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    Schwarzarbeitern geht`s an den Kragen - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 01.07.04 22:50:42 von
    neuester Beitrag 02.07.04 18:54:36 von
    Beiträge: 29
    ID: 876.264
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      schrieb am 01.07.04 22:50:42
      Beitrag Nr. 1 ()
      Für Schwarzarbeiter brechen schwere Zeiten an

      Die Opposition hat im Vermittlungsausschuss ihre Vorstellungen für das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zum großen Teil durchgesetzt. Stimmen Bundestag und Bundesrat dem Kompromiss zu, kann das Gesetz nach Angaben des Finanzministeriums bereits zum 1. August in Kraft treten.

      DPA
      Schwarzarbeit: Bußgelder bis zu 50.000 Euro
      Berlin - Im Zuge der Einigung wurde die geplante zweijährige Aufbewahrungspflicht für Rechnungen für Leistungen von Privatpersonen entschärft. Wenn keine Rechnung mehr vorhanden ist, soll es nun auch ausreichen, den Behörden Kontoauszüge oder andere Unterlagen zu präsentieren, um zu beweisen, dass es sich etwa bei einer Lieferung um eine private Leistung und nicht um Schwarzarbeit gehandelt hat, teilte der Vermittlungsausschuss am Donnerstag mit.

      Auf Druck der Union werde weiter als Schwarzarbeiter definiert, wer sein Handwerk oder Gewerbe nicht ordnungsgemäß in der Handwerksrolle oder im Gewerberegister eintragen lässt, hieß es in der Koalition. Die vorgesehenen Bußgelder seien hier mit 50.000 Euro höher angesetzt als von der Koalition geplant. Bislang können bei unterbliebener Anmeldung Bußgelder von bis zu 30.000 Euro verhängt werden.

      Über das Gesetz, mit dem die gewerbsmäßige Schwarzarbeit und die damit verbundene Steuerhinterziehung effektiver bekämpft werden soll, wird am Freitag im Bundestag und am 9. Juli abschließend im Bundesrat abgestimmt. Private Nachbarschaftshilfe bleibt mit dem Gesetz weiter zulässig, wenn sie nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtet ist.

      Die Schattenwirtschaft erreichte nach Expertenschätzungen im vergangenen Jahr in Deutschland ein Volumen von 370 Milliarden Euro und damit rund 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dem Staat und den Sozialsystemen gehen damit jährlich Steuern und Abgaben in Milliardenhöhe verloren. www.spiegel.de

      Die Handelskammern wird`s freuen, die werden bald wegen Reichtums schließen können :laugh: Saubere Lobbyarbeit der Union!
      Fair wäre gewesen, die Kammerbeiträge zu senken, denn das, was da an Beiträgen gefordert wird, muss erst mal erwirtschaftet werden!
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:03:36
      Beitrag Nr. 2 ()
      Hallo StellaLuna,

      und was ist daran falsch?

      Gruß Albatossa






      Hatte ich fast vergessen die Grünen wollten doch immer das das gesamte Handwerk abgeschafft wird!
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:08:15
      Beitrag Nr. 3 ()
      @2 Albatossa

      ZWANGSmitgliedschaft bei egal welcher Kammer hat in einer freien Gesellschaft NICHTS verloren. Hier betreibt die Union antiquierte Klientelpolitik.

      Wenn die Kammern nicht durch Dienstleistungsangebote Mitglieder gewinnen können, dann haben sie auch keine Existenzberechtigung.
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:08:29
      Beitrag Nr. 4 ()
      Lese in #1 rein gar nichts, wodurch nun Schwarzarbeit bekämpft werden soll.

      Werden die Lohnnebenkosten gesenkt?
      Wird Bürokratie abgebaut?
      Werden legal arbeitswillige Arbeitskräfte besorgt?

      ;
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:08:35
      Beitrag Nr. 5 ()
      jetzt wird den kleinen leuten, die schwarzarbeit als eine akt göttlicher gerechtigkeit betreiben, da sie nicht steuerflüchtig ins ausland abhauen können, keine abschreibungstricksereien machen können, und sich nicht mit subventiensgeschenken mästen können, von sondervergütungen ganz zu schweigen........also jetzt geht es all diesen leuten an den kragen, sie werden jetzt richtig rangenommen.

      die anderen nicht, aber irgendwo muß man ja stehen bleiben !

      :laugh::laugh::laugh:

      ach ist das schön.....

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      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:11:11
      Beitrag Nr. 6 ()
      @ eierdieb,

      genau, rotgrün bekämpft jetzt auch noch die letzte Wachstumsbranche im Land.

      Aber wie wir deren Gesetze ja kennen, wird dies sicher auch ein Rohrkrepierer, der nur Verwaltung und Bürokratie aufbaut und rein gar nichts bringt.

      ;
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:15:07
      Beitrag Nr. 7 ()
      ja kann sein, aber frei nach dem motto die kleinen hängt man und die großen läßt man laufen könnte ich mir vorstellen, das man einige polizeibataillione zum schnüffeldienst umtrainiert.

      das wird noch richtig kuschelig schön hier in deutschland !

      da werden sich einige noch gehörig umschauen.

      :laugh::laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:23:35
      Beitrag Nr. 8 ()
      @eierdieb

      Also ich würde statt Polizeitruppe, die ja auch nur 38 Stunden pro Woche zur Vefügung steht, ein öfffentliches Anreizsystem vorschlagen.

      Jeder, der seinen Nachbarn verpfeift, erhält eine Auszeichnung vom örtlichen Finanzamtsleiter ("Deutschlands heldenhafter Verpfeifer") und eine Freikarte fürs Städtische Hallenbad.
      Zu hoch sollte man die Belohnungen nicht ansetzen, da die meisten es eh aus Eigenantrieb tun werden, wenn man die Kampagne
      ("Dein Nachbar- auch er arbeitet sicher schwarz") erst einmal anrollt.

      ;
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:24:50
      Beitrag Nr. 9 ()
      das Damoklesschwert für die Schwarzarbeiter sind
      50.000,- Euro Bußgeld, also werden sie schön brav
      ihr Gewerbe anmelden und nicht nur Kammer-Beiträge
      sondern auch ihre Steuern bezahlen :)
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:27:02
      Beitrag Nr. 10 ()
      Albatossa
      was ich eine Sauerei finde, ist die Zwangsmitgliedschaft in einer Kammer, denn jede Gewerbeanmeldung hat dies zur Folge. Und was noch eine größere Sauerei ist, dass über die Kammerbeiträge überhaupt nicht gesprochen wurde.
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:27:40
      Beitrag Nr. 11 ()
      @Stella

      Einzig das öffentliche Hinrichten würde vielleicht was nützen und auch da behaupten ja manche Zartbesaitete, dass das auch nicht abschrecken würde und plädieren für die Abschafffung der Todesstrafe.

      ;
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:29:33
      Beitrag Nr. 12 ()
      ich sag nur "bau bg"

      schweineverein:mad::mad::mad::mad:
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:36:48
      Beitrag Nr. 13 ()
      Dieser ganze Behördenklüngel ist nur dafür da, den wenigen
      ehrlichen und reellen Unternehemern das Leben schwer zu machen.
      Bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit erwischen die nicht einmal die Spitze des Eisbergs.
      Es ist ja schon langsam peinlich, daß immer wieder aufgedeckt wird, das selbst bei den Ämtern schwarz gearbeitet wird, wie zB. zuletzt bei einer Reinigungsfirma.

