Bernd Niquet: Die nie versiegende Quelle der Liquidität - 500 Beiträge pro Seite | Diskussion im Forum
neuester Beitrag 08.03.00 10:10:30 von
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Bernd Niquet: Die nie versiegende Quelle der Liquidität
- Eine Babylonische Sprachverwirrung -
In meiner letzten Kolumne habe ich über die irrigen Argumentationen geschrieben, die Liquidität in Händen der Anleger als kurstreibenden Faktor anzusehen. Heute möchte ich zum besseren Verständnis diese Thematik noch einmal breiter anpacken - und dabei schließlich auch die noch offenen Punkte behandeln.
(i) Man muss grundsätzlich unterscheiden zwischen der gesamtwirtschaftlichen Liquidität und der Liquidität, die sich in den Taschen einzelner Anleger befindet.
(ii) Die gesamtwirtschaftliche Liquidität entspricht der Geldmenge, auf welche die Notenbank einen großen Einfluss hat. Wird die Geldmenge ausgedehnt, dann kann dies einen positiven Einfluss auf die Aktienmärkte haben. Schrumpft die Geldmenge jedoch, dann kann dies negativ auf den Aktienmarkt wirken.
(iii) Da jedoch in den letzten hundert Jahren die Geldmenge nur in den 20er Jahren gesunken - und sonst immer gestiegen (!) ist - scheint die Geldmengenentwicklung kein besonders interessantes Kriterium zur Beurteilung der Märkte zu sein. Aber: Es ist zumindest möglich, dass durch Veränderungen (!) der Geldmenge Einflüsse auf den Aktienmarkt ausgeübt werden.
(iv) Völlig unmöglich ist es jedoch, aufgrund eines Bestandes (!) an Zahlungsmitteln - sowohl in einer Volkswirtschaft als auch in den Händen ausgewählter Anleger - darauf zu schließen, dass dieses Geld irgendwann an die Märkte fließen wird. Denn so etwas geht schlichtweg nicht, da bei jedem Geschäft einem Zufluss immer ein gleich hoher Abfluss gegenübersteht.
(v) Warum dieses Bild "Das Geld fließt in den Markt" falsch ist, sieht man besten an einem ganz einfachen Beispiel: Wenn nämlich Wasser aus dem Gefäß A in das Gefäß B fließt, dann ist hinterher weniger Wasser in Gefäß A. Bei der Liquidität und dem Aktienmarkt ist dies jedoch nicht so. Denn sie fließt nicht in den Aktienmarkt, sondern nur vom Konto des Käufers A auf das Konto des Verkäufers B. Und in der Summe bleibt sie stets gleich. Egal wie viele Transaktionen stattfinden und wie hoch das Kursniveau ist.
(vi) Würde also tatsächlich die Liquidität in den Händen der Gesamtheit der Anleger die Kurse treiben können, dann wäre in der Tat das "perpetuum mobile" erfunden, nämlich eine Bewegung, die, einmal angestoßen, niemals wieder aufhört. Denn die Kurse würden ansteigen, die vermeintliche Quelle der Liquidität jedoch niemals versiegen - und damit die Kurse bis zur Unendlichkeit in die Höhe treiben.
(vii) Merkwürdigerweise beobachten wir jedoch gerade das im Moment. Was uns allerdings nur noch misstrauischer machen sollte. Denn je verrückter die Zeiten werden, umso gefährlicher wird es, sich mit einer falschen Landkarte auf den Weg zu machen.
