Kursrückgang
Internes Papier: Hat die Deutsche Post die Amazon-Konkurrenz falsch eingeschätzt?
Der Aktienkurs der Deutschen Post gerät weiter unter Druck. Zur Börseneröffnung am Wochenanfang notierte die Aktie auf dem bisherigen Jahrestiefstand von 28,66 Euro. Eine nachhaltige Kurserholung ist nicht in Sicht. Was ist da los?
Nicht erst seit der Gewinnwarnung des Dax-Konzerns am 08.06.2018 befindet sich der Aktienkurs der Deutschen Post auf Talfahrt. Seit Anfang des Jahres gehört das Papier des Logistikdienstleisters zu den Verlierern im Dax. Tatsächlich hat die Gewinnwarnung den Aktienmarkt Anfang Juni nachhaltig überrascht. Damals wurde die Jahresprognose um rund eine Milliarde Euro von rund 4,15 Milliarden Euro an operativem Gewinn (Ebit) auf 3,2 Milliarden Euro zusammengestrichen. Die Post hat wohl die Kosten für den Paket-Zustellservice, der durch den Internet-Handel floriert, und den Preiskampf mit Amazon unterschätzt.
Kosten der Paket-Sparte wachsen
Das Unternehmen habe damit zu kämpfen, dass durch den Online-Handel zwar ihr Paket-Service wachse, aber die dafür notwendigen Zusteller und ihre Auslieferungsfahrten immer mehr kosten würden. Die Sparte soll nun umgebaut werden, was zunächst weitere Ausgaben verursache, erklärte die Post. Ein Sanierungsprogramm soll es nun richten.
Nach Recherchen von Journalisten des „Handelsblatt“ sind die Probleme der Paketsparte schon länger intern bekannt gewesen. Die Zeitung beruft sich auf eine “interne Vorstandspräsentation“. Demnach hatte Ex-Paket-Vorstand Jürgen Gerdes, der am 12.06.2018 seinen Hut nehmen musste, die Post schon am 11.05.2017 vor drohenden Ertragseinbrüchen in seiner Sparte gewarnt.
Ertragsprobleme durch Amazon
Bei den Ertragsproblemen im Bereich Pakete rückt Amazon in den Focus. Es ist nicht neu, dass Amazon der Deutschen Post zu schaffen macht. Die zukünftigen Umsatzeinbrüche durch Amazon, die aus dem internen Postpapier hervorgehen, waren aber in dieser Höhe noch nicht bekannt. So werde Amazon im Jahre 2022 die Zustellung von 154 Millionen Paketen wohl selbst übernehmen. Für die Post blieben dann nur noch 360 Millionen Paketsendungen übrig. Aus dem Vorstandspapier gehe außerdem hervor, dass Amazon für 17,6 Prozent der Post-Paketmenge stehe.
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Bis 2020 könnte Amazon in ganz Deutschland ein eigenes Zustell-System aufziehen. Das würde dazu führen, dass in 2020 von der Post eingeplante Gewinne in Höhe von voraussichtlich 115 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern fehlen würden, gehe aus dem internen Dokument hervor.
Hinzu kommt, dass Amazon die Deutsche Post schon jetzt bei den Preisen erheblich unter Druck setze. „Die Preise von DHL liegen 15 Prozent über denen von Hermes“, zitiert das „Handelsblatt“ aus der internen Vorstandspräsentation eine Beschwerde von Amazons Europa-Transportchef Hauke Hansen.
Der Verdacht kommt auf, dass es schon länger in der Paketsparte des Konzerns rumort und dass das Management die Amazon-Konkurrenz falsch eingeschätzt haben könnte. Bislang hat sich das Management nicht zu dem Bericht über das interne Vorstandspapier geäußert.
Quelle: Handelsblatt