Marktkommentar
Dr. Frank Engels (Union Investment): Engels Standpunkt
Die US-Geldpolitik wird 2018 nicht nur straffer, sondern auch weniger berechenbar als 2017, meint Dr. Frank Engels.
Zwölf Monate residiert Donald Trump nun schon im Weißen Haus. Für die Kapitalmärkte war es ein gutes Jahr. Das hat nicht unbedingt mit dem US-Präsidenten zu tun, erwies sich doch seine ambitionierte politische Agenda zunächst als Luftschloss. Vielmehr ließ die Mischung aus robuster Konjunktur, rekordhohen Unternehmensgewinnen und umsichtigem Kurswechsel in der US-Geldpolitik die amerikanischen Aktienmärkte auf Höchststände klettern.
An Trump glaubte die Börse bereits nach einem Vierteljahr nicht mehr. Doch dann geschah das Unerwartete: Die Republikaner einigten sich zum Jahresende 2017 im Kongress auf eine Steuerreform. Deren Kern ist eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes, verbunden mit einer Entlastung der Unternehmen. Da kaum ein Investor mehr damit gerechnet hatte, schnellten die Kurse nach oben.
Allerdings werden nicht alle Unternehmen von Trumps erstem politischen Erfolg profitieren. Zur Gegenfinanzierung wird beispielsweise die Abzugsfähigkeit der Zinskosten eingeschränkt. Hochverschuldete Konzerne müssen also mehr Steuern zahlen. Ein Drittel der „High Yield“-Unternehmen wird gar nicht entlastet. Auch bei international tätigen Firmen liegt der Teufel im Detail. Durch die Einführung einer „Base Erosion Anti-Abuse Tax“ (BEAT) kann der US-Fiskus künftig besser auf ausländische Profite zugreifen. Tech-, Biotechund Pharma-Konzerne dürften draufzahlen. Die Reform kennt also nicht nur Gewinner.
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Hinzu kommt, dass mit Jerome Powell in diesen Tagen ein neuer Mann an die Spitze der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) rückt. Zwar ist von ihm keine geldpolitische Wende zu
erwarten. Powell „tickt“ anscheinend wie seine Vorgängerin Yellen. Wir rechnen unverändert mit drei Leitzinserhöhungen 2018, gepaart mit dem beschleunigten Abbau der Zentralbankbilanz. Aber: Auch
früher schon waren erste öffentliche Gehversuche neuer Fed-Chefs mit verbalen Fehltritten verbunden. Außerdem bestehen Vakanzen im Board. Die US-Geldpolitik wird also 2018 nicht
nur straffer, sondern auch weniger berechenbar als 2017. Und das in einem Jahr, in dem die Inflation ab dem Frühjahr etwas mehr nach oben tendieren wird.
Für den US-Aktienmarkt heißt das: Die Wall Street steht auf einem soliden Fundament. Aber die Luft wird dünner und das Rückschlagpotenzial steigt. Mehr Chancen bieten die europäischen Börsen. Denn während US-Papiere preislich bereits die oberen Stockwerke erreicht haben, ist man hier erst vor kurzem in den Aufzug gestiegen. Es dürfte 2018 weiter nach oben gehen.
Ihr
Dr. Frank Engels (Union Investment)