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Grundsteuer: Bemessung verfassungswidrig - Bundesverfassungsgericht hat Urteil gefällt
Die Grundsteuer für Grundstücke bescherte den Gemeinden im Jahr 2016 Einnahmen in Höhe von 13,3 Mrd. Euro - 2015 waren es 12,86 Mrd. Euro. Der sogenannte Einheitswert wurde über Jahrzehnte nicht angefasst (Westen auf Basis von 1964 und im Osten auf Basis von 1935). Heute entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Berechnung der Grundsteuer verfassungswidrig ist.
Konkret titelt das Bundesverfassungsgericht:
"Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig"
Auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2018 verkündete der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Verfassungswidrigkeit vorliegt:
"Die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern sind jedenfalls seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar."
Nun muss der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Regelung bis spätestens 31. Dezember 2019 beschließen. Bis diese in Kraft tritt, läuft die bisherige Praxis weiter (Fortgeltungsordnung). In der vorliegenden Presseerklärung heißt es:
"Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie (die verfassungswidrigen Regeln) für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden."
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Rückblick 2016
Der Bundesrat hatte bereits am 4. November 2016 beschlossen, dass ein neuer Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag eingereicht werden soll. Feste Fristen für die Beratung im Bundestag gab es jedoch nicht. Dem waren Anträgen im September vorausgegangen. In der Begründung vom 4.11.2017 steht:
"Im Bereich des Grundvermögens soll ein grundlegend neues Bewertungsverfahren geschaffen werden. Dabei ist auch ein Wechsel des Bewertungsziels - weg vom gemeinen Wert, hin zu einem Kostenwert - vorgesehen. Damit stellt diese Reform eine grundlegende Neukonzeption der Grundsteuer dar."
Und weiter heißt es:
"Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung des Grundgesetzes vor, um dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer - und damit auch für die zur Grundsteuer gehörenden Bewertungsregelungen - ausdrücklich zu übertragen. Darüber hinaus wird den Ländern die Kompetenz zur Bestimmung eigener, jeweils landesweit geltender Steuermesszahlen grundgesetzlich eingeräumt."
Vorspiel im Januar 2018
Am 16. Januar 2018 fand die Verhandlung zur Sache: "Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer" in Karlsruhe statt. Grundsätzlich hätte der Einheitswert alle sechs Jahre neu festgelegt werden sollen, jedoch weil dies nie geschehen ist, fiel für Neubauten die gleiche Grundsteuer wie für Bestandsobjekte an. In der Pressemitteilung vom 15. November 2017 hieß es dazu:
"Einheitswerte für Grundbesitz werden nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes noch heute auf der Grundlage der Wertverhältnisse zum 1. Januar 1964 ermittelt und bilden die Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer."
Der Bundesfinanzhof hielt die derzeitige Einheitsbewertung für verfassungswidrig, denn durch die Systemtik der Bewertungsvorschriften kommt es zu einer "gleichheitswidrigen Wertverzerrung". Es heißt:
"Die Entwicklung des Bauwesens nach Bauart, Bauweise, Konstruktion und Objektgröße bleibe ebenso unberücksichtigt wie die wesentlichen Ausstattungsmerkmale einer Vielzahl von Gebäuden und Wohnungen."
Es geht neben der Einheitsbewertung auch um die Möglichkeit, dass Grundstücke sowohl über das Ertragswertverfahren als auch Sachwertverfahren bewertet werden können.
Stimmen nach der Verhandlung
Nach dem Termin am 16. Januar 2018 gab es folgende Stimmen in der Presse. Wie die Tagesschau schrieb äußerte das Bundesverfassungsgericht Zweifel daran, "dass die Basis zur Erhebung der Abgabe mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Karlsruher Richter bemängelten, dass die Einheitswerte für Grundstücke, Häuser oder Eigentumswohnungen im Westen seit 1964 bestehen und seitdem nicht angepasst worden sind."
Laut den Mitteilungen, würde eine Neubewertung für gut 35 Millionen Grundstücke zehn Jahre brauchen. Aufgrund der unterschiedlichen Einheitswerte zahlen Mieter und Eigentümer in Westdeutschland mehr Grundsteuer als in Ostdeutschland. Konkret wird es am Beispiel des ehemals geteilten Berlin, denn für ein Mehrfamilienhaus zahlt man in West-Berlin 8.000 Euro pro Jahr, was in Ost-Berlin nur 4.000 Euro kostet, so die Tagesschau.
Es taucht auch die Frage nach einer Neuregelung auf. Setzt man zukünftig auf den Marktwert der Immobilie, dann könnten erhebliche Mehrbelastungen für die Mieter und Eigentümer entstehen, so Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher. Laut Tagesschau warnten Vertreter von Bund und Länder davor, dass "eine Verfassungswidrigkeit der Einheitswerte zum totalen Ausfall der Grundsteuer führen könnte. Das wäre für Städte und Gemeinden nicht tragbar."
Mit der heutigen Entscheidung geht es nicht um eine Abschaffung der Grundsteuer, sondern um die Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer. Hierfür müssen nun neue Konzepte entwickelt und zur Abstimmung gebracht werden.
Quellen:
Bundesverfassungsgericht 10. April 2018
Bundesverfassungsgericht 15.11.2017
Tagesschau 16.01.2018
Zeit 16.01.2018
Gesetzentwurf des Bundesrates 4.11.2017