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    Protokoll der Aktionärsveranstaltung vom 3. Dezember 2004 - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 17.01.05 17:25:15 von
    neuester Beitrag 25.01.05 18:11:12 von
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      schrieb am 17.01.05 17:25:15
      Beitrag Nr. 1 ()
      Protokoll der Aktionärsveranstaltung vom 3. Dezember 2004, 17:00 Uhr, Quelle : http://www.effektengesellschaft.de/Protokoll_031204.pdf

      im Ludwig Erhard Haus, Fasanenstr. 85, 10623 Berlin

      Holger Timm: Guten Abend, meine Damen und Herren, sehr verehrte Aktionäre,
      ich darf Sie recht herzlich zu unserer sechsten Aktionärsveranstaltung begrüßen und zunächst einmal die beiden Herren hier vorne vorstellen. Mein Name ist Holger Timm, die meisten kennen mich und meinen Kollegen Dr. Franke auch. Wir beide bilden den Gesamtvorstand der börsennotierten Berliner Effektengesellschaft, als deren Aktionäre Sie heute hier sind.
      Gleichwohl haben wir noch eine Reihe von anderen Funktionen. Herr Dr. Franke ist bei unserer Maklerfirma Berliner Freiverkehr auch im Aufsichtsrat vertreten. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der Berliner Wertpapierbörse AG und Vorsitzender des Börsenrats der Börse Berlin-Bremen. Er ist auch Vorstandsmitglied im Bundesverband der Wertpapierfirmen an den deutschen Börsen, in dem wir sehr aktiv sind. Dort begleiten wir intensiv die gesetzlichen Änderungen, die auf uns zukommen. Ich selbst bin außerdem Vorstand in unserer operativen Tochter, der Maklergesellschaft Berliner Freiverkehr, und Aufsichtsratsvorsitzender bei unseren anderen beiden Konzerntöchtern, nämlich der Consors Capital Bank bzw. Berliner Effektenbank und der Ventegis Capital AG. Somit können wir ein breites Spektrum Ihrer Fragen beantworten. Wenn es ins Detail geht, sitzen auch noch einige Mitarbeiter aus dem Konzern hier. Ich sehe Herrn Haesen, den Alleinvorstand der Ventegis Capital AG, und unser Leiter Konzernrechnungswesen ist auch hier, falls es zu sehr in die Zahlen gehen sollte. Wir werden also Gelegenheit haben, alle Fragen zu beantworten.
      Die meisten von Ihnen sind sehr langjährige Aktionäre, aber es können auch durchaus neue Aktionäre anwesend sein. Deshalb möchte ich Ihnen kurz erläutern, um was für eine Veranstaltung es sich hier handelt. Wir sind vor sechs Jahren, nachdem wir an die Börse gegangen sind, zu der Auffassung gekommen, dass wir einen engen Kontakt zu unseren Aktionären halten wollen und eine jährliche Hauptversammlung vielleicht zeitlich etwas knapp bemessen ist. Schnell konnten wir feststellen, dass das Angebot einer Aktionärsveranstaltung zum Jahresende in der Weihnachtszeit von den Aktionären gut angenommen wird und haben es deshalb beibehalten.
      Die Veranstaltung als solche ist recht formlos. Es gab keine förmlich veröffentlichte Einladung dazu. Wir haben die Aktionäre direkt angemailt oder angeschrieben, um diese Einladung auszusprechen. Es muss sich niemand mit seinen Aktien ausweisen bzw. nachweisen, dass er Aktionär ist. Insofern sind wir hier ganz zwanglos zusammengekommen.
      Unsere Gesellschaft ist eine Finanzholding mit drei operativen Gesellschaften. Es ist eine sehr komplexe Materie, aber es gibt langjährige Aktionäre, die sich sehr intensiv damit beschäftigt haben. Aus vielen schriftlichen Anfragen merken wir, dass sie sich schon sehr vertieft mit der Gesellschaft befasst und ein gewisses Know-how aufgebaut haben, aber auch ein großes Bedürfnis da ist, vertiefende Fragen zum operativen Geschäft, zu den gesetzlichen Rahmbedingungen und zu der Gesamtlage zu stellen. Die wollen wir, so weit wir können, offen beantworten. Hinweisen müssen wir aber auch darauf, dass wir uns in einem Geflecht von gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Publizität, Ad-hoc-Verpflichtungen usw. befinden. Wir dürfen und wollen keine Insiderinformation geben. Trotzdem können wir uns über viele Dinge hier vertiefend äußern. Wie in den letzten Jahren, wird es auch von dieser Veranstaltung eine Tonaufzeichnung geben. Ein zusammenfassendes Protokoll der Fragen und Antworten werden wir auf unserer Homepage veröffentlichen und anderen Aktionären, die heute nicht kommen konnten, zur Verfügung stellen, so dass kein Informationsdefizit entsteht.
      Eine Frage wurde mir gleich vorab von einigen gestellt: Warum unsere Frau Scholl nicht mehr da ist. Frau Scholl hat aus persönlichen Gründen ihre Tätigkeit bei uns aufgegeben. Wir haben eine großartige Nachfolgerin im Konzern gefunden, Frau Hughes, die auch immer für Sie da ist und die Sie heute kennen lernen können.
      Bevor wir in medias res gehen werde ich ein paar Fragen beantworten, die in der letzten Zeit an uns meist schriftlich gerichtet wurden: Zunächst einmal möchte ich vorausschicken, dass wir uns mit einer schriftlichen Beantwortung an uns gerichteter, tiefer gehender Fragen inhaltlich sehr schwer tun. Natürlich beantworten wir grundsätzlich jede Frage, aber letztlich werden unsere Antworten an den Aktionär immer ein wenig unbefriedigend sein, weil wir die gesetzlichen Anforderungen genau einhalten wollen und man böswilligerweise theoretisch in jeder über die offiziellen Ad-hoc-Mitteilungen hinausgehenden Aussage eine Insiderinformation erblicken könnte. Insoweit tun wir uns auch schwer mit den früher üblichen Hintergrundgesprächen mit Journalisten und haben unsere Pressearbeit stark reduziert. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind insgesamt sehr verschärft worden und dies gilt für alle Mitarbeiter und Bereiche der Gesellschaft.
