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     3548  0 Kommentare "Höchste Vorsicht" ...

    ... titelt ein von der Nähe des Weißwurst-Äquators aus operierendes Börsen-Orakel im Videotext. Die Überschrift ist nicht neu, sie wird in regelmäßigen Abständen hervorgekramt. Für heute fällt mir kein besserer Titel ein, deshalb die Anleihe.

    Schauen wir auf den DAX. Er fällt in der ersten Märzhälfte exakt auf die Nackenlinie einer mehrjährigen SKS-Formation (Tagesschlusskurse) zurück. Die Spitze der linken Schulter datiert aus dem Juli 1998, die der rechten wurde im März 2002 gebildet. Auf Basis von Wochenschlusskursen verläuft die Nackenlinie bei rund 3990 Punkten, ein Niveau, was in diesem Jahr mehrfach (von oben) auf seinen Bestand hin gestestet wurde. Der DAX hat an der skizzierten unteren Nackenlinie mustergültig nach oben gedreht, er hat im gestrigen Tagesverlauf mustergültig den Aufwärtstrend aus dem November 2002 zurückerobert. Dreht er jetzt „mustergültig“ an der oberen Nackenlinie wieder nach unten, zumal hier ein ganzes Cluster von Widerständen liegt?

    Die Geste des freundlich gestimmten Bullen mit dem Finger an der Reißlinie lässt sich auch im S&P 500 nachzeichnen. Im gestrigen Handel nimmt man nach besser als erwarteten ISM-Daten Anlauf auf die 1135, wo das 62er Retracement des jüngsten Downswings liegt, nur um rechtzeitig vorher den Rückzug anzutreten. Zum Handelsschluss positioniert man sich genau so, dass man jederzeit mit einem kleinen Hüpfer über die Schranke springen könnte. Um wirklich den letzten Marktteilnehmer am Spielfeldrand zum Einsteigen zu bewegen, müsste der Index wohl heute über 1137 schließen. Auch dieses Niveau ist vom gestrigen Schlussstand aus ein Klacks. Genau so gut könnte der Index jetzt aber auch auf dem Absatz kehrt machen und den Bären das Heft in die Hand geben – dieses Mal dann wahrscheinlich für einen längeren Zeitraum. Besonders perfide wäre die Vorstellung einer Kehrtwende von den magischen 1137 aus.

    Die skizzierte Hochspannungs-Lage lässt sich auch in anderen prominenten Indices wiederfinden. Am heutigen Freitag dürfte in den USA das mit Abstand wichtigste makroökonomische Datum seit langem veröffentlicht werden. Nicht, dass es wirklich neue Erkenntnisse über den Zustand der wirtschaftlichen Erholung brächte. Dazu unterliegt die monatliche Arbeitslosenquote und die Zahl der neu geschaffenen Stellen viel zu sehr der statistischen Manipulierkunst. Umso wichtiger ist aber die psychologische Bedeutung.

    Die angesehenen Volkswirte des Economic Cycle Research Institute (ECRI) haben jüngst ihren Leading Employment Index (LEI) veröffentlicht, der jetzt den höchsten Stand seit Mai 1994 erreicht hat. Das legt nahe, dass wir heute mit einer positiven Überraschung hinsichtlich der neu geschaffenen Stellen rechnen können – eine Erwartung, die ich schon vor einigen Tagen ausgesprochen hatte. Dies würde eine Aufwärtskaskade bei den Aktien auslösen.

    Fragt sich eben nur, wie lange diese hält.

    Die Prognosen der TimePattern legen bereits seit einigen Tagen eine Topp-Bildung im Verlauf der nächsten Woche nahe. Im S&P 500 kommt es demnach auf einem Niveau von etwas über 1140 zu einer Seitwärtsbewegung, die nach einer milden Konsolidierung auf eine Spitze bei rund 1170 in der zweiten Maihälfte zuläuft. Im DAX wird eine Seitwärtsbewegung auf dem Niveau der oben bereits angerissenen Zone von 3980 angezeigt, der spätestens ab Mitte des Monats eine Abwärtskaskade bis in die Nähe der zuletzt gesehenen Korrektur-Level folgt, die ihren Tiefpunkt in der zweiten Maihälfte hat. In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung des Währungspaars Euro-Dollar interessant: Hier sehen die TimePattern nach wie vor voraus, dass der Euro bis Ende Mai in die Region von 1,33 vorstößt. Im Chart taucht zwar (immer noch) die Meldung „Extension“ auf. Das bedeutet, dass der über die letzten rund 14 Tage gesehene leicht Abwärtstrend noch etwas weitergehen dürfte, aber an der grundsätzlichen Prognoserichtung ändert das nichts. Gut möglich, dass die Überdehnungsphase bereits Anfang der nächsten Woche beendet ist.

    Die Märkte scheinen demnach jetzt die Karte der ökonomischen Vernunft spielen zu wollen. Danach stützt ein schwacher Dollar die amerikanische Wirtschaft und lässt deren Aktien freundlich aussehen. Ein starker Euro jedoch trübt die wirtschaftlichen Aussichten in Europa ein - mit den entsprechenden Folgen für Anteilscheine.

    Hinweis in eigener Sache: Ich werde ab kommendem Montag für die Dauer von 12 Tagen keine Artikel auf w:o veröffentlichen können. In dieser Zeit kann ebenfalls nicht sicher gestellt werden, dass die Web-Seite der TimePattern laufend aktualisiert wird.



    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    "Höchste Vorsicht" ... ... titelt ein von der Nähe des Weißwurst-Äquators aus operierendes Börsen-Orakel im Videotext. Die Überschrift ist nicht neu, sie wird in regelmäßigen Abständen hervorgekramt. Für heute fällt mir kein besserer Titel ein, deshalb die …