checkAd

    Wahre Kapitalisten.... - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.07.04 10:22:56 von
    neuester Beitrag 25.07.04 21:50:34 von
    Beiträge: 2
    ID: 884.402
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 178
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 25.07.04 10:22:56
      Beitrag Nr. 1 ()
      Kapitalisten
      Hintergrund:
      Theo Müller, Molkerei-Unternehmer und engagierter Kämpfer gegen den Hochsteuer- und Subventionsstaat, zockt bedauerlicherweise selbst reichlich Staatsknete ab.

      Alles für Müller, oder was?
      von Dirk Maxeiner und Michael Miersch

      Zur Abwechslung glänzen wir heute mal mit astreinem Kulturpessimismus. Denn so langsam sorgen wir uns ernstlich um Deutschlands Kapitalisten. Ungenierte Selbstbedienung bei dürftiger Leistung birgt für die Managerkaste wenig Risiko. Macht nichts, wenn der Laden abschmiert, Papa Staat wird wegen der Arbeitsplätze einspringen. In gewisser Weise haben die Stamokap-Jusos der siebziger Jahre doch Recht behalten. Die sagten, dass die Zukunft der Wirtschaft auf eine Kartell aus Großindustrie und Staat hinauslaufe.
      Überzeugte Marktwirtschaftler sind unter den Firmenlenkern eine eher rare Spezies, besonders bei den Großen. Echte Unternehmer findet man viel eher im Mittelstand: Frauen und Männer, die stolz sind auf ihre Unabhängigkeit und nicht nach staatlichen Finanzhilfen schielen. Leider sind sie ständig damit beschäftigt, nicht zwischen Regulierungsbürokratie und Finanzamt erstickt zu werden. Man muss den rauen Wind des Marktes schon mögen, um erhobenen Hauptes mit ihm zu segeln.

      In ihrem Windschatten gedeihen die anderen, die das Risiko scheuen und lieber die wundersame Geheimwissenschaft der Förderprogramme aus Brüssel und Berlin studieren lassen. Das ist ganz legal und normal. Schließlich darf jeder Mal versuchen, auch ohne große Anstrengung was vom großen Kuchen abzukriegen. Wir gönnen es allen. Wenn die Subventionsspäher allerdings mit lautstarkem Gesang unter dem Banner des freien Unternehmertums marschieren, erkaltet unser liberales Gemüt rapide.

      Dieser Tage flatterte uns eine Presseinformation der Stiftung Euronatur auf den Schreibtisch in der es um Theo Müller ging, ein süddeutscher Selfmademan und Molkereiunternehmer dessen renitent kapitalistische Rhetorik uns oftmals aus dem Herzen sprach. Er verdammte den "Steuerirrsinn" in Deutschland und sagte Sachen wie: "auf Dauer kann das hiesige Subventionssystem nicht funktionieren." Bravo, dachten wir und schmunzelten über seine Verknüpfung von Werbung und Politsatire: die Müllerpartei, die das Volk mit Dieter Bohlen und Buttermilch beglückt. Schmähungen aus Berlin oder aus diversen Feuilletons sind ihm völlig schnuppe, auch sein Wohnsitzwechsel in die Schweiz rief bei uns eher Neid als Empörung hervor.

      Doch nun stürzt uns der gute Müller in tiefe Depression (was ihm vermutlich ebenfalls schnuppe ist, wir schreiben es halt zur eigenen Katharsis). Wir müssen nämlich zur Kenntnis nehmen, dass unser kämpferischer Kapitalist ebenfalls die warme Milch der Subventionen saugt, nicht anders als der gemeine Landwirt oder Opernintendant. Mit 30 Millionen Euro wurde seine neue Molkerei im sächsischen Leppersdorf aus Brüssel gefördert. Die EU begründet ihre Freigiebigkeit damit, dass Müller dort 144 neue Arbeitsplätze schafft. Die Sache hat nur einen kleinen Haken (nicht für Müller, aber für die Allgemeinheit): Gleichzeitig schließt er seine bisherige Filiale in Vienenburg am Harz, womit rund 150 Arbeitsplätze entfallen. Obendrein macht er noch den Standort im westfälischen Amelunxen dicht. "Wenn dreißig Millionen Euro dafür ausgegeben werden, dass unterm Strich mehr Arbeitsplätze vernichtet als neu geschaffen werden, dann ist das keine sinnvolle Wirtschaftsförderung, sondern eine Schweinerei," sagt Lutz Ribbe von Euronatur. Wir finden es ist außerdem unsäglich doof. Die EU macht es uns wirklich nicht leicht, sie zu lieben.

      Kapitalisten sind prima solange sie kapitalistisch handeln. Sobald sie mit dem Staat (oder einer Staatengemeinschaft) kungeln, werden sie eine Bedrohung für den freien Markt. Zum Glück gibt`s immer noch ein paar echte Kapitalisten. Manche davon wissen gar nicht, dass sie es sind. Vor einiger Zeit besuchten wir mal eine linke Landkommune in Niedersachsen, die ein florierendes Öko-Gut managte. Die Alternativbauern kassierten Agrarsubventionen, spendeten jedoch stets die gleiche Summe für den Naturschutz, um nicht Abhängig zu werden. Wenigstens unter Kommunarden gibt es noch Kapitalistenehre. Ein Zeichen der Hoffnung.


      Erschienen in Die Welt vom 12.05.2004
      Avatar
      schrieb am 25.07.04 21:50:34
      Beitrag Nr. 2 ()
      Dieser Bericht scheint wohl einige hier sprachlos zu machen...

      Einmal mehr zeigt er Ohnmacht und Fehlentwicklung des Systems; wer ans Subventionsklavier der Lobbyisten und Eurokraten kommt, kann die lautesten Töne spucken...

      Die Frage nach der Bestandsdauer des EU-Systems wird drängender.


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Wahre Kapitalisten....