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     6014  0 Kommentare Wann die Diesel-Musterklage des ADAC gegen VW sinnvoll ist - und wann nicht

    Opfer der Abgas-Manipulationen von Volkswagen, Audi, Skoda und Seat und können sich jetzt im Rahmen einer sogenannten Musterfeststellungsklage wehren und auf Schadensersatz klagen. Die Klage, die der ADAC und der Verbraucherverband vzbv ins Leben gerufen haben, kann für einige Diesel-Besitzer sinnvoll sein. Für viele gibt es jedoch bessere Alternativen.

    Auf den ersten Blick sieht es nach einer guten Idee aus: Ein Verbraucherschutz-Verband verklagt Volkswagen auf Schadensersatz wegen der Abgas-Manipulationen im Diesel-Skandal. Betroffene Verbraucher können sich der Klage ohne Kostenrisiko anschließen und profitieren anschließend von einem positiven Urteil. Das ist die Idee hinter der sogenannten Musterfeststellungsklage, die der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) nun gemeinsam mit dem ADAC startet. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Initiative viele Lücken hat und kein Allheilmittel ist.

    Das Gesetz zum Musterfeststellungsverfahren wurde Mitte 2018 mit größter Hektik durch den Bundestag gepeitscht. Grund: Es sollte unbedingt noch in diesem Jahr greifen. Denn zum Jahresende verjähren zahlreiche Ansprüche im Diesel-Skandal. Und hier wollte die Politik all jenen, die nicht selbst klagen wollen, eine kostengünstige Alternative bieten. Doch das sieht man dem Gesetz leider auch an. Es ist mit der heißen Nadel gestrickt.

    Das vielleicht größte Problem ist: Verbraucher können sich der Musterklage zwar durch Eintragung in ein sogenanntes Register anschließen. Das Urteil des Musterverfahrens entwickelt aber keine verbindliche Wirkung für alle Teilnehmer. Es bleibt ein Einzelverfahren, dem lediglich eine gewisse grundsätzliche Wirkung zugestanden wird. Stellt sich der Beklagte – im Fall des Dieselskandals also beispielsweise Volkswagen – weiterhin quer, muss jeder einzelne Betroffene seinen Anspruch im Nachgang selbst noch einmal einklagen – und zwar auf eigene Kosten.

    Gerade der Dieselskandal bietet zudem eine unglaubliche Vielzahl von Facetten, die nicht durch ein Gemeinschaftsverfahren abgedeckt werden können. Deshalb bezieht sich das Musterverfahren auch nur auf einen speziellen Motortypen (EA189), der nachweislich von Volkswagen manipuliert wurde. Tatsächlich betrifft der Diesel-Skandal aber viele Millionen Autofahrer, die Autos anderer Hersteller oder Fahrzeuge mit anderen Motoren gekauft haben. Auch sie sind von massiven Wertverlusten und von Fahrverboten für ihre Autos betroffen. Aber: Sie haben keinen Vorteil von der Musterklage und fallen durchs Raster.

    Die Initiative von vzbv und ADAC scheint aus unserer Sicht für alle sinnvoll, die einen PKW mit dem Motorentyp EA189 besitzen, den sie nicht auf Kredit finanziert haben oder geleast haben und die keine Rechtsschutzversicherung besitzen. Dies dürfte aber nur ein kleiner Teil der Geschädigten des Abgas-Skandals sein.

    Für die große Mehrheit der Verbraucher, die entweder einen anderen Motor fährt, das Auto finanziert hat oder eine Rechtsschutzversicherung besitzt, ergibt sich möglicherweise bessere Möglichkeiten für ein Vorgehen. So weisen beispielsweise die meisten Kredit- und Leasingverträge von Autobanken Formfehler auf, die den Widerruf der Finanzierung und damit die Rückgabe des Fahrzeugs an das Kreditinstitut ermöglichen. Davon können viele Verbraucher profitieren, die den Kauf des Fahrzeugs finanziert haben.

    Das neue deutsche Musterfeststellungsverfahren ist weit entfernt von dem, was wir aus dem USA als sogenannte Sammelklage kennen. Dort wird tatsächlich ein gebündeltes Verfahren geführt, das für eine Vielzahl von Klägern ein verbindliches Ergebnis bringt. Häufig befreien dort Anwälte ihre Mandanten auch vom Kostenrisiko, indem sie auf Basis eines Erfolgshonorars arbeiten. Das mag irgendwann einmal auch bei uns auf EU-Ebene eingeführt werden. Noch ist es jedoch lange nicht soweit. Und für die Geschädigten des Dieselskandals wird eine solche Regelung mit Sicherheit zu spät kommen.

    Verbraucher sollten daher individuell, beispielsweise bei der Interessengemeinschaft Widerruf prüfen lassen, welche Möglichkeiten ihnen offenstehen. Gerade der Diesel-Skandal bietet mit den Angriffspunkten des Schadensersatzes, der Gewährleistung und des Kredit- und Leasing-Widerrufs eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Optionen, die individuell geprüft werden sollten. Zudem reduzieren Rechtsschutzversicherungen das Kostenrisiko hier sehr effektiv. Gerade beim Widerruf einer Finanzierung kann ein solcher Rechtsschutz sogar jetzt noch abgeschlossen werden.

    Wer sich nur darauf verlässt, mit der Musterfeststellungsklage auf günstige Art und Weise seine Rechte zu wahren, könnte gerade beim Dieselskandal enttäuscht werden. Eine Musterfeststellungsklage nach deutschem Recht kann dann sinnvoll sein, wenn eine große Zahl von Verbrauchern auf sehr einheitliche Art und Weise von einem Unternehmen geschädigt worden sind. Für die Abgasmanipulationen gilt das jedoch nicht.

     

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    Roland Klaus
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    Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerrufsjoker informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen, Kfz-Krediten und Lebensversicherungen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buches Wirtschaftliche Selbstverteidigung.

    Sie erreichen Ihn unter www.widerruf.info
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    Verfasst von Roland Klaus
    Wann die Diesel-Musterklage des ADAC gegen VW sinnvoll ist - und wann nicht Opfer der Abgas-Manipulationen von Volkswagen, Audi, Skoda und Seat und können sich jetzt im Rahmen einer sogenannten Musterfeststellungsklage wehren und auf Schadensersatz klagen. Die Klage, die der ADAC und der Verbraucherverband vzbv ins Leben gerufen haben, kann für einige Diesel-Besitzer sinnvoll sein. Für viele gibt es jedoch bessere Alternativen.

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