruppe, die laut Welt „die Strukturen des Bezirksamtes der Staatssicherheit aufbauen sollte“. Nähere Einzelheiten sind weder der Personalakte noch den vor zwei Jahren erschienenen Lebenserinnerungen Reich-Ranickis, Titel: „Mein Leben“, zu entnehmen. Er schweigt sich aus.


      Nun ist bekannt, welche grauenhafte Rolle der polnische Geheimdienst und die Miliz in den von den Sowjets und bald der polnischen Verwaltung übergebenen deutschen Gebieten Oberschlesiens gespielt haben. Das Geschehen stellt die Welt in einem Sonderbeitrag ausführlich dar, ohne in der Lage zu sein, < Reich > - < Ranicki > nachzuweisen, daß und in welchem Umfang er an der Drangsalierung, Vertreibung und der Ermordung der Deutschen beteiligt war. Es war auch die Aufgabe des Geheimdienstes, die Deutschen, denen die Flucht nicht rechtzeitig geglückt war oder die vor der Roten Armee nicht fliehen wollten, zu vertreiben oder umzubringen. Sie wurden zu „Saboteuren“ oder „Wehrwölfen“ gestempelt. 1.255 Lager gab es für Deutsche in Schlesien nach Angaben des Bundesarchivs. In weitere 227 Gefängnisse waren Deutsche eingesperrt worden. Das Ziel der Polen war das gleiche, das sie auch vor dem Zweiten Weltkrieg propagiert hatten: Polen sollte „entdeutscht“ werden, um einen polnischen Begriff zu übersetzen. Bekannt ge- worden sind die Vernichtungslager Lamsdorf und Schwientochlowitz sowie Myslowitz, in denen Tausende von Deutschen unter entsetzlichen Umständen ihr Leben verloren. In vielen Fällen waren polnische Miliz und polnischer Geheimdienst die treibenden Kräfte.


      Nach der Rückkehr aus Kattowitz war nach dem Bericht der Welt < Reich > - < Ranicki > im Auftrag der kommunistischen Regierung in einem Amt tätig, „das die Rückführung von geraubten Industrie- und Kulturgütern aus Deutschland nach Polen betrieb“. Wir wissen inzwischen, wie intensiv die Polen deutsches Kulturgut, das nach Schlesien vor alliierten Luftangriffen in Sicherheit gebracht worden war, stahlen und ins innere Polen verschleppten, wo es heute noch ist. Sie weigern sich bis heute, es trotz vertraglicher Zusagen zurückzugeben. Sollte < Reich > - < Ranicki > an dem Raub deutscher Kulturgüter beteiligt gewesen sein?


      Danach wurde er Leiter des Großbritannien-Referats und ging nach London an die polnische Botschaft, diesmal unter dem Namen Ranicki, um als Agentenführer polnische antikommunistische Emigranten auszuspähen und sie möglichst zur Rückkehr zu bewegen. Dort wurden sie dann nicht selten vor Gericht gestellt. Er führte eine Kartei mit Informationen über 2.000 dieser Emigranten. 1950 wurde er aus der Kommunistischen Partei und aus dem Ministerium ausgeschlossen, 1957 aber wieder aufgenommen.


      Das gehört zur Vergangenheit eines Mannes, der in der Bundesrepublik literarische Maßstäbe setzt, der den bedeutenden Autor Walser, der den Auftritt Reich-Ranickis in einer Satire karikiert, kurzerhand als Antisemiten beschimpft, ihn so in die bundesrepublikanische Genickschußzone schickt.


      Unbeholfen versucht < Reich > - < Ranicki > im Interview mit der Welt, die Schatten auf seiner Vergangenheit zu bagatellisieren. Zunächst behauptet er, er kenne die Akte nicht. Er habe die Arbeit für den Geheimdienst „für belanglos und überflüssig“ gehalten; er habe sie angeblich nur „ungern“ gemacht, und er wiegelt ab, in den Akten „sei viel Unsinn notiert“. Deshalb empfiehlt er dingend, die „Akten nicht immer für bare Münze zu nehmen.“


      Auch von seinem Geheimdienst-Decknamen „Albin“ will er nie Gebrauch gemacht haben. Er sei auch nie im Geheimdienst „eine sonderlich wichtige Figur“ gewesen. Die von ihm geführte Kartei von 2.000 Exil-Polen sei „eine so harmlose wie überflüssige Kartei“ gewesen, die „nie benutzt wurde“. Und in Kattowitz will er keineswegs fast zwei Monate gewesen sein. „Vielleicht hat sich eine Sekretärin verschrieben.“
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 19:12:52
      Beitrag Nr. 45 ()
      Ostmärker und Deutsche,

      damals war es doch nett unter der deutschen fahne, durch halbeuropa zu ziehen. ca. 60% der ss-verbechen(prominenz zb. eichmann), gehen auf das konto von österreichern. gut der friedensvertrag mit den alliierten, war dann von etwas seltsam geprägten sätzen geschmückt. eine wiederangliederung an deutschland(auch heute noch), würde einer kriegserklärung gleich kommen. das hört sich sehr wild an, ist es auch, aber es stimmt.
      nach dem krieg waren sie natürlich nie dabei gewesen. keiner trägt schuld an den verbrechen die nur die deutschen begingen. ein leidiges thema;(



      #############################################

      gruß
      proxi
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:33:12
      Beitrag Nr. 46 ()
      Dies für alle diejenigen, die nicht differenzieren können zwischen dem "deutschen" Kulturkreis und der "deutschen" Staatsangehörigkeit. Eine Folge des unsäglichen Alleinvertretungsanspruchs der BRD.
      _______________________________________________________________

      http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,260307,00.h…" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,260307,00.h…

      Österreicher empört über ZDF

      "Deutsche wollen unseren Mozart klauen!"

      Wer sind die "größten Deutschen aller Zeiten", fragt das ZDF seine Zuschauer. Und präsentiert eine illustre Reihe von Kandidaten. Darunter auch Sigmund Freud und Mozart - beides im engeren Sinne keine Deutschen, sondern eher Österreicher. In der Alpenrepublik ist die Aufregung groß.

      Wien/Mainz - "Seit wann ist Mozart Deutscher?", fragt empört die österreichische "Kronenzeitung" als meist gelesenes Blatt im Lande. Und auf der Titelseite heißt es gar: "Deutsche wollen unseren Mozart!"

      Hintergrund für die Debatte ist die Publikumsabstimmung des ZDF auf der Suche nach "Unseren Besten", den größten deutschen Persönlichkeiten, die telefonisch, per Postkarte oder via Internet gewählt werden können. Das Ergebnis soll Johannes B. Kerner in einer Show im November präsentieren.

      300 Persönlichkeiten stellt das ZDF zur Wahl, darunter finden sich Wim Wenders, Katarina Witt und Boris Becker genauso wie Konrad Zuse und Hans Albers. Vorgeschlagen werden neben Johann Sebastian Bach jedoch auch der in Salzburg geborene und in Wien gestorbene Wolfgang Amadeus Mozart oder sein niederösterreichischer Kollege Joseph Haydn. Neben dem deutschen Denker Theodor W. Ardono stellt das ZDF außerdem den von Wien nach London ausgewanderten Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud zur Wahl.

      Die Eingemeindung österreichischer Persönlichkeiten stößt im Nachbarland nicht auf Begeisterung: So vermutet die Tageszeitung "Kurier" hinter der Aktion eine bewusste Provokation seitens des "Seniorensenders" ZDF, um auch Seher aus dem Nachbarland zur Wahlteilnahme zu bewegen. Und das Blatt forderte bittere Rache: "Letzte Chance für unverbesserliche Österreicher: Der ebenfalls angebotene "Musiker" Dieter Bohlen wird größter Deutscher aller Zeiten."

      Beim ZDF sieht man die Aufregung eher gelassen. Als Deutscher im Sinne von "Unsere Besten" seien nicht nur Persönlichkeiten zu verstehen, die auf dem Boden des heutigen Deutschlands gelebt haben, erklärt ZDF-Sprecher Alexander Stock die speziellen Regeln des Senders. Auf der ZDF-Homepage kann man sich unter der Rubrik "Wo liegt Deutschland" mit der Fernseh-Erkunde vertraut machen. Informiert wird über die im Laufe der Jahrhunderte stark veränderten Grenzen Deutschlands und über die immer wieder veränderte Definition dessen, was "Deutschland" ist.

      Was Mozart betreffe, so sei er Untertan des damaligen Römischen Reiches Deutscher Nation gewesen und habe auf Deutsch geschrieben, sagt ZDF-Mann Stock. Außerdem: "Ein bisschen Flexibilität muss sein."
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:41:22
      Beitrag Nr. 47 ()
      Und warum hat das ZDF dann Kaiser Franz Joseph und Sissi
      vergessen? Oder dürfen die Ösis die beiden für sich behalten?:laugh:
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:49:06
      Beitrag Nr. 48 ()
      an den mit der vollen Schnautze

      War der Kaiser Wilhelm denn dabei?

      Zum deutschen Kulturkreis gehört auch Franz Josef (auch wenn er König von Ungarn war). Der Staat Österreich gehörte damals allerdings nicht insgesamt dazu - was ja auch der Grund war für die Gründung des "klein"deutschen Reiches 1871.

      (Siehe auch posting #12)
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:51:49
      Beitrag Nr. 49 ()
      Eine idiotische Diskussion. Zu den Zeiten Mozarts und auch Brahms gab es keinen Unterschied zwischen Österreich und Deutschland. Der deutsche Kaiser (bis 1806) war aus dem Haus Habsburg und saß in Wien. Natürlich ist Mozart ein großer Deutscher. Noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts empfanden die meisten Österreicher die Teilung vom Deutschen Reich als künstlich und erzwungen, also noch zu Zeiten Siegmund Freuds. Und was sollte man denn bei Einstein sagen, in der Schweiz geboren, in Deutschland lange Zeit lehrend und am Ende mit amerikanischer Staatsbürgerschaft? Darf man auf den als einen großen Deutschen blicken? Manche tun es, denn letztlich gehört er zum deutschen Kulturraum. Und wieso muß man juristisch korrekt die deutsche Staatsangehörigkeit haben, um Deutscher zu sein? Die meiste Zeit in der Geschichte gab es so etwas gar nicht.
      Für lange Zeit war die Unterscheidung von deutschem Kulturraum und deutscher Nationalität eher müßig. Oder denkt etwa jemand darüber nach, ob Justus von Liebig, zwar dem deutschen Kulturkreis angehörig, aber doch eher die Staatsangehörigkeit Hessen-Kassel hatte? Genau diese Empfindlichkeit der Österreicher zeigt, daß sie verdrängen, daß es ein gemeinsames deutsches Erbe gibt, daß nicht durch eine willkürliche Aufteilung zur Beute des modernen Staates werden kann, wobei sich womöglich die Österreicher noch die Filetstücke heraussuchen, etwa unter Aussparung des 3. Reiches. Beethoven war auch lange Zeit in Wien. Wollen ihn deshalb die Österreicher auch als Österreicher reklamieren? Lächerlich sind solche Streitereien um nichts.
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:53:07
      Beitrag Nr. 50 ()
      Man kanns ja interpretieren wie man will, aber trotzdem armselig vom ZDF.
      Stell Dir vor Mozart oder Freud würde die Wahl gewinnen. :laugh:
      Eine weitere Verdummung wäre die unausbleibliche Folge,
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:55:19
      Beitrag Nr. 51 ()
      Ich sehe Mozart und Freud als große Deutsche, wohl wissend, daß der eine in Wien und der andere am Ende in London wohnte.
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:55:57
      Beitrag Nr. 52 ()
      Na, gut überredet.
      Ich fordere hiemit alle Österreicher auf, Schumi zum besten österreichischen Rennfahrer zu wählen!:D
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:58:59
      Beitrag Nr. 53 ()
      Dürfen sie, lebt er nicht sogar dort? Na also.
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:59:04
      Beitrag Nr. 54 ()
      @ for4zim

      Genau das hab ich doch gesagt. Dieser Streit ist nur möglich, wenn man nicht differenzieren kann. Wie die Kronen-Zeitung.
      Allerdings ist er auch eine Folge des Alleinvertretungsanspruchs der BRD.

      Es hat (mal abgesehen von den unseligen sieben Jahren zwischen 1938 und 1945) niemals einen deutschen Nationalstaat gegeben.
      Einen deutschen Sprach- und Kulturraum mit wechselder Ausdehnung hat es jedoch immer gegeben.
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 15:59:36
      Beitrag Nr. 55 ()
      wird wohl goethe gewinnen.
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 17:02:07
      Beitrag Nr. 56 ()
      #46

      Mal sehen ob sich Polen auch noch meldet, auf der Liste ist Kopernikus.
      Avatar
      schrieb am 08.08.03 09:52:11
      Beitrag Nr. 57 ()
      Hallo, Auryn, entschuldige folgende Bemerkung: Ich beobachte an dir selbst, daß du auffallend darauf beharrst, deutsch zu sein. Ich glaube, es ist davon abhängig, in welchem Umfeld (Nationalität ...) jemand lebt, wenn eben jemand sich lieber zu einer anderen Nationalität zugeordnet wissen möchte (der Wahrheitsgehalt sei jetzt mal willentlich außer Acht gelassen). Nichts für ungut, ich persönlich kann mir den Luxus erlauben, es mir egal sein zu lassen, aber ich bin ja auch kein Tschetschene, Ghanaer, Columbianer, Kroate oder so ...... :(
      Avatar
      schrieb am 08.08.03 12:10:55
      Beitrag Nr. 58 ()
      @ Mirabellchen (Posting # 57):
      Du hast Glück, mich gerade heute `anzuschreiben`, `derzumal` ich gerade wieder im Lande bin.
      Zu Deiner Beobachtung bezüglich meiner Wenigkeit ergibt sich für mich folgender Kommentar:
      Nationale "Minderheiten" bemerken ihre "nationalen Eigenheiten" eigentlich immer dann am stärksten, wenn sie in einem größeren Staatsverband auf ganz andere Lebensgewohnheiten oder auch Sitten anderer Nationen treffen. Unter diesem Blickpunkt legen bestimmte "Minderheiten" manchmal auch dann den allergrößten Wert auf ihre "nationalen Eigenheiten", wenn sie dies in freier Entfaltung tun können, selbst wenn sie damit "sonderbar oder verschroben" erscheinen.
      Die Franko-Kanadier in Quebec sind für mich da das beste Beispiel. Montreal ist nicht nur die zweitgrößte französisch-sprachige Großstadt der Welt nach Paris - nein, es gibt da sogar spezielle Straßenverkehrsschilder, die es sonst nirgendwo in der Welt gibt, z.B. anstelle des "Stop"-Schildes das Schild nur und ausschließlich für die frankophonen Kanadier: "Arrêt!"
      Nun würde sich vermutlich kein echter "Quebecquois" als "Franzose" bezeichnen, aber jeder legt größten Wert auf seine französische oder französischsprachige Abstammung, oft in dem Wunsch nach Abgrenzung zu den "kulturloseren" englischsprachigen Kanadiern oder den "noch kulturloseren" US-Amerikanern.
      Also wenn die Franko-Kanadier sich nach meist über 300 Jahren ihrer Ansässigkeit in Kanada noch immer ihren Stolz bewahrt haben, französischer Abstammung aus einer französisch angelegten "Kolonie" zu sein, dann nehme ich auch für mich das Recht in Anspruch, "Deutscher" aus einer ehemals österreichischen "Kolonie" in Osteuropa zu sein.
      Dabei wäre es mir ziemlich "wurscht", wenn ich das ganze "deutsche Lebensgefühl" auch auf französischem Staatsgebiet haben und damit "Franzose" sein könnte. Es ist nur so, daß meine Familie aus unerfindlichen Gründen seit Generationen gerne Deutsch spricht, deutsche Bücher liest und "deutsche Eigenheiten" hat (Biertrinker, Vorgartenliebhaber etc.).
      ;)
      Wenn man aber zusammengeschlagen oder verfolgt wird oder seinen Job verliert, nur weil man deutsch spricht, dann versucht man eben, dahin zu kommen, wo man nicht in dieser Gefahr lebt und das ist nun einmal Deutschland (oder wahlweise Österreich, Schweiz). Deutschland hatte sich in den 50er und 60er Jahren mehr um "Deutsche" in Rumänien gekümmert und so wurde es das Zielland meiner Eltern und ich wurde mit meiner Geburt bereits "Deutscher".
      Dies um so mehr, wenn ich bedenke, daß meiner Familie - als ganzes betrachtet - in den letzten 60 Jahren unter den verschiedensten Umständen schriftlich unter anderem in chronologischer Reihenfolge von königstreuen rumänischen Ämtern, dann von der reichsdeutschen Einwandererzentralstelle und von der SS, danach von den sowjetischen Besatzungstruppen in Schlesien, von kommunistischen Ämtern in Nachkriegs-Rumänien und schließlich von der Bundesrepublik Deutschland bestätigt wurde, daß alle meine Verwandten ersten und zweiten Grades "Deutsche" sind. Es ist natürlich besonders witzig daran, daß das "arische Aussehen" einer Hälfte meiner Familie von Ungarn abstammt und der gegenwärtige Familienname vermutlich von einem deutsch-jüdischen Urgroßvater, aber das ändert aus meiner Sicht nichts daran, daß kaum jemand von Euch solche echten (!) Dokumente aus verschiedenen Zeiten und den verschiedensten Behörden verschiedenster Nationen vorlegen könnte, die nur eines zum Inhalt haben: Den Nachweis des Deutschtums meiner Familie, weshalb die "Assimilierung" meiner Familie in den 60er Jahren durch die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einer halben Stunde endgültig erledigt war. (Schwierig war`s eigentlich nur, aus Rumänien herauszukommen und von dort mitnehmen durfte man damals auch noch nichts. Der gesamte Hausrat meiner Familie datiert von nach 1962.)
      Wenn ich`s genau nehme und das alles überdenke, dann bin ich mit größter Wahrscheinlichkeit der "allerdeutscheste Deutsche" von Euch allen !!! Versucht doch heute nochmal, solche Dokumente zu finden, wie sie meine Familie in "typisch deutschem Ordnungsfanatismus" aufbewahrt hat!
      :)
      Ach ja, und die Diskussion, wer ab wann "Deutscher" ist und ob Mozart, Kopernikus oder Kafka nun "Deutsche" waren, hätte diese Leute selbst bestimmt nur gewundert, weil sich ihnen diese Frage in ihren Vielvölkerstaaten überhaupt nicht stellte. Von daher ist das eine neumodische und ziemlich nationalistische Diskussion.
      Avatar
      schrieb am 08.08.03 12:49:43
      Beitrag Nr. 59 ()
      Für diese Woche muß ich mich bereits wieder verabschieden (Tschüß!), aber ich vergaß doch tatsächlich auch noch meinen ganz persönlichen Kommentar zum ethnisch-politisch-absolut-korrekten "Arrêt"-Verkehrsschild in Quebec (s. Posting # 58), weil die "Nichtfrankophonstämmigen" in der Welt sonst ja auch ganz eigene Schilder "haben dürfen müssen sollten" :

