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    ROUNDUP/KTG-Agrar-Pleite  932  0 Kommentare Vergleich über Millionen-Forderung angestrebt

    HAMBURG (dpa-AFX) - Im Zivilprozess um die Insolvenz des Agrarkonzerns KTG Agrar haben die Parteien um Vorstandspflichten und Geschäftsprognosen gestritten. "Es zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Darlegungen, dass alles ganz, ganz großartig war", hielt die Vorsitzende Richterin Heike Hummelmeier am Hamburger Landgericht den Anwälten der Beklagten vor. "Die Frage ist, wie es dann zur Insolvenz kommen konnte", ergänzte sie.

    Das börsennotierte Unternehmen hatte Anfang Juli 2016 einen Insolvenzantrag gestellt. Strittig war vor Gericht, ob die Zahlungsunfähigkeit nicht schon ein Jahr früher von den Vorständen und Aufsichtsräten hätte erkannt werden müssen. Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus hat gegen acht Führungskräfte unter anderem wegen Insolvenzverschleppung und Organhaftung nach dem Aktiengesetz geklagt. Sie ließen sich am Donnerstag allesamt von Anwälten vertreten. KTG Agrar hatte 800 Mitarbeiter und mehr als 46 000 Hektar bewirtschafteter Fläche vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

    Der Insolvenzverwalter fordert rund 189 Millionen Euro von den Beklagten. Er zeigte sich ebenso wie die Prozessgegner, die das Abweisen der Klage forderten, für einen Vergleich gesprächsbereit. Voraussetzung sei, mit den Versicherungen zu einer Lösung zu kommen.

    Die Richterin machte zum Prozessauftakt deutlich, dass die ehemalige Führungsriege ihre Geschäftsprognosen für einen Zeitraum von zwei Jahren im voraus hätten erstellen sollen. "Es wurde ein großes Rad gedreht", sagte sie. Daher sei dieser Prognosezeitraum nicht abwegig. Es sei allen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern 2015 klar gewesen, dass Mitte 2016 Zinszahlungen für eine 2011 begebene, hochverzinsliche Anleihe fällig werden würden. Die Anleihe konnte damals mit fälligen 18 Millionen Euro Zinsen nicht bedient werden, woraufhin Insolvenz angemeldet werden musste.

    "Es gab keine Krisenanzeichen", machte ein Anwalt deutlich. Eine Insolvenz sei 2015 nicht erkennbar gewesen. Die Vorstände müssten sich darauf verlassen dürfen, dass ihre Wirtschaftsprüfer sorgfältig arbeiteten. Nach dem Insolvenzantrag hatten Wirtschaftsprüfer ihren Bestätigungsvermerk für die Bilanz über das Geschäftsjahr 2015 zurückgezogen. "Ein Vorstand muss keine Eierlegende Wollmichsau sein. Das ist überzogen", sagte der Anwalt und verwies außerdem darauf, dass KTG Agrar ein "komplexer Konzern" mit 150 Einzelgesellschaften gewesen sei. Zwei-Jahres-Prognosen seien bei einem Agrarbetrieb "jenseits der Vertretbarkeit."

    Die Richterin hielt entgegen, dass Vorstände und Aufsichtsräte verpflichtet seien, sich um ihre Aufgaben gemeinsam zu kümmern. Dass es für 2015 keine Mahnungen oder Zahlungsausfälle gab, sei durchaus ungewöhnlich, ergänzte sie. Die im Insolvenzverfahren aufgedeckten Gesamtschulden lagen bei 600 Millionen Euro.

    Zu den mehr als 10 0000 Gläubigern des Konzerns gehörten vor allem die Zeichner von zwei Anleihen über insgesamt nominal 342 Millionen Euro. Im Oktober 2016 beschlossen die Gläubiger, KTG Agrar abzuwickeln. Große Teile übernahm die Gustav-Zech-Stiftung aus Bremen.

    Bei der Hamburger Staatsanwaltschaft laufen auch strafrechtliche Untersuchungen wegen des Vorwurfs der Insolvenzverschleppung gegen ehemalige Manager der KTG Agrar. "Die Ermittlungen dauern an und werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen", hatte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft jüngst gesagt./akp/DP/tos




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