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    Bitterer Zucker aus Brasilien - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 06.07.05 23:04:34 von
    neuester Beitrag 19.07.05 14:04:41 von
    Beiträge: 22
    ID: 991.734
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      schrieb am 06.07.05 23:04:34
      Beitrag Nr. 1 ()
      Markus Schöberl, Zuckerrübenexperte im Rübenbauernbund und zur Zeit in Brasilien unterwegs, hat an NR Hermann Schultes einen Bericht geschickt, der es verdient, öffentlich bekannt zu werden


      Hintergrund :

      Ziel der EU-Agrarreform ist die Reduktion der Zuckerproduktion von derzeit ca 120 % des europäischen Eigenbedarfs auf ca 60 % des Eigenbedarfs und Umstellung der Versorgung auf Importe aus Brasilien, das unter gegebenen Bedingungen eine weitere Verdoppelung der Rohrzuckerproduktion vornehmen wird.

      Eindrücke aus Brasilien

      Mail von: Markus Schöberl
      Gesendet: Samstag, 02. Juli 2005 01:07
      An: Schultes Hermann, Ing.

      Betreff: Eindruecke aus Brasilien

      Hallo Hermann,

      bin gerade mit der FAIRTRADE-Reisegruppe (Journalisten + Fairtrade Mitarbeiter)in Brasilien unterwegs. Am Beginn der Reise waren wir im Grossraum Recife (Pernambuco), eine der grossen Zuckerrohrzonen.

      Es ist wirklich erschütternd, was wir hier zu sehen bekommen haben. In der Region herrscht nur soziales Elend, das durch die Zuckerbarone entstanden ist.

      Wohin du auch schaust, du siehst nur Zuckerrohr. Früher war hier Regenwald, der dann abgebrannt wurde und nun von wenigen Grossgrundbesitzern beherrscht wird.

      Die Landbevölkerung wurde brutal vertrieben oder umgebracht, um die Zuckerrohrzone zu erweitern. Diese Bevölkerung dient heute den Zuckerbaronen zu Hungerlöhnen.

      Die Vertriebenen haben ihr Hab und Gut verloren, die Häuser wurden einfach mit Schubraupen dem Erdboden gleich gemacht.

      Nun leben, besser gesagt vegetieren, diese Leute am Strassenrand (oeffentliches Gut) in so genannten Camps. Das sind primitvste Hütten aus Holzstangen, die mit Plastikplanen bespannt wurden. Sanitäre Anlagen gibt es hier keine. Wasser natürlich auch nicht. Dafür aber Hunger, Unterernährung vor allem der Kinder, Krankheit und Durchfall. Ärztliche Hilfe können sie sich natürlich nicht leisten. Da brauchst wirklich gute Nerven, um das zu verdauen.

      Diese Menschen sind ausschliesslich auf Almosen angewiesen, die sind aber auch sehr spärlich und eher von Hilfeorganisatinen wie z.B. die CPT. Die Regierung gibt den Landlosen gelegentlich Nahrungsmittel, aber das ist so selten und wenig, dass es halt nur zum Sterben zu viel ist.

      Bei der Rohrernte können dann die ausgehungerten Landlosen bei den Zuckerbaronen zu Hungerlöhnen arbeiten, aber natürlich ohne ofizieller Anstellung und Sozialversicherung oder ähnliches. Jetzt ist mir auch klar, dass Zucker aus Brasilien praktisch in der Produktion nichts kostet und deshalb so billig auf den Weltmarkt geschleudert werden kann.

      Wenn wir uns in Europa auch einfach das Land des Nachbarn unter den Nagel reissen können, Arbeiter mit 2-3 Euro abspeisen, auf die Umwelt pfeifen dürfen, dann werden wir auch zu diesen Preisen produzieren können, das ist wirklich keine Kunst!

      Ich wuerde gerne einmal unsere Vertreter der EK (nennen wir sie halt einmal so) Urlaub in diesen Camps vermitteln, damit sie hautnah spüren, was WENIGER ALS NICHTS ist und was sie da mit ihrer Zuckerpolitik unterstützen.

      Denn eines ist klar: Brasilien freut sich schon auf die Dreiecksgeschaefte via LDC s, dass hört man hier überall, wenn man das Thema Zucker anspricht!

      Anstatt den Armen hier zu helfen, wird halt einfach weggeschaut. Auch eine Art von Politik! Die Europäische Kommission nennt das dann Entwicklungshilfe - sehr interessant!

      Wenn ich wieder zurück bin zeige ich dir die Fotos dazu.

      LG

      Markus Schoeberl

      [holler]

      http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1009114

      ----------------------

      Was ich überhaupt nicht versteh, ist, dass doch alle Sonntagsreden der Politiker immer das Leben der Menschen und die Umwelt verbessern wollen. Hier werden unzählige Arbeitsplätze aus Europa vernichtet, um wo anders die Menschen schamlos auszubeuten und den für das Klima ach so wichtigen Regenwald zu zerstören. Zucker wird deshalb in Europa für uns Verbraucher nicht billiger werden. Wer verdient also zukünftig auf Kosten des Klimas und der Lebensbedingungen Anderer? Kein Wort von unseren Grünen, warum so still? Wozu denn noch Katalysatoren, Ökosteuer.......? Was hat man unseren Europäischen Politikern nur geboten, damit sie sich darauf einlassen?
      Avatar
      schrieb am 07.07.05 02:32:45
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ich mußte mich zurückhalten, sonst hätt ich gekot..

      Übrigens laut Stern hat Prinz Charles 458.000€ EU-Subventionen bekommen.
      Avatar
      schrieb am 07.07.05 06:27:23
      Beitrag Nr. 3 ()
      ich möchte nicht wissen, was uns diese Reduktion der Rübenproduktion kosten wird :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 00:20:06
      Beitrag Nr. 4 ()


      Unter dem Motto "Über 70.000 Existenzen gehen in die Luft" fliegen mehrere hundert grüne Protest-Luftballons von niedersächsischen Bauern bei einer Demonstration gegen die Reform der Zuckermarktordnung durch die EU-Kommission vor dem Rathausplatz im niedersächsischen Uelzen zum blauen Himmel. Der Deutsche Bauernverband befürchtet durch die geplante Senkung des Zuckerrübenpreises den Verlust von Arbeitsplätzen in der Zuckerwirtschaft.