      A.
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:44:06
      Beitrag Nr. 14 ()
      Nun, wo liegt hier das Problem?
      Ein Gewerbe anmelden kann jeder. Bei der Kammer läßt man sich beitragsfrei stellen, also verdient die auch nichts.
      Und wenn man jemanden findet, der einem einen Job gibt, dann kann man mit dem vereinbaren, Geld Cash auf die Kralle, und sollte der seltene Fall auftreten, dass wirklich mal eine Kontrolle kommt, schreibt man eine Rechnung für einen Tag. So funktioniert die Wirtschaft schon lange, und wenn es die Politik nicht hinkriegt, die Binnennachfrage zu stärken, geht es lustig weiter in diese Richtung. Und man versucht alles, um die Kaufkraft weiter zu senken. Die Spirale dreht sich, in die falsche Richtung!
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 00:05:35
      Beitrag Nr. 15 ()
      Schwarzarbeit ist schädlich für unsere Wirtschaft und für unseren Staat.
      Dachte, dass dies in einem Börsenboard eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

      Das einzige Problem ist der Umstand, dass viele Unternehmer in die Schwarzarbeit getrieben werden. Sowohl von Auftraggebern, die schlichtweg sparen wollen, als auch von einem Rechtssystem und einer Bürokratie, die Kreativität und Einsatz förmlich erdrücken.
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 00:15:32
      Beitrag Nr. 16 ()
      Er hat beim Nachbarn einen verstopften Abfluss freigemacht.

      Avatar
      schrieb am 02.07.04 00:17:12
      Beitrag Nr. 17 ()
      Dürfen die Grünen Politiker ihre Osteuropäischen Putzhilfen behalten?
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 00:26:33
      Beitrag Nr. 18 ()
      :rolleyes::D

      brand eins 4/2004

      Die geschlossene Anstalt

      Alle wollen das System reformieren. Oder wollen sie es nur verändern, damit alles bleibt, wie es ist?

      Text: Wolf Lotter

      I. EIN WITZ

      Es gibt Phänomene, bei denen muss man nicht Albert Einstein heißen, um zu wissen: Da ist etwas faul.
      Nehmen wir mal Staatsdiener an sich. Knapp fünf Millionen Menschen stehen im Dienst der Öffentlichkeit. Sie verfügen einerseits über sichere Arbeitsplätze. Andererseits macht sie das besonders oft krank.
      Dies ist sogar höheren Amts bestätigt.
      Im Versorgungsbericht der Bundesregierung steht zu lesen, dass nur ein Viertel aller Staatsdiener die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht. Der Rest geht vorher – krank, am Ende, arbeitsunfähig, kaputt. Doch kaum haben die Kranken das System verlassen, bessert sich offenbar ihre Gesundheit dramatisch. Staatsdiener werden im Schnitt um 2,2 Jahre älter als der Rest der Bevölkerung und sind dabei, so sagen alle Studien, sehr vital und kreuzfidel. Hauptsache weg.

      Dem Gemeinwohl zu dienen, das war mal eine tolle Sache. Heute hingegen gibt es Beamtenwitze, die sind nicht mehr komisch, weil ihre Pointe gar nichts Absurdes, sondern Nachvollziehbares zutage fördert. Etwa der, in dem der Vater seinen Sohn zur Rede stellt, weil der immer überall erzählt, sein Alter arbeite als Kellner in einer Schwulenbar. „Was willst du eigentlich? Soll ich etwa sagen, du bist Beamter?“

      II. BETRIEBSSYSTEM

      Jedes System hat seine Organisationsform, sein Betriebssystem. Das der Deutschen war einmal so gut, dass die ganze Welt sie darum beneidete.
      Für Charles Eliot, der aus einer verschlafenen puritanischen Provinzuniversität namens Harvard die führende Universität der Welt machte, diente das deutsche Modell als Vorbild – im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.
      Aus dieser Zeit stammt, was bis heute als schwaches Echo der Welt als typisch deutsch gilt. Organisationseffizienz – ein anderes Wort dafür, dass der Apparat, die Bürokratie, dem folgt, was notwendig ist. Schnell und zielgerichtet.
      Ein gutes System.
      Tatsächlich war der Masterplan dieser Tage klar und für jedermann verständlich: Industrialisierung, Wachstum und Aufstieg um jeden Preis. Nie änderte sich das Land schneller als damals, im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. In diesen Tagen wurde das Betriebssystem festgebrannt.
      Den Soziologen Max Weber, den großen Theoretiker des Kapitalismus und seiner Werte, faszinierte das so, wie uns heute das Silicon Valley oder das Internet. Der Beamte dieser Zeit war für ihn mehr als ein hoher Experte. Weber sah in ihm die „rationale Form der legalen Herrschaft“. Ganz egal, wer regierte – der Beamte sicherte die Kontinuität und hielt den Laden am Laufen. Klarheit und Verständlichkeit unterscheiden gute Systeme von schlechten. Diese Sicherheit schuf die Grundlagen der Demokratie. Das Betriebssystem funktionierte.

      III. DIE GESCHLOSSENE ANSTALT

      Es gibt kein Zurück, nur ein Vorwärts, vorausgesetzt, es steht nichts im Weg herum. Tut es aber.
      Das alte Betriebssystem passte nicht mehr in die Zeit, und deshalb machen seine Betreiber das, was auch in der Alltagsinformatik geschieht: Sie stricken Ergänzungen, verwerfen sie, und nach Jahren, Jahrzehnten bleibt das übrig, was heute als System zu beklagen ist – ein heilloses, altes, unbrauchbares Durcheinander.
      Das liegt nicht allein an Dummheit oder Faulheit, sondern vor allem an mangelnder Vorstellungskraft. Denn das, worauf das Betriebssystem ausgerichtet ist, ist der Industrie- und Sozialstaat. Die Regeln der alten Welt.
      Wer etwas anderes in das deutsche Betriebssystem einfüttert, bekommt eine Fehlermeldung an den Kopf geknallt: inkompatibel, und zwar zur Realität.
      Schon seit 40 Jahren ist das alte Wachstumsmodell der Industrie mit seinen Normen und Standards ein Minderheitenprogramm. Denn es gibt inzwischen viel mehr Arbeitsplätze in der Dienstleistung. Und selbst viele Industriearbeitsplätze, die in verbogenen Statistiken als solche ausgewiesen werden, haben mit Kopf und Wissen und nicht mit Hand und Schweiß zu tun. Doch das ist egal, denn das System ist längst zu seinem eigentlichen Zweck geworden – die geschlossene Anstalt, der schiere Selbstzweck.
      Natürlich fällt den Betreibern auf, dass etwas faul ist, dass das System nicht mehr funktioniert. Aber weil sie sich nicht vorstellen wollen, was passiert, wenn sie ihre geschlossene Anstalt verlassen, murksen sie lieber daran herum. Doch jeder Versuch der Reparatur – oder Reform – führt zu einem noch schlimmeren Chaos. Siehe Steuererleichterungsabbaugesetz.

