Dieselgate: Immer mehr Gerichte verurteilen VW, Audi, BMW, Hyundai und Co. im Abgas-Skandal
Die Rechtsprechung im Diesel-Skandal kippt derzeit zugunsten der Verbraucher. Gerade beim Widerruf von Auto-Krediten und der damit verbundenen Rückgabe der Fahrzeuge hagelt es derzeit Urteile, in denen Autobanken zur Rückabwicklung von Verträgen verurteilt werden.
Für Verbraucher steigen damit die Chancen, nicht auf den Kosten der Abgas-Manipulationen sitzen zu bleiben - beispielsweise durch die enormen Wertverluste, die Diesel-Fahrzeuge zuletzt hinnehmen mussten. Allerdings müssen sie dazu aktiv werden und selbst klagen oder sich zumindest durch einen Anwalt vertreten lassen.
Immer mehr Diesel-Besitzer bekommen vor Gericht die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge zurückzugeben. Zudem gibt es abseits der Urteil sehr lukrative Vergleiche für Kunden. Das zeigen unsere Erfahrungen bei der Interessengemeinschaft Widerruf, wo Anwälte mehrere Tausend Kfz-Kredite geprüft haben und Verbraucher vor Gericht vertreten.
Mit dem sogenannten Widerrufsjoker wehren sich immer mehr Verbraucher erfolgreich gegen Wertverluste und Fahrverbote. Diese Klagen aufgrund von Formfehlern in Krediten und Leasingverträgen führen immer öfter dazu, dass Autokäufe rückabgewickelt werden und Besitzer ihre Fahrzeuge zurückgeben können.
Zudem berichten uns Nutzer der IG Widerruf, dass der größte deutsche Autokonzern VW mittlerweile Kompromissbereitschaft an den Tag legt, wenn es um Fahrzeuge geht, die bei den konzerneigenen Kreditinstituten VW Bank, Audi Bank, Seat Bank und Skoda Bank finanziert oder geleast wurden. In diesem Fällen können die Kfz-Besitzer ihre Autos nach dem Widerruf zu attraktiven Konditionen zurückgeben – ohne dass es zu einem gerichtlichen Urteil kommt. Allerdings benötigt der Kunde auch hier anwaltliche Unterstützung und meist auch eine Klage. Es reicht also nicht, wenn ein Verbraucher sich direkt an die Bank oder an VW wendet.
Zu diesem Verhalten tragen wohl auch die zahlreichen Urteile bei, die Autobanken inzwischen kassiert haben. So hat beispielsweise das LG Ravensburg (Az. 2 O 259/17) entschieden, dass die VW-Bank einen finanzierten Skoda zurücknehmen muss, weil der Kreditvertrag Mängel aufweist. Das Besondere hier: Der Kunde muss keine Entschädigung für den Gebrauch des Fahrzeugs zahlen. Er hat das Auto als quasi kostenlos gefahren.
Ähnlich hat vor kurzem bereits das LG Hamburg (Az. 330 O 145/18) entschieden. Dabei ging es um einen Hyundai, der bei der Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (BDK) finanziert wurde. Auch hier entschied das Gericht, dass die Bank das Auto zurücknehmen muss, ohne dass der Kunde eine Nutzungsentschädigung zahlen muss.
Dies ist bislang aber noch die Ausnahme. In der Regel erhalten Verbraucher beim erfolgreichen Widerruf eines Kredits ihre geleisteten Zahlungen zurück, müssen aber eine moderate Nutzungsentschädigung für den Gebrauch des Autos zahlen. Diese ist aber weit geringer als der Wertverlust des Fahrzeugs, insbesondere wenn es sich um einen Diesel handelt. Schließlich haben diese Autos – unabhängig davon, ob eine Manipulation nachgewiesen ist oder nicht – in den vergangenen Jahren massiv an Wert verloren.
Die Nutzungsentschädigung wird meist anhand einer Kfz-Lebensleistung von 300.000 Kilometern kalkuliert, berichten die Nutzer der IG Widerruf. Hat der Kunde das Fahrzeug also 30.000 Kilometer gefahren, so muss er zehn Prozent des Neupreises selbst tragen – ein Klacks im Vergleich zu den Verlusten, den er beim Gebrauchtwagen-Verkauf eines solchen Autos erleiden würde.
Grundsätzlich kann der Widerruf einer Finanzierung daher auch dann interessant sein, wenn es sich nicht um einen Diesel, sondern um einen Benziner handelt. Denn der Widerruf eines Kredits basiert nur auf Formfehlern im Finanzierungsvertrag und ist unabhängig davon, welchen Motor das Fahrzeug hat, ob es neu oder gebraucht erworben wurde und ob Abgas-Manipulationen vorgenommen wurden. So handelte es sich bei dem oben genannten Urteil aus Ravensburg um ein Fahrzeug mit Benzin-Antrieb.
Betroffene Verbraucher sollten daher prüfen lassen, ob ihr Kredit oder Leasingvertrag für einen Widerruf in Frage kommt – beispielsweise kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf. Kommt es dann zu einem Rechtsstreit, so übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung die Kosten. Der Clou dabei: Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, der kann bei einigen Versicherungen noch eine Police abschließen, bevor der Widerruf ausgesprochen wird. So sinkt das Kostenrisiko auf ein Minimum.