      Avatar
      schrieb am 08.08.03 14:03:54
      Beitrag Nr. 60 ()
      #58 Auryn,

      habe besagtes Schild in Montreal nicht gesehen; mich veranlaßte ein überaus hübscher junger Dobermann zum "Arretieren" - naja, ich war zu Fuß ... nein, nein, nicht "bei Fuß" - aber das heißt dann ja auch, je nachdem, anders ... also der Dobi und ich haben uns ganz wortlos gut verstanden; ob sein in einiger Entfernung wandelndes Herrchen nun franko- oder anglophil war, vermag ich nicht zu sagen. Auf alle Fälle gephil mir der Hund. :cool: Im übrigen sehen in Montreal die Ampeln jedenfalls genauso aus wie hier. Und sogar die in Quebec! :D
      Avatar
      schrieb am 09.08.03 09:50:07
      Beitrag Nr. 61 ()
      @ Mirabellchen:
      Vielleicht warst Du ja im "international geprägten" Montreal unterwegs.
      Du darfst mir jedenfalls glauben, daß es im kanadischen Bundesstaat Quebec dieses und ähnliche ethnisch-korrekte Straßenschilder gibt und ich es für höchst sonderbar erachte, daß in Paris (dem in Frankreich, nicht dem in Texas!) im Rahmen der internationalen Verkehrsregelung "Stop"-Schilder die Aufschrift "STOP" tragen, während in den mehrheitlich frankophonen Regionen Quebecs die "Stop"-Schilder zwar genauso achteckig und bunt aussehen wie in der übrigen Welt, dort in Quebec aber die Aufschrift "ARRÊT" tragen.
      Würden "ethnisch bereinigte" Verkehrsregelungen auf die Spitze getrieben, dann könnten die Briten, dort wo sie in der Welt in der Minderheit sind, eines Tages womöglich beanspruchen, immer und überall "links" zu fahren, während alle anderen "rechts" fahren. In meiner Eigenschaft als Gelegenheitsbiertrinker würde dies meinen Ansprüchen zwar sehr entgegenkommen und ich würde mir vielleicht sogar eine britische Staatsangehörigkeit zulegen, aber ich würde dennoch einigen Gegenverkehr befürchten müssen.
      Außerdem müßte man doch auch befürchten, in Kanada beispielsweise bei den Indianerreservaten vielleicht auf Verkehrsschilder mit der Aufschrift "Coquaquatsy" zu treffen, was zumindest bei meiner Wenigkeit zu Mißverständnissen führen könnte.
      Ich hoffe, mein Standpunkt ist Dir damit einigermaßen verständlicher geworden.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 10.08.03 19:04:29
      Beitrag Nr. 62 ()
      Nein, Hochwürden!
      Avatar
      schrieb am 10.08.03 19:11:38
      Beitrag Nr. 63 ()
      Welches ist denn dein Standpunkt?

      a) Du billigst den Separatismus, wie er nur in "fremder" Umgebung derart betont gedeiht.
      b) Du bist grundsätzlich für die Einführung englischsprachiger Verkehrsschilder.
      c) Du erlaubst allenfalls in Mutterland Aufschriften in der dort geltenden Sprache und bist gegen Mischformen (wie z. B. "Stop"-Schilder anstelle von "Halt" oder "Stopp", aber km-Angaben statt m) und Verzicht auf ausschließliche Verwendung von Piktogrammen (sprachliche Ergänzungen "bei Nässe" u. ä.)
      d) Du duldest ortstypische Abwandlungen bestimmter Schildertypen, z. B. das Kamel im arabischen Raum anstelle der Kuh im europäischen als Warnung vor tierischen Verkehrshindernissen ...

      :confused:
      Avatar
      schrieb am 11.08.03 09:21:24
      Beitrag Nr. 64 ()
      Aber - um auf das Threadthema zurückzukommen -:

      vielleicht das Bärtchen? :)
      Avatar
      schrieb am 11.08.03 12:26:42
      Beitrag Nr. 65 ()
      Die Kurzfassung der Antworten frei nach Radio Eriwan (oder schreibt man neuerdings eher Jerewan?) zu den Fragen aus Posting # 63:
      a) Im Prinzip NEIN,
      b) im Prinzip NEIN,
      c) im Prinzip JA,
      d) im Prinzip JA.

      Antwort zur Frage in Posting # 64:
      Nach Meinung der "siebenbürgenstämmigen" Buch-Autorin Herta Müller gab es speziell um den Zweiten Weltkrieg herum in Siebenbürgen "typisch deutsche" Frisuren und Bärtchen. Wir dürfen natürlich wieder rätseln, ob die entsprechenden Bärtchen eher von Charlie Chaplin oder einem gewissen Herrn A.H. in die Modewelt eingeführt wurden...

      Langfassung:
      a) "Politisch-ethnischer" Separatismus beinhaltet meiner Meinung nach zumeist die Loslösung eines Minderheitengebietes (oder der Anhänger einer besonderen "Lebensauffassung" ) vom bisherigen Staatsgebiet. Nun gibt es auch in Quebec mit schöner Regelmäßigkeit Volksbegehren zur Trennung Quebecs von Kanada, die aber bisher immer mehrheitlich zugunsten eines Verbleibs im kanadischen Staatsverband entschieden wurden. Sollten die "Quebecquois" sich eines Tages mehrheitlich-demokratisch für die Trennung von Kanada entscheiden, dann sehe ich keinen Grund, sie daran zu hindern. Ich wäre aber auch nicht dafür, denn die Trennung brächte meiner Meinung nach mehr Probleme in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht für beide Seiten, z.B. neue Zollregionen als Einnahmequellen für den neuen Staat etc.

      Etwas ganz anderes ist aus meiner Sicht das Beharren auf ethnisch-spezifischen Verkehrsschildern oder womöglich spezieller Verkehrsregelungen. Die Verkehrsschilder und Regeln wurden seit dem Zweiten Weltkrieg allgemein auf der Welt von den meisten Regierungen "internationalisiert", um einen freieren Handels- und Wirtschaftsverkehr zu unterstützen, Reisen in andere Länder leichter möglich zu machen und die Verbindungen zwischen den Völkern zu verbessern. Wenn eine Minderheit für sich alleine spezielle Straßenschilder beansprucht, dann ist das aus meiner Sicht ein Rückfall in eine ethnisch begründete Kleinstaaterei, die eines Tages dazu führen könnte, daß ein deutscher Tourist in Barcelona oder im Baskenland ein Straßenschild in Katalanisch bzw. Baskisch sieht und sich fragen muß, ob ein ähnlich oder gleich aussehendes Schild in Spanisch vielleicht etwas geringfügig Anderes bedeutet als das wiederum ähnliche Schild zu Hause in Deutschland.

      Wieder etwas ganz anderes sind Ortsschilder mit den jeweiligen Ortsnamen der dort möglicherweise seit Jahrhunderten friedlich zusammenlebenden Minderheiten. In Rumänien gibt es meines Wissens vor einigen Orten jetzt Schilder in drei Sprachen. Cluj (gesprochen: "Klusch" ) hat teilweise untereinanderstehende Schilder mit folgenden Aufschriften: Cluj oder Cluj-Napoca (rum.), Koloszvar (ung.), Klausenburg (dt.).
      Dabei wird erkennbar, daß seit Jahrhunderten drei Nationalitäten prinzipiell gleichberechtigt und miteinander in dieser selben Stadt leben, die früher zu ganz verschiedenen Staaten gehörte. Wenn alle damit einverstanden sind, finde ich das gut so und hoffe, daß es so bleibt.


      b) Wenn alle damit einverstanden sind, daß das Stoppschild ein "Stop"-Schild bleibt, ist`s mir auch recht so.
      Schreibt man in Hochdeutsch nach den neuen Rechtschreibregeln eigentlich immer noch "StoPP" oder genügt jetzt ein "StoP"?


      c) Piktogramme wären mir im Straßenverkehr aus weiter oben genannten Gründen lieber als jede sprachliche Besonderheit.


      d) Genau! Ich würde sogar dafür plädieren, daß es eine weltweite Organisation von "Sonder-Straßenschild-Versandhäusern" für Sammler gäbe, damit diese in Australien oder ähnlichen Ländern nicht immer die Schilder mit den Kängurus, Koalas und Wombats abmontieren und mitnehmen.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 11.08.03 13:47:13
      Beitrag Nr. 66 ()
      Kommentar zur Langfassung von a):

      Vielleicht sollte man in den ehedem französischen US-Bundesstaaten (Louisiana) und in Städten wie Baton Rouge französische Verkehrsschilder - vielleicht würde sich längerfristig eine "französische Achse" herausbilden, die bis nach Mexiko (Chihuahua) reichen könnte ...

      Parbleu, da muß isch mein Fransösisch aber vite-vite aufpolier ... :cool:

      Miralabelle! :D

      PS: Das Bärtchen im Bild ist ein Menjou-Bärtchen. :)
      Avatar
      schrieb am 11.08.03 15:57:38
      Beitrag Nr. 67 ()
      Irgendwie kommt mir der Mann mit dem Menjou-Bärtchen übrigens bekannt vor. Müßte ich den nicht vielleicht kennen?

      Iiisch glaubé, dass Diir Dein Fronsösiisch ne voulait pas donner aucun valeur en Amérique au sud du Canada même en futur , parce que les Américains des États-Unis veulent detruire tous les signes dans un autre langue que "American-English". Les Americains du "Mid-West" veulent croire que ces signes ne sont pas en Francais. En plus, ils veulent croire que ces signes sont des boîtes secrets pour les terroristes de l`Arabie! Seulement en "Nouvelle Orleans", tu pourrais trouver quelques gens qui parlent encore tant de Francais pour estimer ton idée d`installer "American traffic signs in French".
      ;)
      Avatar
      schrieb am 11.08.03 17:36:38
      Beitrag Nr. 68 ()
      Aber nach dem amüsanten Zeitvertreib doch mal wieder etwas zum Thema. Ich liebe es ja ganz besonders, wenn sogar der oberste Verwaltungsgerichtshof der Bundesrepublik sich in seinen Urteilen zum "Deutschtum" auf wissenschaftliche Standardwerke beruft, die ich schon früher immer empfohlen habe, wie z.B. Dirk Jachomowski: Die Umsiedlung der Bessarabien-, Bukowina- und Dobrudschadeutschen, 1984. (Heute leider nicht mehr im Buchhandel erhältlich.)

      In dem folgenden Urteil, in dem es übrigens zur Abwechslung mal nicht um meine Familie oder irgendwelche sonstigen meiner Angehörigen geht, wird einiges zur Anfangsfrage in diesem Thread erklärt und bei eventuellen Fragen zu den Unterschieden der Umsiedlung in der Nord- und Südbukowina helfe ich gerne weiter.
      ;)

      Aus: BVerwGE, 101. Bd., S. 205-211

      In der Meldung zur Umsiedlung aufgrund der deutsch-rumänischen Vereinbarung über die Umsiedlung der Deutschen aus der Südbukowina und der Dobrudscha vom 22. Oktober 1940 kann ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum liegen.
      Die Vermutung, daß hinter einer Erklärung, die sich nach dem äußeren Erklärungsinhalt als Bekenntnis zum deutschen Volkstum darstellt, regelmäßig auch ein entsprechendes subjektives Bewußtsein steht, kann entkräftet sein, wenn sich an die Erklärung ein Verhalten anschließt, das damit unvereinbar ist.
      BVFG § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 6 a. F. (§ 6 Abs. 1 n. F.), § 100 n. F.
      Urteil des 9. Senats vom 4. Juni 1996- BVerwG 9 C 110.95
      I. Verwaltungsgericht Sigmaringen
      II. Verwaltungsgerichtshof Mannheim

      Der Kläger, der die Ausstellung des Vertriebenenausweises begehrt, wurde 1962 in Frasin (Südbukowina/Rumänien) geboren. Sein Vater war rumänischer Volkszugehöriger. Die Eltern seiner 1943 in Linz an der Donau geborenen Mutter nahmen an der Umsiedlung aufgrund der deutsch-rumänischen Vereinbarung über die Umsiedlung der Deutschen aus der Südbukowina und der Dobrudscha vom 22. Oktober 1940 teil. Die Familie traf Mitte Dezember 1940 im Lager Untermarchtal / Donau ein; später kam sie in ein Lager nach Budweis (damals Protektorat Böhmen und Mähren) und anschließend nach Linz an der Donau, wo die Mutter des Klägers geboren wurde. Im September 1945 kehrte die Familie nach Frasin zurück.
      Im Juli 1990 reiste der Kläger nach Deutschland ein und beantragte, nach dem ihm im Wege der Härteregelung ein Aufnahmebescheid erteilt worden war, erfolglos die Ausstellung des Vertriebenenausweises. Mit seiner Klage berief sich der Kläger darauf, daß er neben Rumänisch auch Deutsch - und zwar hervorragend, wenn auch mit Akzent - spreche. Weiterhin wies er auf deutsche Vornamen in seiner Verwandtschaft hin und führte aus, daß dies sowie die Zugehörigkeit der Familie und der Vorfahren mütterlicherseits zur römisch-katholischen Kirche ein Indiz für die deutsche Volkszugehörigkeit darstelle. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab; die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Auch die Revision hatte keinen Erfolg.
      Aus den Gründen:
      Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß dem im Juli 1990 eingereisten Kläger, auf dessen Begehren gemäß § 100 Abs. 1 BVFG n. F. grundsätzlich das Bundesvertriebenengesetz in seiner bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung anzuwenden ist, der geltend gemachte Anspruch auf Ausstellung des Vertriebenenausweises (§ 15 Abs. 2 BVFG a. F.) nicht zusteht, weil er kein Vertriebener ist.
      Der Kläger hat den Status eines Vertriebenen als Umsiedler nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG nicht erworben. Das könnte nur dann angenommen werden, wenn ein in der Person der Großeltern mütterlicherseits aufgrund ihrer Teilnahme an der Umsiedlung aus der Südbukowina entstandener Umsiedlerstatus auf den Kläger nach § 7 BVFG a. F. übergeleitet worden wäre. Das ist aber nicht der Fall. Auch wenn der Kläger als "Nachgeborener der zweiten Generation" der Vorschrift des § 7 BVFG a. F. unterfällt, kann er kein Umsiedler sein, weil seine Großeltern den Umsiedlerstatus nicht erworben haben. In dieser Hinsicht kann offenbleiben, ob der Umsiedlerstatus - wie das Berufungsgericht meint - nur dann entsteht, wenn die Umsiedlung in ein dem Tatbestand des § 1 Ahs. 1 BVFG vergleichbares Vertreibungsschicksal eingemündet ist, oder ob nicht vielmehr- wofür gewichtige Grunde sprechen - dem Grundsatz nach davon auszugehen ist, daß - unter der Voraussetzung deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit - allein durch die Aufgabe des Wohnsitzes in dem Gebiet, aus dem die Umsiedlung erfolgt ist, die Umsiedlereigenschaft begründet und in der Regel durch nachfolgende Ereignisse nicht wieder beseitigt wird. Die Großeltern des Klägers sind nämlich nicht - wie § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG weiter voraussetzt - "als deutsche Volkszugehörige" umgesiedelt worden. Als deutsche Volkszugehörige könnten sie nach der maßgebenden Vorschrift des § 6 BVFG a. F. (jetzt § 6 Abs. 1 BVFG n. F.) nur angesehen werden, wenn kurz vor der Umsiedlung als denn hier maßgebenden Vertreibungsvorgang (vgl. Urteil vom 13. März 1974 - BVerwG 8 C 24.73 - Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 13; siehe auch Urteil vom 26. April 1967 - BVerwG 8 C 49.64 - Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 4) ein ausdrücklich oder durch schlüssiges Gesamtverhalten abgelegtes, durch wenigstens eines der in § 6 BVFG a. F. genannten objektiven Merkmale bestätigtes Bekenntnis zum deutschen Volkstum vorgelegen hätte oder dieses aus Indizien, namentlich hinreichend vorhandenen Merkmalen im Sinne des § 6 BVFG a. F., hergeleitet werden konnte. Dies ist nicht der Fall.

