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    Staatlicher Schuldenmanager wird auch in Zukunft ein sicherer Job bleiben. - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 30.06.04 19:31:23 von
    neuester Beitrag 30.06.04 20:48:52 von
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      schrieb am 30.06.04 19:31:23
      Beitrag Nr. 1 ()
      Bei den Managern des Schuldenstaates

      Wenigstens ein Gutes hat die Staatsverschuldung: Sie sichert ein paar Arbeitsplätze. Fast 500 Beamte und Banker organisieren Kredite für den Bund
      von Cornelia Schmergal

      Hans Eichels Schulden passen in zwei Schuhkartons. Mehr Platz brauchen die zwei Festplatten nicht, die hinter schweren Metallwänden leise vor sich hin schnurren. 840 Milliarden Euro, die gesamte Last des Bundes, sind in diesem Großrechner gespeichert, fein säuberlich in Konten aufgelistet. 30 Gigabyte voller öffentlicher Armut.


      Das Rechenzentrum der Bundeswertpapierverwaltung ist für die Öffentlichkeit tabu. Hier darf niemand rein. Ein Sicherheitstrakt. Nur dass es hier kein Gold zu verteidigen gibt, sondern den staatlichen Schuldenberg.


      Aber mal von vorn: In Berlin machen die Politiker ständig neue Schulden. Das geht ziemlich einfach. In Frankfurt mühen sich dann 90 Finanzjongleure im öffentlichen Auftrag, um Kredite für Vater Staat aufzutreiben. Das ist schon deutlich schwieriger. Und in Bad Homburg führen dann 370 Beamte und Angestellte Buch über die staatliche Verschuldung. Macht zusammen 460 Arbeitsplätze.


      Bad Homburg ist ein gediegenes Plätzchen, gespeist vom Frankfurter Geldadel. Ein Villenvorort, über dem stets ein Hauch von Champagner liegt. Mittendrin wird der staatliche Schuldenberg verwaltet.


      In einer Spielstraße nah am Bahnhof steht der gelb verklinkerte Zweckbau des Schuldennotars des Bundes. Ein Relikt aus den fünfziger Jahren, längst unter Denkmalschutz gestellt. "Bundeswertpapierverwaltung" - das Wort lässt sich in großen schwarzen Lettern kaum über die Tür quetschen. Früher hieß die Behörde mal "Bundesschuldenverwaltung", das war zwei Buchstaben kürzer und passte besser über die Pforte. Weil die Behörde aber Wert auf Tradition legt, hat man das Schild einfach aufbewahrt. Jetzt hängt es im Empfangsraum der Behörde, gleich hinter der Eingangstür. "1949 bis 2001", steht darunter. Ein letzter Gruß.


      In der Bundeswertpapierverwaltung legt man - neben gedeckten Anzügen - auch Wert auf Tradition.


      Immerhin gehen ihre Vorläufer bis ins Jahr 1820 zurück. Damals erließ König Friedrich Wilhelm III. die preußische "Verordnung wegen der künftigen Behandlung des gesamten Staatsschuldenwesens". Ein Faksimile hängt noch immer im Flur der Behörde. 180 Jahre lang verwalteten Beamten die staatlichen Schulden. Dann kam das neue Jahrtausend, und das Bundesfinanzministerium schickte sich an, die Schuldenverwaltung zu modernisieren und gründete die "Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH". Die Revolution: Die neue Agentur arbeitet mit waschechten Ex-Bankern. Die Überlegung des Bundesfinanzministers: Wo viel für den Schuldendienst ausgegeben wird, lässt sich auch viel sparen.


      Bis zu 700 Millionen Euro jährlich, so die Hoffnung der Ministeriellen.


      Seither gibt es die einen und die anderen. Die einen, die verwalten und ihr Domizil mit historischen Münzpressen schmücken. Die anderen, die zocken und ihre Besucher mit Bauhaus-Klassikern empfangen. Die Staatsverschuldung ernährt sie beide. Jobs bei der öffentlichen Schuldenverwaltung sind krisensicher.


      Minister Eichel will im nächsten Jahr 22 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen. In diesem Jahr werden es fast 30 Milliarden Euro sein. Allein der Bund und seine Sondervermögen sind mit 840 Milliarden Euro verschuldet. Insgesamt steht der Staat mit rund 1,3 Billionen Euro in der Kreide. Ein Koloss mit 13 Ziffern.