Bernd Niquet, Donnerstag, 2. März 2000
Feed-back und Diskussion: Im angeschlossenen Board bei www.wallstreet-online.de oder über: b.niquet@wallstreet-online.de
Wen dieses Thema noch weitgehender interessiert: Das folgende Buch ist fast ausschließlich mit dieser Thematik beschäftigt:
Bernd Niquet, KEINE ANGST VORM NÄCHSTEN CRASH - Warum Aktien als Langfristanlage unschlagbar sind, Campus-Verlag, Frankfurt/M., New York 1999, 269 Seiten, kartoniert, 49,80 DM, ISBN 3-593-36293-7. Bestell-Link: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3593362937/buchervonberndni
den obigen Ausführungen des Herrn Niquet folge ich in vollem Umfang. Meiner Meinung nach wird jedoch „lediglich“ der Begriff Liquidität falsch verwendet. Wenn Analysten und die Presse Aussagen treffen, daß Liquidität in den Markt hinein bzw. zwischen den Marktsegmenten hin- und herfließt dann sind diese Aussagen falsch. Viel wichtiger ist doch aber, was damit gemeint ist. Ich denke „Liquidität fließt in den Markt“ ist einfach nur als Synonym für eine höhere Nachfrage nach Aktien zu verwenden. Die Auswirkungen dieser erhöhten Nachfrage kennen wir alle. Wenn es demnächst heißen wird die Liquidität fließt aus dem Aktienmarkt ist denke ich eine sinkende Nachfrage gemeint, welche zu niedrigeren Kursen führt. Also für mich „nur“ eine falsche Verwendung der Liquidität. Für Analysten und Medien der Börsenbranche find ich diese falsche Verwendung allerdings wirklich sehr schwach. Wenn ich mit meiner Meinung falsch liege sagt es mir bitte.
Aloha, d.
Damit steigt natürlich die Nachfrage und auch die Preise der Aktien.
Wenn man sich nun die Bewertungen der steigenden Aktien anschaut, kann
man einige Rückschlüsse auf die Qualität der Anleger bzw. das
Verhältnis zwischen Investoren und Dienstmädchen ziehen. Aus meiner
Sicht lässt sich deshalb die (HighTec-)Hausse als Dienstmädchenhausse
bezeichnen. Dies ist an sich nichts schlechtes (ohne das gelegentliche
Mitzocken im HighTec-Bereich wäre mein eher konservatives Depot dick
im Minus). Kritisch an den Märkten wird es erst, wenn der Zustrom
neuer Anleger (durch welches Ereignis auch immer) aufhört oder aber
der Zustrom neuer Aktien größer wird als der Zustrom neuer Anleger
(Infineon, T-Online, T-Mobil, 3. Telekom Tranche, Mannesmann-
Engineering,... um nur die größten deutschen Brocken zu nennen).
Vielleicht tritt aber auch beides ein... ?!
(KLAR), aber bei Neuemissionen, wie z.B. infineon, kann m.E. tatsächlich
neue Liquidität in den Markt fließen, weil ja in diesem Fall kein
Verkäufer, der an der Börse auftritt, beteiligt ist. Oder?
Noch besser, als das medial verbreitete Argument der Liquiditätsströme finde ich übrigens das 2.-häufigste Argument der Verkünder immerwährender Kurssteigerungen, nämlich: "Die Fonds ertrinken in Liquidität, und müssen investieren!"
Implizit gemeint ist damit wohl, dass die Fonds zu JEDEM Preis investieren.
Diese Argument verbirgt natürlich nur, dass sie das solange tun, bis die Stimmung kippt, und die Leute ihr Geld abziehen.
So gesehen unterliegt das Verhalten von Fondmanagern natürlich den selben Gesetzmäßigenkeiten, wie jenes der Kleinanleger.
Aber: Was ist mit Pensionsfonds ?
Hierzu würde mich echt ihre Meinung interessieren!
Schließlich sind diese Fonds doch die einzigen, die tatsächlich bei jedem Kurs investieren müssen, und daher auch kaufen müssen, wenn´s allen anderen am Markt vergangen ist.
Ich habe gehört, in den USA gäbe es für die nächsten 10 Jahre, demographisch bedingt, noch mehr Einzahlungen in- als Entnahmen aus den großen Pensionsfonds.
Dauert solange etwa noch das goldene Zeitalter der Aktien ?
