50 Jahre 68 - 200 Jahre Marx
Das Jahr der Geschichtsklitterung
2018 entwickelt sich zum Jahr der großen Geschichtsverfälschung: Was sind die Gemeinsamkeiten in der Glorifizierung von Karl Marx und der 68er-Revolte?
Liest man all die unzähligen Artikel zum 200. Geburtstag von Karl Marx und zum 50. Jahrestag der 68er-Revolte, dann werden erstaunliche Gemeinsamkeiten in der Verfälschung des Geschichtsbildes deutlich:
1. Ausblendung der Gewalt und Umdeutung der Ziele
Marx und die 68er werden von Revolutionären, deren erklärtes Ziel die gewaltsame Zerschlagung der bürgerlichen Gesellschaftsordnung war, zu harmlosen Reformern. Nicht nur in den tagesthemen,
sondern in zahllosen Artikeln mutiert Marx zu einem von gerechter moralischer Empörung über Kinderarbeit und lange Arbeitszeiten motivierter "Sozialreformer", der sich gegen die "Auswüchse" des
Kapitalismus gewandt habe. Das ist abwegig. Marx wandte sich nicht gegen irgendwelche "Auswüchse" des Kapitalismus und wollte das System nicht reformieren, sondern er wollte es durch eine
gewaltsame Revolution zerschlagen und an dessen Stelle die Diktatur des Proletariats setzen. Gleiches gilt für die 68er. Auch sie waren keine harmlosen Sozialreformer. Im Gegenteil: "Reformismus"
war für sie das schlimmste Schimpfwort. Vielmehr verstanden sie sich als Revolutionäre gegen das verhasste "System", also gegen die demokratische und marktwirtschaftliche Ordnung der
Bundesrepublik. Und sie trugen eben keine Plakate von Mutter Theresa und Gandhi mit sich, sondern von Lenin, Che Guevara, Ho-Chi-Minh und Mao.
2. Horrorbild der Verhältnisse, gegen die sich Marx und die 68er wandten
So wie die Ziele und die Methoden von Marx und den 68ern systematisch verfälscht, verharmlost und beschönigt werden, so wird von den Verhältnisse, gegen die sie sich richteten, ein verzerrtes
Horrorbild gezeichnet. Der Trick: Die Verhältnisse vor 150 Jahren werden verglichen mit denen von heute - und da müssen sie natürlich schrecklich erscheinen. Was dabei nicht gesagt wird: Dass die
Verhältnisse für die Menschen heute sehr viel besser sind als zu den Zeiten von Marx ist ja nicht dessen Verdienst, sondern das Verdienst genau jenes Systems, das er vernichten wollte, nämlich des
Kapitalismus. Und es ist natürlich unredlich und unhistorisch, die Verhältnisse im Frühkapitalismus nur mit unseren heutigen Standards zu vergleichen. Historisch Ungebildete glauben, vor der
Entstehung des Kapitalismus hätten die Menschen glückselig gelebt und dann sei plötzlich die Sünde der brutalen kapitalistischen Ausbeutung mit Kinderarbeit und überlangen Arbeitszeiten über sie
hereingebrochen. Marx selbst wusste es besser und lobte den Kapitalismus als großen zivilisatorischen Fortschritt im Vergleich zu vorangegangenen gesellschaftlichen Verhältnissen. Dass die Mehrheit
der Menschen vor der Entstehung des Kapitalismus in schlimmster Armut und Not lebte, wird in den "200 Jahre Marx"-Artikeln verschwiegen.
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