      Eine Größenordnung, die zwar Ökonomen, aber keinen echten Schuldenmanager aufregen kann. "In der Öffentlichkeit beobachte ich eine asymmetrische Wahrnehmungsweise beim Thema Verschuldung", sagt Hans Ulrich Lellek, Präsident der Bundeswertpapierverwaltung. "Die Unternehmen sind insgesamt ungefähr dreimal so hoch verschuldet wie der Staat. Danach kräht jedoch kein Hahn." Boris Knapp, Sprecher der Finanzagentur des Bundes, will auch nicht aufgeregt wirken: "Die geplante Neuverschuldung interessiert uns natürlich, weil diese Information unsere Arbeit berührt. Sie löst aber gewiss keine Panikattacken aus. Schließlich halten wir ständig einen ganz engen Draht zum Bundesfinanzministerium."


      Die Finanzagentur mit den Bankern und Zockern unter den Schuldenmanagern arbeitet in einem gläsernen Bürohaus in einer Industriegegend im Frankfurter Norden. Die vier Bildschirme auf jedem Händlertisch ("Bloomberg, Reuters und was man sonst noch so braucht ...") lassen ahnen, dass es hier oft schnell gehen muss.


      Ein typischer Morgen in der Finanzagentur: Das Telefon klingelt, ein Beamter aus dem Bundesfinanzministerium ist dran. Er gibt den Liquiditätsbedarf des Bundes für den Tag durch. Mal sind es dreistellige Millionen-, mal zweistellige Milliardenbeträge. Egal ob ein Brückenprojekt bezahlt werden muss oder die Sozialausgaben mal wieder ausufern - die Finanzagentur ist dafür zuständig, dass der Staat immer flüssig ist. Das ist tückisch: Der Bund hat sein Konto bei der Bundesbank. Ein ganz besonderes Konto. Am Ende des Tages muss es immer leer sein. Kontostand null, nicht mehr und nicht weniger. Die Zentralbank darf dem Staat keinen Kredit gewähren, deswegen darf das Konto nicht ins Minus rutschen. Sie darf dem Staat aber auch kein Guthaben honorieren, deswegen darf am Ende des Tages auch kein Plus mehr da stehen.


      Um das Konto des Bundes kurzfristig auszugleichen, nutzen die Mitarbeiter der Agentur ihre Drähte in die Finanzbranche. Mit einem Anruf lassen sich Kreditinstitute oder Versicherungen zu einem Direktkredit überreden. Ist man sich einig, kommt die Bundeswertpapierverwaltung ins Spiel. Als Notar. Sie muss Beträge über 50 Millionen Euro beurkunden: Helles Büttenpapier, schwarz-rot-goldene Kordel am Rand, Stempel drauf, Schuldschein fertig. So kommt der Bund spontan zu Geld.


      Komplizierter ist die Sache mit den längerfristigen Krediten des Bundes. Der Staat gelangt dauerhaft an Geld, indem er Wertpapiere ausgibt. Die Bundeswertpapierverwaltung organisiert den Verkauf an die privaten Sparer. Bundesschatzbriefe sind beispielsweise schon ab einem Mindestbetrag von 52 Euro zu haben, für Finanzierungsschätze muss man schon mindestens 500 Euro hinblättern. Wer ein solches Wertpapier erwirbt, der leiht dem Bund letztlich sein Geld. Die Zinsen, die er dabei verdient, sind die Kreditkosten des Bundes.


      Um die Daueremissionen an den Mann und die Frau zu bringen, leistet sich der Bund in Homburg sogar ein eigenes Callcenter. Weil Service und Kontoführung kostenlos sind, könnte die Behörde sogar damit werben, "Deutschlands billigste Direktbank" zu sein, wie das Magazin "Stern" einmal schrieb.


      18 Telefonagenten kümmern sich um die Kundschaft. Da will jemand seine Wertpapiere verpfänden, um sie als Kaution zu unterlegen. Der Großvater ist gestorben und die Erben wissen nicht, wie es um sein Wertpapier-Konto steht. Ganz selten fragen unruhige Kunden auch einmal nach, ob die neuen Haushaltspläne aus Berlin und die Neuverschuldung eigentlich zu höheren Zinsen führen könnten. "Die meisten Anrufer wollen aber wissen, wann eigentlich die Zinswende kommt", sagt Matthias Jauernig, Chef des Callcenters der Behörde.