      IV. ABLAGERUNGEN

      Wer Bürokratie sät, wird Ohnmacht ernten. Kardinal Richelieu, der Erfinder des merkantilistischen Staates, baute die Macht Frankreichs auf einem komplexen Netz von Steuerbeamten auf. Das Königreich wurde zur mächtigsten Kraft auf dem europäischen Kontinent. Am Ende seines Lebens vermerkte der Erfinder des modernen bürokratischen Prinzips allerdings verbittert, dass er „als Resultat allen Nachdenkens über das Übel“ keinen anderen Weg sehe, als die Zahl der „Beamten so gering wie möglich zu halten“. Das Übel: Die Bürokratie hatte den Machthaber in wenigen Jahren zum Getriebenen gemacht. Einerseits bildeten die Steuerbeamten das Rückgrat des absolutistischen Staates. Andererseits zwangen sie die Führung stets zu neuen Konzessionen, Privilegien und vor allem zu einer Aufblähung ihres Apparats.
      Das System Richelieu – zuerst den Apparat schaffen, um Macht zu gewinnen, und ihn zum Machterhalt missbrauchen, um schließlich festzustellen, dass das Werkzeug mächtiger ist als die Hand, die es führt, und dann nach Rückbau zu rufen – dieses Prinzip gilt unter den Maschinisten der Macht, den Politikern, bis heute. So werden sie Reformer.
      Eine Reform bedeutet, ein bestehendes System neuen Erfordernissen anzupassen. Was aber, wenn das System an sich nicht mehr funktioniert? Dann wird es umgebaut. Es gibt Millionen Lötstellen, die das Chaos vermehren. Jeder Versuch, am System herumzudoktern, verschlingt noch mehr Aufwand, noch mehr Energie als die malade alte Lösung. Doch es gibt kein Zurück. Deshalb rutscht die Republik in den Reformnotstand. Ein lehrreiches Stück, das zeigt, was geschieht, wenn man zu Brüchen nicht bereit ist.
      Das führt zu tiefem Misstrauen zwischen Bürger und Staat – und, ganz nebenbei, zu immer mehr Beamten und vom Apparat beschäftigten Mitarbeitern. Zu italienischen Verhältnissen.
      Im Nachkriegs-Italien war es Sitte, dass jede der rasch wechselnden Regierungen ihre eigenen Beamten mit ins Boot holte. Auch in Italien waren die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung auf Lebenszeit eingeschworene und unkündbare Mitarbeiter. So bildete sich jener unglaubliche Moloch, der Ende der achtziger Jahre zum Kollaps des traditionellen politischen Systems in Italien führte. Die italienische Bürokratie war zur relativ teuersten und anerkannterweise ineffizientesten in Europa geworden – ein fragwürdiges Privileg, das seit Mitte der neunziger Jahre vom bundesdeutschen System in Anspruch genommen wird. Es war offenkundig, dass sich ihre Träger in endlosen Entscheidungsund Regelwidersprüchen gefangen hielten.
      Im Fall Italiens ist das verheerende Endresultat die populistische Berlusconi-Scheindemokratie, in der es als normal gilt, Macht zum eigenen Nutzen zu missbrauchen.
      Möglich wird das, weil die Bürger nahezu jedes politische Interesse an ihrem Gemeinwesen verloren haben. Die Liste der Reformen, mit denen Italien seit den späten fünfziger Jahren übersät wurde, ist schier endlos.
      Und hier?
      Jeder moniert sein Recht auf eigene Truppen. Renate Künast beispielsweise klagte nach der Übernahme des Landwirtschaftsund Verbraucherministeriums über die Tatsache, dass sie dort fast nur schwarze oder rote Parteibuch-Träger vorgefunden habe. Das Problem wurde dadurch gelöst, dass die Spitzenjobs im Künast- Ressort mit ihren Parteigängern besetzt wurden – auf der vorhergehenden Kulturschicht. Genauso wird in Bundesländern, Kommunen und öffentlichen Organisationen verfahren. Dazu kommen unzählige systemnahe Institutionen und Vereine, die demselben Prinzip verpflichtet sind. Ob ARD oder ZDF, Bundesagentur für Arbeit oder Kurverein: Die Änderung der politischen Großwetterlage zieht neue Funktionäre nach sich. Die beginnen, schon aus Abgrenzungsgründen, gnadenlos mit ihrem Reformwerk.
      Auf turmhohen Fundamenten, wackelig und porös.

      V. KLARHEIT UND DEMOKRATIE

      So wird aus dem Wort Reform der Schlachtruf der Selbstbetrüger. Der Schwindel wird erkennbar, wenn es um Taten geht. Darum, das Richtige zu tun.
      Zwar hat die Bundesregierung der „Entbürokratisierung“ der Republik den im rot-grünen Kabinett unvermeidlichen „Masterplan-Status“ gewidmet, doch innerhalb der Europäischen Union häuft sich der Unmut über das lahme Tempo, dass Deutschland dabei an den Tag legt.
      Entbürokratisierung gilt in vielen EU-Staaten, vor allem in den dynamischen skandinavischen Republiken, als wichtigster Schlüssel für eine globale Wettbewerbsfähigkeit: „Unnötiger bürokratischer Aufwand ist zu beseitigen und die Kosten unternehmerischer Tätigkeit zu senken“, heißt es in den Richtlinien, die der Europäische Rat in Lissabon formulierte. 2001 konkretisierte der so genannte Mandelkern-Bericht, benannt nach seinem französischen Vorsitzenden Dieudonné Mandelkern, die wichtigsten Prinzipien dabei. Denn auch bei der Auflösung der alten Ordnung muss alles seine Ordnung haben. Die wichtigsten Schlüsselbegriffe des Mandelkern-Berichtes sind klare Botschaften: Transparenz, Zurechenbarkeit, Zugänglichkeit und Einfachheit sind die wichtigsten Voraussetzungen für moderne Bürokratien. Was die EU formuliert, hat ein real existierendes Vorbild, die Arbeit der Better Regulation Task Force in Großbritannien. Die ist seit 1997 dabei, die Regeln für den Umgang zwischen Bürgern und Bürokratie neu zu definieren. Die wichtigsten Punkte aus der Principles of Good Regulation, die die Briten formulierten, entsprechen den später von Mandelkern aufgegriffenen EU-Richtlinien. Vor allem geht es immer um eines: Wo Gesetze nicht von allen verstanden werden, ist das System defekt.
      Eine klare Diagnose.
      In den Niederlanden, das in diesem Jahr den EU-Vorsitz führt, gilt Entbürokratisierung als eine der wichtigsten politischen Aufgaben überhaupt – und ist damit auch zentrales Thema des niederländischen Ratsvorsitzes.
      J. C. M. Nijland, Beamter des Finanzministeriums in Den Haag, spielt bei den Aufräumaktionen eine besondere Rolle. Seit 1994 versuchen die Niederländer, ihre Bürokratie effizienter zu gestalten. Entpolitisierung ist dabei ein Schlüssel, und der lässt sich, sagt Nijland, am besten „durch massive persönliche Verantwortung der Mächtigen erreichen“. 14,5 Milliarden Euro pro Jahr kostet die Wirtschaft die niederländische Bürokratie – und das ist genau das Plansoll, das in vier Jahren eingespart werden soll – 25 Prozent pro Jahr. Jeder Minister ist für das von ihm verantwortete Budget persönlich verantwortlich. Selbstverständlich kann ein Minister, der sich verrechnet oder verschätzt, ein paar Milliarden Miese nicht durch den Einsatz seines Häuschens wieder gutmachen. Aber: Ein Ressort, das durch zu viele Gesetze und Verordnungen Folgekosten verursacht, muss damit rechnen, dass ihm die Rechnungsprüfer der Entbürokratisierungs-Kommission, recht anschaulich als Watchdogs bezeichnet, dies am Jahresende vom Budget abziehen. Deshalb streichen die Minister und ihre Spitzenbeamten an Gesetzen und Verordnungen, was das Zeug hält, „und zwar so, dass nicht die Aufhebung einer Verordung wieder als neue Verordnung daherkommt – und kostet“, sagt Nijland. Das Verhältnis zwischen Watchdogs und Beamten sei, „na ja, sagen wir mal nicht besonders freundschaftlich“. Aber immerhin: Dem Bürger werden viele Kosten erspart. Und gleichzeitig, verweist Nijland auf Umfragen im Land, „steigt das Ansehen der Beamten wieder – sie sind keine sozialen Außenseiter mehr“.
      In Dänemark setzt man vor allem auf die Entlastung von Ballast. Tempo und Klarheit, früher mal Tugenden funktionierender Bürokratien, sollen dadurch gesteigert werden. Stolz sind die Dänen etwa darauf, dass sich jeder, der will, in 20 bis 30 Minuten per Internet als Unternehmer anmelden kann – zumindest dann, wenn es sich um simple Kleinunternehmen des Handels, Dienstleister wie Pizzaservices, ein Computerhandel oder Botendienste, handelt. Der Ausgangspunkt ist eine Website, auf der der Staat seine Dienstleistungen anbietet – klar und für alle Lebenslagen, nicht nur für Unternehmer. Ob Autoanmeldung oder Wohnsitzverlegung, Firmengründung oder Heirat – ein verständlicher Einstiegspunkt für alle.
      Des Weiteren genieren sich die Dänen nicht, Gesetze auf Zeit zu erlassen: „Bei einigen Dingen muss man eben prüfen, wie sie sich entwickeln, und man braucht gesetzliche Instrumente, um etwas rasch zu ändern, wenn es sich als falsch oder halb gar herausstellt“, sagt Lydia Joergenssen, Entbürokratisierungs-Beauftragte des dänischen Wirtschaftsministeriums in Kopenhagen.
      Der springende Punkt aber, weiß die Bürokratie-Expertin, „ist die Kommunikation. Alle Bürger müssen verstehen, was wir meinen. Das muss ganz klar sein, leicht verständlich, leicht umsetzbar. Das verstehen wir unter Gerechtigkeit und Demokratie.“ Man kann leicht erkennen, welche Chancen in solchen Vorhaben liegen: Zum einen eine den Zeiten angemessene Verwaltung, die Dienstleistung und Problemlösung offeriert, statt die bürokratischen Müllhalden des Umverteilungsstaates weiter zu mehren. Das neue System, das das alte überwinden kann, schafft aber auch wieder mehr Respekt zwischen Staat und Bürger.
      Vieles von dem, was die europäischen Nachbarn unternehmen, steht auch auf der deutschen Agenda. Doch nicht Worte, sondern die Motive – die Gründe, die zur Entbürokratisierung treiben – sind andere. Wer die dänischen, englischen, schwedischen und niederländischen Entbürokratisierungsprogramme liest, der versteht, dass es hier vor allem um eines geht: den Bürgern ihren Staat noch besser einzurichten, damit sie damit glücklicher sind. Es geht in keinem der Programme vorwiegend um Personalabbau, sondern um eine Optimierung des Staatswesens, eine Transformation vom Staatsdiener zum Dienstleister.
      Die deutschen Entbürokratisierungsmaßnahmen hingegen sind ein liebloses Zahlenwerk: Das Geld ist alle – und deshalb gibt es Diät. Mit Einsicht hat das nichts zu tun.
      Falsche Motive führen aber auf den falschen Weg.