      Den Corporate Governance Codex erfüllen wir voll und umfänglich. Wir waren immer der Auffassung, dass ein gesunder Kapitalmarkt vernünftig reguliert sein müsste, aber eine gewisse Überregulierung in einzelnen Bereichen kann man schon feststellen. Eine kleine Firma kann sich beispielsweise eine so genannte D&O-Versicherung (Directors and Officers Versicherung) überhaupt nicht leisten. Wir haben mit dem Aufsichtsrat offen diskutiert und sind der Auffassung, dass wir „wissentlich“ keine Fehler begehen, und glauben, das Risiko tragen zu können. Es gibt also bei uns im Konzern für die Directors and Officers, sprich die Aufsichtsräte und Vorstände, nur eine Rechtsschutzversicherung, damit wir ggf. wenigstens die Rechtsstreitigkeiten nicht selbst bezahlen müssen. Im Haftungsbereich gibt es bei uns keine Versicherung.
      Die Mitarbeiter trifft es natürlich auch. Die neuen Ausführungsrichtlinien zum Thema Insiderrecht/Marktmanipulation verschärfen sich enorm. Da muss man erst einmal sehen „Was ist denn erlebte Praxis?“. Für jemanden, der beruflich 100.000 Trades macht, wird es äußerst schwierig sein, sauber damit umzugehen. Teilweise ist es gar nicht so klar: Wo fängt eine Marktmanipulation oder ein Insidergeschäft an? Jeder hat vielleicht eine andere Vorstellung, was eine Insidertatsache ist. Das ist eine Definitionsfrage. Teilweise war es so, dass das, was wir originär tun, nämlich Skontroführung oder Märkte machen, schon als insiderrelevant angesehen wurde. Allein die Tatsache, dass unsere Mitarbeiter ja das Orderbuch sehen, wurde teilweise als Insidertatsache eingestuft. Das würde bedeuten, dass ein Skontroführer nicht handeln darf. Daher bitte ich um Ihr Verständnis, wenn wir uns schwer damit tun, schriftliche Auskünfte zu geben, die über das hinausgehen, was man in Ad-hoc-Mitteilungen, Quartalsberichten, Geschäftsberichten oder auf einer Hauptversammlung offiziell an die Öffentlichkeit gibt.
      Die Anzahl der Formblätter, die wir in unserem Hause täglich auszufüllen haben, können Sie sich nicht vorstellen. Der Betrag, der von unseren allgemeinen Verwaltungskosten anteilig allein dafür aufgewendet muss, um sämtliche gesetzliche Regelungen praktisch zu erfüllen, ist enorm hoch. Wir haben mehrere Prüferzimmer bei uns im Hause, die wir vorrätig halten müssen, die immer gebucht sind. Es gibt ständig Prüfungen, ob vom Bankenverband, Bundesaufsichtsamt für Finanzen, von der Landeszentralbank oder von Wirtschaftsprüfern. Wir müssen pragmatische Regelungen finden in den innerbetrieblichen Abläufen, damit wir den gesetzlichen Erfordernissen genügen, uns aber trotzdem irgendwie auf das Geldverdienen konzentrieren können. Das ist nicht ganz einfach.
      Eine weitere Frage, die in den letzten Monaten häufig gestellt wurde, betrifft unsere Ad-hoc-Meldung. Darin steht, dass wir ein „Letter of Intent“ abgeschlossen haben, weil wir eine Bank in Leipzig in unsere bestehende Banktochter integrieren wollen. Warum tun wir das? Was haben wir vor? Die setis-bank AG, von der ich rede, ist eine Tochter der Sächsischen Landesbank und ist oft durch die Presse gegangen im Laufe des Jahres. Es war klar, dass ihr Geschäftskonzept gescheitert ist. Natürlich kamen sorgenvolle Anrufe von Aktionären, warum wir denn so eine defizitäre Bank übernehmen wollen.
      Die setis-bank AG ist eine so genannte Wertpapierabwicklungsbank, die über moderne IT-Systeme verfügt. Das ganze Geschäftskonzept der setis-bank AG war darauf ausgelegt, für andere Banken und für externe Finanzdienstleister die Geschäfte abzuwickeln. Mit dem Geschäftsmodell ist sie gescheitert, weil sie als relativ kleine Bank so leicht andere Banken oder Finanzdienstleister nicht dazu bewegen konnte, über eine neue Adresse abzuwickeln. Aber eines hat die setis-bank AG richtig und gut getan – sie hat ein sehr zukunftsträchtiges Bankenabwicklungssystem entwickelt, das wir für unsere weitere Geschäftsentwicklung im Konzern sehr gerne hätten. Ich hatte bei der Hauptversammlung schon gesagt, dass wir hier einige Grundsatzentscheidungen getroffen haben im Hinblick auf die Wertpapierabwicklung, weil wir der Auffassung sind, dass eine günstige Wertpapierabwicklung wahrscheinlich der entscheidende Punkt für die Frage sein wird, wer die nächsten Jahre überlebt und wer letztlich scheitern wird. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir autark sein wollen.
      Letztlich ist das ja auch ein Grund gewesen, warum wir unsere alte Consors Capital Bank/ Berliner Effektenbank von BNP Paribas zurückgekauft haben: Weil sie über eine Wertpapierabwicklung verfügt. Es gab in diesem Jahr reichlich Restrukturierungsarbeit zu leisten und einen Neustart für die Bank. Trotzdem hat sie recht gut abgeschnitten. Unsere Bank muss jedoch eine andere Perspektive bekommen, sie muss onlinefähig werden. Wir haben dazu Geschäftsmodelle erarbeitet, von denen wir uns einiges versprechen, und wir wollen nächstes Jahr angreifen. Dazu braucht es eine Reihe von zukunftsträchtigen Funktionalitäten, die die derzeitige Software nicht hat. Mit der geplanten Einbringung der setis-bank AG können wir ein sehr zukunftsgerichtetes Abwicklungssystem so zu sagen „gratis“ dazu bekommen. Außerdem gab es in den letzten Jahren eine Patronatserklärung der SachsenLB, d. h. die Verluste der setis-bank AG werden zum Jahresende immer wieder aufgefüllt, und wir gewinnen eine Einheit mit einem intakten Eigenkapital. Die Rahmenbedingungen der geplanten Transaktion sind in dem „Letter of Intent“ bereits festgelegt. Bitte haben Sie aber Verständnis, wenn ich aus erwähnten Gründen hier und heute keine weiteren Details bekannt geben kann. Ich bin der Überzeugung, dass die BEG bzw. unsere Bank hier ein attraktives Geschäft abschließen kann und gehe davon aus, dass der „Letter of Intent“ schon bald in einen konkreten Vertrag umgesetzt werden kann.
