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     486  0 Kommentare BFH-Präsident Mellinghoff sieht Bumerang-Gefahr bei Digitalsteuer

    MÜNCHEN (dpa-AFX) - Eine neue europäische Digitalsteuer auf die Umsätze großer US-Konzerne könnte nach Einschätzung des höchsten deutschen Finanzrichters für Deutschland gravierende Nachteile mit sich bringen. Wenn das bisherige Prinzip der internationalen Steueraufteilung geändert werde, könnten künftig auch deutsche Konzerne einen Großteil ihrer Umsätze nicht mehr in der Heimat, sondern im Ausland versteuern - mit entsprechenden Folgen für die deutschen Steuereinnahmen. Darauf hat der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff, in München verwiesen.

    Das oberste deutsche Gericht für alle Steuerfragen feiert an diesem Montag im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sein hundertjähriges Bestehen.

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    "Wenn man das international akzeptierte System der Steueraufteilung ändert, muss man auch die Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht und die deutsche Staatsfinanzierung bedenken", sagte Mellinghoff der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn Gewinne künftig nicht mehr da besteuert würden, wo produziert wird, hätte das für den Standort Deutschland vielleicht größere Auswirkungen. Es gibt Unternehmen in Deutschland, die einen Großteil ihrer Gewinne im Ausland erwirtschaften."

    Wenn man Leistungen künftig im Abnehmer- oder Verbrauchsstaat besteuere, hätte das zur Folge, dass ein erheblicher Teil der deutschen Produktionsleistung im Ausland versteuert würde. "Die Bundesregierung und die im Bundestag vertretenen Parteien werden sich sicher sehr genau überlegen, welche Auswirkungen eine Änderung der Systematik auf die Exportnation Deutschland hätte."

    Die Digitalsteuer sei konzipiert mit Blick auf IT-Konzerne aus den USA, sagte Mellinghoff, der dem BFH seit 2011 vorsteht und davor Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe war. "Da muss man vielleicht ein Defizit des US-Steuersystems feststellen. Steuersystematisch wird es aber schwierig und kompliziert, wenn ein Staat Defizite im Steuerrecht eines anderen Staates beheben wollte."

    Im Jahr 1918 führte die Reichsregierung die Umsatzsteuer ein, der Reichsfinanzhof wurde als dazugehöriges Gericht gegründet und in München angesiedelt. Die Umsatzsteuer bringt dem Fiskus heute noch gut ein Drittel der Steuereinnahmen ein - und beschäftigt Mellinghoff und seine Richterkollegen nach wie vor: "Die Rechtsprechung zur Umsatzsteuer führt dazu, dass wir das Gericht sind, das die meisten Vorlagen beim Gerichtshof der Europäischen Union einreicht."

    Ein großes Problem sei zur Zeit das europarechtliche Beihilfeverbot. "Es ist kaum vorhersehbar, wann die EU eine steuerliche Regelung als verbotene Beihilfe einordnet", sagte der BFH-Präsident. Aber auch ohne Europa sei die Steuerrechtsprechung komplexer geworden. "Schwierigkeiten ergeben sich auch dadurch, dass sozialstaatliche Leistungen in das Einkommensteuerrecht verlagert worden sind. So bildet das Kindergeld eigentlich einen Fremdkörper im Einkommensteuerrecht; es war früher als reine Sozialleistung geregelt", sagte Mellinghoff.

    Problematisch sei auch ein übertriebenes Bedürfnis nach Einzelfallgerechtigkeit. "Es wäre sehr viel sinnvoller, zu typisieren und zu pauschalieren", sagte der BFH-Präsident. "Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Vereinfachung des Steuerrechts. Bei der Frage der Steuergerechtigkeit müsse man zwei Dinge trennen: "In der Öffentlichkeit wird sehr häufig über die Höhe der Steuersätze gesprochen. Für die Rechtsprechung ist die Bestimmung der Höhe der Steuersätze selten ein Problem", sagte Mellinghoff. "Viele Probleme ergeben sich aber bei der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage."

    Zahlreiche Förder- und Ausnahmetatbestände ziehen laut Mellinghoff komplizierte Abgrenzungsfragen nach sich. "So werfen die Fördertatbestände für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen Abgrenzungsfragen untereinander und zu den außergewöhnlichen Belastungen auf. "Die Frage, ob das Ausführen eines Hundes oder das Schneeräumen haushaltsnah ist, musste durch den BFH entschieden werden. Die jeweiligen Sonderregelungen sind politische Entscheidungen; jede einzelne ist gut gemeint", sagte Mellinghoff. "Zur Vereinfachung tragen sie nicht unbedingt bei."/cho/DP/zb




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