Online-Apotheken
Blue Chips unter Druck: Amazon mischt den Pillen-Markt auf
Amazon will mit aller Macht in den Handel mit Medikamenten einsteigen. Jüngster Schachzug: Der Internetplatzhirsch übernimmt die US-Online-Apotheke Pillpack und bedrängt damit die großen traditionellen US-Händler. Auch in Deutschland steht die Amazon-Apotheke in den Startlöchern.
Nachdem Amazon die Übernahme von Pillpack am Donnerstag bekannt gab, brachen die Aktienkurse von großen US-amerikanischen Drogerie-Ketten, die auch als Apotheken agieren, ein. Darunter war die Aktie des Dow Jones-Neulings Walgreens Boots Alliance, die am Donnerstag um 8 Prozent nachgab. Walgreens Boots Alliance ist die größte US-Apothekenkette.
Trotz Kurssturz: Wallgreen glänzt mit gesunden Zahlen
Den Kursrückgang bei Walgreens aufgrund des Amazon-Pillpack-Deals werten einige Marktbeobachter als Übertreibung. Denn am Donnerstag verkündete Walgreens ein bis zu 10 Milliarden US-Dollar schweres Aktienrückkaufprogramm. Zugleich hob Walgreens die Quartalsdividende um 10 Prozent auf 44 Cent je Aktie an. Weitere aktuelle Zahlen weisen auf ein gesundes Blue Chip-Unternehmen hin: Im dritten zurückliegenden Geschäftsquartal stieg der Gewinn um 15,5 Prozent auf 1,3 Milliarden US-Dollar. Die Erlöse legten um 14 Prozent auf 34,3 Milliarden US-Dollar zu. Der Apotheken-Riese schätzt, dass Aktionäre für das Gesamtjahr beim Ergebnis je Aktie von 5,90 bis 6,05 US-Dollar einstreichen könnten.
Aufgrund der Pillpack-Übernahme ließ die Aktie von CVS Health ebenfalls Federn. Der CVS-Kurs sackte um 9 Prozent ab. Die Drogeriemarktkette Rite Aid verlor sogar über 10 Prozent. Neben den Einzelhändlern standen in den USA auch die Papiere von Medikamenten-Großhändlern wie Cardinal Health und McKesson unter Druck.
Shop Apotheke-Aktie legt zu
Auf der anderen Seite des Atlantiks zog der Aktienkurs von Shop Apotheke Europe an. Der Kurs der niederländischen Online-Apothekengruppe, die nach eigenen Angaben mehr als 1,5 Millionen Kunden auch mit verschreibungspflichtigen Medikamenten beliefert, zog um mehr als 6 Prozent an. Es gibt immer wieder Spekulationen darüber, dass Amazon die europäische Internetapotheke übernehmen könnte.
Hierzulande erwarten Branchenkenner in den nächsten Jahren einen Amazon-Angriff auf den deutschen Apotheken-Markt. Laut einer aktuellen Studie von Sempora Consulting über den Apothekenmarkt steht Amazon schon so gut wie vor der Tür. Das Volumen des Amazon-Apothekengeschäfts sei noch überschaubar, aber Amazon genieße bei deutschen Apothekenkunden bereits Akzeptanz. 18 Prozent der Befragten („48 Entscheider aus Pharmaunternehmen und von 162 Apothekern sowie 1002 Konsumenten“) hätten schon Medikamente auf Amazon - angeboten von Apotheken via Amazon Marketplace - bestellt.
Noch schränken Gesetze den Online-Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ein. Aber die politische Diskussion um das Verbot des Online-Handels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ist nicht abgeschlossen. Wenn sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für eine Marktöffnung stark machen würde, könnte das ein Einfallstor für Amazon auf den deutschen Markt werden.
Quellen: CNBC, apotheke adhoc, dpa-AFX