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    Die Ökonomie des Bodens (Für Neomarxisten) - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 28.06.04 09:40:04 von
    neuester Beitrag 28.06.04 11:43:46 von
    Beiträge: 4
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      schrieb am 28.06.04 09:40:04
      Beitrag Nr. 1 ()
      Hickel, Kurz, Nick & Luft

      Die Ökonomie des Bodens
      Heute: Robert Kurz

      Wie in der Quantenphysik gilt es in der Kritik der politischen Ökonomie, das Undenkbare zu denken; also eine Produktions- und Lebensweise vorstellbar zu machen, die in keiner Weise mehr an die »auf dem Wert beruhende Produktionsweise« (Marx) erinnert, wie sie heute unseren Alltag bestimmt und mit ihren Kategorien (abstrakte Arbeit, Wert, Ware, Geld, Markt, Staat etc.) vom Normalbewusstsein verinnerlicht worden ist. Trotz der immer tieferen Weltkrise dieses Systems schrecken die Menschen aber vor dem Unbekannten zurück; sie klammern sich an die Illusion, dieses System könne wieder repariert werden. Deshalb gibt es für eine neu zu formulierende radikale Kritik der politischen Ökonomie ein Problem: die Vermittlung.
      Es geht dabei nicht bloß darum, die theoretische Kritik dem sperrigen Normalbewusstsein zugänglich zu machen, sondern auch einen praktischen Weg aus dem »Erdbebengebiet« der Ware-Geld-Beziehungsverhältnisse hinaus zu finden. Das ist so schwierig, weil dieses System totalitär ist. Die Warenform und damit die Geldform dehnte im Verlauf einer mehrhundertjährigen kapitalistischen Entwicklung ihren Zugriff derart tief in die Lebensverhältnisse hinein aus, dass sie nur von einem zentralen Hebelpunkt aus überwindbar erscheint, etwa nach dem Motto: »Ganz oder gar nicht«. Sicher steht und fällt die totalitäre Ware-Geld-Beziehung mit dem Warencharakter der Arbeitskraft, denn erst daraus resultiert ein sozusagen flächendeckendes warenproduzierendes System. Erst dadurch, dass die Arbeitskraft selber zur Ware wurde, wurden auch alle Produkte zu Waren. Dennoch sind zur Überwindung dieser Produktions- und Lebensweise Überlegungen für Vermittlungs- oder Übergangsschritte anzustellen. Ist es denkbar, bestimmte Bereiche aus der Warenform herauszubrechen?
      Schon seit den Anfängen der kapitalistischen Produktionsweise steht die Frage von Grund und Boden in dem Sinne zur Disposition. Die Herausbildung des Kapitalverhältnisses ging mit dem Prozess einher, »den Grund und Boden in einen reinen Handelsartikel zu verwandeln« (Das Kapital Bd. 1, S. 752). Und immer wieder gab es Ansätze, diese elementare Grundlage gesellschaftlicher Reproduktion von der eisernen Klammer der Geldform und Kommerzialisierbarkeit zu befreien. Voraussetzung dafür war, Grund und Boden auch von der juristischen Form des Privateigentums zu befreien. Sozialisten, Kommunisten und Anarchisten, aber auch bürgerliche Reformer dachten in diese Richtung. Eine von der Warenform befreite Erde gehört in jedem Fall zur Programmatik sozialer Emanzipation, auch bei Marx: »Vom Standpunkt einer höhern ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen, wie das Privateigentum eines Menschen an einem andern Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als boni patres familias den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen.« (Das Kapital Bd.3, S.784).
      Die ursprüngliche Verjagung von Grund und Boden, wie sie sich bis heute in der Dritten Welt fortsetzt, der kapitalistische Raubbau und damit das Abschneiden der Menschen von gemeinsamer Kontrolle über ihre buchstäbliche Lebensgrundlage gehört zu den Grundärgernissen der herrschenden Ordnung. So oft diese Frage auch thematisiert wurde, ebenso oft wurde sie von den kapitalistischen Entwicklungsschüben wieder weggespült. In der heutigen Weltkrise könnte aber diese elementare Frage neues Gewicht gewinnen. Unübersehbar sind die zahlreichen Landbesetzer-Bewegungen in den Krisenregionen der Dritten Welt. Aber auch in den Zentren könnte die Bodenfrage neu gestellt werden. Das wäre eines von mehreren Feldern einer gemeinsamen sozialen Weltbewegung unter den Bedingungen der Globalisierung. Immerhin war auch im Staatssozialismus der Boden kein Privateigentum. Den Unterschied bekommen viele Menschen heute schmerzlich zu spüren. Allerdings bedeutete das Staatseigentum am Boden zum Zweck der bürokratischen »nachholenden Modernisierung« ebenfalls eine juristische Trennung der Menschen vom elementarsten Reproduktionsmittel. Das juristische Eigentum am Boden wäre im Sinne der Marx’schen Aussage überhaupt zu negieren zu Gunsten des bloßen Besitzes, d.h. der Nutzung etwa in kommunaler Selbstverwaltung. Ähnlich wie bei einer globalen Entschuldung könnten Kleineigentümer entschädigt oder ganz von der Umwälzung ausgenommen werden.
      Und der Effekt? Wenn die Grundrente ersatzlos wegfällt, könnten viele Kosten sinken (z.B. Mieten). Außerdem wäre eine Grundvoraussetzung geschaffen, dass Menschen gemeinschaftliche Einrichtungen aller Art ganz oder teilweise unabhängig von Ware-Geld-Beziehungen betreiben können. Natürlich geht das nur, wenn etwa in der Dritten Welt das Latifundien-Eigentum nicht bloß durch kleines Privateigentum ersetzt wird (wie etwa in der französischen Revolution), sondern der Boden überhaupt die Eigenschaft der Käuflichkeit und Verkäuflichkeit verliert. Das ist keine schlechte Utopie, sondern durchaus eine von verschiedenen Möglichkeiten, eine Bresche in den totalitären Anspruch des warenproduzierenden Systems zu schlagen.

