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     2718  0 Kommentare Was ist los am Rentenmarkt?

    Nahezu unbemerkt von der Börsen-Öffentlichkeit hangelt sich der Rentenmarkt Stück für Stück nach oben. Ich erinnere mich noch gut, wie ich vor knapp einem Jahr meine langlaufende Bundesanleihe (5,5% bis 2031) zum Kurs von 113 % verkauft habe. Das kostete einiges Zittern, denn schließlich war zu erwarten, dass im Zuge einer Besserung der Börsensituation und einer wirtschaftlichen Erholung die Kurse der Langläufer deutlich in die Knie gehen würden.

    Das ist dann auch prompt geschehen. Die Anleihe ist bis auf einen Kurs von etwa 105 % zurückgegangen und hat damit von der Spitze gerechnet beinahe den doppelten Coupon eingebüßt. Doch langsam, aber sicher, ist das Papier anschließend erneut hoch gelaufen und notiert derzeit wieder knapp unter 110%. Wer also etwa zum Jahresanfang gekauft hätte, hätte auf Jahresbasis 10 % Ertrag gemacht (Kursgewinn zzgl. Zinszahlung) – und damit mehr als der Aktienmarkt bisher.

    Und hätte ich das Papier durchgehalten, nicht verkauft und anstelle dessen wesentlich niedriger verzinsliche Geldmarktfonds gekauft, dann stünde ich heute zumindest nicht schlechter da.

    Was bedeutet das nun? Wissen die Leute am Rentenmarkt vielleicht mehr als diejenigen am Aktienmarkt? Ich glaube das nicht. Ich glaube vielmehr, dass in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase, in der geldnahe Anlagen kaum Verzinsung bieten, einfach ein ganz natürlicher Drang in (möglicherweise allerdings nur vermeintlich) renditestärkere Engagements vorherrscht. Oder, technisch ausgedrückt: Das Geldangebot ist sehr hoch, und die Geldnachfrage sehr klein. So lange diese Situation vorherrscht, wird sich die augenblickliche Konstellation der Märkte wohl kaum entscheidend ändern.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Was ist los am Rentenmarkt? Nahezu unbemerkt von der Börsen-Öffentlichkeit hangelt sich der Rentenmarkt Stück für Stück nach oben. Ich erinnere mich noch gut, wie ich vor knapp einem Jahr meine langlaufende Bundesanleihe (5,5% bis 2031) zum Kurs von 113 % verkauft habe. …