Denn eines ist ja klar, wenn der US-Markt in die Knie geht, tut dies der Deutsche Markt auch (weil die Stimmung dann schlecht wird, und "Liquidität" ja keine Rolle spielt!)
Was meinen Sie ?
auch wenn ich in vielen Punkten mit Ihnen übereinstimme und denke, daß die Liquidität der Anleger die Kurse nicht unendlich hochtreiben wird, ein paar Anmerkungen.
1.) Richtig ist, daß neben ein paar anderen Punkten die reichliche Liquidität (vielfach vererbt statt hart erarbeitet, was die Risikofreude zusätzlich erhöht) der „Anleger“ die Marktkapitalisierung nach oben treibt. Das Geld, welches für eine Aktie bezahlt wurde, verläßt zwar den Markt wieder, aber es wird bei einem Geschäft (Verkauf/Kauf) zu einem höheren Preis nun einmal ein höherer Kurs festgestellt, d. h. daß die Marktkapitalisierung steigt. Wäre keine (freie) Liquidität da, könnte niemand einen höheren Preis bieten. Insofern ist die Liquidität also letztendlich schon ein kurstreibender Faktor.
2.) Auch fließt durch die zahlreichen Neuemissionen, Kapitalerhöhungen usw. reichlich Geld neu in den Markt, was die Marktkapitalisierung aber nicht zwangsläufig erhöhen muß.
Gruß Josef Blumenthal
Wenn aber die Geldumlaufgeschwindigkeit steigt, so wirkt dies genauso wie eine Expansion der Geldmenge, d.h. es ist zu jedem Zeitpunkt mehr "Liquidität" vorhanden.
Ihr Argument ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen: Wenn die Marktkapitalisierung steigt, dann braucht man mehr Liquidität, um den handel abzuwickeln.
Doch zwei Argumente dagegen: Erstens ist der Umkehrschluss aus meiner Sicht in diesem Fall nicht erlaubt, dass daher auch mehr Geld höhere Kurse bedeutet. Denn dann hätten wir wieder den sich selbst antreibenden Mechanismus, der auch ohne Input funktioniert, was es jedoch nicht gibt.
Und das zweite Argument kommt aus meiner Sicht ganz richtig von indexer: Denn wir brauchen überhaupt nicht mehr Geld, sondern es reicht bereits eine Ausdehnung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes. Und das passiert gleichsam automatisch, da bei allen Transaktionen sowieso immmer das "selbe" Geld im Girokreislauf der Banken hin- und hertransferiert wird.
Es geht doch um die Unterscheidung von Liquidität und Marktkapitalisierung.
Liquidität ist das Geld, das die Anleger dem Geldkreislauf an den Börsenumschlagplätzen, also den Märkten, potentiell zur Verfügung stellen. Es (oder nur ein Teil davon) wird unter den Teilnehmern ausgetauscht und drückt sich dann in Kursbewertungen und Umsätzen der getätigten Transaktionen(!) aus.
Die Menge verändert sich zuerst (1) durch einen massenpsychologischen Aspekt: Wieviel Teilnehmer wollen wieviel Geld untereinander austauschen? und dann (2) durch einen volkswirtschaftlichen Aspekt: Wieviel Teilnehmer können wieviel Geld austauschen? Daher ist es völlig richtig, von zu- oder abfließender Liquidität in den Märkten zu sprechen.
Marktkapitalisierung ist die Summe der Kursbewertungen. Also eine fiktive Wertschöpfung, oft eine rein massenpsychlogische Größe.
Börse ist ein Wechselspielchen aus Liquidität und Marktkapitalisierung oder frei nach Kostolany das Verhältnis von Papieren zu Dummköpfen.