      Foto: Wolfgang Weihs / dpa

      http://www.n-tv.de/544.html
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 02:04:08
      Beitrag Nr. 5 ()
      Also der Beitrag in #1 hat mich stuzig gemacht!

      Denn es kamen so einige Fragen auf:

      1. War jetzt dort wo die Rübenfelder heute stehen Regenwald oder Land, daß der Landbevölkerung gehört hat und das sie bewirtschaftet haben?

      2. Was haben die Leute, die heute für 2-3 €uro arbeiten vorher gemacht?

      3. Wieviel sind 2-3 € in Brasilien? Was kann man sich dafür kaufen und wieviel braucht man?

      4. Wenn die Leute KEINE Arbeit für 2-3 € hätten, was würden sie dann machen und wie würden sie dann leben?

      5. gibt es 2-3 € in der Stunde, am Tag oder gar im Monat?


      Damit Ihr mich nicht falsch versteht:
      Ich will keine Ausbeutung verteidigen. Allerdings wird durch partielle und selektive Darstellung der Tatsachen oft Ausbeutung vorgetäuscht.
      Ich habe in Indien eine Einheimische Hilfsorganisation (Ein Women self employment center) in einem Slum besucht. Die Frauen, die allesammt eine traurige Geschichte hatten, fühlten sich dort sehr wohl, hatten Arbeit und etwas Geld, womit sie existieren konnten. Die Organisation war nicht Gewinnorientiert. Was erwirtschaftet wurde, ging an die Arbeiterinnen. Im Monat etwa 30 €!!!
      Und genau da wird es interesannt. Ihnen wird geholfen, sie werden nicht ausgebeutet, aber sie bekommen nur 30 €???
      Mit den 30€ sind sie auch in Indien nicht wohlhabend. Aber sie können ihr Leben in Würde leben.
      Jeder Mensch, der dort Arbeit bekommt, dem ist geholfen.
      Beschäftigt dort eine Ausländische Firma Leute und bezahlt nur 100 € im Monat, dann gilt sie unter vielen Leuten in unserem Land als Ausbeuter. Aber die Personen, die dort arbeiten schicken von den 100€ oft noch Geld in das Dorf der Familie. Und die Existenz einer Familie ist gesichert und der Lebensstandard verbessert.
      Was ich damit sagen will:
      Ohne Hintergrundwissen über die Tatsächliche Situation kann man die Aussagen des Postings in Nummer 1 nur schweer bewerten.

      Ein Fortführen des Protektionismusses und des schädigen des Weltmarktes kann aber nicht die Lösung der Probleme in armen Ländern sein. Diese werden dadurch höchstens noch verstärkt.

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      Avatar
      schrieb am 18.07.05 07:57:40
      Beitrag Nr. 6 ()
      Tja, da hat die deutsche "Zuckerrübenmafia" mal wieder ganze PR-Arbeit geleistet...
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 12:13:31
      Beitrag Nr. 7 ()
      #1

      " Zuckerrübenexperte im Rübenbauernbund "

      solche Leute wollen doch nur die irre hohen Agrarsubventionen für EU-Zucker verteidigen.

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 13:10:37
      Beitrag Nr. 8 ()
      #7

      Agrarsubentionen müssen bezahlt werden
      und sowas muss jeder Steuerzahler finanzieren.

      z.B. ist der deutsche Benzinpreis deshalb so hoch
      weil 70% davon Steuerabgaben sind.

      ich zahle gerne einen hohen Benzinpreis
      damit
      Steinkohle und Zucker subventioniert wird.

      man sollte immer erwähnen wie eine Subvention
      finanziert wird.

      oder man erhöht die MWST damit man weiter
      schön Subventionen zahlen kann.
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 13:12:11
      Beitrag Nr. 9 ()
      wie wird eigentlich ein arbeiter oder angestellter in umkämpften branchen ohne subevention, die diskussion um soziale gerechtigkeit sehen, wenn er seinen job wegschwimmen sieht, und andere branchen fröhlich sobventioniert überleben?
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 13:12:31
      Beitrag Nr. 10 ()
      "u"
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 13:18:00
      Beitrag Nr. 11 ()
      #8 es sind keine 70 % Steuern auf den Benzinpreis.

      Absoluter humbug
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 13:31:18
      Beitrag Nr. 12 ()
      .....Nun ist Zucker kein lebensnotwendiges Lebensmittel. Es wäre daher tatsächlich sinnvoll, die Stützungen nach und nach zu reduzieren und dafür den Anbau notwendiger Produkte zu fördern. Aber genau daran wird in Brüssel nicht gedacht. Es geht nur um eine Verlagerung der Probleme nach aussen. Herr Fischler rechnet vor: Zu den 20 Millionen Tonnen, die Europa jetzt produziert, liegen schon 4 Millionen «über Bedarf». (Ein altes Problem: 1992 türmten sich wahre Überschussgebirge von 30%, 1987 waren es sogar 36%). 1,4 Millionen kommen durch Sonderverträge mit den AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) in die EU. Mindestens 6 Millionen Import sind über die LDC-Verträge zu er erwarten. Fischler: «Wenn man da nichts macht, explodiert das System.»

      Was Franz Fischler nicht sagt: All das dient nur der Förderung von riesigen Monokulturen und der Agrarindustrie, deren Hauptnutzniesser nicht die Armen in den LDC sind, sondern die Reichen. Das Manöver dient nur dem Senken des Zuckerpreises auf «Weltmarktniveau». Was das bedeutet, kann nicht einmal ein Fischler leugnen: «Wenn man die EU-Landwirtschaft dazu zwingt, sich in Konkurrenz zum Rest der Welt zu stellen, dann steht der Bauer auf verlorenem Posten.»4 Zuckerrohranbau sei, so Fischler, gemessen am Output, immer ökonomischer als Rübenanbau. Und dann würde auch die vergleichsweise kleinteilige europäische Landwirtschaft nicht gegen Grossbetriebe reüssieren können.

      Und die sitzen zum Beispiel dort, wo man von der EU vehement «Weltmarktpreise» und ein Ende der Förderung der Landwirtschaft fordert: in den USA.
      Unter 500 Hektar braucht man in den Staaten gar nicht anzufangen. Elf Millionen europäischer Bauern produzieren etwa gleich viel wie zwei Millionen US-Farmer! Ohne Agrarförderung hätte man laut Fischler schnell fünf Millionen Arbeitslose. Man darf wohl hinzufügen: mindestens.

