checkAd

    EZB muß Zinsen senken meint US-Ökonom Krugman - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 27.06.05 23:50:04 von
    neuester Beitrag 28.06.05 14:16:48 von
    Beiträge: 4
    ID: 989.748
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 214
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 27.06.05 23:50:04
      Beitrag Nr. 1 ()

      "Amerikaner stehen weiter links, als man denkt"

      [...]

      STANDARD:
      Werden Amerikaner zu niedrig besteuert?

      Krugman: Die US-Steuerquote beträgt etwa 27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Aber ein halbwegs gutes Sozialsystem braucht einen Staatsanteil von 35 Prozent oder mehr. Und die USA halten die öffentlichen Ausgaben auf eine Weise niedrig, die Private dazu zwingt, mehr auszugeben - etwa für die Gesundheit. Die Gesellschaft erspart sich nichts.

      STANDARD: Sind westeuropäische Steuerquoten von mehr als 40 Prozent zu hoch?

      Krugman: Nicht unbedingt. Es gibt in der EU keinen Zusammenhang zwischen Staatsausgaben und wirtschaftlichem Erfolg. Schweden hat eine Staatsquote von mehr als 50 Prozent, aber recht niedrige Arbeitslosigkeit. Erfolgreiche Modelle bieten Großbritannien und Kanada: wenige Arbeitslose und viel mehr soziale Sicherheit als die USA.

      STANDARD:
      Sie loben die Fed, aber warnen davor, dass die Blase im überhitzten US-Immobilienmarkt platzen könnte. Ist daran nicht die Fed mit ihrer Niedrigzinspolitik schuld?

      Krugman: Das ist ein Dilemma. Die Technologieblase ist im Jahr 2000 geplatzt, und um mit den Folgen fertig zu werden, hat die Fed Zinsen gesenkt. Das hat zur Immobilienblase geführt.
      Der Immobilienboom war nur als Überbrückung gedacht, bis die Unternehmensinvestitionen wieder anziehen, aber das ist nicht passiert. Grundsätzlich lag die Fed richtig, aber es sind unerwartete Probleme aufgetaucht. Die Häuserpreise sind irrational hoch. Das ist eine Gefahr.

      STANDARD: Macht die Europäische Zentralbank einen Fehler, wenn sie Zinsen nicht senkt?

      Krugman: Ich glaube ja, die EZB müsste mehr tun, um die Wirtschaft anzukurbeln. Sie verhält sich so wie Japan in den Neunzigerjahren, dort war man auch viel zu vorsichtig. Von Japan haben wir gelernt, dass man beim Platzen einer Blase energisch handeln muss, damit das Vertrauen nicht verloren geht.

      STANDARD:
      Ab die EZB sagt, die Probleme der EU-Wirtschaft sind strukturell bedingt.

      Krugman: Das stimmt nur zum Teil, denn die Konjunktur ist zu schwach. Die EZB glaubt offenbar, dass sich bei wenig Nachfrage Strukturprobleme leichter lösen lassen.
      Das Gegenteil ist wahr: Reformen werden einfacher, wenn die Wirtschaft gut läuft, denn sonst klammern sich die Menschen noch stärker an das, was sie haben. Und allein das Gerede über [...]


      STANDARD: Was ist die Aussicht für den Dollar angesichts des US-Leistungsbilanzdefizits?

      Krugman: Der Dollar muss fallen, vor allem gegenüber asiatischen Währungen. Das Defizit beträgt sechs Prozent des BIP, und die Faustregel lautet, dass für jeden Prozentpunkt Defizit die Währung um zehn Prozent sinken muss.
      Bei zwei bis drei Prozent wäre das Defizit schon stabil, aber auch das erfordert eine massive Abwertung. Das Grundproblem ist, dass die USA so schlechte Exporteure sind. Die Europäer sind darin so viel besser.

