Börsen-Zeitung
Vergeigt, Kommentar zur EBA von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots) - Helmut Kohl hat die Europäische Zentralbank
(EZB) nach Frankfurt geholt. Angela Merkel schaffte es nicht einmal,
die EU-Partner für einen Umzug der vergleichsweise kleinen
Regulierungsinstanz European Banking Authority (EBA) von der Themse
an den Main zu gewinnen. "Germany: four points!" bedeutete das Aus
schon in der zweiten Runde des ESC (Europäischer Standort-Contest).
Der strahlende, im Finale freilich wie zuvor schon Amsterdam als Sitz
der Arzneimittelbehörde EMA erst per Los ermittelte Sieger heißt
Paris vor Dublin.
Wurde in Berlin vor lauter Sondierung übersehen, dass in Brüssel
eine wegen der von ihr auf internationale Finanzdienstleister und
deren Umfeld ausgehenden Symbol- und Sogwirkung höchst bedeutsame
Entscheidung anstand? Diese bis zum Schluss in die richtige Richtung
zu lenken, hätte den vollen Einsatz der Verantwortlichen erfordert.
Dass Frankfurt das Rennen geradezu abgeschlagen verlor, deutet auf
ein Versagen der Berliner Diplomatie hin. Denn "Bankfurt" wäre als
EBA-Standort die "logische Wahl" gewesen. Mit der Kampagne "Frankfurt
- the Natural Choice" hatte sich die Mainmetropole - natürlich nicht
dank eines Alleingangs von Kanzler Kohl, sondern getragen von einer
großen Koalition aus Politik in Bund, Land Hessen und Stadt
Frankfurt, Wirtschaft und anderen Interessengruppen - in den
neunziger Jahren gegen eine Vielzahl schwergewichtiger Mitbewerber
als Sitz der EZB durchgesetzt.
Als - nicht zuletzt dank seiner geld- und währungspolitischen
Rolle - kontinentaleuropäische Finanzhauptstadt beherbergt Frankfurt
heute neben der "doppelten", auch für Bankenaufsicht zuständigen EZB
und der Bundesbank Europas Versicherungsaufsicht EIOPA und den
Europäischen Ausschuss für Systemrisiken sowie Teile der nationalen
Finanzaufsicht BaFin. In diesem regulatorischen und aufsichtlichen
Kraftzentrum werden Synergien freigesetzt, wovon nicht nur dieser
Finanzplatz selbst profitiert, sondern das europäische Finanzsystem
als Ganzes. Hier wäre folglich auch die 2011 etablierte EBA, die nach
dem Brexit nicht am künftigen Offshore-Platz London bleiben kann,
perfekt aufgehoben gewesen. Die Konzentration der Behörden an einem
Standort hätte es vor allem auch leichter gemacht, eines hoffentlich
nicht allzu fernen Tages die interessenkonfliktträchtige Vermengung
geldpolitischer und aufsichtsrechtlicher Verantwortlichkeiten in der
EZB zu bereinigen.
Frankfurt hat ein Heimspiel verloren, das angesichts der
wirtschaftlichen Logik relativ leicht hätte gewonnen werden können.
Vergeigt hat es Berlin.
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Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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die EU-Partner für einen Umzug der vergleichsweise kleinen
Regulierungsinstanz European Banking Authority (EBA) von der Themse
an den Main zu gewinnen. "Germany: four points!" bedeutete das Aus
schon in der zweiten Runde des ESC (Europäischer Standort-Contest).
Der strahlende, im Finale freilich wie zuvor schon Amsterdam als Sitz
der Arzneimittelbehörde EMA erst per Los ermittelte Sieger heißt
Paris vor Dublin.
Wurde in Berlin vor lauter Sondierung übersehen, dass in Brüssel
eine wegen der von ihr auf internationale Finanzdienstleister und
deren Umfeld ausgehenden Symbol- und Sogwirkung höchst bedeutsame
Entscheidung anstand? Diese bis zum Schluss in die richtige Richtung
zu lenken, hätte den vollen Einsatz der Verantwortlichen erfordert.
Dass Frankfurt das Rennen geradezu abgeschlagen verlor, deutet auf
ein Versagen der Berliner Diplomatie hin. Denn "Bankfurt" wäre als
EBA-Standort die "logische Wahl" gewesen. Mit der Kampagne "Frankfurt
- the Natural Choice" hatte sich die Mainmetropole - natürlich nicht
dank eines Alleingangs von Kanzler Kohl, sondern getragen von einer
großen Koalition aus Politik in Bund, Land Hessen und Stadt
Frankfurt, Wirtschaft und anderen Interessengruppen - in den
neunziger Jahren gegen eine Vielzahl schwergewichtiger Mitbewerber
als Sitz der EZB durchgesetzt.
Als - nicht zuletzt dank seiner geld- und währungspolitischen
Rolle - kontinentaleuropäische Finanzhauptstadt beherbergt Frankfurt
heute neben der "doppelten", auch für Bankenaufsicht zuständigen EZB
und der Bundesbank Europas Versicherungsaufsicht EIOPA und den
Europäischen Ausschuss für Systemrisiken sowie Teile der nationalen
Finanzaufsicht BaFin. In diesem regulatorischen und aufsichtlichen
Kraftzentrum werden Synergien freigesetzt, wovon nicht nur dieser
Finanzplatz selbst profitiert, sondern das europäische Finanzsystem
als Ganzes. Hier wäre folglich auch die 2011 etablierte EBA, die nach
dem Brexit nicht am künftigen Offshore-Platz London bleiben kann,
perfekt aufgehoben gewesen. Die Konzentration der Behörden an einem
Standort hätte es vor allem auch leichter gemacht, eines hoffentlich
nicht allzu fernen Tages die interessenkonfliktträchtige Vermengung
geldpolitischer und aufsichtsrechtlicher Verantwortlichkeiten in der
EZB zu bereinigen.
Frankfurt hat ein Heimspiel verloren, das angesichts der
wirtschaftlichen Logik relativ leicht hätte gewonnen werden können.
Vergeigt hat es Berlin.
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