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    ITALIEN IM FOKUS  778  0 Kommentare Haushaltsplan bringt Angst vor Euro-Krise zurück

    FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Haushaltspolitik der italienischen Regierung sorgt für Turbulenzen an den Finanzmärkten. Vor allem italienische Staatsanleihen gerieten stark unter Druck. Droht eine Rückkehr der Euro-Krise oder gar ein Zahlungsausfall Italiens? Das Land ist immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Und der Schuldenstand ist im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der zweithöchste in der Eurozone nach Griechenland.

    DAS PASSIERT GERADE IN ITALIEN:

    Die neue italienische Regierung hat einen Haushalt beschlossen, der sie in einen Konflikt mit der Europäischen Kommission bringt. Die Regierungskoalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega will ihre teuren Wahlversprechen umsetzen. Dazu zählt eine Steuerreform, die Absenkung des Renteneintrittsalters und die Einführung einer Grundsicherung. Für das Jahr 2019 wird nun eine Defizitquote von 2,4 Prozent angestrebt. Ursprünglich war der EU eine Quote von nur 0,8 Prozent versprochen worden. Dabei hat Italien bereits jetzt einen Schuldenstand von rund 130 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung.

    Die dem Haushalt zugrunde liegenden Prognosen für die Wachstumsaussichten sind dem unabhängigen Haushaltsbüro des Parlaments in Rom zu optimistisch. Die Verschuldung könnte also im kommenden Jahr noch höher ausfallen als angestrebt. Nach Einschätzung des Commerzbank-Chefvolkswirten Jörg Krämer dürfte das Haushaltsdefizit eher über als unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Als sicher gilt, dass die Lage noch schwieriger wird, falls es zu einer breiten Abschwächung der Weltwirtschaft käme.

    DAS MACHEN DIE FINANZMÄRKTE:

    Die Finanzmärkte reagierten mit großer Verunsicherung auf die Entwicklung in Rom. Die Risikoaufschläge von italienischen Staatsanleihen legen fast täglich deutlich zu. Die Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen erreichte im Verlauf der Woche mit 3,71 Prozent den höchsten Stand seit 2014. Italien muss also für seine Schulden tendenziell immer mehr Zinsen zahlen. Zum Vergleich: Deutsche Bundesanleihen rentieren derzeit mit 0,52 Prozent. Auch der Aktienmarkt leidet. Insbesondere die Papiere von italienischen Banken sind eingebrochen, da diese viele Staatsanleihen halten.

    DAS SAGEN ÖKONOMEN:

    Besonders skeptisch äußert sich das Ifo-Institut. "Ohne Kurskorrektur drohen Italien eine Staatspleite und ein wirtschaftlicher Absturz", warnt Präsident Clemens Fuest in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt". Der Kurs der Regierung führe ins Abseits und werde die wirtschaftliche Lage des Landes weiter verschlechtern.

    Eine Gefahr für den Euro sehen die meisten Experten noch nicht. "Wenn der Devisenmarkt eines aus der Euroraum-Schuldenkrise gelernt hat, dann, dass die EZB innerhalb ihres Mandates alles tun wird, um den Euro zu schützen", kommentierte Esther Reichelt, Devisenexpertin von der Commerzbank. Anleger seien schließlich nicht auf italienische Anleihen angewiesen und könnten auf andere Staatspapiere in der Eurozone ausweichen. Tatsächlich hat der Wechselkurs des Euro bisher vergleichsweise wenig auf die Entwicklung reagiert.

    SO KÖNNTE ES WEITERGEHEN:

    Italien muss seinen Haushaltsentwurf am 15. Oktober der EU-Kommission vorlegen. Beobachter erwarten eine harte Auseinandersetzung. Am 26. Oktober werden die Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's (S&P) ihre Bonitätsnoten für Italien aktualisieren. Einige Beobachter halten gar eine Herabstufung auf Ramschniveau für möglich. Die EZB dürfte die Papiere nicht mehr im Rahmen ihres Anleihekaufprogramms erwerben, falls alle wichtigen Ratingagenturen die Bonität auf Ramsch senken. Die Renditen für italienische Staatsanleihen würden dann wohl durch die Decke gehen.

    Die fundamentalen wirtschaftlichen Aussichten für Italien sind zudem eher düster. Die strukturellen Probleme des Landes werden mit dem neuen Haushalt kaum angegangen. Ökonomen verweisen auf die marode Infrastruktur, die ineffiziente Verwaltung, die langsame Justiz und die insgesamt schwierigen Investitionsbedingungen für Unternehmen. Das Wirtschaftswachstum war in den letzten Jahren immer schwächer als in der Eurozone insgesamt. Sollte Italien nicht auf die Beine kommen, dann könnte auch ein Euro-Austritt bei den Regierungsparteien wieder zum Thema werden. Damit würde auch ein Auseinanderbrechen der Währungsunion drohen./jsl/jkr/fba





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