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    Marktkommentar  1489  0 Kommentare Dr. Daniel Hartmann (BANTLEON): Deutschland gelähmt, Turbulenzen in China

    Deutschland ist aktuell mit sich selbst beschäftigt. Konjunkturell dürften sich die Folgen der Koalitionsstreitigkeiten vorerst in Grenzen halten.

    Nachhaltige Reformen in der Eurozone werden auf die lange Bank geschoben. Stillstand bei der gemeinsame Einlagensicherung oder dem Euro-Budget aber stellen die Solidarität innerhalb der Eurozone in Frage.


    Konjunkturelle Sorgen macht aktuell der Ferne Osten. An den chinesischen Finanz- und Kreditmärkten ist Unruhe eingekehrt, die Abwärtsrisiken in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt steigen. Andere Schwellenländer müssen ihre Geldpolitik straffen, um Kapitalabflüsse zu verhindern. Das Fahrwasser für Risikoanlagen wird immer rauer. Das Umfeld für sichere Häfen wie Bundesanleihen hellt sich dagegen weiter auf.

    In Berlin scheint das Allerschlimmste abgewendet. Horst Seehofer ist vom Rücktritt zurückgetreten. Dennoch ist zum einen viel Porzellan innerhalb von CDU/CSU bzw. der Regierungskoalition zerschlagen. Zum anderen dürfte der Konflikt um die Migration weiter schwelen. Nicht zuletzt ist die Kanzlerin schwer angeschlagen und darf sich keinen weiteren Fehler mehr erlauben.

    Scheitert Angela Merkel vorzeitig, wäre dies ein symbolischer Sieg der Populisten, gilt sie doch als letzte Bastion gegenüber Donald Trump, Viktor Orbán, Matteo Salvini und Co. Ob ein Sturz Merkels die Richtung der deutschen Politik ändern würde, lässt sich noch nicht vorhersagen. Stellt erneut die CDU den Kanzler, wäre sowohl ein Rechtsruck (Wolfgang Schäuble) als auch ein »weiter so« (Annegret Kramp-Karrenbauer) denkbar.

    Eine anhaltende Regierungskrise würde Deutschland auf jeden Fall – wie bereits zwischen Oktober 2017 und März 2018 – lähmen. Das Zeitfenster für nachhaltige Reformen in der Eurozone würde sich schliessen (im Mai 2019 sind bereits Europawahlen). Manch einer wäre zwar ganz froh, wenn die Debatte über eine gemeinsame Einlagensicherung oder ein Euro-Budget ad acta gelegt wird. Dennoch würde Stillstand in diesen Fragen zugleich die Solidarität innerhalb der Eurozone in Frage stellen. Die nächste Eurokrise wäre dann mit umso heftigeren Eruptionen verbunden.

    Konjunkturell dürften die Folgen einer deutschen Regierungskrise überschaubar bleiben. Hier sollte der Blick stattdessen in den Fernen Osten schweifen, wo derzeit dunkle Wolken aufziehen. In China sind seit Mitte Juni sowohl die Aktienkurse als auch die Währung auf Tauchstation gegangen. Beides dürfte mit dem Handelsstreit zusammenhängen, aber auch interne Probleme der zweitgrössten Volkwirtschaft der Welt widerspiegeln.

    Das von der Regierung vorangetriebene »Entschuldungsprogramm« (Deleveraging) geht mit grösseren Kollateralschäden einher als gedacht. Offensichtlich droht die Kreditversorgung an manchen Stellen auszutrocknen, weshalb die Regierung mit geldpolitischen Lockerungen (Senkung der Mindestreservesätze) gegensteuert. Die Abwertung des Yuan kommt in Anbetracht dessen zunächst gelegen. Zu viel davon würde aber zur Kapitalflucht animieren. Alles in allem sind die Konjunkturrisiken in China gestiegen. Die Wahrscheinlichkeit nimmt zu, dass die Seitwärtsbewegung beim Wachstum (seit Ende 2015 pendelt das Wachstum zwischen 6,7% und 6,9%) 2018 in einen Abwärtstrend übergeht.

    Auch die Währungen anderer Schwellenländer (u.a. Türkei, Brasilien, Südafrika, Indonesien) stehen unter Druck. Hier sorgt ebenfalls der Handelsstreit für Verunsicherung. Gegenwind erzeugt aber auch der steigende Ölpreis und die anhaltende monetäre Straffung der Fed. Gerade die Schwellenländer können sich dem Sog der Fed nicht entziehen, die der zentrale Taktgeber der globalen Geldpolitik ist. Um Kapitalabflüsse zu verhindern, müssen sie ihrerseits die Geldpolitik straffen. In der vergangenen Woche sah sich etwa die indonesische Zentralbank zu einer überraschenden Leitzinserhöhung um 50 Bp gezwungen (auf 5,25%). Und selbst die tschechische Nationalbank, die vor kurzem noch über Negativzinsen debattierte, hob den Leitzins an (auf 1,00%). Die Trendwende in der globalen Geldpolitik breitet sich somit aus, was die Weltwirtschaft zunehmend belastet.

    Im Ergebnis ziehen immer mehr dunkle Wolken am globalen Konjunkturhimmel auf. Wir bleiben daher gegenüber Risikoassets skeptisch. Das Umfeld für die sicheren Häfen hellt sich dagegen weiter auf.




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