      VI. MASTERPLÄNE

      Mit Fug und Recht könnte man behaupten, dass auch deutsche Gesetze nur eine kurze Halbwertszeit haben – und damit im Grunde derselbe Zustand erreicht wäre wie etwa in Dänemark. Doch während die Bürger im Norden darüber abstimmen, ob sich ein Gesetz im Alltag bewährt, ist Bürgerbeteiligung hier zu Lande bei der Frage, wie der Staat organisiert wird, weiterhin tabu.
      Das Motiv ist einsichtig: Alles soll so bleiben, wie es ist, nur eben für weniger. Deshalb arbeiten immer weniger aktive Beamte an immer mehr Verordnungen und Gesetzen, an deren Nachbesserung und neuerlicher, ebenfalls wenig aussichtsreicher Anpassung an das, was für die Realität gehalten wird.
      So ist es nicht überraschend, dass die seit Jahren immer nervöser vorgebrachten Entbürokratisierungsmaßnahmen zu nichts weiter geführt haben als zu einem planlosen Nach- und Umlöten des Systems.
      Und das ist nicht nur teurer als je zuvor, sondern geht nun auf breiter Front an die Existenz vieler Unternehmen.
      Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung (IfM) hat im Vorjahr eine beeindruckende Studie dazu vorgelegt. Insgesamt 17 491 Unternehmen wurden vom IfM ausführlich nach ihren Aufwendungen für Bürokratie befragt. Das Resultat zeigt eine weitere Verschlechterung der Lage gegenüber einer vergleichbaren Befragung, die das Institut vor acht Jahren durchgeführt hatte. Seitdem sind die Bürokratiekosten für die Firmen um mehr als ein Viertel gestiegen. Und schon damals galt die eiserne Regel: Je kleiner eine Firma, desto teurer kommt sie die Bürokratie zu stehen. Eine in Bayern durchgeführte Studie beziffert den Anteil der Bürokratiekosten kleiner und mittlerer Unternehmen auf 1,5 bis drei Prozent des Umsatzes – so viel, wie durchschnittlich in Betrieben mit weniger als 100 Mitarbeitern an Rendite hängen bleibt.
      Die Zahl der kleinen und mittleren Unternehmen, die sich von der deutschen Bürokratie „sehr stark“ belastet fühlen, hat sich von 1994 bis 2003 nahezu verdoppelt. Vor allem Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht sind die Horrorbegriffe, mit denen staatliche Bürokratie verbunden wird. Und auch ganz klar zeigt sich: Nicht allein der Umstand, dass Steuern und Abgaben gezahlt werden müssen, belastet die Etats der kleinen Unternehmen bis zum Kollaps. Es ist das hysterische Reformgehopse des altersschwachen Systems, das den größten Schaden anrichtet.
      Michael Höfmann, Geschäftsführer der Hengstenberg GmbH, einem mittelständischen Unternehmen der Automobilbranche in Essen, erläuterte im Oktober 2003 im Berliner Wirtschaftsministerium den Spitzenbeamten, was das konkret bedeutet: „Wir zahlen zwischen sieben und zehn Prozent nur an Verwaltungskosten dafür, dass wir neue Gesetze nachvollziehen. Als wir eine Lagerhalle für Autoteile bauen wollten, haben wir allein zehn Monate – von Juli bis April des nächsten Jahres – mit Genehmigungsverfahren zu tun gehabt. So zieht sich das durch.“ Auch teure Berater bringen längst nichts mehr, hat Höfmann erfahren müssen. Schon ein scheinbar simpler Gesellschaftervertrag kann zur Falle werden: Weil die Steuerberater die zeitliche Reihenfolge der dafür abzuschließenden Verträge verwechselten – ohne dass dabei das Geringste verschwiegen, verbogen oder unterschlagen wurde –, musste das Unternehmen eine siebenstellige Summe mehr an Steuern bezahlen.
      Die zuständigen Beamten bedauerten den Vorfall – vor allem aber auch den Umstand, dass ihnen durch Gesetze, die sie selbst für absurd halten, keine Wahl gelassen wird.
      Gnadenlos muss exekutiert werden, was die Politik voll verantwortet, aber längst nicht mehr begreift. Der Esslinger Steuerberater Peter Bürkle sieht im berüchtigten deutschen Steuerrecht mehr als nur eine Ansammlung „handwerklich schlechter Lösungen: Wir haben einen Zustand erreicht, wo das System nicht mehr reformierbar ist. Es funktioniert nicht mehr.Unklarheit ist gleich Ungerechtigkeit – und das ist es, was die Bürger wirklich wahrnehmen.“
      Ein System, das keiner versteht und überschaut, ist mehr als ein Ärgernis. „Wer nicht vereinfacht und diesem Wahnsinn ein Ende macht, beschädigt die Demokratie.“

