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     785  0 Kommentare Neues Wertpapierprospektgesetz: Dem börsennotierten Mittelstand in den Rücken gefallen

    Änderung ist nicht zwangsläufig Verbesserung. Das zeigt die jüngste Kehrtwende des deutschen Gesetzgebers im Fall bislang prospektfreier Emissionen von Wertpapieren deutlich. Noch haben kapitalmarktorientierte KMU aber die Möglichkeit, mit überschaubarem Aufwand gegen diese fragwürdige Maßnahme vorzugehen. 

    Bedingt durch den hohen Grad der bankenseitigen Finanzierung ist der Kapitalmarkt in Deutschland zugegeben für die Politik immer noch ein kleines Licht. An dieser Stelle prallen immer wieder Anlegerschutz und Initiativen zur „Erleichterung des Zugangs“ von KMU an den Kapitalmarkt aufeinander. Wenn wir uns die jüngste Vergangenheit betrachten, lässt sich hier klar ein Übergewicht des Anlegerschutzes erkennen: Durch die hinzugetretene Marktmissbrauchsverordnung und die MIFID II wird sicherlich die Transparenz zu den Emittenten erhöht, aber die Zugangskosten sind doch auch maßgeblich gestiegen. 

    Gerade jedoch in dem Moment, in dem der Kapitalmarkt mit vermehrter Aktivität von Börsengängen langsam anfängt zu reüssieren, setzt sich der Bundestag mit seiner jüngsten Auslegung der EU-Prospektverordnung für die KMU sicherlich ein kleines Denkmal; und das trotz der inhaltlich praktisch richtigen Empfehlungen des Bundesrats vom 28. Mai 2018, Drucksache 147 / 1 / 18.

    Darum geht es im Kern

    Im EU-Prospektrecht gibt es seit dem Jahr 2003 für die EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Emissionen von Wertpapieren bis zu einem betragsmäßigen Emissionsvolumen von der Prospektpflicht auszunehmen (ab 2003: 2,5 Mio. Euro, ab 2010: 5 Mio. Euro, ab 2017: 8 Mio. Euro). In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber in Deutschland von dieser EU-rechtlichen Möglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er Emissionen von Banken und börsennotierten Emittenten bis zu 2,5 Mio. Euro bzw. 5 Mio. Euro von der Prospektpflicht befreit hat. Die Einschränkung auf diesen Kreis der Emittenten wurde damit begründet, dass diese Emittenten weitreichend reguliert sind und insofern bei ihnen aus Anlegerschutzgesichtspunkten eine Ausnahme vertretbar ist. Diese Ausnahme wurde nun in der Vergangenheit regelmäßig für sogenannte Kleinemissionen von Emittenten in Anspruch genommen.

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    Holger Clemens Hinz
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    Herr Holger Clemens Hinz ist Leiter Corporate Finance bei der Quirin Privatbank und – gemeinsam mit weiteren Kapitalmarktexperten der Quirin Privatbank – Autor des Blogs www.kapitalmarkt.blog. In diesem Blog erfahren Unternehmer, Investoren und interessierte Leser in gründlich recherchierten Beiträgen, wie es um die deutsche Wirtschaft und insbesondere um den heimischen Mittelstand bestellt ist, welche künftigen Entwicklungen an den Kapitalmärkten zu erwarten sind und welche Finanzierungsinstrumente sinnvoll erscheinen, um das Wachstum mittelständischer Unternehmen voranzutreiben. Damit auch abseits des Arbeitsalltags keine Langeweile aufkommt, finden Leser im Kapitalmarkt-Blog auch interessante Anregungen rund um die Themen Reise und Genuss.
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    Verfasst von Holger Clemens Hinz
    Neues Wertpapierprospektgesetz: Dem börsennotierten Mittelstand in den Rücken gefallen Änderung ist nicht zwangsläufig Verbesserung. Das zeigt die jüngste Kehrtwende des deutschen Gesetzgebers im Fall bislang prospektfreier Emissionen von Wertpapieren deutlich. Noch haben kapitalmarktorientierte KMU aber die Möglichkeit, mit überschaubarem Aufwand gegen diese fragwürdige Maßnahme vorzugehen.