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    Projektentwicklung und Umweltschutz  1485  0 Kommentare Wir müssen reden!

    Wenn Umweltschützer und Projektentwickler bei Bauprojekten nicht gemeinsam miteinander in einen Dialog treten, kann das schnell die Gerichte beschäftigen. Vor allem bei anhaltender Wohnungsnot hilft ein Streit nicht weiter.

    Von Prof. Dr. Winfried Schwatlo, Vorstand CD Deutsche Eigenheim

    Naturschutz betrifft uns alle. Der Wunsch nach mehr Wohnraum in Deutschlands Städten betrifft unsere Gesellschaft genauso. Wenn heutzutage wegen des Neubaus einer Wohnsiedlung ein Baum gefällt werden muss, sorgt das in der umliegenden Nachbarschaft für Konfliktstoff. Ein Projektentwickler, der schon im Vorfeld mit einem gewissen Widerstand rechnet, wird darum Streitigkeiten vorbeugen wollen. Statt einer gefällten Eiche am Straßenrand will er zwei neue junge Bäume pflanzen. Während der Entwickler glaubt, damit ein Argument der Gegenseite entkräftet zu haben, setzt sich der Streit fort. Denn eine alte Eiche hat für die Umweltschützer nicht nur einen ökologisch höheren Wert, sondern auch einen ideellen Wert.

    Im Prinzip argumentieren beide Seiten mit nachvollziehbaren Worten. Die eine Seite will möglichst viel Grün in der Stadt erhalten, die andere will einen neuen Lebensraum für die Menschen erschließen. Doch wie soll Deutschland dem steigenden Bedarf an Wohn- und Gewerberäumen nachkommen, wenn immer häufiger Umweltschützer versuchen, Projekte zu verzögern oder gar zu stoppen?

    Zwei Beispiele, wie schnell Naturschützer und Investoren aneinandergeraten
    Am Stadtrand von Berlin wird gerade eine große Siedlung gebaut. Sie ist Teil eines Projektes, das für bezahlbares Wohnen steht. Das ist besonders in der Hauptstadt ein wichtiges Thema, da innerstädtische Wohnungen immer teurer werden. Privatinvestoren und Wohnungsbaugenossenschaften beteiligen sich an dem Projekt. Während der Rohbau der Siedlung gerade erstellt wird, entdecken Umweltschützer einige hundert Meter vom Grundstück entfernt die Wanderroute einer seltenen Krötenart. Ohne diese Beobachtung mit dem Projektentwickler eingehender zu diskutieren, wenden sich die Naturschützer an die Umweltbehörde, die umgehend einen Baustopp verhängt. Ob die Route der Kröten überhaupt über den Baugrund führen wird, scheint derweil noch völlig unklar zu sein.

    Ein anderer Streit findet derzeit in Mecklenburg-Vorpommern statt. Dort soll ein für die örtliche Wirtschaft wichtiger Gewerbepark am Stadtrand der Landeshauptstadt entstehen. Der Investor, ein Wirtschaftsverbund aus Schwerin, muss auf dem früheren militärischen Gelände vor Baustart zunächst einmal weit verstreute Munition bergen lassen. Dort leben auch schützenswerte Vogelarten. Eine untere Naturschutzbehörde von Schwerin erteilt dennoch eine "artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung". Die Bergungsarbeiten verzögern sich vom Frühjahr bis in den Sommer hinein. Die Arbeiten fallen somit in die Brutzeit einiger dort ansässigen Vögel. Eigentlich könnten nun Wirtschaftsdezernat und Ökologen in einen konstruktiven Austausch treten. Doch stattdessen verhärten sich die Fronten. Die Umweltschützer gehen davon aus, dass "vermutlich bereits ein Teil der Nester" zerstört worden sein könnte. Aufgrund dieses Verdachtes stellt der Naturschutzbund einen Antrag auf Baustopp, dem wenige Tage danach das Verwaltungsgericht Schwerin folgt.

    Mediation ist sinnvoller als ein Streit vor Gericht
    In beiden Fällen verzögern Befürchtungen über eine gefährdete Natur konkrete Bauvorhaben und verteuern sie. Das ist besonders verwunderlich, wenn es, wie im Berliner Beispiel, um das Bauen von bezahlbaren Wohnungen geht. Dabei wäre es wünschenswert, die kontrahierenden Parteien setzten sich zusammen, um Lösungen zu finden. Eine Mediation ist hier sinnvoll, um langwierige Streitigkeiten vor Gericht zu vermeiden.

    In einem Fall von wandernden Knoblauchkröten agierte kürzlich eine Stadt mit einem Kompromiss: Entlang eines Baugeländes wurde ein niedriger Zaun an einem Waldrand errichtet. Die Kröten kamen so nicht mehr ins Siedlungsgebiet und die Arbeiten konnten weitergeführt werden. Leider sind es bisher Einzelfälle, in denen der Kompromiss über den Streit siegt.

    Im März dieses Jahres hatte die Bundesregierung das Baurecht geändert. Unbebaute Flächen am Stadtrand können nun schneller als Bauflächen ausgewiesen werden können. Gegen diese Regelung will unter anderem der Naturschutzbund zu Felde ziehen. Er meint, die Regelung verstoße gegen geltendes EU-Recht und schrieb einen Brief nach Brüssel.

    Meiner Meinung nach sollten sich Umweltschützer, Projektentwickler aus der Immobilienbranche und Politik endlich gemeinsam an einen Tisch setzen. Hier sollten Europäische Union und Deutschland a priori eine konsensnahe Lösung finden. Denn Bauen in Deutschland muss genauso ein Gemeinwohl bleiben wie ein vernünftiger Umgang mit der Natur.




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