      Allerdings ist - wenngleich die bloße Teilnahme an einer Umsiedlung für sich allein lediglich eine gewisse Vermutung für die deutsche Volkszugehörigkeit begründet (Beschluß vom 14. Februar 1978 - BVerwG 3 B 53.76 - Buchholz 427.3 § 11 LAG Nr. 46) - mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß in Erklärungen, die anläßlich der bevorstehenden Umsiedlung aus der Südbukowina abgegeben wurden, ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum liegen kann. Das ist bereits im Urteil vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 77.90 - (Buchholz 412.3 § 6 BVFG Ne. 66) - allerdings ohne weitere Begründung - angenommen worden. Die deutsch-rumänische Vereinbarung über die Umsiedlung der Deutschen aus der Südbukowina und der Dobrudscha vom 22. Oktober 1940 (abgedruckt bei Jachomowski, Die Umsiedlung der Bessarabien-Bukowina- und Dobrudschadeutschen, Buchreihe der Südostdeutschen, Historischen Kommission, Bd. 32, München 1984) sah nach ihrem Art. 1 Abs. 1 die "Umsiedlung der Angehörigen des deutschen Volkstums" vor, wobei sich die Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum nach den Kriterien des Runderlasses des Reichsministers des Innern vom 29. März 19-, - RMBIiV S. 783 - richtete (Globke, Die Staatsangehörigkeit der volksdeutschen Umsiedler aus Ostund Südosteuropa, Zeitschrift für osteuropäisches Recht 1943, S. 1, 4), die jedoch in Abs. 2 Satz 1 des Erlasses ungeachtet kleinerer Unterschiede im Wortlaut mit denen des § 6 BVFG a. F. der Sache nach identisch sind. Nach Art. I Abs. 3 der Umsiedlungsvereinbarung war die Umsiedlung freiwillig. Ihr unterlagen nur solche Personen, die den Wunsch zur Umsiedlung geäußert hatten, Dieser Wunsch wurde schriftlich oder mündlich durch eine Meldung bei einer deutsch-rumänischen Umsiedlungskommission zum Ausdruck gebracht (Art. 12 der Vereinbarung). Zur Umsiedlung wurde durch öffentlichen Aufruf aufgefordert: "Wir rufen alle Deutschstämmigen auf, sich bei den deutschen Bevollmächtigten an den angegebenen Orten zu melden und den Wunsch zur Umsiedlung zu äußern" (Jachomowski aaO S. 232). Wer - wie hier die Großeltern mütterlicherseits des Klägers - diesem oder entsprechenden weiteren Aufrufen (vgl. Jachomowski aaO S. 234) folgte und sich zur Umsiedlung meldete, brachte damit - in ähnlicher Weise wie durch einen Antrag auf Aufnahme in den Steirischen Heimatbund (BVerwGE 97, 93) oder durch einen Antrag auf Eintragung in die Deutsche Volksliste (BVerwGE 92, 70) - nach außen hin zum Ausdruck, ein Angehöriger der umzusiedelnden deutschen Volksgruppe zu sein.

      Das reicht indessen für sich allein zur Annahme eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum nicht aus. Vielmehr ist als weitere selbständige Voraussetzung eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum erforderlich, daß hinter dem äußeren Erklärungsinhalt auch subjektiv das Bewußtsein und der Wille stehen, ausschließlich dem deutschen Volk als einer national geprägten Kulturgemeinschaft anzugehören. Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Zwar kann aus einem Verhalten, das sich nach seinem äußeren Erklärungsinhalt als Bekenntnis zum deutschen Volkstum darstellt, in der Regel gleichzeitig auch auf die subjektive Seite des Bekenntnisses geschlossen werden, so daß nach den Motiven, die zur Abgabe der Erklärung geführt haben, nicht zu forschen ist. Das gilt jedoch nicht schlechthin. Eine Ausnahme hat der Senat dann gemacht, wenn Anhaltspunkte dafür bestanden, daß eine Erklärung, die sich äußerlich als Bekenntnis zum deutschen Volkstum darstellt, durch eine Maßnahme der nationalsozialistischen Eindeutschungspolitik herbeigeführt worden war, also nicht auf dem freien Willen des Erklärenden beruhte (BVerwGE 92, 70; 97, 93). Ein solcher Ausnahmetatbestand ist hier freilich nicht gegeben. Nach Art. 1 Abs. 3 der deutsch-rumänischen Umsiedlungsvereinbarung vom 22. Oktober 1940 war die Umsiedlung freiwillig; es durfte kein unmittelbarer oder mittelbarer Zwang ausgeübt werden. Das ist auch in der Praxis nicht geschehen (Jachomowski aaO S. 97, 99). Der Senat hat jedoch schon in dem angeführten Urteil vom 16. Februar 1993 (BVerwGE 92, 70 [76]) zu erkennen gegeben, daß es weitere Sachverhalte geben kann, bei deren Vorliegen aus dem äußeren Erklärungsinhalt nicht gleichzeitig auf die subjektive Seite des Bekenntnisses geschlossen werden kann mit der Folge, daß die Ernsthaftigkeit der Erklärung im Einzelfall nachgewiesen sein muß. Das ist dann der Fall, wenn sich an die sich äußerlich als Bekenntnis zum deutschen Volkstum darstellende Erklärung ein mit dem Bewußtsein, deutscher Volkszugehöriger zu sein, nicht zu vereinbarendes Verhalten anschließt. Ein späteres Verhalten kann nämlich Rückschlüsse darauf zulassen, ob den für eine frühere Zeit festgestellten Tatsachen ein "wirkliches Bekenntnis" zum deutschen Volkstum zu entnehmen ist (BVerfGE 17, 224 [228]).

      So ist es unter den hier vorliegenden Umständen. Der Großvater des Klägers hat bereits während des Umsiedlungsverfahrens bei der sogenannten Schleusung durch die Einwandererzentralstelle vor der Fliegenden Kommission X sogleich erklärt, er stelle keinen Einbürgerungsantrag, er sei väterlicherseits rumänischer Abstammung und bekenne sich zum rumänischen Volkstum; seine Ehefrau sei väterlicherseits ebenfalls rumänischer Abstammung und bekenne sich auch zum rumänischen Volkstum. Letztere Erklärung hat er namens und auch im Einverständnis mit seiner Ehefrau angegeben, wie sich daraus ergibt, daß diese die späteren Rückkehrgesuche mitunterzeichnet hat. Auch in diesen Gesuchen bringen die Großeltern des Klägers zum Ausdruck, daß sie und ihre Kinder Rumänen seien und mit ihren Gefühlen nicht in Deutschland leben könnten. Sie klagen zwar auch über Heimweh und Krankheit. Das ändert indessen nichts daran, daß aufgrund der vor der Fliegenden Kommission X abgegebenen Erklärungen, die nicht etwa unter Zwang abgegeben wurden, sondern im Gegenteil ihrerseits den Großeltern Nachteile hätten bereiten können (vgl. Jachomowski aaO S. 143, 144), die regelmäßig gegebene Vermutung entkräftet ist, daß einer sich äußerlich als Bekenntnis zum deutschen Volkstum darstellenden Erklärung auch ein entsprechendes subjektives Bewußtsein zugrunde liegt. Vielmehr ist nicht auszuschließen, daß die Großeltern des Klägers - wie sie in ihrem Schreiben vorn 25. Februar 1942 an die Einwandererzentralstelle anklingen lassen - sich lediglich deshalb zur Umsiedlung gemeldet haben, weil sie befürchteten, auch ihr Heimatort in der Südbukowina könne ebenso wie die Nordbukowina von den Russen besetzt werden. Das geht zu Lasten des Klägers. Die Erklärung seines Großvaters vom 28. März 1991, er widerrufe die vor der Fliegenden Kommission X im Jahre 1941 abgegebene Erklärung, ist für die Frage, ob die Großeltern seinerzeit ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgelegt haben, ohne Bedeutung.

      Ein Bekenntnis der Großeltern zum deutschen Volkstum läßt sich auch nicht aus hinreichend vorhandenen Indizien herleiten. Nach der namens seiner Ehefrau abgegebenen Erklärung des Großvaters vor der Fliegenden Kommission X war diese teils rumänischer, teils deutscher Abstammung. Das hat Indizwirkung sowohl im Hinblick auf das deutsche wie auch auf das rumänische Volkstum und hebt sich gegenseitig auf (BVerwGE: 74, 336 13381). Der Großvater ist nach seinen Angaben vor der Fliegenden Kommission X ebenfalls väterlicherseits rumänischer, mütterlicherseits deutscher Abstammung (wird ausgeführt). Unter diesen Umständen ist mit dem Berufungsgericht anzunehmen, daß die Abstammung des Großvaters zumindest unklar ist, was zu Lasten des Klägers geht. Nach den Unterlagen der Einwandererzentralstelle sprachen die Großeltern zwar auch Deutsch, indessen ebenfalls Rumänisch in Wort und Schrift. Auch diese Umstände heben sich in ihrer Indizwirkung auf (BVerwGE 74, 336). Aus dem Schulbesuch der Großeltern ergeben sich ebenfalls keine für ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum hinreichend sprechende Indizien: Der Großvater hat nach den Unterlagen der Einwandererzentralstelle eine rumänischsprachige Volksschule, die Großmutter eine rumänisch-deutsche Volksschule besucht. Schließlich ergeben sich auch aus dem Vortrag, daß Verwandte des Klägers deutsche Vornamen tragen und die Vorfahren mütterlicherseits römisch-katholischen Glaubens gewesen seien - der Großvater hat vor der Umsiedlungskommission "orthodox" als Religion angegeben -, im Hinblick auf den sonstigen Sachverhalt keine hinreichenden Anzeichen für eine deutsche Volkszugehörigkeit der Großeltern, zumal die Religionszugehörigkeit ohnehin nur sehr bedingt Rückschlüsse auf deutsches Volkstum zuläßt (Urteil vom 8. November 1994-BVerwG 9 C 599.93 - Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 76).
      Der Kläger ist auch kein Vertriebener nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG, weil er Rumänien nicht als deutscher Volkszugehöriger verlassen hat. Da er nach Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen (in Rumänien 23. August 1944) geboren wurde und damit zu den sog. Spätgeborenen gehört, beurteilt sich die Frage, ob er deutscher Volkszugehöriger ist, nach den in den Urteilen vom 10. November 1976 (BVerwGE 51, 298) und vom 15. Mai 1990 - BVerwG 9 C 51.89 - (Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 64) enthaltenen Grundsätzen. Danach muß wenigstens ein Elternteil, sofern er bekenntnisfähig war, infolge eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum deutscher Volkszugehöriger sein und die hieraus resultierende Bekenntnislage auf den Spätgeborenen prägend überliefert haben. War der maßgebende Elternteil - wie hier die 1943 geborene Mutter des Klägers - kurz vor Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen noch nicht bekenntnisfähig, kommt es darauf an, ob in der großelterlichen Familie infolge eines von den Großeltern des Spätgeborenen oder von dem die Familie prägenden Großelternteil abgelegten Bekenntnisses eine volksdeutsche Bekenntnislage bestanden hat, die über die Mutter des Spätgeborenen diesem übermittelt worden ist. In der großelterlichen Familie des Klägers hat jedoch im August 1944 keine volksdeutsche Bekenntnislage bestanden, weil die Großeltern - wie ausgeführt, kein Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgelegt haben und dies auch nicht aus Indizien gefolgert werden kann.
      Avatar
      schrieb am 11.08.03 17:52:23
      Beitrag Nr. 69 ()
      Zunächst zu dem Herrn mit dem Menjou-Bärtchen. Es handelt sich um Adolphe Menjou, 1890 - 1963.

      Avatar
      schrieb am 11.08.03 17:55:29
      Beitrag Nr. 70 ()
      Danke für das Posting # 69!

      Ah ja, ich wußte doch, daß ich den Mann aus einem Film zu kennen glaubte!
      Oh nein, jetzt kommt schon wieder diese Putzfrau in den PC-Pool und - aua, aua , ja ich geh ja schon...
      Bis morgen dann,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 11.08.03 17:56:59
      Beitrag Nr. 71 ()
      Der Vertriebenenausweis ...

      Man sieht, daß selbst Vertriebensein ein Status ist, der des Nachweises seiner selbst bedarf! :(
      Avatar
      schrieb am 15.08.03 11:19:02
      Beitrag Nr. 72 ()
      Wobei meiner Meinung nach die Richter zumindest teilweise das Buch von Jachomowski nicht richtig gelesen haben, denn sie scheinen in ihrem Urteil die gerade noch gelungene "Flucht" der deutschsprachigen Minderheit im nordwestlichen Siebenbürgen zusammen mit den deutschen und ungarischen Truppen 1944 aus dem nördlichen Siebenbürgen doch als "Vertreibung" zu bezeichnen, was meiner Meinung nach nicht korrekt ist. Ich bleibe dabei, daß es eine "echte Vertreibung" aus Rumänien heraus nie gegeben hat, weil die rumänische Bevölkerungsmehrheit nie Animositäten gegen "die Deutschen" hegte. Sie hatten ja auch wie die Mehrheit der Ungarn keinen Grund dazu, denn das Deutsche Reich erhob niemals Territorialansprüche auf rumänischen oder ungarischen Boden, während solche Ansprüche in Polen und Tschechien meiner Meinung nach die Hauptauslöser für die wirklich pogromartige und "echte Vertreibung" der dortigen deutschsprachigen Minderheiten waren.

      P.S. zu Posting # 67, Absatz a):
      :)
      Ich war natürlich in den letzten Tagen und speziell gestern unterwegs, um durch Kaskadenüberlastungen im Nordwesten Amerikas zu testen, ob das Stromenergie-Netz der "Québécois" separatistisch genug ist, um einem zukünftigen "Freistaat Québéc" Genüge tun zu können.
      (Für die Mit-Leser der NSA: Das ist natürlich ein Scherz!
      - Ein Québécois hätte mich vorgestern übrigens beinahe totgeschlagen, als er gesehen hat, daß ich noch ein "quois" an "Québéc dranhänge, was er zunächst als ironische Übertreibung interpretierte; Spezial-Scherz nur für Eingeweihte der französischen Sprache)
      ;)
      Resultat meiner gestrigen Bemühungen: Das Stromnetz Québécs ist für die Abspaltung von Kanada jederzeit bereit !!!
      Québéc könnte noch heute seine völlige stromtechnische Unabhängigkeit erklären. Toronto und Ottawa liegen im völligen Dunkeln, aber in Montreal und Québéc erstrahlt das Licht der "feurigen Frankophonie" von Québéc! Da sieht man doch wieder, welche Vorzüge ein jahrhundertelanger Hang zum ethnischen Sonderstatus haben kann.
      :D
      Die Stromausfälle im Nordwesten Amerikas finden schlagartig ihr Ende an den Bundesstaatsgrenzen von Québéc, weil dieser kanadische Bundesstaat sich in weiser Voraussicht niemals in das nordamerikanische Verbundnetz eingegliedert hatte.
      Texas übrigens und komischerweise auch nicht!?!
      Nach den TV-Nachrichten vom französischsprachigen "Radio Canada" aus Ottawa, die man morgens um 8.00 Uhr im französischen Kabel-"Tele 5" aus Frankreich empfangen kann, wurde gezeigt, daß es nur 4 große, voneinander unabhängige Stromnetze in Nordamerika gibt: 1. den Westen von Alaska und Kanada runter bis einschließlich mittlerer Westen der USA, 2. den Osten von Florida bis Ost-Kanada und dann komischerweise 3. Québéc und 4. Texas. (HÄÄÄ?!)

