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    Wahlen in den USA - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.10.04 21:54:07 von
    neuester Beitrag 02.11.04 20:43:11 von
    Beiträge: 21
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      schrieb am 25.10.04 21:54:07
      Beitrag Nr. 1 ()


      Die Politik der Wahlmaschinen

      Experten befürchten bei der Präsidentenwahl in den USA ein Debakel, das noch größer werden könnte als damals in Florida. Diesmal jedoch landesweit. Teil 1 der Serie "Die Politik der Wahlmaschinen".

      Am frühen Morgen des 8. November 2000, es war 2.16 Uhr, verkündete ein Nachrichtensprecher des konservativen US-Fernsehsenders Fox, dass George W. Bush im Bundesstaat Florida die Mehrheit errungen habe. Florida war der letzte Bundesstaat, dessen Stimmen ausgezählt wurden, und es war der wichtigste in dieser spannenden Wahlnacht. Denn Florida stellt 27 Wahlmänner für die Wahl des US-Präsidenten und sicherte damit bei der letzten Wahl die Mehrheit. Wenige Minuten später meldeten auch die vier anderen großen Fernsehstationen Bushs Sieg. Zu früh.

      Die Wahl in Florida sei noch nicht gelaufen, sagten die Berater des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Al Gore. Es müssten noch Hunderttausende Stimmen ausgezählt werden. Außerdem habe eine Computer-Panne dazu geführt, dass 16.000 Stimmen für Gore als "negativ" gezählt wurden. So begann an diesem frühen Novembermorgen vor vier Jahren der Skandal um die Präsidentenwahl.

      In den folgenden Wochen stellte sich heraus, dass es im Mutterland der Demokratie zugegangen sein muss wie in einer Bananenrepublik: Verlorene Stimmzettel, Wähler, die nicht wählen durften, weil sie angeblich nicht registriert waren. Zu viele Stimmen in einem Wahlbezirk, zu wenige in einem anderen. Unschuldige, die auf den so genannten "Vorbestraften-Listen" standen und deswegen nicht wählen durften.

      537 Stimmen waren entscheidend

      Dazu die Probleme mit offenbar vorsintflutlicher Wahltechnik: vor allem die "punch-cards" sorgten für Ärger, eine Art Stechkarte, in die der Wähler ein Loch stanzt. Schließlich entschied das neunköpfige Verfassungsgericht mit einer Stimme Mehrheit zu Gunsten von Bush. So siegte der Mann, der landesweit weniger Stimmen als sein Konkurrent erhalten hatte, mit einer hauchdünnen Mehrheit von 537 Stimmen in Florida.

      Und heute, vier Jahre danach? Heute befürchten Experten ein Debakel, das sogar noch größer werden könnte als damals in Florida und zwar landesweit. Schon häufen sich Betrugsvorwürfe, technische Pannen und Gerichtsprozesse. Sogar das FBI ermittelt bereits, schon stehen erste Gerichtsprozesse an. Und beide Parteien werfen dem jeweiligen Gegner Manipulation und Betrug vor.

      Dabei sollte doch alles besser werden: Nach dem Desaster vor vier Jahren wurde flugs eine Kommission gegründet. Unter Leitung der beiden ehemaligen Präsidenten Gerald Ford und Jimmy Carter erarbeitete sie viele kluge Vorschläge, die 2002 in das "Hilf-Amerika-wählen"-Gesetz einflossen. 3,9 Milliarden Dollar wurden bereitgestellt, um die hoffnungslos veralteten Wahlmaschinen des Landes zu modernisieren und die unterschiedlichen Wahlverfahren möglichst zu vereinheitlichen. Außerdem müssen endlich Datenbanken zur Wähler-Registrierung angelegt werden in den meisten Bundesstaaten aber erst ab 2006. Doch bislang wurden erst 670 Millionen Dollar bereitgestellt. "Leider wurde ein großer Teil des Gesetzes bislang nicht verwirklicht", sagt Jimmy Carter, "entweder wegen finanzieller Probleme oder aufgrund politischer Streitigkeiten."

      "Willkürliches, betrugsanfälliges Wahlsystem"

      "Zählt Ihre Stimme wirklich?" titelt das US-Magazin Newsweek über den Vertrauensverlust der Wähler. " So kann eine Demokratie nicht funktionieren" mahnt der britische "Economist". "Man stiehlt uns die Wahlen", meint gar der Buchautor John Fund. "Zwei Prozent der Stimmen wurden bei den letzten Wahlen nicht gezählt, die meisten wegen veralteter Wahltechniken. Zehn Prozent der Amerikaner glauben heute, ihre Stimme werde nicht korrekt gezählt. Und das wird sich solange nicht ändern, bis wir endlich verstehen, dass wir ein willkürliches, betrugsanfälliges Wahlsystem haben, das eher einem Dritte-Welt-Land ähnelt als der führenden Demokratie der Welt."

      Schon jetzt erscheint diese Präsidentenwahl so problematisch, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE 85 Wahlbeobachter entsendet - angeführt von Rita Süssmuth, der ehemaligen Bundestagspräsidentin. Die Wahlbeobachter fürchten, das Wahlrecht werde in den USA "nicht gleich angewendet oder beschützt".

      So darf in einigen Bundesstaaten bereits seit Wochen gewählt werden. In Florida öffneten die Wahllokale in dieser Woche. Und gleich am ersten Tag fielen in Fort Lauderdale wegen eines technischen Fehlers 18 Computer aus und legten 14 Wahllokale lahm. Viele Wähler, zumeist Schwarze und Senioren, wollten nicht stundenlang warten und gaben auf. Aus anderen Bundessaaten melden aufgeregte Aktivisten beider Parteien angeblich vernichtete oder angeblich gefälschte Wähler-Registrierungen, dazu jede Menge angeblicher Einschüchterungsversuche.

      Jeder der 50 Bundesstaaten hat seine eigenen Wahlvorschriften. In einigen Bundesstaaten - wie Florida - werden immer noch Vorbestraften-Listen geführt. In sieben der hart umkämpften "Swing Staaten" ist es Parteimitgliedern erlaubt, bereits ausgefüllte Briefwahl-Unterlagen einzusammeln. In einigen Bundesstaaten dürfen Partei-Aktivisten den Wählern sogar beim Dazu kommen völlig unterschiedliche Wahltechniken.

      Wahlcomputer als "schwarze Box"

      Uralte Hebelmaschinen, so genannte Lever, gehören dazu ebenso wie moderne Scanner, die Wahlzettel in den Computer übertragen. 32 Millionen Wähler müssen sich auch in diesem Jahr noch mit den berüchtigten "Stanzkarten" herumschlagen. Und knapp 30 Prozent aller Wahlberechtigten 50 Millionen Bürger - sollen in diesem Jahr per Computer wählen. Sollen an einem Bildschirm den Namen ihres Kandidaten antippen, ähnlich wie bei der Bedienung eines Geldautomaten. So sollen landesweit ebenso schnell wie zuverlässig Ergebnisse geliefert werden können, ohne lästigen, störanfälligen Papierausdruck. Genau diese Computer aber könnten sich als die "schwarze Box" erweisen, in der Stimmen einfach verschwinden.

      Lesen Sie morgen, wie Sicherheitsexperten die neuen Wahlmaschinen einschätzen und wie private Organisationen gegen das Wahlsystem Front machen.

      [urlStern - Montag, den 25. Oktober 2004] http://www.stern.de/politik/ausland/index.html?id=531486&nv=hp_rt_al[/url]
      Avatar
      schrieb am 25.10.04 22:09:34
      Beitrag Nr. 2 ()
      Sollten mal kurz Lukaschenko mit knausrigen 10 Bill. § konsultieren.

      Der weiß,wie man Wahlausgänge im Vornherein bestimmt. :D

      Be wise, just learn from your enemies!
      Avatar
      schrieb am 25.10.04 22:58:55
      Beitrag Nr. 3 ()
      Übrigens Bush hat die kommende Wahl mit 54% Stimmanteil gewonnen.
      Avatar
      schrieb am 26.10.04 08:55:20
      Beitrag Nr. 4 ()


      "Selbst Spielautomaten sind sicherer als Wahlcomputer"

      Bei den US-Präsidentschaftswahlen fürchten Experten ein Desaster wegen des Wirrwarrs aus Wahlmaschinen und unterschiedlichen Regelungen. Bürgerechtlicher wittern einen HighTech-Wahlbetrug.

      Vor gut einem Jahr saß Linda Schade an einem milden Spätsommerabend mit Freunden im Garten. Damals hörte die Umweltaktivistin aus einem Vorort von Washington, dass die brandneuen Wahlcomputer ihres Bundesstaates Maryland von Experten überprüft worden waren. Man hatte sie als "unsicher" eingestuft, vor allem wegen technischer Pannen. "Wie sollen wir wissen, ob unsere Stimme wirklich korrekt gezählt wird?" fragte sich Linda Schade, gründete die "Initiative für überprüfbares Wählen" und zog vor Gericht.

      "Alle hatten Sicherheitsbedenken"

      Sie würde für ein Stück Papier kämpfen für ein Stück Demokratie. Ihre einfache Forderung: für jede abgegebene Computer-Stimme soll ein Kontrollausdruck auf Papier erstellt werden. Damit könnten im Zweifel Stimmen per Hand nachgezählt werden. Ihre Klage wurde abgewiesen die neue Technik sei einwandfrei, hieß es. "Dabei wurden die Wahlcomputer dreimal von verschiedenen Fachleuten untersucht. Alle hatten Sicherheitsbedenken. Es ist heute sicherer, ein Buch im Internet zu kaufen als den Präsidenten der USA zu wählen", sagt Linda Schade, und dabei ist ihr gar nicht nach Lachen zumute.

      Denn rasch stellte sich heraus: Hacker können die Computer manipulieren, Software streikt, Stimmen gehen im elektronischen Nirwana verloren. "Selbst Spielautomaten in Las Vegas genügen höheren Sicherheitsstandards als diese Computer", meint der Informatik-Professor David Dill von der renommierten Stanford-Universität. "Sie haben hunderte Stellen, an denen sie verwundbar sind." Dills Sorge gilt dabei weniger Wahlbetrügern oder Hackern als der Frage, ob ein knappes Wahlergebnis verlässlich überprüft werden könnte. "Im Moment können wir noch nicht einmal beantworten, ob die Maschinen richtig gezählt haben. Ein knappes Wahlergebnis wäre ein Albtraum für Amerika."