      Blairs Bauernkrieg
      Man kann es nicht fassen, aber genau diese Ignoranz charakterisiert die Agrarpolitik der EU seit ihren Anfängen. Es ist geradezu ihre besondere Spezialität, eine nicht zukunftsfähige Landwirtschaftspolitik zu betreiben. Die Brüsseler Bürokraten führen schon lange einen regelrechten Krieg gegen unsere Bauern - und sägen damit fleissig an dem Ast, auf dem wir alle sitzen.

      Seit Anfang der 90er Jahre bietet sich überall in Europa das gleiche Bild: Hart am Rande des Bauernkriegs kämpfen die Landwirte um ihre Existenz. Der Fall José Bové zeigt, wohin Bauern kommen, wenn eine verantwortungslose Politik ihnen die Existenz rauben will: ins Gefängnis. Der Aktivist musste bisher viermal einsitzen, unter anderen wegen des Ausreissens gentechnisch veränderter Pflanzen.

      Die EU gibt derzeit im Jahr 40% ihres Budgets von insgesamt 106 Milliarden Euro (2005) für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) aus. Wenn man bedenkt, dass diese enorme Summe bisher zu einem erklecklichen Teil in industrialisierte Landwirtschaft, sinnlose Überschussproduktionen, Bevorzugung von Grossbetrieben und Agrarindustrie, Exportstützungen (samt Milliardenverlusten durch Subventionsbetrug) und ähnliche Absurditäten gesteckt wurde, macht es schon Sinn, dieses System in Frage zu stellen. Nur etwa 1% wird für umweltgerechte, extensive Landwirtschaft ausgegeben.

      Geht es um die EU, muss man besonders aufpassen, wer vor welchem Hintergrund seine Vorschläge macht.

      Zur «Lösung» der Budget-Krise 2005 hat der britische Premier Blair nonchalant vorgeschlagen, auf den sogenannten Briten-Rabatt zu verzichten, wenn im Gegenzug der EU-Etat so umstrukturiert wird, dass nicht mehr 40 Prozent aller Mittel in die Landwirtschaft gepumpt werden. So kolportierten es die meisten Medien - falsch.

      Um zu verstehen, worum es geht, muss man etwas zurückblicken. Den Briten-Rabatt in der Höhe von 4,6 Milliarden Euro hat seinerzeit Premierministerin Margret Thatcher unter der Devise «Ich will mein Geld wieder» ausgehandelt. Sie hatte sich damit unter die anderen Vernebelungskünstler der Politik eingereiht, welche die Öffentlichkeit glauben machen wollen, das von einem Nettozahler-Land in den EU-Topf eingezahlte Geld müsse auch wieder zurückkommen. Das sind natürlich nur Rosstäuschertricks, um die Bevölkerung zu beschwichtigen, die nicht versteht, warum dringend im eigenen Land benötigtes Geld in andere Länder transferiert wird. Nein, das Geld ist selbstverständlich zu einem guten Teil perdu. Ausser für die Briten eben.

      Blairs Vorschlag bedeutet, dass die europäischen Bauern endgültig Weltmarktpreisen ausgesetzt werden, die sie allesamt ruinieren, sogar grosse Betriebe. Daher versuchte der französische Präsident Jacques Chirac, Blair allein den schwarzen Peter zuzuschieben: Die Engländer hätten erst ihre Landwirtschaft fallengelassen, dann ihre Industrie. Heute gehe es ihnen nur wegen ihrer «Immobilien- und Finanzblase» und ihrer Autonomie bei der Versorgung mit Öl und Gas aus der Nordsee so gut.

      Natürlich haben die französischen Regierungen Mitschuld am Bauernsterben. Aber Überheblichkeit und Ignoranz der britischen Regierung sind unüberbietbar. So erklärte Grossbritanniens Vizepremier John Prescott, es könne nicht sein, dass «drei Milliarden Menschen mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen müssen, während eine europäische Kuh 2,50 Dollar erhält». Es sollte in Menschen statt in Kühe investiert werden. Eine Manipulation der Sonderklasse. Warum veranstaltet Herr Prescott nicht eine Gegenrechnung mit den Kosten des Irak-Krieges?


      Auf die Wahrheit hinter Blairs Vorschlag wurde bisher nur in wenigen Medien hingewiesen. Es ist nämlich in Wirklichkeit so, dass keineswegs ein Verzicht auf den Briten-Rabatt verlangt wurde. Es ging vielmehr um ein Einbremsen seiner Steigerung in den nächsten Jahren.

      Der glücklose Luxemburg-Premier Jean Claude Juncker hatte für die Budget-Periode 2007 bis 2013 eine Deckelung des Briten-rabatts auf 5,5 Milliarden Euro vorgeschlagen, denn mit den jährlichen Erhöhungen des EU-Budgets hatte der sich bis 2013 von derzeit 4,6 auf über 7 Milliarden Euro erhöht! Blair war hingegen nur zu geringfügigen Kürzungen bereit und verlangte dafür die besagte Kürzung der Agrarförderung.

      Blair kennt natürlich die landwirtschaftlichen Strukturen in Europa. Er weiss, dass die Franzosen am meisten von den Agrar-Förderungen profitieren. Er will Frankreich treffen: Eine Entente cordiale der langen Messer. Und Blair kann sich erinnern, dass er im Oktober 2002 im Brüsseler Hotel Conrad zustimmte, dass bis 2013 die EU-Agrarausgaben 43 Milliarden Euro nicht übersteigen dürfen, dass sie also de facto eingefroren werden, wofür er im Gegenzug durchsetzte, dass die Hilfe auch für profitable Grossbetriebe erhalten bleibt. Unter den fröhlichen Nutzniessern: die Queen und Prinz Charles. Mehr als 1 Million Euro kassiert die königliche Familie pro Jahr an EU-Agrarförderungen für ihre riesigen Landgüter.

      Und Premier Blair weiss natürlich, dass in Grossbritannien die durchschnittliche Betriebsgrösse in der Landwirtschaft wesentlich höher liegt als in den allermeisten anderen EU-Ländern. Und er weiss, dass die Kleinen nur mit staatlicher Unterstützung überleben können.