      Wie Sie wissen, haben sich die Mehrheitsverhältnisse in der Berliner Effektengesellschaft zum Anfang des Jahres wieder geändert, indem ich als Teil-Management-Buyout unsere Gesellschaft von der französischen BNP-Gruppe wieder mehrheitlich übernommen habe. Wir müssen nun eine Menge Arbeit darauf verwenden, die alten Strukturen wieder herzustellen. Denn die alten Strukturen, mit einer Finanzholding und drei operativen Tochtergesellschaften aus verschiedenen Bereichen, waren so nicht mehr vorhanden. Wir werden zügig diese betriebsfähige Einheit wieder herstellen.
      Wir haben die Beteiligungsgesellschaft Ventegis Capital AG mehrheitlich zurück erworben. Es ist uns nicht ganz gelungen 100 % zu bekommen, aber knapp unter 95 %. Diese Beteiligungsgesellschaft war in früheren Zeiten ein ganz wichtiger Baustein beim Thema Investment Banking. Auch wenn es nicht so viele IPOs in letzter Zeit gegeben hat, haben wir uns im Konzern die Fähigkeit erhalten, Investment Banking für kleinere mittelständische Firmen anzubieten. Das können die verschiedensten Transaktionen sein: Private Placements, Notierungsaufnahmen, echte IPOs, Kapitalerhöhungen und Ähnliches. Es gibt viel Nachfrage und Bedarf bei den mittelständischen Unternehmen. Das findet in den verschiedensten Bereichen im Konzern statt: Wir haben eine Wertpapierhandelsbank als Tochter - sie kann gewisse Dienstleistungen erbringen, und wir haben eine Vollbank, die verschiedene Bereiche abdecken kann.
      In guten Zeiten, und wir hoffen ja alle, dass sie wieder kommen, kann der Hebel im Ertrag nur aus einer Beteiligung kommen. Das heißt, aus der reinen Dienstleistung bei irgendeinem IPO können Sie aus den Fees die Deckungsbeiträge in die Firma reinholen, aber der echte Hebel kommt natürlich nur, wenn man ein wirklich gutes Projekt hat und sich dort auch am Eigenkapital beteiligen kann. Der Hebel kann dann gewaltiger sein, und das war ein Grund, warum wir diesen dritten Baustein, die Beteiligungsgesellschaft, wieder haben wollten.
      In diesem Jahr waren wir auch ohne spektakuläre Meldungen natürlich nicht untätig, sondern haben weiter kräftig in unsere Infrastruktur investiert. Ganz, ganz wichtig sind die IT-Strukturen, die man heute als Finanzdienstleister hat, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Wir bemerken den Paradigmenwechsel in den Finanzmärkten, den wir lange vorhergesehen haben, jetzt ganz deutlich. Die Regionalbörsen werden sich nach dem Scheitern der Nasdaq Deutschland schwer tun. Das war der letzte Versuch, ein vernünftiges Marktmodell neben der Deutsche Börse zu etablieren.
      Sie haben vielleicht in der Presse gelesen, dass die Berliner Börse mit der Stuttgarter Börse zusammen an einem Projekt arbeitet, um ggf. ein neues Handelssystem aufzubauen. Natürlich wird es immer Nischenanbieter geben, aber der Mainstream wird künftig die Deutsche Börse AG sein, die den Präsenshandel perspektivisch in Frankfurt dicht machen wird. Spätestens übernächstes Jahr können Sie davon ausgehen, dass es nur noch eine einzige relevante - börsliche - Handelsplattform in Deutschland geben wird, und das wird Xetra sein. Wir stellen unsere gesamte Abwicklungs- und Preisstellungsstruktur darauf ein, damit wir Xetra künftig zusätzlich nutzen können, um unsere Preise zu zeigen bzw. unsere Dienstleistungen anzubieten.
      Sie wissen, dass wir immer Wert darauf gelegt haben, unabhängig zu sein und aus Abhängigkeiten von Börsen und anderen dritten Anbietern herauszukommen. Wir haben sehr stark in unser eigenes so genanntes electronic communication network (ECN) “TradeGate“ investiert. Es ist ein wesentliches Asset, weil wir im Aktienbereich keine außerbörsliche Konkurrenzplattform in Deutschland haben. Nach wie vor sind die außerbörslichen Plattformen in Amerika enorm erfolgreich und haben den traditionellen Börsen wie Nasdaq und New York Stock Exchange enorme Schwierigkeiten gebracht. Ich gehe ohne weiteres davon aus, dass in Amerika über 50 % auf diesen ECNs gehandelt wird.