      Schon jetzt häufen sich die Beschwerden. So erreichte bei einer Nachwahl zum Senat in diesem Frühjahr in Florida die Siegerin laut Computer eine Mehrheit von zwölf Stimmen. Eigentlich hätte daraufhin eine Handauszählung der Stimmen erfolgen müssen. Das aber war nicht möglich, die Wahlmaschinen speichern die Stimmen elektronisch, Kontrollausdrucke sind in Florida nicht vorgesehen. Das Nachzählen per Hand ist in Florida sogar per Gesetz verboten.

      Fehler, Pannen, Zweifelhaftes

      Bei einem Test in einem anderen Wahlkreis Floridas brach gleich das gesamte Computersystem zusammen offenbar aufgrund von Elektrizitätsproblemen nach den Hurrikans der vergangenen Wochen. In Indiana kam es zu wundersamer Stimmenvermehrung, als 5352 Wähler ingesamt 144.000 Stimmen abgaben. Im Bundesstaat Virginia wiederum schaffte es die Software, Stimmen abzuziehen anstatt zu addieren. Einzelfälle? Auf 51 eng beschriebenen Seiten listet die Bürgerbewegung "Überprüftes Wählen" Fehler, Pannen, Zweifelhaftes auf.

      Lesen Sie morgen, wie sich John F. Kerry und George W. Bush für ein knappes Ergebnis wie vor vier Jahren wappnen und warum das Capitol am Potomac mit der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang verglichen wird.

      [urlStern - Dienstag, den 26. Oktober 2004]http://www.stern.de/politik/ausland/index.html?id=531487&nv=hp_rt[/url]
      Avatar
      schrieb am 26.10.04 10:29:37
      Beitrag Nr. 5 ()
      @

      Für Technik-Freaks wird [URL in diesem Video]http://www.boomchicago.nl/Section/Videos/BoomChicagoVotingMachine[/URL] die Funktionsweise der neuen Wahlcomputer erklärt.

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      Avatar
      schrieb am 27.10.04 09:03:51
      Beitrag Nr. 6 ()


      Entscheidungsschlacht mit einem Heer von Juristen

      Zehntausende Anwälte wollen Demokraten und Republikaner aufeinander hetzen, sollte das Ergebnis der 44. US-Präsidentschaftswahlen nicht eindeutig sein. Die Wähler entwickeln viel Kreativität, damit ihre Stimme gezählt wird.

      Die Präsidentschaftskandidaten in den USA sind stark abhängig von Parteispenden. Manchem Gönner wird unterstellt, bei der Förderung einen Schritt weiter zu gehen. So geriet der Wahlcomputer-Hersteller Diebold aus Ohio unter Verdacht der Wahlmanipulation. Er produziert die meisten der Computer, die in diesem Jahr zur Wahl des US-Präsidneten eingesetzt werden. Firmenchef Walden O´Dell, überzeugter Bush-Anhänger und Großspender der Republikanischen Partei, hatte im vergangenen Sommer versprochen, er werde dem Präsidenten die Mehrheit im hart umkämpften Bundesstaat Ohio verschaffen. Denn noch nie wurde ist ein Kandidat Präsident, der nicht die Mehrheit in Ohio errang.

      Während sich am 2. November Millionen Wähler fragen werden, ob der Computer ihre Stimme auch korrekt zählt, werden Hunderttausende nur "vorläufig" wählen. Mit der so genannten "vorläufigen Wahl" soll sicher gestelllt werden, das jeder Wahlberechtigte auch wirklich wählen kann: vor vier Jahren durften viele offiziell registrierte Wähler ihre Stimme nicht abgeben, weil ihr Name auf den Wahllisten nicht auftauchte oft Bewohner ärmerer Viertel, traditionell eher demokratische Wähler.

      In diesem Jahr dürfen sie einen vorläufigen Stimmzettel ausfüllen, der nach der Wahl ausgezählt wird. So wie etwa Claude Hawkins,24, aus Kansas City, einer der zahlreichen Neuwähler in diesem Jahr. Claude füllte den Antrag auf Registrierung gleich dreimal aus - er wollte sicher sein, dass seine Stimme nicht verloren ginge. Doch in keinem Wahllokal seiner Stadt war sein Name registriert. Drei Tage suchte er nach seinem Namen, schließlich gab man ihm einen "vorläufigen" Wahlzettel: Sollte sich herausstellen, dass er wirklich ein registrierter Wähler sei, hieß es, würde seine Stimme später auch gezählt.

      "Beinahe wie in Nordkorea"

      In den USA erlauben die meisten Bundesstaaten ihren Politikern, ihren Wahlkreis selbst festzulegen. Folge dieses "redistricting": kunterbunt durcheinander gewürfelte Wahlkreise, von Computern ermittelt, die von den Abgeordnete allein danach festgelegt werden, wo sie ihre Mehrheiten sichern können. Politische Folge dieser "Designer-Distrikte": höchstens 30 der insgesamt 435 Abgeordneten im Kongress müssen um ihre Wiederwahl wirklich noch kämpfen. Bei allen anderen steht von vornherein fest, wer der Sieger ist - viele erringen dabei Mehrheiten von über 20 Prozent. Bei den letzten Wahlen vor zwei Jahren verloren ganze vier Abgeordnete ihren bequemen Stuhl im Capitol mit Blick auf den Potomac. "In Nordkorea wäre man stolz auf solche 99-Prozent-Ergebnisse" höhnt die britische Zeitschrift Economist. "Das ist ja wie Pjöngjang am Potomac."

      Auch im für seine Wahlverfahren berüchtigten Bundesstaat Florida (Gouverneur: Jeb Bush, Bruder des Präsidenten) versuchen die Republikaner in einer aggressiven Kampagne, Wahlkreis-Grenzen neu zu ziehen. Die neu ausgerichteten Wahlkreise hätten den Republikanern sechs weitere Sitze im Kongress verschafft - und damit eine sichere Mehrheit für die nächsten Wahlen. Immerhin: Vergangene Woche stoppte der Supreme Court, das Oberste Gericht der USA, diesen schamlosen Versuch und verwies ihn zurück an Gerichte in Florida.

      Unterschiedliche Vorschriften

      Doch niemand weiß genau, ob Stimmen wie die von Claude Hawkins auch gültig sind denn überall gelten unterschiedliche Vorschriften. So wurden bei den Präsidentschaftsvorwahlen in Chicago im März zwar 5914 vorläufige Stimmen abgegeben, doch nur 416 davon schließlich für gültig erklärt.

      Technische Pannen, Computerprobleme, vorläufige Stimmen die beiden Parteien rüsten sich für eine beispiellose juristische Schlacht nach der Wahl. Allein im hart umkämpften "Swing Staat" Florida wurden insgesamt 4000 Rechtsanwälte für Bush und Kerry engagiert. Beide Parteien sind entschlossen, diese Wahl zu gewinnen, beinahe um jeden Preis. Allein die Demokraten wollen bis zu 25.000 freiwillige Juristen aufbieten, die landesweit als Experten bereitstehen und jederzeit Klage einreichen können. Denn die oft in letzter Minute verkündeten Änderungen im Wahlverfahren benachteiligen vor allem sozial Schwächere und die gehören eher zu den demokratischen Wählern. Dazu kommen fünf demokratische "SWAT-Teams", benannt nach der Sondereinheit der US-Polizei, mit eigener Flugzeugflotte: hochspezialisierten Rechtsanwälten, die jederzeit überall im Land einsetzbar sind.

      "Unsere Demokratie muss wieder gesund werden"

      Auch Linda Schade wird am Wahltag mit den Aktivisten ihrer "Bewegung für überprüfbares Wählen" an 200 Wahllokalen ihres Bundesstaates stehen. Dort wollen sie als unabhängige Beobachter alle Unregelmäßigkeiten notieren. Dann wird Linda Schade viel telefonieren, sie wird die Presse informieren und die Rechtsanwälte. "Unsere Demokratie muss wieder gesund werden", sagt Linda Schade. "War es nicht einmal so, dass jede Stimme zählte?"

      Stern - Mittwoch, den 27. Oktober 2004
      Avatar
      schrieb am 27.10.04 21:52:20
      Beitrag Nr. 7 ()
      Wer die Wahlen in den USA als demokratisch bezeichnet, blickts ohnehin nicht und just vor den Wahlen der fallende Ölpreis. Bush kann sich also auf seine Freunde verlassen.
      Avatar
      schrieb am 27.10.04 22:15:00
      Beitrag Nr. 8 ()
      Falls Bush die Wahl gewinnt, dann wissen wir ja, woran es gelegen hat;
      wenn Kerry gewinnt, dann ist alles natürlich mit rechten Dingen erfolgt.
      So einfach ist die Denkweise der Bush Gegner !!!
      Avatar
      schrieb am 27.10.04 22:41:18
      Beitrag Nr. 9 ()
      Selbstverständlich ist es einfacher mit Blasphemie die (unterbemittelten) Massen zu begeistern, jedenfalls im Methotisten-Rock des bibelschwingenden Judas-Georg; der gegensätzlich zur biblischen Botschaft die Gewalt verherrlicht.
      Avatar
      schrieb am 27.10.04 22:47:19
      Beitrag Nr. 10 ()
      Sollte nicht in diesen Tagen die Ergreifung von Bin Laden bekannt gegeben werden?
      Avatar
      schrieb am 28.10.04 11:33:54
      Beitrag Nr. 11 ()
      (7)

      schnutzelpuh, - was für ein Name - :laugh:

      klar konnte man sich darauf verlassen, daß die Ölpreise fallen und die Börsen anziehen. Und deshalb bin ich vor ein paar Tagen noch mal kräftig reingegangen. So is business...

      :cool:
      Avatar
      schrieb am 28.10.04 11:54:39
      Beitrag Nr. 12 ()


      Zu klug für Amerika?