      VII. GOOD FELLAS

      Gerecht ist das System ohnehin längst nicht mehr.
      So liegen die aktuellen Bürokratiekosten für die deutsche Wirtschaft – Stand 2003, Tendenz steigend – bei rund 46 Milliarden Euro. Davon schultern Konzerne und Großunternehmen allerdings nur etwas mehr als sieben Prozent – was in keiner Relation zu deren Stärke steht. Und ganz genau: Die Bürokratiekosten für einen Mitarbeiter in einem Konzern betragen weniger als ein Sechstel dessen, was ein Werktätiger in einem kleinen oder mittleren Unternehmen kostet.
      Auch das ist nicht paradox, sondern logisch.
      Schon Max Weber definierte sein Bürokratiebild vor hundert Jahren nicht allein durch die Beschreibung öffentlicher Bediensteter und Staatsdiener. Das Verwaltungspersonal von Konzernen, Versicherungen und Banken, so schien dem Anatomen des Kapitalismus schon damals glasklar erkennbar, verrichte ein und dieselbe Aufgabe. Und auch das Ziel sei gleich: Systemerhaltung, um jeden Preis und heute außerdem: auf Kosten der anderen. Die Gesetze des Industriestaates waren stets auf vierfach XXL ausgelegt. Je größer, desto kompatibler.
      Das zählt.
      „Staaten und große Unternehmen unterscheiden sich wenig“, sagt Professor Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs, „sie sind das Ergebnis ein und desselben Prozesses.“
      Und um den zu verstehen und zu verbessern, müsste man einmal grundsätzlich darüber nachdenken, sagt Straubhaar, weshalb es Firmen überhaupt gibt. „Man muss sich mal fragen, warum braucht man eigentlich Unternehmen, die nichts weiter sind als die Bürokratie der Wirtschaft? Es könnte doch alles der Markt regeln. Das Problem ist nur: Der Kapitalismus des Individuums hat seine Grenzen.“

      VIII. DIE ENDPHASE

      Das Individuum mag heilig sein – wirklich praktisch aber ist das Leben als Einzelgänger nicht. Denn für Menschen gilt, was auch im Industriekapitalismus das Nonplusultra ist: Economy of Scale, die Wirtschaft der großen Masse.
      Die Menge machts.
      Es geht hier nicht um den Einzelnen. Es geht um seine Handhabbarkeit. Schulbildung. Steuerrecht. Arbeitsrecht. Rente. Gesundheit. Lohnbüro. Sogar das persönliche Dokument, vermeintlich das unverwechselbare äußerste Merkmal einer Person: Alles sind Produkte der Standardisierung, der Norm.
      Der entscheidende Erfolgsfaktor des Kapitalismus, wie wir ihn kennen, liegt in der enormen Kraft, den Standards und Normen haben – „der Markt kann eben nicht nur über Preise und Preissignale das optimale Ergebnis generieren“, so Straubhaar.
      Bürokratie und die Verwaltung großer Konzerne, das so genannte Management, sind zwei Teile ein und desselben Systems. Für Staat und Manager sind starke Hierarchien, starke Bindungen und starke Kontrolle die wichtigsten Tugenden und Eigenschaften. Nicht der unberechenbare Markt diktiert die Gesetze – sondern die Norm, zumindest solange sie dazu taugt.
      Genau das aber ist kein Dauerzustand, meint Straubhaar: „Jede Economy of Scale, also typischer Industriekapitalismus, zieht mehr Bürokratie nach sich. Und das wiederum erzeugt Sozialstaatlichkeit, denn zur Aufrechterhaltung der Standards und Normen braucht man ruhige, scheinbare sichere Verhältnisse. Irgendwann kostet dann die Bürokratie, die nötig ist, um die Economy of Scale zu organisieren, mehr, als an Erträgen da ist.“ Die unausbleibliche Konsequenz für das System kann Straubhaar präzise benennen: „Das Ding frisst sich selbst.“
      Das System geht kaputt, und Innovatoren können sich durchsetzen, bis sie – eine hundertprozentige historische Erfahrung – wiederum durch Bürokraten abgelöst werden, die die neu geschaffenen Standards und Normen verwalten. Das Leben ist eben kein ruhiger Fluss. Es pulst.

      IX. SCHUMPETER

      Demnach gibt es kein perfektes System, das immer das richtige tut, sondern Zyklen und Wellentäler. Die Heftigkeit der Bergund Talfahrten aber ist abhängig davon, wie die jeweiligen Systeme optimiert werden. Das macht den Unterschied aus zwischen neu und ungewohnt oder alt und krank.
      Die Frage nach der Systemoptimierung hier und heute ist nichts anderes als die Frage, mit welchen Mitteln das bestehende System so verändert werden kann, dass es alle Beteiligten – die Rede ist von uns allen – nicht allzu heftig durchschüttelt.
      Im Neusprech heißt das Reform.
      Straubhaar: „Dass sich Systeme nicht von selbst ändern, ist leider die bisherige historische Erfahrung. Der Status quo ist eine üble Illusion. Jeder findet den Spatz in der Hand besser als die Taube auf dem Dach, einfach deshalb, weil man, um zur Taube zu kommen, sich auch mal hochbemühen muss.“
      Hinzu kommt, dass sich über die Reform diejenigen unterhalten, die so tief im System stecken, dass sie gar nicht bemerken können, wo es hakt. „Dass sich Gerhard Schröder und Peter Hartz gut verstehen, ist klar. Sie kommen aus derselben Welt, die der großen Strukturen.“ Für eine wirkliche Änderung aber braucht es das, was Straubhaar den „Schumpeterschen Politiker“ nennt.
      Der ist ein kühler, planender, selbstloser Kopf. Den von dem Ökonomen Joseph Schumpeter gezeichneten „zerstörerischen Unternehmer“, der reinen Tisch, Tabula rasa, macht, um dem Neuen zum Durchbruch zu verhelfen, brauchte man als Staatsmann. Doch dafür braucht es nicht nur Mut, sondern auch gute Gründe. Denn es ist nicht so einfach, ein Schumpeter zu sein. Einfach zerstören ist nicht der Job. Man muss nicht nur das Schlimmste verhindern wollen. Ein Schumpeter will vor allem eines: das Beste.
      Resolut, radikal und rasch – so haben einige Systemsanierer in der Politik zugelangt. Margaret Thatcher in Großbritannien oder David Lange, der ehemalige Premierminister Neuseelands. Und dennoch trennen die beiden Welten. Thatchers Motiv war keineswegs, die beste aller britischen Gesellschaften zu formieren, sondern den Zusammenbruch der alten Gesellschaft zu verhindern – koste es, was es wolle. Lange, der scheinbar ähnlich radikal vorging, hatte eine Vision im Kopf, die einen Neuanfang für sein Land ermöglichen sollte. Beide Systemsanierer haben ihr Ziel erreicht. Saniert sind beide Länder, zumindest, was ihre Volkswirtschaften angeht. Wer aber die Chancen und Möglichkeiten der Bürger der beiden Staaten miteinander vergleicht, das allgemeine soziale Klima als ebenso bedeutend nimmt wie relativ anständige Haushaltszahlen, der findet Schumpeter wohl eher in David Lange. Egal wie – wer als Systemzertrümmerer auftritt, der wird in der Normalität, die er auf neue Grundlagen stellen wird, nicht geliebt. Das galt für Thatcher wie für Lange, die beide nach dem Tischabräumen abgewählt wurden. „Ein politischer Schumpeter kann nicht gleichzeitig ein geliebter Führer bleiben – das geht nicht zusammen“, sagt Straubhaar.
      Schließlich fresse die Revolution ihre Kinder nicht aus Jux und Tollerei, sondern aus schierer Notwendigkeit. Politisch legitimiert dazu ist zumindest jeder, der den Eid auf die Verfassung abgelegt hat – zum Wohl der Republik und seiner Bürger, denn das steht auf dem Spiel. Kurz und gut: Wer damit leben kann, nicht bei allen beliebt zu sein, aber das Richtige zu tun, der hat eine tolle Gelegenheit, „Geschichte zu machen, über den Tag hinaus“, findet Strauhaar.
      Der Ökonom weiß aber auch, dass Geschichte so oder so gemacht werden kann. Denn wer zu spät vom System abspringt, den trifft die nächste Woge mit voller Wucht – „und nicht immer schön gemütlich, allmählich, auch wenn wir uns das ganz fest eingeredet haben. Auch bei uns ist ein Implosionseffekt vorstellbar, wie der, der die DDR innerhalb weniger Wochen zerstörte.“
      Zumindest die Wahl, die der schumpetersche Politiker dabei treffen kann, wäre damit klar.
      Entweder Held. Oder Honecker.__//
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 00:30:51
      Beitrag Nr. 19 ()
      Hallo aek,