      Zur Person

      Bekannt ist der 52-jährige Paul Krugman vor allem als bissiger Kolumnist der New York Times, die er seit 1999 verfasst. Aber auch unter Ökonomen genießt er einen hohen Ruf. Der Absolvent von Yale und MIT ist einer der Mitbegründer der "neuen Handelstheorie" und Experte für internationale Finanzpolitik. 1991 erhielt er die renommierte "John Bates Clark Medal" für Topökonomen unter 40. Er unterrichtete in Yale, MIT und Stanford. Heute ist der Autor zahlreicher Bücher Professor an der Princeton University

      Bush-Kritiker Paul Krugman beim STANDARD-Interview in Wien: "Ich bin heute viel optimistischer als noch vor sechs Monaten."
      (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.06.2005)
      http://derstandard.at/?url=/?id=2088449
      Avatar
      schrieb am 27.06.05 23:59:21
      Beitrag Nr. 2 ()
      seh ich genauso, runter mit den zinsen
      Avatar
      schrieb am 28.06.05 08:51:24
      Beitrag Nr. 3 ()
      [posting]17.015.799 von kohelet am 27.06.05 23:50:04[/posting]Leider an falscher Stelle gekürzt, betr. Zeile vollständig:

      STANDARD: Ab die EZB sagt, die Probleme der EU-Wirtschaft sind strukturell bedingt.

      Krugman: Das stimmt nur zum Teil, denn die Konjunktur ist zu schwach. Die EZB glaubt offenbar, dass sich bei wenig Nachfrage Strukturprobleme leichter lösen lassen.
      Das Gegenteil ist wahr: Reformen werden einfacher, wenn die Wirtschaft gut läuft, denn sonst klammern sich die Menschen noch stärker an das, was sie haben. Und allein das Gerede über Reformen dämpft die Nachfrage noch stärker, weil jeder Angst vor ihnen hat.
      Avatar
      schrieb am 28.06.05 14:16:48
      Beitrag Nr. 4 ()
      Das ganze Interview:
      -----------------------------------------------------------------
      STANDARD: Sie sind einer der schärfsten Kritiker der Wirtschaftspolitik von George W. Bush. Aber wenn man aus Europa das Wachstum und die Arbeitslosenrate der letzten fünf Jahre in den USA anschaut, dann muss man doch zum Schluss kommen, dass Bush etwas richtig macht.

      Krugman: Die Federal Reserve hat sicherlich das Richtige getan, als sie ab 2001 die Zinsen so drastisch senkte. Auch die lockere Budgetpolitik war grundsätzlich richtig, wenn auch falsch in der Umsetzung.

      Die niedrige US-Arbeitslosenrate ist allerdings irreführend, denn die Beschäftigung im Privatsektor ist immer noch niedriger als vor vier Jahren.

      STANDARD: Und was ist die größte wirtschaftspolitische Sünde der Bush-Regierung?

      Krugman: Die Steuersenkungen, und vor allem die langfristigen. Diese gingen auf Kosten von allem anderen und kommen nur sehr wenigen zugute. Den 250.000 Amerikanern, die mehr als eine Million Dollar im Jahr verdienen, wurden insgesamt mehr Steuern erlassen als den unteren 60 Prozent der Bevölkerung. Das sind 120 Millionen Menschen.

      STANDARD: Werden Amerikaner zu niedrig besteuert?

      Krugman: Die US-Steuerquote beträgt etwa 27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Aber ein halbwegs gutes Sozialsystem braucht einen Staatsanteil von 35 Prozent oder mehr. Und die USA halten die öffentlichen Ausgaben auf eine Weise niedrig, die Private dazu zwingt, mehr auszugeben - etwa für die Gesundheit. Die Gesellschaft erspart sich nichts.

      STANDARD: Sind westeuropäische Steuerquoten von mehr als 40 Prozent zu hoch?

      Krugman: Nicht unbedingt. Es gibt in der EU keinen Zusammenhang zwischen Staatsausgaben und wirtschaftlichem Erfolg. Schweden hat eine Staatsquote von mehr als 50 Prozent, aber recht niedrige Arbeitslosigkeit. Erfolgreiche Modelle bieten Großbritannien und Kanada: wenige Arbeitslose und viel mehr soziale Sicherheit als die USA.

      STANDARD: Sie loben die Fed, aber warnen davor, dass die Blase im überhitzten US-Immobilienmarkt platzen könnte. Ist daran nicht die Fed mit ihrer Niedrigzinspolitik schuld?

      Krugman: Das ist ein Dilemma. Die Technologieblase ist im Jahr 2000 geplatzt, und um mit den Folgen fertig zu werden, hat die Fed Zinsen gesenkt. Das hat zur Immobilienblase geführt.

