BDI-Chef fordert mehr 'Teamgeist' in der großen Koalition
BERLIN (dpa-AFX) - Industriepräsident Dieter Kempf hat die Arbeit der großen Koalition nach 100 Tagen im Amt kritisiert und die Regierung zu mehr Teamgeist aufgefordert. Der Präsident der Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Mich besorgt, dass in zentralen Fragen wie der Migrationspolitik immer wieder Uneinigkeit zwischen den Koalitionären hervortritt. Deutschland braucht jetzt Strategie- und Handlungsfähigkeit. Müsste diese Mannschaft zur WM antreten, wäre ich nicht sicher, dass alle ihre Aufgaben, Lauf- und Passwege kennen."
Die deutsche Industrie erwarte von der Bundesregierung, dass sie ein Stabilitätsanker der Europäischen Union sei und bleibe. "Das gilt sowohl im lodernden Handelskonflikt mit den USA, aber auch im Hinblick auf die europäische Migrationspolitik und die dringend notwendige Weiterentwicklung der Eurozone."
Nach 100 Tagen sei die große Koalition noch keine Koalition für die Wirtschaft, monierte Kempf. "Das muss sich ändern. Deutschland genießt eine bemerkenswerte wirtschaftliche Prosperität mit einem lang anhaltenden Aufschwung und enormem Steuermehraufkommen. Und im Koalitionsvertrag stehen vor allem soziale Wohltaten an die älteren Generationen. Das widerspricht meinen Erwartungen an Gestaltungskraft. Wo bleiben die Interessen der jungen Generation?"
Der BDI-Präsident kritisierte: "Es geht nicht zügig genug voran. Das liegt auch daran, dass es auf der Regierungsbank zuviel Oppositionshaltung gibt."
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Konkret forderte Kempf eine steuerliche Forschungs-und Entwicklungsförderung. "Das ist ein in fast allen Industriestaaten der Welt ein bewährtes Instrument, um gute Arbeitsplätze zu sichern oder zu schaffen - nicht nur in kleinen und mittleren, sondern in allen Unternehmen. Das Thema steht im Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt. Diese Einschränkung kann ich angesichts der enormen Steuermehreinnahmen nicht verstehen. Auf was wartet die Politik denn?"/hoe/DP/zb