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     2511  0 Kommentare Window-Dressing

    Am Freitag dieser Woche kommen die US-Arbeitsmarktdaten für März heraus. Wir erinnern uns: Vor vier Wochen hatten die für Februar unerwartet niedrige Zahl neu geschaffener Stellen die Märkte auf dem falschen Fuß erwischt. Damals hatten sie schon einige Tage zuvor Anlauf genommen. Der S&P 500 hatte noch am Tage der Veröffentlichung zum dritten Mal in diesem Jahr ein Topp in der Region knapp über 1055 markiert.

    Jetzt legen die Aktienmärkte im Vorfeld wieder zu. Nach der Devise „wenn nicht damals, dann eben jetzt“ scheinen sie darauf zu wetten, dass sich die Zahl der neuen Arbeitsplätze im März deutlich erhöht.

    Der Anstieg sieht rundweg konstruktiv aus. Der VIX bewegt sich weiter nach unten, der TRIN ist an seiner unteren Supportlinie angekommen, die seit dem 16. März 2003 Bestand hat. Markante gleitende Durchschnitte boten Halt, Abwärtsformationen wurden nach oben durchbrochen. Sicher ist jetzt eine begrenzte Gegenreaktion auf den zuletzt gesehenen Anstieg fällig. Mehr zunächst nicht.

    Im Vorfeld der bald anlaufenden Saison der Quartalsberichte setzt man auf positive Nachrichten aus der Makroökonomie. Da gibt es auch vor dem Freitag genug Gelegenheit zum Üben: Am heutigen Dienstag wird der Verbrauchervertrauensindex veröffentlicht. Er wird bei 85,5 bis 91,0 nach zuvor 87,3 erwartet. Am Mittwoch gibt es dann den ISM-Index für die Region Chicago, sowie Zahlen über die Auftragslage der US-Industrie. Am Donnerstag folgt der landesweite ISM-Index. Zudem geben dann die Erstanträge hinsichtlich Arbeitslosenunterstützung einen kleinen Hinweis auf die Lage am Arbeitsmarkt.

    Am Donnerstag wird auch das Ergebnis der EZB-Entscheidung zum Leitzins veröffentlicht. Wenn schon keine Senkung, so erwartet man doch zumindest Hinweise über die zukünftigen Schritte des neuen Präsidenten, dem eine aktivere Zinspolitik zugetraut wird. Zwei Faktoren haben jüngst Zinssenkungsphantasien wieder angeheizt: Der Konsumklima-Indikator der GFK für Deutschland verharrt bei konstant niedrigen 5,1 Punkten. Während die Verbraucher die wirtschaftliche Entwicklung im Februar mit plus 2 noch so optimistisch wie lange nicht beurteilt hatten, sank der entsprechende Wert im März mit minus 12 Punkten auf den tiefsten Stand seit Juli 2003. Die Erhebung fand vor den Anschlägen in Madrid statt, Terrorangst kann daher nicht als Begründung dienen. Zweitens zeigte der Ifo-Index zuletzt wiederum eine verhaltene Einschätzung der künftigen Wirtschaftsentwicklung.

    Die zunehmend skeptischere Beurteilung der Lage in Europa wie auch die nach den endgültigen Zahlen der Uni Michigan offenbar weiterhin solide US-Verbraucherstimmung haben zusammen mit Erwartungen über fallende EZB-Zinsen den Euro unter Druck gebracht. Die Hoffnung auf einen Anstieg der neu geschaffenen Stellen in den USA tut ein übriges.

    Aber ändert eine positive Überraschung hier die grundlegende Einschätzung dessen, wo die Weltwirtschaft steht? Der US-Wirtschaft ist es in keinem der vergangenen zwölf Monaten gelungen, die etwa 100.000 Stellen monatlich neu zu schaffen, die erforderlich sind, um einen selbsttragenden Aufschwung zu produzieren. Also bleibt eine Menge nachzuholen. Ich halte einen deutlichen Anstieg der März-Zahl neuer Arbeitsplätze zwar für gut möglich. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer...

    Demzufolge gehe ich auch nicht davon aus, dass der Dollar nachhaltig erstarkt. Chartechnisch gesehen läuft die Währungsparität Euro/Dollar aktuell in die Spitze eines breiten abwärts gerichteten Keils hinein, die knapp unterhalb von 1,20 liegt und Mitte April erreicht würde. Die TimePattern sehen die Lage hier weiterhin als überdehnt an, was die moderate Fortsetzung der zuletzt gesehenen Bewegung erwarten lässt. Am großen Szenario einer deutlichen Stärkung des Euro wird aber festgehalten.

    Die temporäre Stärke des Dollar findet seine Entsprechung im Goldpreis. Auch hier sehen die TimePattern „Extension“, was für die nächsten Tage eine Seitwärtsbewegung erwarten lässt. Die kurzfristigen Impulse weisen sogar deutlich nach unten. Auch hier könnte sich eine Auflösung der „Patt-Situation“ bis in den April hinziehen. Die erste April-Hälfte ist übrigens auch der Bereich in der Prognose der Renditen der 10jährigen TBonds, wo der Index oberhalb von 3,9, aber unterhalb von 4,0 nach unten abdreht. Und auch die Vorhersagen der Aktien-bezogenen Indices weisen für diesen Zeitraum eine Topp-Bildung aus.

    Bleibt der kürzlich schon angesprochene, vielleicht etwas flapsige Schluss aus der aktuellen Situation: Die kapitalkräftigen Marktteilnehmer sind damit beschäftigt, zum Quartalsende Window-Dressing zu betreiben.

    Man darf gespannt sein, was geschieht, wenn diese Motivation entfällt. Wer nimmt als erstes Geld vom Tisch?



    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    Window-Dressing Am Freitag dieser Woche kommen die US-Arbeitsmarktdaten für März heraus. Wir erinnern uns: Vor vier Wochen hatten die für Februar unerwartet niedrige Zahl neu geschaffener Stellen die Märkte auf dem falschen Fuß erwischt. Damals hatten sie …