      In der EU lag die durchschnittliche Betriebsgrösse 2001 bei 19 Hektar, in Grossbritannien bei rund 70 Hektar! In Portugal, Italien und Griechenland haben rund drei Viertel der Betriebe unter 5 Hektar, während in Grossbritannien ein Drittel der Betriebe in die Grössenklasse 50 Hektar und mehr fällt - eine Grössenklasse, die in den anderen EU-Staaten nur einen kleinen Anteil ausmacht. Die mittlere landwirtschaftliche Nutzfläche liegt in Portugal bei 8,2, in Italien bei 8,4 und in Griechenland bei 4,2 Hektar.5 Zum Vergleich: In Deutschland liegt die durchschnittliche Betriebsgrösse bei 35, in Österreich bei 13,6 und in der Schweiz bei 16,8 Hektar.

      Bauernsterben: kuschen oder krepieren
      «Die EU beschleunigt das Bauernsterben in einem enormen Tempo: Alle zwei Minuten geht in der ÐGemeinschaftð ein Hof kaputt. Insgesamt werden jedes Jahr 350000 Höfe oder 500000 Arbeitsplätze vernichtet. ÐDas Bauernsterben ist nur die Vorhut des Arbeitersterbensð, sagt der österreichische Agrarexperte Heinrich Wohlmeyer.» Das habe ich im März 1994 geschrieben.

      Schon 1974 hat der österreichische Agrarexperte Alfred Haiger geschrieben: «Jeder Staat muss sich seine Grundnahrungsmittel auf der Basis der natürlichen Bodenfruchtbarkeit und einer artgerechten Tierhaltung selbst erzeugen und gleichzeitig die gewachsene Kulturlandschaft pflegen.»6 Gegen diesen kultivierten und vernünftigen Grundsatz wird in der EU von Anfang an vehement verstossen.

      Die von seiten der EU vorgelegten Daten sind ebenso dürr wie entsetzlich: Im Zeitraum 1975 bis 1995 sind mehr als 1,4 Millionen landwirtschaftliche Betriebe in Eu-ropa aufgegeben worden. Besonders 1980 bis 1995 sank die Zahl der Betriebe in ganz Europa drastisch, in Belgien, Luxemburg, Dänemark und Frankreich sogar um mehr als 40%.7 Diese beispiellose Konzentration der landwirtschaftlichen Betriebe sei eine Folge «der Landflucht und der Industrialisierung der europäischen Gesellschaften» - meint der EU-Statistiker Michel Poiret. Zwischen 1990 und 1995 sei noch hinzugekommen, dass viele Landwirte das Rentenalter erreichten oder eine Beihilfe für die Aufgabe ihrer Tätigkeit erhielten. Poiret: «Im besagten Zeitraum gaben im Europa der zwölf über eine Million Landwirte ihre Tätigkeit auf, das entspricht mehr als 550 Betriebsaufgaben pro Tag! Diese Tendenz setzte sich seit 1995 fort.»

      Da haben wir`s also: Alles andere war schuld, nur nicht die verfehlte Agrarpolitik der EU und der WTO, die Industrialisierung und «Weltmarktpreise» durchpeitschen und den Landwirten nur eine Botschaft hinterlassen, bevor sie sich kriegerischer Machtpolitik zuwenden: wachsen oder weichen, kuschen oder krepieren.

      Eine starke Reduktion der Förderungen à la Blair würde dazu führen, dass die Landwirtschaft in den europäischen Ländern mit kleinräumiger Struktur - und das sind die meisten - nicht mehr überlebensfähig wäre.

      Verfechter einer industriellen Landwirtschaft könnten einwenden, dass mit dem Untergang der Kleinstrukturen nur die Betriebsgrössen nach oben verschoben würden. Die Grossbetriebe siedeln sich aber ausschliess-lich in industriell leicht bestellbaren «Gunstlagen» an. Das würde aber nicht nur den Untergang ganzer Kulturlandschaften, vor allem in den Berglandgebieten bedeuten, von deren Ausmass und Folgen sich solche Leute keinen Begriff machen können, es würde auch zu mehr Gift- und Gentechnikeinsatz in der Lebensmittelerzeugung führen, mit enormen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung. Der ohnehin triste Arbeitsmarkt würde zudem mit Hunderttausenden weiteren Arbeitssuchenden überschwemmt werden.

      Und noch etwas sehr Gravierendes käme hinzu: Wenn alles auf industrielle Landwirtschaft zugeschnitten ist, wird die Lebensmittelproduktion noch energieabhängiger. Was das in Zeiten rapid steigender Ölpreise und in absehbarer Zeit (etwa in 20 Jahren) heute noch unvorstellbarer Ölverknappung bedeutet, ist nicht schwer zu verstehen, wird aber verdrängt. Das Bauernsterben ist ein Teil der Bedrohung menschlicher Existenz auf diesem Planeten, die ich in meinem Buch «Paradies oder Weltuntergang - wir haben die Wahl»8 beschrieben habe.

      Schon heute ist die Situation äusserst besorgniserregend
      In Österreich stirbt alle 78 Minuten ein landwirtschaftlicher Betrieb. Seit 1990 musste in Österreich jeder dritte Bauernhof dichtmachen. Durch den EU-Beitritt 1994 wurde das Tempo des Bauernsterbens noch wesentlich verschärft. Vor 15 Jahren gab es noch 281000 Agrarbetriebe. 1999 waren es 218000. Heute sind es nur noch 180000. Mehr als 60% davon werden als Nebenerwerbsbetrieb ohne Zukunftsperspektive geführt.

      In Deutschland ging die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe (ab 2 Hektar) von 410000 im Jahr 2001 auf 388100 im Jahr 2003 zurück. 2004 kam es zu einer dramatischen Entwicklung wie nie zuvor: Allein in diesem Jahr mussten 15700 bäuerliche Betriebe schliessen, Zahlen, die als «gröss-tes Bauernsterben in der Geschichte» bezeichnet wurden. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, dann gibt es in Mitteleuropa bald keine Bauern mehr, sondern nur noch Agrarfabriken.

      Alle Bauern, Biobauern, ebenso die konventionell wirtschaftenden Landwirte erhalten zuwenig Geld für ihre mühsam erzeugten Produkte. Landwirte erzeugen unsere Lebens-Mittel, unsere Mittel zum Leben - aber wir bezahlen sie nicht fair.

