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    ROUNDUP  457  0 Kommentare SPD-Spitze wirbt um Zustimmung der Basis zu Koalitionsverhandlungen

    BERLIN (dpa-AFX) - Mit aufrüttelnden Appellen wirbt die Spitze der SPD um die Zustimmung der Parteibasis zu Koalitionsgesprächen mit CDU und CSU. Europa und die Welt warteten darauf, dass Deutschland nach monatelangem Hin und Her eine Regierung bekomme, sagte der frühere SPD-Chef und geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel. Der Parteivorsitzende Martin Schulz betonte, die SPD habe bei den Sondierungen mit der Union mehr herausgeholt, als er erwartet habe. Die Partei müsse ihr Erfolge selbstbewusster herausstellen und "mit Stolz" dazu stehen, sagte er am Dienstagabend in Düsseldorf.

    Dort hatte er mit mehr als 65 Delegierten diskutiert, die am Wochenende zum Bundesparteitag in Bonn fahren. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie sei guten Mutes, dass sich der Parteitag am Sonntag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ausspricht. Bei den am Freitag abgeschlossenen Sondierungen mit CDU und CSU habe sich gezeigt, dass es nur mit der SPD Fortschritte in der Integrations- und Migrationspolitik gebe. Sie betonte zugleich, die von der CSU geforderte Obergrenze für den Zuzug von Migranten werde es nicht geben - "auch wenn einige den Zielkorridor von 180 000 bis 220 000 Zugängen pro Jahr so interpretieren wollen".

    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) warnte, ein Nein zur GroKo und eine darauf folgende Neuwahl bringe die SPD in Schwierigkeiten. "Ich weiß nicht, mit welcher Perspektive sich die SPD dann für einen Wahlkampf aufstellen sollte", sagte sie der "Welt". Unklar sei auch, wer sich als Koalitionspartner anbiete. Die Stimmung vor dem Parteitag bezeichnete sie als durchwachsen. Es müsse noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, "dass Ablehnungsreflexe unser Land nicht besser machen".

    Der konservativ ausgerichtete "Seeheimer Kreis" warb eindringlich für ein Ja. "Wenn sich die SPD am Sonntag doch noch einer GroKo verweigern sollte, riskierte sie bei Neuwahlen einen Absturz auf 15 bis 16 Prozent. Und davon wird sie sich langfristig nicht erholen", sagte Edgar Franke, einer der Sprecher des Kreises, "Focus Online".

    Gabriel erinnerte seine Partei an ihre staatspolitische Verantwortung. Der "Bild"-Zeitung (Mittwoch) sagte er, nicht nur Europa schaue gebannt auf den SPD-Parteitag, sondern viele Menschen weit darüber hinaus. "Die Welt schaut deshalb wirklich auf Bonn am kommenden Sonntag." Weltweit sei die Hoffnung groß, dass die SPD dafür sorge, dass Deutschland endlich Frankreich die Hand reiche zur Erneuerung und Stärkung Europas. Viele sähen die Chance, "dass Europa in einer immer aggressiveren Welt ein Ort der Hoffnung und eine starke Stimme der Freiheit und der Demokratie ist". Und die SPD könne dafür der Garant werden.

    Der neue Eurogruppen-Chef, der portugiesische Finanzminister Mário Centeno, äußerte im "Handelsblatt" die Hoffnung, dass die Koalitionsbildung in Berlin schnell vorankomme. "Europa braucht die Regierung so bald wie möglich." Er ist an diesem Mittwoch zu Besuch bei Finanzminister Peter Altmaier (CDU).

    In den Reihen der SPD ist die Skepsis gegenüber einer weiteren GroKo aber groß. In mehreren, allerdings kleineren Landesverbänden war Koalitionsverhandlungen eine Absage erteilt worden - entweder vom Parteivorstand wie in der Berliner SPD oder auf Parteitagen wie in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Vorstand der Hamburger SPD sprach sich am Dienstagabend dagegen für Gespräche über eine Neuauflage der großen Koalition aus. Die Hamburger SPD stellt 15 der insgesamt 600 Delegierten des Sonderparteitags.

    Schulz will am Mittwoch auch bei den Sozialdemokraten in Bayern um Zustimmung zu Koalitionsverhandlungen werben. Dazu nimmt er an der Winterklausur der Landtagsfraktion im schwäbischen Kloster Irsee teil.

    Rechnungshofpräsident Kay Scheller rügte Union und SPD dafür, zu hohe Ausgaben ohne Gegenfinanzierung zu planen. "Im Sondierungspapier ist eine expansive Ausgabenpolitik angelegt. Ich sehe schon jetzt nicht, wie man da mit 46 Milliarden Euro auskommen will", sagte er der "Rheinischen Post" (Mittwoch). Nicht durchfinanziert seien etwa die Rentenpläne der möglichen großen Koalition. Die Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent, die Einführung einer Grundrente und weitere Rentenpläne würden dazu führen, "dass der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung voraussichtlich noch deutlich vor 2021 die 100-Milliarden-Euro-Marke durchbrechen wird". Einen Konsolidierungswillen könne er bei Union und SPD nicht erkennen.

    Die deutsche Wirtschaft setzt darauf, dass die SPD den Weg für eine große Koalition frei macht. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, sagte den Partnerzeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft, zwar seien die meisten Unternehmen in einer guten Lage. "Dennoch wächst auf Dauer ohne eine verlässliche und kalkulierbare Politik die Verunsicherung in der Wirtschaft." Schweitzer beklagte zugleich, dass die bei den Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD vereinbarten Vorhaben die Unternehmen deutlich belaste.

    Schulz bekräftigte, für den Fall einer Neuauflage der großen Koalition werde nach zwei Jahren kritisch Bilanz gezogen. "Wir müssen nach dieser Zeit einen Strich ziehen und uns fragen: Wie weit sind wir eigentlich gekommen? Und was müssen wir verändern?", sagte Schulz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland./toz/DP/zb




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