      deshalb hat man ja auf die Verhängung der Todesstrafe ausnahmsweise verzichtet. Außerdem dürfen polnische Putzfrauen ihre Strafe von 50.000 Tacken abarbeiten. In AbgeordnetInnen-Wohnungen natürlich.

      ;
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 00:38:37
      Beitrag Nr. 20 ()
      Hallo Semikolon,
      ich habe etwas nettes gefunden:

      Phrasenschleuder
      Erzeugen Sie Sprechblasen für unsere Politiker

      http://www.waz.de/waz/waz.politik.startseite.php

      Rechts in der Mitte kann die Phrasenschleuder gestartet werden.:laugh:
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 00:51:39
      Beitrag Nr. 21 ()
      Das war mal wieder ein guter Tipp, aek.

      "Das gezielte Förderprogramm zerstört den sozialpolitischen Konsens"

      Jetzt muß ich aber noch den langen Text oben zu Ende lesen. Der scheint es auch wert zu sein. Hat zwar nix mit Scharzarbeit zu tun. Aber bisher wars super. Danke Dalle. Und am Schluß kommt noch Schumpeter. Das kann nur spannend werden.

      ;
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 01:04:09
      Beitrag Nr. 22 ()
      #18 von Dalle ist gut.

      Das gezielte Förderprogramm soll nur ablenken von der katastrophalen Finanzlage. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 01:11:26
      Beitrag Nr. 23 ()
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 01:21:34
      Beitrag Nr. 24 ()
      #18 von Dalle ist wirklich gut. Trifft auch die Thematik sehr gut (zwischenzeitlich festgestellt), da ich auch die Bürokratie als größtes Förderinstrument der Schwarzarbeit ansehe. s. ja #4.
      Punkt V. und VI. würde ich in dieser Thematik besonders hervorheben.
      "Schumpeter-Politiker" wird es in Deutschland eh nie geben, da nie ein Politiker je sich mit Schumpeter befaßt, bzw. auch nie ein "Schumpeter-Unternehmer" je in die Politik gehen würde.

      ;
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 02:31:36
      Beitrag Nr. 25 ()
      Die Schwarzarbeit wird eher noch mehr zunehmen -

      weil die Gründe FÜR die Schwarzarbeit nicht geändert wurden.........

      ????

      1.) Arbeitslosigkeit 2.) Zu viel Bürokratie 3.) Zu hohe Steuern und Abgaben :cry::cry::cry::cry::cry:
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 09:18:48
      Beitrag Nr. 26 ()
      Die alltägliche Beerdigung

      Die Bürokratie ist mehr als ein Vollbeschäftigungsprogramm für Beamte. Sie begräbt langsam den Mittelstand. Die Berliner Unternehmerin Karoline Beck sagt: " Der Sargdeckel ist schon zu." Ein Beispiel von Tausenden.

      Text: Thomas Ramge Foto: Martin Müller


      ---- Karoline Beck, geschäftsführende Gesellschafterin der Berliner IWG Isolier Wendt GmbH, ist eine Unternehmerin wie aus einem betriebswirtschaftlichen Lehrbuch jüngeren Datums: zielstrebig in jeder Hinsicht, kämpferisch, einfallsreich, mutig und rational. Zudem ist sie erst Jahrgang 1966 und Mutter von zwei kleinen Kindern. Sie besitzt und führt ein Unternehmen mit 40 Mitarbeitern, steht der Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger Unternehmer im Regionalkreis Berlin vor und ist stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes Junger Unternehmer. Sie ist ein Paradebeispiel für die Botschaft von Wirtschafts-, Arbeits- und Superminister Wolfgang Clement: „Wir sind nicht so schlecht, wie wir uns reden.“ Karoline Beck ist allerdings auf die rot-grüne Wirtschaftspolitik nicht besonders gut zu sprechen. Für sie steht fest: „Alles hohle Rhetorik. Die schneiden uns die Luft ab. Und zwar immer mehr.“ „Die“, das sind Politik und Verwaltung. „Wir“, das sind Unternehmer. Auf das Bild vom Unternehmer im Würgegriff des Beamtenapparats wird Beck im Gespräch noch öfter zurückgreifen.
      Isolier Wendt ummantelt so ziemlich alles, was man in der Industrie gegen Hitze, Kälte und Schall isolieren kann: Gasturbinen in Kraftwerken, Klimaanlagen und Heizungen in großen Neubauten wie dem Post-Tower in Bonn, laute Produktionsmaschinen in Fabrikhallen. Hierzu baut die Firma in Berlin-Schöneberg riesige Blechkonstruktionen, die mit Mineralwolle oder anderen Dämmstoffen unterfüttert werden. Der Betrieb fällt also in die Kategorie „Produktionsbetriebe in der Metallverarbeitung“, die naturgemäß einen hohen Energiebedarf haben. Damit diese Branche international wettbewerbsfähig bleibt, wurde sie teilweise von der zweiten Stufe der Ökosteuer ausgenommen.
      Die vergangenen Jahre waren für die Isolier-Branche ausgesprochen schwierig. Deshalb wollte Karoline Beck unter allen Umständen sicherstellen, dass auch ihr Betrieb von der Steuerbefreiung – genauer von der Befreiung von der Steuererhöhung – profitieren konnte. Die cleverste unter den kaufmännischen Auszubildenden bekam von Beck den Auftrag, die notwendigen Unterlagen zusammenzustellen und die Formulare für die Befreiung vorzubereiten. Die angehende Buchhalterin brauchte dafür vier Wochen. Zwischendurch kam sie immer wieder zur Chefin, die neben Betriebswirtschaft auch Jura studiert hat und trotzdem zweimal falsche Hilfestellung gab. Mit vereinten Kräften gelang es Isolier Wendt dennoch, den Antrag beim Hauptzollamt Dreilinden samt Kopien der relevanten Firmenunterlagen einzureichen.
      Autofahrer kennen das Hauptzollamt, wenn sie Berlin auf der Avus Richtung Potsdam verlassen. Als West-Berlin noch eine kapitalistische Insel inmitten des Sozialismus war, hatten die Zöllner dort viel zu tun. Heute ist die Behörde für die Steuerbefreiung von Berliner Unternehmen gemäß Paragraf 25a, Absatz 3 Mineralölsteuergesetz zuständig. Isolier Wendt hatte eine Steuerersparnis von 870 Euro errechnet – bei rund fünf Millionen Euro Jahresumsatz schien bereits dieser Betrag dem Aufwand kaum angemessen. Die freundliche Dame vom Hauptzollamt Dreilinden bestand dennoch telefonisch darauf, die Angaben vor Ort in der Firma zu prüfen – die beiliegenden Kopien reichten nicht aus. Nach vier Stunden in der Buchhaltung wurde der Antrag schließlich genehmigt. Die sich daraus ergebende Steuerbefreiung betrug allerdings nicht wie errechnet 870, sondern nur 300 Euro. Für Isolier Wendt nicht gerade eine Sauerstoffkur.