      Stern - 28. Juli 2004

      Seine Demokraten rufen ihn diese Woche unter Jubel zum Präsidentschaftskandidaten aus. In Umfragen liegt er vor Amtsinhaber Bush. Und doch könnte John F. Kerry auf dem Weg ins Weiße Haus noch scheitern - an sich selbst.

      Es ist nur ein Verdacht. Er mag bösartig klingen, dieser Verdacht, doch er ist nicht ganz abwegig, und dort draußen im Land schwirrt er herum, in den Staaten des Südens und den Wahlspots der Republikaner. Zusammengefasst geht er wie folgt: John Forbes Kerry, getrieben von Ehrgeiz und arm an Charisma, nahm sich schon als Schüler vor, Präsident zu werden, und baute sich dazu die passende Biografie, so wie andere Modellflugzeuge bauen. Er imitierte die Gesten von John F. Kennedy, jagte im Vietnamkrieg nach Orden und tat alles, um sich einen Platz zu sichern im Langzeitgedächtnis der Nation. Ein Leben nach Plan, eine Karriere aus der Retorte, ein Gegenentwurf zum bodenständigen Präsidenten George W. Bush.

      Faszination für die große Politik

      Der Verdacht gefällt den Republikanern. Und den Reportern. Und dann gibt es eine Saga. Sie mag nach Hollywood klingen, diese Saga, doch gleichfalls nicht abwegig, und auch sie schwirrt dort draußen herum, an den Küsten in Ost und West, und geht wie folgt: John Kerry entdeckt schon als Kind im Berlin der Nachkriegszeit seine Faszination für die große Politik. Er verliebt sich in ein Mädchen des Kennedy-Clans, geht segeln mit JFK und rettet als Leutnant in Vietnam seinen Männern das Leben. Er wird zum Helden der Antikriegsbewegung, knüpft sich als Staatsanwalt die Mafia vor und kämpft sich trotz Schulden und Krebs in die Spitze der Partei. Ein Leben voller Leben, ein Drama mit Wendepunkten, ein Gegenentwurf zum selbstgefälligen Präsidenten Bush. Die Saga gefällt den Demokraten. Und den Reportern. Aber was glaubt Amerika?

      Lansdowne, Pennsylvania, 11 000 Einwohner, zwei Tankstellen. Der Ort bringt alles mit, was die Präsidentenwahl am 2. November entscheidet: eine bröckelnde Mittelklasse, Soldaten im Irak und die Sehnsucht nach einem führungsstarken Präsidenten, mit dem man gern mal grillen würde. Kerry müsste, so raten die Demoskopen, etwas mehr Johnny sein und weniger Senator, er müsste etwas von der Dynamik Bill Clintons zeigen oder dem Charme John Edwards`, den er als Running Mate auswählte, weil er so etwas wie der Anti-Kerry ist, der Grillmeister an der Seite des Oberkommandeurs.

      Jürgen Kohler in Brasilien

      John Kerry geht auf ein rot geklinkertes Haus zu, um eine Familie nach ihren Problemen zu fragen, und die Familie, die ausgesucht wurde, weil sie die richtigen Probleme hat, erzählt Kerry und der Reporterschar, dass sie die Studiengebühren der Kinder nicht mehr zahlen kann und die älteste Tochter zum Überleben vier Jobs machen muss. Kerry schaut besorgt und lockert seine Hermès-Krawatte. Er sagt, dass er auch mal in so einem ganz normalen Viertel gelebt hat und verschweigt, dass dies nur zwei seiner 60 Jahre betraf. Er wirbelt mit seinen 1,93 Metern auf der brüchigen Veranda umher und wirkt doch hölzern, bemüht, wie ein Vorstopper, der einfach nicht dribbeln kann. Jürgen Kohler in Brasilien.

      Ein älterer Mann mit Baseballkappe fragt Kerry, ob man Bush nicht vor dem Kriegsverbrechertribunal anklagen sollte. Was soll Kerry dazu sagen? Was werden die Reporter schreiben, wenn er jetzt antwortet? Es ist eine einfache Frage, aber in ihm setzt sich eine Gedankenmaschine in Gang, als müsste die Frage erst mal einen Verdauungstrakt durchlaufen, als müsste er erst mal die zwei Seiten der Medaille finden, so wie er für alles zwei Seiten findet, den Krieg, die Todesstrafe, die Abtreibung. Was nur soll er sagen? Da setzt seine Wahlkampfhymne ein, "Go Johnny go", sein Wagen fährt vor, schon ist er weg. Er war wieder mal der Senator. Nicht der Johnny.

      37 Prozent wollen mit ihm kein Barbecue machen

      John Forbes Kerry, geboren in Denver, aufgewachsen als Sohn eines Diplomaten in Washington, Berlin, der Schweiz und im Internat, liegt bei den Umfragen knapp in Führung, obwohl 37 Prozent mit ihm kein Barbecue machen wollen. Das ist ein Problem. Er führt, weil Bush den Irak-Krieg vermasselt hat, also muss er hoffen, dass der Schlamassel bleibt. Er führt, weil die Leute dem wirtschaftlichen Aufschwung noch nicht trauen, also muss er hoffen, dass die Konjunktur auf ihn wartet. Er führt, obwohl viele noch nicht wissen, was er eigentlich ist, Opportunist, Kriegsheld, Verräter oder irgendwas dazwischen, in jener Grauzone, die es nicht gibt in Amerika. Am Tag seiner Nominierung zum Spitzenkandidaten der Demokraten ist John Kerry für viele noch ein Mann ohne Gesicht. Oder einer mit zu vielen Gesichtern. Das ist das größte Problem.

      Der Fahrstuhl öffnet sich in Midtown Manhattan, eine Frau im roten Kostüm tritt heraus. Sie ist schlank, ihr Haar ist blond getönt, und jetzt, da sie die Augenbrauen hochzieht, sieht man den jüngeren Bruder in ihr und eine Traurigkeit, die in allen Kerrys eine Heimat hat. Sie erzählt von ihren Jahren im geteilten Berlin, 1954 bis 56, wo der damals elfjährige John zum ersten Mal zu spüren bekam, welche Wunden der Krieg hinterlässt. Einmal radelte John allein in den Sowjetsektor. Da gab es zu Hause riesigen Ärger. "So war er immer", sagt Peggy Kerry. "Er muss Grenzen ausloten. Er geht bis ans Limit." Ist das so gut für einen Präsidenten? Die Frage beantwortet sie nicht.

      "Er ist nicht der Typ, der gern Small Talk macht"

      Peggy Kerry ist misstrauisch, in einer Zeit, in der die Medien ihrem Bruder bereits eine Affäre mit einer Praktikantin angedichtet haben. Ein falscher Satz von ihr - und die Schlagzeile ist draußen, ein falscher Satz wie der, den sie jetzt sagt: "Mein Bruder ist schüchtern. Er ist nicht der Typ, der gern Small Talk macht. John ist reserviert und introvertiert." Er gilt auch als steif und abgehoben. "Nein, er ist nur groß und hat dieses zerklüftete Gesicht und lacht nicht oft." Darf ein Präsident so sein - ein introvertierter Feind des Small Talk, dessen zerklüftetes Gesicht selten lacht? Auch die Frage bleibt so stehen.

      Die vier Kerry-Kinder wuchsen auf mit einem geschärften Sinn für internationale Beziehungen und den Weltfrieden. Als der Vietnamkrieg ausbrach, waren alle in der Familie dagegen. Auch John. Dennoch meldete er sich freiwillig. Warum? Vielleicht im Hinblick auf eine spätere Karriere? "Nein", erwidert Peggy Kerry, "aus Pflichtgefühl." Und warum stimmte er trotz Bedenken für den Irak-Krieg? "Das kann ich nicht sagen." Auch diese Frage bleibt offen, und jetzt muss sie wirklich los und verschwindet im Abendverkehr.

      "John Kerry - A Stronger America"

      Die Mittagssonne über dem Silicon Valley knallt erbarmungslos herab, es ist 40 Grad heiß. Im Flugzeug wäre es schön kühl, aber John Kerry schmeißt noch ein paar Basebälle über das glühende Flugfeld. Die Leute sollen ihn kennen lernen, als Baseballer und Snowboarder und Kitesurfer und in seinem elfminütigen Wahlspot auch als Bergmann, Soldat, Gitarrist und Eishockeyspieler, der auch Bodychecks nicht scheut. Vielleicht ist das ein bisschen viel, doch als Kerry in den schwarzen Ledersitz seines Wahlkampfjets fällt und nach einem Hühnersaté greift, erzählt er, dass er auch ein guter Rechtsaußen ist und gern mal die Tour de France fahren würde, aber da hebt die Boeing 757 mit dem Schriftzug "John Kerry - A Stronger America" schon ab, und schon schreibt er per Hand an seiner nächsten Rede in Anaheim, und schon sammelt er dort zwei Millionen Dollar Wahlkampfspenden ein, und schon werden wieder die Highways für ihn gesperrt. Einsam fährt seine Karawane in der Rush-Hour Richtung Downtown Los Angeles, zum Konzert des Jahres.

      Die Zuschauer haben bis zu 25 000 Dollar pro Ticket gespendet. Und alle sind sie da, Neil Diamond, Leonardo DiCaprio, Willie Nelson. Ben Affleck kommt auf die Bühne und sagt, dass man Bush endlich loswerden müsse. Barbra Streisand singt ein Lied über Bush, die Marionette von Cheney. Billy Crystal sagt, Rumsfeld habe nun ja sein Coming-out gehabt bei all den nackten Männern im Folterknast von Abu Ghreib. Alle lachen. Darf Kerry jetzt lachen? Er sitzt im ersten Rang und blickt sich um. Keine Journalisten. Also mal richtig lachen. Go, Johnnie, go. Hollywood feiert einen ausgelassenen Abend. Sie lachen über Bush, den Tölpel, beschimpfen Bush, den Missionar, lästern über Powell, Cheney und Wolfowitz, nur über Kerry reden sie kaum. Das ist sein Dilemma. Bei dieser Wahl geht es um Bush. Nicht um Kerry. Seine Anhänger respektieren ihn. Sie feiern ihn, wo immer er auftritt, lassen Konfetti regnen. Aber ins Herz schließen sie ihn nicht. Er mag ein bewegtes Leben haben, aber eine bewegende Persönlichkeit ist er nicht. Er soll sie nur befreien.