      Der Optionsscheinmarkt macht vor, wie schnell der Wechsel zu außerbörslichen Handelssystemen gehen kann, denn im Optionsscheinmarkt wird heute 70 bis 80 % des Handels in Deutschland schon über außerbörsliche Systeme abgewickelt, ein großer Teil über ein System der Citibank, genannt „CATS-OS“. Wenige Geschäfte laufen eigentlich über die Börsen. Insofern sind wir mit TradeGate auf dem richtigen Weg. Nur eine Schwierigkeit werden wir nicht ändern können: Wir haben Kunden gewonnen, einzelne sogar für einen Direktanschluss, andere teilweise über CATS-OS. Aber wir werden den ganzen Markt mit TradeGate nicht erreichen. In der Marktbreite sind beispielsweise Sparkassen, Volksbanken usw., und an die kommen wir nicht heran, weil sie meistens über einen Abwickler gehen, der gar nicht so aufgestellt ist, dass er außerbörsliches Geschäft abwickeln könnte. Es wäre sehr teuer diese anzuschließen, und wir müssten enorm in Vorleistung gehen. Wenn wir den Gesamtmarkt mit Kunden inner- und außerhalb Deutschlands erreichen wollen, werden wir zusätzlich die Plattform Xetra benutzen müssen. Hier wiederum kommt es darauf an, wie günstig wir Geschäfte abwickeln können. Das ist eine Gefahr, in der die anderen Maklerfirmen sich auch befinden. Andere Maklerfirmen haben sich auf die Skontroführung fokussiert. Die Skontroführung in der Form wird es gar nicht mehr geben. In Frankfurt sind beispielsweise zur Mitte nächsten Jahres die Skontren im Amtlichen Markt und Geregelten Markt alle gekündigt. Jeder Trade auf Xetra kostet Geld in der Abwicklung. Wer keine eigene Abwicklung hat, ist in einer Abhängigkeit, bei der Geschäft sinnvoll nicht mehr möglich ist. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Wir erstellen für rund 7.000 Aktiengattungen laufend Geld- und Briefkurse. Wir stellen Kauf- und Verkaufskurse zur Verfügung sowie Liquidität im Markt
      – das ist unsere Dienstleistung. Zu einem geringen Teil leben wir von der Gebühr, die es an Präsenzbörsen gibt, aber zum größeren Teil leben wir aus dem rechnerischen Spread, der sich daraus ergibt. Das ganze ist Mengen getrieben. Die Preise, die wir laufend produzieren, können wir zeigen, wo immer wir sie wollen. Wir zeigen sie natürlich auf unserem eigenen System. Wir können sie an einzelnen Börsen zeigen und theoretisch auch auf Xetra. Nur an den traditionellen Börsen hat der Makler mit der Abwicklung der Geschäfte überhaupt nichts zu tun. Das ist etwas, was untypisch und international unbekannt ist. An den Präsenzbörsen wird jedes Geschäft über einen Makler vermittelt, und er erhält dafür eine Courtage. Wenn er sie nicht unmittelbar von Bank A an Bank B vermittelt, werden die Positionen zunächst offen gehalten und auf eine so genannte Makler-Aufgabenlisten gestellt. Das heißt, dass alle möglichen Geschäfte (Verkäufe/Ankäufe) auf dieser Liste sind, und es besteht zunächst einmal nur eine Handelsseite. Alle Makler in Deutschland haben über diese Aufgabenliste die Möglichkeit, 2 Tage bei Verkäufen und 3 Tage bei Käufen, dieses Geschäft zu schließen. Innerhalb von 2 oder 3 Tagen wird der Gegenpart für das Geschäft gefunden und auf dieser Aufgabenliste zusammengeführt. Beide Banken oder Marktteilnehmer wickeln diese Transaktion direkt gegeneinander ab. Das heißt: Der Börsenmakler ist buchstäblich nur als vermittelnder Makler tätig geworden und hat mit der Wertpapierabwicklung nichts zu tun.
      Die Wertpapierabwicklung ist aber eine teure Komponente. Xetra kennt eine solche Aufgabenliste nicht. Wenn auf Xetra Geschäfte abgewickelt werden, wird es nie eine Aufgabenliste geben, weil die Deutsche Börse AG eine internationale Strategie fährt und versucht, internationale Kunden zu gewinnen. Diese internationalen Kunden können nicht 2 bis 3 Tage warten, bis ein Kontrahent gefunden wird. Jedes Geschäft muss sofort kontrahiert und beliefert werden. Eine Börsenschlussnote kostet uns € 0,16. Eine Xetra-Abwicklung, wenn Sie über einen dritten Abwickler geht, kostet ca. € 3,-- oder mehr. Wenn es die Struktur der Präsensbörsen nicht mehr gibt und das große Geschäftsvolumen über Xetra gehandelt wird, wird ein Makler, der keine eigene Abwicklung und nicht äußerst günstige Konditionen hat, seine Tätigkeit nicht mehr ausführen können. Viele Makler haben in den letzten Jahren aufgegeben und nur wenige werden übrig bleiben.
      Ich bin der Überzeugung, dass wir uns für diese Anforderungen richtig aufgestellt haben und auch künftig Erfolg haben können. Auf der anderen Seite werden wir mit zusätzlicher Konkurrenz durch die Banken rechnen müssen. Die Commerzbank hat beispielsweise unlängst zu erkennen gegeben, dass sie gerne als Skontroführer in Frankfurt tätig werden würde. In dem Moment, wo das Geschäft von der Präsenzbörse auf Xetra herübergezogen ist, wird es andere Banken geben, die dieses Geschäft gerne machen. Wir haben uns aber darauf eingestellt und die Möglichkeit für Banken geschaffen, außerbörslich mit uns über TradeGate zu unschlagbaren Konditionen zu handeln. Wir haben auf TradeGate neben Cortal Consors, comdirect, S-Broker und MaxBlue kürzlich die sino AG gewonnen. Die sino AG ist ein kleiner Spezial-Broker mit wenigen, aber sehr aktiven Kunden.
      Ich denke, das waren die wichtigsten Antworten auf Fragen, die uns vorab gestellt wurden. Jetzt stellen Sie bitte die Fragen, die Ihnen auf dem Herzen liegen.

      Frage:
      Zu dem Zeitproblem der Kleinanleger, die abends außerhalb der Börsenzeiten elektronisch handeln möchten: Ob die Börsen eine Verlängerung der Handelszeiten vorsehen? Zum Beispiel in Frankfurt auf Xetra-Basis?

      Holger Timm:
      Das ist eine Frage für die Deutsche Börse: Sie hat die Handelszeiten für Xetra gerade zurückgefahren. Ich glaube auch, dass es so bleiben wird. Die Börsenhandelszeiten sind im Grunde zu lang. Sie müssen die Systeme offen halten, sie müssen die Handelsüberwachung haben usw. Für Börsen rechnen sich so lange Handelszeiten eigentlich nicht. Ironischerweise, die langen Handelszeiten in Deutschland verdanken Sie unserer Firma. Früher hatten wir drei Stunden Börsenhandelszeit. Unsere Gesellschaft hat als Erste im Berliner Freiverkehr damals den Antrag auf längere Handelszeiten gestellt. Die Motivation war einfach die, dass wir sehr stark waren im amerikanischen Handel. Wir wollten den Anschluss haben, um wenigstens teilweise -überlappend mit der Öffnung - in Amerika handeln zu können. Das hat später eine gewisse Eigendynamik entfaltet. Wir haben früher angefangen, weil wir das Geschäft von Frankfurt wegholen wollten. Die anderen Regionalbörsen sind uns natürlich gefolgt, und es war dann ein Kreislauf. Wirtschaftlich macht es keinen Sinn für Börsen, und ich glaube nicht, dass wir längere Handelszeiten wieder erleben werden. Aber das ist eine Chance für unser außerbörsliches Handelssystem. Ob unser Handelssystem länger läuft, macht bei uns auf der Kostenseite nicht so viel aus. Wir müssen nicht mit vollem Personal abends oder morgens anwesend sein. Wir fangen derzeit eine Stunde vor den Börsen an und handeln bis 10 Uhr abends, bis New York schließt.
      Dr. Franke: Guten Abend, meine Damen und Herren.