      So, das war`s für diese Woche wieder mal, weil dummerweise dieser LovSan-Virus das für mich speziell zuständige Rechenzentrum zwar nicht lahmgelegt hat, aber doch so verlangsamt hatte, daß ich allein für dieses Posting schon eine halbe Stunde brauchen werde.
      Bis nächste Woche,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 15.08.03 11:36:25
      Beitrag Nr. 73 ()
      Texas komischerweise auch nicht - das ist ganz logisch, denn Texas ist Amerikas Bayern...
      In Ottawa soll es zu argen Plünderungen gekommen sein. Kein Wunder - es gibt dort ein reichhaltiges Museum of Fine Arts ... :)
      Avatar
      schrieb am 15.08.03 11:37:56
      Beitrag Nr. 74 ()
      Nachtrag zum ersten Abschnitt in Posting # 72 und dem letzten aus dem Urteilsauszug in Posting # 68:
      Oder eine andere Erklärungsmöglichkeit: Die Richter meinen überhaupt gar nicht die Ereignisse in Rumänien mit der Passage "vor dem Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen", sondern diejenigen in Böhmen und Mähren nach der Umsiedlung der betreffenden Familie dorthin, haben dies dann aber nicht mehr klar ins Urteil geschrieben oder das Urteil wurde so verkürzt in diesem Auszug wiedergegeben, daß es mißverständlich wurde.
      Avatar
      schrieb am 15.08.03 11:42:11
      Beitrag Nr. 75 ()
      @ Incognita (Posting # 73):
      Ah, daß Texas das Bayern der USA ist, hatte ich gerade leider ganz vergessen. Naja, wenn die Mehrheiten in diesen jeweiligen exotischen Ländern mit ihren speziellen Eigenheiten für ihre Unabhängigkeit stimmen sollten, hätte ich natürlich auch nichts dagegen.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 17.12.03 12:08:06
      Beitrag Nr. 76 ()
      In meiner Begeisterung über die Parallelen zwischen frankophonen Québécois und germanophon-südosteuropäischen "Deutschen" habe ich in diesem Thread doch tatsächlich zu erwähnen vergessen, wer noch so alles zur o.g. zweiten Kategorie gehört.
      Außerdem vergaß ich zu erwähnen, daß ich mal so einen tollen Sketch von Jürgen von der Lippe gesehen habe, in dem er die Stimmen von Peter Maffay und Helge Schneider ganz hervorragend imitiert.
      In seiner Imitation von Helge Schneider sagt Jürgen von der Lippe nicht nur, daß der arme Peter Maffay im Lied "Und es war Sommer" nicht nur 16 Jahre warten mußte, bis er seinen ersten Sommer erlebt ("eine arme Sau"), sondern daß der Peter auch noch so komisch singt, weil er eigentlich aus "Muränien" kommt und daher einen leichten "muränischen Akzent" hat, also eigentlich "eine ganz arme Sau" ist.
      ;)
      Kleine Details über Maffays Herkunft findet man hier
      http://www.rasscass.com/templ/te_bio.php?PID=704&RID=1

      Weitere bekannte Leute, die von Geburt her deutsche oder deutschsprachige "Muränen" waren bzw. sind, sind übrigens sehr wahrscheinlich der in der Nähe von Großwardein (Oradea) geborene Vater von Albrecht Dürer und noch so`n paar Typen wie Johannes Honterus, Samuel von Brukenthal, Stephan Ludwig Roth, Rudolf Brandsch, Hans Otto Roth, Hermann Oberth, Gregor von Rezzori, Alfred Margul-Sperber, Rose Ausländer, Paul Celan, Elie Wiesel etc.
      Aus Paul Celans Gedicht "Todesfuge" stammt übrigens der öfters zitierte Satz "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland", wonach auch mal eine deutsche Fernseh-Serie und ein Buch betitelt worden sind.
      Avatar
      schrieb am 17.12.03 12:34:44
      Beitrag Nr. 77 ()
      Nebenbei bemerkt, es kamen aus den Vielvölkerregionen Osteuropas öfters die genialsten Schriftsteller und Dichter, gelegentlich sogar die Nationaldichter zweier oder mehrerer späterer Staaten aus einer einzigen Stadt und ihrer Umgebung, z.B. aus Czernowitz kamen die ukrainischen Nationaldichter Osip Jurij Fedkowicz von Horodynskyi, Olga Kobylanska, Lydia von Semaka, der rumänische Nationaldichter Mihai Eminescu und vielleicht, wenn er nicht das Pech gehabt hätte, "nebenberuflich" Jude zu sein, wäre aus den tiefenpsychologisch äußerst eindringlichen Gedichten von Paul Celan eine deutsch-osteuropäische "Nationaldichtung" der "deutschsprachigen Kultur" in Osteuropa geworden.
      Weil ich`s psychologisch so grandios gelungen finde ...
      (WARNUNG: mein Deutschlehrer meinte mal, dieses Gedicht ist vermutlich für eine lyrische Ausdrucks-Form der größtmögliche tiefenpsychologischer "Overkill" mit verheerender Wirkung),
      ... bringe ich hier auch noch mein "muränisches Lieblingsgedicht" von Paul Celan:


      Die Todesfuge


      Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
      wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
      wir trinken und trinken
      wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
      Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
      der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
      er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei
      er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde
      er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz

      Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
      wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
      wir trinken und trinken
      Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
      der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
      Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng

      Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt
      er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
      stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf

      Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
      wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends
      wir trinken und trinken
      ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
      dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen
      Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland
      er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft
      dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

      Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
      wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
      wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken
      der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
      er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
      ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
      er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
      er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland

      dein goldenes Haar Margarete
      dein aschenes Haar Sulamith
      Avatar
      schrieb am 29.04.04 08:58:24
      Beitrag Nr. 78 ()
      Ich muß gestehen, seit dem Fußball-Länderspiel gestern abend frage ich mich selbst, ob ich ein wirklich-richtig-echter-wahrer Deutscher bin.
      Ich wage es ja kaum zu sagen, aber ich fand das Fußballspiel Deutschland-Rumänien aus folgenden Gründen "schön"(!):
      1.
      Bisher habe ich mich nämlich zu meiner Schande kaum für Fußball interessiert, aber gestern abend konnte ich sehen, daß viele Spieler unserer Nationalmannschaft genau dieselbe Einstellung zum Fußball haben wie ich.

      2.
      Ich war gestern abend zu rumänischen Freunden eingeladen und bekam viele lustige Witze über Deutsche erzählt und konnte mich bei einem hervorragenden Essen köstlich amüsieren.

      3.
      Ich finde es "schön", daß unsere Fußballspieler aus Solidarität mit den Millionen Arbeitslosen in Deutschland und Rumänien in eine Haltung der solidarischen Arbeitsverweigerung eingetreten sind.

      4.
      Ich finde es gerecht, wenn Fußballspieler so viel verdienen, daß sie sich auch Zweit- und Drittfrauen leisten können und durch die dadurch entstehenden BILD-Schlagzeilen so berühmt werden, daß sie kaum noch Zeit für ihren Beruf haben und so ärmeren Rumänen die Gelegenheit geben, um so mehr zu leisten. Überhaupt denke ich, daß sich Rumänien durch dieses Spiel erst richtig Aufmerksamkeit für einen baldigen EU-Beitritt verdient und somit dafür endgültig qualifiziert hat.

      5.
      Ein altes japanisches Sprichwort sagt:
      "Man lernt wenig aus seinen Siegen, aber viel aus seinen Niederlagen!"
      In diesem Sinne freue ich mich schon sehr auf unser nächstes Länder-Spiel gegen die Niederlande.

      In freudiger Erwartung der Zukunft,
      Auryn
      ;)
      Avatar
      schrieb am 29.04.04 09:22:35
      Beitrag Nr. 79 ()
      Polen ziehen in den Krieg, Tschechen revolutionieren die Radartechnik... was sollen ausgerechnet jetzt noch die kickenden Goijm, ist alles nicht schon schlimm genung für uns Toitsche?

      Schieb lieber die Witze rüber, auf dass wir uns dran aufrichten mögen.
      Avatar
      schrieb am 29.04.04 09:42:32
      Beitrag Nr. 80 ()
      Na gut, Tutnix (Posting # 79), aber in Deutsch klingen die Witze nicht so toll wie im kürzer gesprochenen rumänischen Original und man braucht ein gewisses Background-Wissen:

      Der erste Witz zeigt die untergeordnete Haltung von oltenischen und siebenbürgischen Rumänen unter die Fähigkeiten der deutschen Siebenbürger Sachsen:
      Ein Oltenier (= die rumänische Variante der Ostfriesen) kommt in eine deutsche Metzgerei, kauft seine erste deutsche Wurst und sagt: "Boah, so eine toll riechende Wurst habe ich ja noch nie gerochen, geschweige denn gegessen. Wie ißt man die?"
      Der deutsche Metzger: "Wie, was meinst Du? Wie soll ich das erklären?"
      Der Oltenier: "Na, Ihr Deutsche habt doch für alle Eure wunderbaren Sachen eine schriftliche Gebrauchsanleitung, damit auch andere Völker euch folgen können. Kannst Du mir nicht eine solche schreiben?"
      Der deutsche Metzger denkt, na gut, schreib` ich diesem oltenischen Deppen eben eine Wurstgebrauchsanweisung und schreibt auf rumänisch: "Hülle vorsichtig mit einem Messer abziehen, Wurst vorsichtig in dem Mund schieben, langsam zerkauen, dabei genießen und freuen!" Er gibt die Wurst als Wurstkette dem Oltenier, der sie bezahlt, sie sich über die Schulter hängt und damit nach draußen zu seiner Feldarbeit wandert. Einer der in Rumänien streunenden Hunde schießt kurz darauf an ihm vorbei, reißt ihm die Wurstkette weg und läuft damit davon.
      Der Oltenier aber denkt sich: "Ha, du dummer Hund, du wirst nicht viel von der Wurst haben, denn nur ich habe die deutsche Gebrauchsanleitung dazu!"

      Leider weiß ich nicht, ob ich heute noch die Zeit für einen zweiten Witz habe, aber vielleicht am Abend mehr davon...
      Avatar
      schrieb am 29.04.04 11:03:03
      Beitrag Nr. 81 ()
      Ich hab´ auch einen. Allerdings eher ein deutscher Naost-Witz

      Gott möchte den Leistungsträgern der WO-Gemeinde einen Wunsch erfüllen. Deep Thought wünscht sich nicht Dringlicheres, alsdass alle Nahost-Resolutionen in Erfüllung gehen. Worauf Stirner raunt, man möge um alle Juden einen möglichst hohen Zaun ziehen. Ja wenn das so ist, überlegt Sep, dann hätt´ ich gern ´n Cappucino!
      Avatar
      schrieb am 29.04.04 11:08:12
      Beitrag Nr. 82 ()
      Hm, ja, der scheint gut gewesen zu sein, aber für die Pointe mit dem Cappucino scheint nun wieder mir das "Background-Wissen" zu fehlen, weil ich gar nicht mehr so häufig "onboard" war. Ich bestell` mir darauf jedenfalls `nen "Tsuika"!
      ;)
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      schrieb am 29.04.04 11:10:59
      Beitrag Nr. 83 ()
      Kennst de nich´? Schaum vorm Mund? Steht im Inferno aber frag mich nicht wo.
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 13:21:08
      Beitrag Nr. 84 ()
      Gelegentlich werde ich gefragt: " Sag` mal, (mein echter Vorname ;) ), wie kommt es eigentlich, daß da in Rumänien deutsche Bauern und Handwerker, denen die Adligen seit Kaiser Otto, dem soundsovielten, im Mittelalter in Deutschland zu unterdrückerisch waren, seit 800 Jahren in Siebenbürgen siedeln und sich immer noch als Deutsche betrachten?"

      Dann sage ich in letzter Zeit: " Tjaaaah, das ist so `ne Art Sonderfall, denn Siebenbürgen hat in den letzten 800 Jahren ab und zu mal den Besitzer gewechselt (Ungarn, Osmanisches Reich, Österreich, Ungarn, Rumänien etc.) und die Volkszugehörigkeit bestimmte eben die Identität, wenn ständig die Herrscher wechseln. Außerdem kommt da noch dazu, daß die Deutschen bzw. die Siebenbürger Sachsen immer eine Minderheit waren, die wegen ihrer Fähigkeiten von den Herrschern angeworben worden waren, z.B. Bergleute, Handwerker oder Wehrbauern. Jahrhundertelang konnte niemand in Osteuropa so schnell Wälder abholzen, in Ackerland verwandeln und in den darauf entstehenden Städten die steuerzahlenden Untertanen der Herrscher vermehren. Dieses Ansehen der deutschen Minderheiten hat sich in einigen wenigen Ländern bis heute erhalten und das beste Beispiel für die Leistung und den zugeschriebenen Fähigkeiten der Deutschen sind die ziemlich einzigartigen Wahlergebnisse der Deutschen in ihren rumänischen Hochburgen. In Sibiu/ Hermannstadt leben 155.000 Menschen, davon vielleicht noch 2.000 Siebenbürger Sachsen / Deutsche, aber sie haben die Wahlen mit 88 Prozent aller Stimmen gewonnen und die rumänischen Medien außerhalb von Sibiu sprechen von einer Sensation, die nicht enden will (denn dies sind schon die zweiten Wahlen mit diesem Ergebnis!) und die böswilligeren rumänischen Nationalisten sprechen von einer zukünftigen Minderheiten-Diktatur. Dabei vergessen sie aber, daß vor allem die rumänische Bevölkerung in Sibiu mit den Deutschen ja wohl hochzufrieden sein muß, wenn diesmal sogar noch mehr Rumänen die Deutschen gewählt haben.

      Der geneigte Leser betrachte dazu den folgenden Artikel aus der " Hermannstädter Zeitung" und verzeihe die Umwandlung von " und - in ?:

      Haushoher Sieg der deutschen Minderheit in den Kommunalwahlen in Rumänien


      Nachdem die ersten Hochrechnungen einen haushohen Wahlsieg des amtierenden Hermannstädter Bürgermeisters Klaus Johannis vorausgesagt hatten, herrschte am Abend des Kommunalwahlsonntags, dem 6. Juni, im Haus des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) Feiertagsstimmung.

      Etwa zur selben Zeit spielte auf dem Großen Ring in Hermannstadt, zum Abschluß des Theaterfestivals, wenige Meter vom Forumshaus entfernt, die rumänienweit beliebte Rockgruppe ?Iris?, und kurz vor Mitternacht begrüßte Festivaldirektor Constantin Chiriac den wiedergewählten Bürgermeister auf der Bühne, und Johannis dankte den Hermannstädtern für das ihm ausgesprochene Vertrauen. Es wurde minutenlang applaudiert.

      Dann bewegte sich das Volk zur 90er Kaserne hin, wo ein Feuerwerk angesagt war - die Heltauergasse war dicht, ebenso der gesamte Platz zwischen 90er Kaserne und Bulevard-Hotel bis hin zum Bürgermeisteramt, wo Klaus Johannis einsam wartete: Die Gegenkandidaten waren seiner Einladung zu einer Begegnung im Rathaus nicht gefolgt. Das Feuerwerk galt übrigens nicht ihm oder dem Wahlsieg des Forums, wie viele Zuschauer gemeint hatten, sondern bezeichnete das Ende des Theaterfestivals.

      ?Unglaubliche? 91 Prozent der Hermannstädter hätten Johannis gewählt, hatte Sonntag abend, 22 Uhr die Fernsehstation Antena 1 gemeldet. Und: Das DFDR habe 60 Prozent der Sitze im Stadtrat und um die 50-60 Prozent im Kreisrat. Das war, wie sich ein-zwei Tage später herausstellen sollte, dann doch zu hoch gegriffen. Hier die amtlichen Ergebnisse: Klaus Johannis wurde mit 88,7 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Die DFDR-Stadtratkandidaten erhielten 60,43 Prozent der Stimmen. Infolgedessen wird das Forum im 23köpfigen Stadtrat 16 Leute sitzen haben - was die absolute Mehrheit bedeutet.

      Das Ergebnis ist um so bemerkenswerter, als von den rund 155.000 Einwohnern der einstmaligen ?sächsischen Haupt- und Hermannstadt? nur noch etwa 2.000 sächsisch, d. h. deutsch sind. Die Auszählung der für den Hermannstädter Kreisrat abgegebenen Stimmzettel scheint etwas schwieriger gewesen zu sein. Denn erst am Dienstag abend war klar: Das DFDR hat 29 Prozent der Stimmen und damit 11 Sitze im 33köpfigen Kreisrat bekommen, gefolgt von PSD mit 8, PD mit 6, PNL mit 5 und PUR mit 3 Sitzen.

      Am Mittwoch gab Johannis bekannt, daß das DFDR Martin Bottesch zum Kreisratsvorsitzenden vorschlagen und die Bildung einer ?großen Koalition? im Kreisrat anregen werde. So könne, unabhängig vom Ausgang der Parlamentswahlen im Spätherbst 2004, im Kreis Hermannstadt die politische Stabilität erreicht werden. Schließlich gehe es in den Kommunen nicht um doktrinäre Auseinandersetzungen, sondern ?um Politik im Dienste und im Sinne der Bürger?. Die Verhandlungen mit den anderen Parteien seien in vollem Gange. Priorität Nummer eins, so Johannis, seien für das Forum die in zwei Wochen stattfindenden Stichwahlen in Mediasch und in Heltau. Denn dort hat das Forum zwei Kandidaten im Rennen stehen.

      Das Forum stellt in Mediasch vier Stadträte und schickt mit Daniel Thellmann den bestplazierten Kandidaten fürs Bürgermeisteramt in die Stichwahl. Thellmanns Gegenkandidat ist Marius Piteiu (PD). In Heltau steht Johann Krech, der Kandidat des Forums, ebenfalls an erster Stelle; er tritt gegen Roberto Dietrich (PNL) an. Auch hier stellt das Forum vier Stadträte. Weitere DFDR-Räte im Kreis Hermannstadt gibt es in Kleinschelken (3), Lasseln (3), Agnetheln (1) und Kleinscheuern (1). Auch im Kreis Sathmar haben die Forumskandidaten gute Ergebnisse erzielt: vier Bürgermeister (Gabor Fezer in Tiream, Mihai Löchli in Ciume?ti, Maria Nagy in Petresti - die 51jährige amtiert seit 1990 - und Mihai Heinrich in Foieni; ein Kandidat - Stefan Lang in Capleni - geht am 20. Juni in die Stichwahl) und 52 Gemeinderäte (in Turulung, Tiream, Ciumesti, Petresti, Foieni, Camin, Capleni, Ardud, Sanislau, Urziceni, Terebesti, Berveni, Moftin, Tasnad, Iojib und Craidorolt); auf UDMR-Listen sind zwei Forumsmitglieder in den Sathmarer Kreisrat und ebenfalls zwei in den Großkaroler Stadtrat gewählt worden. Der stellvertretende Forumsvorsitzende von Bildegg/Beltiug, Emeric Pleth, trat als Unabhängiger an und wurde Bürgermeister.

      In Schäßburg kamen drei Forumskandidaten in den Stadtrat.

      Im Kreis Kronstadt kam ein Forumskandidat in Zeiden in den Stadtrat und einer in Bonnesdorf in den Gemeinderat. Im Banat erzielte das DFDR sieben Sitze in Kommunalräten (im Kreis Temesch in Busiasch und Billed, im Kreis Caras-Severin in Anina und in Wolfsberg/Garana und im Kreis Arad in Peregu Mare und Pankota). In Wolfsberg muß sich der DFDR-Bürgermeisterkandidat Karl Rank der Stichwahl stellen. Der von der PSD nominierte Josef Retter wurde in Pankota mit 80 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt. (B. U.)

      Hermannstädter Zeitung Nr. 1881/11. Juni 2004, S. 1 und 2.

      http://www.hermannstaedter.ro/modules.php?name=News&file=art…
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      schrieb am 04.07.04 13:25:04
      Beitrag Nr. 85 ()
      Ups, da wollte ich doch eigentlich "bis zu 88 Prozent aller Stimmen" schreiben...
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 16:13:32
      Beitrag Nr. 86 ()
      "Was macht uns zu einem Deutschen..."