      In der ND-Wirtschaftskolumne befassen sich der Bremer Wissenschaftler Rudolf Hickel, der Nürnberger Philosoph Robert Kurz, der Berliner Politökonom Harry Nick sowie die PDS-Wirtschaftsexpertin Christa Luft mit Hintergründen aktueller Vorgänge.

      Aus "Neues Deutschland" (ND) vom 06.02.04
      http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=48434&IDC=33&DB=Arch…
      Avatar
      schrieb am 28.06.04 09:45:25
      Beitrag Nr. 2 ()
      mann o mann, selbst in der ddr gab es ein recht auf privatbesitz von grund und boden, wenn es das nicht gegeben hätte, wäre alle selbstverantwortung und liebe der menschen zu ihrer umwelt verloren gegangen


      gerade weil es in drittweltländern kein verbrieftes
      eigentumsrecht an grund und boden gibt, herrscht dort das chaos, ähnlich wie in russland, wo es auch keine "grundbücher" gibt
      Avatar
      schrieb am 28.06.04 11:31:52
      Beitrag Nr. 3 ()
      Zum Verhältnis von Kommunisten zu Privatbesitz und Vermögen paßt dieser Artikel auch ganz gut:

      Die Milliarden der SED
      Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, 1946 hervorgegangen aus dem Zusammenschluss von KPD und SPD in der sowjetischen Besatzungszone, war nach ihrem Selbstverständnis die führende Partei in der DDR. Doch erst nach der Wende im Jahr 1989 wurde klar, welchen Besitz die Genossen angehäuft hatten. Sie verfügten über 1812 Immobilien, 6129 Grundstücke, besaßen mehr als 160 Firmen im In- und Ausland und hatten erhebliche Bankguthaben. Zu den Immobilien zählten Gebäude von Parteileitungen, Ferienheime und Villen für die Spitzenfunktionäre. Laut Abschlussbericht der Unabhängigen Kommission für Parteivermögen im August 1998 wurden seit 1990 rund 1,34 Milliarden Euro aus dem Vermögen der DDR-Parteien und Organisationen sichergestellt. Nach dem misslungenen Versuch, SED-Millionen ins Ausland zu verschieben, verzichtete die SED-Nachfolgepartei PDS auf das umstrittene "Millliarden-Erbe" - mit Ausnahme weniger Immobilien. Zu denen zählt der Sitz des Parteivorstandes in Berlin, der einst der KPD gehörte. (Welt.de)

      ;
      Avatar
      schrieb am 28.06.04 11:43:46
      Beitrag Nr. 4 ()
      mann o mann, selbst in der ddr gab es ein recht auf privatbesitz von grund und boden

      Deshalb habe ich ja auch im Threadtitel den Begriff "Neomarxisten" verwand.


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