      Trotzdem wird die Frage im nächsten Jahr schon spannend, weil Sie vielleicht mitbekommen haben, dass man in Frankfurt ein neues Marktmodell anstrebt. Xontro, also das System, das auf dem Parkett genutzt wird und das Parkett bedient, wird mittelfristig durch Xetra abgelöst. Wenn das der Fall ist, fällt die bisherige Zweiteilung - längerer Handel auf dem Parkett und zeitlich geringerer Handel auf Xetra - nun zusammen. Mit anderen Worten wird die Frage gestellt: Bleiben uns auf dem Parkett die bisherigen längeren Handelszeiten erhalten, oder hört man um 17:30 Uhr auf? Das liegt m. E. ganz stark daran, wie sich der Handel überhaupt entwickelt. Ist der Private, das sind Sie, wieder mehr am Markt, oder bleibt es so wie im Augenblick, wo sich der Private relativ zurückhält? Dann bräuchte ich keine Handelszeit, die länger als 17:30 Uhr ist.
      Es bewegt sich in der Börsenszene nicht nur in Frankfurt etwas, sondern es bewegt sich auch an anderen Börsen etwas. Wir, die Berliner Freiverkehr, die sowohl in Frankfurt als auch in Berlin handelt, sind unmittelbar davon betroffen. In Berlin ist man mit Stuttgart dabei zu prüfen, ob es sich lohnt, ein weiteres neues Handelssystem einzurichten. Inzwischen ist man bei den Regionalbörsen zu der Ansicht gekommen, dass wir ein elektronisches Handelssystem brauchen, nicht nur ein elektronisches System, das den Handel unterstützt. Es hat längere Diskussionen mit Anbietern von solchen Systemen gegeben. Ein halbes Jahr wurde mit diesen Anbietern ein Handelsmodell erarbeitet. Jetzt gibt es noch die simple Frage: Macht man es, oder macht man es nicht? Man macht es dann nicht, wenn es zu teuer wird. Diese Frage ist im Augenblick noch nicht entschieden.
      Holger Timm: Zu dem Handelssystem: Es mag Ihnen merkwürdig erscheinen, wenn Sie sehen, wie teuer diese Handelssysteme sind, die die Börsen betreiben. Sie sind benachteiligt gegenüber einem kleinen System wie TradeGate, weil wir in Bruchteilen von Sekunden aktuelle Preise vorhalten können. Das kann bisher keine Börse, weil die Systeme dafür nicht gebaut sind, auch Xetra nicht. So aktuell wie unsere Quotes entstehen, können wir sie auf keiner Börse zeigen. Das ist insofern ein echtes Dilemma für die Börsen, speziell für die Regionalbörsen, die über kein vernünftiges System verfügen. In meinen Augen ist es wirklich tragisch, dass das Nasdaq Deutschland-Projekt nicht durchgekommen ist. Wir haben es damals stark unterstützt, ganz einfach weil wir es für wünschenswert hielten, wenn es eine ernst zu nehmende Konkurrenz zur Deutsche Börse gegeben hätte.
      Frage: Zu der Kursentwicklung in den letzten Monaten: Festgestellt wurde, dass der Boden für den Moment erreicht ist. Früher wurden Umsätze hauptsächlich in Berlin gemacht. Jetzt werden sie im Wesentlichen in Frankfurt gemacht. Haben Sie dafür eine Erklärung? Und sehen Sie das Unternehmen unterbewertet?
      Holger Timm: Dass die Umsätze in Frankfurt sind und nicht in Berlin, das ist mit allen Aktien so. Wir sind damals bewusst nach Frankfurt gegangen, weil es die Hauptbörse ist. Damit haben wir unser Leben lang schon zu kämpfen. Die meisten Bankberater schicken eine Order nach Frankfurt, weil sie da in der Argumentation gegenüber dem Kunden auf der sicheren Seite sind, selbst wenn sie eine schlechtere Ausführung bekommen.
      Zur Bewertung: Über die Bewertung von Aktien spekuliere ich nicht. Eines jedenfalls habe ich aus der letzten Boomphase gelernt: Es bringt nichts und ist nie unsere Strategie gewesen, sich als Vorstand damit zu beschäftigen, den Aktienkurs zu puschen oder zu promoten oder die Aktie irgendwelchen Leuten nahe bringen zu wollen. Die Zeit ist besser aufgehoben, wieder gute Geschäfte zu machen, dann geht es von ganz allein. Wir haben jetzt einfach eine Phase, wo kaum noch etwas umgeht. Dann kommt noch erschwerend hinzu, dass wir die Ventegis Capital zurückgekauft haben und möglicherweise einige Stücke aus dem Umtausch zur Unzeit in einem wenig liquiden Markt verkauft wurden.
      Wir haben uns nicht um den Aktienkurs gekümmert, aber das habe ich schon angedeutet. In diesem Jahr war kein großer Blumentopf zu gewinnen. Es wäre möglich gewesen, wenn das Jahr nach dem guten ersten Quartal so weitergegangen wäre, aber im Grunde ist es geschäftlich ein miserables Jahr gewesen, mit dem wir operativ noch ganz gut herauskommen. Auch dieses Jahr sind die IPOs nicht gekommen. Am Anfang eines IPO´s gibt es eine sehr hohe Umsatztätigkeit. An den ersten zwei, drei Handelstagen gehen 100 oder 200 % vom Grundkapital um und nachher flacht die Kurve ab. Am Ende haben sie dann tausende von Aktiengattungen mit einem gewissen Bodensatz im Umsatz. Gut verdienen können wir aber immer nur mit neuen Umsatztreibern und Impulsen. Im ersten Quartal dieses Jahres hatten wir z.B. gute Umsätze in chinesischen Aktien. Wir analysieren permanent sämtliche Börsendienste oder Hotlines, um neue Trends im Anlegerverhalten rechtzeitig zu erkennen und davon auch zu profitieren. Aber im Sommer kamen der hohe Ölpreis und die bevorstehende Wahl in Amerika, und wir haben die Zurückhaltung der Anleger gespürt. Schlimm trifft es uns auch immer dann, wenn sich das Handelsvolumen zu Gunsten der DAX-Titel neigt. Wir handeln zwar auch DAX-Titel, aber richtig Geld verdienen kann man damit nicht. Um daran Geld zu verdienen, müssen wir schon enorme Handels-Volumina haben. Für den Handel in DAX-Titeln ist ein Orderbuch getriebenes System wie Xetra im Grunde optimal und zusätzliche Liquiditäts-Provider wie wir überflüssig.