Zwar ist die Kursbewertung ein rein theoretischer Wert, die Kurse können aber gerade deswegen nicht ins Unermeßliche steigen, da ein Kurs nur durch eine tatsächlich getätigte Transaktion zustande kommen kann. Die Marktkapitalisierung hängt also unmittelbar mit der Liquidität zusammen. Zwar können sich Kurse bei gleichbleibender Liquidität vom einen Tag auf den anderen halbieren, sich aber nicht an einem Tag verdoppeln oder unbegrenzt vervielfachen. Es muß also neue Liquidität den Märkten zufließen. Mehr Liquidität muß also nicht zu steigenden Kursen führen, ab einem bestimmten Punkt können aber die Kurse nur durch mehr Liquidität steigen. Ihr wißt ja selber wie irrational die Börse ist. Eine solche Masseneuphorie wird meist erst durch volkswirtschaftliche Grenzen, oder deren Erwartung, ausgebremst (zu VI: Die Kurse werden also im Endeffekt doch durch steigende Liquidität getrieben und sind daher gerade kein perpetuum mobile). Steigen die Kurse dann bei gleichbleibender Liquidität, verringert sich die Zahl der potentiellen Käufer. Die Marktkapitalisierung ist fiktiv, es kann nur noch ein immer geringer werdender prozentualer Anteil auf solch hohem Niveau tatsächlich in Geld und Transaktionen realisiert werden. Ein Großteil der Liquidität befindet jetzt sich den Händen derer, die rechtzeitig verkauft haben. Wieviel Liquidität sonst noch vorhanden ist, ist vollkommen egal. Die anderen haben nur noch Papier in der Hand. Der Dax kann also durchaus ohne Liquidität bei 100000 Punkten stehen. Jedoch ist viel Liquidität erforderlich, um ihn dahinzuführen und die Kurse auf diesem Niveau zu bewegen. Und Kurse die sich nicht bewegen sind wertlos.
Alle, die ich jetzt durch diese primitiven Ausführungen gelangweilt habe, bitte ich um Entschuldigung. Aber Worte können eben nur primitiv und einfach entwirrt werden.
Sollte ich einen Fehler gemacht haben, freu ich mich natürlich über Kritik.
Gruß, Giuseppe
Hallo Niquet-Leser,
ich lese fast alle Beiträge die an dieser Stelle erscheinen. Aber alle Beiträge
hier fallen unter dem Aspekt der Volkswirtschaft. Ich habe zur Zeit mit den Börsenkursen
keine Probleme. Von allen Aktien die ich kaufe prüfe ich zuerst die Bilanz, die Zahlenreihen,
schau mir die Produkte an etc. etc. etc. ganz so wie Waren Buffet oder Peter Lynch; nur halt
ein paar Nummern kleiner in den Geldbeträgen.
All meine Aktien haben ein PEG von kleiner 1. Vorausgesetzt ich müßte heute Geld anlegen,
würde ich mir trauen jede meiner Aktien auch zum heutigen Kurs zu kaufen (ausser die zwei Nieten
aus der Zeit, als ich auf die Bankberater hörte und die ich noch nicht rausgeworfen habe - leider).
Und obwohl ich konservativ bin, 50 Prozent in Chemie-Pharma-Touristik-Banken und dergl. habe und
in der Technologie nur halbe Kraft fahre, Hyps nie mitmache habe ich bisher genau so gut abgeschnitten
wie der Puscher-Fonds von Bernd Förtsch! Mancher meiner Aktien würden wenige Wochen nach einem Crash
des Gesamtmarktes wohl erst richtig zu laufen beginnen. Beispiel? Gut: Werft einen Blick in den
Thread "Merck". Gemeint ist die Deutsche Merck KGaA; der M-Dax-Wert aus Darmsadt; oder: Die Gratis-Bio-Tech-
Perle, die bereits Dividende zahlt und die ich mit Siemens vor etwas mehr als einem Jahr vergleichen
möchte.
Ja, Teilbereiche des Marktes machen den Eindruck, als liefen sie Amok. Hier trifft zu, was der alte
Kostolany immer gesagt hat: "Das größte Unglück für einen Besessenen ist, wenn er gleich am Anfang eines
Systemspiels gewinnt, denn dann wird er noch besessener."