      Die zufällige Geburt in einen repressiven, Mafia-ähnlichen "Rechts"-Nationalstaat, der neue Schuldner, Konsumenten und Steuerzahler braucht.

      Deshalb ist ein Austritt auch unmöglich...
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 17:40:18
      Beitrag Nr. 87 ()
      Also wir können uns als Gegenentwurf zu Posting # 86 ja auch einen netten extrem linken Staat vorstellen und nehmen mal als amüsantes Beispiel Nord-Korea.
      Natürlich nur so zum Spaß und nur so zum bitteren Vergnügen versetzen wir uns mal in die Lage der lustigen Nord-Koreaner und vergleichen das mal mit unserer deutschen Realität.

      Versuchsanordnung nach nord-koreanischer Realität:

      Der Lebensstandard stagniert dann auf dem Niveau von 1955. Es gibt absolut keinen unkontrollierten Kontakt per Post, Telefon oder Internet zur Welt außerhalb von Nord-Korea. Selbst die nordkoreanischen Briefe zur Familienzusammenführung von im Koreakrieg 1950-53 getrennten Familien werden seit 50 Jahren zensiert. Die systembedingt verordnete Autarkie Nord-Koreas führt bei jeder kleinen Dürre oder einem Kälteeinbruch - ca. alle drei Jahre in den letzten 15 Jahren - zu einer Lebensmittelknappheit, die in den letzten 15 Jahren insgesamt ca. 2 bis 5 Millionen Einwohner durch systemverträgliches hungerbedingtes Frühableben beseitigt hat. Zugang zu ausländischen Informationsmedien ist natürlich verboten und Handys wurden neulich mal den Einheits-Partei-Funktionären erlaubt, dann aber wegen der "Informations-Überflutungsgefahr" wieder verboten.
      Immerhin ist das juristische System Nord-Koreas das menschenfreundlichste der Welt, denn es gibt überhaupt gar keine Gefängnisse (!!!), nur ein paar kleine "staatliche Einrichtungen zur Umerziehung system-destabilisierender Elemente und Individuen". Die Höchststrafe in Nord-Korea sind dementsprechend auch lediglich "20 Jahre sozialer individueller Arbeitshilfe zum Wohle des Volkes". Darüber hinaus gehende Strafen wurden von den nordkoreanischen Juristen als körperlich zu anspruchsvoll bewertet und wurden daher durch "schonendes Erschießen" ersetzt.
      Um das Volk nicht zu beunruhigen, ist die Zahl der "Umzuerziehenden" und der durch "schonendes Erschießen" Bestraften offiziell nicht zugänglich und ein Staatsgeheimnis. Das gilt in wesentlichen auch witzigerweise für die Zahl der Parteimitglieder der Einheitspartei.
      Irgendwie nur komisch, daß das von den USA seit 50 Jahren unterdrückte und gnadenlos ausgebeutete Süd-Korea nach den offiziellen Statistiken der UNO ein fünfunddreißig-fach höheres Pro-Kopf-Einkommen als Nord-Korea aufzuweisen hat, wo doch die nord-koreanische Einheitspartei seit 50 Jahren nur das Beste für ihre Bevölkerung tut.
      Woran könnte das nur liegen? Ob uns da wohl George Orwells Buch "1984" irgendwie weiterhelfen könnte?
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 18:38:44
      Beitrag Nr. 88 ()
      Auryn, ich wußte, dass diese Reaktion vor dir kommen würde, und ich habe Verständnis dafür.

      Aber wie wäre es wohl, wenn wir uns überhaupt keinen Staat vorstellen würden?

      Geht nicht?

      Du weißt ja sicher meinen Standpunkt- Nationalstaaten haben sich lediglich deshalb in der Geschichte entwickelt, um nach außen und innen der Herrschaft zu frönen- nach außen, damit man genug Kraft bündelte, um gegen Nachbarn und Feinde gewappnet zu sein, nach innen, damit man seine Bürger in abstrakter Form beherrschen kann...
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 19:25:18
      Beitrag Nr. 89 ()
      @SittinBull: Wenn etwas nie funktionieren wird, dann ist es die Anarchie.
      Der Mensch sehnt sich geradezu nach Führung, jemanden, der ihm erzählt, wo es lang geht, und sei es der entführende Terrorist. Und es steckt tief in den Genen bzw. im Unterbewußtsein. wenn du die Natinalstaaten auflöst, werden sich sofort wieder neue Kondensationskeime bilden wie in Mad Max. ;)

      Die jederzeit wiederholbaren Milgram-Experimente zeigen das ziemlich klar.
      Avatar
      schrieb am 06.07.04 19:33:48
      Beitrag Nr. 90 ()
      Anarchie heißt bei dir Chaos, nicht wahr?


      Abgesehen davon: Du hast recht. Ohne Regeln geht es nicht. Gibt es außerhalb der Herrschaft keine andere Organsisationsform, die auf Regeln basiert?


      ( PS: Vorsicht, das ist eine Fangfrage! )


      Milgram. Ja, Eindeutig. Jeder, der in einer Herrscher-Position kommt, mißbraucht seine Macht. Jeder.
      Aber dazu muss er die Macht erst einmal haben / bekommen.

      Ist diese von Natur aus da?


      Nehmen wir mal einen Hercules der Geschichte. Wie viel Macht hat G.W. Bush? Sehr viel?

      Ist er selber mächtig, oder die Strukturen die hinter ihm stehen? Wenn er vor dir stehen würde, von Mann zu Mann, und du dir alle anderen Strukturen wegdenkst. Wie mächtig kann er dann noch sein?
      Avatar
      schrieb am 13.07.04 09:38:41
      Beitrag Nr. 91 ()
      @ SittinBull (Posting # 88):
      Sorry für die späte Antwort, aber dafür fällt sie um so größer aus.
      ;)
      Ähm, also vom politologischen Standpunkt aus ist Dein Verständnis des Staates tatsächlich arg "anarchisch", nicht unbedingt "anarchistisch", denn wenn man den Staat in unserem heutigen Verständnis mit dem Wunsch nach einem "Souverän" früherer Zeiten gleichsetzt, dann ist nach dem Verständnis von Staatstheoretikern früherer Jahrhunderte der "möglichst unparteiische Staat" das kleinere Übel gegenüber dem Machtstreben mächtiger Familien oder reicher Einzelner.
      Wie stellst Du Dir ein Zusammenleben von Menschen ohne die Herausbildung von bestimmten Machtstrukturen vor, SittinBull?
      (Im antiken Ägypten begannen die Machtstrukturen sehr wahrscheinlich schon damit, daß die Ägypter einfach nur seßhaft am Nil als Bauern lebten und damit reicher wurden als die Nomaden, die aus Besitzgier begannen, die Ägypter zu überfallen, weshalb sich die Bauern einen Führer für eine Schutzarmee zuzulegen, aus dem dann Jahrhunderte später ein Pharao werden sollte.)
      Als Beispiel im England der Renaissance brachten die äußerst nüchtern-desillusioniert argumentierenden englischen Staatstheoretiker Hobbes und Locke die britische Geschichte mit den spätmittelalterlichen Rosenkriegen ("The Rose Wars") zwischen den reichen Adels-Familien York und Lancaster, die beide Rosen in ihren Wappen führten. Die Auseinandersetzung zwischen beiden Familien um die Herrschaft in England basierte auf den Fähigkeiten beider Seiten, sich riesige Privatarmeen leisten zu können und führte schließlich zur Verwüstung großer Landstriche. Dabei war der Krieg zwischen beiden letztendlich sinnlos, denn beide Familien wurden vernichtet und den Thron übernahm dann das Geschlecht der Tudors.
      Als weiteres Beispiel für die Vorzüge eines Staatswesens führten Hobbes und Locke die Verwüstungen durch die europäischen Religionskriege zwischen den herrschenden Adelsfamilien und die Nachfolger von Hobbes und Locke die Folgen des Dreißigjährigen Krieges für ganz Europa an. Das zersplitterte Deutschland brauchte über 100 Jahre, um wieder die Bevölkerungszahl und das Maß an Wohlstand zu erreichen, der vorher geherrscht hatte.
      Hätte es - nach der Argumentation von Hobbes und Locke - eine unparteiische, souveräne Staats-Macht mit ihr ergebenem Militär gegeben, wäre es vielleicht auch zu Kämpfen gekommen, aber die Privatarmeen hätten gar nicht erst entstehen dürfen. Natürlich war diese Argumentation ein ziemliches Plädoyer für einen ziemlich absoluten König nach dem Vorbild von Elisabeth I., aber man muß der Argumentation zugestehen, daß England unter Elisabeth I. in kürzester Zeit reicher und mächtiger wurde als alle anderen europäischen Staaten. Dabei besaß England bis zum Versuch der Landung der spanischen Armada nicht einmal ein stehendes Heer.
      Avatar
      schrieb am 13.07.04 09:42:57
      Beitrag Nr. 92 ()
      Und als Fortsetzung von Posting # 91 empfehle ich das Handbuch zur Politikwissenschaft, das auf Seite 490 oder so zum Begriff "Staat" sehr vieles zu bieten hat:

      Staat
      Die Wörter stato, estato, Status und etat wurden erstmals in der Renaissancezeit zur Bezeichnung von Herrschaftsverbänden, Herrschaftsgebieten und Herrschaftsgewalt verwendet und fanden, wie dann auch das niederländisch-deutsche Wort »Staat«, zunehmend Eingang in die wissenschaftliche Literatur und die Diplomatensprache. Vom 19. Jh. an wurde das Wort Staat (St) allgemein für den mit oberster Gewalt ausgestatteten Herr-schaftsverband verwendet und verdrängte die älteren Begriffe res publica, civitas, Imperium und regnuni.
      l. Staaten als rechtlich verfaßte Gemeinschaften mit oberster Regelungsmacht: Gemeinschaften entstehen in der Weise, daß eine Mehrzahl von Menschen ihr Handeln nach bestimmten Verhaltensnormen aufeinander einstellt und es dadurch koordiniert: etwa nach den Geboten und Riten einer Religion, nach überkommenen Gebräuchen, nach den Normen einer St-Verfassung, eines bürgerlichen Gesetzbuches, einer Straßenverkehrsordnung usw. Die staatliche Rechtsgemeinschaft ist eine Gemeinschaft, deren Zusammenleben durch »garantiertes Recht« geordnet ist, d.h. durch Normen, deren Befolgung durch rechtlich organisierte Erzwingungsverfahren gewährleistet ist. Durch die zuverlässige Rechtsgewährleistung wird eine wesentliche Aufgabe des St erfüllt: Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu sichern. Um ihre Befriedigungsfunktion zu erfüllen, muß die staatliche Gemeinschaft das Recht wirksam durchsetzen und hierbei insbesondere das »Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit« (Max Weber) gegen nichtstaatliche (kriminelle oder politische) Gewalttätigkeiten behaupten. In dieser »Effizienz« des staatlichen Regelungssystems spiegelt sich die Macht des St wider (?> Politische Herrschaft und Macht). Ein St, der die Macht hat, sein Recht durchzusetzen und seine Bürger wirksam zu schützen, hat aber auch die Macht, diese zu bedrücken. Deshalb stellt sich mit der Forderung nach einer effizienten St-Gewalt zugleich die Forderung, daß diese St-Gewalt nur kontrolliert und unter rechtsstaatlichen Sicherungen ausgeübt wird (?> Gewaltenteilung, ?> Rechtsstaat). Die Normen, die das Zusammenleben in einer staatlichen Gemeinschaft regeln, müssen nicht nur »effizient« sein, sie müssen sich auch widerspruchsfrei zu einer funktionsfähigen
      Gemeinschaftsordnung zusammenfügen. Um diese »Homogenität» der staatlichen Normenordnung zu sichern, müssen alle rechtlichen Regelungsbefugnisse (»Kompetenzen«) unter der Verfügungsmacht eines höchsten St-Organs (z.B. eines Parlaments oder eines Monarchen) stehen, das die oberste Regelungsmacht (»Kompetenzenhoheit«) ausübt. Alle rechtlichen Regelungsbefugnisse in einem St müssen daher auf einer Ermächtigung beruhen, die unmittelbar oder mittelbar auf diese zentrale Regelungsmacht zurückführbar ist. Für die Widerspruchsfreiheit der staatlichen Normenordnung wird aber nicht nur durch diesen »Stufenbau der Kompetenzen« gesorgt, sondern auch dadurch, daß die ergangenen Rechtsnormen gleichfalls in einer Rangordnung stehen, verbunden mit der Kollisionsregel, daß niederrangiges Recht ungültig ist, soweit es mit einer höherrangigen Norm in Widersprach steht. Aus der Rangordnung: Verfassung, Gesetz, Rechtsverordnung folgt dann, daß ein verfassungswidriges Gesetz ungültig ist, desgleichen eine Rechtsverordnung, die einem Gesetz oder der Verfassung widerspricht.
      Bodin verband in seiner Lehre von der ?r Souveränität des St den Gedanken einer zentralen Regelungsmacht mit der Vorstellung der Unabhängigkeit des Souveräns, d. h. mit der Vorstellung, daß dessen Regelungsmacht nicht von anderen Gewalten abgeleitet ist. Jenes Organ im St, das die zentrale Regelungsmacht ausübt, sollte in zwei Hinsichten unabhängig (»absolut«) sein: gegenüber auswärtigen Mächten (das hieß zur Zeit Bodins insbesondere gegenüber Kaiser und Papst) und gegenüber innerstaatlichen Gewalten (das hieß zur Zeit Bodins insbesondere gegenüber den Ständen). Durch diese zentrale und unabhängige Regelungsmacht sollte insbesondere der innerstaatliche Frieden gesichert werden. Vor dem Hintergrund der Hugenottenkriege war dies für Bodin nicht abstrakte Theorie, sondern eine ganz praktische politische Forderung.
      St ist also eine rechtlich organisierte, mit unabhängiger Regelungsmacht ausgestattete Gemeinschaft. Mit anderen in einem St zu leben bedeutet, sich mit ihnen zusammen in einem Zustand (»Status«) rechtlich geordneten Zusammenlebens zu befinden. Damit ist also eine bestimmte »Verfaßtheit« des Zusammenlebens bezeichnet. - Unter der ?> Verfassung im technischen Sinn versteht man aber nur die grundlegenden Normen einer
      Staat 491
      Rechtsgemeinschaft. Zu ihnen gehören die Grundentscheidungen über die St-Organisa-tion: nämlich darüber, welches die obersten St-Organe sind, wie sie bestellt werden, welche Kompetenzen sie haben, nach welchen Regeln sie verfahren und wie sie insbesondere zusammenwirken. Teil der Verfassung sind femer die Normen über die grundsätzliche Stellung der Bürger zum Staat: nämlich über die politischen Rechte der Bürger und über ihre Grundrechte. Zur Verfassung gehören schließlich die wesentlichen Prinzipien und Zielbestimmungen, die diesen organisatorischen Vorschriften und Rechtsgarantien zugrunde liegen (z. B. Achtung der Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit; ?> Rechtsstaat; ?> Sozialstaat).
      2. Das Staatsvolk: Unverzichtbares Element jedes St ist ein St-Volk, verstanden als die Gesamtheit der unter der Regelungsmacht dieses St stehenden Menschen. Zu ihnen gehören im Territorial-St alle im St-Gebiet befindlichen Menschen, ohne Rücksicht auf ihre St-Angehörigkeit. Das St-Volk befindet sich selbst in der Tyrannei nicht vollständig in der Situation einseitiger Gewaltunterworfenheit. Schon faktisch beruht staatliche Herrschaft nie auf bloßer Gewalt, sondern immer auch auf »loyaler« Gehorsamsbereitschaft wenigstens eines Teiles der Herrschaftsunterworfe-nen; in der Tyrannei muß wenigstens jene Gruppe, die über die Machtmittel verfügt, in einem Verhältnis der Loyalität, also der freiwilligen Gehorsamsbereitschaft, gegenüber dem Tyrannen stehen.
      Der Begriff des St-Volkes im soeben genannten Sinne deckt sich nicht ganz mit der Gesamtheit der St-Bürger (St-Angehörigen). Nur den mündigen St-Bürgern (nicht auch den Ausländern und den Staatenlosen) kommt in der ?» Demokratie auch die Rolle zu, die obersten St-Organe zu bestellen, möglicherweise auch Volksentscheide zu treffen und auf diese Weise Quelle und Legitimationsbasis aller St-Gewalt zu sein (Identität der Regierenden mit den Regierten).
      Vom St-Volk im erstgenannten Sinn und von der Gesamtheit der St-Angehörigen unterscheidet sich die Nation, verstanden als die Gesamtheit der Menschen, die sich durch ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl verbunden wissen (?> Nation/Nationalismus/Nationalstaat). Dieses ist durch eine Vielzahl von Faktoren (Artverwandtschaft, Kulturgemeinschaft, politische Schicksalsgemeinschaft) bedingt, Faktoren, die im Einzelfall in sehr un
      terschiedlicher Weise und mit sehr verschiedenem Gewicht für die Begründung jenes nationalen Zusammengehörigkeitsgefühls eine Rolle spielen. Der Nationalstaatsgedanke fordert, daß jede Nation im soeben beschriebenen Sinn einen St bilden solle. Wo die St-Grenzen sich nicht mit denen der Nationalitäten decken, entsteht das Minderheitenproblem (?» Minderheiten). Wo ein St mehrere Volksgruppen umfaßt, verlangt die moderne Bewegung des Regionalismus über das klassische Minderheitenschutzrecht hinaus eine weitgehende Autonomie für eigenständige Volksgruppen, also eine multizentrale Organisierung der St gemäß ihrer ethnischen Gliederung. Dadurch sollen insbesondere ethnische Konflikte abgebaut werden.
      3. Das Staatsgebiet: Im Personenverbands-St (etwa der Völkerwanderungszeit) hat die Einheit des Herrschaftsverbandes personale Bezüge (Zugehörigkeit zu einem Stammesverband). Demgegenüber ist im Territorial-St ein fest umgrenztes Gebiet Grundlage der Einheit des Herrschaftsverbandes: Wer immer sich auf dem Territorium befindet, unterliegt der territorialen Regelungsgewalt. Der moderne St ist also »Gebietskörperschaft«. Juristisch gesehen ist das St-Gebiet jener Bereich, auf dem die Regelungsmacht eines staatlichen Herrschaftsverbandes wirksam ausgeübt werden kann. Es ist also ein Kompetenzenbereich. Das St-Gebiet ist kein bloßer Teil der Erdoberfläche, sondern es ist dreidimensional, erstreckt sich also auch in den Raum unterhalb und oberhalb der Erdoberfläche, allerdings nur so weit, wie die faktische Be-herrschbarkeit reicht (St-Gewalt ist bedingt und begrenzt durch die faktische Möglichkeit ihrer wirksamen Ausübung). Horizontale Abmarkung des St-Gebietes sind Landgrenzen, Flußgrenzen, Grenzen in Binnengewässern und Grenzen am Meer. Zum Meer hin erstreckt sich die staatliche Verfügungsgewalt nach neuerer Völkerrechtspraxis nicht nur auf die Küstengewässer, sondern in begrenztem Umfang auch auf eine »Wirtschaftszone«, die 200 Meilen ins Meer hineinreicht.
      4. Entstehungs- und Erklärungsmodelle: Es gibt verschiedene Modelle, die darzustellen versuchen, in welchen historischen Prozessen oder nach welchen soziologischen Gesetzmäßigkeiten St und staatliche Gewalt entstanden sein sollen. Die Patriarchaltheorie nimmt an, St seien in ihren frühen Entwicklungsstufen aus Familien und Familienverbänden hervorgewachsen, die unter der Führung eines Sip-
      492 Staat
      penhauptes (Patriarchen) oder eines Rates von Familienhäuptern gestanden hätten. Sippen hätten sich zu Schutz- und Kampfgemeinschaften verbunden, die als nomadisierende Gruppen oder Dorfgemeinschaften zusammenlebten. Diese seien wiederum durch Heiraten, Verwandtschaften und rituelle Bande zu Volksstämmen verbunden worden. Bei solchen Zusammenschlüssen, insbesondere auf höheren Stufen, zumal bei der Gründung von Stammes verbänden, haben auch bündische, also vertragliche Elemente eine Rolle gespielt. Die genetische Vertragstheorie wollte diesen Faktor zu einem umfassenden Entstehungsmodell staatlicher Herrschaft erheben;
      darin lag aber eine unzulässige Verallgemeinerung eines Elements, das nur neben anderen eine Rolle spielte. An eine andere, partikuläre Entstehungsbedingung, die im Feudalsystem eine Rolle spielte, knüpft die Patrimo-nialtheorie an mit ihrer Annahme, daß Herr-schaftsgewalt sich auf das Eigentum des Landesherrn am St-Gebiet gründe. Die Machttheorien schließlich gehen von der Annahme aus, daß St-Gewalt aus Machtverhältnissen entstanden sei: entweder durch kriegerische Begründung einer Herrschaftsgewalt über ein unterworfenes Volk oder aber dadurch, daß in einer Gesellschaft selbst eine Gruppe die Macht über die anderen erlangte. Gegen die Machttheorien ist einzuwenden, daß die herrschende Gruppe selbst allein durch Macht, sofern man sie als bloße Gewalt versteht, zusammengehalten werden kann.
      5. Rechtfertigungen des Staates: Von der Frage nach den faktischen Entstehungsbedingungen staatlicher Herrschaftsverbände zu unterscheiden ist die Frage nach deren Rechtfertigung: ob und aus welchen Gründen die Existenz solcher Herrschaftsverbände eine Berechtigung hat. Da staatliche Herrschaft eine vielfältige Einschränkung der persönlichen Freiheit mit sich bringt und den einzelnen Opfer abverlangt, läßt sich eine solche Rechtfertigung nur durch den Nachweis erbringen, daß die staatliche Gemeinschaft, und nur sie, Zwecke erfüllt, die schwerer wiegen als die genannten Beeinträchtigungen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der grundsätzlichen Rechtfertigung staatlicher Gemeinschaften und der Rechtfertigung spezifischer Ausgestaltungen und Betätigungen des St.
      Für die grundsätzliche Rechtfertigung staatlicher Herrschaftsverbände pflegt man mehrere Zwecke anzuführen: Vor allem soll der mit
      einem Gewaltmonopol ausgestattete Staat Rechts frieden und Sicherheit gewährleisten, die Aggressivität, Begehrlichkeit und Rachsucht der Menschen in Schranken halten und dafür sorgen, daß das Zusammenleben mit anderen Menschen nicht zu einem »Krieg aller gegen alle« (Hobbes) werde. Eine andere, vor allem auf Aristoteles zurückgehende Rechtfertigungstheorie macht geltend, daß nur in einer wohlgeordneten Gemeinschaft die einzelnen zur vollen Entfaltung ihrer Anlagen und Fähigkeiten gelangen und ein zivilisiertes Leben führen könnten. Menschen seien ihrer Natur nach gesellige Wesen und seien aufeinander angewiesen. Die Befürworter der ?> Demokratie erkennen die Unvermeidlichkeit staatlicher Gemeinschaftsordnung an, halten diese aber nur dann für gerechtfertigt, wenn ein Maximum an individueller Freiheit erhalten bleibt: Diejenigen, die der St-Gewalt unterworfen sind, sollen zugleich Träger der St-Gewalt sein (Identität der Regierenden mit den Regierten, Rousseau). Da dieses Ideal sich nicht voll verwirklichen läßt, soll für alles politische Handeln wenigstens die brei-testmögliche Konsensgrundlage aufgesucht werden. Indem man dies tut, verschafft man auch den konkreteren Zielsetzungen und Regelungen eines politischen Systems demokratische Legitimität (?> Legalität und Legitimität).
      Die Theorien des ?> Anarchismus bestreiten, daß es eine zureichende Rechtfertigung des St als Herrschaftsverband gebe. Soweit sie überhaupt rationale Begründungsversuche für ihre Ansicht angeben, beruhen diese zumeist auf der optimistischen Erwartung, man könne entweder die Sozialstrukturen oder die menschliche Gesinnung oder beide zusammen dahingehend verändern, daß die Menschen friedlich und wohlgeordnet zusammenleben, ohne daß es des Regulativs einer St-Gewalt bedürfe, die für Rechtsfrieden und einen gerechten Ausgleich sorge.
      6. Typische Organisationsformen und Machtstrukturen: Um eine Übersicht über die Vielfalt konkreter St-Gestaltungen und politischer Machtstrukturen zu gewinnen, sie zu vergleichen und ihre typischen Vor- und Nachteile darzustellen, kann man sie unter verschiedenen Gesichtspunkten zu Typen zusammenfassen. Dabei muß aber bewußt bleiben, daß auf solche Weise immer nur einzelne Strukturelemente komplexer Tatbestände gedanklich isoliert werden, während in der Wirklichkeit z. B. staatsorganisatorische
      Staat 493
      Form und soziale Machtstruktur vielfältig miteinander verflochten bleiben.
      Ein alter Typisierungsvorschlag teilt St nach ihrer Organisationsform ein (?> Staatsformen), nämlich danach, wer Inhaber der höchsten Kompetenzen (Regelungsbefugnisse) im St ist. Unter diesem Gesichtspunkt hat man Monarchie oder Diktatur (Herrschaft eines einzelnen), Aristokratie oder Oligarchie (Herrschaft weniger) und Demokratie (Herrschaft des ganzen Volkes) unterschieden. Repräsentative Demokratien erscheinen als Mischformen mit oligarchisch-elitären und demokratischen Komponenten (?» Demokratie). Die Bildung von Repräsentativorganen hat den Zweck, Handlungsfähigkeit des politischen Systems zu gewinnen und eine gewisse Rationalität und Kontrollierbarkeit des politischen Prozesses zu gewährleisten. So ist die Bildung besonderer St-Organe für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung die »technische« Voraussetzung einer institutionalisierten Gewaltenkontrolle (?> Gewaltenteilung). Eine wirksame »Rückkoppelung« der Repräsentativorgane an den demokratischen Willen der Gesamtheit besteht nur dann, wenn diese wenigstens in zeitlichen Abständen über echte sachliche und personelle Alternativen zu entscheiden hat. Dies geschieht vor allem in Wahlen, die, wenn sie relevant sein sollen, sich auf die Bildung der künftigen Regierung auswirken müssen (?» Wahlen und Wahlsysteme). Unter diesen Bedingungen sind Regierung und Parlament auch zwischen den Wahlterminen genötigt, sich an dem erkennbaren Willen des überwiegenden Teiles des Volkes zu orientieren, um sich für die kommende Wahl eine Chance zu erhalten.
      Unter dem Aspekt der sozialen Gewalten hat man Kasten- und Klassenherrschaften unterschieden. Der ?> Marxismus hält den St für ein Instrument in den Händen der ökonomisch herrschenden Klasse zur UnterdrÜkkUng der ausgebeuteten Klasse. Die Herrschaft einer bestimmten Schicht muß aber nicht notwendig ökonomisch bedingt sein (?» Soziale Klassen und Schichten). Auch ein »Regime der Funktionäre«, etwa hoher Parteifunktionäre, ist die Vorherrschaft einer definierbaren gesellschaftlichen Schicht. Das Konzept des pluralistischen St (?> Pluralismustheorien) bezeichnet eine strukturelle Vielfalt im Bereich der sozialen Gewalten (Interessenverbände, Kirchen und andere weltanschauliche Gruppierungen, Presse-
      und Rundfunkuntemehmen; ?> Verbände);
      sie sollen in einem offenen Wettbewerb der Interessen und Meinungen zu Kompromissen kommen, die für den überwiegenden Teil des Volkes akzeptabel (konsensfähig) sind. Die unvermeidliche Organisierung der Interessenten bringt aber die Gefahr unangemessener Durchsetzung partikulärer Interessen mit sich. So erwächst dem St die Aufgabe, gegen den übermäßigen Einfluß einzelner pluralisti-scher Kräfte einen angemessenen Interessenausgleich durchzusetzen; dies ist das Hauptanliegen der Thematik von ?> Staat und Gesellschaft.
      Andere Typisierungen ergeben sich, wenn man den St unter dem Gesichtspunkt betrachtet, ob die St-Gewalt die Tendenz hat, möglichst viele Lebensgebiete (»totum«) zu erfassen und zu reglementieren, oder ob sie dahin tendiert, gesellschaftliche und persönliche Lebensbereiche in weitem Umfang von ihren Regelungsansprüchen freizustellen. Diese Polarität vergegenständlicht sich in den Typen des totalitären und des liberalen St (?> Liberalismus; ?> Totalitarismus). Der freiheitliche ?» Sozialstaat steht im Spannungsfeld liberaler und totalitärer Tendenzen. Einer totalitären Ausweitung der St-Gewalt setzen insbesondere die Institutionen des -» Rechtsstaates Grenzen, unter ihnen insbesondere die Einrichtung der Gewaltenteilung und Gewaltenkontrolle. Individuelle Freiheitsbereiche werden vor allem durch Grundrechte (?> Grund- und Menschenrechte) abgesichert. Andererseits darf sich der St der Industriege-sellschaft nicht zu weit aus der Verantwortung für die Steuerung sozialer Prozesse zurückziehen; denn in der Industriegesellschaft funktioniert die vom Liberalismus erhoffte Selbstregulierung der ökonomischen und gesellschaftlichen Prozesse nicht im erforderlichen Ausmaß. Das optimale Verhältnis zwischen dem Anteil staatlicher und »autonomer« Regelung gesellschaftlicher Prozesse zu finden stellt eine permanente Aufgabe dar, die sich nicht ein für allemal durch eine präzise Regel lösen läßt.
      Wieder unter einem anderen Aspekt läßt sich die föderative Struktur in den politischen Gemeinwesen darstellen (?» Föderalismus). Sie ist ein Organisationsmuster, das sich in seinem weitesten Sinn von der kommunalen Ebene über regionale, gliedstaatliche und nationale Stufen bis hinauf zu den supranationalen Organisationen erstreckt. Das durchgängige Funktionsprinzip liegt darin, daß auf
      494 Staatsformen
      der Ebene kleinerer territorialer Einheiten solche Regelungen und Vorsorgen selbstverantwortlich getroffen werden sollen, die nur oder doch vorwiegend deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Überregional relevante Interessen und Interessenkonflikte hingegen sollen auf jener höheren Ebene abgeklärt werden, die der Reichweite dieser Interessen entspricht. Die größeren politischen Einheiten erscheinen so als Wirkungszusammenhänge politischer Teilsysteme. Diesen soll soviel Selbstverantwortung wie möglich überlassen bleiben. Den einzelnen oder die kleinere Gemeinschaft all das regeln und besorgen zu lassen, was sie ebensogut erledigen können wie umfassendere Organisationen, entspricht auch dem Subsidiaritätsprinzip (?> Christliche Soziallehre). Es entspricht insbesondere dem Wunsche nach Bewahrung in-stitutioneller Vielfalt und dem Bedürfnis, in überschaubaren Lebensbereichen zu regem, was nicht dringend einer zentralistischen Regelung bedarf. Auf diese Weise soll den einzelnen ein Höchstmaß an Mitbestimmung (?> Partizipation) und staatsbürgerlicher Verantwortung übertragen werden. Dadurch soll vor allem auch dem Wachstum zentralisti-scher Bürokratien und der Entstehung eines totalitären St vorgebeugt werden.
      Reinhold Zippelius