      "Ich mache alles, um Bush loszuwerden"

      Zwei Wochen später steigt in New York die nächste Kerry-Gala. Jetzt ist die Ostküste dran. Jon Bon Jovi, John Mellencamp, Paul Newman. Jessica Lange ruft: "Ich mache alles, um Bush loszuwerden, außer vielleicht meine Kinder zu verkaufen." Whoopi Goldberg macht obszöne Witze über Bush (weibliche Schamhaare) und Dick (Schwanz) Cheney und die Beziehung der beiden zueinander. So tickt das eine Amerika. Eine Woche später verliert Whoopi Goldberg nach einer Hetzjagd der rechten Presse ihren Werbevertrag mit dem Diätunternehmen Slim-Fast. Kerry gerät unter Druck, weil er es wagt, die Künstler "großartige Amerikaner" zu nennen. So tickt das andere Amerika. Kerry will beide Seiten einen. Das klingt nach einem neuen Dilemma.

      Im "Club 21" in New Yorks 52. Straße, wo sich Politiker und Wirtschaftsbosse treffen, sitzt Dan Barbiero und wartet auf den Senator. Barbiero, karierter Anzug, rote Krawatte, ist Kerrys bester Schulfreund und Republikaner. Wenn Kerry in New York ist, sehen sie sich hier. Die Sessel sind mit feinem Stoff bezogen. Die Wand ist aus edlen Hölzern. Hier fühlt sich John wohl, sagt Barbiero, in diesem privaten Club, der so gut passt zu Kerrys Ferienvilla auf Nantucket und seinem 1945er Chambertin Close de Bèze im Weinkeller und dem prächtigen Bostoner Backsteinhaus am Louisburg Square, dort, wo Amerika am europäischsten ist.

      "Wir waren beide Außenseiter"

      Barbiero und Kerry lernten sich auf dem Internat St. Paul`s in New England kennen. "Father John, ein schwarzer Pfarrer, hat uns einander vorgestellt", erzählt Barbiero. "Dies ist John Kerry, sagte Father John zu mir. Er glaubt, dass ihn keiner mag. Wir wurden sofort Freunde. Wir waren beide Außenseiter." Kerry ein Außenseiter? "Er war zu ehrgeizig. Er hatte zu viel Energie. Genau so wie heute. Er las mir seine Referate immer zwölfmal vor. Ich hätte ihn würgen können."

      Kerrys Vorbild damals war John F. Kennedy. Er sprach wie Kennedy. Er gestikulierte wie Kennedy. Er hatte dieselben Initialen. "Wir haben ihn damit aufgezogen", sagt Barbiero. "John hat ihn unheimlich bewundert, aber er hasste es, mit Kennedy verglichen zu werden. Er wollte er selbst sein." Doch im Internat war Kerry wie Kennedy - ein Katholik unter lauter Protestanten. Ein Demokrat unter lauter Republikanern. Ein "Europäer" unter Amerikanern. Ein Junge, der seine Jugend ohne Eltern verbrachte. Das formt. Da lernt man zu kämpfen. Oder man geht unter. Oder man sucht sich den besten Weg der Anpassung.

      "Dann ist er dem Kerl nachgerannt und hat ihn erschossen"

      Del Sandusky ist mit seinem alten Chevrolet auf dem Weg zu einer Wahlveranstaltung in Bradenton, einer Stadt an der Golfküste Floridas. Es ist ein heißer Sommertag in jenem Staat, der wie schon im Jahr 2000 über Sieg oder Niederlage entscheiden könnte. Wenn Sandusky von Kerry spricht, nennt er ihn Captain oder Skipper oder Bruder. "Er hat mir das Leben gerettet. Ich habe seines gerettet. Dann ist man ein Leben lang Bruder." Sandusky ist Frührentner, in diesen Monaten fährt er durchs Land und erzählt seine Geschichte: "John und ich waren gemeinsam auf dem Schnellboot PCF-94 im Mekong-Delta, totale Hitze, jeden Tag unter Beschuss. Einmal wollte ein Vietkong eine B-40-Rakete auf unser Boot abschießen. Wir nahmen ihn unter Feuer. Wir hätten uns zurückziehen sollen, aber John befahl, das Boot ans Ufer zu fahren. Dann ist er dem Kerl nachgerannt und hat ihn hinter einer Hütte erschossen. Dafür hat er den Silver Star bekommen."

      Wenn Sandusky die Geschichte erzählt, hängen die Menschen an seinen Lippen. Auf der kleinen Bühne im "Cafe Fayetville" in Bradenton macht der schnauzbärtige Mann mit der großen Brille John Kerry zu einem Helden, wichtiger noch: Er macht ihn zu einem Menschen. Etwas, das kein Wahlspot und keine Rede bisher geschafft hat. Sandusky erwähnt nicht, dass Kerry für ihn da war, als er vor einigen Jahren Suchtprobleme hatte. Er erwähnt auch nicht, dass sie alle, auch Kerry, bis heute unter dem Krieg leiden. Erst auf dem Heimweg, als er im Abendrot die Bucht von Tampa überquert, erzählt er mehr. Seine Hände zittern, die Asche seiner Zigarette fällt ihm auf den Bauch. Wie es für Kerry war zu töten? "Er war nicht sehr mitgenommen. Es war eine Operation von vielen. Wir haben nie wieder darüber gesprochen." Nie mehr? "Nein. Wir wissen doch, was jeder fühlt. Wir alle haben diese Flashbacks. Wir bepissen uns vor Angst im Schlaf. Wir haben gesehen, wie Kinder starben. Man muss nicht noch darüber reden."

      "He, du Arsch, werd mal locker"

      Wenn er mit seiner Crew aus Vietnam zusammen ist, sagen seine Wahlkampfmanager, sei Kerry, der stets so gefasste Patrizier, anders. "Nach seinen Auftritten trinken wir oft Bier und essen Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwiches, wie in Vietnam", erzählt Sandusky. "Dann sagen wir: He, du Arsch, werd mal locker. Dann wird er locker. Dann fühlt er sich sicher." Dann kann Kerry endlich mal Johnny sein. Spät am Abend in einem Steakhaus verrät Sandusky, dass Kerry ihn neulich anrief. Es ging um den Irak-Krieg, für den Kerry dem Präsidenten im Senat grünes Licht gab. "Das quält ihn noch heute. Nach außen darf er keine Reue zeigen, aber in ihm brodelt es."

      "Manchmal denkt er zu viel", sagt Sandusky. "Er denkt sehr viel", sagt Peggy Kerry. "John denkt schmerzhaft viel nach", sagt seine jüngere Schwester Diana. Tags darauf bekommt Sandusky einen Anruf aus der Wahlkampfzentrale. "Sie haben einen Detektiv auf Kerrys Boots-Crew angesetzt. Pass auf. Sie wollen eure Geschichte verdrehen. Sie wollen John zum Verräter machen." Sandusky legt auf: "Schweine. Da steckt O`Neill dahinter." John O`Neill war Kerrys Nachfolger in Vietnam als Skipper auf Boot PCF-94. Im Mai gründete O`Neill mit 187 Kameraden die Organisation "Swift Boat Veterans for Truth" und macht seitdem mobil gegen Kerry. "Seine Geschichte hat so viel mit der Wirklichkeit zu tun wie der Film "Gladiator" mit römischer Historie", sagt O`Neill. "All seine Wunden waren kleiner als die von einem Rosendorn. Die Orden hat er sich erschlichen. Und nach dem Krieg ist er uns in den Rücken gefallen, als er uns pauschal Kriegsverbrecher nannte." O`Neill hat es sich zum Ziel gemacht, weitere Beweise zu suchen, um Kerry vor der Wahl als Hochstapler auffliegen zu lassen. Und wieder hat man die Wahl. Held oder Verräter. Feigling oder Führer. Vielleicht passt alles.

      "Er hatte kein richtiges Zuhause"

      Seine Frauen könnten es wissen, doch Kerrys erste Ehefrau Julia Thorne redet nicht über den Kandidaten, sondern schreibt Bücher über Heilkräuter. Und die zweite Frau Teresa Heinz, die Erbin des Ketchup-Imperiums, redet zwar, aber lieber über grünen Tee und Erziehung und Teresa Heinz. Auf der Bühne steht sie oft wie eine Unbeteiligte neben Kerry und wehrt sich gegen zu viele Umarmungen. Sie lernten sich 1992 auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro näher kennen. Teresa hatte ein Jahr zuvor ihren Mann bei einem Flugzeugabsturz verloren. John Kerry irrte ziellos durch sein frisch geschiedenes Leben und fiel reihenweise in die Arme von Schauspielerinnen. Er hatte kein richtiges Zuhause, nachts stieg er bei David Thorne ab, seinem Schwager und besten Freund. Die beiden kennen sich seit 42 Jahren. Sie studierten zusammen in Yale. Sie waren beide in Janet Auchincloss, die Halbschwester Jackie Kennedys, verliebt. Sie telefonieren fast täglich und reden über neue Wahlstrategien und neue Surfbretter.

      Thorne gibt in Boston das Magazin "Body&Soul" heraus und gehört zum inneren Zirkel des Kerry-Teams. Er trägt ein feines Hemd und fährt sich wie Kerry ständig mit der Hand durchs dichte Haar. "Die Trennung war die härteste Zeit in Johns Leben. Und ich stand genau dazwischen. Hier meine Schwester und dort mein bester Freund. Wir haben viel durchgemacht. Und ich kann Ihnen sagen: John ist immer dann am besten, wenn er am Boden ist. Er ist ein unglaublich ehrgeiziger, getriebener Kerl."