Somit sollte man also insbesondere den NM auch unter dem Gesichtspunkt der Spieltheorie einmal
analysieren. Aber da ich wie gesagt kein Spieler, sondern Investor bin, habe ich das bisher nicht
getan. Vielleicht nehm ich mir mal die Zeit!
Vielleicht, ich denke es jetzt nur mal laut an, glauben die NM-Teilnehmer eine "dominante Strategie"
dahingehend gefunden zu haben, daß sie überhaupt dabei sind! Nach dem Motto des Dichters Alfred Lord Tennyson:
"Tis better to have loved and lost than never to have loved at all".
Auf Deutsch "Besser geliebt und verloren, alsd niemals geliebt." Nach Avinash K. Dixit und Barry J. Nalebuff
"Spieltheorie für Einsteiger" wäre demnach Liebe die dominante Strategie.
Am Neuen Markt gelte sinngemäß: Besser Wachstums-Storys gekauft und verloren, als nie in Wachstum investiert!
mfg
thefarmer,
der sich freuen würde einmal jemanden von hier im Thread Merck zu sehen!
das ist alles richtig, was du schreibst. Natürlich kann man unter der für die Märkte relevante Liquidität diejenige verstehen, die die Anleger potentiell für Aktienkäufe zur Verfügung stellen. Das kann man machen, doch was hilft es? Denn man kann diese Größe niemals beobachten oder messen. Und läuft dadurch Gefahr, gesamtwirtschaftliche Aggregate wie die Geldmenge mit dieser Größe zu verwechseln. Und dann kommt man in Teufels Küche.
Daher: Ja, es ist nur ein Streit um Worte, doch hinter diesen Worten stehen Theorien. Und mit falschen Theorien kommt man selten zu richtigen Ergebnissen.
Beispiel: Der Fehlschluss, hohe Termingeldbestände dahingegehend zu interpretieren, dass sie irgendwann einmal an den Markt "fließen" werden.
Und zweitens zu missachten, dass jedem, der mit neuem Geld den Marktplatz betritt, - bei Abstraktion von Neuemissionen - stets ein anderer gegenüberstehen muss (!), der mit diesem Geld den Marktplatz wieder verlässt.
Und jetzt kommt die wirklich interessante Frage: Welche Motivationen und Erwartungen haben diejenigen, die kommen, und welche haben die, die gehen. Das ist die relevante Fragestellung: Welche Erwartungen herrschen vor. Die Liquidität hingegen ist völlig egal. Denn selbst wenn sie sich plötzlich halbieren sollte, braucht sich im Ausgleich nur die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes zu verdoppeln - und alles ist wieder wie vorher. So etwas merkt nicht einmal jemand. Oder glaubt sich jemand in der Lage, zu beurteilen, wieviel DM sich diesem Monat im Giralgeldkreislauf der Banken sich befunden haben?
Quintessenz also: Wer die falschen Worte benutzt, muss auch zu falschen Vorstellungen von der Wirklichkeit gelangen. Deshalb ist dieses Thema aus meiner Sicht so wichtig.
Natürlich kann sich auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ändern. Aber wir haben doch ein klassisches Beispiel im Neuen Markt: Viele reden von Hausfrauenhausse, und es ist ein Boom, in dem Privatanlager, die in Aktien und Fonds investieren, eine immer größere Rolle spielen. Ich brauche mir nur die Comdirect-threads durchzulesen, um eine Ahnung zu bekommen, wieviel neue Liquidität und neue Anleger seit Herbst in dieses Marktsegment geströmt sind (ich benutze jetzt einfach diese Worte), mit der Motivation, jede Aktie zu jedem irrationalen Preis haben zu müssen und mit der Erwartung, das Geld innerhalb weniger Tage zu verdoppeln. Hier kann man nun wirklich nicht sagen, die Liquidität sei egal.
Ja, es ist neue Liquidität, die an den Markt "fließt". Doch dafür verlässt den Markt im selben Moment gleichviel "alte Liquidität". Damit wird die Liquidität unwichtig - und es bleibt übrig, was wirklich wichtig ist: Die Hartgesottenen bzw. alten Anleger sind draußen.
