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    FAMILIENPOLITIK / Rot-Grün setzt halbherzig auf Ganztagsbetreuung. - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 06.10.04 23:17:41 von
    neuester Beitrag 07.10.04 13:51:39 von
    Beiträge: 10
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      schrieb am 06.10.04 23:17:41
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der demografische Königsweg ist das nicht

      Kinder machen reich

      Mutterschaft war zu lange ideologisch vermintes Terrain. Nun setzt sich Pragmatismus durch. Doch etwas Herz könnte in der Debatte nicht schaden.

      Autor: CHRISTIANE FLORIN

      Das Wort „Tagesbetreuungsausbaugesetz“ kann ein Zweijähriger kaum aussprechen. Macht aber nichts, auf die Kleinen kommt es in dieser deutschen Schicksalsdebatte nicht an. Was Kinder wollen, ist irrelevant, zunächst müssen sie überhaupt gewollt werden. Weil das Thema weit oben rangiert, ringen sich sogar Nicht-Frauen wie Gerhard Schröder und Joschka Fischer ein Bekenntnis zum Nachwuchs ab.
      Der kompliziert betitelte Gesetzentwurf soll dem postmodernen Erwachsenen die Angst vor jenem unbekannten Wesen nehmen, das sein Leben auf den Kopf stellt. Der Kinderwunsch, so stellen Demoskopen fest, ist seit Jahrzehnten unverändert stark. Verwirklicht wird er jedoch, so alarmieren Demografen, von Generation zu Generation seltener. Vor allem Frauen mit höherem Bildungsabschluss verweigern den Reproduktionsdienst am Vaterland.

      Die Unternehmensberatung McKinsey fragte 2002 nicht erwerbstätige Mütter, warum sie keiner bezahlten Arbeit nachgingen. Das Ergebnis: In Westdeutschland nannten acht von zehn Müttern mit Vorschulkindern das fehlende Angebot an Kitas und Krippen. Die neue Betreuungskonstruktion ist zwar äußerst wacklig finanziert, dafür steht die These umso fester: Frauen entscheiden sich eher für ein Kind, wenn sie sich damit nicht gleichzeitig gegen den Beruf entscheiden müssen.

      Eine deutsche Revolution also. Denn bisher änderte sich für die meisten berufstätigen Frauen mit der Geburt eines Kindes alles, für die meisten Männer wenig. Das Wort Elternzeit mag Gleichstellungsbeauftragte erfreut haben, de facto entwickeln die Herren wenig Stillambitionen. Der Anteil der Väter, die sich für die Erziehung eine Auszeit nehmen, bewegt sich knapp oberhalb der Messbarkeitsgrenze. Es gibt ihn zwar, den neuen Mann, hat die Konrad-Adenauer-Stiftung herausgefunden. „Die Haushaltspflichten jedoch werden nach wie vor gern an die Frauen delegiert, wer als Mann mithilft, beschränkt sich auf ,saubere` Aktivitäten“, merkt die Institution, die feministischer Tendenzen unverdächtig sein dürfte, tadelnd an. Jungväter kleben voll Erzeugerstolz „Leonie an Bord“ auf den Kombi, doch nicht selten arbeiten sie besonders lange. Sei es, um der Ernährerrolle gerecht zu werden, sei es, um von den Drei-Monats-Koliken des Sprösslings oder dem Baby- blues der Partnerin verschont zu bleiben.

      Mutterschaft ist hierzulande ein ideologisch vermintes Terrain. Schon der Spielplatzrand ist hochexplosiv: Macht die Tochter der Karrieretussi den andern die Sandburgen kaputt, weil sie Ellbogen gewohnt ist? Ist es ein Wunder, dass der Zweijährige noch kein Wort spricht, wenn der Horizont seiner Mami am Töpfchenrand endet? Rabenmütter hier, Glucken dort.

      Die große Politik unterschied sich kaum vom Sandkastenszenario: Die Frauenbewegung schrieb „Gebärstreik“ auf ihre Trutzburg. Die Konservativen liefen wütend dagegen an oder steckten den Kopf in den Sand. Doch es nützt nichts, die Zeit vor 1968 heraufzubeschwören, als das weibliche Wesen noch um seine vermeintlich natürliche Bestimmung wusste. Es nützt nichts, jenen Akademikerinnen, die in einem ihrer Ausbildung entsprechenden Beruf arbeiten, das hässliche Eimerchen mit der Aufschrift „Karrierefrauen“ überzustülpen und das Wort „Selbstverwirklichung“ durch den Matsch zu schleifen. Es nützt erst recht nichts, das Windelnwechseln zum Hygienemanagement aufzuhübschen.