      Frage: Wie ist Ihre Einschätzung mit dem Wissen, das man heute hat, für das nächste Jahr? Mit dem politischen und konjunkturellen Umfeld, welche Prognose für Ihr Unternehmen würden Sie geben?
      Holger Timm: Zunächst einmal wird der Bilanzstandard gewechselt. Ab dem ersten Quartal nächsten Jahres müssen wir nach IFRS bilanzieren. Das könnte durchaus positive Effekte auf unsere Bilanz haben, weil wir immer nach HGB sehr konservativ waren. Ich kann Ihnen noch gar nicht sagen, was für Einmal-Effekte wir eventuell nächstes Jahr haben, wenn wir nach IFRS bilanzieren. Die Wirtschaftsprüfer werden schon genau sagen, ob wir nicht Frage: Positiv oder negativ?
      Holger Timm: Ein Beispiel: Wir haben noch eine Restbeteiligung an Ladenburg, die strategisch keine Rolle mehr spielt. Wir haben sie auf 0 abgeschrieben. Die Firma gibt es aber noch, und wir haben 4,5 Million Aktien. Es könnte sein, dass wir gezwungen sind, diese Aktien hoch zu schreiben.
      Ein anderes Beispiel: Falls die setis-bank als Sachkapitalerhöhung in die Consors Capital Bank einfließt, könnte sich auch für unsere Bankbeteiligung eine höhere Bewertung ergeben, als wir sie momentan in den Büchern haben.
      Operativ wird es so sein, dass bei Ventegis bestenfalls ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen sein wird, so lange es keine Exits gibt. Wenn ein Exit erfolgt, dann kann es bei Ventegis zu sprunghaften Gewinnen führen. Für das aufgebaute Portfolio bin ich recht optimistisch. Ich denke, dass wir nächstes Jahr wenigstens ein Exit sehen werden.
      Was die Freiverkehr betrifft, war das Jahr nach dem ersten Quartal schon enttäuschend. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Handelsvolumina in den nächsten Jahren nicht deutlich ansteigen werden. Das bedeutet, dass wir das Geschäft von anderen holen müssen. Trotzdem kommen wir in diesem Jahr operativ mit einem Gewinn heraus bei der Freiverkehr, und unter den beschriebenen Umständen bin ich eigentlich sehr zufrieden.
      In der Bank haben wir Pläne, ein neues Konzept aufzusetzen. Deswegen kaufen wir das neue Abwicklungssystem. Das ist vielversprechend für die Zukunft. Es wird aber in jedem Fall planmäßige Anlaufverluste geben. Wenn Sie eine Bank neu aufsetzen mit einer neuen Idee, mit einem neuen Konzept und wirklich in die Breite gehen wollen mit allen Online-Funktionalitäten usw., dann muss man sich mindestens für ein bis drei Jahre auf Verluste einstellen, die dann allerdings einkalkuliert werden.
      Dr. Franke: Sie sprachen das konjunkturelle Umfeld an, in dem wir natürlich eingebettet sind. Ich bin der Meinung, dass sich Anzeichen mehren, dass wir die Talsohle nun deutlich durchschritten haben. Mit anderen Worten: Es geht wieder aufwärts. Das liegt vielfach an der Psyche. Es gibt viele Dinge, die eigentlich sachlich einen Aufschwung rechtfertigen, die nicht richtig gewertet werden und die nicht richtig in den Köpfen sind. Es hat sich im Laufe der Zeit nun doch deutlich ein Wandel vollzogen, so dass nicht alles ständig negativ beschrieben werden muss, sondern dass man auch bewusst auf die Dinge hinweist, die zu Optimismus Anlass geben und dass die Denkweise sich langsam verändert. Wenn das der Fall ist, wird der Aufschwung nicht auf sich warten lassen.
      Kommentar: Das Geschäft, das die Freiverkehr generiert, sind natürlich Aktienumsätze. Die Anleger, die ausgebeutet worden sind, sind verbrannt und kommen nicht wieder.
      Holger Timm: Sie haben Recht, das ist ein Problem. Als gravierend sehe ich auch, dass der Handelsanteil sich von Aktien hin zu Optionsscheinen, Zertifikaten usw. wegbewegt. Inzwischen sind über 50 % der Umsätze in diesen derivativen Produkten. Und die handeln wir nicht. Die Anleger, die Sie meinen, sind nicht unsere Kunden. Der Anleger, der sich eine Aktie anlegt und ein paar Jahre hält, wie Sie, von dem leben wir doch nicht. Wir leben doch von den Zockern. Die sino AG, die ich bereits erwähnt habe, ist ein kleiner Online-Broker der kürzlich an die Börse gegangen ist und der mit wenigen 100 Kunden einen sehr ordentlichen Profit erwirtschaftet. Auch bei Consors gab es unter den 600.000 Kunden einzelne sehr aktive Kunden, die allein 50.000 Trades im Jahr gemacht haben. Das sind die Kunden, von denen wir leben.
      Wenn wir jetzt versuchen würden, die Derivate großer Emittenten zu handeln, dann müssten wir die Preisstellung dieser Emittenten noch zusätzlich verengen. Ein solches Geschäftsmodell wäre vom Risiko absolut nicht zu vertreten. Wenn wir uns von dem Kuchen derivativer Produkte etwas abschneiden wollen, müssen wir selber Produkte ausgeben. Wir müssen wieder innovativ sein und uns etwas ganz anderes einfallen lassen. Daran arbeiten wir auch, aber dazu kann ich Ihnen heute nichts sagen und auch nichts versprechen. Wir haben gute Produkte in der Pipeline. Aber es liegt nicht an uns, dass sie noch nicht da sind, sondern an den dafür zusätzlich benötigten Genehmigungen verschiedener Behörden.
      Frage: Aber, Herr Timm, keine neuen Emissionen mehr, nicht? Die Erfolgsstatistik bei IPOs war relativ mies.
      Holger Timm: Die IPOs, die wir gemacht haben, waren nicht besser und auch nicht schlechter als alles andere, was wir im Neuen Markt gesehen haben. Wir sind die IPOs vor dem Neuen Markt angegangen. Das war Risikokapital. Zu jedem einzelnen IPO, das wir gemacht haben, haben wir in dem Moment auch gestanden. Später haben Sie allerdings keinen Einfluss auf die Unternehmer.
      Kommentar: Zu dem Misserfolg von Achterbahn.
