Aktien – Follow-up?

Aus dem Morgenlüftchen für die Bullen entwickelte sich gestern ein kräftiger Rückenwind für Aktien. Der Dow Jones hat seine 100-Tage-Linie erreicht. Der DAX hat seine kurzfristige Wende genau auf der Nackenlinie (Tagesschlusskurse) einer mehr-Jahres-SKS-Formation vollzogen. Seine 100-Tage-Linie steht zusammen mit der Aufwärtstrendlinie aus dem November 2002 heute bei 3885. Die gestrige Kursbewegung des S&P 500 reichte genau bis zu eben dieser Schicksalslinie, bevor er sich ein wenig zurückzog.

Der Transport-Index ist knapp aus seinem Abwärtsdreieck ausgetreten. Der SOX verbuchte den zweiten Tag in Folge Kursgewinne. Mit 485 steht er noch rund acht Punkte unterhalb seiner 100-Tage-Linie und eines statischen Widerstands. Der BTK drehte an seiner GD100 (exp. gleitender Durchschnitt) und schloss leicht oberhalb der jüngsten steilen Abwärtslinie.

Der VIX hat die Marke von 18 leicht unterschritten und damit sein Soll des 50-Prozent-Retracements des jüngsten Anstiegs erfüllt. Der TRIN wies eine sehr konstruktive Marktbreite aus.

Kritische Marken dürften jetzt so aussehen: Der DAX sollte tunlichst den aus den letzttägigen Kursmustern bei 3775 konstruierten Support nicht signifikant unterschreiten. Zudem liegt hier das 62er-Retracement der gestrigen Bewegung. Beim SOX liegt das vergleichbare Korrekturlevel bei 473. Beim S&P 500 findet sich diese Marke bei 1103. Hier verläuft auch seine GD100.

So weit, so gut.

Auffallend ist, dass die Rohstoffaktien, gemessen am Dow Jones World Basic Materials Index nur unterproportional an der Erholung teilnehmen. Sie hatten allerdings in den vergangenen Tagen auch weniger Federn gelassen. Die zurückliegenden Topps sind hier Anfang Januar und Anfang März auszumachen. Weiterhin gibt zu denken, dass die US-Renditedifferenz am langen Ende eine sehr wenig dynamische Wendeformation zeigt. Auch die Entwicklung der Währungsparität Euro-Dollar läuft nicht snychron mit derjenigen der Aktienmärkte. Es gab hier in den vergangenen Monaten stets einen engen Zusammenhang zwischen einem schwächer werdenden Dollar und steigenden Aktienkursen, der auch im kurzen Zeitfenster ausgeprägt war. Ich hatte das Thema gestern vertieft. Was den Dollar betrifft, so ist es nach der Bewegung insbesondere von gestern durchaus möglich, dass er sich in den nächsten Tagen noch bis auf 1,19 befestigt.

Die TimePattern geben in den Aktien-bezogenen Indices kurzfristige Kaufsignale, die bestätigt sind. Allerdings wird auch angezeigt, dass sich die prognostizierte Aufwärtsbewegung in den ersten Apriltagen erschöpft. Beim Gold wird eine kurzfristige Seitwärtsbewegung angezeigt, das übergeordnete Kursziel bleibt bestehen. Das große Prognoseszenario bei der Währungsparität Euro-Dollar hat weiterhin Gültigkeit, kurzfristige Wendesignale fehlen allerdings.

Auslöser für den Turn-around gestern dürften gute Nachrichten von der Konjunkturfront gewesen sein. Außerdem erfreuten gute Unternehmensnachrichten. So hob Activision die Geschäftsprognosen an. Lattice Semiconductor tat das gleiche. Und Apple Computer berichtete von lebhafter Nachfrage nach dem iPod mini. Micron Technology schließlich meldete einen geringeren Verlust als erwartet. Allerdings lag auch der Quartalsumsatz leicht unter den Schätzungen, so dass die Aktie milde abgestraft wurde.
Das US-BIP des vierten Quartals 2003 ist erwartungsgemäß um 4,1 Prozent angestiegen. Das ist die dritte und letzte Schätzung. Der Chain Deflator legte um 1,5 Prozent zu. Die Experten hatten mit 1,2 Prozent gerechnet. Ist das ein ernst zu nehmender Hinweis auf Inflation?

Die Zentralbanken müssen früh reagieren, weil eine Zinskorrektur üblicherweise ein halbes Jahr benötigt, bis sie an der Preisfront Wirkung zeigt. Dabei ist natürlich vorausgesetzt, dass sie überhaupt ernsthaftes Interesse an einer Inflationsbekämpfung haben. Die Finanzmärkte werden dies nun sehr bald extensiv testen wollen.

Wenn die Möglichkeit einer Zinserhöhung zunimmt, dürfte das für die Bullen Motivation sein, jetzt noch einmal rauszuholen, was geht, zumal zum Monatsende auch Window-Dressing der Fonds ansteht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Aufwärtsbewegung noch einige Tage weiter geht, erscheint mir hoch. Ein neuer mittelfristiger Trend mit nachhaltigen neuen Jahreshöchstkursen wird daraus aber nicht.