      Fleiner-Gerster, T.: Allgemeine Staatslehre. Berlin 1980. - Heller, H.: Staatslehre. Leiden 1934. - Herzog, R.: Allgemeine Staatslehre. Frankfurt/M. 1971. -Jelli-nek. G.: Allgemeine Staatslehre. Berlin `1913. - Knete, M.: Einführung in die Staatslehre. Reinbek 1975. -Krüger, H.: Allgemeine Staatslehre. Stuttgart ^WSö. -Kühn, H.: Der Staat. Eine philosophische Darstellung. München 1967. - Loewenstein, K.: Verfassungslehre. Tübingen `1969. - Willms, B.: Einführung in die Staatslehre. Paderborn 1979. - Zippelius, R.: Allgemeine Staatslehre. (Politikwissenschaft). München `1985. - Ders.: Geschichte der Staatsideen. München `1985.
      Staatsformen
      l. Die ältere Staatsformenlehre von Aristoteles bis Kant: Die Lehre von den Staatsformen (S) gehört zu den ältesten Gebieten der ?> Politikwissenschaft. Sie entstand in der Antike im Zusammenhang mit Überlegungen über den Staatszweck. Der -> Staat (besser:
      die Polis, Stadtstaat, prinzipiell vom modernen Staat zu unterscheiden) ist nach der »Politik« des Aristoteles die menschliche Gemeinschaft, die das vornehmste Gut verfolgt, näm
      lich das gute Bürgerleben unter Freien. Dies unterscheide ihn von der Gemeinschaft des Haushalts. In diesem gebe es Herrschaft über Ungleiche und Unfreie; Kennzeichen des guten Staates dagegen sei die Herrschaft über Freie und Gleiche. Die Fragen »Wer und wie viele herrschen?« und »Herrschaft zu welchem Zwecke?« führen Aristoteles zu den Einteilungskriterien der S. Herrschen können einer, wenige oder die Menge, und zwar entweder zum Wohle aller oder aber nur zum eigenen Vorteil der Herrschenden. Staaten, die das Wohl aller anstreben, sind l. Königtum, 2. Aristokratie (Herrschaft der Besten), 3. Politie (Herrschaft der Menge zum Wohle aller). Verfolgen die Herrschenden nur ihren eigenen Nutzen, so ergibt sich l. Tyrannis, 2. Oligarchie (die Minderheit der Reichen herrscht zu ihrem Vorteil), 3. Demokratie (die Menge herrscht zum Vorteil der Armen). Das Prinzip, die Staaten nach der Anzahl der Herrschenden einzuteilen, hat sich, zumeist in der einfacheren Form Monarchie, Aristokratie, ?> Demokratie, durch die staatsphilosophische Literatur bis in die Neuzeit hindurchgezogen.
      Machiavelli (1469-1492) vereinfachte in seiner Schrift »Der Fürst« die überkommene S-Lehre noch einmal. Alle Staaten seien entweder Republiken, in denen mehrere oder viele Personen herrschen, oder Fürstentümer, in denen nur eine Person herrscht. Dieses simple Einteilungsprinzip sollte sich als folgenreich erweisen. Republiken, insbesondere die der Antike, galten in der staatsphilosophischen Literatur als Staaten, in denen sich die Tugenden ihrer Bürger, vom Macht- und Ruhmstreben der Monarchen unbehindert, entfalten konnten. Republikanische Verhältnisse zu schaffen gehörte deshalb zu den Zielen der bürgerlichen Freiheitsbewegungen. Zusätzliches Gewicht erhielt das Ideal der Republik durch die Fassung, die ihm Rousseau (1712-1778) gegeben hat. Für ihn war sie die Staatsform, in der Gesetze herrschen, die vom Gemeinwillen (volonte generale), dem Ausdruck tugendhafter Staatsbürgergesinnung, abgeleitet worden sind. Bringen übermächtige Einzel- und Gruppeninteressen den Gemeinwillen zum Verstummen, so bilden sich Verfallsfonnen wie Oligarchie und Despotie, die dann vorliegen, wenn die Reichen oder ein einzelner die Kompetenzen des Volkes an sich reißen. Bedeutsam ist auch Rous-seaus Unterscheidung von Staatsform und Regierungsform geworden. Die Republik als
      Staatsformen 495
      Staatsform besitzt Institutionen, die garantieren, daß der Volkswille sich in den Gesetzen niederschlägt. Aufgabe der Regierung ist der Gesetzesvollzug und die Aufrechterhaltung der bürgerlichen und politischen Freiheiten. Das Regierungsamt kann einem einzelnen, mehreren oder allen Bürgern anvertraut werden. So gesehen kann von einer monarchischen, aristokratischen und demokratischen Regierungsform gesprochen werden. Da jedoch eine Vereinigung der Gesetzgebung und des Gesetzesvollzugs in einem einzigen Organ dem Machtmißbrauch Vorschub leisten würde, stelle die Demokratie als Regierungsform so hohe Anforderungen an die Tugendhaftigkeit der Bürger, daß sie wohl für ein »Volk von Göttern«, dagegen nicht »für Menschen« geeignet sei.
      Das bloß numerische Einteilungsprinzip wurde in den Lehren der »gemischten« und »gemäßigten« Staats- oder Regierungsform um das Prinzip der Herrschaftshemmung ergänzt. Sie finden sich zwar bereits in der »Politik« des Aristoteles, haben jedoch ihre maßgebliche Ausgestaltung, die, verknüpft mit der Gewaltenteilungslehre, das Verfassungsdenken der Neuzeit erheblich beeinflußt hat, vor allem in den politischen Theorien (?* Politische Ideengeschichte) von Locke (1632-1704) und Montesquieu (1689-1755) gefunden. Die Form eines Staates hängt. Locke zufolge, von der Plazierung der obersten Gewalt, d. h. der Legislative, ab. Von einer Monarchie werde z. B. dann gesprochen, wenn diese bei einer Einzelperson liege. In gut geordneten Staaten seien jedoch, um Machtmißbrauch zu verhindern, Legislative und Exekutive auf verschiedene Institutionen verteilt (?» Gewaltenteilung). Die englische Variante dieser Konstruktion, die darin besteht, daß die legislative Gewalt sowohl bei beiden Häusern des Parlamentes (?> Parlamentarismus) als auch beim Monarchen mit der Maßgabe hegt, daß beide bei ihrer Ausübung zusammenwirken müssen, nennt Locke »gemäßigte Monarchie«. Gegensatz hierzu ist die »absolute Monarchie«, der Locke wegen ihrer freiheits-feindlichen Auswirkungen überhaupt nicht die Qualität einer Staatsform zubilligen will. Auch Montesquieu zielt, am englischen Beispiel orientiert, auf ein »gemäßigtes Regime« (gouvemement modere) ab, das zustande kommt, wenn die Prinzipien der Monarchie, der Aristokratie und der Demokratie gemischt werden. Er unterscheidet drei Gewalten im Staat: Exekutive, Legislative und Juris
      diktion. Die Exekutive müsse bei einem Monarchen, die Legislative bei der Vertretung des besitzenden Teils des Volkes und einer Adelsversammlung und die Jurisdiktion bei unabhängigen Gerichten liegen (mit der Ausnahme, daß die Gerichtsbarkeit über den Adel der Adelsversammlung zukommen solle). Nur in derart geordneten »gemäßigten Regimes« könne es politische ?» Freiheit geben, da in ihnen »eine Gewalt die andere« hemme. Kant (1724-1804) hielt ebenfalls das »Staatsprinzip der Absonderung der ausführenden Gewalt (der Regierung) von der gesetzgebenden« für das entscheidende Prinzip einer republikanischen Regierungsart, die er vom Despotismus unterschied. Die Regierungsart sei für das Volk weit bedeutender als die Staats formen Autokratie, Aristokratie und Demokratie.
      2. Staatsformenlehre im 19. und 20. Jh.: Die Verfassungsentwicklung der westlichen Staaten im 19. Jh. hat zu Erscheinungen geführt, die mit dem Begriffssystem der überkomme-nen S-Lehre nur schwer zu erfassen waren. In England wuchs der Einfluß des Parlaments bis zu dem Punkt, an dem der Monarch bei der Bestellung des Chefs seiner Regierung auf die Zustimmung der Mehrheit des Parlaments angewiesen war (?> Parlamentarismus). Die sog. parlamentarischen Monarchien, die sich auch in Belgien, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern herausbildeten, verloren immer mehr den Charakter einer monarchischen Staatsfonn im Sinne der Herrschaftsausübung durch eine Einzelperson. Der Monarch wurde vielmehr zu einer neutralen Gewalt über den ?» Parteien, der vor allem die Funktion der?» Repräsentation des Staatsganzen, gelegentlich auch Schiedsrichterfunktionen zukommen und die nur selten entscheidend in den Gang der politischen Dinge eingreift. Anders verhielt es sich mit der »konstitutionellen Monarchie« des Wilhelminischen Reiches, in der die Gesetzgebung zwar kraft ?> Verfassung (Konstitution) der Volksvertretung oblag, die Exekutive jedoch vom Monarchen bestellt wurde und ihm allein verantwortlich war. Demokratie bedeutete in der älteren S-Lehre stets direkte Demokratie, d.h., dem Volk wurde nicht nur die Rolle des Gesetzgebers, sondern auch die der gesetzesvollziehenden Regierung zugeschrieben. Die demokratische Idee setzte sich jedoch in Verbindung mit dem Prinzip der Volksrepräsentation durch, so daß die S-Lehre gehalten war, den Begriff der »repräsentativen demokrati-
      496 Staatsformen
      sehen Republik« und, im Hinblick auf die Staatsform der USA, den einer »demokratischen Präsidentschaftsrepublik« in ihr System aufzunehmen.
      Die Staatslehre des sog. Rechtspositi vismus hat sich um die Jahrhundertwende darum bemüht, zu einer neuen Systematik der S-Lehre zu gelangen. Nach G. JeUinek (1851-1911) ist eine wissenschaftlich befriedigende Einteilung der S nur als rechtliche Einteilung möglich; das rechtliche Unterscheidungsprinzip aber sei das nach der Art der staatlichen Willensbildung. Es ergänzen sich zwei Möglichkeiten: Entweder vollziehe sich die Willensbildung gänzlich innerhalb einer physischen Person, oder aber es werde der staatliche Wille aufgrund eines juristischen Vorganges aus den Willensaktionen einer Mehrheit physischer Personen gewonnen. Damit nimmt Jellinek die Einteilung der S in Monarchien und Republiken wieder auf; ein Kriterium, von dem aus er auch die Vielfalt der modernen S erschließen will. Besondere Schwierigkeit bereitet ihm dabei die moderne parlamentarische Monarchie. Diese sei streng juristisch nicht zu fassen, da eine rechtliche Fixierung der Vorherrschaft des Parlaments über den Monarchen die monarchische Staatsform völlig zerstören würde. Kelsen (1881-1973) präzisierte den Ansatz Jellineks, indem er die Staatsform als Rechtserzeugungsfonn definierte. Von dieser Position aus gelangte er zu einer Relativierung der Machiavellischen Zweiteilung. Es mache wenig Sinn, einen Staat, in welchem die -* Gesetzgebung bei einem auf allgemeinstem und gleichstem Wahlrecht (?> Wahlen und Wahlsysteme) beruhenden Parlament liege, als Monarchie zu bezeichnen, bloß weil dem Monarchen ein suspensives Veto gegen die Gesetzesbeschlüsse des Parlaments zustehe, und einen Staat als Republik, in dem Legislative und Exekutive einer kleinen Gruppe von Personen überantwortet seien, die als Repräsentanten einer aristokratischen oder plutokratischen Schicht aufträten. Die entscheidenden Unterschiede bestünden zwischen Demokratie als der S, in der der Staatswille von denjenigen selbst erzeugt wird, die dieser Ordnung unterworfen sind, und der Autokratie, einem unfreien Staat, in welchem die Staatsordnung unter völligem Ausschluß der ihr Untertanen von einem einzigen, allen anderen darum als Herr Gegenüberstehenden gesetzt werde. Diese Grundeinteilung wird auch von H. Heller (1891-1933), der die Staatslehre nicht als
      Rechtswissenschaft, sondern als Wirklichkeitswissenschaft verstanden wissen wollte, übernommen. Demokratie bedeute Machtaulbau von unten nach oben; Autokratie dagegen Organisation des Staates von oben nach unten. Das demokratische Prinzip der Volkssouveränität müsse man richtig verstehen als polemisches Prinzip der politischen Machtverteilung im Gegensatz zum Prinzip der Herrschersouveränität (-^Souveränität). Obwohl es im politischen Leben nicht rein verwirklicht werden könne, bleibe doch die Tatsache, daß im Gegensatz zur Autokratie größere und kleinere Teile des Staatsvolkes über eine wirksame politische Macht verfügten, die vor allem in der Bestellung, Abberufung und Kontrolle der politischen Führer praktisch werde (?» Politische Herrschaft und Macht). Die juristische Zurechnung der Staatsgewalt zum Autokraten weiche gleichfalls von der Wirklichkeit ab. Daß alle Rechtsgrenzen der autokratisch-diktatorischen Staatsgewalt beseitigt seien, bedeute nicht Allmacht des Diktators, sondern nur, daß dessen Macht an den tatsächlichen gesellschaftlichen Machtverhältnissen ihre Grenzen finde. Da aber die moderne Technik die Methoden der Massenlenkung gewaltig gesteigert hätte, vermöge der Leiter eines Diktaturapparates die Staatsgewalt in einem ungeahnten Maße zu monopolisieren. Die von Kelsen und Heller herausgearbeiteten Grundtypen der S leiten bereits zu den Analysen von Regierungssystemen durch die moderne ?> Politikwissenschaft über.
      3. Die Methoden der Staatsformenlehre: Die von der S-Lehre überwiegend angewandte Methode ist die der Klassifikation. Es werden diejenigen Merkmale empirisch vorfindlicher Staaten herausgegriffen, von denen angenommen wird, daß sich die Staaten danach sinnvoll einteilen lassen, z. B. die Anzahl der herrschenden Personen. In der Geschichte der staatsphilosophischen Literatur ist immer wieder versucht worden, die Klassifikation durch Ableitung der S aus den diesen zugrundeliegenden und sie bedingenden Prinzipien des wirklichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und geistig-kulturellen Zusammenlebens der Menschen zu ersetzen. Für Hegel (1770-1831) hat der Staat einen Ort in dem komplexen System der Entfaltungs- und Ver-gegenständlichungsformen des (göttlichen) Geistes. Wesentliche Seinsfonnen und Stufen des vergegenständlichten Geistes sind die »Familie«, die »bürgerliche Gesellschaft« (?>
      Staatsformen 497
      Bürgertum/Bürgerliche Gesellschaft) und die »Stände«. Im Staate schließlich, der, wenn er vernünftig ist, notwendig die Form einer ständestaatlichen Monarchie annimmt, werden diese Entfaltungsformen des Geistes oder der Sittlichkeit zur Einheit zusammengefaßt. Einen Gegenentwurf zu dem Versuch Hegels, den Staat und seine Form aus seinen geistigen Voraussetzungen abzuleiten, bildet der Historische Materialismus des Hegel-Schülers Marx (1818-1883; -> Marxismus). Im dritten Band des »Kapital« gibt er eine methodologische Anleitung zur Analyse der S: »Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten - ein Verhältnis, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft entspricht -, worin wir das innerste Geheimnis, die verborgene Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion und daher auch der politischen Form des Souveränitäts- und Abhängigkeitsverhältnisses, kurz, der jedesmaligen spezifischen Staatsform finden.« Marx und Engels hielten die bürgerliche und demokratische Republik für die »klassische Form der Bourgeoisieherrschaft«, weil sie den institutionellen Rahmen für eine gemeinsame Herrschaft verschiedener Fraktionen der Bourgeoisie mit divergierenden Interessen bereitstelle; zudem sei sie die S, auf deren Boden das Proletariat den politischen Sieg erkämpfen kann. Der Bonapartismus, d. h. die Autokratie eines Angehörigen des Adels oder des Großbürgertums, der in Krisenzeiten die Macht usurpiert und im Interesse der Bourgeoisie ausübt, ist nach Marx die »einzig mögliche Regierungsform« und »schließliche Form« der Staatsmacht in einer Epoche, in der die Bourgeoisie die Fähigkeit, die Nation zu beherrschen, schon verloren hat und die Arbeiterklasse diese Fähigkeit noch nicht besitzt. Freilich ist die Marxsche methodologische Anleitung, die S aus den Produktionsverhältnissen zu entwickeln, ein Programm geblieben, das auch von späteren marxistischen Autoren nur unvollkommen eingelöst wurde.
      R. Smend wendet sich gegen das in der modernen Staatslehre verbreitete Prinzip, die Gegebenheit des Staates einfach vorauszusetzen. Für ihn sind die S »Verwirklichungstypen der staatlichen Totalität«, die er als »Integration« des gesellschaftlich-politischen Lebens
      zu einer geistigen Einheit, die im individuellen Bewußtsein Wirklichkeit werde, begreift. Im ?> Parlamentarismus nimmt der Prozeß der staatlichen Integration die Form der Auseinandersetzung in der öffentlichen Meinung, in Wahlkämpfen (?> Wahlen und Wahlsysteme) und in der parlamentarischen Erörterung und Abstimmung an. C. Schmitt hat noch einmal versucht, die S Demokratie und Monarchie, die dem Gegensatz der beiden politischen Formprinzipien Identität und ?> Repräsentation entsprechen, nicht aufgrund formaler Merkmale, sondern in ihren wesentlichen Bestimmungen zu erfassen. Der Monarch repräsentiere die politische Einheit des Staates. Demokratie bedeute dagegen als Staatsform wie als Regierungs- und Gesetzgebungsform Identität von Herrscher und Gehorchenden. Das Volk sei Träger der verfassunggebenden Gewalt und gebe sich selbst seine ?> Verfassung. Daneben könne das Wort Demokratie auch eine Methode der Ausübung bestimmter staatlicher Tätigkeiten angeben. Dann bezeichne es eine Regierungs- und Gesetzgebungsform und bedeute, daß in dem System der Gewaltenunterscheidung eine oder mehrere dieser Gewalten, z. B. die Gesetzgebung oder die Regierung, nach demokratischen Prinzipien unter möglichst weitgehender Beteiligung der Staatsbürger organisiert seien. Zum Wesen der Demokratie gehöre die Gleichheit, und zwar nicht die allgemeine Menschengleichheit, sondern Gleichheit als politischer Begriff, d.h. substantielle Homogenität des Volkes. Das Volk müsse in einer Demokratie öffentlich in Erscheinung treten, könne sich dort aber nur durch Akklamation (deren moderne Form die öffentliche Meinung sei) äußern. Politische Führung, ja, Diktatur, sei mit Demokratie vereinbar: Voraussetzung hierfür sei, daß die Personen, die regieren und befehlen, in der substantiellen Gleichartigkeit des Volkes verblieben. Ferner dürfe die Auslese der Tüchtigsten nie dazu führen, daß sich eine besondere Schicht bilde, die das demokratische Gleichheitsprinzip verletze (?> Eliten). Schmitt hält ?> Parlamentarismus und Demokratie für Gegensätze. Der Parlamentarismus ist für ihn ein Produkt der liberalen Bourgeoisie, entstanden im Kampf gegen die absolute Monarchie. Seine ideellen Grundlagen, Konsensbildung durch Diskussion in einem homogen bürgerlich zusammengesetzten Parlament, seien unter den Bedingungen der pluralistischen Gesellschaft (?> Pluralismustheorien) entfallen; seine gegen-
      498 Staat und Gesellschaft
      wältige Praxis tendiere dazu, die Entscheidungsfähigkeit des Staates zu untergraben. Unter der Herrschaft des ?> Nationalsozialismus sprach sich Schmitt für den Führerstaat aus, den er als mit dem Prinzip der Demokratie für vereinbar ausgab.
      4. Gegenwärtiger Problemstand: In der gegenwärtigen politikwissenschaftlichen Literatur sind Zweifel an der Aussage- und Erkenntniskraft der S-Lehre laut geworden. Ihre der alteuropäischen ?> politischen Kultur entsprungene Begrifflichkeit vermag die empirischen politischen Prozesse zwischen politischen Institutionen, politischen Kräften wie Parteien und sozialen Bewegungen sowie geistigen Mächten wie Ideologien in der Staatenwelt der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart nur unzureichend zu erfassen. Dies läßt sich an dem Phänomen der sog. totalitären Staaten (?> Totalitarismus) des 20. Jh. zeigen, deren Institutionen und Machtgebilde von denen, die der traditionellen S-Lehre bekannt und von ihr beschrieben worden sind, entscheidend abwichen; ebenfalls an den staatlichen und politischen Formen in der dritten Welt, die von der S-Lehre fremden kulturellen Voraussetzungen geprägt sind. Deshalb hat die moderne ?» Politikwissenschaft ihr Augenmerk weniger auf die S und die von ihnen unterscheidbaren Regierungsformen gerichtet, als vielmehr versucht, die politischen Abläufe in einem Regierungssystem, d. h. innerhalb der gesamten institutionalisierten politischen Entscheidungsstruktur (engl. govemment) eines Gemeinwesens, zu analysieren. Die dabei entwickelten Begriffe weichen häufig von denen der S-Lehre ab. Methodische Fragen und Ergebnisse der modernen politikwissenschaftlichen Lehre von den Regierungssystemen werden in einem eigenen Artikel erörtert (?> Regierungssystem).
      Walter Euchner
      Berber, F.: Das Staatsideal im Wandel der Weltgeschichte. München ^WS. - Heller, H.: Staatslehre. Leiden 1934. - Imboden, M.: Die Staatsformen. Baseü Stuttgart 1959. - Jellinek, G.: Allgemeine Staatslehre. Berlin 1922. - Küchenhoff, E.: Möglichkeilen und Grenzen begrifflicher Klarheit in der Staatsionnenleh-re. 2 Bde. Berlin 1967. - Kelsen, H.: Allgemeine Staatslehre. Berlin 1925. - Poulantzas, N.: Staatstheorie. Hamburg 1978. - Schmitt, C.: Verfassungslehre. Berlin 1928. - Zippelius, R.: Allgemeine Staatslehre (Politikwissenschaft). München `1985.
      Avatar
      schrieb am 13.07.04 10:01:39
      Beitrag Nr. 93 ()
      Als Nachtrag zu Posting # 84 fehlt noch dieser Artikel zur äußerst ungewöhnlichen Beliebtheit der deutschen Minderheit bei den rumänischen Wählern :