      Vor 40 Jahren gaben wir noch 40 Prozent unseres Einkommens für Lebensmittel aus, heute noch etwa 10 Prozent. Für unsere Autos ist uns nichts zu teuer. Urlaub, «Events», Partys, Fit&Fun sind den meisten wichtiger als ihre Lebensgrundlagen.

      Eine grandiose politische Fehlleistung
      «Der Krieg gegen die Bauern in der EU hat eine lange Geschichte. Sie setzt nicht auf den Ðbäuerlichen Familienbetriebð, sondern auf die Industrialisierung der Landwirtschaft. Die Eurokraten nennen das zynisch ÐStrukturbereinigungð. Landwirte, die weniger als 80 bis 100 Hektar bewirtschaften, haben kaum Überlebenschancen. Bei Milchbauern liegt die Überlebensgrenze bei etwa 35 Kühen.»

      Mit dieser Warnung bin ich schon im März 1994, also vor der EU-Abstimmung, an die Öffentlichkeit gegangen. Die Medien haben darüber kaum berichtet. Auch nicht über die Erklärung des österreichische Agrarexperten Heinrich Wohlmeyer: «Das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung spricht von einer notwendigen `Strukturbereinigung` von 10 auf 1. Das heisst, aus zehn landwirtschaftlichen Betrieben müsste einer werden, damit wir Ðeurofitð sind.»

      Das Landwirtschaftsministerium redet sich darauf aus, dass der Abschluss der GATT-Uruguay-Runde 1994 und der EU-Beitritt 1995 zu einer Einschränkung der nationalstaatlichen Gestaltungsmöglichkeiten führten.9 Aber das meiste war hausgemacht und darauf zurückzuführen, dass die österreichische Bundesregierung sowie alle Parteien und Interessenverbände die Bauern dem EU-Betritt opferten. Prompt kam es schon im ersten Beitrittsjahr Österreichs zu massiven Einbrüchen bei den landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen (durchschnittlich -18%) und folglich zu einem Rückgang der nominellen Endproduktion (-24%).

      Damals wurden die Einkommensverluste durch eine Aufstockung der Direktzahlungen ausgeglichen. Heute droht dank Blair und den USA (WTO) nach und nach der totale Verlust der Förderungen.

      Nachdem man die Bauern eingesackt hatte, liess Brüssel die Katze aus dem Sack. Stichwort: «Agenda 2000». Der aus Österreich stammende Agrarkommissar Franz Fischler liess die Bauern wissen, dass die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 1999 schrittweise zu spürbaren Einschränkungen der Ausgleichszahlungen für alle Bauern in der Union führen wird. Und wozu wurde das freiwerdende Geld gebraucht? Für die Bauern in Osteuropa, um die «Ost-Erweiterung» der EU durchzuziehen.

      Nach dem Bonner Agrarökonomen Rudolf Wolffram war die GAP schon von Anfang an eine «grandiose politische Fehlleistung»: «Erstens werden durch die Reform die Überschüsse nicht abgebaut. Und zweitens werden die Marktordnungskosten nicht gesenkt, sondern sogar erhöht. [...] Die Landwirte sehen sich mit höheren Produktionskosten und niedrigeren Einkommen konfrontiert. [...] Soziale und gesellschaftliche Spannungen sind vorprogrammiert.» (Die Zeit, 1994)

      Die Produktion von Überschüssen in der Landwirtschaft ist zwar in den letzten Jahren gedämpft worden. Das Ideal der Agrar-industrie ist aber noch immer die Massenproduktion.

      Auf die Frage, ob die Agrarreform denn nicht wenigstens das Manko beseitigt habe, dass nur 20% der Betriebe 80% der Subventionen kassieren, antwortete Wolffram: «Genau das nicht. Weil die Prämien praktisch ohne Betriebsgrössengrenzen gezahlt werden, bekommen die grösseren Betriebe auch mehr Unterstützung. [...] Das ist sozialer Sprengstoff. Insgesamt ist die Landwirtschaft in eine noch stärkere Umklammerung durch die Bürokratie geraten. Hier liegt das eigentliche Problem.»

      Obwohl die Bauern in Europa schwere Einkommensverluste hinnehmen mussten, verlangen die Brüsseler Bürokraten weiterhin massive Preisreduktionen bei landwirtschaftlichen Produkten. «Oberste Maxime ist: Es darf nichts kosten», kritisiert Agrarexperte Alfred Haiger. In der Tat: Diese Forderung kommt von einer Lobby, die sich allein an der Grösse orientiert, am Grössenwahnsinn von Hunderttausenden Stück «Nutzvieh» in der Massentierhaltung und riesigen Anbauflächen. Diese Anbauflächen sehen dann auch so aus wie manche Werbebilder der Agrochemie: Monokultur, soweit das Auge reicht, kein Baum, kein Strauch, an dem sich dieses Auge oder ein Vogel ausruhen kann, der ganze Horizont eine einzige kahle Fläche, monoton Sonnenblumen oder Getreide und sonst nichts.

      Dafür zahlen wir alle einen zu hohen Preis: Naturzerstörung, vergiftetes Wasser, tote Böden, kranke Tiere und Menschen. Weil mehr und mehr «intensiviert» wird, kommt es zu einem verstärkten Einsatz von Tiermehl (nein, der Rinderwahnsinn und seine Entsprechung beim Menschen sind noch nicht ausgestorben), Handelsdüngern und giftigen Spritzmitteln. Die Bauern können nicht anders: Sie müssen den Preisverfall durch höhere Produktionsmengen wettmachen.

      Sicco Mansholt, 1958 bis 1972 Vizepräsident der EWG in Brüssel und Chef des Agrarressorts, nannte dazu ein Beispiel: 1988 hat die EG den Getreidepreis um fast 30% gesenkt. In der Folge nahm die Produktion um rund 2% jährlich zu.

      Mansholt hat immer für «angemessene» Preise plädiert. In seiner Definition des «Angemessenen» liess er 1991 in einem Interview mit dem «Zeit»-Redakteur Fritz Vorholz den ganzen Grössenwahn der EU erkennen: «Ich verteidige einen Preis, der einem effizient arbeitenden Familienbetrieb von etwa achtzig bis hundert Hektar ein Auskommen ermöglicht. Mehr als vier Fünftel aller Betriebe in der EG erfüllen diese Voraussetzung gar nicht.» Und er fügte hinzu: «Zum Glück löst sich das Problem weitgehend auf natürlichem Weg, weil die Hälfte der Agrarbevölkerung schon über 55 Jahre alt ist. Die Jüngeren müssen Arbeitsplätze ausserhalb der Landwirtschaft suchen.»