      Der Immobilienboom war nur als Überbrückung gedacht, bis die Unternehmensinvestitionen wieder anziehen, aber das ist nicht passiert. Grundsätzlich lag die Fed richtig, aber es sind unerwartete Probleme aufgetaucht. Die Häuserpreise sind irrational hoch. Das ist eine Gefahr.

      STANDARD: Macht die Europäische Zentralbank einen Fehler, wenn sie Zinsen nicht senkt?

      Krugman: Ich glaube ja, die EZB müsste mehr tun, um die Wirtschaft anzukurbeln. Sie verhält sich so wie Japan in den Neunzigerjahren, dort war man auch viel zu vorsichtig. Von Japan haben wir gelernt, dass man beim Platzen einer Blase energisch handeln muss, damit das Vertrauen nicht verloren geht.

      STANDARD: Ab die EZB sagt, die Probleme der EU-Wirtschaft sind strukturell bedingt.

      Krugman: Das stimmt nur zum Teil, denn die Konjunktur ist zu schwach. Die EZB glaubt offenbar, dass sich bei wenig Nachfrage Strukturprobleme leichter lösen lassen.

      Das Gegenteil ist wahr: Reformen werden einfacher, wenn die Wirtschaft gut läuft, denn sonst klammern sich die Menschen noch stärker an das, was sie haben. Und allein das Gerede über Reformen dämpft die Nachfrage noch stärker, weil jeder Angst vor ihnen hat.

      STANDARD: Bushs größtes Anliegen ist die Teilprivatisierung des Pensionssystems Social Security. Was treibt ihn dazu?

      Krugman: Es hat nichts mit einer Krise des Systems zu tun. Bush will nur privatisieren. Die größeren Probleme liegen im Gesundheitswesen, doch dort wäre eine Privatisierung politisch nicht durchsetzbar. Also lässt er die Finger davon.

      STANDARD: Aber auch die Pensionsreform ist unpopulär.

      Krugman: Die Amerikaner stehen wirtschaftspolitisch weiter links, als man denkt. Sie schätzen Social Security und sie wollen, dass der Staat eine Krankenversicherung garantiert. Doch in Washington wird die Debatte von mächtigen rechtskonservativen Thinktanks dominiert.

      Aber die Chancen auf eine Gesellschaftsreform in deren Sinne sind zuletzt stark gesunken, denn die öffentliche Meinung akzeptiert das nicht. Das Einzige, was Bush innenpolitisch bisher durchgebracht hat, waren die Steuersenkungen. Ich bin heute viel optimistischer als noch vor sechs Monaten.

      STANDARD: Hätte bei der Präsidentenwahl 2004 ein anderer Demokrat gewinnen können?

      Krugman: Wir hätten einen wahren Kämpfer gebraucht. Bei John Kerry war vor allem seine Irak-Position unklar.

      STANDARD: Und welche Chance hat Hillary Clinton 2008?

      Krugman: Viele sehen sie als radikale Feministin, dabei ist sie für meinen Geschmack schon fast zu konservativ. Ich hätte lieber einen Kandidaten, der wie ein Sozialdemokrat denkt und etwa die Korruption in den Unternehmen bekämpft. Hillary ist persönlich unglaublich charmant und angenehm, aber gerade das macht sie wohl unwählbar.

      STANDARD: Sind die Bilanzskandale nicht vorbei?

      Krugman: Die Gehälter der Unternehmenschefs, die inzwischen auf das 200fache eines Arbeitergehalts gesunken waren, ziehen wieder an. Enron, Tyco und Worldcom wurden zwar aufgearbeitet, aber das war nur ein kleiner Teil.

      STANDARD: Was ist die Aussicht für den Dollar angesichts des US-Leistungsbilanzdefizits?

      Krugman: Der Dollar muss fallen, vor allem gegenüber asiatischen Währungen. Das Defizit beträgt sechs Prozent des BIP, und die Faustregel lautet, dass für jeden Prozentpunkt Defizit die Währung um zehn Prozent sinken muss.

      Bei zwei bis drei Prozent wäre das Defizit schon stabil, aber auch das erfordert eine massive Abwertung. Das Grundproblem ist, dass die USA so schlechte Exporteure sind. Die Europäer sind darin so viel besser. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.06.2005)


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      EZB muß Zinsen senken meint US-Ökonom Krugman