      Historisch: Es gab Zeiten, in denen die Verwaltung
      die Wirtschaft unterstützte – echt wahr, nicht ausgedacht!

      „Irgendwie ist das doch symptomatisch. Da erlassen die eine Verordnung, die deutsche Unternehmen wettbewerbsfähig halten soll. Und dann ist zur Umsetzung ein Verwaltungsaufwand notwendig, der sich weder für die Firma noch für den Staat auch nur im Geringsten lohnt.“ Karoline Beck wirkt gleichzeitig wütend und reflektiert, als sie das sagt. Tatsächlich steht ihr Unternehmen recht beispielhaft für Wohl und Wehe eines guten Jahrhunderts deutscher Wirtschaftsgeschichte.
      Ur-Ur-Opa Wendt gründete 1874 in Berlin mit einem Partner eine Firma zur Verarbeitung von Naturkautschuk und Bakelit. Im frisch geeinten Reich mit dem starken Kanzler Bismarck an der Spitze schien gerade die Sonne der Nachkriegskonjunktur. Gummiteile und faltbare Kunststoffeimer für die Feuerwehr gingen wie geschnitten Brot. Die Kreuzberger Klitsche expandierte zum soliden Unternehmen, das Weltwirtschaftskrise und Weltkriege überlebte. Mit dem Wirtschaftswunder ging es auch bei den Wendts rasant bergauf. Verwaltung war dazu da, den Wiederaufbau zu unterstützen. Die Wendts machten nach wie vor in Gummi und Kunststoff. Hinzu kam Asbest, das sich bekanntlich bestens zur Wärme-Isolierung eignet. In den achtziger Jahren verfügte die dritte Wendt-Generation, gemeinsam mit den Nachkommen des Partners, über eine Gruppe von 16 florierenden Isolier-Unternehmen mit insgesamt 800 Mitarbeitern. Der Wende unter Helmut Kohl folgte der dritte Frühling der bundesrepublikanischen Volkswirtschaft, dann kam die Einheitskonjunktur. Alles schien von selbst zu laufen. Der Verwaltungsaufwand hatte zwar in- wie extern erheblich zugenommen, aber angesichts der dicken Gewinne konnte man sich das leisten. Mutter Wendt hatte die Mühen des Unternehmeralltags an hoch bezahlte Geschäftsführer delegiert. Die schöpften aus dem Vollen – und machten so ziemlich alle Fehler, die mittelständische Geschäftsführer nur machen konnten. Mitte der neunziger Jahre stand die Gruppe vor der Pleite.
      Karoline Beck wuchs wohl umsorgt in Berlin-Grunewald auf. Aufregung brachte gelegentlich das Schmuggeln von Persil und Schokolade in den Ostteil der Stadt. Nach dem Abitur ging sie zum Studium nach Passau. Kaum war sie damit fertig, sprach ein alter Vorstand des Familienunternehmens sie an, ob sie nicht mal schauen könne, was in den vergangenen Jahren so schief gelaufen war. „Viel Erfahrung konnte ich damals nicht vorweisen“, gibt Beck heute zu. Dafür verfügte sie über ausreichend gesunden Menschenverstand und jede Menge überschüssige Energie. Die Geschäftsführer wurden entmachtet. Zug um Zug nahm Beck die Sanierung des Unternehmens in die Hand. 1999 kaufte sie den Berliner Teil der Gruppe mit eigenem Geld heraus und übernahm schließlich die Führung.
      Die Luft im Isolier-Geschäft ist zurzeit ausgesprochen dünn. Drei Prozent Umsatzrendite vor Steuern gelten in der Branche als Erfolg. Der Verdrängungswettbewerb ist hart. Drei große Firmen sind in Deutschland übrig geblieben, hinzu kommen eine Handvoll kleinere Mittelständler in der Größe von Isolier Wendt. 2001 und 2002 galten als Horrorjahre, in denen kaum ein Isolierer schwarze Zahlen schreiben konnte. Jetzt geht es langsam wieder aufwärts, doch da die Kriegskassen leer sind, wissen besonders die Kleinen nicht, wie sie Wachstum vorfinanzieren sollen. Und während alle Kräfte für Akquise und Erledigung der Aufträge nötig wären, machen die Akteure der Wirtschaftsbürokratie immer neue Nebenkriegsschauplätze auf.

      Amtlich: Die Sachbearbeiter heißen jetzt Kundenberater
      und geben sich freundlich – bis ein Problem auftaucht