Was mich an diesem Thema besonders interssiert hat, ist die unglückseelige Mischung aus Volkswirtschaft und Massenpsychologie, die zur Aktie gehört, da es eben eine isolierte und daher keine intakte Form von Angebot und Nachfrage gibt.
Werde Ihre Beiträge auch verfolgen und fände es grundsätzlich vorteilhaft, wenn es auch in Zukunft eine Diskussionsmöglichkeit gibt, vielleicht ein eigenes Board zu wählen.
Diese Liquidität wird an anderen Märkten, dem Rentenmarkt, dem
Immobilienmarkt und dem Markt der verzinslichen Bankeinlagen ent-
zogen.
Ich arbeite selbst als Anlageberater und sehe diese Umschichtungen
tagtäglich: Sparbücher werden geplündert ( Fersehwerbespot der
Dresdner Bank )und Morphosys wird gekauft - Kursziel ddausend.
Immobilien werden veräußert oder beliehen und diese freiwerdende
Liquidität wird in Aktien/Fonds angelegt.
Die Wertpapierkredite steigen und schaffen somit freie Anlagemittel
die in Aktien getauscht werden.
Solange dieser Trend und damit der Mittelzufluß anhält wird dieses
( Pyramiden- ? ) Spiel viele erfreute und gierige Mitspieler glück-
lich machen.
Vor kurzem las ich eine interessante Studie die sich auf die freie
Geldmenge M2 in USA im Verhältnis zur Marktkapitalisierung bezog, mit
dem Fazit daß wir uns, durch die überproportional steigenden Aktien
kurse, auf eine illiquide Marktsituation zubewegen.
1933 lag das Verhältnis M2 zu Mkap. bei 420%
1929 lag das Verhältnis bei 42 %
heute liegt es bei 14 % Tendenz weiter fallend
Würde ich also den gesamten Markt verkaufen wollen, wäre nicht genug
Geld ( Liquidität ) vorhanden um den derzeitigen Preis zu erzielen.
Als Folge davon müßte also entweder der Preis meiner Aktien sinken
oder ein Vielfaches der derzeitigen freien Geldmenge zur Verfügung
stehen.
bei diesem lehrreichen Thema kann ich Ihrer Theorie nicht folgen.
Wenn gleich viel Liquidität dem Markt zu- wie abfließt, dann entsteht eine Stagnation. Die Geldsumme, die Gewinner und Verlierer investiert haben, bleibt konstant. Die Summe aller Wertpapierkurse kann sich nur weiter nach oben entwickeln wenn ein Wachstum vorliegt, d.h. neue Liquidität zufließt.
Gefahr besteht, wenn mehr ab- als zufließt. Diesen Punkt haben wir vergleichsweise in unserer Rentenkasse. Auch in Aktienmärkten kann sich aus meiner Sicht das gleiche Problem wie bei den Rentenkassen entwickeln, wenn eine Überzahl von alten Menschen für Ihren Lebensunterhalt mehr Liquidität abzieht als neu in den Geldkreislauf einfließt.
Im übrigen möchte ich die sehr guten Erläuterungen von Guiseppe und Gordan Gekko loben, sowie Ihre grundsätzliche Anregung zur Diskussion.
ALnet
der grundliegende Unterschied zwischen den Rentenkassen und dem Aktienmarkt ist: In der Rentenkasse wird tatsächlich Geld gesammelt, am Aktienmarkt jedoch werden Vermögensgüter bewertet, deren zwar in Geld ausgedrückt sind, die jedoch selbst kein Geld sind. Deswegen ist die "Liquidität" in diesem Zusammenhang bestenfalls eine sehr unbedeutende Größe.