      "Attack Machine"

      Thorne setzt oft zu einer Anekdote an und bricht plötzlich ab. "Das sollte ich nicht erzählen", sagt er dann. Dass sie mit den Stieren rannten in Pamplona und mit der Cessna unter der Golden-Gate-Brücke durchflogen und mit 60 noch beim Parasailing über Frauen reden. Es würde Kerry menschlicher machen. Aber die Rechten könnten es gegen ihn verwenden. In der Zentrale reden sie von der "Attack Machine" der Republikaner wie von einer geheimen Macht mit übernatürlichen Kräften. Sie zeigen Kerry mit Sandinistenführer Ortega und Jane Fonda und blenden Hitler in die Wahlspots ein. Schlimmer wäre nur Chirac. Als Thorne glaubt, dass das Tonband ausgeschaltet ist, sagt er: "Die sind gnadenlos. Die schlachten alles aus. Die kennen nur Schwarz und Weiß. Aber so ist die Welt nicht. Sie ist grau. Sie ist verdammt komplex." Er spricht von der Welt. Er könnte aber auch von Kerry sprechen.

      Eine Woche später tritt John Kerry in Charleston, West Virginia, auf. Es ist ein perfekter Abend, die Luft warm, der Himmel orange. Kerry ist gut an diesem Abend, so gut wie nie. Er saust zielstrebig über die Bühne. Er bricht aus seinem pastoralen Monogesang aus, und mit etwas Wohlwollen könnte man seine Faust clintonesk nennen. So wollen ihn Peggy und Sandusky und Thorne und die 2000 Fans sehen. Es geht doch. Go Johnny go. Später steigt Kerry verschwitzt in sein Flugzeug. Es ist fast Mitternacht. Er ist aufgekratzt. Seine Stimme klingt wie nach einer durchzechten Nacht, aber er will noch reden. Er schaut sich Fotos von seinem Jugendhaus in Berlin an und sagt, er würde gern mal wieder hin. "In Berlin wurde mir erstmals klar, was Politik für Menschen bedeutet." Dann redet er über seine wunderbaren Jahre dort, und selbst wenn er das Wort "wunderbar" sagt, sieht er noch nachdenklich aus. Er greift sich den stern und bleibt bei einem Foto hängen, das ihn im Wetsuit auf einem Surfbrett zeigt. Er sagt: "Cooles Photo." Es klingt wie: Cooler Typ.

      "Versuche, mich nicht zu schnell zu verstehen"

      Kerry schaut, ob ihn einer der amerikanischen Journalisten beobachtet. Dann sagt er: "Bill Clinton hat mich gerade angerufen. Er ist in Europa. Er sagt, 90 Prozent in Europa stehen hinter uns." Kerry blickt, als habe er ein Geheimnis verraten. Es muss ein Geheimnis bleiben. Die Rechten würden ihn wieder als Europäer diffamieren. Als mehrsprachigen Snob. Als Freund der UN. Er mag ja dieser Mensch sein, aber er darf es nicht. Er mag dieser reservierte, nachdenkliche, komplexe, gebildete, frankophile Mann von Welt sein, dessen Lieblingszitat lautet: "Versuche, mich nicht zu schnell zu verstehen." Vor 50 Jahren wäre das die Definition eines ehrenwerten Kandidaten gewesen.
      Avatar
      schrieb am 28.10.04 12:26:50
      Beitrag Nr. 13 ()
      #10
      Stimmt! Ich hatte ich fest damit gerechnet.

      #5
      Danke für das Video!
      Avatar
      schrieb am 28.10.04 13:41:04
      Beitrag Nr. 14 ()
      (13)

      DBrix,

      wg. #5 = keine Ursache, das Video habe ich aus einem anderen Thread geklaut...

      Bin Laden ist längst tot. Der war doch schwer nierenkrank. Und geisteskrank natürlich...
      Avatar
      schrieb am 28.10.04 19:23:41
      Beitrag Nr. 15 ()


      Gottes ergebener Krieger



      Stern - 23. März 2004

      Er schläft ruhig und zweifelt nie. Warum sollte er auch? Denn US-Präsident George W. Bush, einst Trinker und Lebemann, wähnt sich im "Kampf gegen das Böse" in allerhöchster Mission.

      Es sind Tage wie so viele im Leben des George W. Bush, diese grauen, noch kühlen Märztage in Amerikas Hauptstadt. Der Präsident beginnt sie mit der Lektüre seines Lieblingsbuches "Mein Äußerstes für den Höchsten", eine Sammlung täglicher Bibellektionen. Er bittet Gott um den Segen für sich und die Nation, weckt seine Frau Laura mit einer Tasse Kaffee und trifft sich mit seinen engsten Beratern, mit Rummy und Dick, mit Condi und George. Gegen Mittag nimmt sich Bush ausgiebig Zeit für sein Fitnessprogramm im Wohnflügel des Weißen Hauses und spielt draußen auf der Wiese noch ein bisschen Ball mit seinen Hunden, mit Barney, dem zweijährigen Terrier, und mit Spot, dem English Springer Spaniel, der gerade 14 wurde, wie die Nation offiziell erfährt.

      Es sind Tage des Krieges. Um etwas mehr Ruhe zu haben, zieht sich der Präsident am Wochenende auf seinen Landsitz nach Camp David zurück. Er geht in die Kirche und betet für "Gottes Trost und Gottes heilende Kräfte". Über den TV-Sender al Jazeera laufen die ersten Bilder von erschossenen und gefangenen amerikanischen Soldaten, aber Bush schaut sie sich nicht an. Er will sie nicht sehen. Er will auch nicht darüber reden. Zurück in Washington sagt er den Medien nur kurz, dass er eine menschliche Behandlung der Kriegsgefangenen erwartet und dass das mit dem Krieg nicht so einfach wird. Abends geht er wie immer früh zu Bett.

      Der Präsident schläft gut in diesen Nächten, hieß es im Weißen Haus, nachdem die ersten 42 Cruise Missiles in Bagdad eingeschlagen waren. Der Präsident schläft immer gut. Er sieht immer gut aus, frisch und erholt. Sein Gesicht erzählt keine Geschichten wie das des ausgezehrten Tony Blair. Sein Stress im Amt setzt sich nicht auf den Hüften fest wie bei Joschka Fischer. "Ich bin mit mir im Reinen", bekennt Bush. "Wenn jemand ein gutes Gewissen dabei hat, dann bin ich es", sagt er über den Krieg im Irak.

      Bush zweifelt nie. Es gibt keine Entscheidung während seiner Präsidentschaft, die er bedauert, keine Albträume, die ihn verfolgen wie einst Präsident Johnson, der in den Nächten des Vietnamkrieges schweißgebadet aufwachte und glaubte, dass sein Kabinett im Nachbarraum gerade eine Verschwörung plane.

      Die wenigen Menschen, die ihren Präsidenten in diesen Kriegstagen aus der Nähe zu sehen bekommen, wie Mitchell Daniels, der Budgetchef des Weißen Hauses, sagen: Seine Stimmung sei "normal". Er sei "ausgeglichen". Sein PR-Direktor Dan Bartlett verrät: "Während dieser Zeiten großen Stresses und folgenreicher Entscheidungen ist er sogar noch disziplinierter. Er trainiert mehr, und sein Essverhalten wird besser."

      Es ist Krieg - und Bush hält sein Gewicht. Im Nachbarraum des Oval Office sitzen sein Redenschreiber Michael Gerson und seine persönliche Beraterin Karen Hughes an diversen Erläuterungen zum Krieg, um sie maßgerecht auf ihren Chef zuzuschneiden: ein bisschen Gospel und viel Pathos, einige einfache, aber große Worte, viele böse Feinde und jede Menge Nationalstolz. Die Mischung, die diesen Präsidenten ausmacht. Die Mischung, die Amerika ausmacht. In Anwesenheit seiner Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sitzt Bush manchmal stundenlang über diesen Reden und liest sie laut vor sich hin. Probt die Stimmlage, die Betonung und den Blick in die Kamera. So ist er. Ein Präsentator. Ein Motivator. Ein grandioser Verkäufer. So kam der ehemalige Playboy George W. Bush nach oben: auf den Chefsessel eines Baseballteams, in den Vorstand einer Ölfirma, an die Spitze der einzigen Supermacht dieser Welt.

      Bush ist ein Präsident, der warmherzig dreinblickt und eiskalt zuschlagen kann. Der als ehrliche Haut gilt und die Wahrheit - wie im Fall der UN-Resolution - verbiegt, bis sie ihm passt. Der die Stimme Gottes über alles stellt und die Stimme der Kirchen gern überhört. Ein langjähriger Versager, der ohne die guten Kontakte seines Vaters und einiger dubioser Millionengeschäfte nie Präsident geworden wäre.

      Doch all das stört seine Landsleute nicht. Mit dem Beginn des Krieges ist Bushs Popularität wieder rasant gestiegen. 71 Prozent unterstützen seinen Kurs und finden, er mache als Oberbefehlshaber eine großartige Figur. In seiner olivgrünen Fliegerjacke passt er besser zum Krieg als Johnson. Wirkt in seinen Gebeten für die Truppen hingebungsvoller als Carter. Hat einen noch entschlosseneren Cowboygang als Reagan.

      Und ist selbstbewusster, patriotischer, furchtloser als sein Vater, George Bush senior. Als CIA-Boss George Tenet ihm mitteilte, dass al Qaeda in 60 Ländern operiert, erwiderte Bush: "Dann nehmen wir uns eben eins nach dem anderen vor."

      Der Krieg passt zu Bush. Und Bush zum Krieg. Es ist der elfte große Krieg seit Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 1776. Und der zweite für Bush. Er hält den Rekord.

      Kurz nach Sonnenaufgang eines jeden Kriegstages erhält der Präsident die Nachrichten der Nacht. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld präsentiert sie ihm im Beisein von Dick Cheney, Condoleezza Rice und Generalstabschef Dick Myers. Nur Colin Powell ist nicht dabei, der Außenminister, der in der Außenpolitik nicht mehr viel zu sagen hat. Vorher schon hat Rumsfeld mit General Tommy Franks im US-Hauptquartier in Katar via Videokonferenz gesprochen und mit seinen engsten Beratern konferiert. Manchmal brüllt Rumsfeld in diesen Sitzungen im fensterlosen Konferenzsaal einfach los. Manchmal verwandelt er die Sitzung in ein Kreuzverhör, in das, was ein Berater "Stahlbürsten-Behandlung" nennt. Und manchmal brüskiert er gar den Präsidenten. Wie lange wird der Krieg dauern, wollte Bush von Dick Myers wissen. Rumsfeld legte Myers die Hand auf den Arm und antwortete: "Dick, du solltest darauf nicht antworten." Dick Myers antwortete dem Präsidenten nicht.