      Derzeit stehen die Chancen gut, die ideologischen Förmchen zu verbuddeln. Die Standard-Mama lässt sich eben nicht backen. Mehr als die Hälfte der Mütter wünschen einen Teilzeitjob, einen Vollzeitarbeitsplatz findet nur jede Sechste erstrebenswert. Zum Leitbild taugt die Fremdbetreuung also nicht. Zum Feindbild ebenso wenig. Dass ein rot-grünes Kinderladen-Kommando die Kleinen aus dem Laufstall zerrt und ihnen „Ho-Ho-Ho-Chi-Minh“-Gesänge eintrichtert, dürfte ausgeschlossen sein. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz, dessen Traum von der Lufthoheit über den Bettchen allenfalls mit einem pränatalen Trauma entschuldigt werden kann, trägt die Vorsilbe Ex.

      Weil der zwangsbeglückend-feministische Aplomb auf der Linken fehlt, fällt die Kritik der CDU zahm aus. Die Zahl der allein Erziehenden steigt, die Zahl der Kinder in Armut auch – da musste auch die traditionsbewusste Union erkennen, dass die Kittelschürzen-Verzichts-Mama der fünfziger Jahre als Vorbild ausgesorgt hat.

      Schade, dass sich Kinder nicht an der Debatte beteiligen können. Gut möglich, dass sie sich in Krippen eher abgeschoben als aufgehoben fühlen. Genauso möglich, dass sie hier die Gleichaltrigen kennen lernen, die ihnen in der Nachbarschaft fehlen.

      Schade auch, dass erst die ökonomischen Fakten männliche Politklässler dazu bewegt haben, das Wort Familie ohne gönnerhaftes Lächeln in den Mund zu nehmen. Bisher hatten Mutterschutz, Kindergeld, Job-Life-Balance das Image von Weiberkram. Seit Wirtschaftsinstitute vorrechnen, dass Deutschland ohne künftige Kunden und Beitragszahler alt aussieht, kommen die Kleinen samt ihrer Mamis groß raus.

      Die Abhärtung des weichen Themas hat jedoch einen Nachteil: Kinder tauchen in der öffentlichen Darstellung vor allem als Problem, bestenfalls als „Humanressource“ auf. Sie machen arm, wollen Klamotten aus der Dolce-&-Gabbana-Junior-Collection, rächen sich bei Falschbehandlung mit Hyperaktivität. Medial interessant sind sie als Objekte von Psychotherapeuten, Erziehungsberatern und elterlichem Förderwahn. Schon der Fuhrpark eines eineinhalbjährigen Mittelstandskindes - Bobby-Car, Dreirad, Laufrad, Roller - vertreibt Mamis Zweitwagen aus der Garage. Das Auto wird aber dringend gebraucht, weil der Spross, bevor er die Uhr lesen kann, durch einen prallen Terminkalender kutschiert werden muss.

      Weder staatliche Pampers-Maßnahmen noch ein familienfreundliches Steuersystem können potenziellen Eltern die Panik vor den Lebensumkremplern im Strampelanzug nehmen. Viel mehr kommt es auf die Kopfgeburt an. Die coole Kalkulationsdebatte kann ein wenig Romantik vertragen: „Ein Kind, das bringt dir einen Traum ans Licht“, wusste der Chansonnier Jacques Brel. Eltern sollten, anstatt ein Bild des Jammers abzugeben, ihren unentschiedenen Zeitgenossen zurufen: Die Kleinen sind ganz anders, als ihr befürchtet! Sie machen nicht nur arm, sondern reich. Sie schränken nicht nur ein, sondern schärfen den Blick fürs Wesentliche. Sie räumen nicht nur die Bücherregale aus, sondern die dunklen Gedanken gleich mit. Sie sind ein Geschenk. Nicht für Deutschland, den Kanzler oder die Rentenkasse, sondern für ihre Eltern.
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      schrieb am 06.10.04 23:30:23
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ist ja wirklich nett und herzerweichend.

      Anstelle der verantwortlichen Politiker würde ich mir öffentlich und zu allererst folgende Fragen stellen, bevor ich mit diesen Thesen auf Wählerinnen-Stimmenfang gehe:

      Gibt es Arbeitsplätze für die Eltern?
      Gibt es Arbeitsplätze in 20 Jahren ?( bei uns)für die Kinder
      Wird der Verdienst im Niedriglohnbereich ausreichen, um trotz zusätzlicher steuerlicher Finanzierung menschenwürdig zu überleben?
      Wer soll das bei immer geringer werdenden Steuereinnahmen finanzieren?
      Was passiert, wenn nach einem Regierungswechsel oder aus Gründen der Finanzierbarkeit die bisher bezahlten Zuschüsse teilweise oder zur Gänze ausbleiben?
      Avatar
      schrieb am 06.10.04 23:37:05
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ich dachte man setzt Kinder aus Liebe in die Welt und um sein Erbgut für die Zukunft zu erhalten. Dazu gehört für mich auch, daß man seine eigenen Freiheiten zu gunsten des Kindes einschränkt. Meiner Meinung nach erhält ein Kind die beste Erziehung durch Mutter und Vater. Tagesbetreuung sollte man lediglich als Ergänzung ansehen und auch erst ab einem gewissen Alter.
      Avatar
      schrieb am 06.10.04 23:43:05
      Beitrag Nr. 4 ()
      Kinder will die Politik nur aus dem einen Grund um durch
      zukünftige Steuerzahler ihre Daseinsberechtigung finanziert zu wissen.