      Holger Timm: Zu Achterbahn stehe ich absolut. Es war etwas Innovatives und letztlich eine Filmfinanzierung. Achterbahn ist ein Medienunternehmen. Es gab etwa zehn Medienunternehmen, die nach Achterbahn an den Neuen Markt gegangen sind. Die waren alle schon weg, da gab es Achterbahn noch. Sie waren leider am Ende des Tages an Harry Potter kaputt gegangen, weil sie irgendwelche Lizenzen eingekauft haben. Nur, wir führen nicht Achterbahn und sitzen auch nicht im Aufsichtsrat. Wir haben kein einziges Unternehmen an die Börse gebracht, bei dem wir der Auffassung waren, dass es zu riskant für den Anleger ist. Es waren stets Unternehmen, von denen wir technologisch überzeugt waren und wir vor allem dem Vorstand vertraut haben. Wir haben auch viele Unternehmen abgelehnt. In der Phase, als es den Neuen Markt noch nicht gab, haben wir jeden Deal in Deutschland gesehen, die waren hier alle einmal in Berlin. Wir haben viele, viele Unternehmen weggeschickt, die andere dann noch an den Neuen Markt gebracht haben.
      Kommentar: Zu dem Misserfolg von Marine Shuttle.
      Holger Timm: Marine Shuttle war das bessere Konzept als Cargolifter. Cargolifter hat ein paar hundert Millionen eingesammelt bei den Anlegern. Marine Shuttle habe ich fast alleine privat zwischenfinanziert. Es stand eine Finanzierung von der WestLB für 160 Millionen, und es gab Vorverträge in Mecklenburg-Vorpommern, dass das Shuttle dort in den Werften mit staatlichen Subventionen gebaut wird. Gescheitert ist das Unternehmen letztlich daran, dass wir das notwendige Eigenkapital von rund 30 Millionen eben nicht mehr platzieren konnten. Wir haben es nicht mehr in den Neuen Markt geführt, sondern versucht, größere Konzerne als Partner zu gewinnen. Letztlich hatten wir leider keinen Erfolg, und ich persönlich habe sehr viel Geld verloren.
      Kommentar: Es ist viel daneben gelaufen und das Problem ist, dass das Geld verbrannt ist. Jetzt neue Anleger zu finden, wird verdammt schwer sein. Anleger vergessen nicht. Deswegen tut es sich schwer mit den ganzen neuen Emissionen.
      Holger Timm: Wir machen jetzt natürlich keine neuen „riskanten“ Emissionen. Es gibt genug Anfragen, aber die erste Neuemission muss einfach sitzen und insofern würde ich eher ein solides und relativ „langweiliges“ Unternehmen für unser erstes IPO bevorzugen.
      Frage: Können Sie durch die neue Bank keine neuen Kunden akquirieren? Gibt es keinen Kundenkreis, der für Sie ansprechbar ist?
      Holger Timm: Die setis-bank hat solche Kunden nicht. Sie bringt einen großen Kunden für die Geschäftsabwicklung mit, das ist die SachsenLB, die wir dann weiter abwickeln werden. Das ist erstmal ein großer Abwicklungskunde, aber kein Privatkunde in dem Sinne.
      Dr. Franke: Ich würde gerne noch einmal zum Thema IPO etwas sagen. Sie haben Recht, dass die IPOs 1) jahrelang überhaupt nicht da waren und 2) dass sie auch in diesem Jahr wesentlich weniger an der Zahl waren als ursprünglich erwartet worden ist. Aber die IPOs, die an den Markt gekommen sind, sind gut gelaufen. Mit anderen Worten, es gibt doch Privatanleger, die sich am IPO-Markt wieder orientieren.
      Holger Timm: Der Zusammenbruch des Neuen Marktes ist eigentlich eine Katastrophe für Deutschland. Die Unternehmen wurden künstlich aufgebauscht von einzelnen Banken, weil sie die Provision kassieren wollten. Ein kleines Unternehmen braucht keine 150 Millionen, um das Geschäft auszuweiten, sondern 2, 3 oder 4 Millionen, und die bekommen sie nicht mehr, auch nicht mehr als Fremdkapital. Das muss man einfach in Relation setzen mit dem, was in Amerika möglich ist. Die Nasdaq generiert kontinuierlich Geld für Unternehmen und für neue Unternehmensideen. Das ist wichtig für ein Land. An der Nasdaq sind auch hunderte von Unternehmen wieder verschwunden, Pleiten werden immer dabei sein. Trotzdem ist es wichtig, so einen Markt zu haben, den wir jedoch jetzt praktisch gar nicht mehr haben. Das ist für Deutschland schlimm.
      Kommentar: Das Problem ist auch, so wie ich es sehe, diese Selbstbedienung der Vorstände und Aufsichtsräte in Deutschland. Nach den letzten Statistiken verdienen die Vorstände ganz gut und die Aufsichtsräte auch. Teilweise haben sie 30, 40 Mandate. So kann es ja nicht sein. Und dann, wenn es einem Unternehmen schlecht geht, warum macht man es nicht so, und sagt: OK, ich lebe das Jahr vielleicht umsonst und mache eine 1 €Sache daraus. Ich arbeite nur für einen Euro und der Aufsichtsrat, der kriegt einen halben Euro.
      Holger Timm: Was ich davon halte, habe ich oft genug bei Hauptversammlung gesagt. Nur, Vorstände von solchen Unternehmen sind keine Unternehmer. Aber es gibt noch kleine Firmen, da sitzen die echten Unternehmer. Die kleinen Unternehmen leiden darunter. Ich zähle uns zu den kleineren.
      Kommentar: Ich staune, wenn ich höre, dass die Präsenz des Aufsichtsrats nur bei 50 % liegt. Damit kann man als Aktionär nichts anfangen. Es ist traurig.
      Holger Timm: Bei uns ist die Präsenz immer 100 %, bis auf Herrn Dr. Rexrodt, der in diesem Jahr leider verstorben ist. Bei unserem Aufsichtsrat können wir uns nicht beklagen, vor allen Dingen deshalb, weil wir einen aktiven und engagierten Aufsichtsrat haben.
      Frage: Hatten Sie InfoGenie auf den Markt gebracht eigentlich, oder Ventegis?
      Holger Timm: InfoGenie waren wir, glaube ich. Das waren Ex-Kollegen, die nicht mehr da sind. Insofern bin ich nicht mit dem Thema vertraut.
      Frage: Aus welchem Grund hatten Sie das 5 % Paket veräußert?