      „Es ist nicht die eine Geschichte mit der Steuerbefreiung nach Paragraf 25a, Absatz 3, die uns die Luft nimmt“, sagt Karoline Beck. „Es ist die Summe der Auflagen und bürokratischen Fallstricke.“ Ihre Liste an Würgegriff-Beispielen ist lang. So zieht etwa die Berufsgenossenschaft gern Mitarbeiter für die Ersthelferausbildung ab, aber wehe, es passiert mal ein Arbeitsunfall, wie kürzlich einem Wendt-Mitarbeiter, der sich in einem Heizungsschacht verletzte. Berufsgenossenschaft und Krankenkasse lieferten sich mit dem Unternehmen und dem Verletzten einen monatelangen Papierkrieg, wer für den Schaden einstehen muss.
      Ein weiteres Beispiel: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) legte sich quer, als Beck einen Industriemechanikerlehrling in einer niedrigen Lohngruppe einstellen wollte. Lange stritt man, welcher genauen Branchenbezeichnung der Lehrling zuzuordnen sei und wie viel er deshalb verdienen muss. Am Ende verzichtete Isolier Wendt darauf, die Lehrstelle zu besetzen. Auch schön: An vielen Stellen der Wirtschaftsbürokratie wurden so genannte „Kundenzentren“ eingerichtet, die Unternehmen den Umgang mit der Verwaltung erleichtern sollen. „Nach außen stellt sich das wunderbar dar“, sagt Beck. Nur in den Köpfen der Sachbearbeiter respektive „Kundenberater“ habe sich wenig geändert. Um für einen simplen Antrag auf Förderung die Unterlagen anzufordern, können nach wie vor ein langes Telefonat, mehrere Stunden Netzrecherche und vier E-Mails nötig sein – um dann festzustellen, dass immer noch etwas fehlt. Und taucht doch ein Problem auf, dann wird aus dem auf Freundlichkeit geschulten Kundenberater binnen Sekunden wieder ein Beamter, der Unternehmer als natürliche Gegner und eben nicht als Kunden begreift.
      Becks Lieblingsbeispiel ist das Unternehmerund Lieferanten-Verzeichnis für Bauaufträge (ULV) der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin. Wer im Auftrag der Stadt Berlin zum Beispiel eine Klimaanlage isolieren möchte, muss sich erst mal durch einen dicken Wust aus Fragebögen und Rechtsbelehrungen kämpfen. Im Frageteil muss er auch personenbezogene Angaben zu den Bedingungen machen, unter denen die Mitarbeiter beschäftigt sind. Im Informationsteil schlüsseln die Senatsbeamten unter anderem die „Abfälle, die besonders überwachungswürdig und somit der SBB (Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/ Berlin) anzudienen sind“ unter dutzenden von Kennziffern auf. Wer den Fragebogen wie Karoline Beck nicht vollständig ausfüllt, fliegt von der Liste und darf nicht mehr auf Baustellen des Senats oder der Berliner Bezirke arbeiten.
      Dagegen klagte Beck vor dem Kammergericht Berlin. Ihr Argument: Wenn sie die personenbezogenen Steuer- und Versicherungsdaten der Mitarbeiter wie gefordert an die Senatsverwaltung weiterreichte, müsste sie gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Die Richter gaben Isolier Wendt Recht und forderten den Senat auf, die Firma wieder in das Verzeichnis aufzunehmen. Die Beamten weigerten sich und wurden vom Landgericht zu 5000 Euro Strafe an die IWG verurteilt. Der Senat ging daraufhin erst einmal in Berufung und verlor auch diese.

      Gründlich: Der Staat baut einen Sarg – drin liegt
      die Wirtschaft, oben drauf sitzt die Bürokratie

      Den Eindruck einer Querulantin macht Karoline Beck nicht, und sie versichert glaubhaft, dass sie eigentlich Besseres zu tun hat, als vor Gericht mit dem Stadtentwicklungssenator zu streiten. Selbstverständlich hätte Beck die Daten auch weitergeben können. Isolier Wendt zahlt nach Tarif, beschäftigt keine Schwarzarbeiter und versichert seine Mitarbeiter ordnungsgemäß. Doch an bestimmten Punkten müsse „man auch mal die Stirn bieten“. Eigentlich ist das ULV eingeführt worden, um Berliner Firmen vor Billiganbietern aus Osteuropa zu schützen. Heute belastet es die lokalen Unternehmen mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand. „Die Baubranche ist die regulierteste Branche überhaupt. Gleichzeitig geht es den Unternehmen schlechter als allen anderen. Da könnte doch vielleicht ein Zusammenhang bestehen“, sagt Beck ironisch. Wieder fällt das Wort vom „Luftabschneiden“. Wer zu viel schützt, zerstört Entwicklung. Rund 3000 Gesetze und Verordnungen müsse ein Unternehmer heute im Kopf haben. Beck ist überzeugt: „Fünf Regelungen zu vereinfachen bringt nichts. Das Denken muss sich grundsätzlich ändern.“ Es folgen viele Sätze, die Superminister Wolfgang Clement wohl als „den Wirtschaftsstandort schlecht reden“ bezeichnen würde. Sie gipfeln in der Formulierung: „Der Sargdeckel ist schon ziemlich zu.“

      Niedlich: Noch ein Verein fragt nach noch mehr
      Daten – um die Bürokratie zu verringern

      Für Isolier Wendt sieht die 37-jährige Isolier- Unternehmerin nur noch im Auslandsgeschäft echte Zukunftschancen. Bereits heute macht sie 30 Prozent ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands. Bald sollen es 50 Prozent sein. Nigeria und Russland gehören zu ihren Hauptabnehmern für Turbinenisolierungen. Ein Container für den Irak steht transportbereit auf dem Hof. Beck hat auch schon oft mit dem Gedanken gespielt, ihren Firmensitz ins Ausland zu verlagern. Doch bislang lebt sie zu gern in Berlin und hat „so gar keine Lust, jeden Tag nach Stettin zu pendeln“. Dort müssten ihre Buchhalterinnen zwar weniger Zeit damit verbringen, das Statistische Bundesamt in Wiesbaden und das Statistische Landesamt Berlin, die IHK, die Sozialversicherer und das Wirtschaftsministerium mit Daten zu versorgen, die die Firmen-Software nicht auf Knopfdruck ausspuckt, sondern die einzeln zusammengerechnet werden müssen. Doch wenigstens für die statistischen Monatsberichte hat Minister Clement – laut eigenem Bekunden auch kein Freund der Bürokratie – Besserung angekündigt.
      Mit spitzem Mund zeigt Beck auf eine E-Mail, die ihr die Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. in Eschborn geschickt hat. Der Verein stellt sich „als Zuwendungsempfänger des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit“ vor und habe die Aufgabe, „als neutrale Schnittstelle zwischen der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft den Abbau von Bürokratie zu fördern“. Der Mail hängt ein ausführlicher Fragebogen an, den Karoline Beck bitte sorgfältig ausfüllen und „elektronisch rücksenden“ solle.__//


      Originaltext des Paragrafen 25a, Absatz 3 des Mineralölsteuergesetzes:
      „Erlass-, erstattungs- oder vergütungsberechtigt ist das Unternehmen, das die Mineralöle verwendet hat und bei dem die Summe der Steuer nach Absatz 1 und der Stromsteuer nach § 10 Abs. 1 des Stromsteuergesetzes im Kalenderjahr das 1,2-fache des Betrages übersteigt, um den sich für das Unternehmen der Arbeitgeberanteil an den Rentenversicherungsbeiträgen durch Senkung der Beitragssätze (§ 1 des Beitragssatzgesetzes 1999 vom 19. Dezember 1998, BGBl. I S. 3843, 3848) bei entsprechender Anwendung der abgesenkten Beitragssätze im gleichen Zeitraum des Jahres 1998 vermindert hätte.“


      Thread: >>Die alltägliche Beerdigung<< Bürokratie in Deutschland
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 10:29:40
      Beitrag Nr. 27 ()
      Jedes Jahr etwas anderes:

      Hier ein typisches und brissantes, da fast jeden Gewerbetreibenden und Arbeitgeber betreffendes Beispiel:

      http://www.bfa.de/ger/ger_nachschlagewerke.6/ger_dangvers.61…


      [F*400+(2-F)*(GAE-400)]*EAE geteilt durch GAE

      ????

      So sieht der Alltag aus, für Jemand, der legal Leute beschäftigen will.

      Und in 6 Monaten ist schon wieder alles anders. Garantiert


      Wer den Text verstanden hat, sollte sich mal bei mir melden. Ich hätte da noch ein paar Detailfragen.

      Viel Spaß beim Existenzgründen wünsche ich Jedem, der sich Selbständig macht und vorhat, Arbeitsplätze zu schaffen.

      ;
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 16:04:19
      Beitrag Nr. 28 ()
      #Semikolon

      Schieß los ;)
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 18:54:36
      Beitrag Nr. 29 ()
      realitaetsnah
      das ist mir neu, dass man sich beitragsfrei stellen lassen kann. Vor vielen Jahren ist mir das jedenfalls nicht gelungen, die IHK München war unnachgiebig, ich mußte zahlen.


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