      Der nach Mansholt benannte Plan zur Rationalisierung der europäischen Landwirtschaft stellte denn auch die Weichen zur heutigen Katastrophe. 1992 kommentierte ich das so: «Was das heisst, sollte sich jeder bewusst machen: Europa ist ein Europa der kleinen Landwirte. Von 100 landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaften in den meisten Ländern, auch in der EG, zwischen 30 und 90 weniger als 10 Hektar! Im Durchschnitt bearbeitet ein Bauer in der EG 14 Hektar, in den USA hingegen 127 Hektar.»10

      Auch Mansholts Nachfolger Ray Mac-Sharry hat die Bauern verstärkt in Frühpension geschickt. Traf sich gut, denn die freiwerdenden Böden konnten verbaut werden: mit Autobahnen und Satellitenstädten und Flughäfen und Einkaufszentren und Lagerhallen und Fabriken und Reihenhäusern und Fertigteilbetonburgen und «Vergnügungszentren» und - besonders wichtig - Parkplätzen. Und auf die «Jüngeren» wartete schon die Arbeitslosenunterstützung. Zahlt auch der Staat.

      Und wo bleibt der Konsument?
      Der Verbraucher hat von den Agrar-Dumping-Preisen gar nichts. Der Bauer kassiert auch nicht. Wer dann? Auf die Frage nach der Ursache zwischen niedrigen Erzeugerpreisen und hohen Regalpreisen hat der deutsche Agrarwissenschafter Onno Poppinga schon vor fast 20 Jahren eine schöne Antwort gegeben, die heute noch gilt:

      «Die Exportsubventionen, die Lagerhaltung, die Profite der Verarbeitungsindustrie - das treibt die Preise hoch. Die Bauern bekommen doch nur einen Bruchteil des Geldes, das der Verbraucher zahlt. Wer die Erzeugerpreise noch weiter senken will, der hat die Interessen der Agrarindustrie und des Exporthandels im Auge und schert sich den Teufel um die Bauern, die aufgeben müssen, weil sie von noch niedrigeren Preisen nicht mehr leben können.»11

      Weltmarktpreise, so Poppinga, seien nichts anderes als «von Exportinteressen diktierte politische Preise». Der deutsche Bauernsprecher Josef Jacobi sagte schon zu Beginn der 90er Jahre über die tausend Kanäle, in denen die EU-Subventionen versickern: «Es wird [...] von einigen wenigen nur viel Geld abgesahnt. Doch bei der Mehrzahl der Bauern kommen die Gelder gar nicht an. 85% der EG-Subventionen gehen in die Lagerhaltung, zu den Importeuren und Exporteuren, zu den Transportfirmen, oder sie bleiben in der Agrarverwaltung hängen. Da wird geschoben und betrogen.»12

      Wer die Masslosigkeit der Landwirtschaft kritisiert, muss wissen, dass die Mehrheit der biederen und ein wenig gutgläubigen Landwirte von einer verschwindend kleinen, raffiniert ihre Gier nach immer Mehr stillenden Gruppe in die Katastrophe getrieben wird. Weltweit. Beim Getreide etwa überwacht ein internationales Konsortium mit Satelliten die gesamte Weltproduktion. Die Preise werden hinter dicken Polstertüren aushandelt.

      Zu den Profiteuren gehören auch die Genossenschaften, die längst in Banken, Versicherungen und Handel «diversifiziert» und ihren Bezug zur Landwirtschaft immer mehr abgebaut haben. Raiffeisen war (und ist) der grösste EU-Befürworter: «Volle Kraft voraus in Richtung EG!» hiess es vor der EU-Abstimmung in Österreich. «Aufspringen, so lange es noch Zeit ist!» hiessen die Parolen der Manager im «Minimundus Austriacus». Bauernfänger aller Couleur beteuern gegenüber den Schäfchen, die sie scheren, dass die EG «voll auf den bäuerlichen Familienbetrieb setzt». Lachhaft! Sicco Mansholt hatten die Bauern nicht gelesen, also gingen sie auf den Leim.

      Noch eine Gruppe profitiert vom Bauern- und Konsumentenmelken: die Lebensmittel-Riesen. Ein Branchenkenner: «Die Konzernbosse haben grossen Appetit. Bei der Massenproduktion für den grössten Binnenmarkt der Welt ergeben sich enorme Rationalisierungseffekte. Nur die Grossen haben die Infrastruktur und die Fähigkeit, durch paneuropäische Aktivitäten interne Einsparungen zu erreichen.»

      Deshalb sagt der französische Bauernaktivist José Bové: «Ich denke, dass die Supermarktketten zerschlagen gehören. [...] Es gibt ein Einkaufsmonopol, das Abhängigkeit erzeugt und das verhindert, dass Bauern angemessene Preise für ihre Produkte bekommen. [...] Ich bin daher für die Entwicklung von regionalen Märkten, von Netzwerken zwischen Bauern und Konsumenten, wie sie gerade in Frankreich entstehen.»13

      Der Milchüberschuss in der EG lag 1992 bei rund 15%. Trotz der immensen Drosselung durch stark fallende Preise hat sich in der heutigen EU daran wenig geändert. «Es herrscht Überproduktion in Europa.» Wie gesagt: Die Bauern können nur die Produktion steigern, wenn sie überleben wollen.

      In Österreich etwa, einem ausgesprochenen Milchland, werden 8% über 100% Selbstversorgungsgrad produziert. Das führte zu einem unglaublichen Preisverfall. Die Bauern kriegen nur 26 bis 28 Cent pro Liter. Halbwegs fair und kostendeckend wären nach Ewald Grünzweil, dem Obmann der IG Milch, in der 4000 Milchbauern organisiert sind, 40 Cent. Da die Molkereien, Genossenschaften und Supermärkte nur hohnlachen, wenn sie einen solchen Preis hören, denken die Milchbauern an einen europaweiten Boykott.

