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    Wie entstehen eigentlich Börsentips? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 16.02.04 09:49:41 von
    neuester Beitrag 16.02.04 21:01:07 von
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      schrieb am 16.02.04 09:49:41
      Beitrag Nr. 1 ()
      Börsentips und Gerüchte

      Information ist der Rohstoff der Börse. Spekulanten nehmen Nachrichten auf, machen sich ihre Gedanken und setzen sie in Handlungen am Markt um. Das Ergebnis sind wiederum Informationen in Form von Preisen. Spekulation ist somit im Grunde genommen Informationsverarbeitung.

      Weil Informationen an der Börse bares Geld bedeuteten können, ist der Umgang mit ihnen äußerst vielfältig. Im Extrem geht dies bis hin zu kriminalisierte Handlungen, wie etwa dem Insider-Trading.

      Der Börsentip - Entstehung und Nutzung

      Die klassische Form der geldwerten Information ist der Börsentip. Man kann ihn von seinem Broker erhalten, von Freunden oder gar von seinem Friseur. Richard Lewinsohn und Franz Pick hatten dazu in ihrem Buch "Sinn und Unsinn der Börse" von 1933 einige sehr aufschlußreiche Bemerkungen gemacht:

      Tips entstehen durch Wichtigtuerei oder aus Berechnung


      "Fast alle, die mit der Börse irgendwie zu tun haben, glauben es sich schuldig zu sein, einen oder mehrere Tips ständig auf Lager zu haben. Der Tip verdankt seine Entstehung aber oft auch den unmöglichsten Gedankenfolgen von Leuten, die mit der Börse gar nichts zu tun haben. Er entsteht aus Wichtigtuerei ebenso wie aus Leichtsinn und auch aus Böswilligkeit. In allen Großbanken, aber auch in den kleinen, gehört seine laufende Fabrikation zum Dienst am Kunden.

      Banken sind Tip-Fabriken
      Bei den Banken verfertigen ihn die sogenannten Studienbüros oder die volkswirtschaftlichen Abteilungen, in denen besondere Angestellte darüber nachzudenken haben, in welchen Werten es die besten Spielmöglichkeiten gibt. Sie verarbeiten dazu alle möglichen Daten und Konjunkturelement zu ganzen Abhandlungen, die man Exposés nennt, für die intelligentere Kundschaft und auch oft für die Banken selbst. Die Direktion der Bank aber siebt diese Tips, bevor sie an den Kundenschalter gehen, noch nach ihren eigenen Interessen. Sie läßt auch Tiplisten anfertigen - alle Großbanken haben solche -, auf denen sie vor allem Wert empfiehlt, von deren Unterbringung die Bank selbst nur Vorteile hat. Gelegentlich, wenn auch recht selten, gibt es uninteressierte Tips. Man wird daher füglich die Tips in zweierlei Arten zu scheiden haben: in den spielabhängigen und in den spielunabhängigen Tip.

      Tips sollen die Papiere der Tipper steigen lassen
      Der spielabhängige Tip resultiert meist aus Engagements, die der Tipgeber, der "Tipper", vom kleinen Spieler bis zum Bankensyndikat an der Börse unterhält. Derartige Empfehlungens ollen die Kurssteigerung eines Wertes beschleunigen. Der Neuling, der auf solche Tips hin spielt, verdient nur selten daran. Der Tipper hängt sich bei der Tiperteilung gewöhnlich ein altruistisches Mäntelchen um. Oft sogar glaubt er selbst an den gegebenen Tip. Nach Befolgung seines Ratschlags kümmert er sich nicht weiter um den "Betippten" und antwortet, wenn das Spiel schlecht ausging, auf Vorwürfe stets mit bedauerndem Achselzucken und selten mit vernünftigen Worten. Seine Verlegenheit kommt höchstens darin zum Ausdruck, daß er das Opfer seines Tips meidet, manchmal aber auch haßt. Der spielabhängige Tip ist in der Regel auf Hausse eingestellt und nichts andere als die Variante eines beliebigen Glücksspiels. Er ist durch Formalitäten der Börsentransaktion jedoch komplizierter als das Baccara und wird ihm zu Unrecht vorgezogen.


      Insider-Tips bringen den sichersten Gewinn
      Der spielunabhängige Tip hat schon reellere Grundlagen. Er ist vor allem rechnerisch bedingt, hat mit "Gefühlen" nichts zu tun. Seine Grundlage bildet gewöhnlich die vorherige Kenntnis von Veränderungen bei einer Gesellschaft, die sich im Kurse ihrer Aktien stets auswirken. Solche Veränderungen sind Fusionen mit einem bestimmten Austauschverhältnis der Aktien, Kapitalerhöhungen und ihr Bezugsrecht, aber auch Kapitalzusammenlegungen oder sogar bevorstehende Zusammenbrüche. Es kann sich dabei auch um Aufwertungen und Abwertungen von Anleihen handeln und um die Einstellung ihres Zinsdienstes. In all diesen Fällen ist das Risiko des Betippten sehr gering, während seine Gewinnaussichten oft bedeutend sind. Weil es sich hier um einen wirklich wertvollen Tip handelt, geben ihn die Banken, falls sie ihn selbst bekamen, nicht gern weiter. Zudem gehören Wirtschaftsvorgänge dieser Art nicht zu alltäglichen Erscheinungen an der Börse. Deshalb überwiegt dort stets der spielabhängige Tip. Aufgrund seiner Zufallserfolge findet er immer wieder Glauben. Er spielt bei der Tendenzbildung eine gewichtige Rolle.