1. Wenn ich Geld bei der Bank anlege, bekomme ich Zinsen. Ich bekomme mein Geld zurück, plus Zinsen hoffentlich über Inflation, dann habe ich hinterher mehr. Woher kommt das? Ich denke, das kann nur von den Kreditnehmern kommen, die z. B. ein Haus gekauft haben und dafür Geld geliehen haben (meins), und dafür echte Schuldzinsen aus ihrem mühsam verdienten Geld zahlen. Also steigt das Vermögen (oder auch die Liquidität) der Geldanleger (Sparer) insgesamt, weil die Schuldenmacher insgesamt was zahlen.
2. Nun kann man auch Rentenpapiere kaufen, die Kursschwankungen unterliegen. Wäre man theoretisch allwissend, könnte man diese Rentenpapiere handeln und aus den Kursschwankungen richtigen "Reibach" machen. Ich denke, hier ist nun jedem klar, dass dann der "Allwissende" sich bereichern würde auf Kosten der "Dummen" anderen Rentenpapier-Investoren, denn die Gesamtheit der Anleger kann selbstverständlich an Renten-Kursschwankungen nichts verdienen. Dies sieht man auch daran, dass sie immer am Laufzeitende zu 100% fällig werden. Die Anlegergemeinschaft verdient die Zinszahlungen, sonst nichts.
3. Schließlich kann man auch Aktien kaufen. Und auch hier wird die Anlegergemeinschaft insgesamt durch die Kurssteigerungen NICHT wohlhabender. Sie wird es durch die Steigerungen der Dividenden, aber die sind ja im allgemeinen einer Erwähnung kaum mehr wert. Und dies ist der Punkt, der meines Erachtens vielen nicht so richtig klar ist.
Ich entnehme immer wieder aus Kommentaren: Wenn alle Aktien steigen, werden doch alle Anleger wohlhabender! Das erscheint ja auch so schön logisch, und vor allem möchten es eben viele gerne glauben. Aber es stimmt einfach nicht. Nur die, die jetzt zu den hohen Kursen verkaufen, also ihre Gewinne mitnehmen, sind wohlhabender geworden, und die Gesetze simpelster Logik erklären woher dieser Gewinn kommt. Und Gewinne mitnehmen können also immer nur ein Teil der Anleger, weil gleichzeitig andere dieses Geld einzahlen müssen. Warum wollen das so viele nicht "kapieren"?
Eine allgemeine Kurssteigerung, die stärker ist als die zugehörige Dividendensteigerung, ist immer eine Fluktuation, Transiente, wie immer man es nennen mag, aber immer eine Störung des langfristigen Gleichgewichts, die immer irgendwo eine Grenze finden wird. Wenn dann die Kurse auf irgendeinem Niveau nicht mehr steigen können, wird der Kauf der Aktie natürlich uninteressant...
Bleibt das Fazit: Vergesse bitte niemand, das die Gemeinschaft der Anleger auch bei steigenden Kursen nicht wohlhabender wird! Und die Anlageberater sollten ihren Kunden klarmachen, dass es auch bei der "seriösesten" Geldanlage um das Austricksen dümmerer Anleger geht, wenn man auf Kurssteigerungen spekuliert, die höher sind als die Dividendensteigerungen. (Wobei ich schon verstehe, dass die Anlageberater das nicht können, denn sie müssen auch leben. Darum ja hier der Kommentar von "aussen")
jetzt muss ich doch noch einmal das letzte Wort haben. Doch, natürlich werden die Aktionäre bei einem steigenden Aktienmarkt in der Summe reicher. Ein Nullsummenspiel ist der Aktienmarkt nur dann, wenn er sich seitswärts bewegt.
So - und jetzt sind wir alle sicherlich noch mehr verwirrt als am Anfang der Diskussion ... Oder?
Die Börse ist wirklich kein Null-Summen-Spiel, da durch die Tätigkeit
der Unternehmen mehr und mehr und mehr Vermögen geschaffen wird und die
Welt heute absolut reicher ist als vor 100 Jahren.