      Politik = Kapitalistische Wirtschaft



      Doch wer lässt sich gerne zum Lastesel des Kapitals machen?:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 06.10.04 23:53:41
      Beitrag Nr. 5 ()
      Fuller,

      ja, aus Liebe. Das ist toll. Und sollte auch immer so sein.

      Ich frage Dich jetzt:

      Was meinst Du wieviele Kinder in Deutschland weniger geboren würden ohne Kindergeld? Ich schätze 50%.

      Denn dieses Geld ist auch Zusatzeinkommen ohne Leistung. Fast ohne. Denn erziehen, aufpassen und bilden soll ja auch steuerfinanziert werden, damit die Eltern Ihren steuerfinanzierten Billigjobs nachgehen können.

      Wie lange kann das weitergehen?

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      schrieb am 06.10.04 23:55:25
      Beitrag Nr. 6 ()
      Fuller

      Meiner Meinung nach erhält ein Kind die beste Erziehung durch Mutter und Vater.

      Das ist richtig, aber eine Idealvorstellung. Ich bin in der DDR in der Krippe und im Kindergarten gewesen und es hat meine Familie ungemein entlastet, so daß meine Mutter arbeiten konnte. Man ist als kleines Kind viel mit anderen Kindern zusammen, hockt nicht schon mit 5 Jahren vor der Glotze. So schlimm ist das fürs Kind nicht, oder?
      Avatar
      schrieb am 07.10.04 00:25:50
      Beitrag Nr. 7 ()
      @ddslvh

      Was meinst Du wieviele Kinder in Deutschland weniger geboren würden ohne Kindergeld?

      Ich kenne niemanden der aufgrund der Höhe des Kindergeldes entscheidet Kinder in die Welt zu setzen. Eine signifikante Verringerung sehe ich daher nicht.


      @ Newnoise

      Ich wußte, daß Du diesen Einwurf bringen würdest. :cool:

      Ich sag ja auch nicht, daß Kitas schlecht wären, aber ich möchte meine Kinder später nicht dahin abschieben, wenn es sich irgendmöglich vermeiden läßt.

      Ich hab früher im Alter zwischen 4 und 14 auch immer mit Freunden im Garten, Feld oder Wald gespielt, auch ohne irgend eine Betreuungsstätte. Das TV schauen hat erst mit Beginn der Pubertät zugenommen und wurde später durch die Einführung des Internets substituiert. ;)
      Avatar
      schrieb am 07.10.04 00:31:42
      Beitrag Nr. 8 ()
      Fuller

      Also ich würde meine Kinder jederzeit in einen Kindergarten geben. Das ist einfach überhaupt keine schlimme Sache für ein Kind. In dem Alter gibt es doch nicht solche Spannungen wie sie später in der Schulzeit auftreten, das heißt die Kinder kommen eigentlich super miteinander aus und wenn es mal Streit gibt, ist der den nächsten Tag wieder vergessen. Und so haben die Kinder die Möglichekit sich mit gleichaltrigen auseinanderzusetzen, was das beste ist. Nicht jeder hat die Möglichkeit im Garten oder im Wald zu toben, also es gibt genügend Kinder, die schon vor der Schulzeit vor der Glotze oder anderen geräte sitzen.
      Avatar
      schrieb am 07.10.04 13:07:04
      Beitrag Nr. 9 ()
      Wollte nur noch anmerken, daß ich jedem sein Kindergeld gönne.

      Nur keinem, der mehr als 4000 brutto verdient.;) Das finde ich absolut unnötig.
      Avatar
      schrieb am 07.10.04 13:51:39
      Beitrag Nr. 10 ()
      Wenn ein Kind phantasievolle, kreative und einfühlsame Eltern hat: warum sollte es dann in einen Kindergarten gehen und sich mit langweiligen Schere-Klebstoff-Spielen herumplagen?

      Leider gibt es aber zu viele Eltern, die Kinder in die Welt setzen und nichts mit denen anfangen können. Die selbst mit ihrer Freizeit nichts anzufangen wissen, die keine Interessen haben und ihre Kinder für nichts begeistern können, weil sie sich selbst für nichts begeistern. Für solche Kinder wäre eine Kita ein Segen, weil das der einzige Ort ist, an dem sie über den reinen Essen-Schlafen-TV-Alltag hinaussehen können. Ich bin kein Kita-Fan, aber wir brauchen mehr davon, weil eine Kita immer noch besser ist als das Garnichts, was manche Eltern ihren Kindern antun.

      Was ich allerdings in der derzeitigen Debatte vermisse, das ist die Frage nach Inhalten. Es kann ja nicht nur darum gehen, dass man Kinder für eine Weile des Tages "aus dem Verkehr zieht", sondern da muss ja auch was Sinnvolles stattfinden. Und wenn man sich so manche Kindergärten von innen ansieht (samt Personal), dann fragt man sich, ob das wirklich der Knaller ist, was da mit Kindern gemacht wird.

      LM


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