      Der Krieg ist da. Und mit ihm eine neue Machtverteilung in Washington. Die Entscheidung über den Beginn der Operation "Iraqi Freedom" habe Oberbefehlshaber Bush getroffen, heißt es im Weißen Haus. Er studiere auch Landkarten. Und stelle Fachfragen. Sie betonen dies, als wollten sie dem Eindruck entgegenwirken, Bush sei nur Befehlsvollzieher, die Marionette, als die ihn viele sehen im Kreis der alten Reagan-Jünger, der dicken Buddies Cheney und Rumsfeld, der neokonservativen Ideologen um Paul Wolfowitz, Douglas Feith und Richard Perle, die gerade einen großen Traum verwirklicht sehen, einen Traum, den sie seit mehr als zehn Jahren mit sich herumtragen: Saddam zu beseitigen. Amerikas Übermacht zu demonstrieren. Die Welt das Fürchten zu lehren.

      Der Krieg ist da. Und mit ihm kehren die Kalten Krieger mit aller Macht zurück. Bush aber ist keine Marionette. Er ist nicht der dumme, einfältige Cowboy, als den ihn Europa gern sieht. Er kann gut zuhören. Und delegieren. Und zügig entscheiden. So wie er einst als Besitzer der Texas Rangers seine Mannschaft zusammenkaufte und von der Tribüne aus das Geschehen verfolgte, so setzte er auch das Regierungsteam gezielt zusammen und lässt den kriegserprobten Strategen freien Lauf. Am Ende entscheidet immer Bush. Geleitet von seiner tiefen Überzeugung, auf dem richtigen, dem von Gott bestimmten Weg zu sein. Getrieben davon, als Werkzeug des Herrn sein großes Werk zu vollenden: mit moralischer Klarheit und militärischer Dominanz Amerikas Freiheit in die Welt zu tragen.

      Oder, in Bushs Worten: als Guter mit aller Macht das Böse besiegen. So will er in die Geschichte eingehen: Er habe die Mission, so erzählte er kürzlich einem Berater, die Rolle der USA neu zu definieren, in Zeiten, da sich die "Erdplatten der Weltordnung" verschieben, so wie sie sich 1776 und 1914 verschoben, im Unabhängigkeitskrieg und im Ersten Weltkrieg. Die Anschläge vom 11. September hätten ihm nicht nur eine neue Aufgabe als Präsident gegeben, sondern eine neue Aufgabe fürs Leben.
      So ist dieser Krieg gegen den Irak die erste Umsetzung dessen, was in den Worten vieler Kommentatoren bereits als "Bush-Doktrin" gilt. Ein mutiger Heldenritt, sagen die einen. Ein politischer Amoklauf, sagen die anderen. Unter dieser Doktrin ist Amerika bereit, seine ganze Militärmacht einzusetzen, um die eigenen Interessen rücksichtslos durchzusetzen. Auch ohne vorhergegangene Provokation. Auch ohne die Vereinten Nationen. Auch ohne Unterstützung der internationalen Allianzen, die die USA nach dem Zweiten Weltkrieg schufen. Eine Doktrin, die allerdings nicht von Bush selbst formuliert wurde, sondern von dem kleinen Kreis um Wolfowitz; in einer Zeit, als Bush noch nicht sehr viel mehr war als ein hemdsärmeliger Baseballfreak ohne jeden politischen Sachverstand, eine Rohmasse, aus der sein Freund und Berater Karl Rove schon damals einen Präsidenten zu formen gedachte.

      Bushs Vorstellung vom Präsidentenleben sah vor zwei Jahren noch ganz anders aus. Er war der Mann, den Außenpolitik nie interessierte, der Slowenien und die Slowakei stets verwechselte. Der Müßiggänger, der lieber am Computer spielte, als sich mit Zukunftsstrategien zu beschäftigen. Der nette Kerl von nebenan, der lieber am neuen Zaun seiner Ranch bastelte als an einer neuen Weltordnung. Er wollte sich und sein Land stärker zurückziehen aus einer immer komplexeren Welt, die ihm nie geheuer war, so wie ihm schon die Stadt Washington nie geheuer war mit der Ansammlung von Diplomaten und Intellektuellen.

      Wie soll er, der es schätzt, neben ganz normalen Amerikanern beim Baseball "dasselbe Popcorn zu essen und in dasselbe Urinal zu pinkeln" (O-Ton Bush), mit jemandem klarkommen wie dem französischen Außenminister, dem Aristokraten de Villepin, der die große Diplomatie liebt und nebenbei noch Gedichte schreibt? Wie soll er, der alles in der Politik persönlich nimmt, mit einem wie Putin klarkommen, der sein Duzfreund ist und ihn bei diesem Krieg im Stich lässt? Wie soll er, der glaubt, von Gott persönlich als moralische Instanz eingesetzt worden zu sein, mit einem klarkommen, der sich dreimal hat scheiden lassen wie Gerhard Schröder?

      Noch zwei Tage vor Ausbruch des Krieges empörte sich Bush erneut über den deutschen Kanzler. Beim Empfang einiger Senatoren im Weißen Haus zeigte er auf den Stuhl, auf dem Schröder gesessen und ihm zugesagt hatte, den Krieg aus dem deutschen Wahlkampf herauszuhalten. "Er ist noch immer sehr, sehr aufgebracht", sagt Senator Richard Lugar, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Senat. Bush ist keiner, der so was je vergisst.

      Der Präsident schätzt Menschen, die wie er durch tiefe Täler gegangen sind, nur um irgendwann das "Licht in der Dunkelheit" zu finden. Menschen, die vielleicht einmal soffen wie er, die vielleicht einmal obszön zu fluchen pflegten wie er, die vielleicht einmal lebende Frösche mit Feuerwerkskörpern füllten, um sie als Handgranaten einzusetzen, wie er - und schließlich doch auf den wahren Pfad der Tugend zurückfinden. Helden wie Sam Houston in Bushs Lieblingsbiografie "The Raven", der vom Outlaw zum Gründungsvater des Staates Texas wurde. Präsidenten wie Andrew Jackson, der eine aggressive und unilaterale Sicht der Welt hatte. Oder James Polk, der Mexiko im Krieg besiegte. Oder Ronald Reagan, der durch seine Unnachgiebigkeit den Kommunismus in die Knie gezwungen habe. Kämpfte Reagan noch gegen das Böse des Kommunismus, so kämpft Bush heute gegen das Böse an sich.

      Nie hat der Präsident seinen Glauben so stark in den Vordergrund gerückt wie in diesen Wochen. Er spricht öffentlich über "Gottes Geschenke für die Menschen" und füllt seine politischen Reden mit Gospel-Refrains und Bibelzitaten. Er schüttet Gottes Segen aus über Politologen und Atheisten, so wie der Segen einst über ihn ausgeschüttet wurde von dem Fernsehprediger Billy Graham. Damals, vor 17 Jahren, als das orientierungslose Großmaul Bush (Spitzname "Die Lippe") sein Leben gegen die Wand gefahren hatte. Seitdem ist er der festen Überzeugung, dass eine Antwort auf die Probleme der Gesellschaft und des Terrorismus existiert: Gib jedem Menschen die Chance, Gott zu finden.

      Die Kabinettssitzungen beginnt der Präsident gewöhnlich mit einem Gebet. Zusätzlich gibt es im Weißen Haus eine Vielzahl von Bibelkreisen, und wer nicht mitmacht, muss sich schon mal den Satz anhören: "Haben dich beim Bibelstudium vermisst." David Frum, ein ehemaliger Redenschreiber von Bush, bekannte: "Die Gewissheit, dass dieses Weiße Haus eines war, wo die Teilnahme an Bibelstunden, so nicht obligatorisch, zumindest nicht unobligatorisch war, beunruhigte mich als Nicht-Christen."

      Nach einem Treffen mit Bush vor wenigen Wochen sagte der christliche Radiomoderator Jim Cody: "Es scheint, als sei er im Auftrag Gottes unterwegs. In der Bibel heißt es, Gott ersehe Führer aus. Wenn er Gott wirklich in sich trägt, wäre er ein Gesalbter."

      Die Verbreitung seines Glaubens ist Überzeugung. Aber auch Strategie. Vier Millionen Wähler seien den Republikanern bei der Wahl 2000 durch die Lappen gegangen, errechnete Bushs Wahlkampfmanager Karl Rove, weil man die christliche Botschaft nicht offensiv genug vertreten habe. 46 Prozent der Amerikaner bezeichnen sich laut einer Gallup-Untersuchung als evangelikale oder wiedergeborene Christen. 68 Prozent der Amerikaner glauben an den Teufel. 48 Prozent an die Schöpfung. Diese Massen haben der Präsident und Rove (genannt "Bushs Gehirn") für die Wahl 2004 im Visier.

      Den zweiten großen Schub erhoffen sie sich von diesem Krieg. 73 Millionen Amerikaner verfolgten Bushs Ultimatum, 200 Millionen die militärische Offensive. Truppen und Minister sind auf allen Kanälen. Reporter bejubeln die "faszinierenden" Schlachtszenen (siehe Kasten). Der Patriotismus schraubt sich in neue Höhen. Mit einem großen Triumph über das, was der Präsident eine "mörderische Gefahr für Amerika" nennt, ginge er gestärkt in das letzte Jahr vor der Wahl.

      Läuft er jedoch schief, dieser erste Angriffskrieg in der 227-jährigen Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, könnte nicht nur Bush auf der Strecke bleiben, sondern auch eine angekokelte Welt.
      Avatar
      schrieb am 31.10.04 08:12:40
      Beitrag Nr. 16 ()


      Börsen fiebern der US-Wahl entgegen



      Auch Ölpreis bestimmt die Kurse weiter - Zahlreiche Quartalszahlen in Deutschland

      Berlin - Die Entwicklung der Ölpreise wird die Aktienmärkte nach Einschätzung von Analysten auch in der kommenden Woche im Griff haben. Schon in dieser Woche setzten steigende Notierungen die Märkte zunächst erneut unter Druck. Ein unerwarteter Anstieg der amerikanischen Rohöllagerbestände sorgte aber schließlich für einen Preisrutsch des schwarzen Goldes und für deutliche Kursgewinne bei den Aktien. Eine grundlegende Korrektur der Ölpreise nach unten erwarten Analysten der Commerzbank allerdings erst in den kommenden Monaten.

