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    Börsen-Zeitung  1433  0 Kommentare Spannender als Gold, Marktkommentar von Dietegen Müller

    Frankfurt (ots) - Die bekannteste der sogenannten Kryptowährungen,
    Bitcoin, hat in wenigen Tagen einen Wertverlust von bis zu 45%
    erlitten. So genannt ist sie aber nicht wegen ihrer exorbitanten
    Volatilität, sondern weil es sich bei Bitcoin und Co. bisher nur um
    eine nicht eindeutig definierte Einheit handelt. In vielen Ländern
    ist der Kauf und Verkauf von Bitcoin zwar legal, aber Kryptowährungen
    sind nicht als Zahlungsmittel anerkannt. Ausnahmen gibt es, so gelten
    Bitcoin in Japan seit diesem Jahr als legale Zahlungsmethode. Und es
    gibt indirekte Formen staatlicher Anerkennung. In der Schweiz können
    Bitcoin an Fahrkartenautomaten der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB)
    bezogen werden. Mit Bitcoin könne "an über 10000 Akzeptanzstellen
    weltweit ohne Kreditkarte oder Bankverbindung schnell und bequem"
    bezahlt werden, so die Staatsbahn.

    Im Grunde handelt es sich bei Kryptowährungen nur um einen
    digitalen Eintrag in einer als manipulationssicher geltenden
    Datenbank, die weltweit über das Internet nutzbar und dezentral
    organisiert ist. Kryptowährungen sind nichts anderes als
    dematerialisierte, also nur in virtueller Form existierende
    Wertansprüche, die im Idealfall auf eindeutige, also nicht
    fälschlicherweise mehrfache, sowie auf eine sofort endgültige Weise
    abgewickelt werden können. Anders als bei herkömmlichen Transfers
    sind dabei keine Vermittler im Spiel wie Banken, die mit viel
    juristischem beziehungsweise treuhänderischem Aufwand prüfen und
    nachweisen müssen, dass diese Transaktionen so wie von den
    Gegenparteien gewünscht stattgefunden haben und entsprechend verbucht
    wurden.

    Da ein rechtlicher Rahmen für digitalisierte Werttransfers über
    das Internet erst in Herausbildung ist, sind viele Fragen nach der
    Durchsetzung von mit Kryptoeinheiten verbundenen Eigentumsansprüchen
    noch ungeklärt. Nicht zuletzt deswegen sind Behauptungen abwegig,
    Bitcoin stelle eine Alternative zu Notenbankgeld ("Fiat-Geld") dar.
    Es geht bei Kryptowährungen - so weit bisher zu sehen ist - nicht
    darum, ob eine Geldproduktion dezentralisiert wird.

    Nur weil aus Luft und Strom manipulationsresistente
    Datenbankeinträge geschaffen werden können, besitzen diese Einträge
    ja an sich noch keinen Wert. Sie erhalten diesen erst nach einer -
    wie auch immer geformten - Anerkennung. Solange diese fehlt, haben
    nur die dezentralen Systeme, die Kryptowährungen zugrunde liegen,
    einen Wert. Der kann volkswirtschaftlich betrachtet durchaus enorm
    sein. Durch den unmittelbaren Abschluss einer Transaktion zwischen
    zwei Gegenparteien kann eine Art Demokratisierung von Zahlungsflüssen
    stattfinden, weil die Kontrolle über diese Zahlungsbewegungen
    dezentral verteilt wird. Zweitens können durch die Digitalisierung
    von Beteiligungsrechten an (womöglich auch nur vermeintlich)
    werthaltigen Produkten oder Dienstleistungen auch
    Beteiligungsverhältnisse anders abgewickelt werden, und dies über das
    Internet auch global. Es ist durch das Internet möglich, diese
    Prozesse unabhängig von nationalen Rechtsräumen zu nutzen.

    Es laufen aber auch Anstrengungen, etwa durch Erkennungssoftware
    (sogenannte Deep Packet Inspection) Blockchain-Transaktionen aus dem
    Internetverkehr herauszufiltern und damit entsprechende Geschäfte zu
    blockieren. China exerziert dies gerade vor. Dies zeigt das
    revolutionäre Potenzial, das in der Neuorganisation von Werttransfers
    über das Internet liegt und in der Möglichkeit, digitale Zertifikate
    zu schaffen, die mit allen möglichen Ansprüchen hinterlegt sein
    können, seien es Edelmetalle, Einnahmeströme aus Lizenzen oder
    Leistungen oder auch Eigentumsrechte, und diese über das Internet
    auszutauschen.

    Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den technologischen
    Grundlagen verschiedener Kryptowährungen. Sie haben Einfluss darauf,
    welche Rolle solche künftig spielen. Werden sie eine Parallelwährung
    zu Notenbank- und Geschäftsbankengeld - was Doppelspurigkeiten und
    damit höhere Systemkosten bedeuten dürfte? Oder werden
    Kryptowährungen letztlich obsolet, weil Notenbanken und
    Geschäftsbanken ihre Zahlungsverkehrssysteme modernisieren und für
    dematerialisierte globale Werttransfers öffnen? Oder entwickeln sich
    Kryptowährungen hin zu hoch spezialisierten, global handelbaren,
    digitalisierten Wertzertifikaten?

    Bitcoin und Gold in einem Atemzug als mögliche Alternative zu
    einer von Schulden und lockerer Geldpolitik korrumpierten
    Zentralbankwährung zu nennen, ist vom falschen Ende her gedacht. Die
    Bitcoin zugrunde liegende Technologie kann weit mehr als Gold und ist
    spannender. Aber es gibt keinen Grund, sie deswegen als werthaltige
    Anlage zu betrachten. Und traditionelles Geld dürfte noch lange die
    Rolle eines Referenzpreises für Kryptoeinheiten einnehmen.

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