      Am vergangenen Freitag fanden die konstituierenden Sitzungen der Stadträte von Hermannstadt, Mediasch und Heltau statt. In Hermannstadt und in Mediasch legten die gewählten Bürgermeister, Klaus Johannis und Daniel Thellmann, den Eid ab, die Vereidigung des Bürgermeisters von Heltau, Johann Krech, wurde vertagt. In Hermannstadt werden alle Fachausschüsse des Stadtrats von Stadträten des DFDR geleitet.

      Nach seiner Vereidigung sagte Bürgermeister Johannis: ?Die Hermannstädter haben einer Organisation ihr Vertrauen geschenkt, die keine politische Partei ist. Das ist ein atypisches Vertrauensvotum, und wir wollen uns seiner würdig erweisen und zusammenarbeiten. Wir haben auf die beiden Vizebürgermeisterposten verzichtet, weil wir, obwohl wir die absolute Mehrheit im Stadtrat haben, keine Diktatur der Minderheit über die Mehrheit errichten wollen.? So wurden, nach vorangegangenen zähen Verhandlungen mit den betreffenden Parteien, Ioan Banciu (PSD) und Eugen Mitea (PNL) zu Vizebürgermeistern vorgeschlagen und gewählt.

      Vorsitzende der Fachkommissionen sind: Helmut Mathes (Haushalt, Finanzen), Kurt Klemens (Verwaltung, Rechtsfragen, öffentliche Ordnung, Menschenrechte), Gerold Hermann (Handel, Dienstleistungen), Hans Klein (Städtebau) und Marianne Fritzmann (Unterrichtswesen, Gesundheit, Kultur, Sozialfürsorge, Sport und Jugend).

      In Mediasch wurde der ehemalige Berufsoffizier Teodor Neamtu von der Allianz PD-PNL zu Daniel Thellmanns Stellvertreter gewählt. Das DFDR hat dort vier Stadträte von insgesamt 19: Werner Müller, Helmut Knall, Maja Caspari und Ursula Iuga-Pintican.

      Der neue Heltauer Bürgermeister Johann Krech konnte nicht in der konstituierenden Sitzung vereidigt werden, weil der entsprechende Gerichtsbeschluß nicht vorlag. Die Vereidigung wird kommenden Dienstag mittag stattfinden. Vizebürgermeister in Heltau wurde Gheorghe Huja (PD), hier stellt das DFDR von 17 Stadträten vier: Maria Schneider, Michael Henning, Dieter König und Tom Binder. Mit Michael Henning, seines Zeichens Postbote, ist nach langer Zeit endlich wieder auch Michelsberg im Heltauer Stadtrat vertreten. (Beatrice Ungar)

      Hermannstädter Zeitung Nr. 1884/2. Juli 2004
      Avatar
      schrieb am 13.07.04 19:15:51
      Beitrag Nr. 94 ()
      Auryn:

      Wie stellst Du Dir ein Zusammenleben von Menschen ohne die Herausbildung von bestimmten Machtstrukturen vor, SittinBull?


      Bestimmte Machtstrukturen darf es geben. Nur keine Herrschaft. Wer die Ordnung nur als Herrschaft begreift, hat schon verloren. Orwell hätte gesagt: Erst nehmen sie uns die Worte- und später können wir noch nicht einmal mehr Gedankenverbrechen begehen.



      (Im antiken Ägypten begannen die Machtstrukturen sehr wahrscheinlich schon damit, daß die Ägypter einfach nur seßhaft am Nil als Bauern lebten und damit reicher wurden als die Nomaden, die aus Besitzgier begannen, die Ägypter zu überfallen, weshalb sich die Bauern einen Führer für eine Schutzarmee zuzulegen, aus dem dann Jahrhunderte später ein Pharao werden sollte.)



      Kann ich nicht so bestätigen. Wenn ich all das Wissen, welches ich kenne zusammennehme war es etwas anders.
      Es gab sowohl matriarchale Wandervölker als auch matriarchale Sesshafte Völker ( Vgl. Gerda Weilers Bibel-Exegese )- bis aus dem Osten kommend Verwüster ( Sandläufer ) kamen, die patristisch und gepanzert waren ( Vgl. James DeMeo ) und auf das Gelobte Land trafen- und es mittels Gewalt beherrschten...


      Der Rest deines Textes dreht sich um die Fehlentwicklungen der Herrschaft- noch mal, es ist egal,w er herrscht. Am schlimmsten sind die anonymen und abstrakten Herrschaftsgebilde ( wie etwa der real existierende Kommunismus ) Dreimal darfts du raten warum das so ist.
      Es gibt keinen guten Staat. Der Unterschied zwischen freiheitlicher Demokratie und faschistischen, Angriffskriegsstaat ist nur ein Anschlag, wie wir heute wissen...
      Avatar
      schrieb am 16.07.04 17:31:04
      Beitrag Nr. 95 ()
      SittinBull:

      Es tut mir leid, aber das Zitat hier ist absoluter Unsinn:

      Es gibt keinen guten Staat. Der Unterschied zwischen freiheitlicher Demokratie und faschistischen, Angriffskriegsstaat ist nur ein Anschlag, wie wir heute wissen...

      Mein Gegenbeweis:

      Nenne mir mal einen einzigen Krieg nach dem Zweiten Weltkrieg und seit der Gründung der UN, der von einer parlamentarischen Demokratie (mit freien, geheimen Wahlen und offener Mediengesellschaft) gegen eine andere parlamentarische Demokratie (mit freien, geheimen Wahlen und offener Mediengesellschaft) begonnen und geführt worden wäre !

      Schon für den Zeitraum der ganzen letzten 100 Jahre wirst Du kaum ein Beispiel finden.
      Avatar
      schrieb am 16.07.04 17:50:32
      Beitrag Nr. 96 ()
      Auryn, das ist doch nur Selbstbetrug. Schau mal in meinen Thread: Braucht der Kapitalismus Kolonien und Sklaven?

      So lange man genug Territorien zur Verfügung hat, in dem man auch nichtdemokratische Tendenzen stützen und schüren kann ( da haben einige der tollen demokratischen Länder überhaupt kein Problem mit! ) ist alles in Butter.
      Avatar
      schrieb am 16.07.04 17:51:28
      Beitrag Nr. 97 ()
      PS: Um nicht zu weit vom Threadtitel wegzukommen:

      Was macht jemand zum Deutschen?


      Letztlich: Nur Zufall.
      Avatar
      schrieb am 16.07.04 17:57:51
      Beitrag Nr. 98 ()
      Betreffend # 96:

      Falsch und Dein eigener Selbstbetrug, denn eine parlamentarische Demokratie ist nicht identisch mit "Kapitalismus".

      Also nenne mir bitte eine parlamentarische Demokratie, die gegen eine andere einen Krieg in den letzten 50 Jahren geführt hätte!

      Betreffend # 97:

      Nicht ganz richtig, denn manche können es sich bewußt auswählen, welche Staatsbürgerschaft sie haben, andere nicht.
      Avatar
      schrieb am 17.07.04 00:23:21
      Beitrag Nr. 99 ()
      Auryn,

      was wäre in diesem Sinne "Krieg"? Wie siehst du kriegerische Handlungen, die nicht erklärter Krieg sind? - Du willst Kriege zwischen unterschiedlichen Demokratien hinterfragen ... Sollte der Schritt zur parl. Dem. die Länder, die ihn getan haben (wann jeweils?), tatsächlich zu einer "Gemeinsamkeit der gegeneinander Friedfertigen" vereint haben? Ein erstaunliches Gedankenergebnis. Wo hast du es her?
      Es bleiben/blieben aber immer Problemfelder wie:
      Irland
      Zypern
      Landesteile mit Autonomiebestrebungen
      Organisationen wie die ETA
      etc. etc.
      Psychologisch sicher interessant, wie stark sich das "Kriegsbedürfnis" nach innen verlagern kann. Nennen wir das "endobellistisch"? :)
      Avatar
      schrieb am 17.07.04 07:28:01
      Beitrag Nr. 100 ()
      Auryn, ich für mein Teil breche die Diskussion mit dir an diesem Punkt ab.

      Ich weiß ja um deine Prägung durch totalitäre Systeme, und du bist deswegen ein guter Staatsbürger, weil du sicherlich jederzeit ähnliche Entwicklungen anprangern würdest. Auch wenn du etwas, äh, "betriebsblind" dadurch geworden bist für andere Probleme.

      Ich schätze dich, und du gehörst mit zum besten, was WO zu bieten hat.
      Avatar
      schrieb am 20.07.04 19:07:55
      Beitrag Nr. 101 ()
      @ SittinBull:
      O.K., ich bedaure zwar Deine Entscheidung, weil ich vermutlich mit meinen Quellen unsere Diskussion "gewonnen" hätte ;),
      aber auch vielen Dank für Dein Lob.
      :)

      @ Mrs.Flintstone:

      Als "Traditionalist" in dieser Frage, was ein Krieg ist, würde ich natürlich so "hübsche" Kriege bevorzugen, wie sie früher manchmal im "Buch der Rekorde" zu finden waren, bevor die "political correctness" in Deutschland es unmoralisch fand, Kriege im Buch der Rekorde überhaupt nur zu erwähnen.
      In meiner ersten gekauften Ausgabe von 1984 findet man da irgendwo den kürzesten Krieg mit 28 Minuten (oder so)aus dem 19. Jahrhundert mit einer ordentlichen Begründung durch die britische Kriegsflotte (Beschuß einer britischen Handelsflotte durch die Marine des Sultans von Sansibar), Forderung nach Entschädigung, Ablehnung derselben, Ultimatum an den Sultan, Beschuß seines Palastes und Kapitulation des Sultans von Sansibar nach 28 Minuten Krieg und ca. 30 verletzten Dienern des Sultans. Die Anzahl möglicher weiterer tierischer Opfer aus dem Privat-Zoo des Sultans ist unbekannt.
      Das wäre so in meiner Vorstellung der "ideale Krieg".
      Leider weiß ich selbst am besten, daß der Krieg so fast nie aussieht und es jede Menge innerstaatliche Kleinkriege gibt.
      Es ist jedoch tatsächlich so, daß internationale Kriege zwischen demokratischen Staaten eigentlich nicht (mehr?) stattfinden, solange es einen freien Austausch von Informationen (freie Presse etc.) und einflußreiche parlamentarische Oppositionen innerhalb der Staaten gibt, die als "Puffer" bei Konflikten dienen können.
      Mir ist tatsächlich kein echter Krieg nach 1945 zwischen Demokratien nach dieser o.g. Definition bekannt.
      In einer früheren Diskussion hier wurden mir als Gegenbeispiele Kriege in Lateinamerika und der Falklandkrieg genannt, was aber meiner Meinung nach nicht zutrifft. Argentinien war zu jenem Zeitpunkt eine faschistoide Militärdiktatur von Generälen (Galtieri), die das Parlament völlig unter ihrer Kontrolle hatten und in Lateinamerika bezweifle ich den demokratischen Charakter eines Staates, wenn die Abgeordneten von den Großgrundbesitzern oder Drogenbaronen über die Stimmen ihrer Arbeiter gekauft werden können.
      Ansonsten kann man meine Definition von Krieg über den von mir genannten internationalen Charakter nach dem Vorbild der UN-Definition erweitern, die man findet, wenn man unter "google" das Suchmuster "Definition Krieg" eingibt:

      Die UNO-Definition von «Krieg»
      Krieg ist nach wissenschaftlicher Definition ein organisierter, bewaffneter Massenkonflikt zwischen den Streitkräften zweier Länder oder zwischen Regierungstruppen und Guerilla-Kämpfern. Eine formelle Kriegserklärung ist nicht üblich. Bis zum 19. Jahrhundert begann ein Krieg zumeist mit einer formellen Erklärung. In den vergangenen 100 Jahren hingegen markierte die Eröffnung der Kampfhandlungen den Kriegsbeginn.

      Mit der Unterzeichnung der Charta der Vereinten Nationen von 1945 haben sich die Staaten der Weltgemeinschaft auf ein generelles zwischenstaatliches Gewaltverbot festgelegt. Artikel 2 lautet: Alle UN-Mitglieder «unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrheit und die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete (...) Anwendung von Gewalt».

      Ausnahmen sind nur in zwei Fällen erlaubt: Ein Staat darf sich verteidigen, wenn er angegriffen wird (Artikel 51). Zudem kann der UN-Sicherheitsrat eine Ermächtigung zur Kriegsführung aussprechen, «um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen» (Artikel 39 bis 50).

      Im Krieg gelten die Regeln der Genfer Konvention. Diese schreibt den Umgang mit Zivilisten, Gefangenen, Verwundeten und Kulturgütern fest.

      Offiziell hat sich die Weltgemeinschaft heute von der viel zitierten Definition des preussischen Kriegstheoretikers Carl von Clausewitz (1780-1831) abgewendet, dass Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sei.

      Schon seit der Antike findet aber die Lehre vom «gerechten Krieg» viele Anhänger. Die abendländische Version des «bellum iustum» formulierte Kirchenlehrer Augustinus (354430): Um einer gerechten Sache willen dürfe Krieg geführt werden, wenn er sich gegen begangenes Unrecht richte und die Mittel angemessenen seien.


      Im übrigen ist das keine offizielle UN-Internetdefinition hier, denn Clausewitz hat das o.g. Zitat nicht wörtlich so gebracht und auch nicht so gemeint, wie es immer zitiert wird.
      Avatar
      schrieb am 20.07.04 19:23:33
      Beitrag Nr. 102 ()
      @ Mrs. Flintstone:
      Deine Frage nach der Herkunft meines "Wahre Demokratien führen keine Kriege mehr GEGENEINANDER" - Theorems habe ich aus zwei Politologie -Seminaren.
      (Hm, na gut, eins davon war ein Proseminar und wurde von einem deutschen Politologen geleitet, der u.a. in Georgetown studiert hatte und da natürlich "vorbelastet" wurde. ;) Aber dafür wurde das andere von einem Professor geleitet, der dasselbe sagte und noch dazu SPD-Vertrauensdozent für die Studenten war. Hm, naja, ist die SPD eigentlich überhaupt noch eine Massenpartei in Deutschland? :confused: Ich habe schon gehört, daß man ohne Komplikationen austreten darf, wenn man ein Ersatzmitglied benennen kann und wenn man ein zweites SPD-Mitglied darüber hinaus anwerben kann, wird einem sogar bestätigt, daß man niemals Mitglied der SPD war. :D )
      Avatar
      schrieb am 20.07.04 19:42:29
      Beitrag Nr. 103 ()
      wahre Demokratie konnte leider erst durch die totale Kapitualtion nach dem Attentat gegen Hitler wachsen. Welch ein Opfer, um das zu begreifen :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 20.07.04 20:04:25
      Beitrag Nr. 104 ()
      Dem Posting # 103 kann ich nur zustimmen, aber wenn ich mir ansehe, daß es 60 Jahre später in Deutschland immer noch "Fans" von Hitler gibt, dann fürchte ich manchmal, daß das mit der totalen Kapitulation auch wirklich nötig gewesen sein könnte.
      Wenn Hitler 1939 einem Attentat zum Opfer gefallen wäre, wäre er vermutlich in unserer Geschichtsschreibung immer noch einer der "größten" Deutschen und sogar wenn er 1944 bei dem Attentat des heutigen Gedenktages getötet worden wäre, befürchte ich, daß es noch unglaublich viele Deutsche gäbe, die ihr damaliges "Idol" mit den Worten entschuldigen würden: "Der Führer kann das doch unmöglich alles gewußt haben..."

      Die Menschen gewinnen meiner Meinung nach viel zu leicht ihre politische Überzeugung und geben sie viel zu schwer wieder auf, denn man müßte sich dann ja womöglich dafür entschuldigen, was man dem vermeintlichen politischen Gegner vorher schon so alles angetan hat. Das Beharrungsvermögen gerade in der Politik ist enorm und wir finden ja auch in den Diskussionen hier immer die schönsten Beispiele dafür.
      Avatar
      schrieb am 20.07.04 20:04:40
      Beitrag Nr. 105 ()
      Auryn, das ist doch nur Selbstbetrug. Schau mal in meinen Thread: Braucht der Kapitalismus Kolonien und Sklaven?

      So lange man genug Territorien zur Verfügung hat, in dem man auch nichtdemokratische Tendenzen stützen und schüren kann ( da haben einige der tollen demokratischen Länder überhaupt kein Problem mit! ) ist alles in Butter.


      Sit, ich sehe da einen gravierenden Fehler in deinen Überlegungen und zwar das Wort "man".

      Meditiere mal bitte über das Wort "Raubtier"kapitalismus.
      Avatar
      schrieb am 20.07.04 20:30:11
      Beitrag Nr. 106 ()
      seht euch einfach nur Naturfilme an und überlegt, was unter diesen möglicherweise "gott"gewollten Umständen menschliche Intelligenz anrichten bzw. vermeiden????(dagegen spricht die Geschichte und das bisher gezeigte menschliche Natural) "könnte".


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