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    "Wenn der Flug voller Männer ist - Pornos!" RYANAIR-CHEF O`LEARY IM INTERVIEW - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 28.05.04 13:22:39 von
    neuester Beitrag 28.05.04 13:39:20 von
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      schrieb am 28.05.04 13:22:39
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der Billigflieger Ryanair durchlebt turbulente Zeiten, Firmenchef Michael O`Leary aber provoziert und frotzelt selbstsicher wie ehedem. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE sagt er Pleiten deutscher Konkurrenten voraus, spricht über künftige Einnahmequellen - und einen Aufritt in Frauenkleidern.

      SPIEGEL ONLINE: Herr O`Leary, in Ihren letzten öffentlichen Äußerungen haben Sie schwarz gemalt. Sie sagen ein qualvolles Jahr für Billigflieger voraus, einen "schrecklichen Winter". Was ist aus Ihrem Humor und Optimismus geworden?

      Michael O`Leary: Ich hab` ihn behalten. Wir sagen ein Blutbad für die Konkurrenz voraus, nicht für uns. Und nicht nur für Billigflieger: Noch mehr staatliche Fluggesellschaften werden den Weg der Swissair gehen. Alitalia steht schon am Rand der Pleite.

      SPIEGEL ONLINE: Wenn der Preiskampf härter wird, leiden auch Sie.


      O`Leary: Wir haben im Januar unsere erste Gewinnwarnung rausgebracht, unsere Profite werden um zehn Prozent fallen. Es tobt ein Krieg unter Europas Fluglinien! Betrifft der auch uns? Ja klar! Aber wir machen noch 200 Millionen Euro Gewinn, mit einer Marge nach Steuern von 20 Prozent. Relativ gesehen geht es uns prächtig.

      SPIEGEL ONLINE: Sie lieben Schwierigkeiten?

      O`Leary: Ich muss, ich bin Ire. Es macht mehr Spaß, Ryanair zu führen, wenn die Zeiten hart sind. In einfachen Zeiten läuft es von selbst.

      SPIEGEL ONLINE: Nächste Woche müssen Sie womöglich einen Quartalsverlust melden - den ersten seit dem Börsengang 1997.

      O`Leary: Yep.

      SPIEGEL ONLINE: Vielleicht haben Ihre Aktionäre dann weniger Spaß an Schwierigkeiten als Sie?

      O`Leary: Gewöhnt euch dran. Ich schlafe gut, und ich bin der größte Einzelaktionär. Schaffen wir hier auf lange Sicht etwas Wertvolles? Ich denke schon. Aber es wird die Zeit kommen, wo wir sogar im Gesamtjahr Verlust machen. Vielleicht nächstes Jahr, vielleicht in fünf oder zehn Jahren.

      SPIEGEL ONLINE: Vielleicht nächstes Jahr? Sie wissen es nicht?

      O`Leary: Vorhersagen sind nicht mein Geschäft, sonst würde ich mein Geld auf Pferde verwetten. Wir haben keine Ahnung, wo sich der durchschnittliche Ticketpreis in den nächsten zwölf Monaten einpendelt. Wir schätzen, dass er 5 bis 20 Prozent unter Vorjahresschnitt liegt. Wir sind eine Airline! Wir verkaufen kein verdammtes Hundefutter, wo man tausend Dosen voll macht und sie sicher für 1,25 Dollar in diesem Jahr verkauft, für 1,27 in zwei Jahren und in vier für 1,29.

      SPIEGEL ONLINE: Ein besonders konkurrenzreicher Markt ist der deutsche. Ist er der schwierigste in Europa?

      O`Leary: Der britische ist ähnlich umkämpft. Aber es geht brutal zu in Deutschland. Zwischen Lufthansa und uns gibt es viele Airlines, die um dieselben Kunden streiten.

      SPIEGEL ONLINE: Und nicht alle Fluggesellschaften überleben?

      O`Leary: Es wird in diesem Winter Pleiten geben und im Winter darauf.

      SPIEGEL ONLINE: Wettbewerber wie HLX oder Germanwings werden nicht einfach verschwinden.

      O`Leary: Warum nicht?

      SPIEGEL ONLINE: Sie gehören zu Konzernen wie TUI und Lufthansa.

      O`Leary: TUI, ha! Eine der großen Profitmaschinen der Reisebranche! So was gibt es heute nicht mehr. British Airways hat Go fallen gelassen, den eigenen Billigableger. SAS hat im letzten Jahr Snowflake gegründet, jetzt wird der Laden dicht gemacht. Wie schnell das ging. Sogar Lufthansa wird von Germanwings abrücken und sagen: Uns gehören nur 49 Prozent daran!

