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    Investitionen in Startups  2636  0 Kommentare
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    Crowdinvesting-Verluste steuerlich geltend machen

    Crowdinvesting ist eine Form der Frühphasenfinanzierung und zählt damit zum Bereich Wagniskapital. Beim Crowdinvesting geht es darum, innovative Geschäftsideen mit Kapital zu unterstützen und damit im Idealfall eine hohe Rendite zu erwirtschaften. Doch mit einer hohen Rendite ist eben auch ein hohes Risiko verbunden und so kommt es, wie beim Wagniskapital üblich, auch zu Insolvenzen unter einigen Startups.

    Für Investoren ist dies meistens gleichbedeutend mit dem Ausfall ihres eingesetzten Vermögens – ein ärgerliches Ereignis, dem man bisher wenig Positives abgewinnen konnte. Denn bisher musste man zwar Gewinne aus einem Crowdinvesting versteuern, konnte Verluste aber nicht steuerlich geltend machen. Doch nun hat sich die Rechtsprechung grundlegend zu Gunsten privater Investoren geändert.

     

    BFH- Urteil mit Signalwirkung
     

    Das höchste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof (BFH) in München, urteilte kürzlich, dass Verluste aus privaten Darlehen mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden können. Für die Verlustverrechnung relevant sind Kapitalerträge aus Zinsen, Dividenden und realisierten Kursgewinnen aus Aktiengeschäften. Sollte keine Kapitalerträge vorliegen, besteht die Möglichkeit des Verlustvortrages.

    Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung führt […] zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre“, heißt es im Urteil VIII R 13/15 vom 24. Oktober 2017. Damit stellt sich der BFH gegen die bisher herrschende Rechtsprechung der Finanzgerichte. Dem Urteil lag folgender Fall zugrunde: Der Kläger gewährte einem Dritten im Jahr 2010 ein verzinsliches Darlehen. Ab August 2011 konnte der Schuldner seinen Zinszahlungen nicht mehr nachkommen, über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

    Der Kläger meldete die noch offene Darlehensforderung zur Insolvenztabelle an und machte den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Doch weder Finanzgericht noch Finanzamt erkannten den Verlust an. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein und erhielt vom Bundesfinanzhof (BFH) Recht zugesprochen. Der BFH revidierte die finanzgerichtliche Entscheidung.

    Zur Urteilsbegründung hieß es, dass „[…]mit der Einführung der Abgeltungsteuer seit 2009 eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden [soll]. Nach dem Urteil des BFH wird damit die traditionelle Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. In der Folge dieses Paradigmenwechsels führt der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Verlust.“

     

    Was bedeutet das Urteil für private Investoren?
     

    Dr. Rainer Schenk blickt auf eine langjährige Laufbahn als Steuerberater zurück und beschäftigt sich seit 2011 verstärkt mit dem Thema Crowdinvesting. In einem Gastbeitrag auf dem Branchenportal Crowdfunding.de schlüsselt er die Folgen des Urteils für private und institutionelle Investoren detailliert auf.

    „Leitsatz des Urteils ist, dass der (insolvenzbedingte) Ausfall einer privaten Darlehensforderung sehr wohl und entgegen der bisherigen Rechtsprechung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes steuerlich anzuerkennen sei“, kommentiert Dr. Schenk das Urteil auf Crowdfunding.de. Durch den sich ergebenden Paradigmenwechsel in der Steuerrechtsprechung führt der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung beim privaten Anleger nun endlich und richtigerweise zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust.“

    Doch wann liegt ein steuerbarer Verlust vor? Der BFH führt dazu aus, dass ein Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls erst dann vorliege, wenn endgültig feststehe, dass über bereits gezahlte Beträge hinaus keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. „Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens reicht hierfür in der Regel nicht aus“, heißt es in der Urteilsbegründung. „Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist.“

    Crowdinvesting bildet nach unserem Rechtsverständnis hierbei die Ausnahme von der Regel. Bei den Beteiligungen auf Companisto handelt es sich um partiarische Darlehen. Diese Darlehen sind mit einem Rangrücktritt verbunden, weshalb sie auch als Nachrangdarlehen bezeichnet werden. Das bedeutet, dass die Darlehensgeber ihre Ansprüche im Fall einer Insolvenz hinter vorrangige Gläubiger zurückstellen müssen. Daher ist für Crowdinvestoren schon bei der Insolvenzeröffnung erfahrungsgemäß nicht mehr mit einer Rückzahlung ihres Darlehens zu rechnen.

     

    Wie macht man Verluste steuerlich geltend?
     