      Herr Haesen: Es gab ein Paket, das im Rahmen der Platzierung übernommen wurde, und es lag zum Schluss bei der Ventegis. Das wurde seinerzeit verkauft, als die InfoGenie den Geschäftsbetrieb komplett neu aufgesetzt hat. InfoGenie hatte Ende 2002 eine Rekapitalisierung im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung gemacht und in dem Zusammenhang einen neuen Geschäftszweck übernommen. Wir haben uns mit diesem Münchener Unternehmen sehr intensiv beschäftigt und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass das kein Modell war, in dem die Ventegis länger engagiert sein wollte. Deshalb haben wir die Aktien verkauft.
      Frage: Ich habe eine Frage zu der Börse. Wenn jetzt in Frankfurt die Handelszeiten kürzer werden, gibt es nicht die Möglichkeit für die regionalen Börsen wie Berlin, Bremen und Stuttgart, anschließend zu handeln?
      Dr. Franke: Das machen sie ja. Die Änderung in Frankfurt betrifft auch nur Xetra und auf Xetra handeln im Wesentlichen die institutionellen Anleger. Aus diesem Grunde, weil diese um 17:30 Uhr eigentlich fertig sind, braucht man keine längere Handelszeit. Das Parkett in Frankfurt wie auch bei allen anderen regionalen Börsen ist länger offen. Das hat aber für die regionalen Börsen kein neues Geschäft gebracht. Das liegt wiederum daran, dass der Privatanleger im Augenblick nicht so aktiv ist.
      Frage: Als Kleinanleger hat man, wenn wirklich nur noch auf Xetra zu handeln ist, die Chance, 1.000 Stück in einem Stück zu kaufen und nicht gleich drei Ausführungen zu kriegen? Und dieses Puschen funktioniert ja auch nicht. Sie können nur 1 x eingeben. Das nächste Mal ist es wieder weg, weil ein neuer Kurs entsteht. Das ist für einen Kleinanleger Verarschung.
      Dr. Franke: Sie haben völlig Recht. Aber im Augenblick arbeitet man an einem neuen Marktmodell, um gerade dieses Problem zu beseitigen.
      Holger Timm: Ich will jetzt nicht für die Deutsche Börse antworten, aber ich kann Ihnen sagen, dass das Modell wohl so aussehen wird, dass man bei den liquiden Gattungen wieder zu den Kassaspitzen zurückkehrt. Man will die großen Orders von den kleinen trennen. Der Makler soll dafür zuständig sein, dass sie die kleinen Orders komplett ausführen und dafür eine Vermittlungsprovision bekommen.
      Frage: Man hört so viel, dass eine ganze Menge Arbeitsplätze bei den Banken abgebaut werden. Wie sieht es bei Ihnen eigentlich aus? Haben Sie die Personalzahlen zurückgefahren oder arbeiten Sie noch mit dem gleichen Personalstand?
      Holger Timm: Wir arbeiten per Saldo ungefähr mit dem gleichen Personalstand. Hier und da ist einer gegangen, dann hat man ihn nicht gleich wieder ersetzt. Im letzten Jahr haben wir per Saldo einen Mitarbeiter weniger. Wir können natürlich nicht permanent Leute einstellen und wieder entlassen. Es sind qualifizierte Mitarbeiter, die wir halten wollen. Wir arbeiten sehr effektiv, obwohl wir einen viel zu hohen prozentualen Anteil Mitarbeiter haben, die Geld nicht verdienen, sondern die wir brauchen, um die gesetzlichen Erfordernisse zu begleiten. Aber auf diese Mitarbeiter können wir nicht verzichten. Grundsätzlich machen wir es so, dass wir lieber Mitarbeiter im Hause haben. Es ist immer noch besser, einen guten Mitarbeiter zu haben und den auch vernünftig zu bezahlen, als an Externe zu gehen. Insofern haben wir in allen Bereichen gute Leute. Gute Leute sollte man halten, auch in schweren Zeiten.
      Kommentar: Bei anderen Banken wird Personal abgebaut.
      Dr. Franke: Es wurde abgebaut. Inzwischen merkt man schon wieder, dass da und dort, wo das Geschäft besser geworden ist, Leute fehlen. Das liegt an der Zeitverzögerung, die genau das nicht mit berücksichtigen kann, was sich dann später entwickelt. Oft geht das Geschäft gerade dort, wo ich das Personal abgebaut habe, wieder nach vorne, und dann suche ich Leute.
      Holger Timm: Eine Einschränkung muss ich machen – die Consors Capital Bank. Als wir nur 15 % an ihr hielten, ist in Frankfurt die komplette Corporate Finance Abteilung mangels IPOs abgebaut worden, ca. 40 Leute. Im Konzern sind wir im Moment ca. 135 Mitarbeiter.
      Holger Timm: Ich bedanke mich für Ihr Interesse. Drücken wir uns die Daumen, dass nächstes Jahr ein gutes Jahr wird. Wir arbeiten an neuen Produkten. Wir arbeiten an einem komplett neuen Bankkonzept, dass wir im ersten Quartal vorstellen wollen. Ein Squeeze-Out ist nicht geplant. Wir arbeiten nicht daran, dass die BEG nicht mehr börsennotiert ist. Wir schätzen, dass wir börsennotiert sind und wollen es auch bleiben. Mit meinem Mehrheitserwerb war nicht der Plan verbunden, Kleinaktionäre in irgendeiner Form zu enteignen.
      Es würde mich sehr freuen, wenn Sie unsere Aktionäre bleiben.
      Frohe Weihnachten!
      Avatar
      schrieb am 17.01.05 17:52:23
      Beitrag Nr. 2 ()
      :cool:
      Avatar
      schrieb am 25.01.05 09:59:42
      Beitrag Nr. 3 ()
      hallo,

      ist eigentlich bekannt ? wann die geschäftszahlen
      für 2004 veröffentlicht werden?

      gruß ivan
      Avatar
      schrieb am 25.01.05 16:48:27
      Beitrag Nr. 4 ()
      wann wird der kurs wohl wieder steigen..?..:confused:

      vor einem jahr war er ja schon bei 8€..:)
      Avatar
      schrieb am 25.01.05 17:47:07
      Beitrag Nr. 5 ()
      ich persönlich glaube nicht daran, dass der so schnell steigen wird - nur so ein grosses Gefühl

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      Avatar
      schrieb am 25.01.05 18:11:12
      Beitrag Nr. 6 ()
      danke für deine einschätzung! :)


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