Aber: Relativ betrachtet könnte aermel sogar recht haben, denn der
Sozialhilfempfänger von heute ist, nimmt man das Auto oder die medizinische
Versorgung, absolut betrachtet reicher als Kaiser Karl der Große oder
Cäsar. Aber realitv betrachtet wird man sogar als Millionär von Jahr zu Jahr
ärmer. Wer also realtiv betrachtet nicht an Wohlstandsniveau verlieren möchte,
muß an der Börse mitverdienen, da er sonst relativ verarmt.
Viele Reiche der Nachkriegszeit sind, vergliechen mit Bill Gates oder
Gerry Yang im Wohlstand zurückgefallen, obwohl sie ihre Vermögen um viele
Milliarden vermehrt haben.
Wenn die Entwicklung so weiter geht, wird man vielleicht eines Tages mit einem
Einkommen von unter einer Mio. Dollar Anspruch auf Sozialhilfe haben!!
mfg
thefarmer
Natürlich, die Unternehmer erarbeiten Werte. Die Gewinne steigen... Ich frage mich, wie profitiert der Aktionär? Ich sehe die Dividenden, wenn die steigen, verstehe ich ja, dass da was zum Aktionär zurückfliesst. Wenn aber "nur" der Kurs steigt, sehe ich einfach nur, dass hier ein Aktionär, wenn er denn verkauft, reicher werden KANN, wenn gleichzeitig ein anderer entsprechend "ärmer" wird. Denn der andere hat dann weniger Aktien fürs selbe Geld im Besitz. Wenn jetzt das Argument kommt, die wären ja auch mehr wert, haben wir wieder das Kettenbriefproblem: der letzte muss alle Gewinne zahlen. Aber irgendjemand muss immer zahlen, jedenfalls zahlt das Unternehmen doch nichts in den Aktienmarkt, wenn die Kurse steigen.
Weitere Plausibilität: Wenn sich von heute auf morgen alle Kurse halbieren, haben alle gleich viel Bargeld in der Tasche. Wenn sich von heute auf morgen alle Kurse verdoppeln, ebenfalls. Für mich FÜHLEN sich nur alle reicher oder ärmer, es ist aber nicht mehr oder weniger Vermögen da.
Weiteres Beispiel Gold oder Edelsteine: Von den Dividenden einmal abgesehen, habe wir hier auch eine Wertanlage, mancher spekuliert auf Wertsteigerung. Glaubt aber jemand, wenn der Goldpreis sich verdreifacht, wären irgendwelche Anleger reicher, ohne dass jemand anders dafür zahlen muss? Auch hier muss den Gewinn des einen doch immer ein anderer zahlen, der das Gold nun teuer kauft. Der eine Anleger hat mehr Geld in der Tasche, der andere weniger. Hier ist das Nullsummenspiel doch auch offensichtlich?
Wenn es kein Null-Summen-Spiel wäre, wenn die Aktionäre wirklich reicher würden, dann müsste es doch möglich sein, dass die Summe aller Aktionäre nach gestiegenen Kursen z. B. sich teurere Autos und größere Häuser kaufen könnte. Unsere ganzen Überlegungen führen aber doch zu der Konsequenz, dass eben die Summe aller Aktionäre auch bei beliebig gestiegenen Aktienkursen keinen einzigen Euro mehr "ausgeben" kann, als wenn die Aktienkurse überhaupt nicht gestiegen wären. Das ist doch die Konsequenz auch ihrer Analyse, Herr Niquet, oder etwa nicht?
Tut mir leid, ich verstehe das einfach nicht anders, aber vielleicht kann mir ja doch noch jemand erklären, woher der "Gewinn" durch Kurssteigerungen kommt.
Wollte man hingegen mit dem "Werte schaffen" argumentieren, befände man sich sofort in einem Zirkelschluss. Denn die Werte, die die Unternehmen schaffen, werden ja gerade durch die Börse bewertet, weswegen es wenig bringt, sie ohne Betrachtung der Börse "bewerten" zu wollen.
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