      Die Marktbeobachter von Helaba-Trust sehen die jüngsten Entwicklungen durchaus mehrdeutig. Schließlich seien sie nicht nur Kostenfaktor für Unternehmen und Konsumenten, sondern auch Indikator für die weitere Entwicklung der Weltkonjunktur. Als positiv bewerteten die Experten, daß China zum ersten Mal seit neun Jahren den Leitzins erhöht hat. Dies zeige, daß das Land als einer der wesentlichen Wachstumstreiber inzwischen gezielt versuche, die Überhitzung der Wirtschaft einzudämmen.

      Aber auch die schwache Entwicklung des US-Dollars könnte die Aktienmärkte nach Einschätzung von Helaba-Trust in der kommenden Woche nachteilig beeinflussen. Zum einen zeige ein schwacher Dollar zunehmende Wachstumszweifel, zum anderen steige durch die Euro-Aufwertung der Wettbewerbsdruck insbesondere auf die stark vom Export getragene deutsche Wirtschaft. "Wachstumsunsicherheiten in Asien und Nordamerika sowie Wechselkursrisiken sind nicht gerade die passende Begleitmusik für nachhaltig steigende Notierungen bei europäischen Aktien", erklären die Experten weiter. Nur ein klarer Wahlsieg George W. Bushs am Dienstag könne kurzfristig noch einmal "Wasser auf die Mühlen der Bullen" bedeuten.

      Auch für die Experten der Berenberg Bank ist die US-Wahl entscheidend für die Entwicklung an den Aktienmärkten: "Wenn bekannt ist, wer diesen Posten erhält und der Wahlausgang keine Ungereimtheiten aufweist, sollte die Zurückhaltung der Anleger gegenüber US-Aktien wieder schwinden und zu steigenden Kursen führen."

      In Deutschland werden in der kommenden Woche zahlreiche Unternehmen ihre Quartalszahlen vorlegen - unter anderem Fresenius Medical Care (Dienstag), Continental, Adidas-Salomon, BMW, Postbank und Karstadt-Quelle (Mittwoch) sowie Altana, Deutsche Post, Hypo-Vereinsbank und Degussa (Donnerstag). Zudem werden am Dienstag die Einzelhandelsumsätze für September bekanntgegeben und am Mittwoch die Arbeitslosenzahl für Oktober.

      http://morgenpost.berlin1.de/inhalt/wirtschaft/story713048.h…
      Avatar
      schrieb am 31.10.04 08:30:51
      Beitrag Nr. 17 ()
      ]http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID374995…

      Osama ex machina

      Von Siegfried Buschschlüter, DLR-Studio Washington

      Wenn George W. Bush am Dienstag wiedergewählt wird, kann er sich bei Osama bin Laden bedanken. Nicht nur wegen des neuen Videos. Vergessen die leidige Geschichte mit dem verschwundenen Sprengstoff. Al Qaqaa - abgehakt. Verdrängt die Fehler und Fehlentscheidungen im Nachkriegs-Irak, das von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf Ali-Baba-Niveau heruntergespielte Phänomen der Plünderungen. Vergessen auch der unterschätzte Widerstand der Aufständischen oder das erschreckende Versagen der Besatzungmacht, für Sicherheit im "befreiten" Irak zu sorgen.

      Osama ex machina. Bushs Wiederwahlstrategen, angeführt von Karl Rove, können sich die Hände reiben. Die Oktober-Überraschung ist gelungen. Gottseidank nicht in Form eines neuen Anschlags, obwohl der noch bevorstehen mag. Sondern als werbewirksamer Wahlkampfauftritt, ein genialer Spot, perfekt getimed zu Halloween.

      Staatsfeind noch auf freiem Fuß

      Ja, Amerikas Staatsfeind Nummer Eins ist noch auf freiem Fuß, und es scheint ihm gut zu gehen, wo immer er sich aufhalten mag. Selbstbewusst und sarkastisch, aufrecht hinter einem Podium stehend, gestreng gestikulierend - was für eine Inszenierung. Der dritte Mann der drei Fernsehdebatten, Bush, Kerry, Bin Laden - ein Dreh mit Folgen.

      Da mögen Kerry und seine Leute zu Recht protestieren, dass der Al-Kaida-Chef, der sich nun auch klar zu den Anschlägen vom 11. September bekannt hat, seine Redezeit weit überzogen hat. Die Wirkung bei den Wählern wird eine andere sein. Ja, der Mann mit weißem Turban und Tunika und goldenem Umhang, der sich da an das amerikanische Volk wandte, hätte längst gefasst sein müssen. "Dead or alive", wie von George W. Bush alias John Wayne vor drei Jahren großpurig versprochen worden war.

      Mehr nutzen als Schaden für Bush

      Doch wer weiß schon, ob Kerry ihn gestellt hätte, und ob Bush und sein getreuer Knappe, Tommy Franks, ihn in Tora Bora wirklich entkommen ließen. Der Auftritt Bin Ladens ist keine Sternstunde für den Mann im Weißen Haus. Dennoch dürfte er ihm mehr nutzen als schaden.

      In der Stunde der Gefahr schart sich die Nation traditionsgemäß um ihren Präsidenten. Zwar enthält das Bin-Laden-Video keine konkrete Drohung, doch folgten derartigen medialen Inszenierungen des Al-Kaida-Chefs in der Vergangenheit häufig Terrorakte. Entscheidend ist die Verunsicherung, die er mit seinen Warnungen auslöst, das Klima der Angst, das er verbreitet, die Bilder vom 11. September, die er heraufbeschwört.

      Erinnerung an die Zeit der Geschlossenheit

      Alle Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Wähler ihre Sicherheit im Anti-Terrorkampf besser bei Bush aufgehoben sieht als bei Kerry. Da mag der Senator aus Massachusetts noch so energisch beteuern, er werde vor nichts zurückschrecken, um die Terroristen zur Strecke zu bringen. Die gemeinsame Erfahrung des 11. September, die kurze Zeit der Geschlossenheit der Nation von 9/11 bis Afghanistan ist nicht vergessen und überlagert, was danach kam.

      Irak und die vorgeschobenen Kriegsgründe, die abenteuerlichen Warnungen vor dem Atompilz, die Mär von den Verbindungen zwischen Saddam und dem 11. September, die Inkompetenz bei der Nachkriegs-Planung, die kürzlich sogar den eher konservativen Londoner "Economist" veranlasste, in seiner Wahlempfehlung für Kerry statt Bush zu votieren.

      Wenn die Angst vor dem Terror nicht wäre, sagte ein angesehener Wahlforscher diese Woche, hätte Bush keine Chance, wiedergewählt zu werden. Weniger als die Hälfte aller Wähler sind mit seiner Amtsführung einverstanden, knapp 50 Prozent sehen das Land auf dem falschen Weg. Mit Zahlen wie diesen habe noch nie ein Amtsinhaber die Präsidentschaftswahlen gewonnnen.

      Terrorangst: Große Unbekannte im Wählerwillen

      Die große Unbekannte, vor allem bei den unentschiedenen Wählern, sei der Terrorismus und sein Gefahrenpotential. Der Wahlforscher sprach vor dem Comeback Bin Ladens. Verglichen mit der Wahl vor vier Jahren hat Bush sein "Standing" vor allem bei Frauen mit Hauptschulabschluss, nicht parteigebundenen Wählerinnen und bei jenen verbessert, die ihm damals noch skeptisch gegenüber standen. Menschen, die regelmäßig zur Kirche gehen. Das sind 40 Prozent der Wählerschaft. Bei ihnen liegt Bush um 25 Prozent vor seinem Herausforderer.

      Kerry hat dagegen bei den jüngeren Wählern zugelegt, sowie bei Wählern mit Hochschulabschluss. Den Ausschlag könnte am Dienstag die Wahlbeteiligung geben. Steigt sie um mehr als zehn Millionen Wähler, käme das Kerry zugute. Und Bin Laden hätte den Kürzeren gezogen. Denn ohne Terrorangst und Kriegspsychose würde Amerika für den Wechsel votieren.

      31-10-2004
      Avatar
      schrieb am 02.11.04 08:16:38
      Beitrag Nr. 18 ()


      "Wichtigste Wahl des Lebens"

      George W. Bush trat am Ende in seiner Heimat Texas auf, Herausforderer John Kerry hielt seine Schlussrede in Wisconsin. In den Umfragen liegen beide Kandidaten gleichauf. Zum Auftakt der Wahlen siegte Bush in einem kleinen Dorf in New Hampshire

      Washington - Der US-Sender CNN und die Zeitung "USA Today" sahen in ihrer Umfrage Bush und Kerry landesweit bei jeweils 49 Prozent. Auf den parteilosen Kandidaten Ralph Nader entfiel ein Prozent. Das Meinungsforschungsinstitut der Marist-Universität sah Kerry bei 49 Prozent, Bush bei 48 Prozent.

      Kurz nach Mitternacht des heutigen Dienstags (Ortszeit) begannen die Präsidentschaftswahlen in den USA mit der Öffnung der Wahllokale in zwei kleinen Dörfern im Bundesstaat New Hampshire. Traditionell gingen die Wahlberechtigten in den Dörfern Dixville Notch und Hart`s Location bereits in den ersten Minuten des Wahltages an die Urnen. In Dixville Notch stimmten 19 Wähler für Bush und 7 für Kerry. Das teilte das Wahlbüro nach Auszählung der 26 Stimmen mit. In Hart`s Location bekamen Bush und Kerry jeweils 15 Stimmen, Nader eine.

      Bush schloss seinen Wahlkampf in fünf Staaten ab, ehe er in seinen Heimatstaat Texas zurückflog. Im hart umkämpften Ohio sagte Bush mit Blick auf den Verlust von 232.000 Arbeitsplätzen in diesem Staat seit seinem Amtsantritt, die Zeiten seien nicht einfach, aber "wir bewegen uns in die richtige Richtung".