      SPIEGEL ONLINE: Und Ryanair wird den Himmel beherrschen in alle Ewigkeit.

      O`Leary: Ich sage ja nicht, dass alle Konkurrenten Bankrott gehen. Aber einige schon. Wir verhandeln mit Flughäfen, an denen so genannte Billigflieger wie HLX, Germanwings, Air Berlin und Germania groß sind. Diese Airports fürchten, dass der eine oder andere ihrer Kunden verschwindet.

      SPIEGEL ONLINE: Machen Sie selbst denn Profit an Ihrem wichtigsten deutschen Flughafen, in Hahn?

      O`Leary: Ja.

      SPIEGEL ONLINE: Aber mit schlechteren Margen als in Ihrem restlichen Netz?

      O`Leary: Nein.

      SPIEGEL ONLINE: Aber Sie verkaufen Ihre Tickets in Hahn noch billiger als anderswo?

      O`Leary: Das würden wir nie verraten. Wir geben nicht mal Einzeldaten nach Ländern heraus.

      SPIEGEL ONLINE: Ihr erklärtes Ziel war, von Hahn 30 Ziele anzufliegen. Es sind noch 19. Warum haben Sie das Ziel nicht erreicht?

      O`Leary: Die Leute deuten zu viel in diese Zahlen hinein. Liegen wir ihn Hahn im Plan? Nein. Liegen wir im Plan für Deutschland insgesamt? Ja. Wir haben nicht aufgehört, neue Routen aufzumachen. Letztes Jahr waren wir noch nicht in Baden-Baden - nun fliegen wir von da aus drei Ziele an.

      SPIEGEL ONLINE: Aber nur, weil Sie Straßburg aufgegeben haben, auf der anderen Seite der Grenze.


      O`Leary: Alles ist im Fluss. Und wenn Hahn schlechtere Konditionen hat als der nächste Flughafen, verlieren sie eben Strecken.

      SPIEGEL ONLINE: Die Konkurrenz wird ja noch härter. easyJet geht als dritter Billigflieger nach Köln-Bonn, Condor wird folgen. Und Hahn liegt ziemlich weit draußen.

      O`Leary: Wie viele Airlines nach Stuttgart oder Köln gehen, ist völlig egal - die nehmen uns keine Kunden weg. Wir treten auf 14 Strecken gegen easyJet an. Auf allen konnten wir die Kapazität in drei Jahren verdoppeln. Die Abgelegenheit von Hahn ist kein Thema mehr. Kunden kommen aus Frankfurt, fahren am Eingang des Hauptflughafens vorbei zu einem Ort 125 Kilometer weit draußen. Entfernung? Vergiss es! Das ist eine Frage des Preises!

      SPIEGEL ONLINE: Um Ihre Preise und Kosten zu drücken, machen Sie Flugzeuge noch spartanischer: kein Sonnenschutz, keine Sitztaschen mehr, keine verstellbaren Sitze. Wo soll das hinführen?

      O`Leary: Die Sitze zu ändern - das ist bloß Dünnbier. Die nächste große Sache könnte sein, die Gepäckabfertigung abzuschaffen. Dann könnten Sie die ganze Architektur von Flughäfen vereinfachen. Keine Gepäckbänder mehr, keine Gepäckfahrer. Keine verlorenen Taschen, keine Schalter für Leute mit verlorenen Taschen.

      SPIEGEL ONLINE: Und Sie meinen, die Passagiere spielen da mit?

      O`Leary: Eine Familie, die mit Kindern verreist, wird ein bisschen Gepäck brauchen. Vielleicht sagen wir ja: Wenn Ihr kein Gepäck aufgebt, bekommt Ihr fünf Euro zurück. Wenn Ihr welches aufgebt, zahlt Ihr zehn Euro pro Stück.

      SPIEGEL ONLINE: Immerhin machen Sie die Sitze nicht noch unbequemer?

      O`Leary: In zehn Jahren könnte es Flugzeuge ohne Sitze geben. Warum müssen Sie sich hinsetzen?

      SPIEGEL ONLINE: Der Sicherheit wegen?

