Noch-IAB-Chef Möller
Arbeitsmarkt hat internationale Vorbildfunktion
NÜRNBERG (dpa-AFX) - Der gut laufende deutsche Arbeitsmarkt hat nach Experteneinschätzung auch internationale Vorbildfunktion. Im Gegensatz zu anderen Ländern habe es in der Bundesrepublik während der Finanzkrise kaum Massenentlassungen gegeben, sagte der scheidende Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller, der Deutschen Presse-Agentur. Deutschland habe die Krise vor rund zehn Jahren etwa mit Kurzarbeit und Arbeitszeitkonten vorbildlich gemeistert. "Es war ja damals die Rede vom deutschen Arbeitsmarktwunder." Auch heute werde Deutschland international als Vorbild gehandelt.
Dazu leiste auch die Wissenschaft einen Beitrag. "Die Analysen, die wir vorlegen, werden sehr genau gelesen und in der Politik wahrgenommen", so Möller, der nach elf Jahren an der Spitze des IAB in den Ruhestand geht. "Die Erkenntnisse werden beim Gestalten der Arbeitsmarktpolitik durchaus berücksichtigt." Möller hatte als IAB-Chef unter anderem Debatten um die Einführung des Mindestlohns entscheidend mitgeprägt. Das IAB ist das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (BA), arbeitet allerdings unabhängig von der Bundesbehörde.
Wichtig für den Erfolg seien neben effizienten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auch gut funktionierende Sozialpartnerschaften in den Betrieben, sagt der 65-Jährige. Das habe die Vergangenheit gezeigt. Für die Zukunft prognostiziert der Forscher weiter sinkende Arbeitslosenzahlen. "Wenn jetzt nicht schwere weltwirtschaftliche Verwerfungen kommen, können wir die Zwei-Millionen-Marke in den nächsten Jahren knacken." Im September zählte die BA 2,256 Millionen Arbeitslose.
Auf den guten Arbeitsmarktdaten könne sich die Politik nicht ausruhen, sagte Möller. "Dafür gibt es noch zu viele Probleme", so der Experte mit Blick auf die Zahl der Langzeitarbeitslosen. Außerdem gebe es auch zu wenig Bewegung bei der Grundsicherung. "Wir sprechen da von einer Verhärtung."
Doch auch regionale Ungleichheiten bereiten dem Forscher zunehmend Sorge. "Wir haben Regionen in Deutschland, in denen von 100 Menschen weniger als zwei Grundsicherung beziehen, in anderen Regionen sind es mehr als 20." Auf Dauer sei das eine Gefährdung für den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
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