      Die EU-Krise durch die Ablehnung der Verfassung in Frankreich und Holland sowie um die Budgetgestaltung hat es endgültig und brutal ans Licht gebracht: Die Repräsentanten der grössten EU-Länder und die Brüsseler Gurkengeradebieger gehen Hand in Hand, wenn es darum geht, nichts gegen das Bauernsterben zu unternehmen. Im Gegenteil: Sie beschleunigen es noch.

      Zu ihrem Image, dass sie sich bereichern, grössenwahnsinnig sind und sich um den Souverän, das Volk, nicht kümmern, fügen Politiker vom Schlage Brüssel nun auch hinzu, dass sie uns um unsere Lebensgrundlagen bringen wollen. Dagegen hilft nur Widerstand à la José Bové, auch im Interesse unserer Nachkommen. Bauern und Konsumenten müssen ihr Schicksal endlich selbst in die Hand nehmen....
      http://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_131c/T06.HTM
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 14:01:00
      Beitrag Nr. 13 ()
      Die Threadüberschrift müsste eigentlich heissen:

      "Wucherpreise für EU-Zucker - europäische Zuckerbauern bereichern sich auf Kosten der Verbraucher und der dritten Welt"

      Während der künstlich hochsubventinierte Zuckerpreis in der EU 631,9 Euro beträgt, liegt der Weltmarktpreis bei rund 150 Euro.

      :eek:
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 14:16:28
      Beitrag Nr. 14 ()
      # 13
      falsch, es muss heißen: multinationale Agrobusiness-Profiteure bereichern sich aus Steuerzahler-Subventionen auf Kosten der Weltbevölkerung
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 14:28:52
      Beitrag Nr. 15 ()
      Die gesamte EU-Planwirtschft ist ne einzige Katastrophe und wird zum gleichen Ergebnis führen wie die SU-Planwirtschaft (der einstigen Sowjetunion).
      In Neuseeland hat man die Agrar Subventionen komplett abgeschafft. Heute ist die dortige Agrarwirtschaft stärker und konkurrenzfähiger denn je.
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 14:41:27
      Beitrag Nr. 16 ()
      Wenn ein Handwerksmeister Waren in Mengen produziert, die nicht absetzbar sind, so bleibt er darauf sitzen.
      Wenn ein Landwirt Produkte in Mengen produziert, die nicht absetzbar sind, so kauft ihm diese der Staat zu einem vollkommen überhöhten Preis ab.
      Und wenn ein Landwirt mal für einige Zeit keine Lust hat, seine Felder zu bepflanzen, so bezahlt wiederum der Staat dem Bauern eine Prämie.

      So geht es unseren "armen" Bauern - mir kommen gleich die Tränen.
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 14:45:42
      Beitrag Nr. 17 ()
      #16

      Genau so siehts aus.

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 14:58:43
      Beitrag Nr. 18 ()
      [posting]17.261.524 von börsenjörg am 18.07.05 13:18:00[/posting]@börsenjörg

      Steueranteil am Benzinpreis

      Der Steueranteil am Benzinpreis ist im Laufe der Jahre kontinuierlich gewachsen. Die Mineralölsteuer auf Benzin erhöhte sich allein seit Beginn der 90er Jahre um gut 36 Cent und beträgt heute einschließlich der Ökosteuer 65,5 Cent pro Liter. Die Mehrwertsteuer von 16 % wird nicht nur auf den Warenpreis erhoben, sondern auch auf die Mineralölsteuer, so dass der Steueranteil rund 70 Prozent des Benzinpreises ausmacht: Bei einem Benzinpreis von 120 Cent pro Liter fließen 82 Cent in die Taschen des Fiskus.
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 15:05:08
      Beitrag Nr. 19 ()
      Vergaß noch zu erwähnen:
      80 Prozent der Landwirte sind von der Buchführung befreit. Ihr Einkommen wird geschätzt. Die Schätzungen fallen in der Regel so niedrig aus, daß keine Einkommensteuer fällig wird - vom Solizuschlag ganz zu schweigen.
      Avatar
      schrieb am 19.07.05 10:19:02
      Beitrag Nr. 20 ()
      #18

      Ich wollte damit nur sagen, das der Steueranteil nicht pauschal 70 % betraegt.im Moment trifft es natuerlich zu.
      Avatar
      schrieb am 19.07.05 10:57:24
      Beitrag Nr. 21 ()
      [posting]17.269.816 von börsenjörg am 19.07.05 10:19:02[/posting]Naja man muss also positiv sehen, je höher der Ölpreis auf dem Weltmarkt werden sollte, um so geringer wird die Staatsquote daran.

      Also, hohe Energiekosten, guter Staat!
      Niedrigere Energiekosten, böser Staat weil die Staasquote steigt!

      Nach dem Prinzip geht zwar jede Volkswirtschaft auf Dauer pleite, aber was solls, es ist ja gut gemeint.
      Avatar
      schrieb am 19.07.05 14:04:41
      Beitrag Nr. 22 ()
      Ich denke, wenn #1 wahr wäre, müsste einem Menschen mit Gewissen doch nur noch der Brechreiz bei Rohrzucker überkommen?

      Da erscheint es natürlich viel einfacher die Stimme des eigenen Gewissens mit ein Paar abgedroschenen Neidparolen zu übertönen und den Fokus der Diskussion schnell weit weg vom Thema zu richten. Nach dem Motto `` Brasilien ist ganz weit weg und wenn ich nicht erfahre warum der Zucker von dort billiger ist, bin ich am dadurch verursachtem Elend nicht Mitschuld´´ Zusätzlich wird scheinbar fast verzweifelt versucht zu erklären warum die EU-Bauern eh noch zu viel verdienen sollten. Was etwa der Logik entspricht, einem Deutschen Bandarbeiter nach 40% Lohnkürzung seinen Stundenlohn vorzuwerfen und schadenfroh über seine drohende Entlassung zu sein, nur weil sein Chinesischer Kollege in China doch auch mit noch viel weniger Lohn auszukommen scheint. Genau diese Milchmädchenlogik lässt unsere Arbeitplätze ausbluten und unsre Erde (wir haben übrigens nur eine, soweit ich informiert bin) kaputt gehen. Das ist vielleicht der grösste Unterschied zur anderen Industrie, hier wird durch politische Entscheidungen, auch gleich die Zerstörung des Regenwaldes beschlossen. Die Reformen bewirken so wie sie sind nichts anderes als die Abholzung riesiger Regenwaldflächen zu erzwingen. Denkt Ihr etwa der Zucker für ganz Europa braucht keinen Platz zum wachsen?