      Die Verbreitung eines Tips

      Wer selbst Tips verbreiten möchte, kann verschiedene Wege gehen. Allerdings ist nicht jede Fortpfanzungart des Tips gleich gut geeignet. Lewinsohn und Pick hatten jedoch auch diesen Sachverhalt eingehend untersucht:

      Der geflüsterte Tip erweckt das meiste Vertrauen
      Am meisten Vertrauen erweckt der geflüsterte Tip. Da glaubt der Betippte eine eigens für ihn gemachte Spielanweisung zu bekommen und schon an den Toren des Reichtums zu stehen. Flüstern aber ist eine zeitraubende Beschäftigung und paßt in das moderne Börsentempo nicht mehr recht hinein. Wie man heute selten mit der Hand schreibt, sondern sich der Maschine oder der Vervielfältigungsapparate bedient, so ist auch der "Tip nach Maß" rar geworden. Der ordinäre Tip ist, weil er die größtmögliche Anzahl von Spielwilligen erreichen soll, ein Objekt der Serienfabrikation. Er kann als Seriengut wohl auch in Bankbüros durch die Hand, die den Mund des ihn aussprechenden Angestellten überschattet, noch veredelt oder psychologisch zurechtgestutzt werden.


      Die Presse verbreitet Tips am effizientesten
      Die Serienverbreitung des Tips geschieht auf verschiedene Arten, die im Grunde genommen alle der Technik des schlauen Anglers gleichen, der an seinem ständigen Angelplatz harmloses Fischfutter ausstreut. Die Fische kommen nach einiger Zeit dorthin zur Nahrung. Und während er noch weiter Fischnahrung ins Wasser wirft, trägt ein Angelhaken schon den Köder, der die Beute bringen soll. Das höchste Ziel des Tipfabrikanten ist, seine Erzeugnisse in die Presse zu bringen, denn dort werden sie von Hunderttausenden gelesen. Im Text versteckte oder geschickt maskierte Tips, die ihrem Entdecker sogar die Illusion lassen, sie selbst entdeckt zu haben, üben auf den Spieler die sicherste Wirkung aus. Dabei können die Zeitungen selbst durchaus in gutem Glauben die Veröffentlichung vornehmen.

      Getarnte Tips sind teurer aber besonders effizient
      In vielen Ländern geht jedoch die Tipfortpflanzung auch unüberprüft und entgeltlich in der Presse vor sich. Es kommt dort nur darauf an, was der Tipper sich die Sache kosten läßt. Kleine und plumpe Tips können schon für ein paar hundert Mark untergebracht werden. Je mehr man jedoch die Tips tarnt, desto teurer kommen sie dem, der sie verbreiten will. Tips mit eingehender Bilanzanalyse stellen schon eine vornehme Kampagne dar und kosten noch mehr.

      Bank-Analysen sind ein guter Nährboden für Tips
      Neben dieser Tipverbreitung in der Presse gibt es noch eine individuellere Art der Börsenbelehrung. Es handelt sich da um kritische Berichte über Ereignisse der Börse und der Wirtschaft, in die man sehr wirksam Tips hineinstreuen kann, wie Rosinen in einen Kuchenteig. An erster Stelle unter diesen Veröffentlichungen rangieren die Großbankberichte, die für die allgemeine Börsentendenz oft von Bedeutung sind. Sie enthalten sich meist direkter Tips und ihr Inhlt ist nach den Gesichtspunkten der Direktion zensiert. Die eigenen Aktien des Unternehmens werden in den Großbankberichten aber auch diskret vergoldet."

      Insbesondere eine Form der Publikation ist heute tonangebend bei der Verbreitung von kursrelevanten Informationen. Die Börsenbriefe. Neu sind sie allerdings nicht. Schon vor siebzig Jahren gab es sie, wie Lewinsohn und Pick zeigen.

      In Börsenbriefen wird der Tip zur reinen Spielanweisung
      "In solchen Berichten verliert der Tip seine ursprüngliche Form der Diskretion. Da tritt vielmehr die Spielanweisung, die höchstens noch mit dem Feigenblatt einer technischen Floskel verziert wird, ganz unbekleidet zutage. Es handelt sich bei Berichten und Zirkularen dieser Gattung um nichts anderes als um die Anpreisung von Effekten mit den Methoden der Warenreklame."


      Anonyme Tips aus allen Richtungen prägen den Höhepunkt der Hausse
      Neben dem bewußten Tip führt aber auch der anonyme Tip, besonders in allen Haussezeiten, Unkundige ins Spiel. Er ist ein Teil der öffentlichen Meinung. Man kann nie genau sagen, woher er kommt und wohin er geht. Der Generaldirektor und der Liftboy, die Modistin und der Barbier, alle haben ihre Börsenratschläge auf Lager und servieren sie aus Wichtigtuerei und mit sportlichem Eifer."

      Informationen sind der Treibstoff der Börse. Wer in der Lage ist, die richtigen Schlußfolgerungen aus den allgemein zugänglichen Informationen zu ziehen, wer über exklusive Informationen verfügt oder wer selbst auf der Klaviatur der Tipverbreitung zu spielen vermag, der wird manch gute Gewinne an der Börse machen können. Umgekehrt kann Uninformiertheit leicht zu Verlusten führen. Wie sagte doch André Kostolany: "An der Börse ist eine halbe Wahrheit eine ganze Lüge."
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      schrieb am 16.02.04 10:17:05
      Beitrag Nr. 2 ()
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      schrieb am 16.02.04 21:01:07
      Beitrag Nr. 3 ()


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