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    Börsen-Zeitung  418  0 Kommentare Eingelullt, aufgewacht, ein Marktkommentar von Dietegen Müller

    Frankfurt (ots) - Nur ein Spuk, der Einbruch der Aktienmärkte und
    die gestiegene Volatilität? Wer die Reaktion auf die
    US-Inflationszahlen von Mittwoch als Gradmesser nimmt, dürfte sich
    bestätigt sehen, dass der Bullenmarkt noch intakt ist und die Kurse
    weiter steigen dürften.

    Unterstützung erhält diese zuversichtliche Einschätzung durch
    anhaltend kräftiges Konjunkturwachstum, verbunden mit einem
    gleichzeitig nur moderaten Anstieg der Inflation und der Zinsen. Denn
    obwohl die US-Konsumentenpreise im Januar im Monatsvergleich um 0,5
    Prozent und damit über den Erwartungen zugelegt haben, signalisieren
    sie noch nicht unbedingt eine Beschleunigung des Preisauftriebs -
    eine ähnliche Monatsveränderung gab es seit Anfang 2017 schon
    zweimal.

    Warum aber der abrupte Einbruch Anfang des Monats? Automatisierte
    Handelsprogramme sind das eine. Ein weiterer Grund liegt aber wohl
    auch im Renditeanstieg um rund 30 Basispunkte dies- und 50
    Basispunkte jenseits des Atlantiks in den zehnjährigen
    Staatsanleihen. Die Zinserwartung der Investoren hat sich über die
    vergangenen zwei Monate zwar nicht dramatisch, aber doch deutlich
    verschoben: Erstmals signalisiert die aus Zinskontrakten abgeleitete
    implizite Zinserwartung mehrheitlich drei Erhöhungen des
    US-Leitzinses bis Ende 2018. Die Großbank UBS geht nun bis Ende 2019
    von insgesamt sieben Zinsschritten der Fed aus.

    Steigende Anleiherenditen und Zinsen belasten aber die
    Aktienkurse, da der Gegenwartswert der Unternehmensgewinne
    beziehungsweise künftiger Dividendenzahlungen wegen der höheren
    Abzinsung sinkt. Damit muss die Bewertung sinken, selbst wenn das
    Gewinnwachstum unverändert beibehalten werden kann.

    Da aber der Konjunkturzyklus in den USA schon alt ist und auch in
    Europa zunehmend in die Jahre kommt, stellen sich mehr und mehr
    Investoren die Frage, ob die Annahme eines unverändert hohen
    Gewinnwachstums noch realistisch ist. Die Tatsache, dass sich die
    Aktienkurse nun trotz gestiegener Anleiherenditen wieder erholt
    haben, ist Ausdruck davon, wie bereitwillig sich die Investoren von
    robusten Konjunkturdaten einlullen lassen. Denn im Grunde genommen
    geht der Markt damit sogar von einem steigenden Gewinnwachstum aus,
    nicht von einem gleichbleibenden. Dass damit die Risiken und das
    Enttäuschungspotenzial steigen, ist klar.

    Es ist eine Binsenweisheit, dass Märkte zu Über- oder
    Untertreibungen neigen. Deshalb ist auch möglich, dass es noch zu
    einer "Manie in risikoreichen Assets" kommt, wie es
    Jupiter-Fondsmanager und Shortseller James Clunie gegenüber der
    Börsen-Zeitung formuliert.

    Eine klare Positionierung hat der nach verwaltetem Volumen
    weltgrößte Hedgefonds Bridgewater eingenommen. Er hat zunächst
    Leerverkaufspositionen gegen italienische Finanzaktien und dann über
    weitere europäische Aktien im Wert von mehr als 14 Mrd. Euro
    aufgebaut, davon rund 6 Mrd. Euro auf deutsche Titel vor allem in den
    vergangenen zwei Wochen. Insgesamt umfasst die europäische
    Short-Wette fast 10 Prozent der verwalteten Vermögen.
    Bridgewater-Chairman Ray Dalio begründet dies mit gestiegenen
    Rezessionsrisiken. Dalios Bilanz ist durchwachsen, was die
    Prognosegüte anbelangt. So warnte er vor der Finanzkrise vor einem
    Einbruch und schnitt 2008 mit einem prozentual zweistelligen Plus ab.
    1982 warnte er vor einer wirtschaftlichen Depression - stattdessen
    startete eine mehrjährige Aktienrally.

    Wie viele Leerverkäufer ist Dalio auf Öffentlichkeit angewiesen.
    Shortseller treten aus einer Minderheitsposition an und versuchen,
    von ihrer Meinung eine größere Zahl von Marktteilnehmern zu
    überzeugen. Dalio tut seine Ansichten auch auf dem sozialen Netzwerk
    Linkedin kund. Dazu gehört seine - völlig berechtigte - Einschätzung,
    dass Notenbanken viel begrenztere Möglichkeiten in einer Krise haben
    als je zuvor, um dann Gegensteuer zu geben. Deswegen sei er besorgt,
    wie der nächste Wirtschaftsabschwung aussehen werde, "obwohl es
    unwahrscheinlich ist, dass er bald kommt", wie er schreibt.

    Auch wenn es wohl nicht zu einem "Bridgewater"-Moment in Europa
    kommt und die Kurse wieder einbrechen - Investoren sind gut beraten,
    Indikatoren im Auge zu behalten, die Turbulenzen ankündigen könnten.
    Dazu zählen die steigenden Renditen im High-Yield-Segment genauso wie
    die Beobachtung der Ratingagentur S&P Global, dass mehr Unternehmen
    hoch verschuldet sind als 2007, vor allem auch in China. Ändern sich
    die Kapitalströme der Volksrepublik, hat dies auch globale
    Auswirkungen auf Aktien- und Anleihenmärkte.

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    Telefon: 069--2732-0
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