      O`Leary: Das gilt auch für die Bahn. Leute fahren in Zügen bei 190 Stundenkilometern, stehen auf dem Gang oder sitzen auf Koffern. In Zügen sterben viel mehr Menschen als in Flugzeugen. Leute fahren Bus und stehen dabei. Ich fordere ja gar nicht, Sitze abzuschaffen. Der Punkt ist, originell zu denken. Die Flugbranche hat Jahr für Jahr jeden neuen Kostenfaktor auf den Ticketpreis draufgeschlagen. Jetzt müssen wir alles neu erfinden - so wie Supermärkte, die Lebensmittel immer noch billiger machen.

      SPIEGEL ONLINE: Vielleicht wird Ryanair ja ein fliegender Supermarkt. Schon heute nehmen Sie mit dem Warenverkauf an Bord ungewöhnlich viel ein.

      O`Leary: Die Zahl der Produkte, die Sie in elf Kilometer Höhe mitnehmen können, ist begrenzt. Vielleicht legen wir Internet-Anschlüsse, damit Leute einkaufen können. Sie bestellen Gemüse beim Fliegen und es wird geliefert, sobald Sie zu Hause sind.

      SPIEGEL ONLINE: Bezahl-Entertainment kann auch für Sie eine Einnahmequelle sein?

      O`Leary: Sicher. Eltern ziehen ihre Kreditkarte durch und schauen sich Trickfilme an - die einzige Methode, Kinder ruhig zu stellen. Wenn der Flug voller Männer ist - Pornos! Solang` der Kunde es will und es die Preise senkt, ist mir alles Recht. Vielleicht fliegen Passagiere 2015 kostenlos und die Flughäfen bezahlen uns für die Beförderung. Es gibt keinen Grund, warum wir nicht die gesamte Ökonomie des Fliegens umkrempeln können - außer dem, dass die Branche von einem Haufen Hohlköpfen geführt wird.

      SPIEGEL ONLINE: Die erste Seite Ihres letzten Geschäftsberichtes zeigt Sie als Frau verkleidet: Michelle, Chefputzfrau bei Ryanair. Sie sind wohl der einzige Vorstandschef, der sich derart in Szene setzt.

      O`Leary: Irgendwer kam auf die Idee und wir sagten: Klingt blöd - machen wir. Wir sind eine junge Firma. Das Durchschnittsalter ist 28.

      SPIEGEL ONLINE: Und welche Verkleidung haben Sie für den nächsten Geschäftsbericht ausgesucht?

      O`Leary: Letzten Freitag hatten wir in Dublin ein Wohltätigkeitsevent. Unsere Leute haben mich an den Pranger gestellt, wie im Mittelalter. Für fünf Euro konnten sie einen nassen Schwamm auf mich werfen. Ich war völlig durchnässt. Wir könnten ein Foto davon im Bericht drucken. Drunter schreiben wir: "Nach einem Scheißjahr reagieren Aktionäre beim Ryanair-Management ihren Ärger ab."

      Das Interview führte Matthias Streitz

      ^^ :) Ich mag Ryanair ;)
      Avatar
      schrieb am 28.05.04 13:39:20
      Beitrag Nr. 2 ()
      Zur Person
      Michael O`Leary, Jahrgang 1961, irischer Bauernsohn, Ex-Jesuitenschüler, Wirtschaftsprüfer ohne Uni-Examen, Rugby-Fan, Junggeselle, Angus-Rinderzüchter, Krawatten-Verächter und Verbal-Hooligan, führt den Billigflieger Ryanair seit 1994. Lieblingsfeinde: easyJet, Lufthansa, EU-Bürokraten - die Abneigung ist gegenseitig. O`Leary hält nach eigenen Angaben selbst fünf Prozent der Ryanair-Aktien.

      Zu Ryanair
      Vom Rivalen easyJet vorübergehend überrundet, ist Ryanair inzwischen wieder die größte Billigfluglinie Europas. 1985 von Tony Ryan mit einer 15-sitzigen Turboprop-Maschine gestartet, versuchte sich die Airline zunächst als konventioneller Linienflieger mit günstigen Preisen - aber viel zu hohen Kosten. Michael O`Leary schaute sich die Billig-Tricks von Southwest Airlines in den USA ab und sanierte die Firma. Seit dem Börsengang 1997 musste Ryanair noch keinen Quartalsverlust melden - das könnte sich nun ändern. Derzeit verkehren 72 Boeing-Maschinen auf über 160 Routen in West- und Südeuropa. In Deutschland startet Ryanair von Hahn, Lübeck, Altenburg, Niederrhein, Friedrichshafen, Baden-Baden, Berlin-Schönefeld und Erfurt.



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