      Auf jedem Paket Rohrzucker sollte stehen:

      ``Vielen Dank mächtiger Verbraucher, sie finanzieren mit dem Kauf dieses Produktes die unwiederbringliche Zerstörung eines m² Regenwaldes, verändern damit das Weltklima und unterstützen die Wiedereinführung der Sklavenhaltung unter dem Deckmäntelchen des freien Welthandels. Endlich geht es Entwicklungsländern in Afrika, in der Karibik und im Pazifik viel schlechter als vorher und bekommen darum Beihilfen aus ihren Steuergeldern. Ohne ihre Mithilfe wäre uns all das nicht möglich´´



      --------------------------------------------------------------



      Protestzug für die Rübe

      Europäische Landwirte kämpfen gegen die geplante Zuckermarktreform

      Die Europäische Kommission möchte die Zuckerpreise um bis zu 40 Prozent senken. Das würde für viele Bauern in der EU das Aus bedeuten. Denn ihrer Einschätzung nach können sie die drastischen Einnahmeverluste nicht verkraften. Gestern haben Landwirte aus der gesamten EU aufgebracht gegen die Pläne in Brüssel demonstriert. Ruth Reichstein berichtet.

      Landwirte aus ganz Europa waren gestern nach Brüssel gekommen, um für ihre Zukunft als Rübenbauern zu demonstrieren. Auf der Bühne am Schuman-Platz gegenüber der EU-Kommission hackt eine Frau, die die EU-Landwirtschafts-Kommissarin Mariann Fischer-Boel darstellt, einem Zuckerbauern symbolisch den Kopf ab. Künstliches Blut tropft von der Guillotine. Die Zuckerbauern fürchten um ihre Zukunft. Sie fühlen sich in ihrer Existenz bedroht - so wie dieser Landwirt aus dem Rheinland:

      "Der Rübenpreis soll ja um 42 Prozent abgesenkt werden und der Zuckerpreis um 39 Prozent. Mein Betrieb ist 160 Hektar gross und ich habe ca. 45 Hektar Zuckerrüben und bei der starken Preissenkung lohnt es sich nicht mehr, Rüben anzubauen. Bis zu 40 Prozent weniger Einkommen. Das ist dann schon existenzbedrohend für die Betriebe bei uns in der Ecke."

      Die radikale Preissenkung soll den europäischen Zuckermarkt an die Regeln der Welthandelsorganisation WTO anpassen. Diese Zwänge interessieren die betroffenen Landwirte aber herzlich wenig. Sie sind aus Polen, Ungarn, Griechenland und Schweden gekommen, um ihren Widerstand zu zeigen.

      "Wir sind nach Brüssel gekommen, um Nein zu sagen zu dem Vorschlag von Kommissarin Fischer-Boel. Wir wollen mehr Ausgeglichenheit. Ich habe große Angst, meine Arbeit zu verlieren. In Schweden hängen rund 10 000 Arbeitsplätze vom Zuckerrübenanbau ab," sagt ein schwedischer Rübenbauer. Unter die Demonstranten hatten sich auch einige Vertreter aus den AKP-Staaten gemischt. Das sind Entwicklungsländer in Afrika, in der Karibik und im Pazifik. Für sie hätte die Zuckermarktsreform noch viel dramatischere Auswirkungen als für die europäischen Rübenbauern. Arvin Boolell, Landwirtschaftsminister auf Mauritius und Sprecher der AKP-Länder, in denen Zuckerrüben angebaut werden, hat sich in ein ruhiges Eckchen zurück gezogen, um über sein Land zu berichten:

      "Die Reform hätte katastrophale Auswirkungen - vor allem für die rund 60 000 Familien in Mauritius, die vom Zuckerrüben-Anbau leben. Allein für Mauritius rechnen wir allein für die kommenden Jahre mit einem Einkommens-Ausfall von 250 Millionen Euro. Wir bauen Zuckerrüben seit drei Jahrhunderten an. Wir haben andere Saat ausprobiert, aber das hat nicht funktioniert - wegen des Klimas und der geografischen Bedingungen. Wenn der Zuckerrüben-Anbau wegfällt, ist das eine Katastrophe für uns. Denn ohne dieses Geld können wir auch den Tourismus nicht mehr halten."

      Die einzigen Nutznießer der Reform sind die Grossbauern in Brasilien. Dort kontrollieren fünf Familien den gesamten Zuckermarkt. Diese können sich mit ihren riesigen Anbauflächen ohne größere Probleme den niedrigeren Preisen anpassen. Für diesen belgischen Bauern mit etwa 70 Hektar Zuckerrüben ist das eine unhaltbare Situation:

      "Die großen Konzerne werden in Brasilien ihren Zucker produzieren, um die Preise noch weiter zu senken. Und genau diese Großindustriellen werden daran verdienen, nicht etwa der Verbraucher. Der Preis im Supermarkt wird nicht sinken. In Brasilien haben die Bauern riesige Anbauflächen von über 1000 Hektar. Sie lassen Mexikaner für sich arbeiten, die fünf Francs am Tag verdienen. Und sie dürfen chemische Produkte verwenden, die bei uns verboten sind. Es ist also eindeutig keine faire Konkurrenz."


      Die Bauern aus der EU und die Landwirte aus den Entwicklungsländern wollen nicht völlig vom Weltmarkt zu verschwinden. Deshalb fordern sie, die Reform ihren Bedürfnissen anzupassen und sie vor allem weniger extrem zu gestalten. Ein französischer Bauer mit einer dicken gelben Zuckerrübe auf seinem T-Shirt fasst zusammen:

      "Wir sind nicht gegen die Reform, sondern wir wollen sie korrigieren. Es muss weiterhin der Export und der Import in die EU kontrolliert werden. Und vor allem brauchen wir höhere Ausgleichszahlungen für alle. Denn die Preise werden tatsächlich von der Welthandelsorganisation bestimmt. Aber genau deshalb müssen die Ersatz-Zahlungen viel höher ausfallen als von der Kommission vorgeschlagen."

      In Brüssel war es gestern jedenfalls fast unmöglich, die wütenden Bauern zu übersehen und zu überhören. Stundenlang blockierten Dutzende von Traktoren die Strassen im EU-Viertel.

      http://www.dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/397395/


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      Bitterer Zucker aus Brasilien