    Erträge aus dem Crowdinvesting fallen steuerlich in die Kategorie der Kapitalerträge, wie sie in unserem Steuerleitfaden für Crowdinvesting nachlesen können. Auf Kapitalerträge wird seit 2009 Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent fällig. Damit können nach unserer Rechtsauffassung Verluste aus dem Crowdinvesting mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden.

    Dazu ist es ratsam, Verluste aus einem Crowdinvesting möglichst früh anzumelden. Mit Bekanntmachung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sollten auch die betroffenen Investoren ihre Verluste beim Finanzamt geltend machen. Dazu sollten sie über den Steuerberater die folgenden Informationen beim Finanzamt einreichen:
     

    • Kopie des Darlehensvertrags und des Beteiligungszertifikats
    • Zahlungsnachweis als Bestätigung der geleisteten Investition
    • Vorläufige Verlustbescheinigung von Companisto (zu finden im Investorenbereich des Startups unter Dokumente)
    • Bestätigung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (zu finden unter Insolvenzbekanntmachungen.de)
    • BFH-Urteil (zu finden auf der Seite des Bundesfinanzhofes)

     

    Wir arbeiten derzeit daran, die vorläufige Verlustbescheinigung auf den aktuellen Stand zu bringen. Anschließend werden wir allen beteiligten Investoren im Falle einer Insolvenz alle notwendigen Informationen gebündelt als Paket zur Verfügung stellen. Diese müssen sie dann nur noch an ihren Steuerberater zur Verlustverrechnung weiterreichen.

    In jedem Fall sollte sie das individuelle Vorgehen zur Geltendmachung von Verlusten mit ihrem Steuerberater klären. Investoren, die beim Crowdinvesting einen Verlust erlitten haben, sollten nicht automatisch davon ausgehen, dass die Finanzbehörden das Urteil des BFH kennen oder diese Rechtsauffassung teilen. Es kann durchaus sein, dass das Finanzamt eine andere steuerliche Sicht auf die Dinge hat. Dazu kommentiert Dr. Rainer Schenk:

    „In diesen Fällen [sollte] gegen den Einkommensteuerbescheid schriftlich Einspruch eingelegt werden und als Begründung unter anderem auf das BFH-Urteil vom 24.10.2017 verwiesen werden. In allen anderen noch offenen Steuerfällen sollte auch hier die Begründung entsprechend ‚nachgeschoben‘ werden. Crowdfunding-Anleger, die Ausfälle hatten und bisher keine Einkommensteuererklärung abgegeben haben oder den Ausfall bisher nicht in Ihrer Steuererklärung angegeben haben, sollten die Änderung der Rechtsprechung nutzen und nach Möglichkeit eine Steuererklärung abgeben oder bei noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheiden die Änderung des Steuerbescheids beantragen.“

     

    Erfahren Sie mehr zum Thema Crowdfunding, Crowdinvesting und zu unterschiedlichen Anlagestrategien in der Companisto Investoren-Akademie und dem Companisto Blog.

     

    Hinweis: Die enthaltenen Informationen in diesem Artikel dienen allgemeinen Informationszwecken und beziehen sich nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juristischen Person. Sie stellen keine betriebswirtschaftliche, rechtliche oder steuerliche Beratung dar. Im konkreten Einzelfall kann der vorliegende Inhalt keine individuelle Beratung durch fachkundige Personen ersetzen. 

    Tamo Zwinge
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    Tamo Zwinge leitet seit Juni 2012 als Gründer und Geschäftsführer die Crowdinvesting-Plattform Companisto, auf der Startups eine Schwarmfinanzierung von Mikroinvestoren, den sogenannten Companisten, erhalten können. Er arbeitete zuvor mehrere Jahre als Jurist bei CMS Hasche Sigle, einer der führenden wirtschaftsberatenden Anwaltssozietäten in Deutschland. Dort betreute er große Unternehmen in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Unternehmenstransaktionen und Private Clients. Aufgrund dieser Kompetenzen verantwortet Tamo Zwinge im Besonderen die rechtliche Ausgestaltung von Companisto und die stetige Optimierung des Companisto-Modells auf Anschlussfinanzierungen durch Venture Capital-Gesellschaften.
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    Verfasst von Tamo Zwinge
    Investitionen in Startups Crowdinvesting-Verluste steuerlich geltend machen Bisher mussten Anleger zwar Crowdinvesting-Gewinne versteuern, konnten Verluste aber nicht verrechnen. Das ändert sich nun durch ein aktuelles BFH-Urteil. Lesen Sie hier, wie sie Ihre Verluste steuerlich geltend machen.