      Ein Präsident müsse auch harte Entscheidungen treffen können und zu ihnen stehen. Sein Vizepräsident Dick Cheney sagte im traditionell demokratisch wählenden Hawaii: "Präsident Bush versteht den Krieg gegen den Terror und hat eine klare Strategie, um ihn zu gewinnen. John Kerry hat dies nicht."

      Kerry trat am Montag noch einmal in vier Staaten auf. Seinen letzten Auftritt absolvierte er in Wisconsin. "Die Welt schaut zu", sagte derdemokratische Politiker dort. Dies sei die "wichtigste Wahl in unserem Leben", rief der Senator seinen Anhängern zu. Er stehe bereit, um in einer Zeit der Terrorgefahr die Verantwortung zu übernehmen, hatte Kerry zuvor im ebenfalls umkämpften Florida angekündigt. "Ich glaube, wir können die Welt an die Seite Amerikas zurückführen", sagte er mit Blick auf die internationale Kritik am Vorgehen der USA im Irak.

      Angesichts der knappen Umfragen kommt der Wahlbeteiligung eine erhöhte Bedeutung zu. Der Leiter des Komitees zum Studium der Amerikanischen Wählerschaft (Committee for the Study of the American Electorate), Curtis Gans, schätzt, dass 117,5 bis 121 Millionen ihre Stimme abgeben werden - das sind 58 bis 60 Prozent der Wahlberechtigten. Vor dem Wahltag am Dienstag gaben schon mehrere Millionen Wähler in 32 Staaten vorzeitig ihre Stimme ab, darunter allein in Florida mehr als 1,8 Millionen.

      Auf den Präsidentschaftskandidaten mit den jeweils meisten Stimmen in einem Staat entfallen alle Wahlleute dieses Staates - deren Anzahl richtet sich nach der Bevölkerungsgröße. Für den Einzug ins Weiße Haus sind mindestens 270 der insgesamt 538 Wahlleute erforderlich. Neben dem Präsidenten wählen die US-Bürger auch alle 435 Mandate im Repräsentantenhaus sowie 34 von 100 Sitzen im Senat. Im Repräsentantenhaus stellen die Republikaner bisher 227 Abgeordnete und die Demokraten 205; ein Abgeordneter ist parteilos, zwei bisher den Republikanern gehörende Mandate sind vakant.

      In der zweiten Parlamentskammer stellen die Republikaner derzeit 51 Senatoren, die Demokraten 48. Ein Senator ist parteilos. Neu bestimmt werden 34 Senatssitze. Davon werden bisher 15 von Republikanern gehalten und 19 von Demokraten. In elf US-Staaten steht schließlich die Wahl des Gouverneurs an. Auch die Parlamente der Einzelstaaten werden neu gewählt, schließlich gibt es in mehreren Staaten auch noch Volksabstimmungen zu unterschiedlichen Fragen wie der Zulassung der Eheschließung für Homosexuelle.

      http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,326…
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      schrieb am 02.11.04 19:01:05
      Beitrag Nr. 19 ()


      "CSU-Kutti" kämpft für Kerry



      In Deutschland engagiert sich der Regensburger Politikstudent Bernhard Kuttenhofer für JU und CSU. Im US-Wahlkampf aber hat sich der 26-Jährige auf die Seite des demokratischen Herausforderers geschlagen und arbeitet in dessen Wahlkampfbüro in New Mexico. Seine Begründung: "Man muss etwas gegen George W. Bush tun."

      München - Begeisterung klingt anders. Wenn Andreas Scheuer, Bundestagsabgeordneter der CSU und Vorsitzender der Jungen Union im Bezirk Niederbayern, über das außergewöhnliche Engagement seines Parteifreundes Bernhard Kuttenhofer spricht, dann findet er es zwar, eigentlich, ganz wunderbar, "dass der Herr Kuttenhofer diese ausgezeichnete Möglichkeit für seine private und politische Weiterbildung" nutzt. Aber natürlich vergisst Scheuer nicht, umgehend klarzustellen: "Ich persönlich und auch die CSU hoffen, dass George W. Bush die Wahl in den USA gewinnt."

      Das sieht Bernhard Kuttenhofer, Student der Politik in Regensburg und Geschäftsführer der JU Niederbayern, allerdings ganz anders. "Ich glaube, dass es mit einem Präsidenten Kerry besser möglich sein wird, die drängenden Weltprobleme wie internationale Sicherheit oder Klimaschutz zu lösen", doziert der Student, der momentan nur schwer zu erreichen ist. Denn Kuttenhofer arbeitet Tag für Tag von neun Uhr morgens bis meistens weit nach Mitternacht im Wahlkampfbüro für John Kerry im US-Bundesstaat New Mexico. Von Albuquerque aus koordiniert er Hausbesuche bei potenziellen Wählern und organisiert Wahlveranstaltungen der Demokraten mit.

      Der Deutsche ist, könnte man sagen, eben einer von vielen tausend freiwilligen Helfern, die John Kerry der Demokraten bei seiner Kampagne zum Einzug ins Weiße Haus unterstützen - aber sicher einer mit sehr ungewöhnlichem politischen Background: Wer wie Kuttenhofer in einer der schwärzesten Regionen Deutschlands JU-Funktionär auf Bezirksebene ist, der CSU in Dingolfing angehört und über eine E-Mail-Adresse mit dem Kürzel "csu-kutti" zu erreichen ist, den würde man auf den ersten Blick sicher im Lager des erzkonservativen und religiös geprägten Titelverteidigers George W. Bush vermuten.

      "Ich repräsentiere nur mich selbst"

      Weit gefehlt. Kuttenhofer ist auch nicht, wie es sein JU-Chef Andreas Scheuer gern interpretiert, eher zufällig als Praktikant bei den Demokraten gelandet, sondern findet, dass "man etwas gegen George W. Bush tun muss". Schließlich, so analysiert der Regensburger Politologie-Student ganz staatsmännisch, habe es der US-Präsident fertig gebracht, "durch Unilateralismus und Säbelrasseln-Rhetorik fast alle Verbündeten gegen sich aufzubringen, trotz der Sympathiewelle gegenüber den USA nach dem 11. September".

      Um seinen Teil zu einem Machtwechsel in Übersee beizutragen, opfert Kuttenhofer sogar die ersten Wochen des neuen Semesters. Auch seinen Flug hat der JU-Aktivist aus eigener Tasche bezahlt, und abgesehen von freier Unterkunft und Verpflegung arbeitet er umsonst. Seine Motivation ist klar: "Wenn ich schon nicht für oder gegen den US-Präsidenten stimmen kann, der wie kein anderer Regierungschef das Weltgeschehen beeinflusst, will ich zumindest meine Unterstützung im Wahlkampf anbieten."

      Probleme mit der CSU, die in diesem Sommer noch eine offizielle Delegation zum Parteitag der Republikaner nach New York entsandte, befürchtet Kuttenhofer nicht. Seine Parteikollegen hätten ihm "viel Glück und Erfolg für meinen USA-Aufenthalt" gewünscht, versichert er und betont pflichtgemäß: "Ich repräsentiere hier keine Partei, sondern nur mich selbst." Nun ja, und vielleicht, wie Kuttenhofer listig hinzufügt, eben auch jene breite "Mehrheit der Deutschen", die allen Umfragen zufolge auf eine Abwahl von George W. Bush hofft - die letzten Werte lagen zwischen 70 und 80 Prozent.

      JU will Kutti auf den rechten Weg bringen

      Selten waren sich die Menschen bei einer Wahl in den USA hierzulande über alle Parteigrenzen hinweg so einig wie in diesen Tagen. Vor allem Bushs arrogantes Auftreten gegenüber Europa und der auf Lügen begründete Krieg im Irak haben ihm auch bei vielen deutschen Konservativen alle Sympathien gekostet - da befindet sich Bernhard Kuttenhofer beispielsweise in bester Gesellschaft mit dem Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler. In der CSU-Parteizentrale in München wollte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE niemand den Einsatz des jungen Parteimitglieds kommentieren.

      Möglicherweise haben auch im Hause Stoiber viele realisiert, dass man sich mit der Unterstützung von George W. Bush mittlerweile zum Außenseiter macht. Im Gegensatz zu seinem JU-Vorgesetzten Andreas Scheuer, der hofft, "dass wir den Bernhard Kuttenhofer noch auf den richtigen außenpolitischen Kurs bringen", befindet sich der Abweichler in Sachen Bush gegen Kerry genau in der Mitte der Gesellschaft - einen passenderen Repräsentanten Deutschlands im US-Wahlkampf kann man sich eigentlich kaum vorstellen. Natürlich sieht sich Kuttenhofer nicht selbst in einer derart hochtrabenden Rolle. In der heißen, letzten Wahlkampfphase kommt der Dingolfinger, den seine Mitstreiter wegen des unaussprechlichen Namens nur "Codie" rufen, ohnehin kaum dazu, seine eigene Bedeutung zu reflektieren. Abgesehen davon sorgt er sich um Moment weniger um sein eigenes Ansehen in der Heimat, sondern wundert sich, "welche Energie entwickelt wird, um auf legalem Wege zu versuchen, bestimmte Personen oder Schichten vom Wahlgang auszuschließen". Von Manipulationsversuchen hat "Codie" Kuttenhofer dagegen zumindest in New Mexico nichts gehört - vielleicht ein Grund dafür, dass er im Gegensatz zu allen Demoskopen völlig sicher ist, wer morgen als Wahlsieger feststehen wird: John Kerry natürlich.

      http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,326114,00.h…
      Avatar
      schrieb am 02.11.04 19:07:52
      Beitrag Nr. 20 ()
      Bush ist der bessere Präsident für die Wirtschaft und daher steigen auch die Aktienkurse. Daher wird Bush die Wahl gewinnen und das ist sehr gut so !
      Avatar
      schrieb am 02.11.04 20:43:11
      Beitrag Nr. 21 ()
      Daniela, wenn Bush verliert, trittst du dann zurück?

      :laugh::laugh::laugh:


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      Wahlen in den USA