      Den größten Brocken der jährlichen Kredite für den Bund, fast 99 Prozent, machen heute allerdings Auktionen mit Wertpapieren aus, die börsennotiert gehandelt werden. Darum kümmert sich die Finanzagentur. Gerade an diesem Mittwoch wurden wieder Anleihen unter der "Bietergruppe Bundesemissionen" versteigert, in der sich 42 Banken und Investmentunternehmen zusammengetan haben. Neun Milliarden Euro, so die Planung der Finanzagentur, sollten durch die Auktion mindestens erzielt werden. Auf 19,6 Milliarden Euro beliefen sich die Gebote schließlich. Staatspapiere bleiben begehrt.


      Um die Kosten für den Schuldendienst zu senken, erlaubt das Haushaltsgesetz inzwischen auch Geschäfte, die noch unter Theo Waigel als Teufelszeug gegolten hätten: Zinstauschgeschäfte, so genannte Swaps. Bei diesen Geschäften können die Manager beispielsweise langfristige feste Zinsen in kurzfristig variable und in der Regel niedrigere umwandeln. Weil ein Restrisiko bleibt, dürfen die Swap-Geschäfte aber nicht mehr als 80 Milliarden Euro an den gesamten Schulden des Bundes ausmachen.


      Am Ende ist es wieder die Bundeswertpapierverwaltung, die sich darum kümmert, dass Zinsen und Tilgungen termingerecht auf das Konto des Gläubigers überwiesen werden. "Backoffice des Bundesfinanzministeriums" heißt das Amt deshalb auch. Und weil Behörden im Spiel sind und es sich um Steuergelder handelt, ist das Verfahren kompliziert. Zehn Tage vorher, so der Richtwert, muss das Verfahren spätestens anlaufen. Als Erstes meldet die Bundeswertpapierverwaltung dem Haushaltsreferat des Eichel-Ministeriums, dass ein Kredit zurückgezahlt werden muss und wie viel Geld dafür gebraucht wird. Dann stellen die Ministeriellen die Summe beim Konto der Bundeshauptkasse der Bundesbank bereit. Die Bundeswertpapierverwaltung schickt dann wiederum eine Kassenanweisung. Früher fuhr dazu täglich ein eigener Kurier mit dem Kofferraum voll Datenbändern nach Frankfurt, heute läuft das Verfahren elektronisch. "Ich kann mit Stolz sagen, dass wir noch jeden Gläubiger pünktlich bezahlt haben", sagt Behördenchef Hans Ulrich Lellek.


      200 Milliarden Euro von der Bundesschuld müssen in jedem Jahr getilgt werden. Deshalb kommt es, dass der Staat inzwischen ständig neue Schulden aufnehmen muss, um die alten tilgen zu können. Die Folge: Die Staatsverschuldung wächst rasant weiter.


      Erst vor zehn Tagen hatte der Bund der Steuerzahler seine neue Schuldenuhr am Berliner Gendarmenmarkt eingeweiht. In der vergangenen Woche musste er schon wieder nachjustieren und die Zählgeschwindigkeit erhöhen. Bisher stieg die Staatsverschuldung um 2186 Euro pro Sekunde. Jetzt sind es schon 2534 Euro pro Sekunde. Ein durchschnittliches Monatsgehalt.


      Staatlicher Schuldenmanager wird auch in Zukunft ein sicherer Job bleiben.


      Artikel erschienen am 27. Juni 2004
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 19:45:43
      Beitrag Nr. 2 ()
      Wahrscheinlich ist der Schuldenmanager neben dem Insolvenzverwalter und dem Arbeitsrechtler einer der wenigen Berufe mit Zukunft in Deutschland!

      :mad::mad::mad::mad::mad::mad::mad::mad::mad::mad:

      Was gibt es noch für Berufe, die man seinem Nachwuchs empfehlen kann, wenn er sich nicht international orientieren will?
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 20:48:52
      Beitrag Nr. 3 ()
      Steuerberater.:laugh::laugh::laugh:


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